Praxis: Rothenbaumchaussee 7, 20148 Hamburg 3. Internationales Symposium Forensische Psychiatrie Zürich – 8.-10. Juni 2011 Paraphilien / Störungen der Sexualpräferenz Diagnostik, Ätiologie, Behandlung & Prognose PD Dr. med. Andreas Hill Paraphilie (DSM-IV) •! Wiederkehrende, intensive sexuell erregende Phantasien, sexuell dranghafte Bedürfnisse od. Verhaltensweisen, bezogen auf –! nicht-menschliche Objekte –! das Leiden oder die Demütigung von sich selbst oder eines Partners –! Kinder oder andere nicht-einwilligende bzw. nichteinwilligungsfähige Personen •! Dauer: mindestens sechs Monate •! Obligat oder episodisch •! Leiden oder Beeinträchtigung in sozialen, beruflichen oder anderen Lebensbereichen Klassifikation DSM-IV •! •! •! •! •! •! •! •! •! Fetischismus transvestitischer Fetischismus Exhibitionismus Voyeurismus Pädophilie sexueller Masochismus sexueller Sadismus Frotteurismus nicht näher bezeichnete Paraphilie DSM-V? •! Hypersexual disorder •! Coercive paraphilic disorder •! Pedohebephilic disorder Häufig liegen mehrere Paraphilien vor! (Abel et al. 1988) Paraphilie Kriterien für Schwere einer Paraphilie 1. Progredienz nach Giese u. Schorsch oder Paraphilie mit Paraphilie-verwandter Störung (PRD) 2.! Sadismuskritierien - sexueller Sadismus - sadistische Persönlichkeitsstörung - forensisch diagnostizierter Sadismus (Knight & Prentky) Progredienz A.! Progredienz (nach Giese 1962 und Schorsch 1971) –! Periodische Akzentuierung eines dranghaft gesteigerten sexuellen Verlangens mit innerer Unruhe –! Starke sexuelle Fantasiebesetzung –! Progression im Längsschnitt –! Kürzere Abstände zwischen Manifestationen –! Signalhafte Auslöser der sexuellen Handlungen –! Autoerotische Fixierung mit hoher Masturbationsfrequenz –! Wunsch nach Behandlung Progredienz B. Paraphilie mit paraphilie-verwandter Störung / Hypersexualität (Kafka & Hennen 1999, Kafka 2010): Nach Erscheinungsbild nicht-paraphile Sexualität, die durch exzessive Manifestation und klinisch relevantes subjektives Leiden bzw. psychosoziale Beeinträchtigungen Störungscharakter erhält: –! Masturbation –! Promiskuität –! Pornographie, Telefon- oder Cybersex Wichtige Differenzierung •! Sexualstraftäter haben häufig keine Paraphilie (z.B. Pädophilie, Sadismus) •! Patienten mit Paraphilien sind nicht gleichzusetzen mit Sexualstraftätern. •! Viele empirische Untersuchungen beziehen sich auf Sexualstraftäter! Andere psychische Störungen bei bei sexueller Delinquenz Lifetime prevalence % Substance use 60-85 Mood disorders 60 Anxiety disorders esp. social phobia 25-65 Impulse control 30-38 ADHD (retrospecitive) 30 Personality disorders –!Antisocial PD 50 –!Borderline PD 30 –!Avoidant PD 20 Ätiologie Biologie: Gene, Hirnschädigung, Hormone, Neurotransmitter, „Konstitution“ Sexuelle Devianz u./o. Gewalt Proximale Ursachen: Lebenskrisen (Arbeit, Partnerschaft); Stimulation bzw. Enthemmung, z.B. Alkohol o. Drogen, Pornographie Distale Ursachen: Frühsozialisation, Bindung, Traumata u. Identifizierungen / Lernen am Modell (Pornographie?) Methodische Probleme •! Nahezu ausschließlich Untersuchungsstichproben aus dem forensischen Kontext •! Z.T. ungenaue Diagnostik •! Kaum Vergleichbarkeit vieler Einflußgrößen (IQ, Vorstrafenbelastung, Haftdauer ....) –! Schlussfolgerungen hinsichtlich Paraphilien kaum möglich Familiäre Belastung Genetische Ursachen? •! Nur eine Studie: Erhöhtes Risiko für Paraphilien bei Angehörigen 1. Grades von Patienten mit Pädophilie und anderen Paraphilien im Vgl. zu depressiven Pat. (Gaffney et al. 1984) •! Bei Männern mit XYY-Syndrom i.Vgl. zu Männern mit XXY (Klinefelter-Syndrom) und einer Normalgruppe häufiger unkonventionelle sexuelle Aktivitäten und Phantasien (Krueger u. Kaplan 2001); bei sexuellen Tötungen in 3/166 Fällen (Briken et al. 2006) Neurotraumatologische Befunde bei sexueller Devianz •! Unfälle in der Kindheit mit Bewusstlosigkeit (vor 6 Lj.) sind mit niedrigem Intelligenzniveau, schlechterem Bildungsstand u. Pädophilie assoziiert (Blanchard et al. 2002). •! Erklärungsmöglichkeiten: –! Traumatische zentralnervöse Beeinträchtigungen in der Kindheit führen zum Auftreten einer Pädophilie –! Eine vorbestehende Entwicklungsstörung begünstigt sowohl die Neigung zu Unfällen als auch zur Pädophilie –! ADHD als mögliches Bindeglied zwischen Entwicklungsstörung, Unfallneigung und Pädophilie ! ADHD gehäuft bei pädophilen Pat. (Kafka u. Hennen 2002) u. Sexualstraftätern (Blocher et al. 2001, VaihKoch et al. 2001) ! Cerebrale Bildgebung Neurobiologische Erklärungsmodelle für Pädophilie bzw. pädosexuelle Handlungen: 1.! Störungen der Exekutivfunktionen des Frontalhirns (Disinhibition) 2.! Störungen des temporolimbischen Systems (z.B. gesteigertes sexuelles Verlangen und verminderte Hemmung durch Amygdala) 3.! Duale Dysfunktion des Frontalhirns und des Temporolimbischen Systems 4.! Störungen der Verbindungen zwischen Hirnbereichen, die für die Motivationsbildung, emotionale Verarbeitung und Kontrolle über sexuelle Impulse wichtig sind (Cantor et al. 2008, Briken et al. 2010) Kognitiv-behaviorale Erklärungsmodelle •! Klassische Konditionierung: Paarung von sexueller Stimuliertheit (=unbedingter Reflex) mit ungewöhnlichen Reizen (=bedingter Reflex) ! empirisch nur selten nachweisbar •! Positive Verstärkung durch Lustgefühl •! Störung der Bindung (und damit von Intimität und Empathie) •! Sexualität