Aus der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Universität zu Köln Direktor: Universitätsprofessor Dr. med P. Mallmann Einfluss der aktiven Immuntherapie mit Partnerlymphozyten auf Habituelle Aborte und Sterilität Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Hohen Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln vorgelegt von Sabine Katharina Börsig aus Freiburg i. Br. promoviert am 15. Juli 2015 Dekan: Universitätsprofessor Dr. med. Dr. h. c. Th. Krieg 1. Universitätsprofessor Dr. med. P. Mallmann 2. Universitätsprofessor Dr. med. H. Abken Erklärung Ich erkläre hiermit, dass die vorliegende Dissertationsschrift ohne unzulässiger Hilfe Dritter und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe; die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht. Bei der Auswahl und Auswertung des Materials sowie bei der Herstellung des Manuskriptes habe ich Unterstützungsleistungen von Herrn Prof. Dr. Mallmann und Frau Dr. Holst erhalten. Weitere Personen waren an der geistigen Herstellung der vorliegenden Arbeit nicht beteiligt. Insbesondere habe ich nicht die Hilfe einer Promotionsberaterin/eines Promotionsberaters in Anspruch genommen. Dritte haben von mir weder unmittelbar noch mittelbar geldwertige Leistungen für Arbeiten erhalten, die im Zusammenhang mit dem Inhalt der vorgelegten Dissertationsschrift stehen. Dieser Dissertationsschrift wurde von mir bisher weder im Inland noch im Ausland in gleicher oder ähnlicher Form einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt. Köln, den 16. Januar 2015 Die dieser Arbeit zugrunde liegenden Daten wurden von mir, Sabine Katharina Börsig, an der Frauenklinik und Poliklinik der Universität zu Köln ermittelt. Danksagung Zuerst danke ich meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Mallmann, für die Bereitstellung des Themas, sein Interesse an meiner Promotionsarbeit und seine fachlichen Anregungen. Des Weiteren möchte ich mich bei Frau Dr. N. Gottschalk und Frau Dr. D. Holst bedanken, die mir vor allem zu Beginn meiner Dissertation mit Ratschlägen und Korrekturen zur Seite standen. Ein großer Dank geht an all die Paare bzw. Frauen, die bereit waren, meine Fragebögen zu beantworten und ohne deren Beitrag meine Dissertation nicht möglich gewesen wäre. Bedanken möchte ich mich auch bei meiner Familie, meiner langjährigen Studienfreundin Elisabeth Kremer und meinem Mann David Ramírez für ihre Unterstützung. Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis 1. Einleitung ..................................................................................................... 10 1.1.Definition und Epidemiologie ....................................................................... 10 1.2.1. Genetische Faktoren ............................................................................... 11 1.2.2. Anatomische Faktoren ............................................................................ 12 1.2.3. Endokrine Faktoren ................................................................................. 13 1.2.4. Hämostaseologische Faktoren ................................................................ 15 1.2.5. Mikrobiologische Faktoren ...................................................................... 17 1.2.6. Immunologische Faktoren ....................................................................... 18 1.2.6.1. Th1-Th2-Balance ................................................................................. 18 1.2.6.2 HLA-System .......................................................................................... 19 1.2.6.3. NK-Zellen ............................................................................................. 21 1.2.6.4. Regulatorische T-Lymphozyten ............................................................ 24 1.2.6.5. Antipaternale leukozytotoxische Antikörper und blockierende Antikörper .......................................................................................................... 26 1.2.6.6. H-Y-Hypothese ..................................................................................... 27 1.2.7. Exogene Faktoren ................................................................................... 28 1.2.8. Psychische Faktoren ............................................................................... 28 1.3. Aktive Immunisierung ................................................................................. 29 1.4. Zielsetzung ................................................................................................. 30 2. Material und Methodik ................................................................................ 30 2.1. Patientenkollektiv ....................................................................................... 30 2.2. Auswahlkriterien ......................................................................................... 31 2.3. Labordiagnostische Verfahren ................................................................... 32 2.4. Ablauf der Immuntherapie .......................................................................... 32 2.4.1. Virologische Untersuchung ..................................................................... 32 2.4.2. Bestimmung lymphozytotoxischer Antikörper.......................................... 33 2.4.3. Immunisierung mit paternalen Lymphozyten ........................................... 34 2.5. Auswertung ................................................................................................ 35 2.6. Statistik....................................................................................................... 36 3. Ergebnisse ................................................................................................... 36 3.1. Ergebnisse der Patientinnen mit mehr als zwei Aborten in der Vorgeschichte (Gruppe 1) ................................................................................. 36 3.1.1. Anzahl der Aborte vor Immunisierung bezogen auf unterschiedliche Altersgruppen .................................................................................................... 38 3.1.2. Schwangerschaftsrate und Lebendgeburtenrate nach Immunisierung mit paternalen Lymphozyten ............................................................................. 38 3.1.3. Schwangerschaftsrate und Lebendgeburtenrate bezogen auf das Alter der Patientinnen........................................................................................ 39 3.1.4. Schwangerschaftsrate und Lebendgeburtenrate bezogen auf die Anzahl der Aborte vor Immunisierung ............................................................... 39 3.1.5. Schwangerschaftsrate und Lebendgeburtenrate bezogen auf den Anteil der Frauen mit einer erfolgreichen Schwangerschaft vor Immunisierung................................................................................................... 40 3.1.6. Schwangerschaftsrate und Lebendgeburtenrate bezogen auf die Anzahl der erhaltenen Immunisierungen ........................................................... 41 3.1.7. Schwangerschaften, Geburten und Aborte nach der Immunisierung mit paternalen Lymphozyten ............................................................................. 42 3.1.8. Sterilitätstherapie im Vorfeld ................................................................... 43 3.2. Ergebnisse der Patientinnen mit einem Abort sowie primärer bzw. sekundärer Sterilität in der Vorgeschichte (Gruppe 2) ...................................... 43 3.2.1. Schwangerschaftsrate und Lebendgeburtenrate nach Immunisierung mit paternalen Lymphozyten ............................................................................. 44 3.2.2. Schwangerschaftsrate und Lebendgeburtenrate bezogen auf die Anzahl der Aborte vor Immunisierung ............................................................... 44 3.2.3. Schwangerschaften, Geburten und Aborte nach der Immunisierung mit paternalen Lymphozyten ............................................................................. 45 3.2.4. Sterilitätstherapie im Vorfeld ................................................................... 46 3.3. Ergebnisse des Gesamtkollektivs (n=61) ................................................... 46 3.3.1. Komplikationen während der Schwangerschaft und während der Geburt ............................................................................................................... 46 3.3.2. Zwillinge .................................................................................................. 46 3.3.3. Auffälligkeiten bei der kindlichen Entwicklung bzw. Besonderheiten nach Behandlung mit paternalen Lymphozyten ................................................ 47 3.3.4. Nebenwirkungen der Immunisierung mit paternalen Lymphozyten ......... 47 4. Diskussion ................................................................................................... 47 4.1. Immuntherapie mit paternalen Lymphozyten ............................................. 48 4.2. Methodische Limitierungen der Studie ....................................................... 51 4.3. Diskussion der Ergebnisse der Patientinnen mit mehr als zwei Aborten in der Vorgeschichte (Gruppe 1) ....................................................................... 51 4.3.1. Auswirkung des Alters auf die Geburtenrate ........................................... 52 4.3.2. Auswirkung der Anzahl der Aborte auf die Geburtenrate ........................ 53 4.3.3. Auswirkung einer erfolgreichen Schwangerschaft im Vorfeld auf die Geburtenrate ..................................................................................................... 54 4.3.4. Auswirkung der Anzahl der Immunisierungen auf die Geburtenrate ....... 55 4.4. Diskussion der Ergebnisse der Gruppe mit weniger als zwei Aborten in der Vorgeschichte (Gruppe 2) ........................................................................... 56 4.5. Nebenwirkungen des Gesamtkollektivs nach Immunisierung mit paternalen Lymphozyten ................................................................................... 60 4.6. Schwangerschaftskomplikationen und kindliche Entwicklung des Gesamtkollektivs nach Immunisierung mit paternalen Lymphozyten ................ 61 4.7.Schlussfolgerungen ..................................................................................... 62 5. Zusammenfassung ..................................................................................... 64 6. Literaturverzeichnis .................................................................................... 67 7. Anhang ......................................................................................................... 81 7.1. Fragebogen ................................................................................................ 81 8. Lebenslauf ................................................................................................... 84 Abkürzungsverzeichnis Ag Antigen AI Aktive Immuntherapie AK Antikörper ANA Antinukleäre Antikörper APC-Resistenz Aktivierte-Protein-C-Resistenz APS Antiphospholipid-Syndrom aPTT Aktvierte partielle Thromboplastinzeit ASRM American Society for Reproductive Medicine ASS Acetylsalicylsäure BMI Body-Mass-Index B-Zelle “bone-marrow” -Zelle CD Cluster of Differentiation CMV Cytomegalievirus DC Dendritische Zelle DIR Deutsches IVF-Register ELISA Enzyme Linked Immunosorbent Assay ESHRE European Society of Human Reproduction and Embryology EUG Extrauteringravidität FOXP3 Forkhead-Box-Protein P3 GnRH Gonadotropin-Releasing-Hormon HAV Hepatitis A Virus HBV Hepatitis B Virus HCV Hepatitis C Virus HIV Humanes Immundefizienz-Virus HLA Humanes Leukozytenantigen H-Y-Antigen Histokompatibilität-Y-Antigen ICSI Intrazystoplasmatische Spermieninjektion IDO Indolamin-2,3-Dioxygenase IFN Interferon IgG Immunglobulin G IgM Immunglobulin M IL Interleukin IVF In-vitro-Fertilisation MHC Major Histocompatibility Complex MTHFR Methylentetrahydrofolat-Reduktase NK-Zellen Natürliche Killerzellen PCO-Syndrom Polyzystisches Ovarialsyndrom PIBF Progesteroninduzierter Blockierungsfaktor RMITG Recurrent Miscarriage Immunotherapy Trialist Group RPMI Roswell Park Memorial Institute RSA Rezidivierende Spontanaborte TCR T-Zell-Rezeptor TGF Transforming Growth Factor Th T-Helferzellen TNF Tumor-Nekrose-Faktor TORCH Toxoplasmose, Others, Röteln, Cytomegalie, Herpes simplex Treg Regulatorische T-Zellen TRH Thyreotropin Releasing Hormon TSH Thyreoida-stimulierendes Hormon T-Zelle Thymus-Zelle Upm Umdrehungen pro Minute WHO Weltgesundheitsorganisation 1. Einleitung 1.1.Definition und Epidemiologie Der Begriff Abort wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert als das frühzeitige Absterben bzw. die Entfernung einer Leibesfrucht vor seiner Lebensfähigkeit bis zu einem Geburtsgewicht von 500 g. Wird ein lebendiger oder toter Fetus mit einem Gewicht über 500 g ausgestoßen, wird dies als Geburt bzw. Totgeburt bezeichnet. Es wird zwischen Früh- und Spätabort unterschieden. Als Frühaborte werden Schwangerschaften bezeichnet, die bis zur 12.-14. Schwangerschaftswoche enden. Schwangerschaftsverluste nach der 14. Schwangerschaftswoche werden als Spätaborte bezeichnet. Von habituellen Aborten wird gesprochen, wenn drei konsekutive Schwangerschaften in einem Abort vor der 20. Schwangerschaftswoche enden. Von einigen Autoren wurde der Terminus auf Frauen mit zwei konsekutiven Spontanaborten erweitert (73). Des Weiteren wird zwischen primär und sekundär habituellen Aborten unterschieden. Konnte bisher keine Schwangerschaft bis zur Lebensfähigkeit des Kindes ausgetragen werden, wird dies als primär habitueller Abort bezeichnet. Wenn im Vorfeld mindestens eine Schwangerschaft bis zur Lebensfähigkeit des Kindes ausgetragen wurde und im Anschluss drei konsekutive Aborte folgen, wird dies dementsprechend als sekundärer Abort definiert. Habituelle Aborte treten mit einer Häufigkeit von 1-2% der Paare mit Kinderwunsch auf (35, 100). Außerdem enden ungefähr 15-20% der klinischen (sonographisch nachweisbaren) Schwangerschaften und sogar 60-70% aller präklinischen (nur biochemisch nachweisbaren) Schwangerschaften in einem Abort (104). Der Großteil der Aborte, ca. 80%, tritt während des ersten Trimesters auf und das Risiko nimmt mit zunehmendem Gestationsalter ab (104). Das Risiko für eine erneute Fehlgeburt nach einem Abort beträgt zwischen 13-26%, nach zwei Aborten 17-35% und nach drei oder mehr Aborten 10 zwischen 25-46% (120). Das Risiko für einen erneuten Abort nimmt folglich mit jeder weiteren Fehlgeburt zu. Eine diagnostische Abklärung beider Partner wird spätestens nach drei aufeinander folgenden Aborten empfohlen (15). 1.2. Abortursachen Die Ursachen für habituelle Aborte sind vielfältig. Es wird bei Frauen mit rezidivierenden Spontanaborten (RSA) von mehreren möglichen Abortursachen ausgegangen, die erst bei vorliegender Disposition der Patientin und in ihrem Zusammenspiel zu einer Fehlgeburt führen (15, 120). Als mögliche Ursachen werden genetische Abweichungen, anatomische Veränderungen, endokrine Störungen, hämostaseologische und mikrobiologische Faktoren sowie immunologische Geschehen in Betracht gezogen. Außerdem werden exogene sowie psychologische Faktoren diskutiert. Bei etwa 50 % der Paare bleibt die Ätiologie unklar und diese mehrheitlich als idiopathisch bezeichnet (130). 