Direct Marketing Corporate Language – das sprachliche Gesicht von Unternehmen PostCast 55. Episode ((Jingle)) ((Teaser)) Was wäre, wenn alle gesprochenen und geschriebenen Wörter eines Unternehmens wie aus einem Mund kommen würden? Dann könnte es mit jeder Botschaft zu hundert Prozent auf den Markenkern respektive die Unternehmensstrategie einzahlen. Das ist in der Praxis natürlich so nicht umsetzbar – Einzelfirmen einmal ausgeschlossen. Eine eigene Unternehmenssprache – eine Corporate Language – jedoch setzt Leitplanken für die Kommunikation und ist eine wertvolle Unterstützung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Kundenkontakt. Wie aber baut man eine Corporate Language auf? ((Begrüssung)) Herzlich willkommen in der Welt des Direct Marketing! ((Intro)) Wie jeder Mensch hat auch jedes Unternehmen eine eigene Identität. Doch die Identität einer Firma wird von den Marktteilnehmern unterschiedlich wahrgenommen – je nachdem, welche Erfahrungen diese mit dem Unternehmen gemacht haben. Wem es gelingt, Erscheinungsbild, Verhalten und Kommunikation aufeinander abzustimmen, schärft sein Profil und beeinflusst dadurch auch das Unternehmensimage positiv. Eine Corporate Language umfasst die gesamte interne und externe Kommunikation eines Unternehmens. Dazu gehören der Claim und die Headlines, Telefongespräche und Ansagen auf Anrufbeantwortern, Briefe und Broschüren, E-Mails und Signaturen, Präsentationen und Website, interne Mitteilungen und Intranet, der Mahnungstext – ja, selbst das Gespräch nach der Arbeit über die Firma. Diese Gesamtheit aller gesprochenen und geschriebenen Wörter und Sätze – und besonders auch die hauseigenen Sprachregeln und Schreibweisen – verleihen einem Unternehmen sein sprachliches Gesicht und machen es unverkennbar. Dabei wirkt eine Corporate Language auch nach innen, indem über die Sprache ein Wir-Gefühl entsteht. Mithilfe einer Corporate Language können Einzelaufgaben sehr viel schneller, kostengünstiger und effektiver ausgeführt werden. Um die Arbeitsgrundlagen zu entwickeln und durchzuorganisieren, bedarf es jedoch eines grossen Einsatzes. Eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen des Projektes ist, dass es von der Geschäftsleitung initiiert und getragen wird. Hören Sie nun anhand eines fiktiven Beispiels, wie es gelingt, eine Corporate Language aufzubauen. ((Jingle)) Die Firma Metrum stellt Präzisions-Höhenmeter für die Luftfahrt her. Sie gilt als Qualitätsanbieterin auf ihrem Gebiet und geniesst einen guten Ruf. Doch CEO Rolf Knüller hat erkannt, dass es heute nicht mehr genügt, gute Produkte herzustellen, Factsheet Direct Marketing 20. August 2011 sondern dass auch der Auftritt eines Unternehmens professionell sein muss. Ein Blick auf die Website zeigt: Hier spricht der Ingenieur. Und genau hier liegt eines der Probleme: Die Produkttexte verfassen die produktverliebten Ingenieure am liebsten selbst. Alle Versuche des Marketings, die Texte in eine leserfreundliche Form zu giessen, scheiterten bis anhin an deren Widerstand. Und so kommen die Texte mit Substantiven und vielen Fachausdrücken in endlosen Sätzen – kurz: leblos, langweilig und somit auch wenig wirkungsvoll daher. «Immerhin machts auch die Konkurrenz nicht besser», meint CEO Rolf Knüller geistesabwesend. Ganz im Gegensatz zu den Texten begeistern aber die Produktdemonstrationen und die Führungen durch die Fertigungsstätten. Die Besucher sind fasziniert – von der Technik, den Mitarbeitern, der ganzen Organisation. Eigentlich müsste sich dies doch auch in den Texten ausdrücken lassen! Rolf