als Copingmechanismus (Selbsttröstung) •! Kognitive Verzerrungen (Selbsttäuschungen) tragen zur Aufrechterhaltung bei (insbes. bei Sexualstraftätern) Fünf-Pfade Modell (Ward & Siegert 2002) Vergewaltigung Kindesmissbrauch Intimitäts-Defizit sex. Erregungsmuster Antisozialität emotionale Dysregulation multiple Dysfunktionen Psychoanalytische Theorien Integrierende, praxisnahe Übersicht bei Berner 2011: Perversion nach Stoller (1978) •! Perversion ist die erotische Form der Feindseligkeit. •! In der Perversion wird ein traumatisches Kindheitserlebnis in einen lustvollen Triumph umgewandelt. •! Das Risiko dient zur Steigerung der Erregung (Angstlust). Kernkomplex (Glasser 1979, 1986) Unerträglicher Konflikt zwischen 1.!tiefen Verschmelzungswünsche mit der Mutter, die Auflösung des Selbst (Identitätsverlust) bedeuten und 2.!Getrenntheit von Mutter, was unerträgliche Einsamkeit und Angst bedeutet Ausweg aus diesem „Mutterkomplex“: !Sexualisierung der gegen die Mutter gerichteten Aggression Integrierte psychoanalytische Perversionstheorie (Berner 2011) Definitionselemente Verlaufsmerkmale Strukturmerkmale Fetischbildung Perversion als Plombe Neurotische Struktur Sadomasochistischer Beziehungsmodus Perversion als Impulsdurchbruch Borderline-Struktur PartialtriebLustelemente Perversion als Sucht oder Zwang Psychotische Struktur (Realitätskontrolle, Identitätsgefühl, Abwehrmechanismen) Bindungsstile bei sexueller Devianz (Rathbone 2001, Marshall et al. 1999) •! Bei (nicht-klinischen) Sadomasochisten: 0% sicherer Bindungsstil vs. 55% bei Kontrollen (Leser einer Wirtschaftszeitung) •! Sexualstraftäter insges. zeigen seltener sicheren Bindungsstil •! Kindesmissbrauchstäter: häufiger ängstlicher und verstrickter Bindungsstil •! Vergewaltigungstäter und Täter mit gewalttätigeren Delikten: häufiger abweisender Bindungsstil Traumatisierungen: selbst erlebter sexueller Missbrauch •! Eigene sexuelle Missbrauchserfahrung erhöht das Risiko später selbst Kinder zu missbrauchen •! Aber: keineswegs zwingender Zusammenhang oder notwendige Ursache!!! •! Prospektive Studie: von 224 missbrauchten Jungen wurden 12% selbst zu Missbrauchstätern ! im Vgl. zur Allgemeinbevölkerung deutlich erhöhtes Risiko (Salter et al. 2003) Weitere Risikofaktoren waren: –! Materielle Vernachlässigung und Mangel an Beaufsichtigung –! Eigener Missbrauch durch eine weibliche Person –! Zeuge heftiger innerfamiliärer Gewalt –! Grausamkeit gegenüber Tieren Wann kann die paraphile Symptomatik dekompensieren? (proximale Ursachen) •! Bei Reaktualisierung früherer, traumatischer Erlebnisse (Ohnmacht, Entwertung, Zurückweisung, z.B. Verlust von Arbeit, Partnerschaftskrisen, Geburt eigener Kinder: Pat. wird an eigene Entbehrungen als Kind erinnert und gleichzeitig wendet sich die Partnerin vermehrt dem Kind zu ! Neid) •! Einsamkeit, Langeweile •! Selbsttröstende Phantasien mit Aspekten von Rache und Dominanz (Narzisstischer Triumph) •! Phantasie reicht nicht mehr aus. Elemente davon „müssen“ realisiert werden. •! Enthemmung durch Alkohol und Drogen, Pornographie Grundannahmen Gründliche Diagnostik Integration verschiedener therapeutischer Möglichkeiten Diagnostik: (Sexual-)Anamnese •! Umgang mit Sexualität in der Familie •! Frühe Erfahrungen (Doktorspiele) •! Körperliche Entwicklung (bes. Pubertät) •! Sexuelle Praktiken, Wünsche u. Fantasien •! Entwicklung von Geschlechtsidentität u. sexueller Orientierung •! Partnerschaftliche Kontakte u. Beziehungen •! Pornographiekonsum, Prostituiertenbesuche •! Sexuelle Funktionsstörungen •! Eigene traumatische Erlebnisse •! Konsum von sexuellen Stimulantien, Alkohol, Drogen •! Ggf. Sexuelle Übergriffe / Straftaten •! Allgemeine biographische u. psychiatrisch-somatische Anamnese, dissoziale Entwicklung? (Komorbidität!) (Hill et al. 2005) Weitere Diagnostik •! Ggf. Fremdanamnese (Partner, Eltern) •! Ggf. Akteninformationen (bei Sexualstraftätern, z.B. Bundeszentralregister-Auszug) •! Testpsychologische Untersuchungen: z.B. Multiphasic Sex Inventory (MSI), Intelligenz- und Persönlichkeitstests, Psychopathy Checklist (PCL-R), evtl. projektive Tests (Rorschach, Picture-Frustration-Test) •! Prognose-Instrumente zur Risikoabschätzung (z.B. SVR-20, Static-99, HCR-20) •! Penisplethysmographie zur Objektivierung sexueller Devianz (umstritten) •! Somatische Abklärung (körperliche Untersuchung, ggf. Hormone, CCT/MRT, EEG, Chromosomen u.a.) Diagnostik Neuro-physiologische and neuro-psychologische Tests: •! Penisplethysmographie •! Visuelle Reaktionszeit (Visuelle Fixationszeit) •! Stroop Test •! Impliziter Associations-Test •! ... •! Zukunftig: functionelles MRI ?? Fragebogen: •! Card Sort Test, Sexual Interest Card Sort Questionnaire •! Clarke Sexual History Questionnaire •! Multiphasic Sex Inventory Risikobeurteilung / Prognose •! •! •! •! •! •! •! •! Static99 (Hanson u. Thornton) SORAG (Quinsey, Rice u. Cormier) JSOAP und ASOAP (Prentky et al.) SVR-20 (Boer et al.) SONAR (Hanson u. Harris) FOTRES (Urbaniok) for antisocial personality traits: PCL-R (Hare) SAPROF (de Vogel et al.) Penisplethysmographie = Phallometrie •! Messung der sexuellen Erregung anhand des Penisumfangs (Quecksilber oder Indium-Gallium gefüllter Gummi-Ring) oder –volumens (Druckmessung in Glaszylinder) •! visuelle oder auditive sexuelle Stimuli Penisplethysmographie = Phallometrie •! Volumetrie besser geeignet bei sog. lowrespondern (<10% einer vollen Erektion) (Kuban et al. 1999), aber umständlicher, wenig gebräuchlich •! Pädophilie-Index max. Erregung auf pädosex. Stimuli = ___________________________________ max. Erregung auf erwachsene sex. Stimuli Penisplethysmographie = Phallometrie Test-Retest-Reliabilität: 0.53-0.88 (Launay 1994); 0.29-0.53 (Kalmus & Beech 2005) Sensitivität / Spezifität: •! Täter mit (sex.) Kindesmissbrauch: bei 98% Spezifität ! 