1.2.1. Genetische Faktoren Genetische Faktoren spielen bei habituellen Aborten eine eher untergeordnete Rolle. Es findet sich häufiger ein normaler embryonaler Karyotyp (55, 90). Unterschieden werden muss zwischen chromosomalen Aberrationen und monogenen Defekten. Im Vergleich zur Normalbevölkerung mit 0,2% kann bei Paaren mit RSA eine chromosomale Aberration bei 4% nachgewiesen werden (71). Von Bedeutung sind dabei reziproke balancierte Translokationen, Robertson-Translokationen (zentrische Fusion von zwei akrozentrischen Chromosomen zu einem großen), Inversionen sowie Mosaike, wobei balancierte Translokationen die häufigste Form darstellt. Um die weniger häufig auftretenden monogenen Defekte abzuklären, bedarf es einer sorgfältigen Anamnese und Stammbaumanalyse (130). 11 Im Gegensatz zu RSA sind Chromosomenaberrationen eine der Hauptursachen für sporadische Aborte. Bei Aborten im ersten Trimenon lassen sich bei 50% und im zweiten Trimenon bei 20% der Fälle chromosomale Veränderungen nachweisen (129). Dabei spielen vor allem Trisomien, darunter die Trisomie 16, sowie X-Monosomien und Polyploidien eine Rolle. Die Wahrscheinlichkeit für chromosomal bedingte Aborte nimmt mit Zunahme des Gestationsalters ab. Zudem besteht eine positive Korrelation mit dem mütterlichen Alter. Mit zunehmendem Alter der Schwangeren häufen sich chromosomal bedingte Fehlgeburten, wobei vor allem Trisomien an Häufigkeit zunehmen (129). 1.2.2. Anatomische Faktoren Angeborene uterine Fehlbildungen aufgrund von Fusionsstörungen der Müllerschen Gänge bzw. ausbleibender Rückbildung uteriner Septen treten mit einer Prävalenz von 10-15% bei Patientinnen mit habituellen Aborten auf (55). Das Abortrisiko hängt von der zugrunde liegenden Anomalie ab. Mit einem Risiko von 26-94% (je nach Autor) trägt der Uterus septus/subseptus das höchste Abortrisiko und stellt mit 55% aller Anomalien die am häufigsten diagnostizierte Fehlbildung dar (102, 127). Daneben kommen dem Uterus unicornis mit einem Abortrisiko von 41-62%, dem Uterus bicornis mit 28-35% und dem Uterus duplex mit 32-52% eine Bedeutung als Ursachen für rezidivierende Spontanaborte zu (102). Ob der Uterus arcuatus eine uterine Anomalie oder vielmehr eine anatomische Variation darstellt, ist ungeklärt. Eine Abortrate von ca. 15% wurde beschrieben (106). Zu den erworbenen intrauterinen Anomalien zählen Myome, Polypen sowie intrauterine Synechien. Myome betreffen 20-50% der weiblichen Bevölkerung und sind damit der häufigste gutartige Tumor der Frau im gebärfähigen Alter (40, 76). Sie werden in subseröse, intramurale und submuköse Myome eingeteilt. In Abhängigkeit von ihrer Größe und anatomischen Lokalisation können sie zu einem Abortgeschehen beitragen. Submukös gelegene Myome spielen dabei die bedeutendste Rolle. Möglicherweise können sie auch zu einem geringer vaskularisierten Endometrium führen und eine Implantation 12 erschweren. Über eine Endometritis können sie zudem die Migration von Spermien, einer Eizelle oder eines Embryos behindern. Es konnte gezeigt werden, dass nicht nur submukös, sondern auch intramural gelegene Myome mit einer Größe über 30 mm die Implantationsrate bei IVF-Patientinnen senken und daher ein Abortrisiko darstellen können (40, 121). Das Abortrisiko beim Vorliegen von Myomen wird mit bis zu 60% angegeben (72). Intrauterine Verwachsungen oder komplette Obliterationen (Asherman- Syndrom) treten gehäuft nach fieberhaften Aborten und Abortkürettagen auf. Sie nehmen an Häufigkeit mit der Anzahl stattgefundener Kürettagen zu. Nach ein bis zwei Eingriffen liegt die Inzidenz kleiner Verwachsungen bei ca. 15% und nach drei oder mehr sogar bei 30% (130). Es wird davon ausgegangen, dass diese Adhäsionen das funktionelle Volumen des Cavum uteri verringern, eine Entzündung und Fibrosierung des Endometriums hervorrufen und über eine Plazentainsuffizienz zu einem Schwangerschaftsverlust führen können (102). In einer Studie konnten eine Abortrate von 40% und eine Frühgeburtlichkeit von 23% gefunden werden (40, 117). Die Zervixinsuffizienz gilt als Ursache für habituelle Spätaborte. Es kommt dabei zu einer vorzeitigen Verkürzung der Cervix uteri bei gleichzeitiger Eröffnung und Erweichung des Muttermundes. Bei Patientinnen mit RSA liegt sie bei einer Inzidenz von 13% und nimmt altersabhängig ab dem 35. Lebensjahr zu (9). 1.2.3. Endokrine Faktoren Zu den endokrinen Ursachen für Aborte zählen ein schlecht eingestellter Diabetes mellitus, Schilddrüsendysfunktionen, eine Hyperprolaktinämie, ein PCO-Syndrom, Adipositas und eine Störung der Lutealfunktion. Ein gut eingestellter Diabetes mellitus bei Schwangeren gilt nicht als Risikofaktor für RSA, jedoch muss er als Risikofaktor für Schwangerschaftskomplikationen angesehen werden (71, 115). Dazu gehören 13 das vermehrte Auftreten fetaler Anomalien, einer Makrosomie sowie eines Polyhydramnions. Bei einer schwangeren Diabetikerin mit einem schlecht eingestellten Glukosespiegel ist jedoch das Risiko für eine Fehlgeburt erhöht (77). Bei den Schilddrüsendysfunktionen gilt vor allem die Hypothyreose als Ursache für habituelle Aborte. Dabei scheinen sogar latente Hypothyreosen mit einem grenzwertigen TSH-Anstieg das Abortrisiko zu erhöhen und sollten deshalb therapiert werden (130). Inwieweit Hyperthyreosen mit Aborten assoziiert sind, bedarf weiterer Abklärung (130). Erhöhte Spiegel von Autoantikörpern gegen Schilddrüsengewebe lagen häufiger bei Patientinnen mit RSA vor als in der Kontrollgruppe (103). Erhöhte Prolaktinwerte bewirken eine Abnahme der GnRH-Pulsatilität und der hypophysären Gonadotropinsekretion, was in einer Follikelreifestörung und folglich auch in einer Reifestörung des Endometriums resultiert. Bei einer Hypothyreose, die zu einem kompensatorischen Konzentrationsanstieg des TRH führt, wird neben einer Erhöhung der TSH-Sekretion auch eine Erhöhung der Prolaktinsekretion bewirkt (70). Die Schilddrüsenfunktion sowie die Prolaktinsekretion sind somit über das Peptidhormon TRH eng miteinander verknüpft. Das Abortrisiko konnte in einer randomisiert kontrollierten Studie durch eine Behandlung mit Bromocriptin bei einer manifesten sowie einer latenten Hyperprolaktinämie gesenkt werden und ist daher als mögliche Ursache von RSA zu sehen (56). Des Weiteren stellt das Polyzystische Ovarialsyndom (PCO-Syndrom) einen Risikofaktor für habituelle Aborte dar und ist außerdem die häufigste Ursache für eine anovulatorische Infertilität. Es gehört zu den häufigsten Endokrinopathien der Frau im gebärfähigen Alter und tritt mit einer Prävalenz von 6-15% auf (42). Nach den Rotterdamer Kriterien von 2003, die in einer Konferenz von der ESHRE (European Society of Human Reproduction and Embryology) und der ASRM (American Society for Reproductive Medicine) herausgearbeitet wurden, müssen eine kongenitale adrenogenitale Hyperplasie sowie Tumoren ausgeschlossen werden. Weiterhin müssen zwei der folgenden 14 drei Kriterien erfüllt sein: Polyzystische Ovarien im Ultraschallbefund, Zyklusstörungen aufgrund von Oligo- oder Anovulation oder ein Hyperandrogenismus (20). Patientinnen mit einem PCO-Syndrom leiden häufig an einer Insulinresistenz, die wiederum bei Frauen mit RSA beobachtet wurde und mit einem erhöhten Abortrisiko assoziiert ist (37). Eine Lutealphaseninsuffizienz als ätiologischer Faktor für habituelle Aborte sowie der Nutzen einer Progesteronsubstitution sind bisher nicht gesichert und werden kontrovers diskutiert (5, 49, 55). Dagegen gilt ein erhöhter Body-MassIndex (BMI) als Risikofaktor für RSA (115). 1.2.4. Hämostaseologische Faktoren Angeborene und erworbene Thrombophilien haben einen großen Anteil an den Ursachen von RSA (130). So konnte bei 65% der Patientinnen mit pathologischen nachgewiesen Schwangerschaftsverläufen werden (67). Neben eine Aborten Hyperkoagulabilität können außerdem eine Präeklampsie, intrauterine Wachstumsretardierungen sowie ein intrauteriner Fruchttod als Komplikation auftreten. Als Risikofaktoren werden die Faktor-VLeiden-Mutation, die Prothrombin-Mutation, die aktivierte Protein-C (APC)Resistenz, der Protein-S- und Protein-C-Mangel, der Antithrombin-III-Mangel sowie die angeborene und erworbene Hyperhomocysteinämie diskutiert. In einer Metaanalyse von Rey et al. wurde der Einfluss diverser thrombophiler Störungen untersucht (114). Es konnte nachgewiesen werden, dass der FaktorV-Leiden-1691-A-Polymorphismus signifikant mit habituellen Frühaborten assoziiert ist und eine noch stärkere Assoziation mit sporadischen Spätaborten aufweist. Auch für eine Protein-C-Resistenz als Risikofaktor für rezidivierende Frühaborte und den Faktor-2-Prothrombin-G20210A-Polymorphismus als Risikofaktor für rezidivierende Früh- und Spätaborte konnte ein signifikanter Zusammenhang mit RSA gezeigt werden. Des Weiteren wurde der Protein-SMangel in einem signifikanten Zusammenhang mit RSA gefunden. Ein nichtsignifikantes Ergebnis wurde für den homozygoten MTHFR-C677T- Polymorphismus und den Protein-C- und Antithrombin-Mangel angegeben. Eine 15 andere Metaanalyse konnte ein erhöhtes Abortrisiko bei einer Hyperhomocysteinämie feststellen (83). Eine Mutation des MTHFR-Gens ohne Hyperhomocysteinämie hat daher keinen Einfluss auf die Abortrate (54). Die Faktor-V-Leiden-Mutation stellt mit einer Prävalenz von 5-7% die häufigste thrombophile Störung in der mitteleuropäischen Bevölkerung dar, gefolgt von der Prothrombin-Mutation mit 2-3% und dem Protein-S-Mangel mit 0,1-0,2% (115). Inwieweit die Gerinnungsfaktoren VIII, XII und XIII sowie Polymorphismen des Plasminogen-Aktivator-Inhibitors 1 und des Angiotensin-Converting-Enzyms zu einem Abortgeschehen beitragen, kann aufgrund von fehlenden validen Daten noch nicht eingeschätzt werden (17, 51, 115). Das Antiphospholipid-Syndom (APS) stellt eine wichtige und behandelbare Ursache für RSA dar. Die Prävalenz von Antiphospholipid-Antikörpern bei habituellen Aborten wird zwischen 4,9% und 59,1% angegeben (52). Diese Variabilität könnte auf die unterschiedlichen Screeningmethoden zurückgeführt werden. Ein APS kann primär sowie sekundär im Zusammenhang mit anderen Autoimmunerkrankungen wie einer rheumatischen Arthritis oder einem systemischen Lupus erythematodes auftreten. Die Diagnose wird anhand internationaler Kriterien gestellt, die laborchemische und klinische Nachweise erfordern (80). Klinisch muss entweder mindestens eine Thrombose oder eine Schwangerschaftskomplikation aufgetreten sein. Laborchemisch muss in zwei Messungen im Abstand von mindestens zwölf Wochen entweder ein positiver Lupus-Antikoagulans-Test oder ein mittlerer bis hoher Titer von IgG- oder IgMAnti-Cardiolipin-Antikörper oder von IgG- oder IgM-β2-Glykoprotein-1- Antikörper vorliegen. Das Lupus-Antikoagulans wird mittels der aPTT und Antikörper gegen Cardiolipin oder β2-Glykoprotein 1 werden mit Hilfe eines ELISA-Suchtests nachgewiesen. Bei 70% der Patienten werden sowohl AntiCardiolipin-AK wie auch das Lupus-Antikoagulans gefunden (16). Beim APS werden phospholipidhaltige Antikörper Strukturen gegen wie 16 anionische Phosphatidylserin, Phospholipide, β2-Glykoprotein, Cardiolipin sowie gegen das Lupus-Antikoagulans gebildet. Inwiefern diese Antikörper zu Schwangerschaftskomplikationen und Thrombosen führen, ist noch weitgehend unklar. Es werden Mechanismen diskutiert, die über eine Interaktion mit Gerinnungsfaktoren und plazentaren Endothelzellen zu einer Thrombose der Plazentagefäße und so zu einer Plazentainsuffizienz führen sowie Mechanismen, die direkt mit Zellen des Zytotrophoblasten interagieren und auf diesem Weg eine Synzytialisierung und Invasion erschweren (16, 30). Neben Frühaborten werden Frühgeburtlichkeit, Plazentainsuffizienz, Präeklampsie, neonatale Thrombozytopenien sowie der intrauterine Fruchttod als weitere Schwangerschaftskomplikationen bei APS beobachtet (10, 16, 27, 52). Wenn ein Antiphospholipid-Syndrom bei einer Schwangeren vorliegt und unbehandelt bleibt, besteht ein Abortrisiko zwischen 50-90% (110). Bei adäquater Therapie in der Kombination von Heparin und niedrig dosierter ASS erreicht man dagegen Lebendgeburtenraten von ca. 71% (107). 1.2.5. Mikrobiologische Faktoren Inwieweit Infektionen als Ursache für habituelle Aborte in Frage kommen, bleibt spekulativ (108). Diskutiert werden vor allem Chlamydia trachomatis, Ureaplasma urealyticum, Mycoplasma hominis und Toxoplasma gondii als ursächliche Erreger einer genitalen Infektion (79). Allerdings gibt es Hinweise, dass eine bakterielle Besiedlung während des ersten Trimenons ein möglicher Risikofaktor für Spätaborte und Frühgeburtlichkeit darstellt (71, 108). Li et al. untersuchten den Nutzen eines TORCH-(Toxoplasmose, Others, Röteln, Cytomegalie, Herpes simplex) Screenings bei 200 Patientinnen über einen Zeitraum von fünf Jahren, konnten jedoch keinen Vorteil feststellen (71). Letztendlich bleibt der Nutzen eines speziellen Infektionsscreenings bei Patientinnen mit rezidivierenden Aborten Studienergebnisse fraglich (108). 17 aufgrund unterschiedlicher 1.2.6. Immunologische Faktoren Der Embryo erhält die eine Hälfte seiner Gene von der Mutter, die andere Hälfte vom Vater, ist somit ein semiallogenes Transplantat und müsste vom mütterlichen Immunsystem abgestoßen werden. Medawar entwickelte 1953 verschiedene Thesen, die die maternale Immuntoleranz gegenüber ihrem immunologisch fremden Feten erklären sollten (78): 1. Die Plazenta ist eine wirksame immunologische Barriere zwischen Mutter und Fetus. 2. Der Konzeptus ist nicht immunogen, er ruft daher keine Immunantwort hervor. 3. Die mütterliche Immunantwort wird durch die Schwangerschaft abgeschwächt. Ausgehend von der dritten These entwickelte sich die Vorstellung der schützenden Immunantwort (53): Der semiallogene Fetus wird vom mütterlichen Immunsystem als fremd erkannt, es kommt zu einer schützenden Immunantwort und eine Abstoßungsreaktion wird verhindert (11). Eine normal verlaufende Schwangerschaft basiert auf einer erfolgreichen, immunologischen Auseinandersetzung zwischen der mütterlichen Plazenta und den embryonalen Strukturen. Bei diesen komplexen immunologischen Vorgängen spielen immunkompetente Zellen, Zytokine und Chemokine eine entscheidende Rolle. Es werden verschiedene Theorien diskutiert, die zu einem Verlust der Schwangerschaft führen könnten. Zu den am häufigsten diskutierten Hypothesen zählen die Th1-Th2-Balance, die uterinen und peripheren natürlichen Killerzellen, das so genannte HLA-Sharing sowie das Fehlen antipaternaler leukozytotoxischer und blockierender Antikörper. In neuerer Zeit werden außerdem regulatorische T-Zellen im Zusammenhang mit RSA erforscht und ganz aktuell die H-Y-Hypothese als Ursache für sekundär habituelle Aborte. 