Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke 4. Sitzung vom 11. 11. 2009 II. 1) Kyros II. und die Anfänge (Forts.) Kyros II. starb im Jahr 529 v. Chr. (she. auch Seite 32), sein Grabmal steht in Pasargadae in der ehemaligen Persis, einer Region unweit des Zagrosgebirges am Urmia-See. Der Name bedeutete sinngemäß „Land der Pferde“. Die Landesbezeichnung Persien leitet sich davon ab. Die Kenntnisse über Kyros II. konnten inzwischen durch verbesserte Lesungen vorhandener Keilschriften verfeinert werden. Von seinem Volk wurde er schon kurz nach seinem Tod als „idealer König“ legendenhaft verehrt. So galt er z.B. auch als Befreier des Jüdischen Volkes aus dem sog. „Babylonischen Exil“. Und König des Babylonischen Reiches konnte er nur werden, weil er – im Gegensatz zu seinem Vorgänger – Marduk als obersten „Gott von Babylon“ anerkannte. Durch diese (kluge) Politik kam es zwar nicht zu Aufständen in Babylonien, die Machtbereiche in seinem riesigen Herrschaftsgebiet, das ja kein homogenes Machtgebiet war, waren aber trotzdem noch nicht fest gefügt. Kyros II. folgt sein Sohn Kambyses II. (um 558-522 v. Chr.) als 7. achämenidischer König nach. Dessen Regierungszeit dauerte nur 7 Jahre und zwar von 529 bis 522 v. Chr. In seiner Historiographie wird er in einem düsteren Licht dargestellt, wobei - so Prof. Funke - „dieses Negativbild möglicherweise überzogen sei“. Und gibt zu bedenken, dass der „Herrschaftsverband“, den das Perserreich damals darstellte, eben noch nicht fest gefügt war und nach dem Tod Kyros`II. „ins Wanken geriet“. Nicht bewiesen ist die Aussage, Kambyses habe im Jahr 525 v. Chr. seinen jüngeren Bruder Bardiya ermorden lassen. Im Gegensatz zu seiner geringen Anerkennung in Babylonien, hatte er mit einem Feldzug gegen Ägypten 525 v. Chr. Erfolg. Mit diesem, wie es heißt, sorgfältig geplanten Feldzug, konnte er Ägypten durch die Schlacht bei Pelusion im Jahr 525 v. Chr. unterwerfen und anschließend auch die Stadt Memphis erobern. Sein „Weltherrschaftsanspruch“ nahm gestalt an (she. Karte Seite 34). Weitere erfolglose Vorstöße in Nordafrika gegen Karthago und 523 gegen die Oase Siwa - ein kultisches Zentrum - zeigen ihm aber seine Grenzen auf. Herodot berichtet, dass Kambyses dieses heilige Orakel von Siwa 523 mit einem 50.000 Mann starken Heer angegriffen hat und es plündern wollte, weil es seinen Niedergang prophezeit hatte. Bevor er jedoch sein Ziel erreicht hatte, wurden er und sein Heer von einem Sandsturm überrascht und Kambyses erlitt eine verheerende Niederlage. Kambyses II. blieb bis 522 v. Chr. in Ägypten. Siwa war als kultisches Zentrum zwei Gottheiten geweiht – dem ägyptischen Gott Amun, aber auch dem Griechengott Zeus und insofern „in der griechischen Vorstellungswelt fest verankert - es war also nicht irgendein Ort“ (Prof. Funke). 33 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke Die Oase Schiwa Siwa liegt in der libyschen Wüste, hat eine Länge von 80 km und eine Breite von 2-20 km und liegt 18 – 24 m unter dem Meeresspiegel (Depression); Siwa hat ca. 23.000 Einwohner. Die Geschichte der Oase lässt sich bis in die 18. Dynastie (1500 v. Chr.) zurückverfolgen. Der Haupttempel dieses Kultzentrums, der dem Gott Amun geweiht wurde und die Sprüche seines Orakels waren weit über die Grenzen des Reichs der Pharaonen bekannt. Lt. Herodot war der Ort auch dem Gott Zeus geweiht. Nahe der Oase Siwa kamen bei Ölbohrungen vor einigen Jahren menschliche Knochen, Dolche und Speerspitzen unter dem Wüstensand zum Vorschein. Ägyptologen glaubten, endlich das Geheimnis um die 50.000 Mann starke persische Armee Kambyses II. zu lüften, die 523 vor Christus „spurlos verschwunden war“. Die Karte zeigt die Ausdehnung des Achaimenidenreiches unter Kambyses II. um 520 v. Chr. Karthago konnte er nicht erobern, der Angriff auf das Kultzentrum Siwa endete für ihn und sein Heer katastrophal. Er unternahm aber auch noch mehrere Feldzüge gegen das Reich Kusch. (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) 34 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke Kambyses II. unternahm auch drei Feldzüge gegen das Reich Kusch (heutiges Nubien), die nach Herodot aber erfolglos waren. Er scheint aber im nördlichen Kusch – Reich Erfolge erzielt zu haben. Die Hauptstadt dieses Reiches war zu dieser Zeit Napata, später dann Meroë. Nach Herodot führte Kambyses II. einen Feldzug nach Nubien durch. Dieser scheint Herodot zufolge erfolglos verlaufen zu sein, doch deuten archäologische Funde darauf hin, dass die Perser wenigstens im nördlichen Nubien einige Erfolge verbuchen konnten. (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) Kambyses II. hielt sich drei Jahre in Ägypten auf und seine außenpolitischen Erfolge werden in dieser Zeit durch innere Unruhen im Reich „konterkariert“. Er will zurück, stirbt aber auf diesem Weg in Syrien im Juli 522 v. Chr. an einer Beinverletzung – oder war es Mord? Im Perserreich ist die ganze Situation „sehr offen“, besteht dieses „Reich“ doch „aus vielen verschiedenen Herrschaftsgebilden“ (Prof. Funke). Die