50% Sensitivität (Seto 2001) •! Täter mit intrafamiliärem Kindesmissbrauch: bei 95% Spezifität ! 68% Sensitivität •! Täter mit extrafamiliärem Kindesmissbrauch: bei 95% Spezifität ! 65% Sensitivität (Barsetti et al. 1998, Launay 1999) Penisplethysmographie = Phallometrie •! Sensitivität geringer bei Missbrauchstätern, die pädosexuelles Interesse leugnen (61%), im Vgl. zu Missbrauchstätern, die pädosexuelles Interesse einräumen (92%) (Seto 2008) •! Bsp. für Problematik der Spezifität: In einem Vergleich von Kindesmissbrauchern mit gesunden Kontrollprobanden zeigen 28% der Kontrollgruppe einen Pädophilie-Index von ! 1 (Firestone et al. 2000) Penisplethysmographie = Phallometrie Prädiktive Validität (bzgl. neues Sexualdelikt): •! Phallometrisch gemessene sexuelle Präferenz für Kinder als bester einzelner Prädiktor (r=0.32) für neues Sexualdelikt in Meta-Analyse (Hanson & Bussière 1998, Hanson & Morton-Bourgon 2004, 2005) •! Aber: Wiederholungsmessungen korrelieren nicht mit Rückfälligkeit ! Gewöhnungs- oder Manipulationseffekt? (O’Donohue und Letourneau 1992, Launay 1999) Penisplethysmographie = Phallometrie Im Rahmen von Therapie: •! Aufdeckung und Bearbeitung von Leugnungs- und Bagatellisierungstendenzen (Travin et al. 1988, O’Donohue & Letourneau 1992) •! Aber: falsch negatives Ergebnis könnte Abwehrmechanismen noch bestärken. Penisplethysmographie = Phallometrie Probleme und Kritik: •! Fehlende Standardisierung (Stimuli, Prozeduren, Datenanalyse) (Howes 1995) •! Relativ niedrige Reliabilität •! Manipulationsmöglichkeit („faking“, Unterdrückung von genitaler Reaktion einfacher als Steigerung) ! Kontrolle bzw. Reduktion von faking durch Eyetracking, Semantic tracking task (z.B. Knopf drücken bei sexuellem Inhalt) •! Intrusive Prozedur (Genitalbereich) •! Ethische Probleme: –! Benutzung von kinderpornographischem Material (! digital erstellte visuelle Stimuli, auditive Stimuli) –! Stimulierung pädosexueller Tendenzen bei Probanden Rollenspiel Sexualanamnese Psychotherapie bei Paraphilien und sexueller Delinquenz Schmuckers Metaanalyse: Behandlungseffekte insgesamt % 50,0 Behandlungsgruppen Kontrollgruppen 40,0 32,5 30,0 22,4 17,5 20,0 11,8 11,1 6,6 10,0 0,0 sexuell (74) Gewalt (20) jede Straftat (49) Rückfallbereich (Anzahl der Vergleiche) Schmucker 2007, Lösel und Schmucker 2005) Wirksamkeit kognitiv-behavioral (35) 1.45 rein behavioral (7) 2.17 einsichtsorientiert (5) 0.98 therap. Gemeinschaft (8) 0.85 andere (5) 0.93 hormonal (6) 3.13 chirurg. Kastration (8) 0.1 14.29 1 10 100 Odds Ratio Metaanalyse (n=22.181, Lösel und Schmucker, 2005) Paradigmenwechsel in der Sexualstraftäterbehandlung? Rockwood Psychological Services Program (Marshall et al. 2011): •! positive therapeutische Haltung: Therapeuten zeigen Wärme, Empathie und Unterstützung für die Pat./Straftäter •! Unterstützung für gesunde, prosoziale Lebensführung: Förderung von Selbstwertgefühl, Reduzierung von Scham, Aufbau persönlicher Stärken und Resilienz (Good Life Model, positive Psychologie, Ressourcenorientierung) •! Abkehr von Fokussierung auf Deliktbearbeitung und Rückfallvermeidungsplänen •! Kritik an zu starker kognitiver Ausrichtung von CBT •! Ziele: nicht nur Reduzierung von Kriminalität, sondern Förderung von Wohlbefinden Veränderungsfördernde Therapeutenmerkmale (Marshall et al. 2011) •! Empathie •! Wärme •! Aufrichtigkeit / Echtheit / Ehrlichkeit •! Respekt •! Unterstützung •! Zuversicht •! Emotionale Ansprechbarkeit / Expressivität •! Selbstoffenbarung •! •! •! •! •! •! •! •! Offene Fragen Direktiv Flexibilität Förderung aktiver Mitarbeit Belohnend / ermutigend Humor Unterstützend fordernd Interesse Good Lives Model 1.! 2.! 3.! 4.! Gesundheit - Ernährung und Bewegung „Meisterhaftigkeit“ (Beherrschung) – in Arbeit & Spiel Autonomie – Selbstbestimmung Beziehungen – Intimbeziehung, Familie, Freunde, Verwandtschaft, Gemeinde 5.! Innerer Friede – Freiheit von Unruhe, Stress; Gefühl von zweck- und sinnvollem Leben 6.! Wissen und Kreativität – Befriedigung durch Lernen und Erschaffen von Dingen (Arbeit, Hobbies, Musik, Schreiben ...) (Marshall et al. 2011, Ward & Mann 2004) RPS Primary Program Phase 1: Engagement •! Überblick über Behandlung •! Schweigepflicht •! Hintergrundfaktoren •! Förderung von Selbstwertgefühle, Reduzierung von Scham •! Verbesserung von Coping und „Stimmungsmanagement“ (Emotionsregulation) •! Erweiterung von Empathie RPS Primary Program Phase 2: Modifizierung kriminogener Faktoren Modifizierung kriminogener Faktoren I 1. Einstellungen, Kognitionen •! deliktfördernde Einstellungen (Männer sollen Frauen dominieren, feindselige Einstellungen gegenüber Frauen; Kinder als sexuelle Personen) •! Emotionale Identifikation mit Kindern •! Antisoziale Einstellungen •! Selbsteinschätzung als nicht-rückfallgefährdet •! Anspruchshaltung 2. Selbst-Regulation •! defizitäre Verhaltensregulation •! defizitäres Coping / Problemlösung •! Emotionale Dysregulation Modifizierung kriminogener Faktoren II 3. Beziehungsprobleme •! Intimitätsdefizite •! Fehlende BeziehungsFähigkeiten •! Maladaptive Bindungsstile •! Emotionale Einsamkeit 4. Sexuelle Faktoren •! Mangelndes sexuelles Wissen •! Deviantes / paraphiles sexuelles Interesse •! Sexuelle Anspruchshaltung •! Sexuelle Preokkupation RPS Primary Program Phase 3: Lebensförderung & Selbstmanagement •! Good Live Model •! Vermeidungsstrategien (eingeschränktes Repertoire) •! Aufbau von Unterstützungsgruppen •! Entlassungsplan Wirksamkeit des Rockwood Psychological Services ( RPS) Primary Programs Follow-Up 8,4 J. (n=535) Rückfälle bei Behandelten Erwartete Rückfälle (Static-99, RRASOR) Sexualdelikte 5,6 % 23,8 % Andere Gewaltdelikte 8,4 % 34,8 % (Marshall et al. 2011) Behandlungsziele im SOTP! •! Die Übernahme von Verantwortung für das eigene Verhalten, insbesondere die Straftat •! Die Stärkung der Motivation des Gefangenen, aktiv an der Vermeidung von Rückfällen mitzuarbeiten •! Die Verbesserung der Empathiefähigkeit für das / die Opfer seiner Tat(en) •! Die Entwicklung sozialer und kognitiver Fähigkeiten, die der Täter für ein Leben ohne Sexualstraftaten benötigt Wirksamkeit des Sex Offender Treatment Program (SOTP) •! SOTP wurde seit 1990 in England entwickelt und in 25 Gefängnissen gleichzeitig erprobt. 647 Behandelte wurden mit 1910 Unbehandelten aus früheren Jahren verglichen. Rückfälle bei Behandelten Rückfälle bei Unbehandelten Medium low risk 2,7 % 12,7 % Medikum high risk 5,5 % 13,5 % Risikolevel Zentrale Behandlungsmethoden im SOTP •! Kognitive Umstrukturierung •! Modelling •! Positive Verstärkung Kognitive Umstrukturierung Wichtig: •! Angemessene Form der Fragenformulierung •! Ein ermutigender und unterstützender Behandlungsstil Kognitive Umstrukturierung Das sokratische Fragen ist nicht feindlich und unterstützt das „Selberdenken“. Zu vermeiden sind: –! Geschlossene Fragen –! Fragen, die Annahmen beinhalten –! Suggestivfragen –! Konfrontationen Modelling •! Angemessen mit Kritik umgehen, nicht vom Thema ablenken oder unterbrechen •! Nicht vor unangenehmen Aufgaben zurückschrecken •! Fehler zugeben •! Angemessenes Lob akzeptieren •! Andere angemessen loben •! Nicht über das eigene Leben, die Gesellschaft im allgemeinen oder den Job lamentieren. Stattdessen deutlich machen, dass man selbst für das eigene Leben verantwortlich ist. •! Versprechungen sind einzulösen Umgang mit Verleugnung Es wurden insgesamt fünf Faktoren identifiziert, die das Aufgeben von Verleugnungen erleichtern: " 1.! Ein vertrauensvolles Klima 2.! Ex-Verleugner als Rollenmodelle 3.! Beseitigung der Angst von Negativkonsequenzen, wenn die Straftat eingestanden wird 4.! Herausarbeiten der positiven Konsequenzen, wenn das Delikt eingestanden wird 5.! Ermutigung, das Delikt einzugestehen Kognitive Verzerrung Beispiel: Geschwindigkeitsübertretung Ich fahre mit einem neuen, schnellen Auto auf einer wenig befahrenen, gut ausgebauten Straße. Die Sicht ist hervorragend. Ich überschreite die Geschwindigkeitsbegrenzung erheblich. Definition: Ich lege mir die Dinge so zurecht, dass sie für mich passen, damit ich mein Verhalten rechtfertigen kann und es nicht ändern muss. Kognitive Verzerrung Ziele: •! Vermitteln des Konzeptes kognitiver Verzerrungen •! Gruppenmitglieder erkennen eigene charakteristische kognitive Verzerrungen. •! Gruppenmitglieder stellen einen ersten Zusammenhang her zwischen Verleugnung und Minimalisierung als verzerrte Denkweisen in Verbindung mit Sexualstraftaten. Beispiele kognitiver Verzerrungen Kindesmissbrauch Vergewaltigung Ich hätte aufgehört, wenn sie „nein“ gesagt hätte. Im Gerichtssaal war sie völlig ruhig und gelassen. Wenn sie die Tat wirklich belasten würde, dann wäre sie mehr durcheinander gewesen. Sie war sexuell sehr erfahren. (über ein 13-jähriges Mädchen) Ich bin selbst als Kind durch meinen Onkel sexuell missbraucht worden. Es hat mir nicht geschadet. Ich hab´ viele Sachen gemacht, mit denen die Frauen anfangs nicht einverstanden waren. Später haben sie es dann alle genossen. Nur diese beiden Frauen haben das falsch verstanden. Wo ist das Problem mit meinem Verhalten, wenn es den meisten Frauen gefällt? Sie war immer sehr aufreizend gekleidet und hatte zahllose Bekanntschaften. Normalerweise war sie nicht so zimperlich. Bearbeitung kognitiver Verzerrungen Ziele: •! Dem Täter Erklärungen für kognitive Verzerrungen bei Sexualdelikten liefern (allgemeine Beispiele, z.B. Geschwindigkeitsübertretungen) •! Den Täter über die Auswirkungen von Sexualdelikten auf die Opfer informieren (auf neutrale, nicht verurteilende Art und Weise) •! Den Täter beim Erkennen eigener kognitiver Verzerrungen unterstützen •! Übungen, die den Täter beim Erkennen und Beseitigen kognitiver Verzerrungen unterstützen Bearbeitung kognitiver Verzerrungen Wie werden kognitive Verzerrungen bearbeitet? •! •! •! •! •! •! Alternativen darstellen / modellieren Alternative / realitätsgerechtere Aussagen des Täters verstärken Im Rollenspiel die Argumente der Gegenseite vertreten Den Selbstwert steigern Selektive Reflektion nutzen Unterstützung der Gruppe nutzen Bearbeitung kognitiver Verzerrungen Wie kann die Gruppe zur Bearbeitung kognitiver Verzerrungen genutzt werden? •! Modellieren, wie Fragen gestellt werden •! Das Fragen von Gruppenteilnehmern verstärken •! Diejenigen