Knüller möchte nicht mehr länger zusehen und beschliesst zusammen mit der gesamten Geschäftsleitung, eine Corporate Language aufzubauen. Dazu bildet er zunächst ein Projektteam. Bewusst lädt er neben einem externen Corporate-LanguageSpezialisten auch Zweifler ein mit der Überlegung, dass sich deren Vorbehalte legen werden, wenn sie ihre eigenen Ideen einbringen können. Er zeigt dem Team auf, welche Vorteile eine eigene Unternehmenssprache bringt. Die Textmannschaft soll bei der Findung der Sprachpositionierung und bei der Auswahl der zu überarbeitenden Mustertexte mit einbezogen und das Manual das gemeinsame Werk aller werden. In einem ersten Schritt gilt es nun, das Eigen- und Fremdbild aufzunehmen. In einem Workshop befasst sich das Team mit Fragen wie: - Wer sind wir? - Was können wir? - Was können wir nicht? - Was können wir besser als die Konkurrenz? - Ist unsere Leistung einzigartig? - Ist die Art und Weise, wie wir unsere Leistung erbringen, einzigartig? - Wer sind unsere Kunden? - Worin liegt der Nutzen für diese Kunden? Und: - Ist dieser Nutzen einzigartig? Die Marketingassistentin Verena Hügli erhält den Auftrag, in telefonischen Interviews mit rund zehn Kunden und fünf Interessenten ein Fremdbild zu skizzieren. In der Regel genügen nämlich bereits wenige Meinungen typischer Vertreter einer Zielgruppe, um zu Aussagen und Erkenntnissen zu kommen, die für eine Zielgruppe als Ganzes charakteristisch sind. Hügli stellt ihren Gesprächspartnern folgende Fragen: - Wie sehen Sie unser Unternehmen? - Was trauen Sie uns zu? - Wo sehen Sie unsere Stärken und Schwächen? - Wie möchten Sie unser Unternehmen sehen? Das Resultat erstaunt, denn die Kunden orten Schwächen, die Metrum überhaupt nicht bewusst sind. So werden E-MailAnfragen oft nicht kompetent beantwortet oder individuelle Einbauwünsche in den Wind geschlagen. Auf der anderen Seite loben sie das Unternehmen für Dinge, die das Projektteam als selbstverständlich anschaut, wie etwa die Serviceseiten auf der Website oder den technischen Support. CEO Rolf Knüller ist nachdenklich. Zitat: «Unsere Stärke ist doch, dass wir die Geräte massgeschneidert bauen. Und Kundenorientierung und Flexibilität sind eigentlich unsere wichtigsten Kernwerte.» Er ruft einen Workshop ins Leben mit dem Ziel, die Kernwerte des Unternehmens neu zu definieren. Gemeinsam erörtert das Team die Abweichungen zwischen Selbst- und Fremdbild und skizziert sein Wunschbild, wie das Unternehmen künftig von Factsheet Direct Marketing 20. August 2011 aussen wahrgenommen werden soll. Schliesslich einigen sie sich auf die Kernwerte Zuverlässigkeit und Flexibilität. Für die zukünftige Sprache bedeutet dies, dass Metrum Worte wie ‚verlässlich’, ‚solide’, ‚Vertrauen’ und ‚Sicherheit’ betont. Dass mit Beweisen gearbeitet wird, mit echten Produktstorys, mit Kundenstatements, dass in der Kommunikation einen Bezug zur Firmengeschichte herstellt wird und dass Metrum authentisch auftritt. Flexibilität soll sich durch eine anregende Sprache ausdrücken, die innere Mobilität schafft, die ohne Umschweife zum Ziel führt und von Kreativität und Unternehmergeist zeugt. Bevor diese anskizzierte neue Tonalität in Stein gemeisselt wird, analysiert das Team die heutige Markensprache anhand bestehender Texte. Welche Claims sind in Verwendung oder noch in den Köpfen der Kunden? Wie lässt sich die bisherige Tonalität beschreiben? Und vor allem: Was passt noch zu den neuen Kernwerten Zuverlässigkeit und Flexibilität? Das Team muss einsehen: nicht wirklich viel. Inserate, Broschüren und Geschäftsberichte sind