1.2.6.1. Th1-Th2-Balance Zytokine sind lösliche Moleküle, die das Wachstum und die Differenzierung von Zellen im Organismus steuern. Sie werden aufgrund spezifischer Funktionen Gruppen zugeordnet. Produziert werden sie vor allem durch CD4+ T-HelferZellen. Th1-Zellen produzieren Interferon-γ (IFN-γ), Interleukin-2 (IL-2) und 18 Tumor-Nekrose-Faktor-α (TNF-α) und führen zu einer Zell-vermittelten Immunantwort. Th2-Zellen produzieren Interleukin-4, -5, -6 und -10, aktivieren B-Zellen zur Produktion von Antikörpern und gehören damit zur Antikörpervermittelten Immunantwort. Die dritte Gruppe der Th-Zellen bilden die Th0Gedächtnis-T-Zellen. Diese entstehen durch die Aktivierung von naiven CD4+ Zellen. Sie sind Vorläuferzellen, die zu Th1- oder Th2-Zellen differenzieren können. Zytokine werden außerdem Endometriums und dem Zytotrophoblasten von Makrophagen, Zellen des gebildet (69). Da Th-Zellen nur einen kleinen Anteil der Zellen an der fetomaternalen Grenzzone darstellen, können sie nicht für den Großteil der dort vorhandenen Zytokine verantwortlich sein (69). Dagegen nehmen uterine NK-Zellen den größten Anteil ein und könnten daher erheblich an der Zytokinantwort an der fetomaternalen Grenzzone beitragen (108). Für eine erfolgreich verlaufende Schwangerschaft soll eine Th2-Zytokinantwort notwendig sein (108, 128). Blockierende Antikörper sollen Trophoblastenantigene maskieren und so vor der Erkennung durch das Immunsystem schützen. Studien konnten zeigen, dass Frauen mit RSA sowohl während der Implantation als auch während der Schwangerschaft häufiger eine Th1-Typ-Immunantwort und dass Frauen mit einer normal verlaufenden Schwangerschaft einen Shift zugunsten der Th2-Zytokine aufwiesen (75, 108, 113). Diese Ergebnisse unterstützen die Auffassung, dass eine normale Schwangerschaft auf einer Veränderung der maternalen systemischen Immunantwort basiert, die zu lokalen Veränderungen an der fetomaternalen Grenzzone führt (113). 1.2.6.2 HLA-System Haupthistokompatibilitätsantigene (MHC-Antigene) sind verantwortlich für die Abstoßung von Transplantaten bei genetisch nicht identischen Individuen. Sie werden auch als Humane Leukozyten-Antigene (HLA-Antigene) bezeichnet, da Antikörper gegen humane Leukozyten nach Transplantationen am einfachsten dargestellt werden konnten. Sie befinden sie sich nicht nur auf Leukozyten, sondern auf fast allen kernhaltigen Zellen des menschlichen Körpers. Kennzeichnend ist ein ausgesprochener Polymorphismus. An jedem Genort 19 liegen zahlreiche Allele vor, so dass eine Übereinstimmung von HLA-Antigenen zwischen nicht verwandten Personen sehr selten ist. Kodiert werden sie auf dem kurzen Arm des Chromosoms 6. Sie werden in Klasse-I-, Klasse-II- und Klasse-III-Antigene unterteilt. Zu Klasse-Ia-Antigenen gehören HLA-A, HLA-B und HLA-C. Zu Klasse-Ib-Antigenen zählen HLA-E, HLA-F und HLA-G. HLADR, HLA-DQ und HLA-DP bilden die Gruppe der Klasse-II-Antigene. Zudem befinden sich auf dem Chromosom 6 Gene für Komplementfaktoren, Th1- und Th2-Zytokine und TNF-α und-β. Sie gehören den Klasse-III-Antigenen an. Da das HLA-Gensystem für die Toleranz bzw. Abstoßung von Allotransplantaten eine entscheidende Rolle spielt, wurde seine Bedeutung auch im Rahmen von habituellen Aborten untersucht. Nach dem Konzept der schützenden Immunreaktion muss der Embryo als semiallogenes Transplantat von dem maternalen Immunsystem als fremd anerkannt werden, damit der mütterliche Organismus eine schützende Immunantwort induzieren und eine Abstoßung des Embryos verhindern kann (11). Besteht jedoch eine zu große Übereinstimmung der mütterlichen und fetalen HLA-Antigene, kann das maternale Immunsystem den Trophoblasten nicht als fremd identifizieren, die schützende Immunantwort mit Bildung von blockierenden Faktoren entfällt und der Embryo wird abgestoßen. Ein erhöhte Übereinstimmung von HLAAntigenen (HLA-Sharing) bzw. eine HLA-Kompatibilität konnte bei Frauen mit RSA im Vergleich zu Frauen mit einer Lebendgeburt gefunden werden (11, 65, 88, 126). Dabei konnte die höchste Signifikanz beobachtet werden, wenn Paare identisch für den gesamten 16-Lokus-Haplotyp (Klasse-I-, -II- und -III-Antigene) waren (88). Daher wird vermutet, dass die Expression von HLA an der fetomaternalen Grenzzone eine wichtige Rolle für eine erfolgreich verlaufende Schwangerschaft spielen könnte (2, 14). Beydoun et al. verglichen 32 Studien mit der Fragestellung „HLA-Sharing und RSA“ miteinander. Sie konnten ein HLA-Sharing zwischen Paaren weder in einem HLA-Lokus, noch in einem Allel finden (14). Außerdem untersuchten sie diese Fragestellung in einer Meta-Analyse von 13 Studien. Als Einschlusskriterien mussten die Studien folgende Merkmale aufweisen: 1. habituelle Aborte bei der zu untersuchenden Gruppe, 2. gesunde fertile Paare 20 als Kontrollgruppe sowie 3. HLA-Kompatibilität zwischen den Partnern in HLAA, HLA-B, HLA-C, HLA-DR und HLA-DQ. Dabei stellten sie ein leicht erhöhtes aber signifikantes Risiko für RSA bei Paaren fest, die mindestens ein Allel auf dem HLA-DR Lokus teilten. Dieses Ergebnis konnte jedoch nicht auf die anderen HLA Loci erweitert werden. Neben der Schwierigkeit, die verschiedenen Studien aufgrund unterschiedlicher Methodik und kleiner Studienpopulationen zu vergleichen, stellt sich die Frage, inwieweit HLASharing zwischen Partnern auf fetomaternales Sharing übertragen werden kann und ob die HLA-Antigene selbst die anfälligen Faktoren sind oder die Gene, an die sie gekoppelt sind, ursächlich für RSA sein könnten. Der Trophoblast exprimiert im Gegensatz zu anderen kernhaltigen Zellen nur HLA-C, HLA-G und HLA-E. Eine klassische Antigenerkennung über die klassischen MHC-Antigene bleibt daher aus. HLA-G und HLA-E sind weniger polymorph (98). Diese Erkenntnis bekräftigt die Hypothese, dass sie eine Funktion inne haben, die sich sehr von der der klassischen HLA unterscheidet. HLA-G ist eines der HL-Antigene, das an der fetomaternalen Grenzzone exprimiert wird. Es kann membrangebunden sowie in löslicher Form vorliegen. Eine Studie mit IVF-Patientinnen konnte zeigen, dass niedrigere Serumkonzentrationen von löslichem HLA-G mit einem erhöhten Abortrisiko nach IVF einhergingen im Vergleich zu Patientinnen mit höheren Konzentrationen (99). Niedrigere Konzentrationen von löslichem HLA-G konnten bei bestimmten HLA-G Genotypen gefunden werden. Diese Genotypen lagen in der RSA-Gruppe häufiger vor (98, 111). Eine mögliche Assoziation zwischen dem HLA-G Genotyp und habituellen Aborten wird daher vermutet. 1.2.6.3. NK-Zellen Die natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) gehören zu den Lymphozyten und sind Teil des angeborenen Immunsystems. Auf ihrer Oberfläche befinden sich aktivierende sowie inhibierende Rezeptoren, die mit MHC-Klasse-I-Molekülen der Zielzellen interagieren. Fehlt dieser Nachweis auf einer Zelle, wird die NK21 Zelle aktiv und zerstört sie. Zielzellen stellen Krebszellen sowie virusinfizierte Zellen dar. Auch dem Trophoblasten fehlen diese klassischen HLA-Antigene. Natürliche Killerzellen werden in periphere sowie in uterine NK-Zellen unterteilt. Sie unterscheiden sich strukturell wie auch funktionell voneinander. Beide tragen das Oberflächen-Antigen CD56, jedoch in unterschiedlicher Dichte. Des Weiteren exprimieren uterine im Gegensatz zu peripheren NK-Zellen nicht die Oberflächen-Antigene CD16 und CD3 (105). Uterine NK-Zellen nehmen mit 5090% den größten Teil der Leukozyten im Endometrium ein (1). Ihre Anzahl unterliegt Schwankungen. Sie verändert sich während des Menstruationszyklus wie auch in einer Schwangerschaft. Während der frühen Schwangerschaft sind sie in hohen Zahlen vorhanden, nehmen ab der 20. Schwangerschaftswoche ab und sind am Ende der Schwangerschaft nicht mehr nachweisbar (109). Sie sind deutlich weniger zytotoxisch als periphere NK-Zellen. Ihre zytotoxische Aktivität wird im Endometrium während der Präimplantationsphase herunter reguliert (105). Dies geschieht möglicherweise über eine Interaktion zwischen Killer-ZellInhibitor-Rezeptoren und embryonalen HLA-Gruppen (131). Zudem sind sie sekretorisch sehr aktiv. Es wird vermutet, dass sie an der Kontrolle der Trophoblasteninvasion, der Zytokinantwort an der fetomaternalen Grenzzone teilhaben und mittels Ausschüttung von vaskulären Wachstumshormonen zur Angiogenese beitragen (81, 108). Es gibt Arbeiten, die zeigen konnten, dass bei Patientinnen mit RSA höhere Werte an uterinen NK-Zellen vorlagen (71, 108). Die genaue Funktion der CD56+ NK-Zellen an der fetomaternalen Grenzzone bleibt dennoch unklar (81). Die Bedeutung peripherer NK-Zellen im Abortgeschehen wird sehr kontrovers diskutiert (109). Aoki et al. konnten in einer Studie mit 68 Patientinnen, die in der Vorgeschichte mehr als zwei Frühaborte und keine Lebendgeburt hatten und einer Kontrollgruppe ohne vorausgegangene Aborte zeigen, dass die Patientinnen mit einer präkonzeptionell erhöhten Aktivität von NK-Zellen im Blut eine höhere Abortrate aufwiesen als diese mit einer normalen NK-Zell-Aktivität (3). Sie schlossen daraus, dass eine erhöhte Aktivität von NK-Zellen möglicherweise zur Identifikation alloimmunologischer Ursachen dienen könnte. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen Yamada et al. (132). Sie fanden eine 22 präkonzeptionell erhöhte Aktivität und einen erhöhten Prozentsatz an NK-Zellen bei Patientinnen, deren folgende Schwangerschaft in einem Abort mit normalen Karyotypen endete. Eine andere Studie fand eine erhöhte Anzahl und Aktivität der peripheren CD56+ CD16+ NK-Zellen und einen gleichzeitigen Abfall der CD 56+ CD 16- NK-Zellen während der Schwangerschaft bei RSA-Patientinnen im Vergleich zur Kontrollgruppe (41). Jedoch konnten präkonzeptionell keine Unterschiede zwischen den Gruppen festgestellt werden. Eine weitere Arbeit konnte feststellen, dass die peripheren NK-Zell-Zahl im Blut nicht nur als Marker für den Schwangerschaftsausgang dienen, sondern sogar Veränderungen der uterinen NK-Zellen widerspiegeln könnten (97). Kwak et al. fassten in einer Übersichtsarbeit die Funktion von NK-Zellen während einer Schwangerschaft zusammen (68). CD56+ CD16- NK-Zellen sind sekretorisch aktiver und produzieren 25-fach mehr IL-10 als CD56+ CD16+ NKZellen. Daher wird von einer regulatorischen Aufgabe ausgegangen, die möglicherweise als Hauptfunktion die Unterstützung der fetalen Entwicklung beinhaltet. Der Synzytiotrophoblast und der Zytotrophoblast exprimieren neben HLA-E und HLA-G von den klassischen HL-Antigenen I nur HLA-C. Es wird vermutet, dass ein HLA-G vermittelter Mechanismus zur Resistenz gegen die zytotoxische Aktivität der NK-Zellen beitragen könnte. Des Weiteren wird ein HLA-unabhängiger Mechanismus diskutiert, der die Resistenz des Zytotrophoblastengewebes gegenüber NK-Zellen ermöglichen könnte (7). Eine systemische Regulation der NK-Zellen scheint essenziell für eine erfolgreiche Schwangerschaft zu sein. Auch bei IVF-Patientinnen konnte beobachtet werden, dass eine erhöhte NK-Zell-Aktivität mit einer geringeren Embryonenimplantationsrate assoziiert ist (44). Mechanismen, über die NKZellen am Implantationsgeschehen teilhaben könnten, sind vielfältig und bedürfen weiterer Untersuchungen. Außerdem sollten Daten von NK-ZellStudien sorgfältig betrachtet werden, da häufig Unterschiede in Studien- und Kontrollgruppen sowie in Labortechniken vorhanden sind. King et al. konnten in einer der größten Studien über präkonzeptionelle periphere NK-Zellen bei RSA-Patientinnen nachweisen, dass bei habituellen 23 Aborten NK-Zell-Parameter im Blut signifikant verändert sind und eine erhöhte Aktivität aufweisen im Vergleich zur Kontrollgruppe (61). Der Unterschied mit der höchsten Signifikanz zwischen den Gruppen spiegelte sich im Prozentsatz der NK-Zellen an den Gesamtlymphozyten wider. Zudem wurde festgestellt, dass RSA-Patientinnen mit Antikardiolipin-Antikörpern im Blut einen erhöhten Prozentsatz und eine erhöhte Konzentration an NK-Zellen aufwiesen als RSAPatientinnen ohne Antikardiolipin-Antikörper. Rai et al. beschäftigten sich mit der Frage, inwieweit die Testung peripherer NKZellen bei RSA-Patientinnen sinnvoll erscheint und ob sie Vorgänge an der fetomaternalen Grenzzone widerspiegeln können (109). Da sich periphere und uterine NK-Zellen jedoch phänotypisch sowie funktionell unterscheiden, neue labortechnische Messungen einen geringen wissenschaftlichen Wert aufweisen und vorhandene Studien in ihren Methoden sehr unterschiedlich arbeiteten, scheint eine diagnostische Messung der peripheren NK-Zellen wenig sinnvoll. Auch weitere Arbeiten konnten keine Korrelation zwischen peripheren und uterinen NK-Zellen finden, weshalb es fraglich bleibt, ob die Messung peripherer NK-Zellen als Prognosefaktor für eine folgende Schwangerschaft hilfreich sein könnte (15, 81, 108). 1.2.6.4. Regulatorische T-Lymphozyten Gegenstand jüngster Forschungen sind die regulatorischen T-Zellen (TregZellen). Sie gehören zu einer Subgruppe der T-Lymphozyten. Charakteristisch sind die Oberflächen-Antigene CD4+ und CD25+ sowie der intrazellulär vorkommende Transkriptionsfaktor FOXP3 (43). Im Gegensatz zu Th1- und Th2-Zellen, die für eine funktionierende Immunität zuständig sind, haben TregZellen eine regulatorische Funktion und induzieren eine Immuntoleranz. TregZellen entwickeln sich einerseits im Thymus, andererseits können sie peripher aus aktivierten CD4+ T-Zellen durch ein bestimmtes Milieu induziert werden (43). Guerin et al. fassten in einer Übersichtsarbeit die wichtigsten Merkmale und Funktionen der Treg-Zellen zusammen (48). Als eine ihrer wichtigsten Funktionen wird der Schutz vor einer unkontrollierten Immunantwort gesehen. 24 Dendritischen Zellen (DC), die zur Gruppe der Antigen-präsentierenden Zellen gehören, wird eine wichtige Rolle bei der Aktivierung und Proliferation dieser Zellen zugeschrieben. Durch die Expression von Indoleamin-2,3-Dioxygenase (IDO) können DCs ruhende Treg-Zellen aktivieren. Für die Differenzierung von naiven T-Zellen zu Treg-Zellen sind neben der Bindung eines spezifischen verwandten Antigens an ihren T-Zell-Rezeptor (TCR) die Anwesenheit der Zytokine IL-2 und TGF-β notwendig. Auch Prostaglandin E2 wird dabei eine Funktion zugesprochen. Treg-Zellen können über verschiedene Mechanismen eine Immunsuppression bewirken. Sie können die Proliferation von B-Zellen sowie deren Immunglobulinproduktion unterdrücken, die zytotoxische Aktivität der NK-Zellen senken, die Proliferation und Zytokinproduktion von CD4+ und CD8+ Zellen hemmen sowie die Funktion der Antigen-präsentierenden Zellen beeinflussen. Um ihre vollständige Funktion zu entwickeln, müssen Treg-Zellen wie auch alle anderen T-Zellen über ihren TCR mit einem verwandten Antigen aktiviert werden. In der Schwangerschaft sollen sie an der maternalen Toleranz gegenüber ihrem semiallogenen Fetus entscheidend beteiligt sein. Es wird eine mögliche Interaktion mit Trophoblastenantigenen, besonders des HLA-Gs, angenommen. So konnte in Studien eine Assoziation zwischen einer verminderten Anzahl an Treg-Zellen und Schwangerschaftskomplikationen wie Infertilität, habituellen Aborten und Präeklampsie gefunden werden. CD4+ CD25+ Zellen vermehren sich während der Frühschwangerschaft, erreichen im zweiten Trimenon ihren Höchstwert und fallen zum Ende der Schwangerschaft wieder ab. Die erste Aktivierung der Treg-Zellen entsteht womöglich mittels paternaler Antigene im Sperma und bewirkt schon vor der Implantation des Embryos eine Aktivierung sowie Vermehrung der Treg-Zellen. Im Sperma konnten außerdem hohe Werte an TGF-β und Prostaglandin E2 gefunden werden, die für die Aktivierung von CD4+ CD25+ Zellen von Bedeutung sind. In einer anderen Studie von Sasaki et al. wurde das Verhältnis von dezidualen und peripheren „CD4+ CD25+ bright -Treg-Zellen“ zwischen Frauen mit normal verlaufender Frühschwangerschaft und Frauen mit Spontanabort verglichen (116). CD4+ CD25+ T-Zellen wurden in bright- und dim-Populationen unterteilt. Die Bezeichnungen „bright“ und „dim“ beziehen sich auf die Dichte der Expression von Rezeptoren an der Zelloberfläche. Treg-Zellen wurden den 25 CD25+ bright Zellen zugeordnet, da sie CD25 in einer hohen Dichte exprimieren (8). Sie stellten fest, dass der Prozentsatz von CD25+ bright TZellen an peripheren CD4+ T-Zellen bei schwangeren Frauen höher lag als bei Nicht-Schwangeren und dass der Prozentsatz von CD25+ bright T-Zellen an peripheren CD4+ T-Zellen bei Frauen mit Abort dem von Nicht-Schwangeren entsprach. Außerdem lag ein niedrigerer Wert an CD4+ CD25+ bright T-Zellen in der Dezidua von Frauen mit Spontanabort im Vergleich zu Frauen mit einer intakten Frühschwangerschaft vor. Bei den Schwangerschaften, die in einem Abort endeten, konnten zudem ein erhöhter Prozentsatz von CD8+ T-Zellen, C56+ CD16+ NK-Zellen sowie an CD56+ CD16- NK-Zellen an peripheren Lymphozyten gemessen werden. Sie schlossen daraus, dass eine verminderte Anzahl an Treg-Zellen zu einer Lymphozytenaktivierung führt, die wiederum eine Abstoßung des Feten bewirken könnte. Weiterhin konnten sie nachweisen, dass Treg-Zellen über eine anti-CD3-Stimulation die Proliferation anderer CD4+ Zellen hemmen. Dies geschieht dosisabhängig von einem bestimmten Verhältnis der Treg-Zellen gegenüber CD4+ CD25- Zellen. Voraussetzung für diese Suppression war außerdem ein direkter Zell-zu-Zell-Kontakt. Aus ihren Ergebnissen schlossen Sasaki et al., dass Treg-Zellen für die Aufrechterhaltung der Schwangerschaft bedeutend sein könnten. Diese Annahme wurde von weiteren Studien bestätigt (6, 118, 133). 