wollen wieder selbständig werden und auch die nicht zu unterschätzende finanzielle Belastung durch den Ägyptenfeldzug – das alles ergibt eine „sehr labile Situation im Perserreich“. Am 11. März 522 v. Chr. kommt es zum „Aufstand des Gaumata“, Kambyses' Stellvertreter in Persien. Dieser nutze die Ermordung des Bardiya zur Thronübernahme, indem er sich als Bardiya ausgab. Bei Herodot wird darüber ausführlich berichtet, wobei aber wohl historische Belege fehlen: 35 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke Herodot (3,64) „Als er (Kambyses) geweint und über sein ganzes Unglück geklagt hatte, da springt er auf sein Pferd, in der Absicht, schnellstens nach Susa gegen den Mager (Gaumata) - ein Priester und Magier - zu ziehen. Doch als er hinaufspringt, fällt ihm der Knauf von dem Schwertgriff ab, und das blanke Schwert dringt ihm in den Schenkel.“ Mit dem Tod des Kambyses war die direkte Linie des Königshauses der Teispiden ausgestorben. Gaumata ließ sich offenbar am 1. Juli 522 v. Chr. als Kambyses´ Nachfolger zum König krönen. Aber auch Dareios I. beschloss nach der Rückkehr aus Ägypten, selbst Herrscher zu werden. So kam es zu einer Nachfolgekrise. Denn um als König regieren zu können, musste Dareios erst Gaumata überwinden, der währenddessen als König regierte und auch großen Zulauf aus der Bevölkerung erhalten hatte. Zusammen mit sechs adligen Freunden begab sich Dareios zur Festung Sikayāuvatiš in der sich Gaumata verschanzt hatte. Am 29. September 522 v. Chr. gelang es Dareios, zusammen mit diesen sechs Gefolgsleuten, die Festung zu stürmen und Gaumata zu töten. Zurück in Pasargadae ließ sich Dareios zum "König der Könige" krönen. Bei Herodot ist auch zu lesen, dass er seinen Thron angeblich einem listig errungenen Pferdeorakel verdankt, das er durch den Trick seines Pferdeknechts gewinnt. Doch damit war seine Herrschaft über das Persische Reich noch lange nicht gesichert. Dareios zufolge mussten insgesamt 19 Schlachten geschlagen und 9 „Lügenkönige“ besiegt werden. Am 28. Dezember 521 v. Chr. waren die letzten Kämpfe gegen die Aufständischen siegreich beendet worden. Dareios saß nun endgültig fest auf dem Thron des Großkönigs. Ekbatana war die Hauptstadt des Mederreichs und später Königsresidenz im persischen Achämenidenreich. (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) 36 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke Bei dem Ort Bisutun ließ Dareios I. in einem Felsmassiv in großer Höhe sich selbst als König vor den gefesselten „Lügenkönigen“ einmeißeln. Dazu ließ er eine dreisprachige Tafel, in den Sprachen altpersisch, elamisch und babylonisch anbringen. Der Text beschreibt Dareios' Version seines Aufstieges: Als Verwandter seiner Vorgänger Kyros II. und Kambyses I. habe er sich gegen den Mager Gaumata, der sich als Bruder des Kambyses ausgegeben habe, erhoben; nach der Ermordung des Gaumata habe er insgesamt acht „Lügenkönige“ besiegt und sei so zum neuen „Großkönig“ geworden. Die Inschrift dient offenkundig der Legitimation des neuen Herrschers, der möglicherweise ein Usurpator gewesen war. Bild links: Das Bild verdeutlicht die Lage des Reliefs in großer Höhe. (Arbeitsmaterial zur Vorlesung) Die Behistun-Inschrift zeigt den Bericht über die Siege des Großkönigs Dareios I. in drei Sprachen – in elamisch, babylonisch und altpersisch. Die Lügenkönige werden im Monument von Behistun hintereinander stehend und angekettet abgebildet und von Dareios namentlich erwähnt: "Gaumata, ein Magier, revoltierte in Pars; Āschschina, ein Elamer, revoltierte in Elam; NidintuBel, ein Babylonier, revoltierte in Babylon; Martiya, ein Perser, revoltierte in Elam; Phraortes, ein Meder, revoltierte in Medien; Tritantaechmes, ein Sattagyde, revoltierte in Sattagydien; Frāda von Margiana, revoltierte in Margiana; Vahyazdāta, ein Perser, revoltierte in Pars; Aracha, ein Armenier, revoltierte in Babylon 37 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke Diese Abbildungen verdeutlichen, wie Dareios I. (549-486 v. Chr.) seine königliche Abstammung zu legitimieren versucht, indem er die ganze Reihe seiner – angeblichen – königlichen Vorfahren aufführt – bis hin zu Achaimenes. Dareios I. Regierungszeit ging von 521– 486 v. Chr. (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) Zu Darios I. Leistungen gehört u.a. die Erneuerung der Reichsstrukturen. Seine Verwaltungsreformen wurden noch lange nach dem Ende des Achämenidenreiches als vorbildhaft betrachtet. Außerdem förderte er insbesondere die Architektur. Davon zeugen die Gründung von Persepolis und die Bautätigkeit in anderen Residenzstädten, vor allem in Susa. 38 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke Aischylos, Perser 759ff. So ward von jenen ja ein Werk zustandgebracht, Gewaltig, höchst denkwürdig, das in Schicksals Lauf Susa, die Stadt, entvölkerte, wie's nie geschah, Seitdem uns Zeus der Herrscher solche Ehre gab, Dass ein Mann nur ganz Asiens herdenreiche Flur Regier' in seines Szepters herrschender Gewalt. Medos war so der erste Führer unsres Heers, Als