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Übungen zu Theoretische Physik I - Mechanik
im Sommersemester 2013
Blatt 4 vom 13.05.13
Abgabe: 27. Mai
Aufgabe 16
4 Punkte
Fallender Stein auf rotierender Erde
Wir lassen einen Stein der Masse m in einen Brunnen fallen, der am Äquator steht. Wegen der Erdrotation
folgt die Trajektorie des Steins nicht dem senkrechten Lot in Richtung Erdmittelpunkt. Diese Bewegung
wird im rotierenden Bezugssystem der Erde durch
m
~
~
dX
d2 X
~
= F~g − 2m~
ω×
− m~
ω× ω
~ ×X
2
dt
dt
beschrieben, wobei der Koordinatenursprung im Erdmittelpunkt liegt und die z-Achse durch die Brunnenöffnung verläuft (siehe Abbildung). Wir nehmen an, dass die Winkelgeschwindigkeit ω
~ konstant und
die Erde eine Kugel mit Radius R ist.
(a) Führen Sie die Relativkoordinate
~ − R ~ez
~r = X
ein, wobei R die Distanz vom Erdmittelpunkt zur Brunnenöffnung ist. Bestimmen Sie die Bewegungsgleichung für ~r(t) im erdfesten Koordinatensystem. Nehmen Sie hierbei vereinfachend an, dass
die Erdanziehungskraft F~g = −mg0~ez die der ruhenden Erde und unabhängig von ~r ist. Nehmen Sie
ferner an, dass die Zentrifugalkraft ebenfalls unabhängig von ~r ist, was für nicht zu tiefe Brunnen
näherungsweise zutrifft.
Abbildung: Die Erde in Aufsicht. Die Drehachse ω
~ zeigt zum Nordpol, der über der Papierebene
auf der x-Achse liegt. Die Koordinatenachsen y und z liegen in der Äquatorialebene, was für die
~ und ~r nicht zutreffen muss.
Vektoren X
(b) Lösen Sie diese Bewegungsgleichung zunächst unter Vernachlässigung der Corioliskraft und berechnen Sie die Trajektorie ~r0 (t) des Steins. Zeigen Sie, dass er einer effektiven Erdbeschleunigung
geff = g0 − ω 2 R unterliegt.
(c) Ausgehend von dieser Trajektorie ~r0 (t) addieren wir nun die Corioliskraft. Setzen Sie dazu ~r = ~r0 +~u
und zeigen Sie, dass für geeignete Anfangsbedingungen die Differenzialgleichung gilt
d~u
= −2~
ω × (~r0 + ~u).
dt
(1)
(d) Nehmen Sie schließlich an, dass die Abweichung ~u vom Lot so klein ist, dass sie auf der rechten Seite
von Gl. (1) vernachlässigt werden kann, und berechnen Sie für diesen Fall explizit ~u (t). Zeigen Sie,
dass die Trajektorie ~r(t) gegenüber ~r0 (t) nach Osten abgelenkt wird.
1
Lösung:
(a) Nach der Zeichnung gilt
~ = R~ez + ~r
X
wobei R der Erdradius ist. Exakt gilt die Bewegungsgleichung
d~r
d2~r
= −g0~ez − ω
~ × [~
ω × (R~ez + ~r)] − 2~
ω× .
dt2
dt
Wir vernachlässigen die ~r-Abhängigkeit der Zentrifugalkraft,
−~
ω × [~
ω × (R~ez + ~r)] ≈ −~
ω × [~
ω × R~ez ] .
Wegen ω
~ = (ω, 0, 0) gilt
−~
ω × [~
ω × R~ez ] = ω 2 R~ez .
