XVII. Onkologische Fachtagung für medizinische Berufe Berlin, 05.06.2014 Nebenwirkungen neuartiger Anti-Tumortherapien Dr. Christian Jakob Klinikum Ernst v. Bergmann Klinik für Hämatologie/Onkologie Charlottenstr. 72 14467 Potsdam Überblick 1. „klassische“ Zytostatika vs. „zielgerichtete Therapien“ 2. Neuartige Therapieprinzipien 2.1. Immuntherapie / Immunmodulation 2.2. Proteasominhibition 2.3. Angiogenesehemmung 2.4. Hemmung von Wachstumsfaktoren 3. Spezielle Nebenwirkungen 3.1. Reaktionen des Immunsystems 3.2. Schädigungen des Nervensystems 3.3. Kardiovaskuläre Toxizitäten 3.4. Hautveränderungen Medikamentöse Tumortherapie - „Klassische“ Zytostatika - Hormontherapie - Immuntherapie - Zytokine - Antikörper - zelluläre Immuntherapie - Stammzellen/GvL-Effekt/DLI - Zielgerichtete Therapie - Subsbtanzen („small molecules“) gegen: - Wachstumsfaktoren - Rezeptoren - Signalmoleküle „klassische“ Zytostatika Log - Hypothese natürlicher Verlauf palliative Chemotherapie Nachweisgrenze (109 Zellen/ 1g) 1 log-Stufe adjuvant Heilung kurative Chemotherapie “klassische Zytostatika” sind toxischer gegenüber sich schnell teilenden Geweben typische Nebenwirkungen zytotoxischer Substanzen Gewebe Unerwünschte Effekte (schnell teilende Gewebe) Knochenmark/ Blutbildveränderungen (Anämie, Leukopenie, Thromozytopenie) Infektionen Blutungen Magen-Darm-Trakt Schleimhautläsionen Übelkeit/Erbrechen, Durchfall Haare/Haut Haarausfall verzögerte Wundheilung Keimdrüsen Zyklusunregelmäßigkeiten Fruchtbarkeit „zielgerichtete“ Therapie („targeted therapy“) 2. Neuartige Therapieprinzipien 2.1. Immuntherapie / Immunmodulation - Anti-CD20: Rituximab, Obinotuzumab, Ofatumomab - IMIDs: Thalidomid/Lenalidomid/Pomalidomid 2.2. Proteasominhibition - Bortezomib, Carfilzomib 2.3. Angiogenesehemmung - VEGF: Bevacizumab, Afibercept 2.4. Hemmung von Wachstumsfaktoren - Rezeptor-Tyrosinkinase-Inhibitoren - EGFR-TKI: Cetuximab, Erlotinib/Gefitinib/Afatinib - Multi-TKI: Sorafenib/Sunitib, - Bcr-Abl: Imatinib/Dasatinib/Nilotinib zielgerichtete Therapie zielgerichtete Therapie zielgerichtete Therapie zielgerichtete Therapie Proteasom Bortezomib, Carfilzomib, .. zielgerichtete Therapie Proteasom Bortezomib, Carfilzomib, .. Gefäße / Angiogenese Tumor- Mikroumgebung-Interaktion Stromazellen Neue Substanzen Knochenzellen Gefäße / Angiogenese AngiogeneseHemmer Tumorzellen VEGF IMIDS Zytotoxizität Herkömmliche Zytostatika T-Zellen IFN, IL NK-Zellen Immunzellen zielgerichtete Substanzen Sorafenib Multi-Kinase Nierenzell CA, Leberzell CA Sunitinib Multi-Kinase Nierenzell CA, Leberzell CA, GIST Imatinib, Nilotinib, Dasatinib Bcr-Abl, cKit CML, GIST Spezielle Nebenwirkungen 3. Spezielle Nebenwirkungen 3.1. Reaktionen des Immunsystems 3.2. Schädigungen des Nervensystems 3.2. Kardiovaskuläre Toxizitäten 3.3. Hautveränderungen 3.1. Reaktionen des Immunsystems - Antikörpergabe: - Fieber, Schüttelfrost, grippeähnliche Reaktion - anaphylaktoide Reaktion bis zu Bronchospasmus, Schock - anti-CD20(Rituximab), Anti-CD52 (MabCampath): - lang anhaltender Immundefekt ! (B-/T-Zell-Depletion) -> atypische Infekte (Zoster, Hep.