zweiter schuf sein Sohn dann dieses Reiches Werk. Denn hoher Geist war seiner Kühnheit Steuermann. Der dritte nach ihm, Kyros, ein glückseliger Mann, Bescherte waltend allen Freunden Friedenszeit. Der Lyder wie der Phryger Volk gewann er zu, Und Ionien auch, das ganze, beugt' er seiner Macht. Die Gottheit haßt' ihn nicht, da gütigen Sinns er war. Des Kyros Sohn als vierter führte dann das Heer. Der fünfte, Mardos, herrschte, eine Schmach dem Land Und Thron, dem altehrwürdgen; den nun traf voll List Artaphrenes zu Tod, der edle, im Palast Mit Hilfe treuer Männer, nach der Pflicht Gebot. Und ich darauf erlangt' ein Los nach meinem Wunsch: Auf Fahrten führt' ich groß an Zahl mein großes Heer. Doch nie in Unheil solcher Art stürzt' ich die Stadt. Text aus einem Werk des Dichters Aischylos. Hier wird Mardos zu einem Vorfahr des Dareios. (Quelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) 2.) Konsolidierung und Expansion unter Dareios I. Am 29. September 522 v. Chr. wird Gaumata von Dareios und 6 oppositionellen adligen Freunden ermordet (she. auch Seite 50). Schon Gaumata hatte vermutlich antiaristokratische Reformen begonnen. Nach dessen Ermordung konnte Dareios innerhalb eines Jahres alle Widerstände gegen sich beseitigen. Und unternahm 519 einen letzten und erfolgreichen Versuch, durch Reformen ein neues Staatsgefüge zu erreichen, um so eine feste Reichsorganisation zu schaffen. Dareios I. 39 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke Dareios I. organisierte sein Land in einer groß angelegten Verwaltungsreform in einheitliche Provinzen, sog. Satrapien. Diese hatten feste Abgaben an ihn zu leisten, wobei Form und Höhe dieser Abgaben unklar sind. An der Spitze einer Satrapie stand ein Satrape, der sein Amt i.d.R. bis zu seinem Tod bekleidete. (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) Unter Dareios wurde auch das Münzwesen reformiert und erstmals eine für das ganze Reich einheitliche Währung, der Dareikos eingeführt. Dies erwies sich vor allem für den Binnenhandel als förderlich. Trotzdem herrschte vor allem der Tauschhandel vor. (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesun 40 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke Auch werden Herrschaftszentren geschaffen, so baute er die wichtigen archämenidischen Residenzen auf - Persepolis, Pasargadae und Susa. Die Archämenidenpaläste in Pasargadae (oben) und Persepolis (unten) (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) 41 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke Bild oben: Persepolis – die Osttreppe des Apadana Bild links: Der Palast in Susa (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) Ab 518 gibt es ein neues Steuer- und Abgabensystem, auch von Frondiensten und Zwangsarbeit wird berichtet. Die Abgaben der Satrapien werden „thesaurierend“ gehortet – sogar Alexander d. G. findet noch Vorräte aus dieser Zeit vor. Auffällig ist die Figur am rechten Bildrand des Reliefs von Behistun. Es ist ein „Spitzhut“, also ein Skythe Die Nordgrenze des Reiches war weiterhin durch die Saken bedroht. Nachdem mehrere größer angelegte Militäraktionen in Zentralasien keine Entscheidung brachten, wurde ein Feldzug gegen die an der Schwarzmeerküste lebenden Skythen begonnen (she. Seite 43), der vielleicht das Ziel hatte, den zentralasiatischen Saken in den Rücken zu fallen. Obwohl der Skythenkrieg ein Fehlschlag war, konnte mit Thrakien und Makedonien zwei neue Satrapien gewonnen und die Grenze des Reiches bis an die Donau vorgeschoben werden. Auch Ägypten war von 525 bis 404 v. Chr. eine persische Satrapie. (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) 42 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke Dareios`II. Skythenfeldzug 513 / 12 v. Chr. (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) Die Ausdehnung des Achämenidenreiches in den Jahren 512 / 11 v. Chr. Die Perser sind jetzt „Nachbarn“ der Griechen. (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) Hier noch einmal Dareios` Maßnahmen zur Neuorganisation des Reiches Reorganisation und Vereinheitlichung der Provinzverwaltung Ausbau bzw. Schaffung eines umfassenden Verwaltungsapparates Installation eines Steuerwesens Einführung eines Währungssystems 43 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke II. Die Zeit der Perserkriege Einerseits gibt es in dieser Zeit einen Umbruch in Griechenland, indem die Poleis immer selbständiger werden. Andererseits ist da das riesige Perserreich mit seinem „Weltherrschaftsanspruch“. Zunächst arrangieren sich Griechen und Perser noch, aber es tauchen Probleme im Inneren Griechenlands auf und es kommt zum 1.) Ionischen Aufstand Damit wird die Rebellion der kleinasiatischen und zyprischen Griechen gegen die persische Oberherrschaft bezeichnet. Er begann 500/499 v. Chr. und endete mit einem Sieg der Perser in der Seeschlacht bei Lade 494 v. Chr. Die Ionier gehörten bereits seit 547/547 zum persischen Vielvölkerreich und besaßen eine gewisse Unabhängigkeit und weitgehende wirtschaftliche Selbständigkeit. Im Jahr 500 