Gruppenteilnehmer loben, die sich aufrichtig mit ihren kognitiven Verzerrungen auseinandersetzen •! Falls keine Beiträge von der Gruppe kommen, kognitive Verzerrungen direkt bearbeiten Die Bearbeitung von kognitiven Verzerrungen funktioniert am besten nach der sokratischen Methode: Wir sind eher bereit, Erkenntnisse zu akzeptieren und zu integrieren, die durch eigenes logisches Denken erworben wurden. Das heißt: Belehren und Streiten funktioniert eher schlecht. Bearbeitung kognitiver Verzerrungen Ich hab´ es nicht getan. Gehen Sie im Detail mit dem Täter durch, was er bereit ist zuzugeben. Wieweit war er tatsächlich involviert? Konfrontation mit der Aktenlage (ohne dass der Täter das Gesicht verliert). Warum ist der Tatablauf im Urteil anders dargestellt? Warum hat das Opfer andere Angaben gemacht? Es ist wichtig, so viel Informationen wie möglich über die Tat zu haben. Es kann auch hilfreich sein zu explorieren, was genau hinter der Aufrechterhaltung der Verleugnung steht, z.B. die Angst, die Partnerin zu verlieren. Das Kind hat mich darum gebeten, es zu tun. Fragen Sie den Täter, ob er einem Kind eine Flasche Schnaps oder eine geladene Pistole geben würde, wenn es ihn darum bäte. Fragen Sie ihn, warum er so etwas nicht machen würde. Lassen Sie ihn Parallelen zum sexuellen Missbrauch ziehen. Aktive Deliktdarstellung •! Erklärung des Entscheidungsketten–Modells •! Wichtig: Gruppenmitglieder sollen richtige Zusammenhänge zwischen Situationen, Gedanken sowie Gefühlen und Verhaltensweisen erkennen: Gedanken steuern Gefühle und Verhaltensweisen, nicht Situationen. •! Die Straftaten werden anhand dieses Modells exploriert, die Teamer erstellen am Flipchart die Entscheidungskette. Passive versus aktive Deliktdarstellung: Vergewaltigung 1.! 2.! 3.! 4.! 5.! 6.! 7.! 8.! 9.! Meine Frau hat wieder mal Zoff angefangen, und da bin ich in die Kneipe gegangen... Meine Kumpels waren am Feiern und haben sich ganz schön was eingeschenkt. Es waren auch einige Mädels da, die offensichtlich Spaß haben wollten. Als die Kneipe zugemacht hat, wollte ich noch was essen gehen, eins der Mädels ging in dieselbe Richtung. Ich sprach sie an, sie war sehr freundlich. Sie hat es wirklich nötig gehabt, und so landeten wir hinter dem nächsten Gebüsch. Ich zog sie aus. Sie hat nichts dagegen gesagt. Ich hatte Sex mit ihr. Sie hat es genossen. Sie wollte mich wieder treffen. Als ich sie das nächst mal in der Kneipe sah, hat sie die Polizei gerufen und mich der Vergewaltigung bezichtigt. Es war unfassbar. 1.! 2.! 3.! 4.! 5.! 6.! 7.! Meine Frau wollte nicht, dass ich in die Kneipe gehe. Wir hatten Streit deswegen und ich bin aus dem Haus gestürmt. Ich wusste, dass ich auf diesem Wege so oder so in die Kneipe komme. Ich habe stark getrunken. Ich dachte, ich würde es meiner Frau schon zeigen. Als die Kneipe schloss, beschloss ich, einer der Studentinnen zu folgen. Ich wählte die, die stadtauswärts ging. Ich fragte sie nach der Uhrzeit, doch sie war sehr abweisend, was mich verärgert hat. An der nächsten einsamen Ecke hab ich ihr an die Kehle gefasst und ihr eine reingehauen, sie wurde ganz benommen, ich begann sie auszuziehen. Dann hatte ich Sex mit ihr. Sie bat mich, sie nicht zu verletzen. Ich fühlte mich gut. Ich ließ sie gehen, als sie mir bestätigte, dass ich ihr nicht weh getan hatte. Als ich das nächste Mal in der Kneipe war, erzählte ich, wie leicht es war, die Kleine rumzukriegen. Als die Polizei erschien dachte ich, ihre Aussage steht gegen meine, ich brauche die Vergewaltigung nur zu leugnen.! “Altes Ich” versus “Zukünftiges Ich”! Altes Ich Zukünftiges Ich •! Herausarbeiten devianter sexueller Interessen / Erregungsmuster •! Vertieftes Verständnis über Defizite und unrealistische Erwartungen in Beziehungen •! Vertieftes Verständnis über einen problematischen impulsiven Lebensstil •! Herausarbeiten selbstrechtfertigender und deliktrechtfertigender kognitiver Verzerrungen und Ersetzen durch prosoziale Ansichten •! Verstärken der Motivation, nichtdeviante sexuelle Interessen zu entwickeln. •! Unterstützung bei der Bewertung der Entwickeln realitätsgerechter BeziehungsErwartungen •! Erarbeitung neuer, funktionaler Denkmuster •! Gelegenheit geben zur Neubewertung und Neuformulierung von Lebenszielen Die Hamburger ambulante Gruppe •! Warming-up: Jeder Patient erzählt, was in der letzten Woche geschah. •! Therapeuten wählen ein oder zwei Themen, die relevant scheinen entsprechend einer Hierarchie von Gefährlichkeit oder aufgrund einer Affektlage, die die Gruppenmitglieder verbindet. •! Durcharbeiten •! Schlussrunde: Wie habe ich mich heute gefühlt? Priorität der Themen in der Gruppentherapie! •! Gedanken die Therapie abzubrechen •! Gefährdungssituationen (z.B. Nähe zu Kindern suchen) •! Arbeit am Deliktszenario •! Arbeit an der Empathie mit dem Opfer •! Soziale Selbstbehauptung und Einbindung •! (sexuelle) Beziehungen zu PartnerInnen unter Berücksichtigung des Intimitätserlebens •! Eigene Opfer- und Missbrauchserfahrung (der Weg vom Opfer zum Täter) Pharmakotherapie Wirksamkeit von Therapie 1.45 2.17 0.98 0.85 0.93 3.13 14.29 Meta analysis (n=22.181, Lösel und Schmucker, 2005) Ideale Pharmakotherapie für Sexualstraftäter und Patienten mit Paraphilien •! Behandlung der beteiligten Störungen (z.B. Angststörung, depressive Störung, Persönlichkeitsstörungen) •! Selektive Unterdrückung von paraphilen