Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht Vulvodynie ELIA BRAGAGNA Akademie für Sexuelle Gesundheit (AfSG) 0043 – 699-181 402 93 GYN ALLROUND, 16.02.103 – 23.02.2013 Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht Sexualmedizin/Definition SexMed befasst sich mit der Sexualität des Menschen und ihren Störungen Welche Faktoren verursachen Sexualstörungen? somatische F psychische F soziale F Welche Auswirkungen haben Sexualstörungen auf das somato-psycho-soziale Gleichgewicht? Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht Sexualmedizin … betrachtet jeden Menschen als sexuelles Wesen… unabhängig von seinem Gesundheitszustand, Geschlecht, Alter, Religionszugehörigkeit, sexueller Ausrichtung Empfehlungen der WHO (2000) Sexualität ist ein menschliches Grundbedürfnis… sexuelle Gesundheit ist ein grundlegendes Menschenrecht… Sexualmedizin: erektile Dysfunktion im Fokus, 22. – 23. Oktober 2010 WHO & WAS, Guatemala 2000, Promotion of Sexual Health, Recommandations for Action, Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht ungestörte Sexualität braucht somatisches psychisches soziales Gleichgewicht Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht mögliche somatische Ursachen der VD Dafür sind SIE die SpezialistInnen die Rolle der vulvären Haut-Biopsie in der Bewertung des chronischen vulvären Schmerzes 89 Vulvodyniepatientinnen (26-88a) (mindestens 3 Monate Beschwerdedauer, bisher Therapieresistenz) 90 Vulvabiopsien von spezialisierten (Dermato) Pathologen befundet 61% klinisch relevante Krankheitsbilder Lichen sclerosus (24 %) allergische/irritative Dermatitis (21%) Lichen planus (4 %) andere Diagnosen (plasmazelluläre Vulvitis, Psoriasis, VIN etc.) 12 % Anneli R. Bowen/Amber Vester 3/08 AJOG, University of Utah, Department of Obstetrics and Gynecology Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht gemeinsame Charakteristika bei Vulvodyniepatientinnen häufig (sehr) junge Frauen Eberz B., Mürzzuschlag, Vorlesungsprotokoll AfSG ab 2009 Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht Sexualität in der zweiten Lebenshälfte Wunsch nach Geschlechtsvekehr Alter 45 - 49 50 - 54 55 - 59 60 - 64 65 - 69 70 - 74 75+ Männer 98.9 100.0 96.6 98.7 99.1 88.9 61.2 Frauen 97.5 96.2 90.1 92.4 82.5 64.4 46.7 N: 1498 Sexualmedizin: erektile Dysfunktion im Fokus, 22. – 23. Oktober 2010 Bucher T et al. Sexualität in der zweiten Lebenshälfte, 2001, Psychosozial-Verlag Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht gemeinsame Charakteristika bei Vulvodyniepatientinnen häufig (sehr) junge Frauen (schneidende, brennende) Schmerzen aus gelöst durch Berührungen des Vestibulum vaginae Druck (Tampons, Geschlechtsverkehr, Sitzen, Kleidung, Radfahren…) verstärkter Harndrang, „Juckreiz“… Konsultation zahlreicher (Fach)ärztInnen verschiedener Fachrichtungen/Spezialambulatorien/KomplementärmedizinerInnen jeder weitere Therapieversuch verschlechtert Beschwerdesymptomatik Eberz B., Mürzzuschlag, Vorlesungsprotokoll AfSG ab 2009 Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht A. mögliche psychische Faktoren lokal provozierten VD Psychopathologische Faktoren: Depression** Angststörungen* ** > als eine Studie bestätigt diese Daten * 1 Studie bestätigt diese Daten Montorsi F. et al., Sexual Medicine Book, Sexual Dyfunction in Men & Women The official publication of the 3rd International Consultation on Sexual Medicine, Edition 2010 Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht A. mögliche psychische Faktoren lokal provozierten VD Persönlichkeitsmerkmale: ängstliche Persönlichkeit** starke Abhängigkeit vom Lob anderer** Angst vor negativer Bewertung** Tendenz Konflikte zu meiden** ** > als eine Studie bestätigt diese Daten Montorsi F. et al., Sexual Medicine Book, Sexual Dyfunction in Men & Women The official publication of the 3rd International Consultation on Sexual Medicine, Edition 2010 Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht A. mögliche psychische Faktoren lokal provozierten VD Psychophysiologische Faktoren : erniedrigter Schwellenwert Hitze** Schmerz** „Unwohlsein** fMRT ZNS Aktivitäten (Insula und frontaler Cortex) bei Druck** ** > als eine Studie bestätigt diese Daten Montorsi F. et al., Sexual Medicine Book, Sexual Dyfunction in Men & Women The official publication of the 3rd International Consultation on Sexual Medicine, Edition 2010] Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht B. mögliche psychische Faktoren der generalisierten unprovozierten VD Psychopathologie: Depression** Angst/phobische Störungen** Zwangstörungen** Feindseligkeit** Beziehungsprobleme** ** > als eine Studie bestätigt diese Daten Montorsi F. et al., Sexual Medicine Book, Sexual