v. Chr. hatte sich Aristagoras von Milet mit seinem persischen Herrscher überworfen, weil eine gegen die Insel Naxos gerichtete Militäroperation fehlgeschlagen war. Aus Angst, dafür zur Verantwortung gezogen zu werden, legt er seine Herrschaft nieder, um eine stärkere Partizipation der ionischen Bürger zu erreichen. Er sorgte dafür, dass sich die Ionier erhoben - man machte die persische Fremdherrschaft zum zentralen Motiv des Aufbegehrens und wendete sich gegen die Perser, die ihren Herrschaftsbereich inzwischen bis nach Thrakien und Makedonien ausgeweitet hatten. Das Naxos – Unternehmen des Aristagoras von Milet im Jahr 500 v. Chr. (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) 44 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke Der Aufstand der Ionier weitete sich wie ein Flächenbrand aus, aber natürlich reagierten die Perser und man brauchte Unterstützung. Aristagoras bittet das griechische Mutterland um Hilfe und die Athener, die sich inzwischen stark genug fühlen, erklären sich dazu bereit – im Gegensatz zu Sparta, das ablehnt. Athen sendet 20 Kriegsschiffe und das euboiische Eretria schließt sich mit weiteren 5 Schiffen dieser Unterstützung an. Beide, Athen und Eretria ziehen ihre Truppen aber schon nach nur einem Jahr wieder zurück. Hilfe im Ionischen Aufstand durch Athen (20 Kriegsschiffe) und Eretria (5 Kriegsschiffe). Nach nur einem Jahr ziehen beide ihre Truppen aber schon wieder zurück. (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) Im Jahr 489 v. Chr. konnten die aufständischen Ionier und die Unterstützungstruppen aus Athen und Eretria bis zur Stadt Sardes vordringen und diese zerstören, wobei auch die persischen Tempel – also Heiligtümer - zerstört wurden. (Das sollte von den Persern später gerächt werden.) Danach aber erleiden die ionischen Verbände auf ihrem Rückzug bei der Stadt Ephesos eine schwere Niederlage – die Perser hatten sich inzwischen von dem „Überraschungsangriff“ erholt. Die Kampfhandlungen gingen noch drei Jahre weiter, solange konnten sich die Aufständischen gegen die Perser behaupten. Im Jahr 494 v. Chr. wurde dann aber ihre Flotte bei der Milet vorgelagerten Insel Lade vollständig vernichtet. Anschließend wurde auch Milet von den Persern erobert und zerstört - damit war der Ionische Aufstand beendet. 45 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke Im Jahr 494 v. Chr. wurde die Flotte der Ionier in einer Seeschlacht vor der kleinen Insel Lade von den Persern vollständig vernichtet. Die Stadt Milet wurde ebenfalls nach der Eroberung durch die Perser zerstört. Das bedeutete das Ende des Ionischen Aufstandes. (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) Prof. Funke in „Athen in Klassischer Zeit“ / Seiten 30/31 „Die kleinasiatische Katastrophe stürzte die Athener aus dem Hochgefühl eigener Stärke in eine tiefe Verunsicherung. Das Scheitern des Aufstandes wurde auch in Athen als Niederlage empfunden. Es war die erste große (außen)politische Schlappe der neu verfassten Bürgerschaft….. Für die Athener konnte kein Zweifel daran bestehen, dass die Perser auf Rache sinnen und sich nicht einfach mit der Wiederherstellung ihrer alten Vorherrschaft begnügen würden.“ (Zitat Ende) Zu dieser Niederlage beim Ionischen Aufstand schrieb der Dichter Phrynichos 492 v. Chr. eine Tragödie mit dem Titel „Der Fall Milets“ – dabei habe er aber an ein „häusliches Unglück“ erinnert, was ihm eine hohe Geldstrafe und dem Stück ein Aufführungsverbot einbrachte. 46 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke 5. Sitzung vom 18. 11. 2009 Um die Ereignisse der nächsten Jahre richtig einordnen zu können, muss man sich die Situation im Jahr 494 v. Chr. noch einmal ansehen. Der Ionische Aufstand hatte die gesamte Kleinasiatische Westküste erfasst, die Perser hatten den Konflikt zwar für sich entscheiden können, sie mussten aber dafür sorgen, dass ihre Machtstellung in Thrakien und Makedonien wieder gefestigt wurde. Wie überhaupt davon auszugehen war, dass man ihr großes Reich nicht als Herrschaftsbereich bezeichnen konnte, sondern es sich eher um einen Einflussbereich handelte. Auch hier an dieser Randzone ihres Reiches muss von einer destabilen Situation gesprochen werden – wie auch in anderen Regionen – und was auch nicht akzeptiert werden konnte, war die Unterstützung der Ionier durch Athen und Eretria. Beim Ionischen Aufstand Was passiert konkret? Zunächst versuchen die brannte es an der gesamten Perser, diese Region zu beruhigen, indem sie demo- kleinasiatischen Westküste kratische Herrschaften in den Städten einrichten. (Arbeitsmaterial zur Vorlesung) Neue, bisher oppositionelle Kräfte, erhalten mehr Rechte, um mehr „politische Partizipation“ zu erreichen – allerdings unter der Voraussetzung, „dass ihr treue Vasallen seid“. Nach Herodot sind hier erste Anfänge einer Demokratie zu sehen. Das Ziel der Perser war aber eindeutig, die eigene Machtstellung zu stabilisieren! 