Weichteiltumoren für Eltern, die mehr wissen wollen Inhalt Ursachen 2 Chancen 4 Beschwerden 5 Untersuchung 6 Behandlung 9 Nach der Behandlung 17 Hallo du! 20 Einleitung Bei Ihrem Kind wurde ein bösartiger Weichteiltumor festgestellt. Für Sie bricht jetzt wahrscheinlich eine Welt zusammen und viele Fragen tauchen auf. Diese Broschüre möchte Sie über Grundlegendes bei der Behandlung von Kindern mit einem Rhabdomyosarkom informieren. Sie bekommen aber auch Informationen über die Behandlung von Kindern mit anderen Sarkomen, wie einem Leiomyosarkom, Hämangioperizytom, Fibrosarkom, Synovialsarkom, Liposarkom oder einem Desmoid-Tumor. Machen Sie sich in aller Ruhe mit den Informationen vertraut und besprechen Sie diese mit Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin oder dem Pflegepersonal. Ein Rhabdomyosarkom ist ein Tumor, der im quergestreiften Muskelgewebe entsteht. Andere Weichteiltumoren werden im glatten Muskelgewebe (Leiomyo-), im Bindegewebe (Fibround Desmoid-), in den Blutgefäßen (Angio- oder Hämangio-), in der Schleimhaut der Gelenkskapsel (Synovial-) oder im Fettgewebe (Lipo-) gebildet. 1 Ursachen Über die Entstehung von Weichteiltumoren ist wenig bekannt. Wahrscheinlich wurde während der Zellteilung im Zellkern etwas an der DNA beschädigt oder es fehlt ein Stück eines Chromosoms. Manchmal ist die Zelle schon vor der Geburt beschädigt, manchmal erst danach. Wie solch ein Fehler genau entsteht und warum sich eine Zelle plötzlich ungehemmt zu teilen beginnt, ist noch immer nicht ganz erforscht. Die Zellteilung ist ein äußerst komplizierter Prozess. Sie fühlen sich vielleicht schuldig und möglicherweise denken Sie: „Hätte ich doch besser aufgepasst”, oder „Wäre ich doch gleich zum Arzt gegangen”. Dies hat jedoch nichts mit dem Tumor zu tun und Ihr Arzt/Ihre Ärztin wird dies bestätigen. Dennoch ist es wichtig, Ihre Ängste und Gedanken zu besprechen. Wie oft, bei wem und wo? Jedes Jahr erkranken in Österreich ca. 15 Kinder an einem Weichteiltumor. Oft handelt es sich um ein Rhabdomyosarkom, andere Muskel- oder Weichteiltumoren kommen viel seltener vor. Vor allem bei Kindern unter zehn Jahren handelt es sich meistens um ein Rhabdomyosarkom, bei älteren Kindern oft um ein anderes Sarkom. Die meisten Weichteiltumoren entstehen in der Kopf-Hals-Region, in und um die ableitenden Harnwege und in den Geschlechtsorganen, etwas seltener in den Armen, den Beinen oder im Rumpf. Weichteilzellen Der menschliche Körper besteht aus vielen Milliarden Zellen, die sich immer wieder teilen. Diese neuen Zellen sorgen für Wachstum und Entwicklung. In einem gesunden Körper befindet sich die Zellteilung im Gleichgewicht. Alte Zellen werden ersetzt und es werden nur so viele neue Zellen gebildet wie notwendig. Bei Krebs hingegen ist die Zellteilung gestört. Es findet hier eine ungehemmte Teilung statt, wodurch die Zellen nicht aufhören, sich zu vermehren. Bei Weichteil­ tumoren handelt es sich um Zellen des Muskel-, Fett- oder Bindegewebes, aus der Wand eines Blutgefäßes oder aus der Schleimhaut. Eine dieser Zellen beginnt ein Eigenleben zu führen, teilt sich in einem hohen Tempo und bildet einen Tumor, der manchmal auch Metastasen bildet. Was machen die Weichteile eigentlich? Der Ausdruck „Weichteile” bezeichnet alle weichen Teile des Körpers. Jeder Teil erfüllt seine eigene Funktion. Die Muskeln halten den Körper in Bewegung, das Bindegewebe übernimmt vor allem stützende Aufgaben und sorgt für Stabilität. Das Fettgewebe sorgt für die