1.2.6.5. Antipaternale leukozytotoxische Antikörper und blockierende Antikörper Es gibt Hinweise, dass maternale leukozytotoxische Antikörper und blockierende Antikörper an der Aufrechterhaltung und dem erfolgreichen Verlauf einer Schwangerschaft beteiligt sein könnten (96). Eine ausbleibende bzw. verminderte Bildung dieser Antikörper könnte möglicherweise auf ein erhöhtes HLA-Sharing zwischen den Partnern zurückgeführt werden (96). Maternale leukozytotoxische Antikörper richten sich gegen fetale MHC-Antigene und Nicht-MHC-Antigene (12, 13, 101). Sie werden häufiger bei Frauen mit einer normal verlaufenden Schwangerschaft als bei Frauen mit RSA beobachtet 26 (95). Ihr Auftreten wird als Hinweis auf die maternale immunologische Auseinandersetzung gegenüber paternaler Antigene gewertet. Eine kürzlich durchgeführte Studie kam jedoch zu einem gegensätzlichen Ergebnis. Sie konnte zeigen, dass maternale HLA-Antikörper in der Frühschwangerschaft mit einem erhöhten Risiko für eine Fehlgeburt assoziiert sind (85). Blockierende Antikörper richten sich gegen paternale Antigene, die auf dem Fetus exprimiert werden. Sie sollen eine zellvermittelte Immunantwort gegen fetales Gewebe verhindern (96). Patientinnen, die positiv für blockierende Antikörper waren, konnten häufiger eine Schwangerschaft erfolgreich austragen als Patientinnen, die negativ für diese Antikörper waren (86, 94). Die Meinungen bezüglich der Bedeutung antipaternaler Antikörper bleiben jedoch umstritten. 1.2.6.6. H-Y-Hypothese Aktuell wird die H-Y-Hypothese als ätiologischer Faktor für sekundäre habituelle Aborte diskutiert (84). H-Y-Antigene werden von Genen, die sich auf dem YChromosom befinden, codiert. Diese geschlechtsspezifischen Minor- Histokompatibilitäts-Antigene werden von Zellen des fetalen Fetus exprimiert. Gelangen diese Zellen während der Schwangerschaft oder der Geburt in das mütterliche System, kann dies zu einer Immunisierung der Mutter führen wie dies auch beim Übertritt von fetalen Erythrozyten geschieht. Antikörper, die infolge der Immunisierung gegen H-Y-Antigene gebildet wurden, können in einer folgenden Schwangerschaft den Fetus, vor allem einen männlichen Fetus, schädigen und zu einem Abort führen. Daher wird davon ausgegangen, dass eine abweichende Immunität, die durch eine vorherige Schwangerschaft mit einem männlichen Fetus hervorgerufen wurde, verantwortlich für sekundäre RSA sein könnte. Christiansen et al. konnten in einer Studie zeigen, dass 74% der Patientinnen mit sekundären habituellen Aborten zuvor einen Jungen zu Welt gebracht hatten (31, 84). Weiterhin wurde festgestellt, dass maternale Träger von HLA27 Klasse-II-Allelen, die H-Y-Antigene präsentieren, mit einer reduzierten Lebendgeburtenrate sowie Schwangerschaftskomplikationen assoziiert waren. Auch Antikörper gegen H-Y-Antigene wurden bei Patientinnen mit sekundären RSA in einer höheren Anzahl gefunden als in Kontrollen. Diese Antikörper wiederum waren mit einer niedrigeren Lebendgeburtenrate sowie einem niedrigeren Verhältnis zwischen Jungen und Mädchen in einer folgenden Schwangerschaft assoziiert. 1.2.7. Exogene Faktoren Unter den exogenen Faktoren, die einen Einfluss auf eine erfolgreich verlaufende Schwangerschaft haben, werden vor allem Koffein, Nikotin sowie Alkohol diskutiert. Jedoch ist die Datenlage diesbezüglich sehr unklar (130). Es gibt Hinweise für ein erhöhtes Abortrisiko beim Konsum dieser Genussgifte, allerdings scheint das Risiko dosisabhängig zu sein (30, 45, 71). So wird für einen Koffeingenuss von 150 mg täglich kein erhöhtes Risiko für Aborte gefunden. Ab einem täglichen Koffeingenuss von über 300 mg steigt dieses jedoch an (45). 1.2.8. Psychische Faktoren Frauen mit rezidivierenden Spontanaborten sind einer hohen psychischen Belastung ausgesetzt. Sie führen häufig zu Depressionen, Ängsten sowie zu Trennungen in Partnerschaften (108). Es wird vermutet, dass ein so genanntes psychoneuroendokrinologisches Netzwerk in das Abortgeschehen involviert ist und zu einem immunologischen Ungleichgewicht führen könnte. Bei Frauen mit sporadischen Fehlgeburten und einem hohen Stressniveau konnten im Endometrium vermehrt Tryptase-positive-Mastzellen, CD8+-T-Zellen und eine Erhöhung des TNFα festgestellt werden (4, 71, 108). In einer Studie mit 195 Patientinnen mit habituellen Aborten konnte durch das Therapiekonzept „Tender loving care“, das eine wöchentliche medizinische 28 Untersuchung sowie eine zusätzliche psychologische Unterstützung beinhaltet, eine Lebendgeburtenrate von 86,0% im Vergleich zu Kontrollgruppe mit nur 33,0% erreicht werden (122). Damit scheint eine psychologische Unterstützung als einzige Therapieform den Schwangerschaftsausgang signifikant beeinflussen zu können. 1.3. Aktive Immunisierung Es existieren verschiedene Formen der Immuntherapie. Neben der aktiven Immuntherapie mit paternalen Lymphozyten besteht die Möglichkeit der Immunisierung mit Drittspenderlymphozyten (Lymphozyten, die nicht vom Partner stammen) und der Immunisierung mit der Trophoblastenmembran von abortierten Embryonen einer vorherigen Schwangerschaft. All diesen Verfahren liegt die Annahme zugrunde, dass aufgrund immunologischer, noch nicht geklärter Phänomene, eine maternale protektive Immunantwort ausbleibt. Ein Hinweis für eine unzureichende Auseinandersetzung des mütterlichen Immunsystems mit dem sich implantierenden Embryo könnte die Abwesenheit von antipaternalen lymphozytotoxischen HLA-Antikörpern sein und wurde bei unseren Patientinnen als Indikation zur Durchführung der aktiven Immuntherapie aufgefasst. Als weitere Therapieoption existiert die passive Immunisierung, bei der die Schwangere mit Immunglobulinen beimpft wird. Dieser Therapieoption liegt die Annahme zugrunde, dass blockierende Faktoren zum Schwangerschaftserhalt notwendig und in von Spendern gewonnenen polyvalenten Immunglobulinen enthalten seien. Bei der von uns angewandten Therapieform der aktiven Immunisierung werden Lymphozyten des Partners auf die Patientin übertragen. Es wird von einer unzureichenden Erkennung des maternalen Immunsystems auf den sich einnistenden Embryo ausgegangen. Daher ist das Ziel dieser Therapie, eine maternale schützende Immunantwort zu induzieren, die die Abstoßung des Embryos, ein semiallogenes Transplantat, verhindern und zu einer erfolgreichen Austragung der Schwangerschaft führen soll. Die aktive Immunisierung unterliegt einer strengen Indikationsstellung und sollte erst nach 29 Ausschluss aller möglichen nicht-immunologischen Ursachen erwogen werden. Mögliche Mechanismen, über die die AI eine Immunmodulation erzielen könnte, sind eine Verringerung der NK-Zellen im peripheren Blut, Verschiebung der Th1-Th2-Balance zugunsten des Th2-Zytokinmusters sowie die Induktion zytotoxischer und blockierender Antikörper (131). Vermutlich kann sie außerdem eine Zunahme der Progesteronrezeptoren auf Lymphozyten bewirken und über die verstärkte Progesteronwirkung zu einer Senkung der peripheren NK-Zellen führen (131). Zudem gibt es Hinweise für einen Anstieg des progesteroninduzierten Blockierungsfaktors (PIBF) auf Lymphozyten als Folge der Immunisierung, was eine Th2-Akzentuierung fördert (131). 1.4. Zielsetzung Zielsetzung dieser Arbeit war die Evaluation der AI als mögliche Therapieoption bei Patientinnen mit habituellen Aborten sein. Es sollten die Schwangerschaftsrate sowie die Geburtenrate nach der Immunisierung mit paternalen Lymphozyten bestimmt werden. Außerdem sollte die Erfolgsrate der aktiven Immunisierung abhängig von der Anzahl der Immunisierungen, vom Alter der Patientinnen, von der Anzahl der vorausgegangenen Aborte und von einer Lebendgeburt vor der Immuntherapie bestimmt werden. Weiterhin soll die AI als Behandlungsmöglichkeit für Frauen, die weniger als zwei Aborte im Vorfeld hatten sowie für Patientinnen mit primärer und sekundärer Sterilität untersucht werden. Mögliche Nebenwirkungen sollten erfasst werden. 2. Material und Methodik 2.1. Patientenkollektiv Das Patientenkollektiv stammte von zuweisenden Reproduktionsmedizinern, behandelnden Arztpraxen sowie der Poliklinik im Hause. Alle 153 Paare befanden sich zur Diagnostik und 30 zur aktiven Immunisierung mit Partnerlymphozyten in der Universitätsfrauenklinik in Köln. Die Patientinnen waren im Alter zwischen 23 und 40 Jahren und gehörten unterschiedlichen Nationalitäten an. Der Verlauf und die Ergebnisse der Immuntherapie wurden retrospektiv mit einem telefonischen Fragebogen verfolgt und ausgewertet. Insgesamt wurden 65 Patientinnen interviewt, da nur von diesen aktuelle Adressdaten zur Verfügung standen. Davon wollten vier Patientinnen keine Auskunft geben und konnten daher nicht in die Auswertung mit einbezogen werden. Für die Auswertung der Daten standen letztlich 61 Patientinnen zur Verfügung. Universitäts-Frauenklinik Köln 1995-2009: 153 Patientinnen zur aktiven Immuntherapie mit paternalen Lymphozyten Von 65 Patientinnen aktuelle Adressdaten Keine Auskunft: 4 Patientinnen Auskunft: 61 Patientinnen Abbildung 1: Flussdiagramm der Patientenbefragung mittels telefonischem Fragebogen 2.2. Auswahlkriterien In die retrospektive Studie wurden Patientinnen einbezogen, die zwischen 1995 und 2009 eine aktive Immuntherapie mit Partnerlymphozyten an der Kölner Universitäts-Frauenklinik erhielten. Zuvor musste eine umfangreiche Ausschlussdiagnostik durchgeführt worden sein. Dennoch ergab sich ein sehr 31 heterogenes Patientengut. Es wurden Patientinnen mit weniger als drei Aborten sowie Patientinnen mit primärer sowie sekundärer Sterilität erfasst. Die Auswertung erfolgte getrennt. Voraussetzung für eine Immuntherapie mit Partnerlymphozyten war die Bestimmung lymphozytotoxischer Antikörpern mittels Crossmatch. Die Indikation zur AI wurde gestellt, falls die Patientin keine antipaternalen lymphozytotoxischen Antikörper aufweisen konnte. Außerdem musste eine umfangreiche virologische Untersuchung auf Hepatitis A, B, C, Cytomegalie und HIV des Partners, ggf. der Partnerin, erfolgt sein. 2.3. Labordiagnostische Verfahren Der Nachweis von antipaternalen zytotoxischen HLA-Antikörpern erfolgte mittels des Lymphozytotoxizitätstests. Paternale Lymphozyten reagierten in Anwesenheit von Kaninchenkomplement mit HLA-Antikörpern, falls sich diese im Serum der Partnerin befanden. Der sich bildende Antigen-AntikörperKomplex aktivierte das hinzugefügte Kaninchenkomplement, was zu einer Lysierung der Zellmembran führte. Durch die Zugabe des Farbstoffs Eosin ließen sich lysierte Zellen rot darstellen und mikroskopisch beurteilen. Waren stattdessen keine zytotoxischen Antikörper im Serum der Frau vorhanden, blieben eine Komplexbildung sowie eine Komplementaktivierung aus. Intakte Zellen blieben daher ungefärbt. 2.4. Ablauf der Immuntherapie 2.4.1. Virologische Untersuchung Bevor eine Immunisierung der Patientin mit Partnerlymphozyten erfolgte, musste der Partner/Ehemann virologisch untersucht werden, um eine mögliche Übertragung von Infektionserregern zu verhindern. Dazu wurde eine Blutprobe auf CMV-IgG und CMV-IgM (Cytomegalie-Immunglobuline), HAV (Hepatitis A Antikörper), HBV (Hepatitis B Antikörper), HCV (Hepatitis C Antikörper) und HIV-1, -2 (Human Immundeficiency Virus Antikörper) untersucht. Falls alle 32 Parameter negativ waren, entfiel eine mikrobiologische Untersuchung der Partnerin. 2.4.2. Bestimmung lymphozytotoxischer Antikörper Die Abwesenheit von antipaternalen lymphozytotoxischen HLA-Antikörpern stellte die Indikation zur Durchführung einer Immuntherapie dar. Für die Durchführung des Antikörper-Suchtests (Crossmatch) wurde als Material Serum der Partnerin und eine Lymphozytensuspension des Partners benötigt. Dazu wurden 5-10 ml Nativblut der Partnerin bei 3500 Upm (Umdrehungen pro Minute) fünf Minuten zentrifugiert. Für die Herstellung der Lymphozytensuspension waren 10 ml Heparinblut des Partners notwendig. Dieses wurde in einem ersten Schritt mit 10-12 ml physiologischer Kochsalzlösung verdünnt und mit einer 25 ml Pipette gut gemischt. Mittels Dichtegradientenzentrifugation konnten die Lymphozyten von den anderen Blutzellen, die eine höhere Dichte als Lymphozyten aufweisen, getrennt werden. Das verdünnte Heparinblut wurde dafür mit 10 ml Ficoll-Lösung unterschichtet und 20 Minuten bei 2000 Upm ohne Bremse zentrifugiert. Die entstandene Interphase mit den enthaltenen Lymphozyten wurde abgeerntet und in einem Nativ-RPMI-Medium (Zellkulturmedium) gewaschen. Diese Suspension wurde erneut 5-10 Minuten zentrifugiert und danach dekantiert. Das gewonnene Sediment wurde in ca. 2 ml RPMI aufgenommen und wieder gewaschen, zentrifugiert und dekantiert. Schließlich wurde das Sediment in einem letzten Schritt in ca. 1,5 ml RPMI aufgenommen. Mit dieser Lymphozytensuspension wurde das Crossmatch durchgeführt. Für die Bestimmung lymphozytotoxischer Antikörper (Crossmatch) wurden neben dem Serum der Partnerin und der Lymphozytensuspension des Partners außerdem eine 96-Loch-Testplatte, eine Positivkontrolle und eine Negativkontrolle benötigt. In drei Vertiefungen der Testplatte wurde jeweils 1 µl Positivkontrolle, in die nächsten drei jeweils 1 µl Negativkontrolle und in sechs Vertiefungen jeweils 1 µl Serum der Partnerin hinein pipettiert. Auf alle Vorgaben folgte jeweils 1 µl Lymphozytensuspension des Partners. Dieser 33 Ansatz musste 30 Minuten bei Raumtemperatur ruhen. Im nächsten Schritt wurde das benötigte Kaninchenkomplement vorbereitet. 