Dyfunction in Men & Women The official publication of the 3rd International Consultation on Sexual Medicine, Edition 2010 Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht Auswirkungen der Vulvodynie auf die psychische Gesundheit der Patientin? erhöhte Ängstlichkeit erhöhte Depressionsneigung vermehrte Angst vor Schmerzen erhöhte Aufmerksamkeit bezüglich Schmerzen verstärktes Wahrnehmen von Schmerzen „Katastrophendenken“ Rosen NO et al., Woman & Partner-Perceived Partner Responses Pedict Pain & Sexual Satisfaction in PVD Couples, J Sex Med 2010 Montorsi F. et al., Sexual Medicine Book, Sexual Dyfunction in Men & Women The official publication of the 3rd International Consultation on Sexual Medicine, Edition 2010] Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht Auswirkungen der Vulvodynie auf die Sexualität der Patientin? Abnahme der subjektiven und genitalen sexuellen Erregung während des GVs Fehlen sexueller Freude vermindertes sexuelles Verlangen Orgasmusschwierigkeiten Brauer M. et al., sexual arousal in women with superficial dyspareunia, Arch Sex Behav 2006 Payne KA et al., Effects of sexual arousal on genital and non-genital stimulation, a comparison of women with VVS and healthy controls, Arch Sex Behav 2007 Brauer M et al., The effects of pain-related fear on women with superficial dyspareunia, Eur J Pain 2007 Rosen NO et al., Woman & Partner-Perceived Partner Responses Pedict Pain & Sexual Satisfaction in PVD Couples, J Sex Med 2010 Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht Auswirkungen der Vulvodynie auf die sexuelle Beziehung negative Gefühle beim Gedanken an sexuellen Kontakt mit Partner sexuelle Aversion Abnahme der GV-Frequenz GV = Geschlechtsverkehr Montorsi F. et al., Sexual Medicine Book, Sexual Dyfunction in Men & Women The official publication of the 3rd International Consultation on Sexual Medicine, Edition 2010 Rosen NO et al., Woman & Partner-Perceived Partner Responses Pedict Pain & Sexual Satisfaction In PVD Couples, J Sex Med 2010 Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht Reaktionen der Partner von Patientinnen mit VD der besorgt Reagierende der negativ Reagierende der entlastend Reagierende Rosen NO et al., Woman & Partner-Perceived Partner Responses Pedict Pain & Sexual Satisfaction in PVD Couples, J Sex Med 2010 Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht Einfluss des Partnerverhaltens auf die sexuelle Gesundheit der VD-Patientin der besorgt Reagierende Patientin nimmt vulvovaginale Schmerzen verstärkt war fühlt sich verstanden erhöht sexuelle Zufriedenheit Rosen NO et al., Woman & Partner-Perceived Partner Responses Pedict Pain & Sexual Satisfaction in PVD Couples, J Sex Med 2010 Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht Einfluss des Partnerverhaltens auf die sexuelle Gesundheit der VD-Patientin der negativ Reagierende Patientin nimmt vulvovaginale Schmerzen verstärkt war reagiert verstärkt somatisch und mit psychosozialen Problemen verminderte sexuelle Zufriedenheit Rosen NO et al., Woman & Partner-Perceived Partner Responses Pedict Pain & Sexual Satisfaction in PVD Couples, J Sex Med 2010 Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht Einfluss des Partnerverhaltens auf die sexuelle Gesundheit der VD-Patientin der entlastend Reagierende hilft Patientin Bewältigungsstrategin gegen den Schmerz zu entwickeln erhöht sexuelle Zufriedenheit Rosen NO et al., Woman & Partner-Perceived Partner Responses Pedict Pain & Sexual Satisfaction in PVD Couples, J Sex Med 2010 Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht Sexualstörungen als Ursache von schmerzhaftem Geschlechtsverkehr (SGV)? Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht Sexualstörungen als Ursache von SGV? Störung des sexuellen Verlangens Störung der sexuellen Erregung Dyspareunie Orgasmusstörung Vaginismus nach J. Bitzer Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sexualstörungen des PartnersSicht Sexualstörungen des Partners als Ursache von SGV? Zufriedenheit mit der sexuellen Beziehung 100% vor ED mit ED 85% 50% 39% 0% sehr/gering Fisher WA et al., Sexual experience of female partners of men with erectile dysfunction: the (FEMALES) study. J Sex Med 2005, Auswirkungaus aufsexualmedizinischer die sexuelle Zufriedenheit Vulvodynie Sicht Sexualstörungen des Partners als Ursache von SGV? Einfluss der E.p. auf die sexuelle Zufriedenheit 100% vor E.p. 90% 50% bei E.p. 38% 0% N:207 Patrick DL et al, premature ejaculation: an observational study of men and their partners J Sex Med 2005 Vulvodynie (VD) aus sexualmedizinischer Sicht Auswirkung der VD auf ÄrztInnen/Patientinnen Beziehung Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht Auswirkung