Bedürfnissen, Fantasien und Verhalten •! Nicht-Beeinträchtigung der nicht-paraphilen Sexualität •! Keine unerwünschten Nebenwirkungen Überblick SSRI Naltrexon CPA LHRH Agonisten Was, wann, für wen? Sexualdelinquenz! •!Paraphilien •!Angststörungen •! emotional instabile Serotonerges Persönlichkeitsst. Defizit?! •!Impulskontrollstörungen! Selektive SerotoninWiederaufnahmehemmer (SSRI)! SSRIs bei Paraphilien Wirksamkeit •! keine doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studien •! Eine kontrollierte Untersuchung zu „Compulsive Sexual Behavior“ •! keine längeren Katamnesen •! keine Unterschiede zwischen verschiedenen SSRIs (Greenberg u.a. 1996) •! Wirkung nach 2-4 Wo. (Maximum nach 2-3 Mo.) SSRIs bei Paraphilien Häufigkeit von Masturbation mit paraphilen Fantasien in Abhängigkeit von der Behandlungsdauer mit SSRI (n = 16). Depressivität und Selbstwert im Behandlungsverlauf (n = 16). Kraus et al. , Fortschr Neurol Psych 2007 Sexuelle Funktionsstörungen, Behandlungszufriedenheit Sexuelle Funktionsstörungen •! gesamt: 12 (75 %) •! Lustlosigkeit: 11 •! Erektionsstörung: 6 •! Verzögerte Ejakulation/ Orgasmus: 6 Kraus et al. , Fortschr Neurol Psych 2007 Naltrexon (Ryback 2004) •! langwirksames Opioid •! Anwendung bei –! Alkohol/Drogenabhängigkeit –! Impulskontroll- und Borderline-Pers.stör. •! Bestimmte endogener Opioidspiegel notwendig für sexuelle Erregbarkeit •! Aber: hohe Dosen von Opioiden hemmen die Dopaminausschüttung! •! Offene, prospektive, unkontrollierte Studie mit 21 jugendlichen Sexualstraftätern (Sex. Missbrauchstäter) mit Hypersexualität (~PRD) •! Naltrexon: Ø 170 mg/d (100-200 mg, einschleichend mit 50 mg/d) •! Erfolg (30% Reduktion sex. Fantasien u. Masturbation über mindestens 4 Monate) •! Am ehesten für Patienten mit komorbider Suchterkrankung? Cyproteronacetat (Androcur#) Wirkmechanismus 1.! blockiert Androgen-Rezeptoren an Zielorganen (kompetitiver Inhibitor von Testosteron u. DHT) 2.! reduziert die Sekretion von LHRH, dadurch: " Reduktion des Plasma-Testosterons " Reduktion von Sexualität (Fantasien, Verlangen, Erregbarkeit, Erektionen, Ejakulation, Masturbation und Koitus) und Spermaproduktion Wirksamkeit von Cyproteronacetat •! Reduktion von sexuellem Interesse, Aktivität und Erregbarkeit (auch in Penisplethysmographie) in kontrollierten Studien (z.B. Bradford u. Pawlak 1993), aber: keine längeren Katamnesen •! keine spezifische Reduktion der paraphilen Sexualität •! Angeblich Reduktion der Rezidivrate bzgl. Sexualstraftaten (z.T. auch nach Absetzen); aber: bisher nur unkontrollierte Studien LHRH-Agonisten Wirkmechanismus Pharmakotherapie LHRH Studie I Treatment of paraphilia with LHRH Agonists; Briken et al., J Sex & Marital Ther 2001 4 3,5 Intensität 3 2,5 Erektion Masturbationshäufigkeit deviante Phantasien 2 1,5 1 0,5 0 baseline 3 Monate 6 Monate 12 Monate Zeit #$%$!&'()*+,-)!-.+,/01*'!01+!230./04(,3-.02-5,*+63-!&1,-.)0,*7-!85! &)9.(65.!:;<&=!*/!9-5,+63+2.063*'-)!%05/>! Rezidivraten •! CPA: keine kontrollierten Untersuchungen, Rezidive 0-33% (MW 6%); 10 Studien (N=127) (Meyer & Cole 1997) •! MPA (Medroxyprogesteronacetat): z.B. Maletzky et al. 2006 –! Mit Medikation 0% (0/79) –! Abbrecher/Verweigerer 18% (10/55) –! Kein Angebot 15% (21/141) •! LHRH: "1%; N=119 (Briken et al. 2003, 2004), 1 kontrollierte Untersuchung (Schober et al. 2006), aber nicht bezogen auf Rezidivrate •! Cave: Heterogene Gruppen (Diagnose, Setting, Behandlung, Komorbidität, Follow-up Dauer) •!(Methoden-)Kritik: Eher et al. 2007 Wirkungen antihormoneller Therapie ;8-.)?@!A.*4-)!B!A-.)-.>!C5.!<+?63*0,.?!DEED! Nebenwirkungen •! Osteoporose •! Gewichtszunahme •! Damit verbunden erhöhtes Risiko für metabolisches Syndrom •! Infertilität F)!&G3H)'*'4-*,!7()!9-.! A-30)915)'+905-.! Nebenwirkungen antihormoneller Therapie A-30)915)'+905-.I!;<&!DD@J!KL!#$%$!ME@N!K!!! ;8-.)?@!A.*4-)!B!A-.)-.>!C5.!<+?63*0,.?!DEED! Risikofaktoren für Osteoporose •! •! •! •! •! •! Alter Rauchen Alkoholkonsum Antiepileptika wie Carbamazepin Nutritive Faktoren Körperliche Aktivität" Behandlungsalgorithmus leicht! Bei starken devianten Phantasien/Impulsen oder Risiko von Sexualstraftaten! Alle! SSRI! mittel! Patienten:! Bei unzureichender Wirksamkeit und mittlerem bis hohen Risiko für „Hands-on“-Delikte, starker Impulsivität, Aggressivität, ! „Psychopathy“, gefährlicheren Paraphilien (Pädophilie, Sadismus)! CPA! oral, bei problematischer Compliance:! ! intramuskuläre Applikation (i.m.)! schwer! Bei unzu-! reichender Wirksamkeit oder Leberfunktionsstörungen unter CPA ! LHRH (i.m./s.c.)! Bei einem Risiko für gleichzeitigen ! Anabolokamissbrauch! LHRH (i.m./s.c.) + CPA i.m.! + SSRI! Insbesondere ! Bei unzu-! bei ! reichender depressiver, ! Wirksamkeit ängstlicher und ! zwanghafter ! Symptomatik! Psychotherapie (supportiv oder intensiv)! ! +! Pharmakotherapie komorbider Störungen! A.*4-)@!$*11@!A-.)-.>!O!;1*)!