Analysis 2 Torsten Wedhorn June 12, 2012 Notation Es bezeichne K immer den Körper R der reellen Zahlen oder den Körper C der komplexen Zahlen. Contents 12 Metrische Räume (A) Definition metrischer Räume . . . . . . . . . . . . (B) Normierte Vektorräume . . . . . . . . . . . . . . . (C) Folgen in metrischen Räumen . . . . . . . . . . . . (D) Offene und abgeschlossene Mengen . . . . . . . . . (E) Stetige Abbildungen zwischen metrischen Räumen (F) Vollständige metrische Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2 3 6 7 8 10 13 Topologische Räume (A) Definition topologischer Räume (B) Stetige Abbildungen . . . . . . (C) Produkträume . . . . . . . . . (D) Hausdorff-Räume . . . . . . . . (E) Dichte Teilräume . . . . . . . . (F) Zusammenhängende Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 12 14 16 18 19 20 14 Kompakte Räume (A) Definition kompakter Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (B) Kompakte Teilmengen in metrischen Räumen und im Kn . . . . . . . . (C) Äquivalenz von Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 22 24 26 15 Stetigkeitseigenschaften (A) Lipschitz-Stetigkeit und gleichmäßige Stetigkeit (B) Stetigkeit linearer Abbildungen . . . . . . . . . (C) Banachscher Fixpunktsatz . . . . . . . . . . . . (D) Anwendungen auf Integrationstheorie . . . . . . 28 28 30 32 34 . . . . . . . . . . . . 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Metrische Räume (A) Definition metrischer Räume Definition (12.1). Sei X Menge. Eine Metrik auf X ist eine Abbildung d : X×X → R, so dass gilt: (a) Für alle x, y ∈ X gilt: d(x, y) = 0 ⇔ x = y. (b) Symmetrie: d(x, y) = d(y, x) für alle x, y ∈ X. (c) Dreiecksungleichung: d(x, z) ≤ d(x, y) + d(y, z) für alle x, y, z ∈ X. Ein metrischer Raum ist ein Paar (X, d), wobei X Menge und d Metrik auf X. Für x, y ∈ X heißt d(x, y) der Abstand von x und y bzgl. d. Bemerkung (12.2). Sei (X, d) metrischer Raum. Für alle x, y ∈ X gilt: d(x, y) ≥ 0. (a) (c) (b) Beweis. 0 = d(x, x) ≤ d(x, y) + d(y, x) = 2d(x, y). Beispiel (12.3). (1) Sei K = Q, = R oder = C. Dann ist d : K × K → R, d(x, y) := |x − y|, eine Metrik auf K, genannt die Standardmetrik. Im folgenden sei K immer mit dieser Metrik versehen. (2) X Menge. Die Abbildung ( 0, x = y; d : X × X → R, d(x, y) := 1, x 6= y. ist Metrik auf X, genannt diskrete oder triviale Metrik auf X. Bemerkung und Definition (12.4). (X, d) metrischer Raum, Y ⊆ X Teilmenge. Sei dY := d| Y ×Y d.h. dY (y, y 0 ) = d(y, y 0 ) dY : Y × Y → R, Dann ist dY Metrik auf Y , genannt die von d induzierte Metrik. Schreibe auch d statt dY (Notationsmissbrauch). Bemerkung und Definition (12.5). Seien n ∈ N, und (X1 , d1 ), . . . , (Xn , dn ) metrische Räume. Für x = (x1 , . . . , xn ), y = (y1 , . . . , yn ) ∈ X := X1 × · · · × Xn definiere d : X × X → R, d(x, y) := max di (xi , yi ). 1≤i≤n Dann ist d Metrik auf X, genannt die Produktmetrik. Im Folgenden sei ein Produkt metrischer Räume immer mit der Produktmetrik versehen. Insbesondere sei Kn immer mit der Metrik d(x, y) = max |xi − yi |, 1≤i≤n versehen. 2 x, y ∈ Kn Definition (12.6). (X, d) metrischer Raum, r ∈ R>0 , a ∈ X. Dann heißt Br (a) := Br(X,d) (a) := { x ∈ X ; d(x, a) < r } offene Kugel mit Mittelpunkt a und Radius r in (X, d). Definition (12.7). Sei (X, d) metrischer Raum, und sei Y ⊆ X Teilmenge. (1) diam(Y ) := sup{ d(y, y 0 ) ; y, y 0 ∈ Y } ∈ R≥0 ∪ ±∞ heißt Durchmesser von Y . (2) Y heißt beschränkt, falls diam(Y ) < ∞. Bemerkung (12.8). Sei (X, d) nicht leerer metrischer Raum, Y ⊆ X. Dann sind äquivalent: (i) Y ist beschränkt. (ii) Für jedes a ∈ X existiert r ∈ R≥0 mit Y ⊆ Br (a). (iii) Es existieren a ∈ X und r ∈ R≥0 mit Y ⊆ Br (a). Beweis. Wir können annehmen, dass Y 6= ∅. (i) ⇒ (ii). Sei a ∈ X und y0 ∈ Y , und sei r := diam(Y ) + d(y0 , a) + 1. Dann gilt Y ⊆ Br (a), da für alle y ∈ Y gilt: d(a, y) ≤ d(a, y0 ) + d(y0 , y) ≤ d(a, y0 ) + diam(Y ) < r. (ii) ⇒ (iii). klar (iii) ⇒ (i). Y ⊆ Br (a) ⇒ diam(Y ) ≤ diam Br (a) ≤ 2r. (B) Normierte Vektorräume Definition (12.9). Sei V ein K-Vektorraum. Eine Norm auf V ist eine Abbildung || · || : V → R≥0 , v 7→ ||v||, so dass gilt: (a) Für alle v ∈ V : ||v|| = 0 ⇔ v = 0. (b) ||λv|| = |λ|||v|| für alle λ ∈ K, v ∈ V . (c) ||v + w|| ≤ ||v|| + ||w|| für alle v, w ∈ V . Ein normierter K-Vektorraum ist ein Paar (V, || · ||), wobei V ein K-VR und || · || eine Norm auf V . Für a ∈ V , r ∈ R>0 setze Br (a) := { v ∈ V ; ||v − a|| < r }. Bemerkung (12.10). Sei (V, || · ||) normierter K-VR. Dann ist d : V × V → R, (x, y) := ||x − y|| eine Metrik auf V . Beweis. Seien x, y, z ∈ V . (i). d(x, y) = 0 ⇔ ||x − y|| = 0 ⇔ x − y = 0 ⇔ x = y. (ii). d(y, x) = ||y − x|| = || − (x − y)|| = |(−1)|||x − y|| = d(x, y). (iii). d(x, z) = ||x − z|| = ||x − y + y − z|| ≤ ||x − y|| + ||y − z|| = d(x, y) + d(y, z). 3 Beispiel (12.11). (1) (K, | · |) ist normierter K-VR. (C, | · |) ist normierter R-Vektorraum. (2) Sei n ∈ N, V = Kn . Dann ist || · ||∞ : Kn → R≥0 , ||(x1 , . . . , xn )||∞ := max |xi | 1≤i≤n eine Norm auf Kn . Die induzierte Metrik ist die Produktmetrik der durch | · | auf K induzierten Metriken. Bemerkung und Definition (12.12). Sei X 6= ∅ Menge, und sei (E, || · ||) ein normierter K-Vektorraum. Dann ist V := Abb(X, E) ein K-Vektorraum mit der üblichen Addition und Skalarmultiplikation. Für u ∈ V sei die Supremumsnorm definiert als ||u||X := sup{ ||u(x)|| ; x ∈ X } ∈ R≥0 ∪ {∞}. Eine Abbildung u in V heißt beschränkt, falls ||u||X < ∞. Es bezeichne B(X, E) := { u ∈ Abb(X, E) ; ||u||X < ∞ } die Teilmenge der beschränkten Abbildungen. Dann ist B(X, E) ein K-Untervektorraum von V , und (B(X, E), || · ||X ) ist ein normierter K-Vektorraum (vgl. Analysis 1, Übung 48). Beispiel : X = {1, . . . , n}. Dann (B(X, K), || · ||X ) = (Abb(X, K), || · ||X ) = (Kn , || · ||∞ ). Beispiel (12.13). Sei p ∈ R, p ≥ 1, n ∈ N. Definiere n || · ||p : K → R ≥0 , ||(x1 , . . . , xn )||p := n X !1/p p |xi | . k=1 || · ||p heißt p-Norm auf Kn . p ||(x1 , . . . , xn )||2 = |x1 |2 + · · · + |xn |2 ist die euklidische Norm auf Kn . Behauptung: || · ||p ist eine Norm auf Kn . Beweis. Sei λ ∈ K, x ∈ Kn . Dann sind ||x||p = 0 ⇔ x = 0 und ||λx||p = |λ|||x||p klar. Für p = 1 folgt die Dreiecksungleichung sofort aus der Dreiecksungleichung des Absolutbetrags. Für p > 1 benutze den folgenden Satz. Satz (12.14). Seien p, q ∈ (1, ∞) mit p1 + 1q = 1 (⇔ q = (1) Für alle x, y ∈ R≥0 gilt x y x1/p y 1/p ≤ + . p p p p−1 ). (2) Höldersche Ungleichung: Für alle x = (x1 , . . . , xn ), y = (y1 , . . . , yn ) ∈ Kn gilt n X |xk yk | ≤ ||x||p ||y||q . k=1 4 (3) Cauchy-Schwarzsche Ungleichung: Für alle x = (x1 , . . . , xn ), y = (y1 , . . . , yn ) ∈ Kn gilt n X |xk yk | ≤ ||x||2 ||y||2 . k=1 (4) Minkowski-Ungleichung: Für alle x, y ∈ Kn gilt ||x + y||p ≤ ||x||p + ||y||p Beweis. (1). Klar, falls x = 0 oder y = 0. Seien also x, y > 0. Es gilt log00 (x) = − x12 < 0, also log konkav (Ü 42). Also: exp monoton wachsend ⇒ 1 1 1 1 log( x + y) ≥ log(x) + log(y) p q p q x y 1 1 + ≥ exp( log(x)) exp( log(y)) = x1/p y 1/q . p q p q (2). Können x, y 6= 0 annehmen. Setze für k = 1, . . . , n: ak := |xk |p , (||x||p )p ⇒ (*) n X bk := ak = 1 = k=1 n X |yk |q (||y||q )q bk . k=1 Für k = 1, . . . , n gilt: (1) a |xk yk | bk 1/p 1/q k ≤ = ak bk + . ||x||p ||y||q p q (**) Summiere (**): n n X X ak 1 bk (∗) 1 1 |xk yk | ≤ ( + ) = + = 1. ||x||p ||y||q p q p q k=1 k=1 (3). (2) für p = q = 2. (4). Setze zk := |xk + yk |p−1 für k = 1, . . . , n. Dann: zkq = |xk + yk |q(p−1) = |xk + yk |p ⇒ ||z||qq = ||x + y||pp ⇒ ||x + (2) y||pp = n X k=1 p |xk + yk | = n X k=1 |xk + yk ||zk | ≤ n X k=1 |xk zk | + n X |yk zk | k=1 ≤ ||x||p ||z||q + ||y||p ||z||q = (||x||p + ||y||p )||z||q = (||x||p + ||y||p )||x + y||p/q p p−p/q=1 ⇒ Behauptung. Beispiel (12.15). Für 1 ≤ p ≤ ∞ betrachte Ep := { (x, y) ∈ R2 ; ||(x, y)||p ≤ 1 }. 