Damit bekommen wir die Differenzialgleichung
d~r
d2~r
= (−g0 + ω 2 R)~ez − 2~
ω×
2
dt
dt
(b) Ohne die Corioliskraft vereinfacht sich die Bewegungsgleichung
d2~r0
= −g0~ez + ω 2 R~ez ,
dt2
und wir erhalten mit geeigneten Anfangsbedingungen
~r0 (t) = −
1
1
g0 − ω 2 R ~ez t2 = − geff ~ez t2
2
2
(c) Wir gehen mit dem Ansatz
~r(t) = ~r0 (t) + ~u(t)
in die Differenzialgleichung,
d~r
d2~r
= −geff ~ez − 2~
ω×
dt2
dt
und bekommen wegen
d2~r0
= −geff ~ez
dt2
als verbleibende Gleichung
d~r
d2 ~u
= −2~
ω×
dt2
dt
Integration über t zusammen mit ~u(0) = ~u̇(0) = ~0 und ~r(0) = ~0 liefert dann die Differenzialgleichung
1. Ordnung,
d~u
= −2~
ω × ~r
dt
~ |~r0 |) können wir ~r durch ~r0 ersetzen und bekommen als
(d) Für kleine Abweichungen vom Lot (|u|
Bewegungsgleichung
d~u
= −2~
ω × ~r0 = ω
~ × geff ~ez t2
dt
= geff t2 ω
~ × ~ez
mit der Lösung
~u(t) =
geff t3
geff ωt3
ω
~ × ~ez = −
~ey .
3
3
2
Aufgabe 17
2 Punkte
Zentripetalkraft und Corioliskraft
Wir betrachten ein Inertialsystem (IS) mit kartesischen Koordinaten (x,y,z) und ein mit der konstanten Winkelgeschwindigkeit ω = dφ/dt rotierendes Koordinatensystem KS’ mit kartesischen Koordinaten
(x’,y’,z’). Die Rotationsachse möge die z-Achse sein. Wir bezeichnen mit ω
~ den Vektor mit Betrag ω
und der Richtung der Drehachse (siehe Abbildung). Betrachten Sie nun einen Punkt P, der sich mit dem
KS’ mitbewegt, sich aber innerhalb vom KS’ nicht ändert, also in KS’ zeitlich und räumlich konstant ist.
Dieser Punkt P hat im IS die Koordinaten ~r(t) und im KS’ die Koordinaten ~r0 . Es gilt offenbar zu jedem
0
Zeitpunkt ~rIS (t) = ~rKS
0.
(a) Zeigen Sie, dass im Inertialsystem für eine kleine Änderung d~rIS gilt
d~rIS = ω
~ dt × ~r = ω
~ dt × ~r0
(b) Nehmen Sie nun an, dass der Punkt P im KS’ nicht konstant ist, sondern sich bewegt. Dann ist ~rKS
0
auch zeitabhängig, aber gilt trotzdem zu jedem Zeitpunkt ~rIS (t) = ~rKS
0 (t).Dann folgt aus (a) die
Beziehung
d~r
d~r
d~r
=
+ω
~ × ~r =
+ω
~ × ~r0 ,
dt IS
dt KS 0
dt KS 0
d. h. dass zur zeitlichen Änderung des Ortsvektors im KS’ dann im IS der Term ω
~ × ~r dazukommt.
Da dies für jeden beliebigen Vektor gilt, schreibt man diese Relation auch wie folgt symbolisch:
d
d
=
+ω
~×
dt IS
dt KS 0
Die Geschwindigkeit des Aufpunkts im Inertialsystem ist ~v = (d~r/dt)IS ist daher verschieden von
der Geschwindigkeit ~v 0 = (d~r0 /dt)KS 0 im mitbewegten Koordinatensystem. Bilden Sie nun
2 d ~r
d
d~r
=
,
dt2 IS
dt IS dt IS
indem Sie die vorherige Relation zweimal anwenden und zeigen Sie, dass gilt
2 2 d ~r
d ~r
=
+ 2(~
ω × ~v 0 ) + ω
~ × (~
ω × ~r0 )
dt2 IS
dt2 KS 0
3
Lösung:
(a) Aus der Zeichnung folgt
|d~rIS | = dφ r sin θ
und die Richtungen d~rIS ⊥ ~r und d~rIS ⊥ ω
~ , woraus das Resultat folgt.