<+?63*0,.?!DEEN ! WFSBP Guidelines (Thibaut et al. 2010) LEVEL 1 •! Aim: control of paraphiliac sexual fantasies, •! compulsions and behaviors without impact on conventional sexual activity and on sexual desire Psychotherapy (preferentially cognitive behavioral therapy if available (Level C), no level of evidence for other forms of psychotherapy) LEVEL 2 •! •! •! Aim: control of paraphiliac sexual fantasies, compulsions and behaviors with minor impact on conventional sexual activity and on sexual desire •! May be used in all mild cases (“hands off” paraphilias with low risk of sexual violence, i.e. exhibitionism without any risk of rape or pedophilia) SSRIs: increase the dosage at the same level as prescribed in OCD (e.g. fluoxetine 40 to 60 mg/day or paroxetine 40 mg/day) (Level C) No satisfactory results at level 1 LEVEL 3 •! Aim: control of paraphiliac sexual fantasies, compulsions and behaviors with a moderate reduction of conventional sexual activity and sexual desire •! ‘Hands on’ paraphilias with fondling but without •! penetration •! Paraphliac sexual fantasies without sexual sadism •! No satisfactory results at level 2 after 4-6 weeks of SSRIs at high dosages Add a low dose antiandrogen (e.g. cyproterone acetate 50-100 mg/day) to SSRIs (Level D) •! •! •! •! •! •! •! •! •! •! •! •! •! •! •! •! •! •! •! •! LEVEL 4 Aim: control of paraphiliac sexual fantasies, compulsions and behaviors with a substantial reduction of sexual activity and desire •! First choice: full dosage of cyproterone acetate (CPA): oral, 200-300 mg/day or i.m. 200-400 mg once weekly or Moderate and high risk of sexual violence (severe every 2 weeks ; or use medroxyprogesterone acetate: paraphilias with more intrusive fondling with limited LEVEL 1 50-300 mg/day if CPA is not available (Level C) number of victims) WFSBP Guidelines (Thibaut et al. 2010) If co-morbidity with anxiety, depressive or obsessive No sexual sadism fantasies and/or behavior (if present: •! Aim: control of paraphiliac sexual fantasies, •! Psychotherapy (preferentially cognitive behavioral compulsive symptoms, SSRI’s might be associated with go to level 5) compulsions and behaviors without impact on therapy if available cyproterone acetate (Level C), no level of evidence for Compliant patient, if not: use i.m. form or go to level 5 conventional sexual activity and on sexual desire other forms of psychotherapy) No satisfactory results at level 3 LEVEL 2 LEVEL 5 •! Aim: control of paraphiliac sexual fantasies, compulsions with sexual minor impact on Aim: controlandof behaviors paraphiliac fantasies, conventional activity and on an sexual desire compulsions sexual and behaviors with almost complete •! suppression desire and(“hands activity off” paraphilias •! May be usedofinsexual all mild cases with risk low ofrisk of violence sexual and violence, exhibitionism High sexual severei.e. paraphilias without any risk of rape or pedophilia) Sexual sadism fantasies and/or behavior or physical •! No satisfactory results at level 1 violence Long acting GnRH agonists, i.e. triptorelin or leuprolide acetate 3 mg/month or 11,25 mg i.m. every 3 months (Level C) SSRIs: increase dosage at may the same level asto Testosterone levelsthe measurements be easily used prescribed in OCD (e.g. fluoxetine 40 to 60 mg/day or control the GnRH agonist treatment observance if paroxetine 40 mg/day) (Level C) necessary Cyproterone acetate may be associated with GnRH agonist treatment (one week before and during the first month of GNRHa) to prevent a flare up effect and to No compliance or no satisfactory results at level 4 LEVEL 3 control the relapse risk of deviant sexual behaviour associated with the flare up effect Aim: control of paraphiliac sexual fantasies, LEVEL 6 compulsions and behaviors with a moderate reduction of conventional sexual activity and sexual desire Use antiandrogen treatment, i.e. cyproterone acetate Aim: control of paraphiliac sexual fantasies, •! ‘Hands on’ paraphilias with fondling but without •! (50-200 mg/day per os or 200-400 mg once weekly Add a low dose antiandrogen (e.g. cyproterone acetateor compulsions and behaviors with a complete penetration 50-1002mg/day) SSRIs D) every weeks toi.m.) or, (Level medroxyprogesterone acetate suppression of sexual desire and activity (300-500 mg/week i.m if CPA not available) in addition to Paraphliac sexual fantasies without sexual sadism Most severe paraphilias (catastrophic cases) GnRH agonists (Level D) No satisfactory results at level 2 after 4-6 weeks of No satisfactory results at level 5 •! SSRIs may also be added (No level of evidence) SSRIs at high dosages Verlauf & Prognose Integrierte psychoanalytische Perversionstheorie (Berner 2011) Definitionselemente Verlaufsmerkmale Strukturmerkmale Fetischbildung Perversion als Plombe Neurotische Struktur Sadomasochistischer Beziehungsmodus Perversion als Impulsdurchbruch Borderline-Struktur PartialtriebLustelemente Perversion als Sucht oder Zwang Psychotische Struktur (Realitätskontrolle, Identitätsgefühl, Abwehrmechanismen) Delinquenz-Rückfälligkeit Meta-Analyse (Hanson & Morton-Bourgon 2004, 2005) •! 