20 Minuten vor Gebrauch wurde dieses mit 1 ml sterilem destilliertem Wasser (Ampuwa) rekonstruiert und die restliche Zeit kühl gestellt. Nach der Ruhephase wurde dem Ansatz jeweils 5 µl Kaninchenkomplement zugefügt. Bei Raumtemperatur reagierte der Ansatz weitere 70 Minuten. Um die Komplementbindungsreaktion sichtbar zu machen, wurden 3 µl Eosinfarbstoff dazugeben, nach weiteren zwei Minuten 3 µl HLA-Formalin. Der entstandene Ansatz musste erneut 60 Minuten ruhen, bis er im Inversmikroskop beurteilt werden konnte. Blieben die Zellabgrenzungen scharf und trat keine rötliche Verfärbung der Zellen auf, war der Befund negativ und es lagen keine Antikörper vor. Kam es jedoch durch den entstandenen Ag-Ak-Komplex zu einer Komplementaktivierung und somit zu einer Lyse der Zellmembran, konnte der Farbstoff Eosin eindringen und färbte die lysierten Zellen rötlich an. In diesem Fall war der Lymphozytentoxizitätstest (Crossmatch) positiv und eine Indikation zur Immunisierung mit Partnerlymphozyten entfiel. 2.4.3. Immunisierung mit paternalen Lymphozyten Ergab das Crossmatch einen negativen Befund, stellte dies die Indikation für eine aktive Immunisierung der Patientin dar. Die Ersttherapie mit paternalen Lymphozyten erfolgte vor Eintritt einer Schwangerschaft. Eine Wiederholung fand während der 6.-8. Schwangerschaftswoche statt. Falls der Partner einen positiven CMV-Befund aufwies, die Partnerin aber seronegativ war, blieb es bei einer Immunisierung vor der Schwangerschaft. Eine Übertragung des Virus während einer Schwangerschaft ist unbedingt zu vermeiden, da es in 5% der Fälle zu den klassischen Stigmata der kongenitalen CMV-Erkrankung wie neurologischen Auffälligkeiten, Frühaborten, Hepatosplenomegalie, Pneumonien etc. kommen kann. Für die Herstellung des Impfstoffes aus paternalen Lymphozyten wurden dem Partner/Ehemann am Tag der Immunisierung 40 ml Blut entnommen und mit 34 Heparin versetzt. Von den 40 ml wurden jeweils 20 ml Blut in zwei große Tubes verteilt, mit jeweils 10 ml steriler physiologischer Kochsalzlösung versetzt und mit einer 20 ml Pipette gut gemischt. Die Suspensionen wurden 20 Minuten lang bei 2000 Upm ohne Bremse zentrifugiert. Die entstandenen Interphasen mit den enthaltenen Lymphozyten wurden abpipettiert, in ein neues Reagenzglas mit 10 ml vorgegebener Kochsalzlösung gegeben und zehn Minuten zentrifugiert. Der Überstand wurde dekantiert und erneut mit 10 ml Kochsalzlösung gemischt. Erneut wurde zentrifugiert und dekantiert. Zuletzt wurde das Sediment in 0,8 ml Kochsalzlösung aufgenommen, gemischt und in eine 1 ml Spritze aufgezogen. Die Patientin wurde nun mit dieser entstandenen Lymphozytensuspension immunisiert. Dazu wurden nach gründlicher Desinfektion 8-10 kleine Depots subkutan an der Innenseite des linken Unterarms appliziert. 2.5. Auswertung Die Auswertung erfolgte mittels der Daten, die in einem telefonischen Fragebogen erfasst wurden. Es wurden die folgenden Parameter dokumentiert: 1. Anzahl der erhaltenen Immunisierungen 2. Nebenwirkungen als Folge der Immuntherapie 3. Angaben zu Schwangerschaften, Aborten und Geburten vor und nach Immunisierung 4. Sterilitätsbehandlungen im Vorfeld 5. Komplikationen während der Schwangerschaft und der Geburt nach Immunisierung 6. Kindliche Entwicklung 35 Von 61 Patientinnen erhielten 25 zwei Immunisierungen und 36 eine Immunisierung. 2.6. Statistik Von beiden Patientengruppen wurden die Mittelwerte, der Median und die Standardabweichung mittels SPSS ermittelt. Um Unterschiede zwischen Subgruppen darzustellen, wurde der Exakte Test nach Fisher angewandt. Dieser liefert im Gegensatz zum Chi-Quadrat-Test auch bei kleinen Stichprobenumfängen zuverlässige Ergebnisse. Als signifikant wurde ein pWert unter 0,05 angesehen. 3. Ergebnisse Zwischen den Jahren 1995 und 2009 erfolgte bei 61 Patientinnen eine Immuntherapie mit paternalen Lymphozyten in der Kölner Universitätsfrauenklinik. Sie wurden abhängig von der Anzahl ihrer Aborte in zwei Gruppen unterteilt. Die erste Gruppe umfasste 40 Patientinnen mit zwei und mehr Aborten in der Vorgeschichte, der zweiten Gruppe wurden 21 Patientinnen mit primärer und sekundärer Sterilität sowie einem Abort im Vorfeld zugeordnet. Die Auswertung der beiden Gruppen erfolgte getrennt voneinander. 3.1. Ergebnisse der Patientinnen mit mehr als zwei Aborten in der Vorgeschichte (Gruppe 1) Die Patientinnen waren zwischen 23 und 40 Jahre alt mit einem Mittelwert von 33,68 Jahren. 25 Frauen (62,5%) waren zwischen 23-34 Jahre und 15 (37,5%) zwischen 35-40 Jahre alt. Insgesamt traten 136 Schwangerschaften vor Therapie ein. Davon konnten zehn dieser Schwangerschaften ausgetragen werden. 123 Schwangerschaften endeten in einer Fehlgeburt und bei drei 36 Patientinnen lag eine Extrauteringravidität (EUG) vor. Durchschnittlich kam es zu 3,08 Aborten pro Paar. Von den 123 Aborten hatten 13 Patientinnen (32,5%) zwei, 17 Patientinnen (42,5%) drei, fünf Patientinnen (12,5%) vier, vier Patientinnen (10,0%) fünf und eine Patientin (2,5%) sechs Aborte. Die Schwangerschaftswoche, in der die Schwangerschaft endete, konnte bei 117 Aborten angegeben werden. Es fanden 112 (95,7%) der Aborte bis einschließlich der 12. Schwangerschaftswoche und 5 (4,3%) der Aborte nach der 12. Schwangerschaftswoche statt. Der Anteil der Frauen, die im Vorfeld eine Schwangerschaft erfolgreich austragen konnte, lag bei 20%. 18 Patientinnen erhielten eine und 22 Patientinnen zwei Immunisierungen mit paternalen Lymphozyten. Tabelle 1: Alter, Schwangerschaften, Aborte vor Immuntherapie Anzahl der ausgetragenen Schwangerschaften Anzahl der Aborte Patientinnen Alter (Jahre) Anzahl der Schwangerschaften Gesamtzahl n=40 Median 33,68 ± 3,682 3,4 ± 1,172 0,25 ± 0,543 3.08 ± 1,047 34 3 0 3 Alter 16 14 12 10 % 8 6 4 2 0 23 24 29 30 31 32 33 34 Jahre 35 36 37 38 39 40 Abbildung 2: Altersverteilung der Patientinnen zum Zeitpunkt der ersten Immunisierung 37 Anzahl der Aborte vor Immuntherapie 45 40 35 30 25 % 20 15 10 5 0 2 3 4 5 6 Abbildung 3: Anzahl der Aborte vor Immuntherapie 3.1.1. Anzahl der Aborte vor Immunisierung bezogen auf unterschiedliche Altersgruppen Wurde die Anzahl der Aborte zwei Altersgruppen zugeordnet, wurde die höchste Anzahl bei den Patientinnen zwischen 23-34 Jahren gefunden und zwar 74 (60,2%) von 123 Aborten. Die Gruppe der über 35-jährigen Frauen wies 49 Aborte (39,8%) auf. 3.1.2. Schwangerschaftsrate und Lebendgeburtenrate nach Immunisierung mit paternalen Lymphozyten Als Erfolg bzw. Lebendgeburtenrate wurde die erste Schwangerschaft gewertet, die nach der Immunisierung eintrat und erfolgreich ausgetragen werden konnte. Von den 40 immunisierten Frauen wurden 38 schwanger (95,0%). Von diesen Schwangerschaften konnten 27 (71.1%) erfolgreich ausgetragen werden. 38 3.1.3. Schwangerschaftsrate und Lebendgeburtenrate bezogen auf das Alter der Patientinnen Die Patientinnen wurden zwei unterschiedlichen Altersklassen zugeordnet und im Hinblick auf die nächstfolgende Schwangerschaft nach Immunisierung untersucht. Zum Zeitpunkt der Immunisierung waren 25 Frauen (62,5%) 23-34 Jahre und 15 Frauen (37,5%) 35-40 Jahre alt. Es zeigte sich eine fast identische Schwangerschaftsrate in den beiden Altersgruppen. In der jüngeren Altersgruppe lag sie bei 96%, in der Altersgruppe über 35 Jahre bei 93,3%. Die Geburtenrate lag bei der jüngeren Altersgruppe bei 79,2 % und in der Altersgruppe der Patientinnen über 35 Jahren bei 57,1 %. Es zeigte sich kein signifikanter Unterschied bezüglich der Geburtenrate zwischen den beiden Altersgruppen. Tabelle 2: Schwangerschaftsrate und Lebendgeburtenrate bezogen auf das Alter der Patientinnen Alter bei Immunisierung Gesamtzahl n=40 23-34 Jahre n=25 35-40 Jahre n=15 Eintritt einer Schwangerschaft 24 (96,0%) 14 (93,3%) Erfolgreiche Schwangerschaft 19 (79,2%) 8 (57,1%) 3.1.4. Schwangerschaftsrate und Lebendgeburtenrate bezogen auf die Anzahl der Aborte vor Immunisierung Wurde die Schwangerschaftsrate auf die Anzahl vorangegangener Aborte bezogen, konnten die Patientengruppen mit zwei (n=13) und fünf und mehr Aborten (n=5) in der Vorgeschichte eine Schwangerschaftsrate von 100,0% 39 aufweisen. Bei Frauen (n=22) mit drei und vier Aborten in der Vorgeschichte konnte eine Schwangerschaftsrate von 90,9% festgestellt werden. Die höchste Geburtenrate wurde bei Paaren mit zwei Aborten gefunden. Diese lag bei 84,6%. Es folgte die Gruppe mit drei und vier Aborten, die eine Geburtenrate von 70,0% aufzeigte. Die niedrigste Geburtenrate fand sich bei Paaren mit mehr als fünf Aborten in der Vorgeschichte festgestellt und lag bei 40%. Tabelle 3: Schwangerschaftsrate und Lebendgeburtenrate, bezogen auf die Anzahl der Aborte vor Immunisierung Anzahl der Aborte vor Immunisierung Gesamtzahl n=40 Eintritt einer Schwangerschaft Erfolgreiche Schwangerschaft 2 Aborte n=13 3-4 Aborte n=22 ≥ 5 Aborte n=5 13 (100,0%) 20 (90,9%) 5 (100,0%) 11 (84,6%) 14 (70,0%) 2 (40,0%) 3.1.5. Schwangerschaftsrate und Lebendgeburtenrate bezogen auf den Anteil der Frauen mit einer erfolgreichen Schwangerschaft vor Immunisierung Neben dem Alter und der Anzahl der Aborte wurde die Schwangerschafts- und Geburtenrate berechnet, darauf bezogen, ob eine Patientin im Vorfeld eine Schwangerschaft erfolgreich austragen konnte. Dabei zeigte sich bei 32 Paaren, die zum Zeitpunkt der Immunisierung noch keine Kinder hatten, eine Schwangerschaftsrate von 96,9%. Diese lag bei den acht Paaren mit Kindern vor Immuntherapie bei 87,5%. Auch eine höhere Geburtenrate war bei den Frauen ohne eine erfolgreiche Schwangerschaft im Vorfeld zu vermerken. Diese befand sich bei 74,2%. Bei 40 den Patientinnen, die eine Schwangerschaft austragen konnte, wurde eine Geburtenrate von 57,1% festgestellt. Tabelle 4: Schwangerschaftsrate und Lebendgeburtenrate, bezogen auf den Anteil der Frauen mit einer erfolgreichen Schwangerschaft vor Immunisierung Erfolgreiche Schwangerschaft vor Immunisierung Gesamtzahl n=40 Eintritt einer Schwangerschaft Erfolgreiche Schwangerschaft ja n=8 nein n=32 7 (87,5%) 31 (96,9%) 4 (57,1%) 23 (74,2%) 3.1.6. Schwangerschaftsrate und Lebendgeburtenrate bezogen auf die Anzahl der erhaltenen Immunisierungen Von den 40 Patientinnen erhielten 18 Frauen eine und 22 Frauen zwei Immunisierungen mit paternalen Lymphozyten. Bei den Patientinnen, die einmalig immunisiert wurden, lag eine Schwangerschaftsrate von 88,9% vor. Da eine eingetretene Schwangerschaft die Voraussetzung für eine zweite Immunisierung mit paternalen Lymphozyten darstellte, lag die Schwangerschaftsrate bei den zweifach immunisierten Frauen folglich bei 100%. Eine Geburtenrate von 56,3% konnte bei den Patientinnen mit einmaliger Immunisierung und eingetretener Schwangerschaft festgestellt werden. Die Patientengruppe, die eine zweite Immunisierung erhielt, wies eine Geburtenrate von 81,8% auf. 41 Tabelle 5: Schwangerschaftsrate und Lebendgeburtenrate, bezogen auf die Anzahl der erhaltenen Immunisierungen Anzahl der erhaltenen Immunisierungen Gesamtzahl n=40 Eintritt einer Schwangerschaft Erfolgreiche Schwangerschaft 1 Immunisierung n=18 2 Immunisierungen n=22 16 (88,9%) 22 (100,0%) 9 (56,3 %) 18 (81,8%) 3.1.7. Schwangerschaften, Geburten und Aborte nach der Immunisierung mit paternalen Lymphozyten Nach der Immunisierung mit paternalen Lymphozyten traten 67 Schwangerschaften mit durchschnittlich 1,68 Schwangerschaften je Paar ein. Nur bei zwei der 40 Paare trat keine weitere Schwangerschaft ein. Von 67 Schwangerschaften wurden 42 ausgetragen, die restlichen 23 endeten in einem Abort. Von 23 Aborten konnten in 19 Fällen die Schwangerschaftswoche angegeben werden. Außer einem Abort in der 15. Schwangerschaftswoche waren die restlichen 18 (94,7%) ausschließlich Frühaborte. Bei zwei Schwangerschaften lag eine Extrauteringravidität vor. Tabelle 6: Schwangerschaften, Geburten und Aborte nach der Immunisierung mit paternalen Lymphozyten Patientinnen Gesamtzahl n=40 Median Anzahl der Schwangerschaften Anzahl der ausgetragenen Schwangerschaften Anzahl der Aborte 1,68 ± 0,944 1,05 ± 0,815 0,58 ± 0.931 2 1 0 42 3.1.8. Sterilitätstherapie im Vorfeld Elf Paare (27,5%) unterzogen sich einer Sterilitätstherapie im Vorfeld. Drei Paare wurden ausschließlich mit In-Vitro-Fertilisation (IVF) und vier Paare mit Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) behandelt. Bei zwei Paaren wurde initial die Insemination eingesetzt und im Verlauf IVF bzw. ICSI. Weitere zwei Paare nutzten nur die Möglichkeit der Insemination. 3.2. Ergebnisse der Patientinnen mit einem Abort sowie primärer bzw. sekundärer Sterilität in der Vorgeschichte (Gruppe 2) Die Frauen dieser Gruppe (n=21) befanden sich im Alter zwischen 29 und 39 Jahren mit einem Mittelwert von 33,38 Jahren. Darunter waren 15 Patientinnen (71,4%) im Alter zwischen 29-34 Jahren und sechs (28,6%) zwischen 35-39 Jahren. Bei 15 Patientinnen lag eine primäre Sterilität vor, bei zwei Patientinnen eine sekundäre Sterilität. Von insgesamt neun eingetretenen Schwangerschaften vor Immunisierung konnte nur eine erfolgreich ausgetragen werden. Vier der Schwangerschaften endeten in einem Frühabort und in vier Schwangerschaften lag eine Extrauteringravidiät vor. 18 Patientinnen erhielten eine Immunisierung und drei Patientinnen erhielten zwei Immunisierungen mit paternalen Lymphozyten. Tabelle 7: Alter, Schwangerschaften, Parität vor der Immunisierung Patientinnen Gesamtzahl n=21 Median Alter (Jahre) Anzahl der Schwangerschaften Anzahl der ausgetragenen Schwangerschaften Anzahl der Aborte 33,38 ± 2,376 0,43 ± 0,811 0,05 ± 0,218 0,19 ± 0,402 33 0 0 0 43 Alter 35 30 25 20 % 15 10 5 0 29 30 31 32 33 34 Jahre 35 36 37 39 Abbildung 4: Altersverteilung der Patientinnen zum Zeitpunkt der ersten Immunisierung 3.2.1. Schwangerschaftsrate und Lebendgeburtenrate nach Immunisierung mit paternalen Lymphozyten Von den 21 Patientinnen, die mit paternalen Lymphozyten immunisiert wurden, trat bei neun Frauen (42,9%) eine Schwangerschaft ein. Sieben dieser Frauen konnten ihre Schwangerschaft erfolgreich austragen. Die Geburtenrate lag somit bei 77,8%. 3.2.2. Schwangerschaftsrate und Lebendgeburtenrate bezogen auf die Anzahl der Aborte vor Immunisierung Die Schwangerschaftsrate lag bei den Patientinnen mit primärer bzw. sekundärer Sterilität in der Vorgeschichte bei 41,2% (n=7). Von den vier Frauen, die einen Abort im Vorfeld aufwiesen, lag sie bei 50,0% (n=2). Bei den Patientinnen mit primärer bzw. sekundärer Sterilität konnte eine Geburtenrate von 71,4% festgestellt werden. Beide Schwangerschaften, die in 44 der Gruppe mit einem Abort in der Vorgeschichte eingetreten waren, konnten ausgetragen werden. Die Geburtenrate lag somit bei 100%. Tabelle 8: Schwangerschaftsrate und Lebendgeburtenrate, bezogen auf die Anzahl der Aborte vor Immunisierung Anzahl der Aborte Gesamtzahl n=21 Eintritt einer Schwangerschaft Erfolgreiche Schwangerschaft Kein Abort n=17 1 Abort n=4 7 (41,2%) 2 (50,0%) 5 (71,4 %) 2 (100,0%) 3.2.3. Schwangerschaften, Geburten und Aborte nach der Immunisierung mit paternalen Lymphozyten Nach der Behandlung mit paternalen Lymphozyten traten insgesamt 14 Schwangerschaften ein. Davon konnten zehn Schwangerschaften erfolgreich ausgetragen werden. Bei drei Schwangerschaften kam es zu einem Abort, bei einer lag eine Extrauteringravidität vor. Die Aborte ereigneten sich in der 9., 11. und 12. Schwangerschaftswoche und waren somit Frühaborte. Tabelle 9: Schwangerschaften, Geburten und Aborte nach der Immunisierung mit paternalen Lymphozyten Patientinnen Gesamtzahl n=21 Median Anzahl der Schwangerschaften Anzahl der ausgetragenen Schwangerschaften Anzahl der Aborte 0,67 ± 1,017 0,48 ± 0,750 0,14 ± 0,478 0 0 0 45 3.2.4. Sterilitätstherapie im Vorfeld Von den 21 Paaren, bei denen eine Immunisierung mit paternalen Lymphozyten in der Kölner Universitätsklinik erfolgte, nahmen 17 Paare (81,0%) eine Sterilitätstherapie im Vorfeld wahr. Die In-Vitro-Fertilisation (IVF) wurde bei 9 Paaren und die Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) bei sechs Paaren eingesetzt. Ein Paar wurde mit IVF sowie ICSI im Verlauf behandelt. Bei einem weiteren Paar wurde initial die Insemination und zu einem späteren Zeitpunkt die ICSI angewandt. 