2.) Die ersten Kriegszüge der Perser gegen Griechenland Und schon 492 v. Chr. kommt es zu einem ersten Kriegszug des Mardonios – einem Schwiegersohn Dareios – gegen Thrakien und darüber hinaus bis nach Makedonien. Dabei wurde gleichzeitig die Insel Thasos erobert, die wegen ihres Festlandbesitzes (Peraiabesitz) und den dortigen Bodenschätzen wichtig war. Die Insel Thasos wurde von Mardonios erobert, aber später zerschellte seine Flotte im Sturm am Berg Athos 47 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke Beim Feldzug im Jahr 492 v. Chr. dehnte der Feldherr Mardonios die persische Einflusssphäre erneut über Thrakien bis nach Makedonien aus. Die persische Flotte zerschellte im Sturm am Berg Athos, wobei sich die Frage stellt, aus welcher Richtung sie kam – von Osten oder – schon auf dem Heimweg – von Westen. (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) Es stellt sich, so Prof. Funke, nun die Frage, ob es Ziel dieses Feldzuges war, schon ganz Griechenland zu erobern. Herodot bejaht diese Frage, und vielleicht wäre es auch dazu gekommen, wenn nicht die gesamte persische Flotte am Berg Athos im Sturm zerschellt und untergegangen wäre. 20.000 Menschen sollen dabei ihr Leben verloren haben. Stellt sich weiter die (grundsätzliche) Frage, woher diese Flotte kam – von Osten, also von Kleinasien her oder schon – gewissermaßen auf dem Heimweg – von Westen. Wo die Perser ja ihren Einflussbereich in Thrakien und Makedonien festigen wollten. Das Athos – Fiasko hält die Perser aber nicht davon ab, weiter ihren Rachefeldzug gegen Griechenland zu verfolgen. Im Jahr 491 v. Chr. macht Dareios den Griechen ein letztes Angebot: sie sollen ihm „Erde und Wasser als Zeichen ihrer Unterwerfung“ schicken und einige griechische Staaten fügen sich auch. Nicht dagegen Sparta und Athen, das ein solches Ansinnen schon 506 v. Chr. nach dem Sturz der Tyrannis abgelehnt hatte. Im Gegenteil – die persischen Boten werden sogar umgebracht, womit Sparta und Athen eindeutig gegen das Gesandtenrecht verstießen. 48 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke Beim 2. Feldzug unter den Feldherren Datis und Artaphernes 490 v. Chr. wählten diese den Seeweg quer durch die Ägäis. Ziel war zunächst die Stadt Eretria, später erlitten ihre Truppen eine Niederlage gegen die Griechen bei der Stadt Marathon. Später kehrte die persische Flotte nach Kleinasien zurück. (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) Im Jahr 490 v. Chr. kommt es zum zweiten Kriegszug der Perser gegen Griechenland. Eingedenk des Fiaskos am Berg Athos wählt man jetzt aber die Seeroute quer durch die Ägäis. Eine riesige Flotte, mit der mehr als 20.000 Krieger und Hunderte von Reitern unter dem Befehl der Feldherren Datis und Artaphernes transportiert werden, bewegt sich zunächst auf die Stadt Eretria auf der Insel Euböa zu. Die Stadt wird 6 Tage lang belagert, ehe sie fällt und niedergebrannt wird – Rache für die Beteiligung am Ionischen Aufstand. Die Bevölkerung wird zur Versklavung auf Schiffe gebracht, bei der Weiterfahrt nach Marathon kurz auf Griechenland vorgelagerten Inseln „zwischengelagert“ und danach nach Kleinasien deportiert. Wie es heißt, habe Alexander d. G. später noch Nachfahren dieser Menschen vorgefunden. Euböa liegt so nah am griechischen Festland (Luftbild Seite 50), dass die Athener die Vorgänge um Eretria mit ansehen können – eine dramatische Situation, sahen sie doch, was auch ihnen bevorstand. Im Spätsommer des Jahres 490 v. Chr. landen die Perser dann in der weiten Bucht bei der Stadt Marathon. Diesen Landeplatz hatte der mitgefahrene Hippias den Persern als günstig für eine Schlacht mit Reiterei empfohlen. Hippias war zwar inzwischen im Greisenalter, er sollte aber für die Perser in Athen wieder eine Tyrannis aufbauen. 49 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke Die Perser errichteten ihr Lager im Nordosten der Bucht, währen die Athener im Süden aufmarschierten, um den Weg nach Athen zu sichern. Sie standen unter dem Oberbefehl des Miltiades d.J. und hatten einen Boten nach Sparta geschickt und dort um Unterstützung nachgesucht. Die aber konnten wegen eines religiösen Festes nicht schnell genug ausrücken und kamen, als Alles vorbei war. Denn die Perser begannen die Schlacht, aber trotz einer zahlenmäßigen Überlegenheit (20.000 gegen 10 – 12.000 Krieger) konnten sie dem griechischen Gegenangriff nicht standhalten und wurden zu ihren Schiffen zurückgedrängt. Die Athener hatten Unterstützung von der boiotischen Stadt Plataiai erhalten; diese Stadt unter Das Bild zeigt, wie nah hielt seit der Tyrannenzeit enge Verbin – Euböa beim Festland liegt. dung zu Athen. Während die Perser mehrere (Bildquelle: Arbeitsmat. Z. Vorlesung) tausend Gefallene zu beklagen hatten, gab es auf griechischer Seite „nur“ etwa 200 Tote. Ob die spartanischen Truppen wirklich zu spät kamen oder ob es sich hier nur um eine Legende handelt, um den griechischen Sieg noch größer scheinen zu lassen, ist unklar. Klar ist, dass sich durch den Sieg bei Marathon eine „Kriegstradition“ bildete, durch die die spartanische „Vorherrschaft“ abgelöst wird durch die Größe und den Erfolg Athens. Unklar bleibt, welche