(b) Es gilt
d2
dt2
d
d
d
d
=
+ω
~×
dt
dt
dt IS
dt KS 0
IS IS
d
d
d
=
+ω
~× + ω
~×
+ω
~×
dt KS 0
dt KS 0
dt KS 0
=
IS
Wenden wir diese Relation nun auf ~r an, erhalten wir
2 d ~r
d
d~r
d~r
=
+
ω
~
×
~
r
+
ω
~
×
+
ω
~
×
~
r
dt2 IS
dt KS 0
dt KS 0
dt KS 0
2 d ~r
d~r
d~r
=
+ω
~×
+ω
~×
+ω
~ ×ω
~ × ~r
dt2 KS 0
dt KS 0
dt KS 0
und damit das behauptete Resultat. Beachten Sie, dass ~r = ~r0 gilt.
Aufgabe 18
1 Punkt
Rotierende Bezugssysteme
Die Beschleunigung eines Teilchens der Masse m an der Stelle ~r (t) in einem nicht-inertialen Bezugssystem,
welches mit einer konstanten Winkelgeschwindigkeit von ω
~ um den Ursprung rotiert ist gegeben durch
F~
d2~r
~ṙ − ω
=
−
2
ω
~
×
~ × (~
ω × ~r)
dt2
m
. Berechnen Sie die kartesischen Komponenten der Beschleunigung, falls ω
~ || ~ey .
Lösung:
Die Winkelgeschwindigkeit ist ω
~ = ω~ey . Dies liefert uns für die Beschleunigung
~
~r̈ = F − 2ω ~ey × ~ṙ − ω 2~ey × (~ey × ~r)
m
F~
=
− 2ω ~ey × ~ṙ − ω 2~ey (~ey · ~r) + ω 2~e2y ~r
m
F~
=
− 2ω ~ey × ~ṙ − ω 2 y~ey + ω 2~r
m
 Fx

2
m − 2ω ż + ω x
Fy

=
m
Fz
2
m + 2ω ẋ + ω z
Aufgabe 19
(2)
(3)
(4)
(5)
3 Punkte
Koordinatensystem auf rotierender Scheibe
Ein Teilchen fällt senkrecht in einem homogenen Gravitationsfeld auf eine rotierende Scheibe zu. Das
Teilchen befinde sich anfangs in Ruhe in der Höhe h und einem radialen Abstand ρ vom Zentrum der
Scheibe. Die Scheibe rotiert mit einer konstanten Winkelgeschwindigkeit von ω
~ um seine Symetrieachse
(die z-Achse). Integrieren Sie die Bewegungsgleichungen in dem rotierenden Koordinatensystem, welches
fest mit der rotierenden Scheibe verbunden ist und berechnen Sie die Zeit und den Ort des Aufpralls des
Teilchens auf der Scheibe.
4
Tipp: Benutzen Sie, dass die Beschleunigung eines Teilchens der Masse m an der Stelle ~r (t) in einem
mit der konstanten Winkelgeschwindigkeit ω
~ rotierenden Referenzsystems durch die Formel aus Aufgabe
18 gegeben ist. Drücken Sie diese Gleichung in Zylinderkoordinaten aus, um drei Differentialgleichungen
entsprechend der drei Basisvektoren ~eρ , ~eϕ , ~ez zu erhalten.Benutzen Sie die ~ez -Richtung für die Berechnung des Aufprall Zeitpunktes. Multiplizieren Sie dann die Gleichung für die ~eϕ -Richtung mit ρ und
integrieren Sie diese, um ϕ(t) zu erhalten.