95 Studien mit 31.216 Sexualstraftätern •! „Time at risk“: 5-6 J •! •! •! •! Neues Sexualdelikt: Neues nicht-sexuelles Gewaltdelikt: Irgendein neues Gewaltdelikt: Irgendein neues Delikt: 13.7 % 14.0 % 25.0 % 36.9 % Meta-analysis: Sexual recidivism (Hanson, Morton-Bourgon & Harris, 2003) Follow-up (time at risk) % (95 % CI) < 5 yrs 14 (13-15) < 10 yrs 20 (19-21) < 15 yrs 24 (22-26) < 20 yrs 27 (24-30) Risk factor categories (Hanson & Morton-Bourgon 2004) Risk factor category effect size d sexual recidivism effect size d violent recidivism Sexual deviancy Antisocial orientation .30 .23 -.05 .51 Sexual attitudes Intimacy deficits .16 .15 .17 .12 Adverse childhood environment General psychological problems Clinical presentation .09 -.02 .02 .21 -.02 .16 Hanson & Morton-Bourgon, 2005: Relevant „dynamic“ risk factors Risk factors effect size d n Deviant sexual preference .31 2769 Sexual preoccupation .39 1119 Dissocial personality disorder .21 3267 Psychopathy (PCL-R) .29 2783 Selfregulation problems .37 2411 Unstable occupational history .22 5357 Hostility .17 1960 21.01.2010 Bewährungshilfe 97/43 Hanson & Morton-Bourgon, 2005: Possible relevant „dynamic“ risk factors „risk factors“ effect size d n Coercion & physical violence at the offence Victim of physical child abuse .09 7221 .10 5490 Victim of sexual child abuse .09 5711 Loneliness, isolation .03 1810 Low self esteem .04 1424 21.01.2010 Bewährungshilfe 98/43 Hanson & Morton-Bourgon, 2005: Questionable „dynamic“ risk factors „risk factors“ effect size d n Lack of victim empathy -.08 1745 Denial of sexual offence .02 1780 Low motivation at the beginning of treatment Slow treatment progress -.08 1786 .14 1118 21.01.2010 Bewährungshilfe 99/43 Rückfälligkeit von Sexualstraftätern in Deutschland (Elz 2001, 2002) time at risk: 6 Jahre Sexuelle Gewaltdelikte (n = 181) Sexueller Missbrauch (n = 77) 8 % $ 13 J. 25 % 14-17 J. Alle $ 13 J. (Auch) einschläg. Rückfall 19 % 22 % Nur sonstiger Rückfall 49 % 31 % Alter des Opfers bei Anlassdelikt Risikofaktoren bei Sexualstraftätern (Elz 2001, 2002) •! •! •! •! •! •! •! •! •! Fremdes Opfer Mehrere Opfer Kindliche Opfer Bei sex. Missbrauch: extrafamiliäre, fremde und männliche Opfer Einschlägige Vorstrafen Dissoziale Entwicklung (v.a. bei Sex. Gewaltdelikten) 1. Sexualdelikt als Jugendlicher/Heranwachsender Exhibitionismus Gewalterfahrung in der Kindheit, nur selten eigene sexuelle Missbrauchserfahrung Alter und neues Sexual- oder Gewaltdelikt 16%! 28%! **! **! Alter bei Entlassung" (n=27) 58%! (n=40) p<.01! (n=23) Hill, Habermann, Klusmann, Berner, Briken; International Journal of Offender Therapy and Comparative Criminology 2007 (im Druck) Alter: ein protektiver Faktor (Harris et al. 2003) Prognoseinstrumente •! Static99 (Hanson u. Thornton): 10 Items ausschließlich statischer Natur, Weiterentwicklung: Static2002 •! SORAG (Quinsey, Rice u. Cormier) 15 Items ausschließlich statisch •! JSOAP und ASOAP (Prentky et al.): 26 bzw. 21 Items statisch und dynamisch, •! SVR-20 (Boer et al.): 20 Items, statische und dynamisch-veränderbare Faktoren •! SONAR (Hanson u. Harris): ausschließlich dynamische Faktoren (einschließlich Therapieeffekte): Intimitäts-Defizite, negative soziale Einflüsse, Einstellungen, Selbstkontrolle (im sexuellen und nicht sexuellen Bereich), akute Risikofaktoren (Substanzgebrauch, negative Stimmungslage, Wut, leichte Verfügbarkeit von möglichen Opfern) •! FOTRES (Urbaniok et al.): computergestütze (online) Beurteilung. Integriert „strukturelles“ Risiko und prinzipiell veränderbare Faktoren einschließlich Therapieeffekten. Sehr komplex und umfangreich •! In der Praxis meist Kombination von aktuarischer/ statistischer und klinischer Prognosebeurteilung Leitlinien für das Assessment von protektiven Faktoren beim Risiko zu gewalttätigem Verhalten Vivienne de Vogel Corine de Ruiter Yvonne Bouman Michiel de Vries Robbé Aranke Spehr, Peer Briken •! Strukturiertes Assessment von PROtektiven Faktoren Struktur Internale Items٨ •! Struktur des SAPROFs -! 17 Items: Internale Items Motivationale Items Externale Items -! 3-Punkten-skala: 0 = Nein 1 = Vielleicht 2 = Ja 1. 2. 3. 4. 5. Intelligenz٨ Sichere Bindung in der Kindheit٨ Empathie٨ Coping٨ Selbstkontrolle٨ Motivationale Items٨ 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. Arbeit٨ Freizeitaktivitäten٨ Finanzmanagement٨ Behandlungsmotivation٨ Einstellung gegenüber Autoritäten٨ Lebensziele٨ Medikation٨ Externale Items٨ 13. 14. 15. 16. 17. Netzwerk٨ Intimbeziehung٨ Professionelle Hilfe٨ Wohnsituation٨ Aufsicht٨ Integration der Risikofaktoren in das Prognosegutachten I (Nedopil 2000, 2007) A. Prädeliktische Persönlichkeit 1.! Frühere Gewaltanwendung (H1) 2.! Alter bei 1. Gewalttat (H2) 3.! Stabilität von Partnerbeziehungen (H3) 4.! Stabilität von Arbeitsverhältnissen (H4) 5.! Alkohol-/Drogenprobl. (H5) 6.! Psychische Störung (H6) 7.! Frühe Anpassungsstörung / Eigene Opfererfahrung (H8) 8.! Persönlichkeitsstörung (H9) 9.! PCL-Wert 10.! Frühere Verstöße gegen Bewährungsauflagen (H10) B. Ausgangsdelikt 1.! Statistische Rückfallwahrscheinlichkeit 2.! Bedeutung situativer Faktoren für das Delikt 3.! Einfluss vorübergehender Krankheit 4.! Zusammenhang mit einer Persönlichkeitsstörung 5.! Erkennbarkeit motivationaler Zusammenhänge Integration der Risikofaktoren in das Prognosegutachten II (Nedopil 2000, 2007) C. Postdeliktische Persönlichkeitsentwicklung 1.! 2.! 3.! 4.! 5.! 6.! 7.! Krankheitseinsicht und Therapiemotivation Selbstkritischer Umgang mit bisheriger Delinquenz Besserung psychopathologischer Auffälligkeiten Pro-/antisoziale Lebenseinstellung (C2) Emotionale Stabilität (C4) Entwicklung von CopingMechanismen Widerstand gegen Folgeschäden durch Institutionalisierung D. Sozialer Empfangsraum 1.! 2.! 3.! 4.! 5.! 6.! 7.! 8.! Arbeit Unterkunft Soziale Beziehungen Offizielle Kontrollmöglichkeiten Verfügbarkeit von Opfern Zugangsmöglichkeiten zu Risiken (R2) Compliance (R4) Stressoren (R5) E. Prognostische Gesamtbeurteilung Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit ! [email protected] [email protected]