5 (C) Folgen in metrischen Räumen Definition (12.16). Sei (X, d) metrischer Raum. (1) Eine Abbildung N → X, n 7→ xn heißt Folge in X. Schreibweise (xn )n∈N . (2) Sei (xn )n Folge in X, a ∈ X. Dann heißt (xn )n konvergent gegen a, falls für alle ε > 0 ein N ∈ N existiert, so dass d(xn , a) < ε für alle n ≥ N . (Äquivalent: Für alle ε > 0 existieren nur endlich viele n ∈ N mit xn ∈ / Bε (a).) Schreibweise: lim xn = a. n→∞ Eine Folge heißt divergent, wenn sie nicht konvergent ist. (3) Sei (xn )n Folge in X. Dann heißt a ∈ X Häufungspunkt von (xn )n , falls für alle ε > 0 unendlich viele n ∈ N mit xn ∈ Bε (a) existieren. Bemerkung (12.17). (X, d) metrischer Raum, (xn )n Folge in X, a ∈ X (1) (xn )n konvergent gegen a ⇒ a ist der einzige Häufungspunkt (Beweis wie in (4.8)). Insbesondere ist der Grenzwert eindeutig bestimmt. (2) a ist genau dann Grenzwert von (xn )n , denn (d(xn , a))n eine Nullfolge ist. Beispiel (12.18). Sei X = R. Definiere ϕ : R → [−1, 1], ϕ(x) := −1, x = −∞; x ∈ R; 1, x=∞ x , 1+|x| und setze d : R × R → R, d(x, y) := |ϕ(x) − ϕ(y)|. Dann ist d eine Metrik auf R. Für a ∈ R konvergiert eine Folge (xn )n in R genau dann (uneigentlich) gegen a (wie in Analysis 1 definiert), wenn sie bezüglich d gegen a konvergiert (wie in (12.16) definiert). Ab jetzt: Konvergenz von Folgen in R immer in diesem Sinne. Beweis. Übung. Definition (12.19). Sei X 6= ∅ eine Menge, (Y, d) ein metrischer Raum, und seien fn : X → Y (n ∈ N) und f : X → Y Abbildungen. Man sagt, die Folge (fn )n konvergiert gleichmäßig gegen f , wenn für alle ε > 0 ein N ∈ N existiert, so dass d(fn (x), f (x)) < ε für alle x ∈ X und für alle n ≥ N . Beispiel (12.20). X 6= ∅ Menge. Sei (E, || · ||) ein normierter K-Vektorraum (zum Beispiel (E, || · ||) = (K, | · |)). Dann konvergiert eine Folge von Abbildungen fn : X → E genau dann gleichmäßig gegen eine Abbildung f : X → E, wenn limn ||fn − f ||X = 0. Satz (12.21). Sei m ∈ N. (1) Seien (X1 , d1 ), . . . , (Xm , dm ) metrische Räume, und sei (X, d) ihr Produkt (12.5). Sei (xn )n∈N eine Folge in X und schreibe xn = (xn,1 , . . . , xn,m ) mit xn,i ∈ Xi . Sei a = (a1 , . . . , am ) ∈ X. Dann konvergiert (xn )n genau dann gegen a in X wenn für alle i = 1, . . . , m die Folge (xn,i )n in Xi gegen ai konvergiert. 6 (2) Insbesondere konvergiert eine Folge in Km bezüglich || · ||∞ genau dann, wenn alle Komponenten der Folge konvergieren. Werden in (14.20) sehen, dass (2) für jede Norm auf dem Km gilt. Beweis. Sei ε > 0. Dann: ∃ N ∈ N ∀ n ≥ N : xn ∈ Bε(X,d) (a) ⇔ ∃ N ∈ N ∀ n ≥ N ∀ i : xn,i ∈ Bε(Xi ,di ) (ai ) (D) Offene und abgeschlossene Mengen Definition (12.22). Sei (X, d) metrischer Raum. (1) Eine Teilmenge U ⊆ X heißt offen in X, falls für alle x ∈ U ein ε > 0 existiert mit Bε (x) ⊆ U . (2) Eine Teilmenge A ⊆ X heißt abgeschlossen in X, falls X \ A offen in X ist. Beispiel (12.23). Sei (X, d) metrischer Raum, a ∈ X, r ∈ R≥0 . (1) Br (a) = { x ∈ X ; d(x, a) < r } ist offen in X. (2) { x ∈ X ; d(x, a) ≤ r } ist abgeschlossen in X. Beweis. Sei x ∈ Br (a). Setze ε := r − d(x, a) > 0. Beh.: Bε (x) ⊆ Br (a): Sei y ∈ Bε (x). Dann d(a, y) ≤ d(a, x) + d(x, y) < (r − ε) + ε = r, also y ∈ Br (a). Genauso sieht man, dass X \ { x ∈ X ; d(x, a) ≤ r } = { x ∈ X ; d(x, a) > r } offen in X ist. Bemerkung (12.24). Wichtig: Man muss immer sagen, in welchem Raum eine Menge offen oder abgeschlossen ist: Versehe R und C mit der Standardmetrik. 1. Beispiel: R ist offen in R, aber R ist nicht offen in C. 2. Beispiel: Versehe das Intervall I := (0, 2) mit der induzierten Metrik. Dann ist (0, 1] abgeschlossen in I aber nicht abgeschlossen in R. Definition (12.25). Sei (X, d) metrischer Raum, a ∈ X. Eine Teilmenge U ⊆ X heißt Umgebung von a in X, wenn ein ε > 0 existiert, so dass Bε (a) ⊆ U . Bemerkung (12.26). (X, d) metrischer Raum, U ⊆ X Teilmenge. Dann: U offen in X ⇔ ∀ a ∈ U : U ist Umgebung von a. Bemerkung (12.27). Sei (X, d) ein metrischer Raum. (1) ∅, X sind offen in X. (2) S Sei I eine Menge, und sei (Ui )i∈I eine Familie offener Mengen in X. Dann ist i∈I Ui offen in X. (3) Seien U1 , U2 ⊆ X offen in X. Dann ist U1 ∩ U2 offen in X. 7 S Beweis. (1) ist klar, (2) eigentlich auch: S Sei x ∈ i Ui . Dann x ∈ Ui für ein i ∈ I. Ui offen in x ⇒ ∃ ε > 0 : Bε (x) ⊆ Ui ⊆ i Ui . (3): Sei x ∈ U1 ∩ U2 . Dann existieren ε1 , ε2 > 0 so dass Bε1 (x) ⊆ U1 und Bε2 (x) ⊆ U2 . Setze ε := min{ε1 , ε2 }. Dann gilt Bε (x) ⊆ Bε1 (x) ∩ Bε2 (x) ⊆ U1 ∩ U2 . Satz (12.28). Sei (X, d) ein metrischer Raum, A ⊆ X eine Teilmenge. Dann sind äquivalent. (i) A ist abgeschlossen in X. (ii) Für jede Folge (xn )n in A, die in X konvergiert, gilt lim xn ∈ A. n→∞ Beispiel: (0, 1) nicht abgeschlossen in R>0 , denn (1 − 1/n)n≥2 ist Folge in (0, 1), die in R>0 konvergiert, nämlich gegen 1, aber 1 ∈ / (0, 1). Beweis. (i) ⇒ (ii). Sei (xn )n Folge in A, die gegen x̃ ∈ X konvergiert. Annahme: x̃ ∈ / A. Da X \ A offen ist, existiert dann ε > 0, so dass Bε (x̃) ⊆ X \ A, also xn ∈ / Bε (x̃) für alle n ∈ N. Widerspruch zu x̃ = limn xn . (ii) ⇒ (i). Angenommen, A ist nicht abgeschlossen. Dann existiert x̃ ∈ X \ A, so dass B1/n (x̃) ∩ A 6= ∅ für alle n ∈ N. Sei xn ∈ B1/n (x̃) ∩ A. Dann ist (xn )n eine Folge in A mit d(xn , x̃) < 1/n für alle n ∈ N, also limn xn = x̃. Aber x̃ ∈ / A, Widerspruch zu (ii). (E) Stetige Abbildungen zwischen metrischen Räumen Satz und Definition (12.29). Seien (X, d) und (X 0 , d0 ) metrische Räume, sei f : X → X 0 eine Abbildung, und sei x̃ ∈ X. Dann sind äquivalent. (i) Für jede Folge (xn )n in X mit limn xn = x̃ gilt lim f (xn ) = f ( lim xn ). n→∞ n→∞ (ii) Für alle ε > 0 existiert δ > 0, so dass für alle x ∈ X gilt: d(x, x̃) < δ ⇒ d0 (f (x), f (x̃)) < ε. (iii) Für jede Umgebung U 0 von f (x̃) in X 0 ist f −1 (U 0 ) eine Umgebung von x̃ in X. Sind diese äquivalenten Bedingungen erfüllt, so heißt f stetig in x̃. f heißt stetig, wenn f stetig in x̃ ist für alle x̃ ∈ X. Beweis. (i) ⇒ (ii). Angenommen es existiert ε > 0, so dass für alle δ = n1 (n ∈ N) ein xn ∈ X mit d(xn , x̃) < n1 , aber d0 (f (xn ), f (x̃)) ≥ ε existiert. Dann ist limn xn = x̃, aber (f (xn ))n konvergiert nicht gegen f (x̃). Widerspruch. (ii) ⇒ (iii). U 0 Umgebung von f (x̃) ⇒ ∃ ε > 0 mit Bε (f (x̃)) ⊆ U 0 . ε-δ-Kriterium ⇒ ∀ x ∈ Bδ (x̃) : f (x) ∈ Bε (f (x̃)) Also: Bδ (x̃) ⊆ f −1 (Bε (f (x̃))) ⊆ f −1 (U 0 ), also ist f −1 (U 0 ) Umgebung von x̃. (iii) ⇒ (i). Sei (xn )n Folge in X, die gegen x̃ konvergiert. Sei ε > 0. Dann ist U := f −1 (Bε (f (x̃))) Umgebung von x̃ ⇒ ∃ N ∈ N : xn ∈ U für alle n ≥ N . Also f (xn ) ∈ Bε (f (x̃)) für alle n ≥ N ⇒ Behauptung. 8 Korollar (12.30). Seien (X, d) und (X 0 , d0 ) metrische Räume, sei f : X → X 0 eine Abbildung. Dann ist f genau dann stetig, wenn für jede offene Menge U 0 von X 0 das Urbild f −1 (U 0 ) offen in X ist. Beweis. (12.29) (iii) + (12.26). Proposition (12.31). Sei (V, || · ||) ein normierter K-Vektorraum. Dann ist || · || : V → R, v 7→ ||v|| stetig. Beweis. Für alle v, w ∈ V gilt (selber Beweis wie in (3.10) (5)): ((12.31).1) |||v|| − ||w||| ≤ ||v − w||. ⇒ ∀ ε > 0 ∃ δ > 0, nämlich δ = ε, so dass ||v − w|| < δ ⇒ |||v|| − ||w||| < ε. Beispiel (12.32). Sei (V, || · ||) ein normierter K-Vektorraum. (1) Die Addition add : V × V → V , (v, w) 7→ v + w ist stetig. (2) Die Skalarmultiplikation σ : K × V → V , (λ, v) 7→ λv ist stetig. (3) Die Inversenbildung ι : K× → K× , x 7→ x−1 ist stetig. Beweis. (1). Sei (xn )n konvergente Folge in V × V , xn = (vn , wn ) mit vn , wn ∈ V , und n→∞ n→∞ sei x̃ = (ṽ, w̃) := limn xn ∈ V × V . (12.21) ⇒ vn −→ ṽ und wn −→ w̃. Also bedeutet die Stetigkeit der Addition ((12.29) (i)): (add(vn , wn ))n = (vn + wn )n konvergiert gegen add(ṽ, w̃) = ṽ + w̃. Beweis wie in (4.11). (2). Genauso. (3). (4.12) Beispiel (12.33). Sei n ∈ N. (1) Sei p : Kn → K eine Polynomfunktion, d.h. p ist von der Form X p(x1 , . . . , xn ) = ai1 i2 ...in xi11 xi22 . . . xinn , (i1 ,...,in )∈Nn 0 mit ai1 i2 ...in ∈ K, wobei nur endlich viele ai1 i2 ...in 6= 0. Dann ist p stetig (denn (x1 , . . . , xn ) 7→ xi stetig für alle i = 1, . . . , n (12.21), und p ist Produkt und Summe von solchen Funktionen). 