Unscharfe Kundensegmentierung - Diuf

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Seminararbeit
im Rahmen des Wahlfaches Electronic Customer Relationship Management
Unscharfe Kundensegmentierung
vorgelegt am
Department of Informatics
Information Systems Research Group
Prof. Dr. Andreas Meier
Universität Fribourg
Frühlingssemester 2008
Vorgelegt von:
Abgabedatum:
Lukas Gerber
02-218-766
Steinbühlallee 114b
CH-4123 Allschwil
Tel.: 0041(0)797579033
[email protected]
25.04.2008
I
Abstract
Eine der wichtigsten aktuellen Herausforderungen für Unternehmen ist das
Management von Kundenbeziehungen. Diese Arbeit stellt die unscharfe Klassifikation,
insbesondere die unscharfe Kundensegmentierung, als mögliches Mittel zur Analyse
und Kontrolle von Kundenbeziehungen vor. Theoretisch bringt diese Methode im
Vergleich zu einer scharfen Methode viele Vorteile mit sich. Die Anwendung einer
unscharfen Logik auf bestehende Management-Instrumente (wie z.B. die ABC-Analyse
oder die Portofolio-Analyse) ermöglicht eine bessere und gerechtere Klassifikation und
Segmentierung der Kunden eines Unternehmens. Damit wird die Qualität des
Kundenbeziehungsmanagements erhöht. Um eine unscharfe Kundensegmentierung in
der Praxis optimal umzusetzen, sind jedoch einige wesentliche Aspekte zu
berücksichtigen.
II
Inhaltsverzeichnis
Seite
ABSTRACT ................................................................................................................ I
INHALTSVERZEICHNIS ........................................................................................ II
ABBILDUNGSVERZEICHNIS ...............................................................................III
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS .............................................................................IV
1. EINLEITUNG ......................................................................................................... 1
1.1 PROBLEMSTELLUNG ............................................................................................. 1
1.2 ZIELSETZUNGEN DER UNTERSUCHUNG .................................................................. 1
1.3 VORGEHENSWEISE ............................................................................................... 2
2 KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN DER UNTERSUCHUNG....................... 3
2.1 RELATIONALE DATENBANKEN .............................................................................. 3
2.2 KUNDENSEGMENTIERUNG .................................................................................... 4
2.3 KUNDENWERT ...................................................................................................... 6
3 UNSCHARFE LOGIK ............................................................................................ 7
3.1 UNSCHARFE KLASSIFIKATION ............................................................................... 7
3.1.1 Theoretische Grundlagen des Modells .......................................................... 7
3.1.2 Unscharfe vs. scharfe Klassifikation ............................................................. 9
3.1.3 Fuzzy Classifisation Query Language (fCQL)............................................. 11
3.1.4 Hierarchical Fuzzy Classification............................................................... 12
3.1.5 Einsatzbereiche im Management................................................................. 13
3.2 UNSCHARFE KUNDENSEGMENTIERUNG ............................................................... 13
3.2.1 Definition ................................................................................................... 13
3.2.2 Unscharfe Clusteranalyse ........................................................................... 14
3.2.3 Methoden der unscharfen Kundensegmentierung........................................ 15
3.2.4 Beispiel: Unscharfe Kundensegmentierung von Online Customers ............. 17
3.3 ERKENNTNISSE AUS EINER WIRTSCHAFTLICHEN PERSPEKTIVE ............................. 19
4 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK ......................................................... 20
LITERATURVERZEICHNIS..................................................................................III
III
Abbildungsverzeichnis
ABBILDUNG 1: KONZEPT DER LINGUISTISCHEN VARIABLE ............................................................................. 9
ABBILDUNG 2: UNSCHARFE KLASSIFIKATION MIT „TURNOVER“ UND „PAYMENT BEHAVIOUR“ .................... 9
ABBILDUNG 3: SCHARFE ( RECHTS) UND UNSCHARFE ( LINKS) ABC-ANALYSE ............................................. 16
ABBILDUNG 4: SCHARFE (A) UND UNSCHARFE (B) PORTOFOLIO-ANALYSE .................................................. 17
IV
Abkürzungsverzeichnis
CLV
Customer Lifetime Value
CRM
Customer Relationship Management
eCRM
electronic Customer Relationship Management
fCQL
fuzzy Classification Query Language
IT
Information Technology
KDD
Knowledge Discovery in Databases
SQL
Structured Query Language
1
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
In den letzen Jahren haben die Kundenbeziehungen in fast allen Branchen eine immer
wichtigere Rolle eingenommen und es ist zu erwarten, dass sich diese Entwicklung auch
in Zukunft fortsetzen wird. Aus diesem Grund ist das Thema Customer Relationship
Management (CRM) für die meisten Unternehmen zu einem Schlüsselbegriff geworden.
