Vorwort D ie Idee der Ausstellung war es, die ersten Monate der deutschen Besatzung in der Region Zamosch aus der privaten Sicht eines deutschen Wehrmachtssoldaten zu zeigen. Sie steht im Kontrast zu jener eines polnischen Zeitgenossen, der die spätere Zeit der deutschen Besatzung festhielt. Diese Idee entstand bei einem Treffen von zwei Zeitzeugen, Zenon Bujnowski und Adam Bielak, zwei der Kinder von Zamosch", und deutschen Jugendlichen vom Zug der Erinnerung"im November 2008 " " in Oranienburg bei Berlin. In vielen Fotos und Briefen an seine Familie dokumentierte Kurt Goldmann seine Eindrücke von der Region Zamosch und ihren Menschen in den ersten Monaten des Krieges, bevor er im Sommer 1940 in die Heimat entlassen wurde. Wie relativ ungezwungen das Verhältnis zwischen Besatzern und Besetzten zu jener Zeit sein konnte, ist angesichts der späteren Gräueltaten deutscher Besatzer, in Vergessenheit geraten und heute kaum vorstellbar. Feliks Łukowski hat dagegen als junger Mann die gesamte Besatzungszeit miterleben müssen. In seinen Fotos dokumentierte er wiederum den Alltag der Besatzung aus polnischer Sicht und vermochte dabei das Innere der fotografierten Menschen sichtbar zu machen. Die unterschiedliche Perspektive beider Fotografen wird dabei verstärkt durch Eigenschaften, die beiden Autoren gemeinsam sind. Łukowski und Goldmann waren begeisterte Hobby-Fotografen und betrachteten ihren Beruf als eine Berufung - beide waren Lehrer. Das besondere Verhältnis zu Kindern ist in ihren fotografischen Werken spürbar. Im Oktober 1943 wurde Kurt Goldmann als 46-jähriger Mann erneut in die Wehrmacht eingezogen und im Februar 1944 an die Ostfront" " versetzt. Hier erlebte er mit allen Sinnen die Spuren, die der Krieg hinterlassen hatte. Von dieser Reise"kam er nicht mehr zurück. " Er starb vermutlich bei der Winteroffensive der Roten Armee in der Nähe von Góra Kalwaria im Januar 1945. Feliks Łukowski widmete sich nach dem Krieg vor allem seiner Berufung als Lehrer und war gesellschaftlich sehr aktiv. Er starb 1985 im Alter von 66 Jahren. Die Region Zamosch unter deutscher Besatzung D er September 1939 eröffnete in der Geschichte der Region Zamosch ein besonderes Kapitel. Wie in einer Sammellinse konzentrierten sich hier beinahe alle Ereignisse, die charakteristisch für den Zweiten Weltkrieg waren. Während des Verteidigungskrieges wurden hier hartnäckige Kämpfe ausgetragen. Zu den blutigsten Schlachten im September gehören wohl zwei Schlachten bei Tomaszów Lubelski, die trotz Niederlage, die dort eingesetzten deutschen Streitkräfte spürbar geschwächt haben. Die Region Zamosch war im September 1939 von der Anwesenheit zweier Angreifer gezeichnet: zuerst waren die deutschen Truppen vor Ort, dann die sowjetischen. Ab Oktober stand die Region schließlich erneut unter deutscher Besatzung. Dies geschah in Folge von Veränderungen der deutsch-sowjetischen Vereinbarungen über die Demarkationslinie, deren Verschiebung von der Weichsel an den Bug am 28. September von beiden Verbündeten vertraglich beschlossen wurde. Nachdem die militärische Verwaltung abgezogen war, übernahm am 26. Oktober die zivile Verwaltung die Macht in Zamosch. Die Region Zamosch fiel an den Distrikt Lublin, der von Friedrich Schmidt regiert wurde. Die deutsche Besatzungszeit hat das Schicksal der Bewohner dieser Region tragisch geprägt. Die Bevölkerung der Region Zamosch wurde jeglichen Erscheinungen des deutschen Terrors sowie Repressionen, die das Leben im Besatzungsalltag betrafen, ausgesetzt. Bereits in den ersten Wochen der Besatzung kam es zu ersten Verhaftungen, Geiselnahmen und zu Beschlagnahmung des Eigentums. Zwischen dem 20. und 22. Oktober 1940 wurden im Rahmen der Aktion AB 200 ortsansässige Intellektuelle verhaftet. Die Mehrheit von ihnen kam in ein Sondergefängnis in der Rotunda" von Zamosch, die während des Zweiten Weltkriegs zur Hinrichtungsstätte " für die Opfer der deutschen Terrorherrschaft wurde. Viele von den Gefangenen kamen vor das Standgericht, wurden dann auf das Lubliner