-Reaktivierung, …) 3.2. Nervenstörungen / Polyneuropathie - Missempfindungen in Form von Kribbeln, Stechen bis hin zu Schmerzen, häufig in den Beinen oder Händen - MEDIKAMENTE: - Bortezomib (Velcade) - Thalidomid - Schweregrade (NCIC-CTC V2.0): I: Missempfindung ohne Funktionseinschränkung II: Missempfindung oder Empfindungsstörung mit Funktionseinschränkung, ohne Beeinträchtigungen des tägl. Lebens III: Missempfindung oder Empfindungsstörung mit Beeinträchtigungen des tägl. Lebens IV: Dauerhafte Empfindungsstörung mit Funktionseinschränkungen - weitere wichtige Symptome: - Schmerzen (Kopf, Beine), Gangstörungen Polyneuropathie - Maßnahmen: Grad I: Grad I +Schmerzen oder Grad II: Grad II +Schmerzen oder Grad III: Grad IV: keine, Fortsetzen der Therapie Dosisreduktion Pause bis Besserung, dann in reduz. Dosis weiter Absetzen - Neu: - Bortezomib s.c.: - gleiche Wirksamkeit im Vgl. zu i.v.-Gabe - weniger Polyneuropathie 3.2. Kardiovaskuläre Toxizitäten - Blutdruckentgleisungen: - Angiogenesehemmer: Bevacizumab, .. - Thrombembolische Ereignisse/Blutungen: - Angiogenesehemmer, IMIDs: Talidomid/Lenalidomid (+Dex) - Ergüsse/Ödeme: - bei TKI: - Imatinib: Ödeme, periorbitale Ödeme - Dasatinib: Ödeme, Perikardergüsse, Pleuraergüsse Maßnahmen: - prophylaktisch: - Antikoagulation, RR-Einstellung - Herzinsuffizienztherapie - symptomatisch: - Diuretika, - Dosisreduktion - Absetzen/Umstellung (CML) 3.3. Hautveränderungen - akneiformes/papulopustulöses Exanthem /“rush“ - Hand-Fuß-Syndrom (HFS) EGFR Effekte an der Haut typische Hauttoxizitäten Hautnebenwirkungen zielgerichteter Therapien akneiformes papulopustolöses Exanthem akneiformes papulopustolöses Exanthem Einteilung - Schweregrade Therapie Hand-Fuß-Syndrom („HFS”) Hand-Fuß-Syndrom („HFS”) • Inzidenz zw. 8 – 60% Hand-Fuß-Syndrom („HFS”) Verlauf von Hauttoxizitäten unter Anti-EGFR Korrelation Hautreaktion - Therapieansprechen Slide 23 Lebensqualität unter Anti-EGFR-Therapie Slide 23 Lebensqualität unter Anti-EGFR-Therapie Slide 23 Zusammenfassung - Therapien mit neuen Wirkmechanismen führen zu neuen Nebenwirkungen. besondere Herausforderung für Pflege und ambulante Versorgung - insgesamt haben „neue“ Substanzen weniger schwerwiegende Nebenwirkungen, jedoch können diese (z.B. Stigmatisierung durch Hautveränderungen) besonders belastend sein und sich erheblich auf die Lebensqualität auswirken. - Dosisreduktionen oder Therapieabbrüche sind oft nicht die geeignete Maßnahme, da: 1. nachteiliger Effekt auf den möglichen Gesamt-Therapieerfolg 2. Mangel an Alternativen, da häufig fortgeschrittene Krankheitssituation -> - umfassende Patientenaufklärung, - Art und Dauer der besonderen Nebenwirkungen - Möglichkeiten der Prophylaxe und Therapie - Sicherstellen der Verfügbarkeit für den Pat. - ausführliche Erörterung und gemeinsame Risiko-Nutzen-Abwägung