Diese Entwicklung spiegelt sich unter anderem in den Umsatzzahlen der CRMHersteller wieder. Eine Analyse von Forrester Research beziffert das weltweite
Volumen des CRM-Geschäftes im Jahre 2006 mit 8,4 Milliarden Dollar und es wird bis
zum Jahr 2010 eine jährliche Wachstumsrate von rund 7 % erwartet [vgl. Pichler 2007,
S. 27]. Die wesentlichen Ziele des CRMs sind die Pflege dauerhafter und profitabler
Kundenbeziehungen und die Steigerung des Kundenwertes für das Unternehmen.
Das Electronic Customer Relationship Management, das sich mit der Umsetzung des
CRM mit Hilfe elektronischer Medien befasst, ist dabei besonders in den Vordergrund
geraten. Dies ist auf die Entfaltung der aktuellen Informationsgesellschaft und deren
umfangreiche Datenbestände zurückzuführen. In diesem Bereich wurden verschiedene
Methoden und Techniken zur Verwirklichung der Ziele des Kundenbeziehungsmanagements entwickelt. Eine der Methoden besteht in der Kundensegmentierung.
Diese bezweckt eine Aufteilung sämtlicher Kunden des Unternehmens in Untergruppen,
um die spezifischen Bedürfnisse der Gruppen entsprechend befriedigen zu können.
Diese Arbeit stellt das Konzept der unscharfen Klassifikation, insbesondere der
unscharfen Kundensegmentierung, vor. Dieses Konzept bietet sich als ein mögliches
Instrument zur Kundensegmentierung im Rahmen des CRM an.
1.2 Zielsetzungen der Untersuchung
In
dieser
Arbeit soll
überprüft
werden, ob
das Konzept
der
unscharfen
Kundensegmentierung als mögliches Instrument des CRM einen Zusatznutzen für
2
Unternehmen generieren kann. Dabei ist die Frage nach dem Nutzen-AufwandVerhältnis von besonderem Interesse.
Ziele der Untersuchung:
•
Erläuterung der Begriffe „Relationale Datenbanken“, „Kundensegmentierung“ und
„Kundenwert“ und deren Verknüpfung zum CRM .
•
Veranschaulichung der wesentlichen Konzepte der unscharfen Klassifikation,
insbesondere der unscharfen Kundensegmentierung.
•
Analyse der Vor- und Nachteile für das Unternehmen bei der Anwendung eines
unscharfen Klassifikationsmodells und Zusammenfassung der daraus resultierenden
Erkenntnisse.
1.3 Vorgehensweise
Um die oben genannten Ziele zu erreichen, wird die Arbeit wie folgt strukturiert:
Im nachfolgenden Kapitel zwei werden die konzeptionellen Grundlagen der
Untersuchung dargelegt. Der Leser wird dabei mit den grundlegenden Begriffen dieser
Arbeit konfrontiert um darauf aufbauend diese Begriffe in einem bestimmten
Zusammenhang zu beurteilen. In Abschnitt 2.1 werden die relationalen Datenbanken
vorgestellt und ihre Bedeutung im Bereich des CRM veranschaulicht. Danach zeigt
Abschnitt 2.2 die Idee der Kundensegmentierung auf, bevor in Abschnitt 2.3 der Begriff
Kundenwert diskutiert wird.