2 Beispiel: Identifiziere den K-Vektorraum Kn×n der n × n-Matrizen mit Kn . Dann ist det : Kn×n → K, A 7→ det(A) stetig (Leibniz-Formel). (2) Seien p, q : Kn → K Polynomfunktionen. Dann ist die rationale Funktion { x ∈ Kn ; q(x) 6= 0 } → K, x 7→ p(x)/q(x) stetig. Definition und Bemerkung (12.34). Seien (X, d), (X 0 , d0 ) metrische Räume. Eine Abbildung f : X → X 0 heißt Isometrie, falls d(f (x), f (y)) = d(x, y) für alle x, y ∈ X. Jede Isometrie ist injektiv (f (x) = f (y) ⇒ d(x, y) = d(f (x), f (y)) = 0 ⇒ x = y) und stetig (ε-δ-Kriterium mit δ = ε). 9 (F) Vollständige metrische Räume Definition (12.35). Sei (X, d) metrischer Raum. Eine Folge (xn )n in X heißt CauchyFolge, falls für alle ε > 0 ein N ∈ N existiert, so dass d(xn , xm ) < ε für alle n, m ≥ N . Satz (12.36). Sei (X, d) ein metrischer Raum. Jede konvergente Folge in X ist eine Cauchy-Folge. Beweis. Wie in Analysis 1 (ersetze |x − y| durch d(x, y)). Beispiel (12.37). Die Folge (1/n)n in (0, 1) ist eine Cauchy-Folge, die in (0, 1) nicht konvergiert. Definition (12.38). (1) Ein metrischer Raum (X, d) heißt vollständig, wenn jede CauchyFolge in X konvergiert. (2) Ein vollständiger normierter K-Vektorraum heißt K-Banachraum. Beispiel (12.39). (1) (K, | · |) ist K-Banachraum. (2) Sei d die Standardmetrik auf Q. Dann ist (Q, d) nicht vollständig. (3) Sei X eine Menge, und sei d die triviale Metrik. Dann ist (X, d) vollständig. Satz (12.40). Sei X Menge, (E, || · ||) K-Banachraum. Dann ist (B(X, E), || · ||X ) ein K-Banachraum. Beweis. Sei (un )n Cauchy-Folge in B(X, E). Konstruktion der Grenzfunktion. Fixiere ε > 0, und sei N ∈ N mit ||un − um ||X < ε für alle n, m ≥ N . Also: Für alle x ∈ X, n, m ≥ N : (*) ||un (x) − um (x)|| ≤ ||un − um ||X < ε, also ist (un (x))n für alle x eine Cauchy-Folge in E. E vollständig ⇒ (un (x))n konvergiert gegen ax ∈ E. Definiere u : X → E, u(x) := ax . u beschränkt. || · || stetig (12.31) zeigt: (∗) (**) lim ||un (x) − um (x)|| = ||un (x) − u(x)|| ≤ ε m→∞ für alle n ≥ N , x ∈ X. Also ∀ x ∈ X: ||u(x)|| ≤ ε + ||uN (x)|| ≤ ε + ||uN ||X . Also u ∈ B(X, E). (un )n → u gleichmäßig. Bilde supx∈X in (**). Dann ||un − u||X ≤ ε für alle n ≥ N . Also konvergiert (un ) gegen u bezüglich || · ||X . Korollar (12.41). Sei n ∈ N. Dann ist (Kn , || · ||∞ ) ein Banachraum. Aus (14.20) wird folgen, dass jeder endlich-dimensionale normierte K-Vektorraum ein Banachraum ist. Beweis. Wende (12.40) auf X = {1, . . . , n} und (E, || · ||) = (K, | · |) an. 10 Alternativer Beweis. Sei (xk )k Cauchy-Folge in Rn , xk = (xk,1 , . . . , xk,n ). Für alle i = 1, . . . , n and alle k, l ∈ N gilt |xk,i − xl,i | ≤ ||xk − xl ||∞ . Also ist (xk,i )k eine CauchyFolge in K für alle i und damit konvergent. Damit ist (xk )k konvergent (12.21). Satz (12.42) (Schachtelungsprinzip). Sei (X, d) ein vollständiger metrischer Raum, und sei A1 ⊇ A2 ⊇ · · · ⊇ An ⊇ . . . eine Folge abgeschlossener Teilmengen An 6= ∅ für n ∈ N, so dass limn diam(An ) = 0. T Dann enthält n∈N An genau einen Punkt. T Beweis. Eindeutigkeit. Seien a, b ∈ n∈N An . Dann d(a, b) ≤ diam(An ) für alle n, also d(a, b) = 0 ⇒ a = b. Existenz. An 6= ∅ ⇒ ∃ xn ∈ An für alle n ∈ N. Sei ε > 0. Da limn diam(An ) = 0, existiert N ∈ N mit diam(An ) < ε für alle n ≥ N . Also d(xn , xm ) < ε für alle n, m ≥ N , d.h. (xn )n Cauchy-Folge. X vollständig ⇒ (xn )n konvergiert. Sei a := limn xn . Sei n ∈ N beliebig. An abgeschlossen, xk ∈ An für alle k ≥ n ⇒ a ∈ An (12.28). Satz (12.43). Sei (X, d) vollständiger metrischer Raum, Y ⊂ X Teilmenge, versehen mit der induzierten Metrik dY . Dann ist (Y, dY ) genau dann vollständig, wenn Y abgeschlossen in X ist. Beweis. Übung 11 13 Topologische Räume (A) Definition topologischer Räume Definition (13.1). Sei X eine Menge. Eine Topologie auf X ist eine Menge T von Teilmengen von X, so dass gilt: (a) ∅, X ∈ T . (b) Beliebige Vereinigungen von Mengen in T sind wieder in T . (c) Endliche Durchschnitte von Mengen in T sind wieder in T . Ein topologischer Raum ist ein Paar (X, T ) bestehend aus einer Menge und einer Topologie auf X. Häufig schreibt man einfach X statt (X, T ). Eine Teilmenge Y von X heißt offen (bzw. abgeschlossen), wenn Y ∈ T (bzw., wenn X \ Y ∈ T ). Beispiel (13.2). (1) Sei (X, d) ein metrischer Raum. Dann ist T := { U ⊆ X ; U offen in X} eine Topologie auf X (12.27). Diese Topologie heißt die durch d induzierte Topologie. Im Folgenden seien metrische Räume und damit auch normierte Vektorräume (z.B. R, (Kn , || · ||∞ ) oder (B(X, K), || · ||X )) immer mit der induzierten Topologie versehen. Beachte: Unterschiedliche Metriken können dieselbe Topologie induzieren. Beispiel : Sei d0 : X × X → R, d0 (x, y) := min{d(x, y), 1} (Metrik nach Ü61). Sei U ⊆ X. Dann: U bzgl. d offen ⇔ ∀ x∃ ε > 0 : Bε (x) ⊆ U ⇔ ∀ x∃ 1 > ε > 0 : Bε (x) ⊆ U ⇔ U bzgl. d0 offen. (2) Sei X Menge. Dann ist die Potenzmenge T := P(X) eine Topologie auf X (die diskrete Topologie). Sie wird durch die diskrete Metrik induziert. (3) Sei X Menge. Dann ist T := {∅, X} eine Topologie auf X (die chaotische Topologie). (4) Sei X = {s, η}, und sei T := {∅, X, {η}}. Dann ist T eine Topologie auf X. Bemerkung (13.3). Sei (X, T ) topologischer Raum. (1) ∅ und X sind abgeschlossen. (2) Beliebige Durchschnitte von abgeschlossenen Mengen sind wieder abgeschlossen. (3) Endliche Vereinigungen von abgeschlossenen Mengen sind wieder abgeschlossen. Beweis. Für Y ⊆ X schreibe kurz: Y c := X \ Y . (1). X offen ⇒ X c = ∅ abgeschlossen; ∅ offen ⇒ ∅c = X abgeschlossen. (2). Sei I beliebige Menge und seien Ai für i ∈ I abgeschlossen in X. Dann ist !c \ [ c Ai = (Ai ) i∈I i∈I 12 abgeschlossen, da (3). Genauso. S c i∈I (Ai ) offen. Definition (13.4). Sei X topologischer Raum, x ∈ X. Eine Teilmenge V ⊆ X heißt Umgebung von x, falls eine offene Teilmenge U von X mit x ∈ U ⊆ V existiert. Diese Definition verallgemeinert (12.25). Klar: U offen in X ⇔ U Umgebung von x für alle x ∈ U . Beispiel (13.5). In R ist [0, 2] eine Umgebung von 1 aber keine Umgebung von 0. Bemerkung und Definition (13.6). Sei (X, T ) topologischer Raum, Y ⊆ X Teilmenge. Definiere TY := { U ∩ Y ; U ∈ T }. Dann ist TY eine Topologie auf Y , genannt die induzierte Topologie oder Relativtopologie. Eine Teilmenge Y von X zusammen mit der induzierten Topologie heißt Unterraum oder Teilraum von X. Beispiel : Sei X = R, versehen mit der Topologie, die durch die in (12.18) definierte Metrik d induziert wird. Sei Y die offene Teilmenge R von R. Dann besagt Übung 65b), dass die von X auf Y induzierte Topologie gerade gleich der von der Standardmetrik induzierten Topologie ist (obwohl die von d auf R induzierte Metrik nicht die Standardmetrik ist). Definition (13.7). Sei X topologischer Raum, Y ⊆ X Teilmenge. (1) Die Menge \ Y := A A abgeschlossen Y ⊆A ist die kleinste abgeschlossene Teilmenge von X, die Y enthält. Y heißt der Abschluss von Y in X. (2) Die Menge [ Y ◦ := U U offen U ⊆Y ist die größte offene Teilmenge von X, die in Y enthalten ist. Y ◦ heißt das Innere oder der offene Kern von Y in X. (3) Die Menge ∂Y := Y \ Y ◦ heißt Rand von Y in X. Bemerkung (13.8). Sei X topologischer Raum, Y ⊆ X Teilmenge, setze Y c := X \Y. (1) [ c c \ c c \ (Y c )◦ = U = Uc = A = (Y )c . U offen U ⊆Y c U offen U ⊆Y c A abgeschlossen A⊇Y (2) Y ◦ = { x ∈ X ; ∃ Umgebung U von x mit U ⊆ Y }. 