Wärmeisolierung und schützt den Körper. Die Blutgefäße transportieren das Blut und die Schleimhaut der Gelenkskapsel ist dafür verantwortlich, dass sich die Gelenke geschmeidig bewegen können. Metastasen Manchmal befindet sich der Tumor nicht an einem einzigen Ort, sondern bildet Metastasen in anderen Teilen des Körpers. Metastasen findet man vor allem in den Lungen, den Knochen, den Lymphdrüsen oder dem Knochenmark und sie sind manchmal so klein, dass sie nicht so einfach wahrnehmbar sind (Mikrometastasen). Chancen Die Heilungschance eines Kindes mit einem Rhabdomyosarkom ist sehr abhängig davon, wo sich der Tumor befindet. Auch die Art des Tumors ist wichtig. So sind die Augenhöhlen und die Geschlechtsorgane „günstigere” Orte als Nase, Kehle, Prostata und Blase, und überdies sind embryonale Rhabdomyo­ sarkome weniger aggressiv als alveoläre (diese beiden sind nur unter einem Mikroskop voneinander zu unterscheiden). Für die Heilung von anderen Weichteiltumoren sind vor allem die Größe und der Ort sowie die Tatsache entscheidend, ob der Tumor gut entfernt werden kann. Bei Kindern mit „relativ günstigen Tumoren” liegen die Heilungschancen bei 70 bis 90 Prozent, bei den anderen sind es 50 bis 70 Prozent. Kommt es zu Metastasenbildung, sind die Überlebenschancen bei allen Sarkomen deutlich geringer. Da jede Situation und jedes Kind einzigartig sind, lassen sich nur schwer Vorhersagen treffen. Beschwerden Ein Weichteiltumor verursacht eine schmerzlose Schwellung, die auf Dauer aber Beschwerden hervorrufen kann. Diese hängen von der Lokalisation des Tumors ab. So kann ein Tumor in der Augenhöhle das Auge zusammenpressen oder hervortreten lassen und ein Tumor im Ohr Taubheit verursachen. Ein Tumor in den Gesichtsmuskeln hat ein geschwollenes Gesicht zur Folge. Befindet er sich in der Nase, kann es zu langwierigen Verstopfungen in der Nase kommen, und wenn er in das Gehirn weiter wächst, kann Ihr Kind an Kopfschmerzen, Schielen, Übelkeit und Erbrechen leiden. Ein Tumor in Bauch, Prostata, Hoden, Gebärmutter oder Vagina ruft Beschwerden hervor, die zwischen einem angeschwollenen Bauch und Darmverstopfung bis zu Problemen beim Harnlassen, einer Schwellung im Hodensack oder vaginalem Blutverlust variieren können. Ein Tumor in Armen, Beinen oder Rumpf verursacht Schwellungen unter der Haut oder in Muskeln und Sehnen. Die meisten Kinder mit solchen Tumoren fühlen sich allerdings nicht krank. Untersuchung Um eine genaue Diagnose zu stellen, muss sich Ihr Kind einer Reihe von Untersuchungen unterziehen. Diese finden auch während und nach der Behandlung regelmäßig statt. π Anamnese: Mittels Fragen versucht der Arzt/die Ärztin, einen Eindruck vom Verlauf der Krankheit zu bekommen. π Allgemeine Untersuchung des Körpers: Der Arzt/die Ärztin bestimmt Größe, Gewicht, Temperatur und Blutdruck und untersucht die Lungen, den Bauch und andere Körperteile Ihres Kindes. Dem Gebiet, wo sich der Tumor befindet, wird verstärkte Aufmerksamkeit gewidmet. π Blutuntersuchung: Um den Zustand von Blut, Leber und anderen Organen zu beurteilen, wird Blut aus einer Vene entnommen. Eine betäubende Creme kann den Schmerz des Einstichs lindern. Mit Hilfe von bildgebenden Verfahren wird die Größe des Tumors untersucht, und es wird festgestellt, wo er sich befindet und ob es Metastasen gibt. π Bildgebende Verfahren: Wahrscheinlich wurden vom betroffenen Körperteil bereits Röntgenbilder angefertigt. Um den Tumor detailliert betrachten zu können, wird oft eine MRT (Magnetresonanztomographie) durchgeführt. Diese Technik ist vor allem dazu geeignet, sich ein Bild vom Tumor und des ihn umgebenden Weichteilgewebes zu machen. Auch Veränderungen im Knochenmark werden sichtbar. Bei einer MRT werden Magnetfelder verwendet. Ein MRT-Scanner ist ein Gerät, das laute Klopfgeräusche von sich gibt. Ihr Kind liegt in einer Röhre und muss lange still liegen bleiben. Mithilfe eines radioaktiven Isotops (Szintigraphie) können die Aktivität des Tumors bestimmt und Metastasen in den Knochen aufgespürt werden. Ihrem Kind wird eine kleine Menge eines radioaktiven Stoffes injiziert. Diese kleine Menge ist nicht schädlich. Sie können Ihr Kind also ganz normal berühren oder festhalten. Der radioaktive Stoff wird dort aufgenommen, wo sich der Stoffwechsel verändert hat, wie im Tumorgewebe oder den Metastasen. Ihr Kind muss viel trinken und nach ein paar Stunden wird ein Scan durchgeführt, wobei es auf einem beweglichen Tisch liegt. Mithilfe einer Spezialkamera, die radioaktive Strahlen wahrnimmt, werden Fotos des ganzen Körpers gemacht. Auch jetzt muss Ihr Kind still liegen bleiben. Meistens wird der Scan nach einem oder zwei Tagen wiederholt. Der radioaktive Stoff wird im Urin und im Stuhl wieder ausgeschieden. .35 .BHOFU SFTPOBO[ UPNPHSBQIJF %JF.BHOFUSFTPOBO[UPNPHSBQIJFLVS[.35 PEFSBVDI,FSOTQJOUPNPHSBQIJFHFOBOOU HFIzSU[VEFOCJMEHFCFOEFO7FSGBISFO¬XJF EBT3zOUHFOEJF$PNQVUFSUPNPHSBQIJFVOE EFS6MUSBTDIBMM¬EJFJOT,zSQFSJOOFSF TDIBVFOLzOOFOPIOFEFO.FOTDIFOEBCFJ [VWFSMFU[FO Die ÖKKH hat zu den bildgebenden Verfahren MRT, CT, Sonographie, Szinti­graphie und zu den Untersuchungsmethoden EKG und EEG Informations­ bro­schüren herausgegeben. Bestellmöglichkeiten: oesterreichische@kinder­ krebshilfe.at oder Tel.: 0043/1/402 88 99 Möglicherweise wird auch eine Computertomographie (CT) durchgeführt. Ihr Kind liegt dabei auf einem beweglichen Tisch und wird langsam durch einen großen Apparat geschoben. Immer wenn sich der Tisch ein Stückchen weiter bewegt, werden Aufnahmen gemacht. Ihr Kind muss eine Weile still liegen bleiben. Durch die Computertomographie können der Tumor besser abgebildet und/oder Metastasen in den Lungen ausgeschlossen werden. Um das Herz, die Blase, die Gebärmutter oder ein anderes Organ diagnostizieren zu können, wird manchmal ein Ultraschall (Sonographie), eine Untersuchung mittels Schallwellen, gemacht. Der Arzt/die Ärztin gibt ein Gel auf den Bauch Ihres Kindes und tastet mit einer Sonde darüber. Durch den Widerhall der Schallwellen wird das Organ auf dem Bildschirm sichtbar und fotografiert. Für eine richtige Beurteilung des Bildes ist eine volle Blase von Vorteil bzw. sogar notwendig. π Biopsie, Knochenmarkpunktion und Lumbalpunktion: Um den Typ und die Aggressivität des Tumors zu bestimmen, wird unter Narkose ein kleines Stückchen Tumorgewebe entnommen. Dies nennt man Biopsie. Das Gewebe wird bearbeitet, unter ein Mikroskop gelegt und von PathologInnen untersucht. Gleichzeitig mit der Biopsie wird – ebenfalls unter Narkose – eine Knochenmarkpunktion durchgeführt. Mit einer langen Hohlnadel wird aus dem Becken ein Stück Knochenmark entnommen und anschließend auf Metastasen untersucht. Befindet sich der Tumor in der Nähe des Gehirns oder des Rückenmarks, bekommt Ihr Kind einen Einstich in den Rücken (Lumbalpunktion). Während Ihr Kind mit angezogenen Knien auf der Seite liegt, wird mit einer Hohlnadel ein wenig Rückenmarksflüssigkeit entnommen und dieses dann auf Metastasen untersucht. Erkundigen Sie sich, wie Sie Ihrem Kind