3.3. Ergebnisse des Gesamtkollektivs (n=61) 3.3.1. Komplikationen während der Schwangerschaft und während der Geburt Komplikationen während der Schwangerschaft bzw. der Geburt konnten bei 16 Frauen beobachtet werden. Am häufigsten kam es zu vorzeitigen Wehen (n=6) und Frühgeburtlichkeit (n=9) aufgrund von Zervixinsuffizienz, vaginalen Blutungen (n=3) und einer diabetische Stoffwechsellage (n=3). Bei einer Schwangeren trat eine Präeklampsie auf. Zwei Frauen wurden aufgrund einer Beckenendlage des Kindes per Sectio caeserea entbunden. Davon war eine Frau mit Zwillingen schwanger. Von neun Frühgeburten fanden drei während der 36. Schwangerschaftswoche, Schwangerschaftswoche Schwangerschaftswoche und statt. jeweils Das zwei in eine Kind, in der der das 35. und 37. 25. und 34. in der 25. Schwangerschaftswoche entbunden wurde, starb kurz nach der Geburt. 3.3.2. Zwillinge Bei vier Paaren kam es nach der Immunisierung mit paternalen Lymphozyten zu einer Geburt von Zwillingen. Davon befanden sich zwei Paare in einer Behandlung mit IVF. 46 3.3.3. Auffälligkeiten bei der kindlichen Entwicklung bzw. Besonderheiten nach Behandlung mit paternalen Lymphozyten Außer zwei Kindern, bei denen ein Down-Syndrom diagnostiziert wurde, entwickelten sich alle altersgerecht. Die Mütter der Kinder mit einer Trisomie 21 waren zum Zeitpunkt der Immunisierung 37 und 33 Jahre alt. 3.3.4. Nebenwirkungen der Immunisierung mit paternalen Lymphozyten Bei neun Patientinnen (14,8%) traten Nebenwirkungen nach erhaltener Immunisierung auf. Diese beinhalteten meist lokale Hautreizungen wie Rötungen, Papeln und Juckreiz an der Einstichstelle. Bei einer Patientin trat eine Schwellung des kompletten Armes und bei einer anderen Patientin traten starke Kopfschmerzen auf. Sonstige schwere systemische Nebenwirkungen konnten nicht dokumentiert werden. 4. Diskussion Die Auswertung an der Universitäts-Frauenklinik Köln umfasste Daten von 61 Patientinnen, die abhängig von der Anzahl ihrer Aborte zwei Gruppen zugeteilt wurden. Die Gruppe mit zwei oder mehr Aborten in der Vorgeschichte (n=40) konnte eine Lebendgeburtenrate von 71,1% aufweisen. Die Gruppe mit einem Abort sowie primärer bzw. sekundärer Sterilität in der Vorgeschichte erreichte eine Lebendgeburtenrate von 77,8%. Eine Schwangerschaft stellt ein Paradoxon dar. Der Embryo ist semiallogen, da er die Hälfte seiner Gene vom Vater erhält und somit vom mütterlichen Immunsystem abgestoßen werden müsste. Dieses immunologische Phänomen, das zur Toleranz des maternalen Immunsystems gegenüber dem Embryo führt, beschäftigte schon Medawar im Jahre 1953 (78). Er entwickelte drei Hypothesen, mit denen er versuchte, diesen Vorgang im maternalen Körper 47 erklärbar zu machen. Ausgehend von seiner dritten These, die besagt, dass die mütterliche Immunantwort durch die Schwangerschaft abgeschwächt würde, leitet sich die Vorstellung der schützenden Immunantwort ab. Demzufolge beruht die Abstoßung des Fetus auf einer ausbleibende protektiven Immunantwort, die partnerspezifisch vermindert ist bzw. ausbleibt aufgrund eines maternalen Gendefektes (134). Infolge der Beobachtung, dass das Überleben eines Nierentransplantats durch vorherige allogene Leukozytentransfusionen verbessert werden konnte, machte man sich diesen Ansatz in der Therapie von RSA zunutze (91, 92). Erste Erfahrungen mit der Immuntherapie mit paternalen Lymphozyten machten Taylor und Faulk an vier Frauen mit RSA, die Leukozytentransfusionen vor und während der Schwangerschaft erhielten (125). Drei dieser Patientinnen konnten ihre Schwangerschaft erfolgreich austragen, eine Patientin befand sich zum Zeitpunkt der Publikation der Ergebnisse in der 28. Schwangerschaftswoche. Die erste randomisierte kontrollierte Studie mit Doppelverblindung zur aktiven Immunisierung wurde von Mowbray und Kollegen durchgeführt (82). Sie konnten bei der Interventionsgruppe eine Lebendgeburtenrate von 77% im Vergleich zur Geburtenrate der Kontrollgruppe von 37% feststellen. Daraus schlossen sie, dass die Immuntherapie mit paternalen Lymphozyten eine geeignete Behandlung für Patientinnen mit RSA darstellen könnte. Dieser ersten randomisierten Studie folgten weitere, die versuchten, das Ergebnis von Mowbray zu reproduzieren. Jedoch erbrachten die folgenden Studien sehr unterschiedliche Ergebnisse und bis heute bleiben die Meinungen zur AI gespalten. Eine aktuelle Metaanalyse zur Immuntherapie mit paternalen Lymphozyten konnte keinen signifikanten Effekt zugunsten der AI feststellen (100). 4.1. Immuntherapie mit paternalen Lymphozyten Aufgrund widersprüchlicher Ergebnisse bezüglich der Immuntherapie mit allogenen bzw. paternalen Lymphozyten bei Frauen mit RSA wurde zur Klärung 48 ihrer Wirksamkeit 1994 eine erste Metaanalyse erstellt, die Daten behandelter Frauen aus 15 internationaler klinischer Zentren noch einmal neu auswertete (134). Es wurden zwei Arbeitsgruppen gebildet, die voneinander unabhängig eine Analyse der Daten vornahmen. Um Publikationsbias zu vermeiden, wurden die Daten der Patientinnen nicht aus der bestehenden Literatur entnommen, sondern direkt über die klinischen Zentren bezogen. Beide Arbeitsgruppen konnten einen kleinen Effekt zugunsten der Immuntherapie feststellen. Sie errechneten, dass für eine Lebendgeburt 11 Patientinnen behandelt werden müssten. Die aktuellste Metaanalyse zur Immuntherapie mit paternalen Lymphozyten ist eine systematische Übersichtsarbeit der Cochrane Collaboration von sieben publizierten und fünf unpublizierten randomisierten kontrollierten Studien mit insgesamt 641 Patientinnen (100). Eingeschlossen wurden Frauen mit mehr als drei Aborten in der Vorgeschichte, die nicht mehr als eine Schwangerschaft im Vorfeld erfolgreich austragen konnten. Außerdem mussten alle nichtimmunologischen Ursachen ausgeschlossen sein und es durften keine anderweitigen Interventionen bezüglich RSA zu dem Zeitpunkt der Studie bestehen. Von 316 schwanger gewordenen Patientinnen der Interventionsgruppe konnten 205 ihre Schwangerschaft erfolgreich beenden (Lebendgeburtenrate: 64,9%). Von 325 Schwangerschaften der Frauen der Kontrollgruppe endeten 195 in einer Lebendgeburt (Lebendgeburtenrate: 60,0%). Bei der Analyse der zwölf Studien konnte somit keine signifikante Wirksamkeit der Immuntherapie mit Partnerlymphozyten festgestellt werden (Peto odds ratio: 1,23). Allerdings muss berücksichtigt werden, dass es sich bei den Studienteilnehmerinnen teilweise um ein heterogenes Patientengut handelte, sich Einschlusskriterien und labortechnische Methoden, wie die Durchführung der Immunisierung und die Aufarbeitung des Patientenblutes, unterschieden. Des Weiteren übten einige Autoren Kritik an einer der in das Review eingeschlossenen Studie, die das schlechteste Outcome bezüglich der Leukozytenimmunisierung aufwies (34, 89). Diese Studie applizierte eine geringere Dosis an Immuntherapie und konservierte paternale Lymphozyten bei 4°C über Nacht. Dies kann, wie eine Untersuchung zeigen konnte, zu einem Verlust des Oberflächenantigens CD 200 auf den Leukozyten führen, das für 49 die Wirksamkeit der Immunisierung entscheidend ist (33). Außerdem wurden auch Patientinnen, bei denen Antinukleäre Antikörper (ANA) im Serum nachgewiesen werden konnten, zu der Studie zugelassen, obwohl dies zu einer geringeren Erfolgsrate der AI führe (134). Auch die Studien von Illeni und Cauchi wiesen Kritikpunkte auf (24, 34, 58). In den Interventionsgruppen beider Studien hatten die Patientinnen der Therapiegruppe im Vorfeld mehr Aborte erlitten als die Kontrollgruppen. Wie weiter unten beschrieben, wirkt sich dies negativ auf die Geburtenrate aus. Somit bleiben die Meinungen zur Immuntherapie mit paternalen Lymphozyten als Therapieoption bei habituellen Aborten, trotz der vielen Studien, die seit der Beobachtung von Taylor und Faulk durchgeführt wurden, kontrovers. Die Arbeitsgruppe von Jeng untersuchte, inwiefern sich Ergebnisse von Metaanalysen unterschieden, wenn unterschiedliche Methoden der Datengewinnung und Analysenmethoden angewendet wurden (59). Sie konnten zeigen, dass der Behandlungseffekt kleiner war, wenn für die Analyse individuelle Patientendaten herangezogen wurden, anstatt Daten aus der bestehenden Literatur. Das könnte daran liegen, dass meistens nur Studien mit einem signifikanten (positiven) Ergebnis veröffentlicht werden. Andererseits können aber unpublizierte Studien einen Mangel an „Peer-Review“ aufweisen, d. h., die Qualität einer Studie wurde nicht durch unabhängige Gutachter überprüft. Des Weiteren verwiesen sie auf das Problem der Heterogenität von Studien bezüglich des Alters der Patientinnen, der Anzahl der Aborte und der Behandlungsmethode. Der Großteil der Studien weise zudem zu kleine Fallzahlen auf, daher sollte eine große, kontrolliert randomisierte Studie zur Klärung der Wirksamkeit der Immuntherapie mit allogenen Lymphozyten durchgeführt werden. Im Folgenden werden die Ergebnisse von 61 Patientinnen, die an der Kölner Universitätsfrauenklinik eine Immuntherapie mit paternalen Lymphozyten erhalten hatten, diskutiert und es wird auf Mängel dieser retrospektiven Studie eingegangen. 50 4.2. Methodische Limitierungen der Studie Das in der Universitäts-Frauenklinik Köln vorstellige Patientengut war sehr heterogen, was Alter, Anzahl der vorangegangenen Aborte und Parität in der Vorgeschichte betraf. Alle Patientinnen erhielten im Vorfeld eine umfassende Untersuchung durch die betreuenden Frauenärzte. Dennoch konnten nicht verlässlich alle nicht-immunologischen Ursachen ausgeschlossen werden. Dazu zählten genetische Abweichungen, anatomische Veränderungen, endokrine Störungen, hämostaseologische und mikrobiologische Faktoren. Von den 153 behandelten Patientinnen konnten von 61 Angaben zum weiteren Verlauf nach Immunisierung erhoben werden. Der andere Teil an Patientinnen konnte aufgrund von Wohnortwechsel und anderen Gründen nicht erreicht werden und stand deshalb für die Datengewinnung nicht zu Verfügung. Damit war die Anzahl der Studienteilnehmerinnen wie auch in anderen Studien zu RSA klein. Des Weiteren muss berücksichtigt werden, dass es sich hier um eine retrospektive Studie ohne Kontrollgruppe handelt. 4.3. Diskussion der Ergebnisse der Patientinnen mit mehr als zwei Aborten in der Vorgeschichte (Gruppe 1) Wie im Kapitel Methodik beschrieben, war das Haupteinschlusskriterium für die Immunisierung mit Partnerlymphozyten die Abwesenheit von antipaternalen lymphozytotoxischen Antikörpern im Serum der Patientinnen. Daher wurden auch Frauen mit weniger als drei Aborten in der Vorgeschichte sowie Sterilitätspatientinnen in die Studie mit aufgenommen. Für die Auswertung der Daten wurden zwei Gruppen gebildet. Gruppe 1 beinhaltet die Patientinnen mit zwei und mehr Aborten im Vorfeld (n=40), Gruppe 2 die Patientinnen mit weniger als zwei Aborten (n=21). Nach erhaltener Immuntherapie, die entweder eine oder zwei Immunisierungen mit Partnerlymphozyten umfasste, kam es in Gruppe 1 zu einer Schwangerschaftsrate von 95,0%. Von 38 schwanger gewordenen Patientinnen konnten 27 ihre Schwangerschaft erfolgreich beenden. Die Geburtenrate lag 51 folglich bei 71,1%. Im Vergleich zur Lebendgeburtenrate vor Immunisierung, die bei 20,0% lag, konnten nach Immuntherapie 71,1% der Schwangerschaften erfolgreich ausgetragen werden. Damit scheint die Behandlung einen positiven Effekt auf den Schwangerschaftsverlauf gehabt zu haben. Zu einer ähnlichen Geburtenrate kam die Arbeitsgruppe der „Worldwide collaborative observational study and metaanalysis“, die eine Geburtenrate von 65% , bezogen auf das Gesamtkollektiv der Patientinnen, nach AI berechnete (134). Jedoch konnte sie nur eine Zunahme von 8-10% im Vergleich zur Kontrollgruppe nachweisen. Sie schlossen daraus, dass die Immuntherapie mit paternalen Lymphozyten zwar effektiv sei, allerdings nur für eine Subgruppe von Patientinnen mit RSA. Eine von Pandey et al. durchgeführte Metaanalyse von kontrollierten randomisierten Studien zur Immuntherapie mit paternalen Lymphozyten errechnete eine Erfolgsrate von 68% in der Interventionsgruppe und von 54% in der Kontrollgruppe (96). Gatenby et al. erzielten in ihrer kontrollierten Studie mit Doppelverblindung eine Geburtenrate von 68%, bezogen auf das schwangere Kollektiv (46). Die Studie von Christiansen et al., die ihre Patientinnen mit Drittspenderlymphozyten behandelten, konnte in der Interventionsgruppe eine Geburtenrate von 71,0 % und in der Kontrollgruppe von 48,0% aufweisen (29). Katano et al. immunisierten die Interventionsgruppe zweifach in der Frühschwangerschaft (60). Sie konnten eine Lebendgeburtenrate von 73,0% in der Interventionsgruppe und von 48,0% in der Kontrollgruppe feststellen. Damit entspricht die in Köln erzielte Geburtenrate mit 71,1% den Geburtenraten, die auch in anderen Studien zur Immuntherapie bei habituellen Aborten erzielen werden konnten. 4.3.1. Auswirkung des Alters auf die Geburtenrate Wird die Schwangerschaftsrate, bezogen auf das Alter der Patientinnen betrachtet, zeigte sich eine fast identische Rate in den beiden Altersgruppen. Die Altersgruppe der Patientinnen unter 35 Jahren wies eine Schwangerschaftsrate von 96,0% und die Altersgruppe der über 35-Jährigen von 93,3%. Die höchste Geburtenrate mit 79,2% wurde bei den jüngeren Frauen gefunden. Zu dieser Beobachtung gelang auch die Metaanalyse von 52 1994, die eine negative Korrelation zwischen einem höheren Patientenalter und der Geburtenrate feststellen konnte (134). Da im Alter die Chromosomenaberrationen zunehmen, darunter vor allem die Trisomien, könnte dies ein geringeres Ansprechen auf die Immuntherapie erklären, da diese bei genetischen Defekten wirkungslos bleibt. Zu einem ähnlichen Verteilungsmuster der Geburtenrate bezüglich des Alters der Patientinnen kam auch die Arbeitsgruppe der Universität Kiel. Sie fand eine höhere Geburtenrate bei den Patientinnen unter 35 Jahren (74). Somit stellt sich die Frage, ob die Immunisierung mit paternalen Lymphozyten als Therapieoption von RSA nur einer bestimmten Altersgruppe von Patientinnen zugeführt werden sollte, auch unter der Abwägung zwischen Risiko und Nutzen der Behandlung. 