13 (3) (1) Y = X \ (Y c )◦ (2) = X \ { x ∈ X ; ∃ Umgebung U von x mit U \ Y c } = { x ∈ X ; für jede Umgebung U von x gilt: U ∩ Y 6= ∅} (4) Sei (X, d) metrischer Raum. (12.28) zeigt: Y = { x ∈ X ; ∃ Folge (yn )n mit yn ∈ Y und lim yn = x}. n Beispiel (13.9). Sei (V, || · ||) ein normierter K-Vektorraum, sei a ∈ V , r ∈ R>0 . Dann gilt: Br (a) = { x ∈ V ; ||x − a|| ≤ r }, ∂Br (a) = { x ∈ V ; ||x − a|| = r }. Übung. Warnung: In allgemeinen metrischen Räumen (X, d) gilt nicht notwendig Br (a) = { x ∈ X ; d(x, a) ≤ r } (zum Beispiel für die triviale Metrik und r = 1 oder die p-adische Metrik (Bonusaufgabe Blatt 16)). Beispiel (13.10). Betrachte die Teilmenge Q des topologischen Raums R. Dann ist Q = R (denn für jede reelle Zahl x existiert eine Folge rationaler Zahlen, die gegen x konvergiert) und Q◦ = ∅ (denn jede nicht leere offene Teilmenge von R enthält eine irrationale Zahl; Übung 30 (e)). Also ∂Q = R. Beispiel (13.11). Seien a, b ∈ R, a < b. Seien T ([a, b]) (bzw. R([a, b])) der RUntervektorraum der Treppenfunktionen (bzw. der Regelfunktionen) des normierten Vektorraums X := (B([a, b], R), || · ||[a,b] ). Dann bedeutet die Definition der Regelfunktion aus (10.7), dass R([a, b]) der Abschluss von T ([a, b]) in X ist. (B) Stetige Abbildungen Definition (13.12). Seien X und Y topologische Räume, f : X → Y eine Abbildung, x̃ ∈ X. Dann heißt f stetig in x̃, wenn für jede Umgebung V von f (x̃) das Urbild f −1 (V ) eine Umgebung von x̃ ist. f heißt stetig, wenn f in allen Punkten x̃ ∈ X stetig ist. Für metrische Räume ist dies Definition (12.29). Definition (13.13). X, Y topologische Räume, D ⊆ X, f : D → Y Abbildung, a ∈ D, b ∈ Y . Dann sagt man: b ist ein Limes von f an der Stelle a, wenn für jede Umgebung V von b in Y eine Umgebung U von a in X existiert, so dass U ∩ D ⊆ f −1 (V ). Schreibweise: lim f (x) = b. x→a Im Allgemeinen ist der Limes einer Abbildung f an einer Stelle a nicht eindeutig bestimmt (selbst wenn f stetig ist); vgl. Bonusaufgabe, Blatt 20. 14 Bemerkung (13.14). Seien X und Y topologische Räume, f : X → Y eine Abbildung, x̃ ∈ X. Dann ist f genau dann in x̃ stetig, wenn lim f (x) = f (x̃). x→x̃ Beispiel (13.15). Sei X = R, Y topologischer Raum, D := N, sei f : N → Y , n 7→ f (n) = yn , eine Folge. Dann ist ∞ ∈ N. Ü65 U ⊆ R ist Umgebung von ∞ ⇔ ∃ a ∈ R : (a, ∞] ⊆ U . Für b ∈ Y besagt Definition (13.13): lim yn = b n→∞ ⇔ ∀ V ⊆ Y Umgebung von b ∃ U ⊆ R Umgebung von ∞: f (U ∩ N) ⊆ V ⇔ ∀ V ⊆ Y Umgebung von b ∃ N ∈ N: f ((N, ∞] ∩ N) ⊆ V ⇔ ∀ V ⊆ Y Umgebung von b ∃ N ∈ N: yn ∈ V ∀ n ≥ N . Ist die Topologie auf Y durch eine Metrik induziert, so erhält man Definition (12.16) zurück. Satz (13.16). Seien X und Y topologische Räume, und sei f : X → Y eine Abbildung. Dann sind äquivalent: (i) f ist stetig. (ii) Ist V ⊆ Y offen in Y , so ist f −1 (V ) offen in X. (iii) Ist B ⊆ Y abgeschlossen in Y , so ist f −1 (B) abgeschlossen in X. Beweis. (ii) ⇔ (iii). Klar, wegen f −1 (Y \ V ) = X \ f −1 (V ) für jede Teilmenge V ⊆ Y . (i) ⇔ (ii). Klar, da eine Teilmenge genau dann offen ist, wenn sie Umgebung ein jedes ihrer Punkte ist. Satz (13.17). Seien X, Y, Z topologische Räume, f : X → Y , g : Y → Z Abbildungen, x̃ ∈ X. Sei f in x̃ stetig, und sei g in ỹ := f (x̃) stetig. Dann ist g ◦ f : X → Z in x̃ stetig. g stetig Beweis. W ⊆ Z Umgebung von g(f (x̃)) = g(ỹ) ⇒ f stetig ⇒ f −1 (g −1 (W )) = (g ◦ f )−1 (W ) Umgebung von x̃. g −1 (W ) Umgebung von ỹ Bemerkung (13.18). Seien X, X 0 topologische Räume, sei f : X → X 0 eine stetige Abbildung, und sei Y ⊆ X ein Unterraum. Dann ist die Einschränkung f | Y : Y → X 0 stetig. Beweis. Sei i : Y → X, i(y) = y die Inklusion. Definition der Teilraumtopologie (13.6): (13.17) U in X offen ⇒ U ∩ Y = i−1 (U ) in Y offen. Also ist i stetig ⇒ f | Y = f ◦ i stetig. Definition (13.19). Seien X, Y topologische Räume. Eine Abbildung f : X → Y heißt Homöomorphismus, wenn f bijektiv ist und wenn f und f −1 stetig sind. X und Y heißen homöomorph, wenn ein Homöomorphismus f : X → Y existiert. 15 Beispiel (13.20). (1) Die Abbildung exp : R → R>0 ist ein Homöomorphismus: exp ist bijektiv und stetig, und die Umkehrabbildung log : R>0 → R ist auch stetig. (2) Die Abbildung f : [0, 2π) → S 1 := { z ∈ C ; |z| = 1 }, f (x) := exp(ix) ist bijektiv und stetig, aber die Umkehrabbildung f −1 : S 1 → [0, 2π) ist nicht stetig: Sei zn := exp(i(2π − 1/n)). Dann ist (zn )n Folge in S 1 mit Grenzwert exp(2πi) = 1, aber f −1 (zn ) = 2π − n1 , und (2π − n1 )n konvergiert nicht in [0, 2π). Aus (14.13) wird folgen, dass [0, 2π) und S 1 nicht homöomorph sind (S 1 kompakt, aber [0, 2π) nicht). (3) Jede bijektive Isometrie metrischer Räume ist ein Homöomorphismus. x Beispiel: ϕ : R → [−1, 1], x 7→ 1+|x| für x ∈ R, ±∞ 7→ ±1 ist Isometrie, also Homöomorphismus. Definition und Satz (13.21). Sei X topologischer Raum, (Y, d) metrischer Raum. Sei (fn )n eine Folge von Funktionen fn : X → Y , und sei f : X → Y . Man sagt, (fn )n konvergiert lokal gleichmäßig gegen f , wenn für alle x ∈ X eine offene Umgebung U von x existiert, so dass (fn | U )n gleichmäßig gegen f | U konvergiert. Sei (fn )n stetig und lokal gleichmäßig konvergent gegen f . Dann ist f stetig. Beweis. Sei x ∈ X. Wollen zeigen, dass f in x stetig ist. Sei U offene Umgebung von x. Dann: f in x stetig ⇔ f | U in x stetig Können also X durch offene Umgebung U von x ersetzen, so dass (fn )n gleichmäßig gegen f konvergiert. Jetzt selber Beweis wie in (9.3). (C) Produkträume Bemerkung und Definition (13.22). Sei I eine Menge, sei (Xi )i∈I eine Familie Q topologischer Räume, und sei X := i∈I Xi . Eine Teilmenge U von X wird als offen definiert, wenn für alle x ∈ U gilt: Es existieren für alle i ∈ I offene Mengen Ui ⊆ Xi , so dass Ui = Xi für alle bis auf endlich viele i und so dass Y x∈ Ui ⊆ U. i∈I Mit dieser Definition ist T := { U ⊆ X ; U offen} eine Topologie auf X, genannt die Produkttopologie. (X, T ) heißt der Produktraum der Familie (Xi )i∈I . Bemerkung (13.23). Bezeichnungen wie in (13.22). Für alle j ∈ I sind die Projektionen prj : X → Xj , (xi )i∈I 7→ xj stetig. Beweis. Sei Uj offene Teilmenge von Xj . Für i 6= j setze Ui := Xi . Dann ist pr−1 j (Uj ) = Q U , also offen in X. i∈I i 16 Satz (13.24). Bezeichnungen wie in (13.22). Sei Y ein topologischer Raum, b ∈ Y , und für alle i ∈ I sei fi : Y → Xi eine Abbildung. Dann ist die Abbildung f : Y → X, y 7→ (fi (y))i∈I genau dann in b stetig, wenn für alle i ∈ I die Abbildungen fi in b stetig sind. (13.17) Beweis. f stetig in b ⇒ fi = pri ◦f stetig in b für alle i ∈ I. Sei umgekehrt fi stetig in b für alle i ∈ I. Sei U Umgebung von a := (fi (b))i∈I in X. Nach Definition der Produkttopologie existieren Qfi (b) ∈ Ui ⊆ Xi offen mit Ui = Xi für alle bis auf endlich viele i1 , . . . , in ∈ I, so dass i Ui ⊆ U . Also Y \ \ f −1 (U ) ⊇ f −1 ( Ui ) = fi−1 (Ui ) = fi−1 (Uij ) 3 b. j i 1≤j≤n i∈I fi stetig in b ∀ i ⇒ fi−1 (Uij ) Umgebung von b für alle j. j Q Endliche Schnitte von Umgebungen sind wieder Umgebungen ⇒ f −1 ( i Ui ) Umgebung von b ⇒ f −1 (U ) Umgebung von b. Beispiel (13.25). Sei n ∈ N. (1) Versehe K mit der durch | · | induzierten Topologie. Dann ist Produkttopologie auf Kn durch || · ||∞ induziert. Werden in (14.20) sehen: Jede Norm auf Kn (insbesondere auch die euklidische Norm) induziert die Produkttopologie. (2) Allgemeiner: Seien Q (X1 , d1 ), . . . , (Xn , dn ) metrische Räume. Dann ist die Produkttopologie auf X := ni=1 Xi induziert durch die Produktmetrik. Begründung: Sei U ⊆ X. Dann: U offen bzgl. Produktmetrik ⇔ ∀ x ∈ U ∃ ε > 0 : Bε (x) ⊆ U ⇔ ∀ x = (x1 , . . . , xn ) ∈ U ∃ ε > 0 : n Y Bε (xi ) ⊆ U i=1 ⇔ ∀ x ∈ U ∀ i = 1, . . . , n ∃ Ui ⊆ Xi offen : x ∈ n Y Ui ⊆ U i=1 ⇔ U offen in der Produkttopologie. Proposition (13.26). Sei X topologischer Raum, (V, || · ||) topologischer K-Vektorraum, f, g : X → V und σ : X → K Abbildungen. Sei x̃ ∈ X, und seien f , g und σ in x̃ stetig. Dann sind die Abbildungen f + g : X → V, σ · f : X → V, (f + g)(x) := f (x) + g(x) (σ · f )(x) := σ(x)f (x) in x̃ stetig. (13.24) Beweis. Sei add : V × V → V , add(v, w) := v + w. Dann gilt: f , g stetig in x̃ ⇒ (12.32) (f, g) : X → V × V , x 7→ (f (x), g(x)) stetig in x̃ ⇒ f + g = add ◦ (f, g) stetig in x̃. Stetigkeit von σ · f analog. 