Kapitel drei bildet den Schwerpunkt dieser Arbeit. Abschnitt 3.1 stellt die Idee der
unscharfen Klassifikation vor. Dabei werden die theoretischen Grundlagen dieser
Klassifikationsart erklärt, die Vor- und Nachteile gegenüber einer scharfen
Klassifikation analysiert, die Konzepte „Fuzzy Classification Query Language“ und
„Hierarchical Fuzzy Classification“ besprochen, sowie deren mögliche Einsatzbereiche
im Management aufgezeigt. Anschliessend wird in Abschnitt 3.2 das Konzept der
unscharfen Kundensegmentierung tiefgründig besprochen. Zunächst wird dieses
3
Konzept genau definiert, anschliessend werden die unscharfe Cluster-Analyse und die
Methoden der Kundensegmentierung vorgestellt, bevor ein einfaches Beispiel den
praxisorientierten Standpunkt der Arbeit aufzeigt. Abschliessend werden die
Erkenntnisse zur unscharfen Logik in Abschnitt 3.3 aus einer wirtschaftlichen
Perspektive zusammengefasst.
Kapitel vier bildet mit der Zusammenfassung der Untersuchung und dem Ausblick den
Abschluss dieser Arbeit.
2 Konzeptionelle Grundlagen der Untersuchung
2.1 Relationale Datenbanken
In
der
aktuellen
Informationsgesellschaft
weisen
die
meisten
betrieblichen
Informationssysteme umfassende Datenbestände auf. Diese werden vorwiegend in
relationalen Datenbanken verwaltet. Unternehmen und Organisationen sind an
Instrumenten interessiert, welche bedeutsame Informationen aus ihren Datenbanken
extrahieren können. Aus diesem Grund zählen Datenbanksysteme mit ihren Sprach- und
Auswertungsfunktionen
neben
der
Kommunikationsinfrastruktur
zu
den
Schlüsseltechnologien unserer Gesellschaft [vgl. Meier 2007, S. IX]. Der Prozess des
Knowledge Discovery in Databases (KDD) ist in dieser Hinsicht von besonderem
Interesse. Das eigentliche Ziel eines solchen KDD-Prozesses ist „die Reduktion der
Komplexität der Daten resp. das Erkennen von Mustern in grossen Datenbeständen“
[Meier et al. 2003, S. 1].
Im Rahmen des KDD-Prozesses nimmt die Phase des Data Mining eine zentrale Rolle
ein.
In
dieser
Modellierungsphase
wendet
man
Modellierungs-
und
Entdeckungstechniken auf bereits verarbeitete Daten an [vgl. Timm 2002, S. 2]. Falls
Instrumente des Data Mining (wie beispielsweise Klassifikationsmethoden) verwendet
werden, verwandelt sich die mehrdimensionale Datenbank in eine Wissensbank [vgl.
Meier 2007, S. 177].
4
In den letzten Jahren werden Erkenntnisse aus dem Gebiet der unscharfen Logik auf
Datenbanken und Datenmodellierung angewendet [vgl. Meier et al. 2003, S. 2].
Dadurch existieren neben den scharfen relationalen Datenbankabfragesprachen wie z.B.
SQL (Structured Query Language) nun auch unscharfe Abfragesprachen wie z.B. fCQL
(fuzzy Classification Query Language). Letztere wird in Abschnitt 3.1.3 vertieft
behandelt.
Die Identifikation von Kunden- oder Marktsegmenten verlangt aussagekräftige Daten
über aktuelle und zukünftige Kunden und deren Kaufgewohnheiten. Die Theorie besagt,
dass eine grosse Anzahl von Daten zu einem besseren Einblick verhilft. In der Praxis
produzieren
jedoch
„operativ
betriebliche
Informationssysteme
umfangreiche
Datenbestände“ [Schindler 1998, S. 1], die vorwiegend in relationalen Datenbanken
verwaltet werden. Diese Flut an Informationen erschwert das Auffinden von sinnvollen
Informationen und Wissen für das Unternehmen. Deswegen spielen im Bereich der
Kundensegmentierung die Technologie der Datenbanken eine wichtige Rolle [vgl.