Schloss gebracht und schließlich umgebracht. In den ersten Jahren der deutschen Besatzung wurde besonders die jüdische Bevölkerung den Schikanen der deutschen Besatzer ausgesetzt, indem sie aller Rechte beraubt, aus der Gesellschaft ausgestoßen und isoliert wurde. Im März 1942 begannen die Deutschen auf dem Gebiet des Generalgouvernements mit der Aktion Reinhardt, die ein Bestandteil des Plans zur Endlösung der Judenfrage" " war. Die Operation wurde auf Befehl Himmlers von Odilo Globocnik geleitet, dem SS- und Polizeiführer des Distrikts Lublin. Im Rahmen dieser Aktion wurde in Belzec, unweit von Tomaszów Lubelski, das erste Vernichtungslager im Generalgouvernement errichtet, in dem über 434.000 Juden ermordet wurden. In Kleinstädten, die einen hohen Anteil an jüdischer Bevölkerung aufwiesen - wie Szczebrzeszyn oder Józefów - wurden Massenerschießungen durchgeführt. Im November 1942 begannen die Deutschen auf Befehl von Odilo Globocnik mit der Aktion Zamość, also mit der Aussiedlung der Region, die im Rahmen des Generalplans Ost zum ersten deutschen Siedlungsgebiet" erklärt wurde. Der Generalplan Ost sah eine " Aussiedlung der bodenständigen Bevölkerung aus Mittel- und Osteuropa vor und die Besiedlung dieser Gebiete mit deutschen Siedlern. Die ersten Probe-Aussiedlungen wurden im November 1941 und die eigentliche Aktion ein Jahr später durchgeführt. Am 27. November 1942 wurde das Dorf Skierbieszów ausgesiedelt. Die erste Aussiedlungsphase dauerte bis zum Ende des Jahres und umfasste Dörfer in den Kreisen Zamosch und Tomaszów. Die zweite Phase dauerte vom 13. Januar bis 6. März 1943. In ihrem Verlauf wurden Dörfer im Kreis Hrubieszów ausgesiedelt. Die letzte Phase, in der auch der Kreis Biłgoraj betroffen war, erstreckte sich über den Juni und Juli 1943 und war von zahlreichen Befriedungsaktionen der Deutschen gekennzeichnet. Für die Durchführung der Aussiedlungen griffen die Besatzungsbehörden auf den straffen Verwaltungssapparat sowie SS- und Polizeieinheiten zurück. Des Öfteren wurde Terror angewandt, Exekutionen und Vergeltungsmaßnahmen in Dörfern durchgeführt. Die ausgesiedelte Bevölkerung wurde in Durchgangslager in Zamosch, Zwierzyniec und Biłgoraj verbracht. Nach der Selektion wurde sie zur Zwangsarbeit ins Deutsche Reich deportiert, in die Konzentrationslager Auschwitz (2.000 Personen), Majdanek (16.000) oder in die sog. Rentendörfer gebracht. Ein besonders hartes Schicksal traf die Kinder aus den Dörfern um Zamosch. Von insgesamt 30.000 ausgesiedelten Kindern wurden 4.500 zur Germanisierung vorgesehen und in spezielle Heime transportiert, von wo sie in deutsche Adoptionsfamilien kamen. Viele Kinder haben die Lager- und Transportbedingungen, besonders während des Winters 1942/43, nicht überlebt. Insgesamt wurden bis zum August 1943 287 Dörfer und 100 - 110.000 Polen aus der Region Zamosch ausgesiedelt. Die Aussiedlungsaktion in der Region Zamosch war der unmittelbare Grund für bewaffnete Aktionen der Untergrundorganisationen. Zu jener Zeit gab es in der Region gut organisierte Strukturen der Heimatarmee (AK) und der Bauernbataillone (BCh). Die Aktionen wurden hauptsächlich in drei Bereichen durchgeführt: bei der Organisation von Aktionen zur Evakuierung der bedrohten Bevölkerung, bei Vergeltungsaktionen gegen deutsche Einsiedler, deutsche Polizei und Verwaltung, sowie bei Aktionen zur Lahmlegung der Verkehrswege. Insgesamt führten die Abteilungen der Partisanen in diesem Zeitraum etwa 300 Kampfeinsätze durch. Hervorzuheben ist, dass die Anfänge der Konspiration in der Region Zamosch bis ins Jahr 1939 reichen, und dass in diese konspirative Tätigkeit die unterschiedlichsten sozialen Kreise einbezogen waren. Es gab den zivilen und den bewaffneten Widerstand, der hauptsächlich durch die Aussiedlungs- und Vergeltungsaktionen der Deutschen in der Region initiiert wurde. Ein weiterer, ausschlaggebender Grund für das Erstarken der Waldpartisanen war der polnisch-ukrainische Konflikt, der seit Anfang 1944 in blutigen Kämpfen in den Kreisen Hrubieszów und