17 Beispiel (13.27). Sei X topologischer Raum, sei (E, || · ||) ein K-Banachraum. Setze BC(X, E) := { u : X → E ; u stetig und beschränkt}. Behauptung: (BC(X, E), || · ||X ) ist K-Banachraum. Begründung: (13.26) ⇒ BC(X, E) ist K-Untervektorraum von B(X, E). Sei (un )n Folge in BC(X, E), die bezüglich || · ||X gegen u ∈ B(X, E) konvergiert. D.h. (13.21) (un )n konvergiert gleichmäßig gegen u. un stetig für alle n ⇒ u stetig. Also ist BC(X, E) abgeschlossen in B(X, E) nach (12.28). (12.43) (12.40) ⇒ B(X, E) Banachraum ⇒ BC(X, E) Banachraum. Proposition (13.28). Seien X1 , X2 topologische Räume, X := X1 × X2 der Produktraum, Y1 ⊆ X1 und Y2 ⊆ X2 Teilmengen. Dann gilt: Y1 × Y2 = Y1 × Y2 . Insbesondere: Y1 × Y2 abgeschlossen in X ⇔ Y1 in X1 und Y2 in X2 abgeschlossen Beweis. Sei a = (a1 , a2 ) ∈ X. (13.8) (3) zeigt: a ∈ Y1 × Y2 ⇔ ∀ U Umgebung von a : U ∩ (Y1 × Y2 ) 6= ∅ ⇔ ∀ U1 Umgebung von a1 , U2 Umgebung von a2 : U1 ∩ Y1 6= ∅, U2 ∩ Y2 6= ∅ ⇔ a1 ∈ Y1 , a2 ∈ Y2 . (D) Hausdorff-Räume Satz und Definition (13.29). Sei X ein topologischer Raum. Dann sind die folgenden Eigenschaften äquivalent: (i) Für alle x, y ∈ X mit x 6= y existieren Umgebungen U von x und V von y, so dass U ∩ V = ∅. (ii) Die Diagonale ∆X := { (x, x) ; x ∈ X } ist abgeschlossen in X × X. (iii) Für jeden topologischen Raum Y und für alle stetigen Abbildungen f1 , f2 : Y → X ist { y ∈ Y ; f1 (y) = f2 (y) } abgeschlossen in Y . Erfüllt X diese äquivalenten Eigenschaften, so heißt X Hausdorffsch. Beweis. (i) ⇔ (ii). Für (x, y) ∈ X × X gilt (x, y) ∈ / ∆X ⇔ x 6= y. Also: ∆X abgeschlossen ⇔ (X × X) \ ∆X offen ⇔ ∀ (x, y) ∈ X × X mit x 6= y existiert Umgebung W von (x, y) mit W ∩ ∆X = ∅ ⇔ ∀ (x, y) ∈ X × X mit x 6= y existieren Umgebungen U von x und V von y mit (U × V ) ∩ ∆X = ∅ ⇔ ∀ x, y ∈ X mit x 6= y existieren Umgebungen U von x und V von y mit U ∩ V = ∅. 18 (ii) ⇒ (iii). Seien f1 , f2 : Y → X stetige Abbildungen. Dann ist (f1 , f2 ) : Y → X × X, y 7→ (f1 (y), f2 (y)) stetig (13.24). ∆X abgeschlossen ⇒ (f1 , f2 )−1 (∆X ) = { y ∈ Y ; (f1 (y), f2 (y)) ∈ ∆X } = { y ∈ Y ; f1 (y) = f2 (y) } abgeschlossen. (iii) ⇒ (ii). Wende (iii) auf fi = pri : X × X → X, i = 1, 2, an pri stetig nach (13.23). Satz (13.30). Sei (X, d) metrischer Raum. Wie immer sei X mit der von d induzierten Topologie versehen. Dann ist X Hausdorffsch. Beweis. Seien x, y ∈ X mit x 6= y, sei a := d(x, y) > 0. Dann Ba/2 (x)∩Ba/2 (y) = ∅. Bemerkung (13.31). Sei X topologischer Raum, Y ⊆ X Teilraum. X Hausdorffsch ⇒ Y Hausdorffsch. Satz (13.32). Sei (Xi )Q i∈I eine Familie Hausdorffscher topologischer Räume. Dann ist der Produktraum X := i∈I Xi Hausdorffsch. Beweis. Seien x = (xi )i∈I , y = (yi )i∈I ∈ X mit x 6= y. Dann existiert i ∈ I mit xi 6= yi , alsoQUmgebungen Ui von xi und Vi von yi in X Qi mit Ui ∩ Vi = ∅. Dann sind U := Ui × j6=i Xj Umgebung von x und V := Vi × j6=i Xj Umgebung von y mit U ∩ V 6= ∅. (E) Dichte Teilräume Bemerkung und Definition (13.33). Sei X ein topologischer Raum, sei Y ⊆ X eine Teilmenge. Dann sind äquivalent: (i) Y = X. (ii) Für jede offene Teilmenge U 6= ∅ von X gilt U ∩ Y 6= ∅. Eine Teilmenge Y , die diese äquivalenten Bedingungen erfüllt, heißt dicht in X. Beweis. (13.8) (3). Korollar (13.34). Sei (X, d) ein metrischer Raum, und sei Y ⊆ X Teilmenge. Dann ist Y genau dann dicht in X, wenn für alle x ∈ X eine Folge (yn )n mit yn ∈ Y existiert, so dass x = limn yn . Beweis. (13.8) (4). Beispiel (13.35). (1) Q und R \ Q sind dichte Teilmemgen von R. Allgemeiner: Eine Teilmenge Y von R ist genau dann dicht in R, wenn für alle a, b ∈ R mit a < b ein y ∈ Y mit a < y < b existiert. (2) Seien a, b ∈ R, a < b. Dann liegt T ([a, b]) in (R([a, b]), || · ||[a,b] ) dicht (13.11). (3) Sei P([a, b], K) die Menge der Polynomfunktionen p : [a, b] → K. Dies ist ein dichter Unterraum des K-Vektorraums (C([a, b], K), || · ||[a,b] ) der stetigen Funktionen [a, b] → K (Satz von Stone-Weierstraß, bewiesen im Proseminar). 19 Proposition (13.36). Sei X topologischer Raum, Z ⊆ Y ⊆ X Unterräume. Dann: Z dicht in X ⇔ Z dicht in Y , und Y dicht in X. Beweis. “⇒”. Sei Z dicht in X. Sei U 6= ∅ offen in X. Dann U ∩ Z 6= ∅ ⇒ U ∩ Y 6= ∅, also Y dicht in X. Jede offene Menge V 6= ∅ des Teilraums Y von X ist von der Form V = U ∩Y (Definition der Teilraumtopologie). Also gilt V ∩Z = (U ∩Y )∩Z = U ∩Z 6= ∅. Also ist Z dicht in Y . “⇐”. Sei U 6= ∅ offen in X. Y dicht in X ⇒ U ∩ Y 6= ∅. Z dicht in Y ⇒ U ∩ Z = (U ∩ Y ) ∩ Z 6= ∅. Also ist Z dicht in X. Satz (13.37). Seien X, Y topologische Räume, sei Y Hausdorffsch, und sei D ⊆ X eine dichte Teilmenge. Seien f1 , f2 : X → Y zwei stetige Abbildungen, so dass f1 | D = f2 | D . Dann ist f1 = f2 . Beweis. Y Hausdorffsch (F) (13.29) ⇒ Z := { x ∈ X ; f1 (x) = f2 (x) } abgeschlossen in Y f1 | D = f2 | D ⇒ D ⊆ Z ⇒ Z = X. Zusammenhängende Räume Definition (13.38). Sei X ein topologischer Raum. (1) X heißt zusammenhängend, wenn die einzigen Teilmengen, die zugleich offen und abgeschlossen sind, ∅ und X sind. (2) Eine Teilmenge Y von X heißt zusammenhängend, wenn Y mit der induzierten Topologie zusammenhängend ist. Beispiel (13.39). (1) Die Teilmenge Y := [0, 1]∪[2, 3] von R ist nicht zusammenhängend: U := [0, 1] ist offen und abgeschlossen in Y . (2) Der leere Raum und jeder topologische Raum, der aus einem Punkt besteht, sind zusammenhängend. Satz (13.40). Sei I ⊆ R Teilmenge. Dann: I ist zusammenhängend ⇔ I ist ein Intervall. Beweis. “⇐”. I Intervall, und sei D ⊆ I offen und abgeschlossen in I und nicht leer. Zu zeigen D = I: Lemma (11.19) “⇒”. Sei I zusammenhängend. Angenommen I ist kein Intervall, d.h. es existieren a, b ∈ I, x̃ ∈ R \ I, a < x̃ < b. Dann ist D := { x ∈ I ; x > x̃ } = { x ∈ I ; x ≥ x̃ } offen und abgeschlossen in I. D 6= ∅, da b ∈ D; D 6= I, da a ∈ I \ D. Widerspruch zu “I zusammenhängend”. Satz (13.41). X, Y topologische Räume, f : X → Y eine stetige Abbildung. Sei X zusammenhängend. Dann ist f (X) zusammenhängend. 20 Beweis. Sei D ⊆ f (X) offen, abgeschlossen, nicht leer. Dann ist f −1 (D) in X offen, abgeschlossen, nicht leer. Also f −1 (D) = X, da X zusammenhängend. Also: D D⊆f (X) = D ∩ f (X) = f (f −1 (D)) = f (X). Korollar (13.42) (Zwischenwertsatz). X zusammenhängender topologischer Raum, f : X → R stetig. Seien x, x0 ∈ X mit f (x) ≤ f (x0 ), und sei a ∈ R mit f (x) ≤ a ≤ f (x0 ). Dann existiert x̃ ∈ X mit f (x̃) = a. Beweis. (13.41) + (13.40) ⇒ f (X) Intervall, also a ∈ f (X). 21 14 Kompakte Räume (A) Definition kompakter Räume Definition (14.1). X topologischer Raum, Y ⊆ X Teilraum. S Eine Familie (Zi )i∈I von Teilmengen Zi ⊆ X heißt Überdeckung von Y , falls Y ⊆ i∈I Zi . Eine Überdeckung (Zi )i∈I von Y heißt offen, falls alle Zi offen in X sind. Beispiel (14.2). (1) Für jede Teilmenge Y von X ist X (d.h. die Familie die aus der einzigen Teilmenge X besteht) eine offene Überdeckung von Y . (2) Sei X = R, Y = N und setze Ui := (i − 1, i + 1) für i ∈ N. Dann ist (Ui )i∈N eine offene Überdeckung von N. Definition (14.3). Sei X topologischer Raum. Ein Teilraum K von X heißt quasikompakt, wenn für jede offene Überdeckung (Ui )i∈I von K endlich viele i1 , . . . , in ∈ I existieren, so dass K ⊆ Ui1 ∪ · · · ∪ Uin . K heißt kompakt, wenn K quasikompakt und Hausdorffsch ist. Beispiel (14.4). Beispiel (14.2) zeigt, dass N nicht quasikompakt ist. Beispiel (14.5). Seien a ≤ b reelle Zahlen. Dann ist [a, b] kompakte Teilmenge von R. Beweis. Sei (Ui )i∈I offene Überdeckung von [a, b]. Sei B := { x ∈ [a, b] ; [a, x] besitzt endliche Teilüberdeckung von (Ui )i∈I }. Dann a ∈ B und B nach oben durch b beschränkt. Setze β := sup B. Angenommen: β < b. Dann existiert i mit β ∈ Ui . Ui offen ⇒ ∃ ε > 0: (a) (β − ε, β + ε) ⊆ Ui , (b) β + ε < b, (c) es existiert b0 ∈ B ∩ (β − ε/2, β]. Hinzunehmen von Ui zur endlichen Teilüberdeckung von [a, b0 ]: [a, β + ε/2] besitzt endliche Teilüberdeckung. Widerspruch zu Definition von β. Bemerkung (14.6). Seien X und Y topologische Räume, die homöomorph sind. Dann ist X genau dann kompakt, wenn Y kompakt ist. Satz (14.7). Sei X kompakter topologischer Raum, K ⊆ X abgeschlossene Teilmenge. Dann ist K kompakt. (13.31) Beweis. X Hausdorff ⇒ K Hausdorff. Sei (Ui )i∈I offene Überdeckung von K. Nimmt man X \ K hinzu, erhält man offene Überdeckung von X. X quasikompakt ⇒ existiert endliche Teilüberdeckung. Entfernt man X \ K, so erhält man endliche Überdeckung von K bestehend aus Ui ’s. Satz (14.8). X, Y topologischer Raum, f : X → Y stetig, X quasikompakt, Y Hausdorff. Dann ist f (X) kompakt und abgeschlossen in Y . 