Simha/Iyengar 2005, S. 324].
2.2 Kundensegmentierung
Jedes Unternehmen hat eine andere Art von Kunden. Kunden haben unterschiedliche
Bedürfnisse und Erwartungen bezüglich der Produkte und Dienstleistungen, ungleiche
Kauf- und Gebrauchsgewohnheiten der gekauften Produkte und ein unterschiedliches
Informations- und Kommunikationsverhalten [vgl. Peppers and Rogers 1997, S. 31].
Aus diesem Grund ist eine Unterteilung der Kunden in Gruppen mit ähnlichen
Charakteristiken sinnvoll. Oftmals wird die Segmentierung von Kunden als
Ausgangspunkt
eines
systematischen
Kundenmanagements
gesehen.
Unter
Kundensegmentierung wird die „Aufteilung sämtlicher potenzieller und aktueller
Kunden in bezüglich ihrer Marktreaktion intern homogene, untereinander heterogene
Untergruppen (Kundensegmente) sowie die Bearbeitung eines oder mehrerer dieser
Kundensegmente“ [Bruhn 2001, S. 95], verstanden. Jedoch besteht die Kernfrage der
Segmentierung vielmehr darin, welches der Kundengruppen bzw. Segmente dem
Unternehmen
den
eigentlichen
Geschäftserfolg
ermöglichen
können.
Viele
5
Kundengruppen im Markt sind zwar an einem Produkt interessiert, verfügen jedoch
über keine Zahlungsbereitschaft [vgl. Albiez et al. 2008, S. 848].
Für die Aufteilung der Kunden in Untergruppen, die hinsichtlich ihrer Reaktion auf
Aktivitäten des Unternehmens Ähnlichkeiten aufweisen, sind Segmentierungskriterien
zu bestimmen. Diese sollten die nachfolgenden Anforderungen erfüllen [vgl. Bruhn
2001, S. 96; Homburg/Sieben 2008, S. 506f.]:
•
Messbarkeit und Operationalisierbarkeit: Die Kriterien sollten mit gängigen
Marktforschungsmethoden ermittelbar sein.
•
Wirtschaftlichkeit:
Bei
der
Erhebung
der
Kriterien
sollte
der
Segmentierungsnutzen die hierfür anfallenden Kosten überkompensieren
•
Zugänglichkeit: Die Kriterien sollten so gewählt werden, dass das Kundensegment
gezielt erreichbar und isolierbar ist.
•
Kaufverhaltensrelevanz: Als Kriterien sind Indikatoren zu wählen, die einen
Bezug zum Käuferverhalten aufweisen.
•
Zeitliche Stabilität: Die Segmentierungskriterien sollten über den Planungszeitraum weitgehend stabil sein.
Im Rahmen des CRM ist es von grosser Bedeutung, eine intelligente und am
Kaufverhalten
ausgerichtete
Segmentierung
der
Kunden
durchzuführen
[Homburg/Sieben 2008, S. 507]. Dabei spielt die Art der Segmentierungskriterien eine
entscheidende Rolle. Es existiert ein Vielzahl von Kriterien zur Kundensegmentierung
(auch Customer Performance Indicators genannt), welche in endogene und exogene
Kriterien unterteilt werden können. Im Rahmen des CRM liegt der Schwerpunkt auf den
endogenen Kriterien, welche vom Unternehmen steuerbar sind. Es lassen sich folgende
Gruppen von endogenen Segmentierungskriterien differenzieren [vgl. Bruhn 2001, S.