helfen können, und sprechen Sie über eine gute Schmerzbehandlung, denn dies ist eine Untersuchung, die Ihrem Kind viel abverlangt. Rhabdomyosarkome sind unter dem Mikroskop oft leicht zu erkennen. Andere Weichteiltumoren hingegen ähneln einander sehr und der Befund kann schon etwas auf sich warten lassen! Der Arzt/die Ärztin wird Ihnen alles genau erklären. Scheuen Sie sich nicht, Fragen zu stellen. Schreiben Sie Ihre Fragen auf, nehmen Sie jemanden zur Unterstützung mit und machen Sie sich Notizen. www.pixelio.de Behandlung Die Behandlung beginnt, sobald der Tumor genau lokalisiert wurde. Für die meisten Kinder bedeutet dies eine langwierige und intensive Prozedur. Die Behandlung ist abhängig von der Art des Tumors, der Stelle, an der sich der Tumor befindet, und ob sich bereits Wucherungen oder Metastasen gebildet haben. Fast immer wird eine Kombination verschiedener Behandlungen angewendet. Die Behandlung eines Rhabdomyosarkoms beginnt meistens mit einer Chemotherapie, da der Tumor dafür meistens sehr empfänglich ist. Danach folgt die Operation und manchmal auch eine Bestrahlung (Radiotherapie) und eine erneute Chemo­therapie. Hat Ihr Kind ein anderes Sarkom, wird der Schwerpunkt mehr auf die Operation und/oder Bestrahlung gelegt, da diese Weichteiltumoren auf eine Chemotherapie weniger gut ansprechen. Chemotherapie Die Chemotherapie ist eine Behandlung mit Medikamenten (Zytostatika), die die Zellteilung hemmen. Diese Medikamente töten die Tumorzellen, wodurch der Tumor kleiner wird und mögliche Metastasen angegriffen werden. Die Tumorkapsel wird fester, dadurch können die ChirurgInnen besser operieren und die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen wird gemindert. Um den Krebs so effizient wie möglich zu bekämpfen, bekommt Ihr Kind mehrere Arten von Zytostatika. Bei den meisten Sarkomen handelt es sich dabei um eine Kombination aus Cyclophosphamid oder Ifosfamid, Vincristin und Dactinomycin. Auch die Verwendung von Carboplatin, Etoposid und Doxorubicin gehört zu den Optionen. Im Behandlungsprotokoll steht genau verzeichnet, was Ihr Kind wann bekommt. Manchmal entscheiden sich die ÄrztInnen für eine andere Kombination oder ein anderes Verabreichungsschema von Medikamenten. Erkundigen Sie sich nach den Gründen dafür. Für die meisten Chemotherapie-Zyklen wird Ihr Kind ein paar Tage stationär aufgenommen. Manche Blöcke werden in der Tagesklinik verabreicht, Ihr Kind darf dann im Laufe des Tages wieder nach Hause. Die Chemotherapie wird mittels einer Infusion oder einer Injektion verabreicht. Meistens wird am Beginn der Behandlung ein Zentralvenenkatheter implantiert, ein kleiner Schlauch, der in ein großes Blutgefäß mündet. Mittels dieses Zentralvenenkatheters können die ÄrztInnen Zytostatika verabreichen und Blut entnehmen, ohne jedes Mal wieder ein Blutgefäß suchen zu müssen. Um einer Verstopfung des Schlauches vorzubeugen, muss dieser regelmäßig durchgespült werden. Bei einem Leiomyosarkom, Liposarkom oder Desmoid-Tumor kann eine Operation ausreichend sein. Eventuell wird der Tumor nachbestrahlt. Was merkt mein Kind von der Chemotherapie? Neben dem erwünschten Effekt auf die Tumorzellen haben Zytostatika auch Auswirkungen auf die Blutzellen, die Schleimhäute, die Haut und das Haar Ihres Kindes. Als Folge davon kann es zu Übelkeit, Müdigkeit, Mundschmerzen, Appetitmangel und Haarausfall kommen. Überdies ist Ihr Kind durch eine verringerte Abwehr besonders anfällig für Infektionen. Obwohl diese Nebenwirkungen nach der