22 (13.31) Beweis. Y Hausdorff ⇒ f (X) Hausdorff. Sei (Vj )j∈J offene Überdeckung von f (X). Dann ist (f −1 (Vj ))j∈J offene Sn Überdeckung von X. SX quasikompakt ⇒ existieren j1 , . . . , jn ∈ J mit X = i=1 f −1 (Vji ), also f (X) ⊆ ni=1 Vji . Also ist f (X) kompakt. Sei y ∈ Y \ f (X). Für alle z ∈ f (X) existieren offene Umgebungen Uz von z und Vz von y mit Uz ∩ Vz = ∅ (da Y Hausdorff). Dann: [ [ f (X) kompakt Uzi . Uz ⇒ ∃ z1 , . . . , zn ∈ f (X) mit f (X) ⊆ f (X) ⊆ 1≤i≤n z∈f (X) Dann T 1≤i≤n Vzi ⊆ Y \ f (X) Umgebung von y. Also ist Y \ f (X) offen in Y . Korollar (14.9). X kompakter topologischer Raum, Y Hausdorff-Raum, f : X → Y stetig und bijektiv. Dann ist f ein Homöomorphismus, und Y ist kompakt. Beweis. Sei g : Y → X die Umkehrabbildung von f . Zu zeigen: g ist stetig. Aber: g stetig ⇔ ∀A ⊆ X abgeschlossen ist g −1 (A) abgeschlossen ⇔ ∀A ⊆ X abgeschlossen ist f (A) abgeschlossen. (14.7) (14.8) Sei also A ⊆ X abgeschlossen ⇒ A kompakt ⇒ f (A) abgeschlossen. Satz (14.10) (Tychonoff ). Sei T Menge, (XQ t )t∈T eine Familie kompakter topologischer Räume. Dann ist der Produktraum X := t∈T Xt kompakt. Beweis (nur für T endlich). Satz (13.32) ⇒ X Hausdorff. Ohne Einschränkung: #T = 2, also X = X 0 × X 00 , mit X 0 , X 00 kompakt. Sei (Ui )i∈I offene Überdeckung von X. Definition der Produkttopologie ⇒ Ohne Einschränkung Ui = Ui0 × Ui00 mit Ui0 ⊆ X 0 und Ui00 ⊆ X 00 offen ∀ i ∈ I. Für alle x00 ∈ X 00 S ist X 0 × {x00 } kompakt, also existiert endliche Teilmenge I(x00 ) ⊆ I 0 00 mit X × {x } ⊆ i∈I(x00 ) Ui . Ohne Einschränkung: x00 ∈ Ui00 für alle i ∈ I(x00 ). Dann T ist Vx00 := i∈I(x00 ) Ui00 offene Umgebung von x00 in X 00 , da I(x00 ) endlich. Außerdem (*) X 0 × {x00 } ⊆ X 0 × Vx00 ⊆ [ Ui . i∈I(x00 ) (Vx00 )x00 ∈X 00Sist offene Überdeckung von X 00 . X 00 kompakt ⇒ existieren x001 , . . . , x00n ∈ X 00 mit X 00 = nj=1 V (x00j ). Dann gilt: n [ [ j=1 i∈I(x00 j) (∗) Ui ⊇ n [ X 0 × Vx00j = X. j=1 Dies ist endliche Teilüberdeckung von (Ui )i∈I . Beweis im allgemeinen Fall: z.B.: Munkres: Topology, §37. 23 (B) Kompakte Teilmengen in metrischen Räumen und im Kn Satz (14.11). Sei (X, d) metrischer Raum, sei K ⊆ X kompakt. Dann ist K abgeschlossen und beschränkt in X. Die Umkehrung gilt im Allgemeinen nicht (betrachte zum Beispiel eine unendliche Menge, versehen mit der diskreten Metrik; siehe auch Übung 84 für ein interessanteres Beispiel). Beweis. Ohne Einschränkung: X 6= ∅. (14.8) Sei i : K → X die Inklusion. K kompakt ⇒ i(K) = K abgeschlossen S S in X. Sei x0 ∈ X. Da K ⊆ n∈N Bn (x0 ) = X, existieren n1 , . . . , nk mit K ⊆ 1≤i≤k Bni (x0 ) ⇒ K ⊆ BN (x0 ), wobei N = max{n1 , . . . , nk }. Also K beschränkt. Satz (14.12). Sei (X, d) metrischer Raum, K ⊆ X Teilmenge. Dann: K kompakt ⇔ Jede Folge in K besitzt Häufungspunkt in K. Beweis. “⇒”. Angenommen, es existiert (cn )n Folge in K ohne Häufungspunkt in K. Für alle x ∈ K existiert dann offene Umgebung Ux von x, soSdass nur endlich viele cn in Ux enthalten sind. K kompakt ⇒ ∃ T ⊆ K endlich: K ⊆ x∈T Ux . Aber dann kann K nur endlich viele cn enthalten. Widerspruch. “⇐”. Übung. Theorem (14.13) (Heine-Borel für Rn ). Sei n ∈ N. In (Rn , || · ||∞ ) ist eine Teilmenge genau dann kompakt, wenn sie abgeschlossen und beschränkt ist. Beweis. Bedingung notwendig: (14.11) Bedingung hinreichend: Sei also A ⊆ Rn abgeschlossen und beschränkt. Dann existiert Quader Q, d.h. Q von der Form Q = [a1 , b1 ] × · · · × [an , bn ] für ai ≤ bi reelle Zahlen, mit A ⊆ Q. (14.5) + Tychonoff ⇒ Q kompakt. A in Rn abgeschlossen ⇒ A in Q (14.7) abgesclossen ⇒ A kompakt. Beispiel (14.14). (1) Eine Teilmenge K von R ist genau dann kompakt und zusammenhängend, wenn K = [a, b] für a, b ∈ R. (2) R ist kompakt und zusammenhängend. Der Unterraum N := N ∪ {∞} ist kompakt. Beweis. (1). (14.13) + (13.40). (2). (13.20) (3) ⇒ R und [−1, 1] homöomorph ⇒ R kompakt, zusammenhängend. (14.7) Übung 65 ⇒ N ⊆ R abgeschlossen ⇒ N kompakt. Beispiel (14.15). Sei (X, d) ein metrischer Raum, sei (xn )n eine konvergente Folge in X mit Grenzwert x∞ ∈ X. Dann ist S := { xn ; n ∈ N } kompakt. Beweis. Die Abbildung f : N → X, n 7→ xn ist stetig (Übung 70(a)). X Hausdorff, N (14.8) kompakt ⇒ S = f (N) kompakt. 24 Korollar (14.16). Sei X topologischer Raum, K 6= ∅ ⊆ X kompakte Teilmenge, f : X → R stetige Abbildung. Dann nimmt f auf K sein Minimum und sein Maximum an. Mit anderen Worten: Es existieren xmin , xmax ∈ K mit f (xmin ) = min f (x), f (xmax ) = max f (x). x∈K x∈K Ist K zusammenhängend, so ist f (K) = [f (xmin ), f (xmax )] beschränktes abgeschlossenes Intervall. Beweis. (14.8) ⇒ f (K) ⊆ R kompakt existieren ymin , ymax ∈ f (K), so dass (14.13) ⇒ ymin = inf(f (K)), K zusammenhängend (13.41) ⇒ f (K) abgeschlossen und beschränkt, also ymax = sup(f (K)). f (K) Intervall, also f (K) = [ymin , ymax ]. Theorem (14.17) (Fundamentalsatz der Algebra (3.11)). Sei p ∈ C[X] ein nicht konstantes Polynom. Dann existiert z ∈ C mit p(z) = 0. Beweis. Identifiziere C mit R2 . Ohne Einschränkung p(z) von der Form z n +an−1 z n−1 + · · · + a1 z + a0 mit a0 6= 0 (a0 = 0 ⇒ p(0) = 0). Wollen zeigen, dass die stetige Funktion f : C → R, z 7→ |p(z)| eine Pn−1Nullstelle besitzt. (i). Setze R := 1 + k=0 |ak | ≥ 1 und sei D := { z ∈ C ; |z| ≤ R }. Dann ist D abgeschlossen und beschränkt in (R2 , || · ||∞ ), also kompakt (Heine-Borel). Für z ∈ C mit |z| ≥ R gilt: |p(z)| ≥ |z|n − |an−1 ||z|n−1 − · · · − |a1 ||z| − |a0 | ≥ |z|n − (|an−1 | + · · · + |a0 |)|z|n−1 = |z|n−1 (|z| − (R − 1)) ≥ |z|n−1 ≥ Rn−1 |z|>1 |z|−R+1>1 R≥1 ≥ R > |a0 | = |p(0)|. D kompakt ⇒ ∃ z0 ∈ D : |p(z0 )| = minz∈D |p(z)|. Da |p(0)| < |p(z)| für alle z mit |z| ≥ R, gilt sogar |z0 | < R. (ii). Annahme: p(z0 ) 6= 0. Schreibe p als Polynom in z−z0 : Da p nicht konstant, existiert k ∈ N and ck , ck+1 , . . . , cn ∈ C, ck 6= 0, so dass: p(z) = p(z0 ) + ck (z − z0 )k + ck+1 (z − z0 )k+1 + · · · + cn (z − z0 )n . Sei a ∈ C mit ak = −p(z0 )/ck (existiert nach Übung 37). Dann existiert ε > 0, so dass für 0 < t < ε gilt: t |ck+1 ak+1 + ck+2 ak+2 t + · · · + cn an tn−k−1 | < 1 |p(z0 )| 1 ⇒ |ck+1 ak+1 tk+1 + · · · + cn an tn | < tk |p(z0 )| ⇒ |p(z0 )|(1 − tk ) + |ck+1 ak+1 tk+1 + · · · + cn an tn | < |p(z0 )| ⇒ |p(z0 + ta)| = |p(z0 ) + ck tk ak + ck+1 tk+1 ak+1 + · · · + cn tn an | < |p(z0 )|. Widerspruch zur Minimalitat von |p(z0 )|. 25 (C) Äquivalenz von Normen Satz und Definition (14.18). Sei V ein K-Vektorraum, und seien || · ||1 und || · ||2 Normen auf V . Dann sind äquivalent: (i) || · ||1 und || · ||2 induzieren dieselbe Topologie auf V . (ii) idV : (V, || · ||1 ) → (V, || · ||2 ) ist Homöomorphismus. (iii) Es existieren c, C ∈ R>0 , so dass für alle v ∈ V gilt: c||v||1 ≤ ||v||2 ≤ C||v||1 . (iv) Eine Folge (xn )n in V ist genau dann eine Nullfolge bezüglich || · ||1 , wenn (xn )n eine Nullfolge bezüglich || · ||2 ist. Erfüllen || · ||1 und || · ||2 diese Eigenschaften, so heißen || · ||1 und || · ||2 äquivalent. Beweis. (i) ⇔ (ii). klar. (i) ⇒ (iv). (xn )n Nullfolge ⇔ Für jede Umgebung U von 0 existiert N ∈ N, so dass xn ∈ U für alle n ≥ N . Die Eigenschaft “Nullfolge” hängt also nur von der Topologie ab. (iv) ⇒ (iii). Für i = 1, 2 und r ∈ R>0 setze: B̄ri := { x ∈ V ; ||x||i ≤ r }. Jede Nullfolge bezüglich || · ||2 ist auch Nullfolge bezüglich || · ||1 bedeutet: Für alle r > 0 existiert ε > 0 mit B̄ε2 ⊆ B̄r1 . Insbesondere existiert für r = 1 also α > 0 mit (*) B̄α2 ⊆ B̄11 . Sei q ∈ R mit 0 < q < 1. Für 0 6= x ∈ V sei k := inf{ m ∈ Z ; q m ||x||2 ≤ α }. Dann: (∗) αq < q k ||x||2 ≤ α ⇒ q k ||x||1 ≤ 1. Also: ||x||1 ≤ 1 1 < ||x|| . k αq 2 q Setze c := αq > 0. Dann c||x||1 ≤ ||x||2 für alle x ∈ V . Symmetrie ⇒ ∃ d > 0 : d||x||2 ≤ ||x||1 . Setze C := d−1 . (iii) ⇒ (i). (iii) impliziert, dass für alle a ∈ V jeder offene Ball mit Mittelpunkt a bzgl. || · ||1 einen offenen Ball mit Mittelpunkt a bzgl. || · ||2 enthält und umgekehrt. Dies zeigt, dass eine Menge genau dann bzgl. || · ||1 offen ist, wenn sie bzgl. || · ||2 offen ist. Bemerkung (14.19). Seien V , W zwei K-Vektorräume, und sei f : V → W eine bijektive K-lineare Abbildung. (1) Sei || · || eine Norm auf W . Dann ist || · ||f := || · || ◦ f : V → R≥0 eine Norm auf V . Begründung: Sei v, v 0 ∈ V , λ ∈ K. Dann ||f (v)|| = 0 ⇔ f (v) = 0 ⇔ v = 0, da f injektiv, ||λv||f = ||f (λv)|| = ||λf (v)|| = |λ|||v||f ||v + v 0 ||f = ||f (v + v 0 )|| ≤ ||f (v)|| + ||f (v 0 )|| = ||v||f + ||v 0 ||f . 