emotionslos, bildleer und sie widerspiegeln auch nichts von der Begeisterung, die in persönlichen Gesprächen doch so spürbar ist. Mithilfe des externen Experten und mit Farbmodellen wird nun die neue Tonalität ausformuliert. Dabei fliesst noch eine weitere Dimension in die Überlegungen ein: Wie sprechen denn eigentlich die Kunden von Metrum? Wer sind sie überhaupt, wer ist bei den Kaufentscheidungsprozessen involviert? Und vor allem: Entspricht die neue Tonalität der Denkweise dieser Personen? Ein Gespräch mit den Verkaufsmitarbeitern bringt Klarheit. Frei von der Leber weg erzählen sie, wie die Kunden ticken. Was sie hören möchten, worauf sie ansprechen. Dabei wird klar: Wir haben es hier vor allem mit ergebnisorientierten Machern zu tun. Die Ingenieure der Flugzeugindustrie wollen Informationen, klare Nutzen. Kein Platz für Gefühlsduseleien. Texte werden überflogen. Hervorhebungen und Unterstreichungen sind darum angebracht. Schon die Headline sollte den Nutzen kommunizieren, am besten mit einem Fachausdruck – so die Beschreibung dieser Zielgruppe nach CorporateLanguage-Experte Armin Reins. Gut zu wissen! Denn nun müssen doch mehr Fachausdrücke einfliessen, als eigentlich beabsichtigt. Was aber nicht ausschliesst, dass die Sprache anregend, lebendig und bildhaft sein darf. Mit diesem Wissen baut das Team nun eine Sprachbank auf mit rund 100 Formulierungen und Wörtern, aufgeteilt in Nomen, Adjektive und Verben. Wörter, die Metrum besetzen möchte, die auf den Markenkern respektive die Unternehmensphilosophie einzahlen und der Sprache der Zielgruppe entsprechen. Bei diesem Prozessschritt wird auch ein neuer Claim definiert: «Präzis unterwegs». Anschliessend werden die Hausregeln definiert. Wo der Rechtschreibduden Spielraum lässt, präzisieren die internen Regeln die Schreibweise. Ziel ist, diese Hausregeln laufend zu ergänzen, indem das Textteam unklare Schreibweisen regelmässig bespricht und die Entscheide im Corporate-Language-Manual festhält. Zum Schluss erhält der Texter den Auftrag, einige Mustertexte - beispielsweise für den Versand von Dokumentationen, für EMail-Antworten, Offerten und andere mehr in der neuen Tonalität zu verfassen. Und schliesslich, mit all diesen Inhalten ein Corporate-Language-Manual für Metrum zu erstellen. Endlich, nach sechs Monaten, wird die neue Sprache den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorgestellt. Erleichterung herrscht. Das Marketing fühlt sich bestärkt, denn jetzt ist die Sprache offiziell. Es besteht eine Guideline, die von allen eingehalten werden muss. Endlich ist klar, wie eine Offerte daherkommen muss, meint Karin Neuner aus dem Verkauf. Und sogar die Ingenieure müssen eingestehen: Die neuen Mustertexte sind sehr gehaltvoll, auch wenn sie leicht zu lesen sind. Nach getaner Arbeit bleibt die Daueraufgabe, die Sprache durch regelmässige Workshops und Aktualisierungen des Manuals zu pflegen und dadurch tagtäglich zu leben. Schwierig dürfte dies angesichts der grossen Zustimmung nicht sein. ((Jingle)) Factsheet Direct Marketing 20. August 2011 Wir hoffen, wir konnten Ihnen mit diesem fiktiven Beispiel aufzeigen, wie eine eigene Unternehmenssprache aufgebaut wird und welches ihr Sinn und Zweck ist. In der nächsten Episode nehmen wir die verschiedenen Textsorten eines Unternehmens genauer unter die Lupe und erörtern die Frage, warum es sinnvoll ist, im Mailing sprachlich anders aufzutreten als auf der Website oder einem PR-Text. Wir freuen uns, wenn Sie auch dann wieder zuhören. Ihr DirectPoint-Team ((Jingle)) Factsheet Direct Marketing 20. August 2011