4.3.2. Auswirkung der Anzahl der Aborte auf die Geburtenrate Eine Schwangerschaftsrate von 100% zeigte sich bei den Patientinnen mit zwei sowie fünf und mehr Aborten im Vorfeld. Die Patientengruppe mit drei und vier Aborten wies eine Schwangerschaftsrate von 90,9% auf. Die höchste Geburtenrate von 84,6% erreichte die Subgruppe mit zwei Aborten. In der Subgruppe mit drei bis vier Aborten lag sie bei 70,0% und in der Subgruppe mit mehr als fünf Aborten bei 40%. Es gab keine signifikanten Unterschiede bezüglich der Erfolgsrate in den Subgruppen, dennoch schien sich die Anzahl an Aborten auf die Erfolgsrate auszuwirken. Diese Beobachtungen entsprechen denen der Metaanalyse der RMITG (Recurrent Miscarriage Immunotherapy Trialist Group), die einen negativen Einfluss der Anzahl der Aborte auf die Erfolgsrate feststellte, und denen der Kieler Arbeitsgruppe (74, 134). Auch Katano et al. konnten eine Abnahme der Lebendgeburtenrate bei zunehmender Anzahl von Aborten in der Vorgeschichte feststellen (60). So erzielten sie bei Patientinnen mit drei Aborten in der Vorgeschichte eine Lebendgeburtenrate von 77,0%, bei vier Aborten von 70,0% und bei fünf Aborten von 56,0%. Die Arbeitsgruppe von Orgad, die ebenfalls eine niedrigere Lebendgeburtenrate bei Patientinnen mit über fünf Aborten versus Patientinnen mit drei und vier Aborten in der Vorgeschichte erzielte, schloss daraus, dass diese Subgruppen getrennt 53 voneinander analysiert werden müssten bezüglich der Erfolgsrate der Therapie (93). Sie dürften nicht als eine einzige homogene Gruppe behandelt werden. Epidemiologischen Daten zufolge beträgt die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Schwangerschaft nach drei Aborten zwischen 50-60% (23). Jeder folgende Abort reduziert die Lebendgeburtenrate um 23% (134). Damit liegt die Lebendgeburtenrate unserer Patientinnen deutlich oberhalb der erwarteten statistischen Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Schwangerschaft ohne Behandlung. Wie aus den Ergebnissen hervorgeht, scheint die Subgruppe mit zwei Aborten im Vorfeld den größten Nutzen von der Immunisierung mit Partnerlymphozyten erzielt zu haben. Dies würde der Annahme entsprechen, den Terminus „Habituelle Aborte“ schon auf Frauen mit zwei Aborten im Vorfeld zu erweitern (73). Daher sollte eine ausführliche Diagnostik schon nach zwei stattgefundenen Fehlgeburten eingeleitet werden (55). 4.3.3. Auswirkung einer erfolgreichen Schwangerschaft im Vorfeld auf die Geburtenrate In der Subgruppe mit primär habituellen Aborten lagen die Schwangerschaftsrate nach Immuntherapie bei 96,9% und die Geburtenrate bei 74,2%. Die Subgruppe der Patientinnen mit sekundär habituellen Aborten erreichte eine Schwangerschaftsrate von 87,5% und eine Geburtenrate von 57,1%. Damit schienen die Frauen, die im Vorfeld keine Schwangerschaft bis zur Lebensfähigkeit des Kindes austragen konnten, mehr von der Therapie profitieren zu können. Allerdings konnte kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen festgestellt werden. Daya et al. erstellten eine Subanalyse der Daten der RMITG-Studie, in der sie nur die Daten der Patientinnen mit primär RSA auswerteten (38). Sie stellten fest, dass diese Subgruppe einen größeren Nutzen aus der Immunisierung mit paternalen Lymphozyten ziehen konnte als das Gesamtkollektiv (Zunahme der Geburtenrate um 16,3% versus 8-10%). Die gleiche Beobachtung machten auch Christiansen und Kollegen 54 (29). Gharesi-Fard et al. konnten in ihrer Studie zur Immuntherapie mit Partnerlymphozyten einen alleinigen Nutzen für Patientinnen mit primär habituellen Aborten feststellen und schlossen daraus, dass die Immunisierung eine Therapieoption für diese Subgruppe darstellen würde (47). Diese Ergebnisse werden von einer weiteren Studie bestätigt, die eine Geburtenrate von 78,6% in der Interventionsgruppe und von 30% in der Kontrollgruppe erlangte, bezogen auf das schwangere Patientenkollektiv (87). Carp et al. verglichen die Lebendgeburtenraten von Patientinnen mit primär und sekundär habituellen Aborten nach Immunisierung mit paternalen Lymphozyten miteinander (21). Sie stellten eine signifikant höhere Erfolgsrate bei den Frauen mit primär RSA fest. Auch unsere Daten weisen auf einen Nutzen zugunsten der Patientinnen mit primär RSA hin. 4.3.4. Auswirkung der Anzahl der Immunisierungen auf die Geburtenrate Von den 40 Patientinnen erhielten 18 eine Immunisierung und 22 zwei Immunisierungen mit Partnerlymphozyten, abhängig vom Serostatus des Paares. War der Partner positiv für CMV-Antikörper und lag bei der Partnerin ein negativer Antikörperbefund vor, blieb es bei einer einmaligen Immunisierung der Patientin. Die Schwangerschaftsrate der Gruppe, die einmal immunisiert wurde, betrug 88,9% und die Geburtenrate 56,3%. Die Schwangerschaftsrate der Gruppe mit zwei Immunisierungen lag bei 100%, die Geburtenrate bei 81,8%. Damit scheint eine zweifache Immunisierung die Erfolgsrate zu erhöhen, auch wenn kein signifikanter Unterschied zwischen den Vergleichsgruppen vorlag. Diese Beobachtung wird durch Studien gestützt, bei denen die Patientinnen mehrfach immunisiert wurden und ein Therapieeffekt zugunsten der Immuntherapie festgestellt wurde. In der Studie von Taylor und Faulk erhielten zwei der Patientinnen präkonzeptionell Leukozytentransfusionen und alle vier Patientinnen vier bis fünf Infusionen bei eingetretener Schwangerschaft (125). Drei der Schwangerschaften wurden erfolgreich ausgetragen, die vierte befand sich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung in der 28. Schwangerschaftswoche. Die Arbeitsgruppe von Christiansen et al. immunisierte alle Studienteilnehmerinnen 55 zweifach präkonzeptionell mit Drittspenderlymphozyten und jeden fünften Monat, bis eine Schwangerschaft eingetreten war. Sie erzielte in der Interventionsgruppe eine Geburtenrate von 71% versus 48% in der Kontrollgruppe (29). Auch Pandey et al., die einen Effekt zugunsten der Behandlung mit paternalen Lymphozyten erzielten, immunisierten ihre Patientinnen präkonzeptionell mehrfach (94, 96). Ho et al. immunisierten die Studienteilnehmerinnen mehrfach, falls diese keine Antikörper gegen paternale Lymphozyten entwickelten (57). Sie erzielten eine Geburtenrate von 79,5% in der Interventionsgruppe und eine Geburtenrate von 65,3% in der Kontrollgruppe, die sich nicht signifikant voneinander unterschieden. Aborte, die durch immunologisch beeinflussbare Ursachen ausgelöst werden, beginnen ab der der sechsten Schwangerschaftswoche. Daher sollte eine erste Immunisierung sowie eine Boosterung vor dem 40. Gestationstag durchgeführt werden (34). Diese Verfahrensweise wurde auch in unserer Studie angewandt. Eine erste Immunisierung erfolgte vor Eintritt einer Schwangerschaft, eine zweite zwischen der sechsten und achten Schwangerschaftswoche. Diesen Ergebnissen zufolge scheinen Patientinnen von einer mehrfachen Immunisierungstherapie zu profitieren, was sich in einer höheren Geburtenrate widergespiegelt hat. 4.4. Diskussion der Ergebnisse der Gruppe mit weniger als zwei Aborten in der Vorgeschichte (Gruppe 2) In dieser Gruppe wurden Daten von Patientinnen ausgewertet, die entweder einen Abort in der Vorgeschichte erlitten hatten und damit definitionsgemäß nicht habituellen Aborten zugeordnet werden konnten, sowie Daten von Frauen mit primärer bzw. sekundärer Sterilität. Der Begriff Sterilität wird von der WHO definiert als das Ausbleiben einer Schwangerschaft trotz regelmäßigem ungeschütztem Geschlechtsverkehr und bestehendem Kinderwunsch über ein Jahr. Daneben existiert eine weitere Definition der Europäischen Gesellschaft für menschliche Reproduktion und Embryologie (ESHRE), die von Sterilität erst 56 ab zwei Jahren unerfülltem Kinderwunsch spricht. Wenn bei einer Frau noch nie eine Schwangerschaft eintrat, liegt eine primäre Sterilität vor. Trat jedoch vor der Sterilität schon einmal eine Schwangerschaft ein bzw. konnte eine Frau ein Kind ausgetragen werden, spricht man von sekundärer Sterilität. Daten deuten daraufhin, dass das Immunsystem an einer erfolgreichen Implantation wie auch an einem Implantationsversagen beteiligt sein könnte (25, 36). Aufgrund der Annahme von Parallelen zwischen habituellen Aborten und ausbleibender Konzeption nach IVF-Behandlungen, wurden auch für Implantationsversager therapeutische Interventionen angewandt, die bei RSA eingesetzt wurden (119). Wiederholtes Implantationsversagen liegt per definitionem vor, wenn nach mindestens drei Transfers von Embryonen von guter morphologischer Qualität oder nach mehreren Transfers von über zehn Embryonen keine Schwangerschaft eintritt. Eine erste Studie zur aktiven Immuntherapie zur Verbesserung der Schwangerschaftsrate bei Sterilitätspatientinnen wurde von Kuhn und Kollegen 1993 durchgeführt (66). Schwangerschaftserfolg Sie nach schlossen Paare verschiedenen ein, Methoden bei der denen kein künstlichen Befruchtung eingetreten war. Zudem mussten andrologische Ursachen ausgeschlossen worden sein und es durften weder blockierende noch antipaternale zytotoxische Antikörper im Serum der Patientin vorliegen. Somit wurden insgesamt 20 Paare eingeschlossen, von denen die Hälfte an der Universitäts-Frauenklinik Göttingen und die andere Hälfte im IVF-Zentrum Leuven mit paternalen Lymphozyten immunisiert wurde. In Göttingen wurde die Immunisierung zu Teilen intrakutan, subkutan sowie intravenös durchgeführt. In Leuven wurden die Lymphozyten nur intrakutan appliziert. Es wurde eine Schwangerschaftsrate von 50% (10/20) erzielt, die sich gleichmäßig auf beide Zentren verteilte. Drei der Schwangerschaften traten spontan ein, zwei nach Insemination sowie fünf nach IVF. Neun der eingetretenen Schwangerschaften konnten erfolgreich ausgetragen werden, eine endete in einem Frühabort. Aus ihren Ergebnissen schlossen sie auf eine Wirksamkeit der Immuntherapie bei der Behandlung der Sterilität von erfahrungsgemäß austherapierten Paaren. 57 In einer weiteren Studie aus dem Jahr 1994 von Carp und Kollegen wurde der Einfluss der Immunisierung mit paternalen Lymphozyten bei Patientinnen mit rezidivierendem Implantationsversagen nach IVF untersucht (22). Sie schlossen Paare ein, die im Vorfeld mindestens drei IVF-Behandlungen mit Embryotransfer erhalten hatten, ohne dass eine Schwangerschaft eingetreten war. Als weitere Einschlusskriterien durften keine zytotoxischen antipaternalen Antikörper im Serum Lymphozytenreaktion der Patientin musste vorliegen, hyporeaktiv sowie gegenüber die gemischte paternalen Zellen verlaufen. Die Patientinnen erhielten eine zweifache Immunisierung im Abstand von vier Wochen und eine dritte, falls noch keine Serokonversion eingetreten war. Die Applikation erfolgte intra- und subkutan in den Unterarm. Anschließend wurde die Sterilitätstherapie fortgesetzt. Carp et al. konnten eine Schwangerschaftsrate von 25% pro IVF-Zyklus feststellen, die sich nicht signifikant oberhalb der Schwangerschaftsrate von den meisten IVF- Programmen befand. Neuere Ergebnisse stammen von der Arbeitsgruppe Kling der Universitätsklinik Kiel, die retrospektiv Daten von 686 Paaren auswertete, die von 1996-1998 nach mindestens Lymphozyten zwei immunisiert erfolglosen worden Embryotransfers waren (62). mit Sie paternalen konnten eine Schwangerschaftsrate von 33,3% in den ersten sechs Monaten nach AI erzielen, im zweiten Jahr von 27,4%. Es wurden die gewonnenen Daten mit Angaben des Deutschen IVF-Registers (DIR) von 1998 verglichen. Dabei konnte ein positiver Effekt der Immunisierung mit paternalen Lymphozyten auf die Schwangerschaftsrate bis zu einem Alter von 38 Jahren festgestellt werden. Die kumulative Geburtenrate Schwangerschaften und lag bei 42,0%, Schwangerschaften wenn nach auch spontane Insemination mit eingeschlossen wurden. Die Geburtenrate, die allein durch eine IVFBehandlung erzielt wurde, lag bei 38,0%. Höhere Schwangerschafts- sowie die Geburtenraten konnten vor allem im ersten Halbjahr beobachtet werden. Aus den Ergebnissen schlossen Kling et al., dass die aktive Immuntherapie im IVFProgramm bei Paaren mit rezidivierenden Implantationsversagen sinnvoll sein könnte. 58 Auch Check et al. konnten in einer Studie, in die sie Paare mit mindestens zwei erfolglosen Embyrotransfers einschlossen, eine höhere Schwangerschaftssowie Geburtenrate bei Patientinnen feststellen, die zuvor mit Lymphozyten immunisiert worden waren (25). Sie erzielten in der Interventionsgruppe eine Schwangerschaftsrate von 70,3% (26/37) und einen Geburtenrate von 51,3% (19/37), in der Kontrollgruppe von 45,9% (17/37) bzw. 16,2% (6/37). Eine retrospektive Analyse von 72 Patientinnen mit drei oder mehr erfolglosen Embryotransfers wurde an der Frauenklinik des Universitätsklinikums Göttingen durchgeführt (50). Die Indikation zur Immunisierung mit paternalen Lymphozyten wurde bei Abwesenheit von zytotoxischen antipaternalen Antikörpern im Serum der Patientin gestellt. 39 Patientinnen erhielten je nach Serokonversion ein oder zwei Immunisierungen, die am Unterarm intrakutan appliziert wurden. Die restlichen 33 Patientinnen lehnten die Therapie ab und dienten damit als Kontrollgruppe. In der Interventionsgruppe konnte eine Schwangerschaftsrate von 25,6%, in der Kontrollgruppe von 39,4% erzielt werden. Der Unterschied zwischen den beiden Kollektiven war nicht signifikant. Wurde die Ursache für die Sterilität bei der Analyse der Daten herangezogen, zeigte sich kein signifikanter Unterschied in den Schwangerschaftsraten, falls die Sterilität andrologischer oder idiopathischer Ätiologie war. Lag eine tubare Sterilität vor, konnte ein signifikant negativer Effekt der Immuntherapie auf die Schwangerschaftsrate festgestellt werden. Diese Ergebnisse weisen daraufhin, dass nur ein bestimmtes Patientenkollektiv von einer Immunisierung mit paternalen Lymphozyten zu profitieren scheint. Wie auch bei habituellen Aborten sollte daher eine umfassende Diagnostik durchgeführt und die Indikation zur Therapie streng gestellt werden. Bei unseren Patientinnen mit primärer (n=15) sowie sekundärer Sterilität (n=2) konnte eine Schwangerschaftsrate von 41,2% (n=7) erzielt werden mit einer Geburtenrate von 71,4% (n=5). Bei 82,4% der 17 Paare mit der Diagnose Sterilität (n=14) wurden im Vorfeld verschiedene Sterilitätstherapien durchgeführt, von der keine zu dem gewünschten Schwangerschaftserfolg führte. Von den Schwangerschaften nach Immunisierung mit paternalen Lymphozyten traten zwei spontan und fünf nach IVF und Embryotransfer ein. 59 Unsere Ergebnisse deuten daraufhin, dass die Immunisierung mit paternalen Lymphozyten zu einer Veränderung des maternalen Immunsystems geführt haben könnte, die letztlich eine erfolgreiche Implantation ermöglichte. Bei den vier Patientinnen mit einem Abort in der Vorgeschichte zeigte sich eine Schwangerschaftsrate von 50% (n=2) und eine Geburtenrate von 100% (n=2). Keine dieser Frauen hatte in der Vorgeschichte eine Schwangerschaft erfolgreich austragen können. Da dieses Patientenkollektiv jedoch eine sehr kleine Fallzahl aufweist (n=4), sollten Rückschlüsse bezüglich der Wirksamkeit der AI in dieser Subgruppe zurückhaltend gezogen werden. 