26 (2) Erhalten also zueinander inverse bijektive Abbildungen {|| · || Norm auf W } o ||·||7→||·||f ||·||f −1 ←7 ||·|| / {|| · || Norm auf V } . Ferner: zwei Normen || · ||1 und || · ||2 auf W äquivalent ⇔ (|| · ||1 )f und (|| · ||2 )f äquivalent. Satz (14.20). Sei V ein endlich-dimenionaler K-Vektorraum. Dann sind alle Normen auf V äquivalent. Beweis. Ist (V, || · ||) normierter C-Vektorraum, so ist (V, || · ||) auch normierter R-Vektorraum. Also ohne Einschränkung K = R. (14.19) ⇒ Ohne Einschränkung: V = Rn . Sei || · || beliebige Norm auf Rn . Es genügt zu zeigen, dass || · || und || · ||∞ äquivalent sind. Sei S := { x ∈ Rn ; ||x||∞ = 1 } = (|| · ||∞ )−1 ({1}). || · ||∞ stetig (12.31) ⇒ S ⊆ Rn abgeschlossen. Außerdem S beschränkt. Also S kompakt in (Rn , || · ||∞ ) (14.13). Behauptung: || · || : (Rn , || · ||∞ ) → R ist stetig. Beweis: Sei (e1 , . . . , en ) Standardbasis des Rn . Setze M := max{ ||ei || ; i = 1, . . . , n }. Für x ∈ Rn , x = Pn i=1 xi ei gilt dann ||x|| ≤ n X |xj |M ≤ M n||x||∞ . i=1 Dies zeigt die Behauptung. (14.16) S kompakt, ||x|| > 0 für alle x ∈ S ⇒ c := min ||S|| und C := max ||S|| existieren und sind > 0. Sei x ∈ Rn , x 6= 0. Dann x/||x||∞ ∈ S, also c ≤ || x || ≤ C ⇒ c||x||∞ ≤ ||x|| ≤ C||x||∞ . ||x||∞ Korollar (14.21) (Heine-Borel für endlich-dimensionale K-Vektorräume). Sei (V, || · ||) ein endlich-dimensionaler K-Vektorraum. Dann ist eine Teilmenge A ⊆ V genau dann kompakt, wenn A abgeschlossen und beschränkt ist. Proof. Ohne Einschränkung K = R. (14.19) ⇒ Ohne Einschränkung V = Rn . (14.20) ⇒ Ohne Einschränkung || · || = || · ||∞ . Dann (14.13). 27 15 Stetigkeitseigenschaften Notation In diesem Paragraphen seien (X, d), (X 0 , d0 ) metrische Räume. (A) Lipschitz-Stetigkeit und gleichmäßige Stetigkeit Definition (15.1). Sei f : X → X 0 eine Abbildung (1) f heißt gleichmäßig stetig, wenn für alle ε > 0 ein δ > 0 existiert, so dass d(x, y) < δ ⇒ d0 (f (x), f (y)) < ε für alle x, y ∈ X. (2) f heißt Lipschitz-stetig, wenn ein L ∈ R>0 existiert, so dass d0 (f (x), f (y)) ≤ Ld(x, y) für alle x, y ∈ X. L heißt dann Lipschitz-Konstante von f . Beispiel (15.2). (V, || · ||) normierter Vektorraum. Dann ist || · || : V → R≥0 Lipschitzstetig mit Lipschitz-Konstante L = 1 ((12.31).1). Bemerkung (15.3). f Lipschitz-stetig ⇒ f gleichmäßig stetig ⇒ f stetig Beispiel (15.4). (1) f : R → R, x 7→ x2 , ist nicht gleichmäßig stetig. Beweis: Zu ε = 1 existiert für alle δ > 0 ein x ∈ R mit |(x+δ)2 −x2 | = |2xδ+δ 2 | ≥ 1. √ (2) f : [0, 1] → R, x 7→ x, ist nicht Lipschitz-stetig, aber gleichmäßig stetig. √ √ Beweis: Annahme: f Lipschitz-stetig. Dann existiert L > 0 mit | x− y| ≤ L|x−y| √ √ für alle x, y ∈ [0, 1]. Insbesondere für y = 0, x > 0 gilt: x ≤ Lx, also L x ≥ 1. √ Widerpruch zu limx&0 x = 0. Gleichmäßige Stetigkeit folgt aus folgendem Satz. Satz (15.5). Sei f : X → X 0 stetig, und sei (X, d) kompakt. Dann ist f gleichmäßig stetig. Beweis. Annahme: f ist nicht gleichmäßig stetig. Dann existiert ε > 0 und für alle δ = k1 > 0, k ∈ N Punkte xk , yk ∈ X mit d(xk , yk ) < k1 , aber d0 (f (xk ), f (yk )) ≥ ε. (14.12) X kompakt ⇒ existiert konvergente Teilfolgen (xkj )j von (xk ) und konvergente Teilfolge (ykji )i von (ykj ). Setze a := limi xkji , b := limi ykji . Da d(xk , yk ) → 0 und f stetig folgt d0 (f (xkji ), f (ykji )) → 0. Widerspruch zu d0 (f (xk ), f (yk )) ≥ ε. Bemerkung (15.6). Fasse R als metrischen Raum auf (Beispiel (12.18)) und versehe N := N ∪ {∞} mit der induzierten Metrik. Seien (X, d), (X 0 , d0 ) metrische Räume, seien fn : X → X 0 , n ∈ N, und f∞ : X → X 0 Abbildungen. Definiere f : N × X → X 0, f (n, x) := fn (x). Dann: fn ist gleichmäßig stetig für alle n ∈ N und f ist gleichmäßig stetig ⇒ (fn )n∈N konvergiert gleichmäßig gegen f∞ 28 Beweis. Sei ρ die Metrik auf N. Dann gilt für m ∈ N ρ(∞, m) = |1 − m 1 |= 1+m 1+m also für alle N, m ∈ N (*) ρ(∞, m) < 1 ⇔ m ≥ N. N f gleichmäßig stetig ⇔ ∀ ε > 0 ∃ N ∈ N : (**) ρ(n, m) < 1 1 , d(x, y) < ⇒ d0 (fn (x), fm (y)) < ε ∀ (n, x), (m, y) ∈ N × X. N N n = m in (**) ⇒ fn gleichmäßig stetig. (∗) n = ∞ und x = y in (**) ⇒ (fn )n konvergiert gleichmäßig gegen f∞ . Satz (15.7). Sei D ⊆ X dichter Unterraum, sei (X 0 , d0 ) vollständig, und sei f : D → X 0 gleichmäßig stetig. Dann existiert genau eine stetige Abbildung f¯: X → X 0 , so dass f¯| D = f , und f¯ ist gleichmäßig stetig. Beweis. (i). Eindeutigkeit: (13.37). (ii). Definition von f¯: Behauptung: Für alle x ∈ X existiert z ∈ X 0 mit z = y→x lim f (y). y∈D Setze dann f¯(x) := z (z eindeutig bestimmt, da X 0 Hausdorffsch, Bonusaufgabe Blatt 20). Beweis der Behauptung: Sei (yn )n Folge in D mit limn yn = x. Sei ε > 0 beliebig und wähle δ > 0, so dass (*) ∀ y, y 0 ∈ D : d(y, y 0 ) < δ ⇒ d0 (f (y), f (y 0 )) < ε. Sei N ∈ N mit d(yn , x) < δ/2 für n ≥ N . Dann gilt für n, m ≥ N : (∗) d(yn , ym ) ≤ d(yn , x) + d(x, ym ) < δ ⇒ d0 (f (yn ), f (ym )) < ε. Also ist (f (yn ))n Cauchy-Folge in X 0 , also konvergent, da X 0 vollständig. Sei z := limn f (yn ). (*) für y = yn und Übergang zu limn zeigt: ∀ y0 ∈ D : d(x, y 0 ) ≤ δ ⇒ d0 (z, f (y 0 )) ≤ ε. Also z = y→x lim f (y). y∈D (iii). f¯ ist gleichmäßig stetig. 29 Sei ε > 0, und sei δ > 0 so gewählt, dass (*) gilt. Genügt zu zeigen: Für alle x, y ∈ X mit d(x, y) < δ/3 gilt d0 (f¯(x), f¯(y)) < 3ε. Seien (yn )n , (xn )n Folgen in D mit xn → x, yn → y. Existiert N ∈ N, so dass für n ≥ N gilt: d(xn , x), d(yn , y) < δ/3. Also: d(xN , yN ) ≤ d(xN , x) + d(x, y) + d(y, yN ) < δ 2 d(xn , xN ) ≤ d(xn , x) + d(x, xN ) < δ < δ, 3 d(yn , yN ) < δ. Also gilt wegen (*): d0 (f¯(x), f¯(y)) ≤ d0 (f¯(x), f (xN )) + d0 (f (xN ), f (yN )) + d0 (f (yN ), f¯(y)) = lim d0 (f (xn ), f (yN )) + d0 (f (yN ), f (yN )) + lim d0 (f (yN ), f (yn )) n→∞ n→∞ < 3ε. (B) Stetigkeit linearer Abbildungen Satz (15.8). Seien (V, || · ||), (V 0 , || · ||0 ) normierte K-Vektorräume, und sei f : V → V 0 eine K-lineare Abbildung. Dann sind äquivalent: (i) f ist stetig. (ii) f ist stetig in 0. (iii) Es existiert L ∈ R≥0 mit ||f (x)||0 ≤ L||x|| für alle x ∈ V . (iv) f ist Lipschitz-stetig. Beweis. (iv) ⇒ (i) ⇒ (ii). klar (iii) ⇒ (iv). Für alle x, y ∈ V gilt (iii) ||f (x) − f (y)||0 = ||f (x − y)||0 ≤ L||x − y||. (ii) ⇒ (iii). Ohne Einschränkung sei x 6= 0. Zu ε = 1 existiert δ > 0 mit ||f (y)||0 = ||f (y) − f (0)||0 < 1 für all y ∈ V mit ||y|| ≤ δ. Also gilt: δ x 0 ||f (x)||0 = ||f (δ )|| < 1 ||x|| ||x|| Dies zeigt (iii) mit L = 1/δ. Definition (15.9). Seien (V, || · ||), (V 0 , || · ||0 ) normierte K-Vektorräume. Setze L(V, V 0 ) := { f : V → V 0 ; f linear und stetig}. Dies ist K-Untervektorraum von HomK (V, V 0 ). Für f ∈ L(V, V 0 ) heißt ||f ||V →V 0 := ||f ||op := inf{ L ≥ 0 ; ∀ x ∈ V : ||f (x)||0 ≤ L||x|| } die Operatornorm von f . 30 Bemerkung (15.10). Seien (V, || · ||), (V 0 , || · ||0 ) normierte K-Vektorräume. (1) Sei f : V → V 0 stetig linear. Dann gilt: ||f ||op = inf{ L ≥ 0 ; ∀ x ∈ V \ {0} : ||f (x)||0 ≤ L} ||x|| x 0 )|| ; x ∈ V \ {0} } ||x|| = sup ||f (x)||0 . = sup{ ||f ( x∈V ||x||=1 (2) || · ||op ist eine Norm auf L(V, V 0 ). Seien f, g ∈ L(V, V 0 ). 