Bedenken Sie, dass das Teilchen anfangs in Ruhe ist. Jedoch nur in Bezug auf ein nicht rotierendes
Koordinatensystem. Daher gilt im rotierenden zylindrischen Koordinatensystem ρ̇ (0) = 0 und ϕ̇(0) =
−ω.
Lösung:
Drücke den Ortsvektor ~r und die Winkelgeschwindigkeit ω
~ in Zylinderkoordinaten
~r = ρ~eρ + z~ez
(6)
ω
~ = ω~ez
(7)
mit den Einheitsvektoren
~eρ = (cos ϕ, sin ϕ, 0)
(8)
~eϕ = (− sin ϕ, cos ϕ, 0)
(9)
~ez = (0, 0, 1)
(10)
aus. Die Zeitableitungen dieser Basisvektoren sind
~ėρ = ϕ̇~eϕ , ~ėϕ = −ϕ̇~eρ , ~ėz = 0
~ëρ = ϕ̈~eϕ − ϕ̇2~eρ
(11)
(12)
Damit bekommen wir für die Zeitableitung von ~r
~ṙ = ρ̇~eρ + ρ~ėρ + ż~ez = ρ̇~eρ + ρϕ̇~eϕ + ż~ez
~r̈ = ρ̈~eρ + 2ρ̇~ėρ + ρ~ëρ + ż~ez = ρ̈ − ρϕ̇2 ~eρ + (2ρ̇ϕ̇ + ρϕ̈) ~eϕ + z̈~ez
Daraus erhalten wir für die Bewegungsgleichungen
~r̈ = ρ̈ − ρϕ̇2 ~eρ + (2ρ̇ϕ̇ + ρϕ̈) ~eϕ + z̈~ez
F~
=
−2 ω
~ × ~ṙ − ω
~ × (~
ω × ~r)
m
= −g~ez − 2ω~ez × (ρ̇~eρ + ρϕ̇~eϕ + ż~ez ) − ω 2~ez × (~ez × (ρ~eρ + z~ez ))
(13)
(14)
(15)
(16)
(17)
2
(18)
~ez × ~eρ = ~eϕ , ~ez × ~eϕ = −~eρ
(19)
= −g~ez − 2ω ρ̇~eϕ + 2ωρϕ̇~eρ + ω ρ~eρ
wobei wir die Relationen
5
benutzt haben. Betrachten wir nun die Komponenten für die drei Basisvektoren einzeln, erhalten wir die
drei Differentialgleichungen
ρ̈ − ρϕ̇2 = 2ω ϕ̇ρ + ω 2 ρ
~eρ :
(20)
~eϕ :
2ρ̇ϕ̇ + ρϕ̈ = −2ω ρ̇
(21)
~ez :
z̈ = −g
(22)
Zuerst lösen wir die ~ez -Gleichung um den Zeitpunkt für den Aufprall zu bestimmen.
s
1 2
2h
z (0) = h, ż (0) = 0 ⇒ z = h − gt ⇒ Aufprall auf Platte beiT =
2
g
(23)
Nun multiplizieren wir die ~eϕ -Gleichung mit ρ.
2ρ̇ρϕ̇ + ρ2 ϕ̈ = −2ω ρ̇ρ ⇐⇒
d
d 2 ρ φ̇ =
−ωρ2
dt
dt
(24)
Integration liefert
ρ2 φ̇ + ωρ2 = konst. = 0 da ϕ̇(0) = −ω
(25)
φ̇ = −ω ⇐⇒ ϕ(t) = −ωt + ϕ0
(26)
oder
Einsetzen des Ergebnisses in die ~eρ -Gleichung gibt uns
ρ̈ = 0
(27)
ρ (0) = R, ρ̇ (0) = 0
(28)
ρ (t) = R
(29)
Mit den Anfangsbedingungen
erhalten wir als Lösung
Damit ist der Ort des Aufpralls
s
ρ (T ) = R,
ϕ(T ) = ϕ0 − ω
6
2h
g
(30)
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