Seite den Kampf begonnen hat. Da die Perser einen großen Teil ihrer Flotte und auch der Krieger retten konnten, versuchten sie, Attika am Kap Sunion zu umsegeln und Athen von Westen her anzugreifen. Die Griechen hatten ihre Truppen aber in Eilmärschen von Marathon zurückeilen lassen, sodass diese die Perser „wie Hase und Igel“ in Empfang nehmen konnten - der geplante Angriff schlug fehl und die persische Flotte zog sich nach Kleinasien zurück. Aber in Thrakien und Makedonien hatten sie ihre Einflußspähre behalten und diese auch auf die ägäische Inselwelt ausgedehnt. Bild rechts: Zeigt die Lage der Bucht von Marathon. Die Perser lagerten im NO, die Griechen im SW. Ganz unten liegt das Kap Sunion (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) 50 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke Die weit ausladende Bucht von Marathon Die persischen Truppen hatten ihr Lager im Nordosten der Bucht aufgeschlagen. Landeinwärts befand sich ein ausgedehntes Sumpfgelände. Die Athener und Plataier lagerten im Südwesten nahe dem Heiligtum Herakleion. Hier lassen die Ausläufer des Pentelikongebirges nur einen schmalen Durchgang für den Weg nach Athen. (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) oben: Reste eines mittelalterlichen Turms mit Spolien (hier: ionisches Kapitell) des Tropaions links: Ein Tropaion, wie es in Marathon gefunden wurde 51 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke Tropaion Der altgriechische Begriff Tropaion (Plural: Tropaia) wurde von den Wörtern trépein („wenden; fliehen“) und tropé („Wende; Flucht“) abgeleitet. Er bezeichnete ursprünglich ein Symbol, das an genau der Stelle aufgestellt wurde, an der die Feinde sich vom Schlachtfeld abgewandt und die Flucht ergriffen hatten. 2.) Marathon und die Folgen: Athen in den 80er Jahren Das politische Selbstbewusstsein der Athener war durch Marathon weiter gestärkt worden. „Weiter“ insofern, als es schon in Jahr 506 v. Chr. bei der Beseitigung der Tyrannis erheblich gestiegen war. Damals wurden die Kleisthenischen Reformen nach 50 Jahren der Tyrannei eingeführt und diese hatten sich jetzt, in der Stunde der Gefahr, bewährt. Miltiades d. J. – der im Sommer 493 vor den Persern nach Athen geflohen war – war durch seinen Erfolg bei Marathon zum Protagonisten avanciert und nutzte jetzt „die Gunst der Stunde“. Er überredet die Athener zu einem Kriegszug gegen die Insel Paros, indem er ihnen reiche Beute verspricht. Wahrscheinlich hatte er aber noch eine eigene alte Rechnung mit den Pariern zu begleichen, persönliche Gründe waren also wohl ausschlaggebend. Athen – so ist zu vermuten - war insofern interessiert, als sich hier eine Gelegenheit bot, den persischen Einflussbereich in der Ägäis durch ein solches außenpolitisches Engagement zu verringern. Die persische Präsenz „vor ihrer Haustür“ bedeutete eine ständige Gefahr. Das Unternehmen scheitert aber, nach 26 Tagen Belagerung muss es ergebnislos abgebrochen werden. Miltiades` Ansehen hat durch diesen Misserfolg stark gelitten, man macht ihm sogar den Prozess und er wird zu einer hohen Geldstrafe verurteilt. Da er aber kurz darauf an einer Verletzung, die er sich bei dem Paros – Abenteuer zugezogen hat, stirbt, muss sein Sohn Kimon diese Strafe abzahlen. Insgesamt werden die 480er Jahre v. Chr. zu einer Bewährungsprobe für die Kleisthenischen Reformen. Sie hatten ja zum Ziel, gleiche politische Rechte für alle Bürger einzuführen. Was passiert also jetzt – man führt u.a. ein neues Abstimmungsverfahren ein – den Ostrakismós (das Scherbengericht /griech. ὁ ὀστρακισµός). Das zugrunde liegende Gesetz wurde wahrscheinlich schon durch Kleisthenes im Jahre 507 v. Chr. erlassen (es wären dann aber 20 Jahre bis zur ersten Anwendung vergangen, obwohl es nicht gerade eine politisch ruhige Zeit war), lag damals aber noch beim Rat der 500. Jetzt wird es in die Ecclesia, also in die Hände der Gesamtbürgerschaft, verlegt und damit aufgewertet. Man wollte damit unliebsame Politiker von der politischen Bühne verbannen, ohne ihnen aber ihren persönlichen Besitz oder ihr Vermögen zu nehmen. Für eine erfolgreiche Abstimmung war ein Quorum von mindesten 6000 Stimmen nötig. 52 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke Immerhin müsste für ein solches Scherbengericht eine Lese- und Schreibfähigkeit bei den Menschen vorhanden gewesen sein. Man hat aber auch Scherben gefunden, die die gleiche „Handschrift“ aufwiesen – möglicherweise also schon „vorgefertigt“ waren. Und auch solche, bei denen hinter dem Namen des ungeliebten Politikers auch noch „Beschimpfungen“ eingeritzt waren. Welche politischen Neuerungen gab es in 487 v. Chr.: Der Ostrakismós liegt in den Händen der Gesamtbürgerschaft Die 9 Archonten werden nicht mehr gewählt, sondern per Los bestimmt. Die Zufälligkeit des Losverfahrens schmälerte den politischen Stellenwert der Archonten und damit auch den des Areopags, denn dieser setzte sich aus ehemaligen Archonten zusammen. Daraus resultiert aber eine Stärkung der Stellung der Strategen, für die eine jährliche Wiederwahl möglich war und die so mehr und mehr zu politischen Führungskräften werden. Das politische Selbstbewusstsein schlägt sich durch diese Neuerungen auch in Innern nieder, die Bürger partizipieren an politischen Entscheidungen. Ging es bei den Ostrakismosentscheidungen der Sache nach doch sowohl um den innenwie auch um den außenpolitischen Kurs Athens. Am Ende steht eine radikale Demokratie. Der Ostrakismós - das „Scherbengericht war eine Volksabstimmung über die nicht als ehrenrührig geltende und nicht mit Rechts- oder Vermögenseinbuße verbundene Verbannung von Bürgern, die angeblich die Gemeinde gefährdeten, oft aber auch nur missliebig waren. Jeder Teilnehmer musste den Namen des zu Verbannenden auf eine Scherbe (Ostrakon) schreiben. 