1 (i) ||f ||op = 0 ⇔ ||x|| f (x) = 0 für alle 0 6= x ∈ V ⇔ f (x) = 0 für alle x ∈ V . (ii) ||λf ||op = |λ|||f ||op für λ ∈ K: klar (iii) ||f + g||op ≤ ||f ||op + ||g||op : Wie für Supremumsnorm unter Verwendung von (1). Beispiel (15.11). Die Ableitung d : C 1 ([0, 1], R) → C([0, 1], R), f 7→ f 0 ist linear. Aber d ist bezüglich der Supremumsnorm || · || = || · ||[0,1] nicht stetig: Sei pn : [0, 1] → R, x 7→ xn . Dann gilt ||pn || = 1 für alle n ∈ N. Also: ||d(pn )|| = ||npn−1 || = n = n||pn ||. Also ist ||d(f )|| ||f || für 0 6= f ∈ C 1 ([0, 1], R) nicht beschränkt. Satz (15.12). (V, || · ||), (V 0 , || · ||0 ) normierte K-Vektorräume, und sei f : V → V 0 eine K-lineare Abbildung. Ist dimK (V ) < ∞, dann ist f stetig. Beweis. (i). (Spezialfall: f bijektiv): f bijektiv und linear Norm auf V . Also ist f Komposition idV (V, || · ||) stetig (14.20) / (V, || · || ) f f (14.19) ⇒ || · ||f := || · ||0 ◦ f / (V 0 , || · ||0 ), Isometrie also f stetig. (ii). (Allgemeiner Fall): Sei (v1 , . . . , vn ) Basis von V und setze L := max{ ||f (vi )||0 ; i = 1, . . . , n }. n Sei Φ : K K-lineare Isomorphismus, d.h. Pn→ V der zu (v1 , . . . , vn ) korrespondierende Φ(a) = i=1 ai vi . Dann gilt für all a ∈ Rn ||(f ◦ Φ)(a)|| 0 f linear = || n X 0 ai f (vi )|| ≤ n X i=1 0 |ai |||f (vi )|| ≤ L i=1 n X |ai | = L||a||1 . i=1 (i) Also: (15.8) ⇒ f ◦ Φ : (Kn , || · ||1 ) → (V 0 , || · ||0 ) stetig ⇒ f = (f ◦ Φ) ◦ Φ−1 stetig. Proposition (15.13). Sei (V, || · ||) ein normierter K-Vektorraum, W ⊆ V ein dichter K-Untervektorraum und (E, || · ||0 ) ein Banachraum. Sei f : W → E eine stetige lineare Abbildung. Dann existiert eine eindeutige stetige lineare Abbildung f¯: V → E mit f¯| W = f . Ferner gilt ||f¯||op = ||f ||op . 31 (15.7) Beweis. (15.8) ⇒ f gleichmäßig stetig ⇒ Es existiert eindeutige stetige Abbildung f¯: V → E mit f¯| W = f . f¯ ist linear: Die beiden stetigen Abbildungen (λ, x, y) 7→ λf¯(x) + f¯(y) K × V × V → E, und (λ, x, y) 7→ f¯(λx + y) stimmen auf dem dichten Teilraum K × W × W überein, also sind sie gleich (13.37). (15.10) (1) ⇒ ||f¯||op ≥ ||f ||op . Andrerseits gilt für alle x ∈ V und für jede Folge (xn )n in W mit limn xn = x: ||f¯(x)||0 = || lim f (xn )||0 || · ||0 stetig n→∞ = lim ||f (xn )||0 n→∞ ≤ lim ||f ||op ||xn || = ||f ||op || lim xn || = ||f ||op ||x||. n→∞ n→∞ Also ||f¯||op ≤ ||f ||op . (C) Banachscher Fixpunktsatz Lemma (15.14). Sei (X, d) vollständiger metrischer Raum, sei 0 ≤ q < 1, und sei (xn )n∈N0 Folge in X mit d(xn+1 , xn ) ≤ qd(xn , xn−1 ) für alle n ∈ N Dann konvergiert (xn )n gegen ein x̃ ∈ X, und für alle n ∈ N gilt : d(x̃, xn ) ≤ (*) qn d(x1 , x0 ). 1−q Beweis. Für n ∈ N gilt (**) d(xn+1 , xn ) ≤ qd(xn , xn−1 ) ≤ · · · ≤ q n d(x1 , x0 ). Für alle n, k ∈ N gilt also: d(xn+k , xn ) ≤ (***) k X (∗∗) d(xn+i , xn+i−1 ) ≤ i=1 = qn k X q n+j−1 d(x1 , x0 ) i=1 qk qn 1− d(x1 , x0 ) ≤ d(x1 , x0 ). 1−q 1−q Also ist (xn )n Cauchy-Folge, hat also einen Grenzwert x̃. Ferner: (***) k→∞ ⇒ (*). Theorem (15.15) (Banachscher Fixpunktsatz). Sei (X, d) vollständiger metrischer Raum, ∅ 6= U ⊆ X Teilmenge, und sei f : U → X Lipschitz-stetige Abbildung mit Lipschitz-Konstante q < 1, so dass f (U ) ⊆ U . Dann existiert genau ein x̃ ∈ U mit f (x̃) = x̃. Der Punkt x̃ heißt dann Fixpunkt von f . 32 Definition (15.16). Lipschitz-stetige Abbildungen mit Lipschitz-Konstante < 1 heißen auch kontrahierend. Beweis von (15.15). (i) Eindeutigkeit von x̃. Sei x̃0 zweiter Fixpunkt, d.h. f (x̃0 ) = x̃0 . Dann: 0≤q<1 d(x̃, x̃0 ) = d(f (x̃), f (x̃0 )) ≤ qd(x̃, x̃0 ) ⇒ d(x̃, x̃0 ) = 0. (ii) Konstruktion von x̃. Sei x0 ∈ U beliebig, und setze induktiv xn := f (xn−1 ) ∈ U für n ∈ N. Dann d(xn+1 , xn ) ≤ qd(xn , xn−1 ) (15.14) ⇒ (xn )n hat Grenzwert x̃ ∈ X Da xn ∈ f (U ) für alle n ∈ N, also x̃ ∈ f (U ) ⊆ U . Da f stetig, gilt: f (x̃) = f (lim xn ) = lim f (xn ) = lim xn+1 = x̃. n n n Satz (15.17). Sei T topologischer Raum, (X, d) vollständiger metrischer Raum, sei 0 ≤ q < 1 reelle Zahl, und sei f : T × X → X stetig. Für alle t ∈ T definiere ft : X → X, x 7→ f (t, x). Für alle t ∈ T gelte d(ft (x), ft (y)) ≤ qd(x, y), (*) für alle x, y ∈ X. Sei x̃t ∈ X der eindeutige Fixpunkt von ft (15.15). Dann ist die Abbildung g̃ : T → X, g̃(t) := x̃t stetig. Beweis. Wähle x0 ∈ X und definiere induktiv Abbildungen gn : T → X durch g0 (t) := x0 , für n ∈ N gn (t) := f (t, gn−1 (t)). Induktion ⇒ gn stetig für alle n ∈ N. Für alle t ∈ T konvergiert die Folge (gn (t))n gegen g̃(t). (13.21) Genügt zu zeigen: (gn )n konvergiert lokal gleichmäßig gegen g̃ ( ⇒ Behauptung). Sei ε > 0, und sei t0 ∈ T . Wollen zeigen: ∃ U 3 t0 offen, N ∈ N, so dass d(gn (t), g̃(t)) < ε, für alle t ∈ U , n ≥ N . t 7→ f (t, x0 ) stetig in t0 (Übung 72(b)), also existiert offene Umgebung U von t0 , so dass ∀t ∈ U : ⇒ ∀t ∈ U : (**) Wähle N ∈ N, so dass Für alle t ∈ T gilt qn 1−q C d(f (t, x0 ), f (t0 , x0 )) ≤ ε d(f (t, x0 ), x0 ) ≤ ε + d(f (t0 , x0 ), x0 ) =: C. < ε für alle n ≥ N . (∗) d(gn+1 (t), gn (t)) = d(f (t, gn (t)), f (t, gn−1 (t))) ≤ qd(gn (t), gn−1 (t)). Also gilt für t ∈ U , n ≥ N : (15.14) d(gn (t), g̃(t)) ≤ (∗∗) qn qn qn d(g1 (t), g0 (t)) = d(f (t, x0 ), x0 ) ≤ C < ε. 1−q 1−q 1−q 33 (D) Anwendungen auf Integrationstheorie Ab jetzt seien a, b ∈ R, a < b. Bemerkung (15.18) (Konstruktion des Regelintegrals, Beweis von Lemma (10.9)). Betrachte den R-Vektorraum B([a, b], R) aller beschränkten Abbildungen f : [a, b] → R, versehen mit der Supremumsnorm || · || = || · ||[a,b] . Betrachte die Untervektorräume T := T ([a, b]) ⊂ R := R([a, b]) der Treppen- bzw. Regelfunktionen von B([a, b], R). Per definitionem ist R der Abschluss von T . Hatten in (10.4) das Integral Zb I : T → R, f 7→ I(f ) := f (x) dx a definiert. I ist linear. Ferner: (10.6) ∀f ∈ T : |I(f )| ≤ (b − a)||f || (15.8) ⇒ I stetig mit ||I||op ≤ b − a. Für f konstante Funktion gilt |I(f )| = (b − a)||f ||, also ||I||op = b − a. Korollar (15.13) zeigt dann: Es existiert eine eindeutige lineare Abbildung I¯: R → R, so ¯ ) = limn→∞ I(fn ) für alle f ∈ R und für jede Folge (fn )n in T mit limn fn = f . dass I(f ¯ = b − a, also gilt für alle f ∈ R: Ferner gilt ||I|| op ¯ )| ≤ (b − a)||f ||. |I(f Schließlich seien f, g ∈ R mit f ≥ g. Dann existiert Folge (hn )n mit limn hn = f − g und hn ≥ 0 für alle n ∈ N (wähle beliebige Folge (h̃n )n in T mit limn h̃n = f − g und ¯ − g) = I(f ¯ ) − I(g) ¯ ≥ 0. setze hn := max{h̃n , 0}). Dann: I(hn ) ≥ 0 für alle n ∈ N ⇒ I(f Dies zeigt Lemma (10.9). Satz (15.19). Sei (X, d) ein metrischer Raum, und sei f : X × [a, b] → R stetige Funktion. Dann ist Zb g : X → R, g(x) := f (x, t) dt a eine stetige Funktion. Beweis. Sei (xn )n konvergente Folge in X mit Grenzwert x∞ . Für n ∈ N definiere fn : [a, b] → R, fn (t) := f (xn , t). Die Abbildung N → X, n 7→ xn stetig (vgl. Übung 70(a)), also ist F : N × [a, b] → R, F (n, t) := fn (t) (14.10) (15.5) (15.6) stetig. N, [a, b] kompakt ⇒ N × [a, b] kompakt ⇒ F gleichmäßig stetig ⇒ (fn )n ist Folge von Regelfunktionen (da fn stetig), die gleichmäßig gegen f∞ konvergiert. Also gilt Zb lim g(xn ) = lim n→∞ fn (t) dt n→∞ a (10.10) Zb = f∞ (t) dt = g(x∞ ). a Also ist g stetig. 34 Korollar (15.20). Sei I ⊆ R Intervall, und sei f : I × [a, b] → R eine stetige Funktion, so dass für alle t ∈ [a, b] die Funktion I → R, x 7→ f (x, t) stetig differenzierbar ist. Es (x,t) bezeichne ∂f∂x ihre Ableitung an der Stelle x. Dann ist auch Zb g : I → R, g(x) := f (x, t) dt a differenzierbar, und es gilt 0 Zb g (x) = ∂f (x, t) dt. ∂x a Beweis. Sei x∞ ∈ I und (xn )n Folge in I mit Grenzwert x∞ und xn 6= x∞ für alle n ∈ N. Definiere Fn : [a, b] → R, Fn (t) := f (xn , t) − f (x∞ , t) , xn − x∞ für n ∈ N und für n = ∞ setze F∞ : [a, b] → R, F∞ (t) := ∂f (x∞ , t) . ∂x Wie im Beweis von (15.19) sieht man, dass (Fn )n∈N gleichmäßig gegen F∞ konvergiert (10.10) ⇒ Behauptung. 35