der VD auf ÄrztInnen/Patientinnen Beziehung „Aus meiner persönlichen Beobachtung kann ich mit Sicherheit behaupten, dass ich keine Erkrankung kenne, die fähig ist, so viel Verzweiflung zu erzeugen, für beide Patientin und Partner. „ & Ärztin/Arzt… Sims MJ, 1861 Montorsi F. et al., Sexual Medicine Book, Sexual Dyfunction in Men & Women The official publication of the 3rd International Consultation on Sexual Medicine, Edition 2010 Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht Auswirkung der VD auf ÄrztInnen/Patientinnen Beziehung Patientinnen ÄrztInnen verunsichert unter Erfolgs-/Handlungsdruck zermürbt/lästig frustriert verzweifelt/niedergeschlagen verunsichert frustriert/wütend gekränkt enttäuscht resignativ verletzend/untergriffig verletzend/untergriffig erzeugen Handlungsdruck wütend Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht Die Kombination aus professioneller Unsicherheit auf Ärzteseite und dem Leid auf Patientinnen-Seite erschweren Standarduntersuchungen und machen sie zeitraubend. Die Therapie der Vulvodynie ist langwierig und anspruchsvoll! Aus diesem Grund meiden viel Ärzte die Behandlung und das Nachfragen nach der sexuellen Gesundheit bei Patientinnen mit Vulvodynie Montorsi F. et al., Sexual Medicine Book, Sexual Dyfunction in Men & Women, The official publication of the 3rd International Consultation on Sexual Medicine, Edition 2010 Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht destruktives Muster unterbrechen von Anfang an IMMER bei der Therapie der Vulvodynie den somato-psycho-sozialen Zugang wählen der Patientin erklären, dass Schmerzen im ZNS emotional verarbeitet werden (legt Schiene zu begleitender/unterstützender Psychotherapie & mögliche psychopharmakologischen Unterstützung)) Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht destruktives Muster unterbrechen von Anfang an IMMER die Auswirkung der Vulvodynie auf die sexuelle Gesundheit/Beziehung mit erheben (nach der Reaktion des Partners fragen) kein GV unter Schmerzen! betonen, dass und wie die Vulvodynie interdisziplinär behandelt wird & erklären, dass Behandlung Geduld braucht Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht ungünstige Prognosefaktoren* vaginistische Reaktionen vor dem operativen Eingriff primäre Introitus-Schmerzen breitflächige Areale mit Allodynie Beteiligung der Skenedrüsen (weibl. Prostata) Ablehnen einer begleitenden Sexualtherapie Schmerzverstärkung vor Therapiebeginn Coexistenz von Candidiasis und Vulaschmerzen Erotophobie Ekel und „Schmutzangst“ * bezüglich Vestibulektomie, Biofeedback, Physiotherapie, Verhaltenstherapie Montorsi F. et al., Sexual Medicine Book, Sexual Dyfunction in Men & Women The official publication of the 3rd International Consultation on Sexual Medicine, Edition 2010 Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht destruktives Muster unterbrechen „Es ist wahrscheinlich wichtiger WIE wir etwas machen, als WAS wir machen!“ Es scheint ein nicht spezifischen Behandlungseffekt zu existieren, der auf Achtsamkeit, Validierung und den vermittelten Gefühlen von Kontrolle und Kompetenz beruht. Montorsi F. et al., Sexual Medicine Book, Sexual Dyfunction in Men & Women The official publication of the 3rd International Consultation on Sexual Medicine, Edition 2010 Wollen PatientInnen mit ÄrztInnen über ihre sexuelle Gesundheit reden? 95.0% Fänden es normal, wenn ihr Arzt sie auf ihre sexuelle Gesundheit anspricht, um Präventionstipps zu erhalten 90.9% “Es wäre gut, wenn mein Arzt das machen würde.” 59,8% “… am besten gleich beim Erstgespräch” N.1451 Meystre-Agustonia et al., Swiss Med Wkly. 2011;141:w13178, Talking about sexuality with the physician: are patients receiving what they wish? Empfehlungen der WHO (2000) sexuelle Gesundheit sollte Bestandteil jeder ärztlichen Behandlung sein…. AllgemeinmedizinerInnen, HausärztInnen und ÄrztInnen in öffentlichen Krankenhäusern sollten nach der sexuellen Gesundheit screenen und die Sexualanamnese-Erhebung als Teil der allgemeinen Anamnese sehen … Sexualmedizin: erektile Dysfunktion im Fokus, 22. – 23. Oktober 2010 WHO & WAS, Guatemala 2000, Promotion of Sexual Health, Recommandations for Action, ÄrztInnen als Ansprechpartner für weibliche Sexualstörungen n = 928 Shifren JL, et al. Obstet Gynecol 2008, 112:, 970-978 Vulvodynie aus sexualmedizinischer Sicht Veranstaltungsreihe „Sexualmedizin trifft …“ 13. April 2013: Sexualmedizin trifft Kardiologie 22. Juni 2013: Sexualmedizin trifft Neurologie 23. November 2013: Sexualmedizin trifft Urologie 14. Dezember 2013: Sexualmedizin trifft Onkologie/Schmerz DFP-Punkte werden vergeben Termine: jeweils samstags von 09:00 bis 13:00 Nähere Informationen und Anmeldung unter www.afsg.at