53 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke 6. Sitzung vom 2. 12. 2009 2.) Marathon und die Folgen: Athen in den 80er Jahren (Forts.) Im Zusammenhang mit den geschilderten institutionellen Veränderungen in den 480er Jahren wird Themistokles (525-459 v. Chr) als einer der Protagonisten genannt. Während die Athener in diesen Jahren die Tragweite der Veränderungen wahrscheinlich noch nicht absehen konnten, bedeuteten sie doch (Zitat) „wichtige Weichenstellungen für die weitere Ausformung der athenischen Verfassung“ – so Prof. Funke. Themistokles hat dabei sowohl den innen-, wie auch den außenpolitischen Kurs entscheidend beeinflusst. Eine der Maßnahmen, die auf sein Konto gingen, war die Initiierung eines umfangreichen Flottenbauprogrammes in den Jahren 483/2 v. Chr. Das er allerdings erst gegen erbitterte Widerstände durchsetzen konnte. Er strebte damit eine Stärkung der griechischen Seemacht an, um der Übermacht der gegnerischen Perser begegnen zu können. Nachdem er im Jahr 493 v. Chr. zum Archonten gewählt worden war, veranlasste er nicht nur die Erweiterung des Hafens in Piräus, sondern auch den Bau von 200 Kriegsschiffen, so genannten Trieren. Diese Maßnahmen kosteten viel Geld und da war es eine glückliche Fügung, dass 483 v. Chr. im Süden Attikas sehr ergiebige Silbervorkommen erschlossen werden konnten, die Athen großen finanziellen Handlungsspielraum ließen. Kernstück der athenischen Flotte waren die erwähnten Trieren. Das waren nicht nur schnelle, sondern auch wendige Boote von 37 Metern Länge und nur 5,5 Meter Breite. Am Bug besaßen sie einen bronzenen Rammsporn, mit dem feindliche Schiffe außer Gefecht gesetzt und versenkt werden konnten. Der Erfolg dieser Trieren bestand darin, dass sie sehr schnell eine hohe Geschwindigkeit erreichen konnten und geschickt zu manövrieren waren. Athenische Triere des späten 5.Jahrhunderts (410 - 400 v. Chr.) (Fragment eines Basreliefs, Athen) (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) 54 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke TRIEREN Die Triere - Dreiruderer - war ein Kriegsschiff des Altertums mit drei gestaffelt angeordneten Reihen von Rudern / Ruderern als „Antrieb“. Sie war vom 6. bis zum 3. Jahrhundert v. Chr. das wichtigste Kriegsschiff der Seemächte im Mittelmeer. Vorgänger dieser Schiffe waren sog. Dieren, also Schiffe mit nur 2 Ruderreihen. Mit drei Ruderreihen konnten die Schiffe größere Geschwindigkeiten erzielen, was für die damals mächtigste Waffe im Seekampf, den Rammsto, von Vorteil war. Schon Herodot erwähnt solche Trieren in Flotten des 6. Jahrhunderts und tatsächlich besiegten die Etrusker im Jahr 537 v. Chr. zusammen mit den Karthagern eine griechische Flotte vor Korsika mit solchen Schiffen. Die nur für den unmittelbaren Kriegseinsatz konstruiert waren und z.B. keine Lebensmittelvorräte an Bord nehmen konnten. Zur Besatzung einer attischen Triere gehörten 170 Ruderer, 10 bis 20 Matrosen und etwa 10 Soldaten, sog. Hopliten (für den Enterkampf und als Bogenschützen). Diese Hopliten waren in Athen Angehörige der wohlhabenderen Schichten, aber auch Kleinbauern. Da die Größe der Flotte und der jeweiligen Schiffsbesatzung einen hohen Mannschaftsbedarf bedeutete, wurden in Athen auch sog. Theten (kleine Handwerker und Tagelöhner ohne Grundbesitz) als Ruderer verpflichtet und gut besoldet. Die Eigenheiten der Triere, deren 170 Ruderer jeweils an einem eigenen Riemen saßen, verlangten ein Höchstmass an Disziplin und Konzentration seitens der Ruderer. Die Trierenbesatzungen mussten deshalb hart und ständig trainieren. Die Flotte wurde so zum Rückgrat athenischer Herrschaftspolitik. Die einzelnen Ruderreihen hatten diese Bezeichnungen: obere Reihe - thranitai - Thraniten mittlere Reihe - zygioi - Zygiten untere Reihen – thalamioi - Thalamiten Rammsporn einer Triere mit kupferner Spitze 55 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke Das Riemensystem einer Triere Die Ruderer der obersten Reihe waren die Thraniten, in der Mitte saßen die Zygiten und in der unteren Reihe saßen die Thalamiten (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) Moderner Nachbau einer Triere (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) 56 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke 4. Der Kriegszug des Xerxes