Behandlung ver10 schwinden, sind sie sehr unangenehm und können einen großen Einfluss auf das Leben Ihres Kindes ausüben. Oft ist eine unterstützende Behandlung in Form von Medikamenten, Bluttransfusionen und einer Sondenernährung notwendig. Jedes Zytostatikum hat seine spezifischen Nebenwirkungen, die temporär, aber auch bleibend auftreten können. Da Cyclophosphamid und Ifosfamid Nieren- und Blasenschäden verursachen können, werden Blut und Urin regelmäßig kontrolliert. Vincristin kann die Enden der Nervenbahnen schädigen, was zu einem kribbelnden Gefühl in Fingern und Zehen und einer verringerten Muskelkraft in Händen und Unterschenkeln führt und wodurch Ihr Kind Schwierigkeiten beim Gehen und Schreiben haben kann. Auch Verstopfung kommt oft vor, Ihr Kind erhält dann Abführmittel oder eine spezielle Diät verschrieben. Dactinomycin kann Hautausschlag hervorrufen. Carboplatin kann neben den Nieren auch das Gehör angreifen, daher muss sich Ihr Kind regelmäßig einem Gehör- und einem Bluttest unterziehen. Bei Etoposid besteht langfristig die leicht erhöhte Möglichkeit, dass es zu einer weiteren Krebserkrankung kommt. Doxorubicin kann langfristig den Herzmuskel schädigen. Mittels Echokardiographie wird das Herz regelmäßig überwacht. Schließlich können sich manche Zytostatika auch nachteilig auf die Fruchtbarkeit auswirken. Bedenken Sie aber, dass nicht alle Nebenwirkungen bei jedem Kind auftreten müssen! Machen Sie sich Sorgen darüber, was Sie sehen oder bemerken? Scheuen Sie sich nicht, den Arzt/die Ärztin oder das Pflegepersonal darauf aufmerksam zu machen. Sie kennen Ihr Kind am besten. 11 Operation Das wichtigste Ziel ist die vollständige Entfernung des Tumors. Während der Operation wird das gesamte Gebiet gründlich untersucht und es wird so weit wie möglich rund um den Tumor geschnitten. Damit soll die Wahrscheinlichkeit verringert werden, dass Krebszellen zurückbleiben und der Tumor zu einem späteren Zeitpunkt wiederkommt. Manchmal müssen mehrere Muskeln und Nerven entfernt werden. Sitzt der Tumor in oder in der Nähe von Blase, Gebärmutter, Prostata oder Hodensack, muss unter Umständen das gesamte Organ entfernt werden und Ihr Kind wird leider eine Narbe behalten. Nach der Operation untersuchen PathologInnen das entnommene Gewebe und verschaffen sich Klarheit über die Art des Tumors. Basierend auf dem Befund und den Daten der anderen Untersuchungen wird die weitere Behandlung festgelegt. Die Erstellung des Befunds der pathologischen Untersuchung kann ein oder zwei Wochen dauern. 12 Was merkt mein Kind von der Operation? Ihr Kind wird von pädagogisch geschulten MitarbeiterInnen oder vom Pflegepersonal mittels Fotos und Gesprächen auf die Operation vorbereitet. Am Tage der Operation bekommt Ihr Kind ein Beruhigungsmittel und ein Operationshemd und Sie dürfen Ihr Kind zum Operationssaal begleiten. Das Entfernen eines Tumors ist ein sehr großer Eingriff, und es kann einige Stunden dauern, bis Sie Ihr Kind wieder in die Arme schließen können. Nach der Operation hängt Ihr Kind an Schläuchen, Röhren und Apparaten, ist noch benommen von der Narkose und es bekommt ein Schmerzmittel. Nach einigen Tagen wird der Verband entfernt und Sie sehen zum ersten Mal die Narbe. Vielleicht wurde Ihrem Kind ein Organ (oder ein Teil davon) entfernt und es kann ab jetzt nicht mehr normal urinieren, riechen oder als Jugendliche/r bzw. Erwachsene/r Sex haben. Es ist bemerkenswert, dass sich viele Kinder und Jugendliche schnell an ihre neue Situation gewöhnen. Manchmal können auch TherapeutInnen (Physio-, ErgotherapeutInnen, etc.) Ihrem Kind helfen, nach der Operation wieder auf die Beine zu kommen. 