Tomaszów ausgetragen wurde. Das Ergebnis dieses Konflikts war eine Vielzahl von Opfern, zerstörte Dörfer und die faktische Aufteilung dieser Kreise in Vorherrschaftszonen der AK und der Ukrainischen Aufstandsarmee (UPA). Im Rahmen des AK Inspektorats Zamość kämpften im Frühjahr 1944 vierzehn Partisanenabteilungen, was fast die Hälfte der Stärke des gesamten Bezirks Lublin ausmachte. Ein so ausgebautes Netz an Partisanenabteilungen und die größte Intensität an Kämpfen in der Region Lublin wären nicht ohne die Unterstützung der zivilen Bevölkerung möglich, insbesondere der Bewohner der Dörfer um Zamosch, die die Waldpartisanen unterstützten. Ihnen gegenüber wandten die Deutschen verschiedene Formen von Repressionen an, nicht selten das Prinzip der Kollektivverantwortung. Im Zuge der Niederlage in Stalingrad befanden sich die Deutschen seit dem Frühjahr 1943 an der Ostfront in Rückwärtsbewegung. Neben den effektiven Aktionen der Partisanen war dies sicherlich einer der Gründe, warum auf die Fortsetzung der Aussiedlungen verzichtet wurde, um so mehr, als sie nicht die erwarteten Ergebnisse brachten. Als sich die sowjetische Front im Sommer 1944 dem Gebiet des Bugs näherte, bildeten die im Hinterland deutscher Streitkräfte erfolgreich agierenden Partisanenverbände sicherlich eine evidente Gefahr. Unter diesen Umständen begannen die Deutschen mit Säuberungsaktionen in diesem Gebiet. In der Region Zamosch trugen sie den Decknamen Sturmwind I und Sturmwind II. Im Rahmen dieser Anti-Partisanen-Aktionen wurden außer den Polizeieinheiten noch 3 Divisionen der Wehrmacht mit 30.000 Mann eingesetzt, die durch die Luftwaffe und Panzerverbände unterstützt wurden. Zwischen dem 9. und 14. Juni 1944 führten die Deutschen den ersten Angriff auf Einheiten durch, die in den Wäldern um Janów (Lasy Janowskie) und Lipsk (Lasy Lipskie) aktiv waren. Den Partisanen gelang es, die Umzingelung zu brechen, und ihre Position in das Gebiet der Puszcza Solska zu verlagern. Die zweite Operationsetappe, die am 18. Juni begann, umfasste das Gebiet zwischen Tomaszów, Krasnobród, Tarnogród und Biłgoraj. Der Truppenverband der AK und BCh, sowie die Einheiten, die sich aus den Wäldern um Janów durchgeschlagen hatten, wurden umzingelt. Zu den schwersten Kämpfen kam es rund um Górecko Kościelne und Osuchy. Dabei erlitten die beteiligten Partisanenverbände schwere Verluste. Gleichzeitig wurde in der Region Zamosch mit der Aktion Burza begonnen, für die - auf Befehl der Hauptkommandantur der Heimatarmee - bereits seit der Jahreswende 1943/44 Vorbereitungen liefen. Im Rahmen des 9. Infanterie-Regiments der Heimatarmee wurden die Einheiten in den Wäldern um Janów, Zwierzyniec, in der Puszcza Solska sowie in den Wäldern Las Boniecki, Las Szostowiecki und Las Strzelecki konzentriert. Bei der Aktion Burza waren die Einheiten des 9. Infanterie-Regiments der AK unter dem Kommando von Major Stanisław Prus Adam" daran beteiligt, die deutschen Streitkräfte in den Westen zurückzudrängen. Eine wichtige Rolle " spielten ebenfalls die Ortsgruppen, die in der Nähe der Kämpfe aktiv waren. Im Zuge der Befreiung von Ortschaften kam es zur Dekonspiration der Zivilverwaltung, in Form von Ortsvertretungen der Delegatur der Regierung der polnischen Republik für das Land. In Zamosch stand an der Spitze der Zivilverwaltung der Starost Antoni Wiącek Sandomierski". Leider wurden bald darauf " die Soldaten der dekonspirierten Kampfverbände entwaffnet und Repressionen ausgesetzt, ähnlich wie die zivile Verwaltung. Die Macht in der Region Zamosch wurde von den Strukturen des kommunistischen Lubliner Komitees (PKWN) übernommen. Das Kriegsschicksal der Region Zamosch wurde einerseits von den schlimmstmöglichen verbrecherischen Plänen Deutschlands, wie der Vernichtung der Juden, den Aussiedlungs- und Befriedungsaktionen bestimmt, andererseits von der intensiven Entwicklung des bewaffneten Untergrundes und seiner zunehmenden Aktivität von der Jahreswende 1942/43 bis zum Ende der Besatzung. Agnieszka Jaczyńska OBEP IPN in Lublinie