Poisson-Verteilung Simeon Poisson (1781 - 1840) Für große n (n ≥ 100) und kleine p (p ≤ 0,1) fand Poisson eine überraschend gute Näherung für die Binomialverteilung. Betrachten wir für eine Bernoulli-Kette die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Treffers: P (X = 1) = n · p · (1 − p)n−1 = n · n · (1 − n ) 1 1 µ µ µ µ µ = n · p sei der (kleine) Erwartungswert, d. h. p = n . n−1 n µ −1 = µ · (1 − n ) · (1 − n ) | {z } | {z } ≈ e−µ ≈1 = µ · e−µ Für beliebiges k gilt: P (X = k) = n · p k · (1 − p)n−k k = n(n−1) ... (n−(k−1)) µk · k · k! n ( 1 − µn ) n−k = n(n−1) ... (n−(k−1)) µk · · nk k! ( 1 − µn ) n 1 k−1 = 1 · (1 − n ) . . . (1 − n | {z ≈1 µk −µ ·e = k! ) · ... · } µ −k · (1 − n ) µk · k! ( 1 − µn ) | {z ≈ } n e−µ µ −k · (1 − n ) | {z ≈1 } Eine Zufallsgröße X heißt poissonverteilt, falls die Wahrscheinlichkeiten für k = 0, 1, 2, . . . Treffer mit P (X = k) = µk · e−µ berechnet werden. k! 1. Von 100 Personen ist durchschnittlich eine Person farbenblind. a) Mit welcher Wahrscheinlichkeit befinden sich unter 100 zufällig ausgewählten Personen mindestens zwei farbenblinde Personen? b) Wie viele Personen müssen mindestens ausgewählt werden, damit sich darunter mit mindestens 95 %-iger Wahrscheinlichkeit wenigstens eine farbenblinde Person befindet? 2. Eine Auswertung der Jahresberichte über tödliche Unfälle infolge Hufschlags in 10 preußischen Kavallerieregimentern während 20 Jahren ergab: Anzahl k tödlicher Unfälle 0 1 2 3 4 Anzahl der Berichte mit k Unfällen 109 65 22 3 1 Vergleiche die Werte mit theoretischen Werten. c Roolfs Poisson-Verteilung Aufgaben 1. Von 100 Personen ist durchschnittlich eine Person farbenblind. a) Mit welcher Wahrscheinlichkeit befinden sich unter 100 zufällig ausgewählten Personen mindestens zwei farbenblinde Personen? µ = 1, P (X ≥ 2) = 26,4 % b) Wie viele Personen müssen mindestens ausgewählt werden, damit sich darunter mit mindestens 95 %-iger Wahrscheinlichkeit wenigstens eine farbenblinde Person befindet? n µ = 100 , 1 − e−n·0,01 ≥ 0,95 =⇒ n ≥ 300 2. Eine Auswertung der Jahresberichte über tödliche Unfälle infolge Hufschlags in 10 preußischen Kavallerieregimentern während 20 Jahren ergab: Anzahl k tödlicher Unfälle 0 1 2 3 4 Anzahl der Berichte mit k Unfällen 109 65 22 3 1 Vergleiche die Werte mit theoretischen Werten. n Stärke eines Regiments, p Wahrscheinlichkeit für jeden Kavalleristen, durch Hufschlag das Leben zu verlieren, 122 µ = 200 Anzahl k tödlicher Unfälle 200 · Pµ (X = k) 0 1 108,7 66,3 2 3 4 20,2 4,1 0,6 3. In einer Telefonzentrale kommen in der Minute durchschnittlich 3 Gespräche an. a) Mit welcher Wahrscheinlichkeit kommen dann in einer Minute mehr als 3 Gespräche an? Denkt man sich eine Minute in n gleiche Zeitabschnitte zerlegt, die so klein sind, dass in jedem Abschnitt höchstens ein Gespräch ankommen kann, so liegt 3 ein Bernoulli-Versuch mit p = n vor. Die gesuchte Wahrscheinlichkeit kann mit der Poisson-Näherung berechnet werden. Die Poisson-Verteilung mit dem Parameter µ kann angewendet werden, wenn Ereignisse selten auftreten und n unbekannt ist. P (X > 3) = 1 − P (X ≤ 3) = 35,3 % b) Mit welcher Wahrscheinlichkeit kommen in fünf Minuten mindestens 20 Gespräche an? µ = 5 · 3 (plausibel), P (Y ≥ 20) = 12,5 % 4. Eine Telefonauskunft wird durchschnittlich 12mal pro Stunde angewählt. Mit welcher Wahrscheinlichkeit erhält die Auskunft a) in den nächsten 5 Minuten keinen Anruf, b) innerhalb von 10 Minuten mindestens 5 Anrufe, c) innerhalb von 20 Minuten höchstens 6 Anrufe? 12 µ = 60 · 5 = 1, P (X = 0) = 36,8 % µ = 2, P (X ≥ 5) = 5,3 % µ = 4, P (X ≤ 6) = 88,9 % Poisson-Verteilung Aufgaben 5. Um die Häufigkeitsverteilung von einzeln lebenden Tieren zu untersuchen, wird eine größere quadratische Fläche in 10 mal 10 Felder unterteilt. Die Zufallsvariable X gibt die Anzahl der Tiere je Feld an. Das Ergebnis der Auszählung ist in der Tabelle festgehalten. Anzahl k der Tiere in einem Feld 0 1 2 3 4 5 ≥6 Anzahl der Felder mit k Tieren 30 35 22 10 2 1 0 Liegt der Häufigkeitsverteilung eine Poisson-Verteilung zugrunde? Der Erwartungswert beträgt µ = 1,22. (In den GTR die Tabellenwerte in L1 und L2 eingeben und den Mittelwert mit mean(L1, L2) bestimmen.) Anzahl k der Tiere in einem Feld 0 1 2 3 4 5 ≥6 100 · Pµ (X = k) 29,5 36,0 22,0 8,9 2,7 0,7 0,1 6. Eine Zufallsvariable X nimmt die Werte 0, . . ., 5 an. Die Tabelle erfasst die absoluten Häufigkeiten. Die empirischen Werte lauten: k 0 1 2 3 4 5 absolute Häufigkeiten 32 28 14 5 1 0 Wie lauten die relativen Häufigkeiten? Liegt der Häufigkeitsverteilung eine Poisson-Verteilung zugrunde? Der Erwartungswert beträgt µ = 0,94. Die theoretischen Werte lauten: k 0 1 2 3 4 5 80 · Pµ (X = k) 31,3 29,4 13,8 4,3 1,0 0,2 Anhang Behauptung: Es gilt: e−µ = lim n→∞ e = lim k→∞ ( 1 + k1 ) Zu zeigen ist zunächst: n ( 1 − µn ) k e−1 = lim k→∞ ( 1 − k1 ) k k k→∞ k ( 1 − k1 ) Dies folgt aus den Umformungen: e−1 = lim ( 1 − k1 ) µ ( ) =⇒ e−µ = lim k→∞ = ( 1 − k1 ) 1 1 k = ( 1 + k−1 ) kµ 1 1 k−1 1 ( 1 + k−1 ) ( 1 + k−1 ) Mit n = k µ folgt die Behauptung. Der Erwartungswert einer Poisson-Verteilung ist offensichtlich E(X) = µ. µ Für die Varianz gilt: V (X) = lim n · p · (1 − p) = lim µ · ( 1 − n ) = µ. n→∞ n→∞ p= µ n Die Varianz ist also genauso groß wie der Erwartungswert. (k ≥ 2)