13 Strahlentherapie Abhängig von der Art, der Stelle seines Auftretens, der Größe des Tumors und der Operation, wird Ihr Kind nachbestrahlt. Die meisten Sarkome sprechen auf eine Bestrahlung sehr gut an. Eine Strahlentherapie tötet die Tumorzellen und ihrem Wachstum wird entgegen gearbeitet. Um den größtmöglichen Effekt zu erzielen, wird die Bestrahlung über mehrere Wochen verteilt, in denen Ihr Kind täglich eine Folge von Bestrahlungen bekommt, die einige Minuten dauern. Es wird vorab festgelegt, wie viel Strahlung Ihr Kind erhält, und das zu bestrahlende Gebiet wird genau angezeichnet. Vor einer Schädelbestrahlung wird eine spezielle Maske angefertigt. Sie hilft Ihrem Kind, still zu halten, damit die Strahlen genau auf die richtige Stelle treffen. 14 Was merkt mein Kind von der Strahlentherapie? Eine Strahlentherapie ist unsichtbar und unhörbar, Ihr Kind wird nichts davon merken. Gleichwohl kann es eine unangenehme Erfahrung sein, denn es muss allein in einem großen Raum und unter einem großen Apparat liegen, und manchmal auch noch unter einer Maske. Sie stehen hinter einer dicken Wand und haben über einen Monitor und/oder eine Gegensprechanlage Kontakt zu ihm. Erkundigen Sie sich, was Sie tun können, um Ihr Kind zu unterstützen. Auch die Bestrahlung hat ihre Nebenwirkungen. Auf die Dauer beginnt die bestrahlte Haut zu jucken, wird rot und fühlt sich brennend an. Die Nebenwirkungen sind lästig, verschwinden aber meistens nach einer gewissen Zeit wieder. Bestrahlte Knochen werden dünn und brüchig und es können Probleme entstehen, da das bestrahlte Gebiet im Wachstum zurückbleibt. Vor allem im Gesicht kann dies unangenehme Folgen haben. Werden das Herz oder die Lunge Ihres Kindes bestrahlt, kann dies zu Problemen mit der Kondition führen. 15 Brachytherapie Im Falle eines Tumors in der Prostata, der Gebärmutter oder im Gesicht wird sich Ihr Kind vielleicht einer Brachytherapie unterziehen müssen. Dies ist eine innere Form der Strahlentherapie, wobei Hohldrähte unter Narkose eingeführt werden, die später mit radioaktivem Material „gefüllt” werden. Manchmal werden die Drähte bereits während der Operation eingeführt, bei der auch der Tumor entfernt wird. Ihr Kind wird auf die Abteilung für Nuklearmedizin verlegt, wo es ein eigenes Zimmer bekommt und wo ganz besondere Regeln gelten. Da es eine radioaktive Quelle (die Drähte) in sich trägt, sendet es Strahlen aus. Sie dürfen Ihr Kind während dieses Zeitraums so wenig wie möglich berühren. Der Kontakt findet mittels Monitor und Telefon statt, was sowohl für Sie als auch für Ihr Kind sicher nicht einfach ist. Wenn nötig, bekommt Ihr Kind beruhigende Medikamente. Nach einigen Tagen ist die gesamte Dosierung erreicht, die Drähte werden entfernt und die Wunde wird auf der Abteilung für plastische Chirurgie geschlossen. Ihr Kind hat jetzt viele Streicheleinheiten verdient! Die Brachytherapie wird nicht in jedem Krankenhaus angewendet und über die Langzeitfolgen ist noch wenig bekannt. In Österreich wird diese Therapie an der Univ.-Klinik für Strahlentherapie Wien, Klinische Abteilung für Brachytherapie, durchgeführt. Geben Sie diese Broschüre auch an Ihre Familie, FreundInnen, Bekannte oder an die LehrerInnen Ihres Kindes weiter. 