Der Ausgang der Schlacht von Marathon wurde von den beiden Kriegsgegnern ganz unterschiedlich beurteilt. Während das Selbstvertrauen der Griechen in die eigene Stärke enorm gewachsen war, sahen die Perser ihre Niederlage nicht so negativ, wie man annehmen könnte. Immerhin hatten sie ihren Einfluss in Thrakien und Makedonien behalten und den in der Ägäis ausbauen und festigen können. Trotzdem blieb bei ihnen – und das musste Athen klar sein – der Gedanke an Vergeltung. Im Spätsommer 481 v. Chr. war es dann soweit, dass eine erneute Konfrontation mit den Persern unmittelbar bevorstand. Diese hatten die innenpolitische Lage in ihrem Gebiet stabilisiert und nach dem Tod des Großkönigs Darios im Jahr 486 v. Chr. war ihm sein Sohn Xerxes (519 - 465 v. Chr) auf dem Thron gefolgt. Der Persische Einflussbereich in den 480er Jahren und der Helenenbund (Hellenische Eidgenossenschaft) von 481 v. Chr. Im Herbst 481 v. Chr. schlossen sich etwa 30 Staaten auf Anregung Athens in Korinth zum sog. Helenenbund zusammen (she. Seite 58). (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) 57 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke Das Aufmarschgebiet des Xerxes Die Perser hatten unter Xerxes inzwischen ihre mehrere Jahre dauernden Kriegsvorbereitungen abgeschlossen. Dazu gehörte auch der Bau eines Kanals quer durch die Athoshalbinsel, um die gefährliche Schiffspassage um die Südspitze zu vermeiden. Zusätzlich wurden an den Dardanellen Brücken gebaut und in Makedonien Vorratslager für die Versorgung der Landtruppen angelegt. (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) In Sardes stand ein Heer von mehr als 100.000 Mann bereit und die Flotte verfügte über mehr als 600 Schiffe, die an der kleinasiatischen Küste in Bereitschaft lagen. Xerxes schickte auch diesmal wieder seine Gesandten an die griechischen Staaten – ausgenommen Athen und Sparta - und forderte von diesen „Wasser und Erde als Zeichen der Unterwerfung“. Die griechischen Staaten reagierten auch diesmal wieder – wie schon 491 v. Chr. - sehr unterschiedlich, was die Zerrissenheit der Interessen im griechischen Mutterland zeigte. Trotzdem fanden sich im Herbst 481 v. Chr. etwa 30 Staaten auf Anregung Athens in Korinth zusammen und schlossen sich – unter spartanischer Führung – zum sog. Helenenbund, einem antipersischen Verteidigungsbündnis (Hellenische Symmachie), zusammen (Abb. Seite 57). An dem sich die Westgriechen in Süditalien und auch das sizilische Syrakus nicht beteiligten, obwohl auch sie um Unterstützung gebeten worden waren. Und obwohl Westgriechen und die Polis Syrakus nicht dem Helenbund beigetreten waren, wurden sie zeitgleich von Karthago angegriffen. Wie kam es dazu? Die phönizische Stadt Tyros gehörte ab 539 zum Persischen Reich und die Phönizier stellten mit ihren Schiffen einen großen Teil der persischen Kriegsflotte. Karthago nun war eine phönizische Gründung, Tyros war sozusagen die „Mutterstadt“. Und von der erhielt Karthago den Befehl zum Angriff auf die Westgriechen. 58 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke Im Vorgriff auf die 7. Sitzung hören wir von einem Dreifuss und einer Schlangensäule - einer Weihegabe der Griechen, die diese nach den Siegen über die Perser in den Schlachten von Salamis im Jahr 480 v. Chr. (Seeschlacht) und Plataiai (Landschlacht) im darauf folgenden Jahr 479 v. Chr. dem Gott Apollon widmeten. Auf dem Leib der Schlange ist eine Inschrift eingetragen, die die Namen der am Krieg gegen die Perser beteiligten 31 griechischen Poleis trägt (einige fehlen, einige waren ursprünglich nicht beteiligt). Die Inschrift zur Erinnerung an den Sieg über die Perser war der wesentliche Zweck der Säule. Diese haben im Krieg gekämpft: Bild rechts: Die Schlangensäule - die Säule selbst steht bis heute auf dem ehemaligen Hippodrom-Platz - besteht aus einer Bronzesäule mit drei einander umschlingenden Schlangen. Ursprünglich trugen deren Köpfe einen goldenen Dreifuß. Da sich das Straßenniveau im Laufe der Zeit erhöht hat, steht die Säule heute in einer kleinen Vertiefung. (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) 59 Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke Dieser Rekonstruktionsversuch zeigt, wie die Säule ursprünglich ausgesehen haben könnte Im mittleren Bild sind die Namen der beteiligten Poleis eingeschlagen (Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung) Der Dichter Herodot (Hdt.) und der spartanische König und Heerführer Pausanias (Paus.) berichten über die Säule und den Dreifuss: Hdt. 9, 81 Als die Schätze gesammelt waren, teilte man den Zehnten davon dem Gott in Delphi zu. Daraus wurde jener eherne Dreifuß aufgestellt, der auf der dreiköpfigen ehernen Schlange ruht und ganz in der Nähe des Altares vor dem Tempel steht. Paus. 10,13,9 Gemeinsam weihten die Griechen aus der Schlacht bei Plataiai einen goldenen Dreifuß, der auf einer bronzenen Schlange stand. Was an dem Weihgeschenk aus Bronze war, war auch zu meiner Zeit noch unversehrt; vom Gold aber haben die Führer der Phoker nichts übrig gelassen. 60