4.5. Nebenwirkungen des Gesamtkollektivs nach Immunisierung mit paternalen Lymphozyten In dem Gesamtkollektiv von 61 Patientinnen traten bei 14,8% Nebenwirkungen nach Immunisierung mit paternalen Lymphozyten auf. Diese beschränkten sich vor allem auf lokale Reaktionen der Haut um die Einstichstellen wie Rötungen, Papeln und Pruritus. Bei einer Patientin kam es zu einer Schwellung des kompletten Armes, an dem die Injektionen vorgenommen worden waren. Eine weitere Patientin erlitt starke Kopfschmerzen. Schwere systemische Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet. In unserem Patientenkollektiv kam es zwar häufiger zu lokalen Nebenwirkungen als in anderen Studien zur AI, allerdings wurden, außer in zwei Fällen, ausschließlich lokale Hautreaktionen beobachtet. Diese lokalen Reaktionen können auch nach intradermalen Impfungen auftreten. Ausgehend von den Beobachtungen des vorliegenden Patientenkollektivs, scheint das Risiko für schwere Nebenwirkungen gering zu sein. Zu einer ähnlichen Einschätzung des Risikos gelangten auch Kling und Kollegen (63, 64). Pandey et al. konnten keinerlei Nebenwirkungen feststellen (94). Trotzdem sollte das Infektionsrisiko durch die Übertragung von Viren wie HIV, CMV und Hepatitisviren, auch wenn dieses sehr gering ist, bei der Entscheidungsfindung bezüglich einer Therapie mit allogenen Lymphozyten berücksichtigt werden. 60 In der „Worldwide collaborative observational study and metaanalysis“ wurden bei 2% (24 von 1149) der Studienteilnehmerinnen Nebenwirkungen festgestellt (134). Diese betrafen Hepatitis sowie Infektionen mit dem Zytomegalievirus, Influenza ähnliche Symptome und Transfusionsreaktionen. Eine kleine Anzahl an Patientinnen entwickelte außerdem Antikörper gegen paternale Erythrozyten und Thrombozyten. Neonatale Thrombozytopenien als seltene Komplikation infolge der maternalen Immunisierung, konnten in einzelnen Fällen beobachtet werden (39, 124). Eine Arbeitsgruppe konnte eine neonatale Neutropenie bei einem Neugeborenen feststellen, dessen Mutter mehrfach immunisiert worden war (19). Aktuell wird ein Patientenfall diskutiert, bei dem möglicherweise ein Zusammenhang zwischen der Therapie mit allogenen Lymphozyten und der Entstehung von Multipler Sklerose gefunden werden konnte (26). 4.6. Schwangerschaftskomplikationen und kindliche Entwicklung des Gesamtkollektivs nach Immunisierung mit paternalen Lymphozyten Schwangerschaftskomplikationen traten bei 26,2% der Patientinnen auf und betrafen vorzeitige Wehen, Frühgeburtlichkeit, zwei Kaiserschnitte aufgrund von Lageanomalien, vaginale Blutungen, eine diabetische Stoffwechsellage und Präeklampsie bei einer Patientin. Bei zwei der Neugeborenen konnte eine Trisomie 21 diagnostiziert werden. In der RMITG-Studie konnten fetale und neonatale Komplikationen in der Interventions- und Kontrollgruppe etwa gleich häufig beobachtet werden und betrafen 3-4% der Patientinnen (134). Zu den Komplikationen, die in der Interventionsgruppe festgestellt werden konnten, gehörten Frühgeburtlichkeit, intrauterine Wachstumsretardierungen, kongenitale Anomalien, neonatale Thrombozytopenien bei zwei Neugeborenen und zwei neonatale Todesfälle. 61 Untersuchungen weisen darauf hin, dass die Entstehung von habituellen Aborten und Präeklampsie auf einen gemeinsamen Mechanismus zurückzuführen ist (112). Beiden liegt eine insuffiziente Plazentation zugrunde. Diese kann je nach Ausprägung zu einer Präeklampsie führen oder einen Abort zur Folge haben. In die Plazentation der Frühschwangerschaft scheint eine spezifische maternale Immunantwort gegenüber fetalen Alloantigenen involviert zu sein. Damit ist eine maternale Toleranz gegenüber den fetalen Fremdantigenen für eine normale Plazentation entscheidend. Für eine normal verlaufende Plazentation ist eine Zytotrophoblasteninvasion notwendig. Diese wird über vaskuläre Wachstumsfaktoren und Zytokine gesteuert, die von uterinen NK-Zellen gebildet werden und mit embryonalen HLA-Gruppen interagieren (81, 131). Bei mangelhafter Plazentation kommt es zu oxidativem Stress, der je nach Schwangerschaftsstadium verschiedene Störungen zur Folge haben kann (18). Auch metabolische Störungen und uterine Wachstumsretardierungen können darauf zurückgeführt werden. Einige dieser Störungsbilder konnten auch in unserem Patientenkollektiv beobachtet werden. Bei den Kindern unseres Patientenkollektivs konnten keine Hinweise auf spätere Schäden, die auf eine Immunisierung zurückzuführen sind, festgestellt werden. Um eine bessere Einschätzung für das Risiko für kindliche Komplikationen durch eine maternale Immunisierung zu erhalten, sollte die kindliche Entwicklung über einen längeren Zeitraum beobachtet werden wie beispielsweise durch regelmäßige Telefoninterviews. 4.7.Schlussfolgerungen In unserem Patientenkollektiv von 40 Patientinnen scheinen die Frauen von einer Immunisierungsbehandlung profitiert zu haben, wenn die Erfolgsrate der Schwangerschaften vor und nach Immuntherapie verglichen wird. Es zeigte sich, dass verschiedene Subgruppen einen größeren Nutzen aufwiesen als andere. Die Unterschiede zwischen den Subgruppen ergaben jedoch keine Signifikanz. Einen Nutzen hatte vor allem das jüngere Patientenkollektiv. Weiterhin schienen Patientinnen, die im Vorfeld keine Schwangerschaft 62 erfolgreich austragen konnten und Frauen, die nur zwei Aborte im Vorfeld erlitten, von der Immunisierung mit paternalen Lymphozyten zu profitieren. Zudem scheint eine zweite Immunisierung, eine so genannte Boosterung, das Outcome zu verbessern. Aufgrund einer fehlenden Kontrollgruppe kann jedoch keine klare Aussage gemacht werden, ob die Zunahme der Geburtenrate nach Immunisierung letztlich auf die Therapie selbst zurückzuführen ist. Vielmehr könnten sich auch vermehrte Unterstützung und Zuwendung, d. h. psychologische Faktoren, positiv auf den Schwangerschaftsverlauf ausgewirkt haben. Die Wirksamkeit einer engmaschigen Betreuung durch Ärzte und Psychologen bei habituellen Aborten konnte Stray-Pedersen in seinem Therapiekonzept „Tender Loving Care“ feststellen, welches er bei Frauen mit habituellen Aborten angewandt hat und damit eine Erfolgsrate von 86% im Vergleich zur Kontrollgruppe mit 33% erzielte (122). Die Lebendgeburtenrate unseres Patientenkollektivs ist vergleichbar mit den Ergebnissen, die andere Studien im Vergleich mit einer Kontrollgruppe gewonnen haben, und die einen Nutzen der Immuntherapie feststellen konnten (46, 60, 82). Unseren Ergebnissen zufolge kann eine Immuntherapie mit paternalen Lymphozyten in spezialisierten Zentren unter Studienbedingungen für ein bestimmtes Patientenkollektiv weiterhin als Therapieoption angeboten werden. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass eine aktuelle Metaanalyse der Cochrane Database keinen Vorteil der Immuntherapie gegenüber Kontrollen feststellen konnte und von einer Immunstimulation abrät. Daher muss bei jedem einzelnen Paar die Indikation zur Therapie kritisch gestellt und auf die widersprüchliche Datenlage hingewiesen werden. Bis heute existieren keine gesicherten Ergebnisse zur Genese von habituellen Aborten (123). Es gibt eine Reihe von Hypothesen. Die wichtigsten wurden in der Einleitung erläutert. Jedoch gibt es Hinweise, dass primär und sekundär habituellen Aborten unterschiedliche Ursachen zugrunde liegen (84). Dies spiegelt sich zudem in den Ergebnissen von Studien wider, die diese Subgruppen getrennt voneinander analysiert haben. Um Klarheit bezüglich 63 einer immunologischen Ätiologie im Abortgeschehen zu gewinnen bzw. den Nutzen einer Immuntherapie einordnen zu können, sind weitere Untersuchungen hinsichtlich der Pathophysiologie des Abortgeschehens unverzichtbar. Studien, die verschiedene Biomarker untersuchten, die ein erhöhtes Risiko für RSA widerspiegeln könnten, erbrachten gegensätzliche Ergebnisse (28). Dies könnte darauf hinweisen, dass habituellen Aborten ein multifaktorielles Geschehen zugrunde liegt, wie dies auch bei anderen Autoimmunerkrankungen der Fall ist. Christiansen et al. stellten fest, dass Frauen mit RSA eine höhere Prävalenz an Autoimmunerkrankungen aufwiesen als Frauen ohne pathologische Schwangerschaft (28, 32). Sie schlossen daraus, dass Frauen mit habituellen Aborten eine Prädisposition für Störungen der Autotoleranz und eine gesteigerte Entzündungsreaktion aufweisen könnten. Des Weiteren sollten Studien einheitliche Methoden bezüglich der Immunisierungstherapie anstreben, um Ergebnisse besser vergleichbar zu machen. Zudem müssen Nebenwirkungen und ökonomische Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Unsere Ergebnisse deuten daraufhin, dass die Patientinnen mit Sterilität sowie einem Abort im Vorfeld von einer Immunisierung mit paternalen Lymphozyten profitiert haben. Von 17 Frauen konnte nur eine Patientin vor Immunisierung eine Schwangerschaft erfolgreich beenden. Nach Immunisierung lag die Geburtenrate bei 77,8%. 5. Zusammenfassung Habituelle Aborte betreffen 1-2% der Paare mit Kinderwunsch. Die Ursachen für den unerfüllten Kinderwunsch sind vielfältig und bedürfen einer umfangreichen Diagnostik. Abzuklären sind chromosomale Abweichungen, anatomische Veränderungen, endokrine Störungen, hämostaseologische und mikrobiologische Faktoren. Jedoch bleibt die Ätiologie in ca. 50% der Fälle ungeklärt. Bei diesen 50% wird von einer immunologischen Genese des Abortgeschehens ausgegangen. 64 Da der Embryo ein semiallogenes Transplantat darstellt, d. h. die Hälfte seiner Gene erhält er von der Mutter, die andere Hälfte vom Vater, muss für eine normal verlaufende Schwangerschaft eine erfolgreiche immunologische Auseinandersetzung zwischen den mütterlichen und embryonalen Strukturen erfolgen, um eine Abstoßung des Embryos zu verhindern. Bei diesen komplexen Vorgängen spielen immunkompetente Zellen, Zytokine und Chemokine eine entscheidende Rolle. So kann bei einem Ungleichgewicht dieser Faktoren Therapieoption ein bei Schwangerschaftsverlust habituellen Aborten ist eintreten. die Eine mögliche Immuntherapie mit Partnerlymphozyten. Jedoch wird diese Behandlungsform aufgrund der unterschiedlichen Datenlage kontrovers diskutiert. Zielsetzung dieser Arbeit war die Evaluation der aktiven Immuntherapie als Behandlungsoption bei habituellen Aborten sowie bei primärer und sekundärer Sterilität sein. An der Frauenklinik der Kölner Universitätsklinik wurden retrospektiv der Verlauf und das Ergebnis von 61 Patientinnen untersucht, bei denen aufgrund habitueller Aborte sowie primärer und sekundärer Sterilität eine Immuntherapie mit paternalen Lymphozyten durchgeführt wurde. Zuvor wurde das Serum der Patientinnen auf antipaternale lymphozytotoxischen Antikörper untersucht. Die Indikation zur Immunisierung wurde gestellt, falls im Lymphozytotoxizitätstest keine antipaternalen Antikörper nachgewiesen werden konnten. Das Patientenkollektiv von 40 Patientinnen mit mehr als zwei Aborten in der Vorgeschichte scheint bei Vergleich der Geburtenrate vor und nach der Immuntherapie von dieser Therapieform profitiert zu haben. Vor Therapie lag die Lebendgeburtenrate bei 20,0%, nach Immunisierung bei 71,1%. Die Ergebnisse weisen außerdem daraufhin, dass vor allem die Altersgruppe unter 35 Jahren von der Behandlung einen Nutzen ziehen konnte. Bei ihnen konnte eine Geburtenrate von 79,2% festgestellt werden, bei der Altersgruppe über 35 Jahre lag die Geburtenrate bei 57,1%. Bei der Auswertung der Ergebnisse fiel weiterhin auf, dass Frauen, die nur zwei Aborte im Vorfeld erlitten hatten, mit 84,6% die höchste Geburtenrate aufwiesen. Die Subgruppe der Patientinnen mit drei und vier Aborten im Vorfeld erreichte eine Geburtenrate von 70,0%, die Subgruppe mit mehr als fünf Aborten von 40,0%. Frauen mit primär habituellen 65 Aborten, d. h. die keine Schwangerschaft im Vorfeld erfolgreich austragen konnten, wiesen eine höhere Geburtenrate als Patientinnen mit sekundär habituellen Aborten auf (74,2% versus 57,1%). Betrachtet man die Geburtenrate, bezogen auf die Anzahl der erhaltenen Immunisierung, fällt auf, dass eine zweite Immunisierung, eine so genannte Boosterung, zu einer höheren Geburtenrate geführt hat. So lag die Erfolgsrate bei einmaliger Immunisierung bei 56,3%, bei zweimaliger Immunisierung bei 81,8%. Aufgrund der Annahme von Parallelen bezüglich der Ätiologie zwischen habituellen Aborten und ausbleibender Implantation nach IVF-Behandlungen wurden auch Implantationsversager in verschiedenen Studien mit der aktiven Immuntherapie behandelt. Daher führten wir bei unserem Patientenkollektiv von 21 Patientinnen mit weniger als zwei Aborten in der Vorgeschichte die aktive Immuntherapie mit Partnerlymphozyten durch, um eine mögliche Wirksamkeit dieser Therapie auf die Lebendgeburtenrate zu untersuchen. Dabei stellten wir auch in diesem Patientenkollektiv eine höhere Geburtenrate nach AI fest (11,1% versus 77,8%). In der Subgruppe mit einem Abort im Vorfeld konnte eine Geburtenrate von 100%, in der Subgruppe mit primärer sowie sekundärer Sterilität von 71,4% festgestellt werden. Trotz der positiven Ergebnisse bezüglich der Wirksamkeit der aktiven Immuntherapie mit Partnerlymphozyten muss bei der Entscheidung für bzw. gegen diese Therapieoption die kontroverse Datenlage mit einbezogen werden. Eine aktuelle Metaanalyse zur AI konnte keine Wirksamkeit der Immunisierung mit paternalen Lymphozyten gegenüber einer Kontrollgruppe feststellen. Außerdem muss daraufhin gewiesen werden, dass es sich bei unseren Patientinnen um ein sehr heterogenes Patientengut handelte. 66 6. Literaturverzeichnis 1. Aagaard-Tillery KM, Silver R, Dalton J. Immunology of normal pregnancy. Semin Fetal Neonatal Med 11: 279–295, 2006. 2. Aldrich C, Verp MS, Walker MA, Ober C. A null mutation in HLA-G is not associated with preeclampsia or intrauterine growth retardation. J Reprod Immunol 47: 41–48, 2000. 3. 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Fragebogen Fragebogen für die telefonische Kontaktaufnahme mit der Patientin mit Habituellen Aborten Name: Vorname: Geburtsdatum: Telefonnummer: • Angaben zur Immunisierung 1. Wie viele Immunisierungen haben Sie erhalten? 1. Immunisierung __/__/____(Tag/Monat/Jahr) 2. Immunisierung __/__/____ ____ 2. Kam es zu Nebenwirkungen nach der Immunisierung? __________________________________________________________ __________________________________________________________ ________ • Angaben zu den Schwangerschaften vor der Immunisierung 1. Wie viele Schwangerschaften hatten Sie vor der Immunisierung? ____ 2. Wie viele dieser Schwangerschaften wurden ausgetragen? ____ 1. __ /__/____ (Tag/Monat/Jahr) 2. __/__/____ 3. __/__/____ 81 3. Wie viele dieser Schwangerschaften endeten in einer Fehlgeburt? ____ Monat/Jahr 1. Fehlgeburt __ /____ 2. Fehlgeburt __ /____ 3. Fehlgeburt __ /____ 4. Fehlgeburt __ /____ 5. Fehlgeburt __ /____ 6. Fehlgeburt __ /____ SS-Woche Ursache 4. Wurde bei Ihnen eine Sterilitätsbehandlung durchgeführt? Ja Nein Welche? _________________________________________________________ • Angaben zu den Schwangerschaften nach der Immunisierung 1. Zu wie vielen Schwangerschaften kam es nach der Immunisierung? ____ 2. Wie viele dieser Schwangerschaften wurden ausgetragen? ____ 1. __/__/____ (Tag/Monat/Jahr) 2. __/__/____ 3. __ /__/____ 82 3. Wie viele dieser Schwangerschaften endeten in einer Fehlgeburt? ____ Monat/Jahr 1. Fehlgeburt __ /____ 2. Fehlgeburt __ /____ 3. Fehlgeburt __ /____ 4. Fehlgeburt __ /____ 5. Fehlgeburt __ /____ 6. Fehlgeburt __ /____ SS-Woche Ursache 4. Kam es zu Komplikationen während der Schwangerschaft bzw. bei der Geburt? __________________________________________________________ 5. Kam es zu Auffälligkeiten bei der kindlichen Entwicklung? 1.Kind _______________________________________________ 2.Kind _______________________________________________ 83 8. Lebenslauf Mein Lebenslauf wird aus Gründen des Datenschutzes in der elektronischen Fassung meiner Arbeit nicht veröffentlicht. 84