16 Nachbehandlung Auch auf Basis der pathologischen Untersuchung müssen sich Kinder mit einem Rhabdomyosarkom nach der Operation und/oder Bestrahlung erneut einer Chemotherapie unterziehen – voraussichtlich mit den gleichen Zytostatika wie vor der Operation. Die ÄrztInnen werden Ihnen den Behandlungsplan erläutern. Auch dann kann Ihr Kind mit Nebenwirkungen konfrontiert werden. Es können, aber müssen nicht die Gleichen wie vor der Operation sein. Obwohl Ihr Kind inzwischen schon ein erfahrener Patient/eine erfahrene Patientin ist, wird es vielleicht über eine neue Behandlung nicht sehr erfreut sein. Es wird viel Kreativität und Energie erforderlich sein, Ihr Kind zu motivieren. Nach der Behandlung Es beginnt ein neuer Zeitabschnitt. Keine Tumorbehandlungen mehr, aber noch regelmäßige Krankenhausbesuche, um festzustellen, ob alles in Ordnung ist. So eine Kontrolle ist belastend, kann aber auch beruhigend sein. Ihr Kind wird untersucht und wenn nötig werden Bluttests gemacht. Manchmal sind auch noch andere Untersuchungen wie Herz­ ultraschall, Lungenröntgen oder eine MRT des operierten Gebiets notwendig. Der Kontrollzeitraum dauert einige Jahre, vielleicht sogar, bis Ihr Kind erwachsen ist. Dies hängt von der Krankengeschichte und den Befunden ab. Anfangs finden die Kontrollen ein bis zwei Mal pro Monat statt, später werden die Intervalle größer. 17 Den Alltag wieder meistern Den Alltag wieder aufzunehmen ist manchmal leichter gesagt als getan. Vielleicht hat sich das Gesicht Ihres Kindes verändert oder es hat Narben am Körper. Vielleicht hat es Schwierigkeiten beim Radfahren, Gehen oder Harnlassen oder es hat allgemein Probleme, sich wieder zurecht zu finden. Und wie sieht es mit Ihren anderen Kindern aus? Fordern diese zusätzliche Aufmerksamkeit, da sie das Gefühl haben, zu kurz gekommen zu sein? Dann gibt es natürlich auch noch Ihre eigenen Gefühle. Es scheint, als ob Ihnen erst jetzt bewusst wird, was alles geschehen ist. Dies ist völlig normal, denn Sie haben eine schwere Zeit hinter sich. Wie gehen Sie damit um? Bei wem finden Sie Unterstützung? An wen können sich Ihre Kinder wenden? Vielleicht kommen Sie damit alleine oder zusammen mit Ihrem Partner/Ihrer Partnerin, Ihrer Familie oder Ihren FreundInnen zurecht. Vielleicht haben Sie auch das Bedürfnis, Erfahrungen mit Eltern, die das Gleiche durchgemacht haben, auszutauschen? Sie können immer mit den KinderKrebs-Hilfe-Organisationen Kontakt aufnehmen. 18 Wenn es nicht (so) gut läuft Sollte Ihnen leider mitgeteilt werden, dass es Ihrem Kind nicht mehr besser gehen wird, kommt eine schwere Zeit auf Sie zu. Für Sie beginnt ein Abschnitt, der durch Trauer und Abschiednehmen gekennzeichnet ist. Behalten Sie Ihren Mut und denken Sie daran, dass die meisten Kinder sehr stark sind und weitermachen, solange es geht. Vielleicht hat Ihr Kind noch einige besondere Wünsche. Versuchen Sie die Momente, die Ihnen noch gemeinsam mit Ihrem Kind bleiben, zu genießen. Denken Sie daran, dass die Kinder-Krebs-Hilfe gerade auch jetzt für Sie da ist. Langfristig Kinder, die einen Muskel- oder anderen Weichteiltumor überstanden haben, werden die Folgen immer mit sich tragen müssen. Manche Kinder leiden an den Folgen der Chemo­ therapie, sie müssen später noch einmal operiert werden oder die Strahlentherapie hat ihre Spuren hinterlassen. Unfruchtbarkeit, Herzbeschwerden und Müdigkeit sind Folgen, die Ihr Kind auch noch langfristig belasten können – dies kann, muss aber nicht sein. Wie auch immer, letztendlich finden die Kinder ihren Weg, manchmal mit externer Hilfe und Begleitung. 19 Hallo du! Hast du selber einen Muskeltumor oder einen anderen Weichteiltumor gehabt? Hat dein Bruder oder deine Schwester so einen Tumor (gehabt) und willst du wissen, was das alles bedeutet? In dieser Broschüre geht es um Krebs, Rhabdomyosarkome und andere Sarkome mit komplizierten Namen, um Chemotherapie, Untersuchungen, Nebenwirkungen, Operationen und Bestrahlungen. Sie wurde für deine Eltern geschrieben, aber du kannst sie natürlich auch lesen. Vielleicht steht hier etwas, was du noch nicht weißt! Vielleicht warst du noch jung, als du Krebs hattest und jetzt hast du viele Fragen. Was NICHT in der Broschüre steht ist, wie du dich damals fühltest, wie du aussahst, in welchem Krankenhaus du warst, wie du reagiertest, welcher Herr oder welche Frau Doktor an deinem Bett stand, wie dein Physiotherapeut/deine Physiotherapeutin aussah, wie oft dein Opa und deine Oma dich besuchten, was im Sportverein oder in der Klasse passierte und was auch sonst noch los war. Diese Fragen kannst du am besten deinen Eltern stellen, denn sie waren ja schließlich dabei. Es gibt sicher noch Fotos aus dieser Zeit und, wer weiß, vielleicht haben deine Eltern etwas aufgeschrieben. 20 Oder, oder, oder … du willst wissen, wie es jetzt um dich steht. Ob du schon ganz gesund bist und wie das genau mit der Narbe weitergeht. Ist es normal, wenn du manchmal daran zurückdenkst? Sind alle Eltern von Kindern, die Krebs haben, so überbesorgt? Oder vielleicht zweifelst du, ob du jemals einen Freund oder eine Freundin haben wirst? Was erzählst du ihm oder ihr? Und wie sieht es später mit eigenen Kindern aus? Wer weiß, vielleicht bist du ja „nur” ein Bruder oder eine Schwester, und du fühlst dich alleine und unverstanden. Dies sind alles ganz normale Gefühle und Fragen, die sich immer wieder aufdrängen. Probier doch selbst, hier etwas zu tun. Geh zu deinem Hausarzt oder deiner Hausärztin, zu den ÄrztInnen ins Krankenhaus oder liege deinen Eltern in den Ohren. Suche jemanden, der so alt ist wie du und das Gleiche erlebt hat, lies Bücher, geh ins Internet, denk dir eine Geschichte aus, schreib einen Brief oder eine E-Mail, oder sprich mit jemandem, der viel über Krebs bei Kindern weiß. Wer weiß, vielleicht hilft es dir, und du findest Antworten auf deine Fragen, die für dein Leben wichtig sind. In den Nachsorge-Camps der Österreichischen Kinder-KrebsHilfe gibt es u.a. auch die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch unter Gleichbetroffenen. Gemäß dem Leitsatz „Kraft und Hoffnung geben – Überleben!” lernen von Krebs betroffene Kinder und Jugendliche sowie deren Geschwister, ihr Leben wieder selber in die Hand zu nehmen, mit ihren Ängsten umzugehen und Selbstvertrauen aufzubauen. Nähere Informationen zu den psychotherapeutisch begleiteten Nachsorge-Projekten der Österreichischen Kinder-Krebs-Hilfe gibt es per Telefon: +43/1/402 88 99 oder auf der Website: www.kinderkrebshilfe.at 21 I mpressum Herausgeberin: Österreichische Kinder-Krebs-Hilfe, Anita Kienesberger Borschkegasse 1/7, 1090 Wien Tel.++43/1/402 88 99, e-mail: [email protected], www.kinderkrebshilfe.at Idee + Konzept: Vereniging „Ouders, Kinderen en Kanker” (VOKK), Niederlande Originaltext: Nel Kleverlaan Mitarbeit: Univ.Prof. Dr. Christian Urban Redaktion: MMag. Monika Kehrer, Anita Kienesberger Grafik + Gestaltung: Monika Vali. Druck: REMAprint, 1160 Wien, 2009/1. Auflage i K K r e bs - H i lfe er nd Österreichische Kinder-Krebs-Hilfe Verband der Österreichischen Kinder-Krebs-Hilfe Organisationen Spendenkonto: PSK 7.631.111, Blz 60.000