97f.]:
•
Ökonomische Kriterien (Kundendeckungsbeitrag, Customer Lifetime Value,
Kundenwert, Kundenumsatz, …)
•
Psychologische Kriterien (Kundenzufriedenheit, Beziehungsqualität, Kundentreue,
Kundennutzen,…)
6
•
Verhaltensbezogene Kriterien (Kundenbindung, Mund-zu-Mund-Kommunikation,
Zahlungsverhalten, Wiederkaufsverhalten…)
2.3 Kundenwert
Bei der Frage nach dem Kundenwert muss zwischen zwei möglichen Perspektiven
unterschieden werden. Aus der Perspektive des Kunden ist der Kundenwert der Nutzen,
den die Leistung eines Unternehmens beim Kunden stiftet (Kundennutzen). Aus der
Sicht des Unternehmens ist der Kundenwert der ökonomische Beitrag, den der Kunde
dem Unternehmen stiftet [vgl. Albiez el al. 2008, S. 854]. Im Rahmen dieser Arbeit
wird ausschliesslich näher auf die letztgenannte Perspektive eingegangen.
Zur Bestimmung des Kundenwertes können verschiedene Analyseverfahren eingesetzt
werden. Grundlegend lässt sich zwischen statischen und dynamischen Analyseverfahren
unterscheiden. Beim statischen Verfahren der Kundenwertanalyse beträgt der
Betrachtungszeitraum in der Regel ein Jahr. Dabei werden anhand der Daten des
Rechnungswesens die im Unternehmen anfallenden Kosten den jeweiligen Kunden
zugeordnet. Demgegenüber verfolgt das dynamische Verfahren der Kundenwertanalyse
das Ziel, die gesamte Lebenszeit des Kunden über seinen Kundenbeziehungslebenszyklus abzubilden. In diesem Zusammenhang spricht man von der Methodik des
Customer Lifetime Value (CLV) [vgl. Homburg/Sieben 2008, S. 510].
Das Customer Relationship Management verfolgt die Optimierung des Kundenwertes in
einer Organisation mit Hilfe der Datenanalyse als Ziel. Deshalb erfüllt die
Kundenwertanalyse eine wichtige Aufgabe innerhalb des CRM. Durch diese Analyse
soll der Wert der verschiedenen Kundensegmente identifiziert werden [vgl.
Simha/Iyengar 2005, S. 324].
7
3 Unscharfe Logik
Die unscharfe Logik (Fuzzy Logic) wurde 1965 von Lofti A. Zadeh mit dem
Zeitschriftenartikel „Fuzzy Sets“ eingeführt. Darin begründet Zadeh den Gebrauch von
unscharfen Mengen mit der Problematik, dass Gegenstände der physischen Welt und
des Denkens nicht immer eindeutig einer Klasse, das heisst einem Oberbegriff,
zuzuordnen sind [vgl. Zadeh 1965, S. 338 ff.; Cromme 2005, S. 133]. Seit einiger Zeit
werden die Erkenntnisse aus diesem Bereich der unscharfen Logik auf Datenbanken
und Datenmodellierung angewendet [vgl. Meier 2007, S. 178].
3.1 Unscharfe Klassifikation
3.1.1 Theoretische Grundlagen des Modells
Objekte einer relationalen Datenbank können durch ein scharfes oder unscharfes
Verfahren klassifiziert werden. Die scharfe Klassifikation (sharp classification) nimmt
eine dichtochome Zuweisung der Datenbankobjekte zur Klasse vor, d.h. die
Mengenzugehörigkeitsfunktion des Objekts zur Klasse beträgt 0 (für nicht einhalten)
oder 1 (für einhalten). Anders sieht es bei der unscharfen Klassifikation (fuzzy
classification) aus. Dieses Verfahren lässt für die Mengenzugehörigkeitsfunktion Werte
zwischen 0 und 1 zu. Dadurch wird eine differenzierte Interpretation der
Klassenzugehörigkeit ermöglicht [vgl. Meier et al. 2003, S. 3].
Im fuzzy-relationalen Datenmodell mit Kontexten (Kontextmodell) ist jedem Attribut
Aj, definiert auf einem Wertebereich D(Aj), ein Kontext zugeordnet. Ein Kontext K(Aj)
ist eine Partition von D(Aj) in Äquivalenzklassen. Ein rationales Datenbankschema mit
Kontexten R(A,K) besteht daher aus einer Menge von Attributen A=(A1,…,An) und
einer Menge assoziierter Kontexte K=(K1(A1),…,Kn(An)) [vgl. Werro/Stormer/Meier
2006, S. 257].
Um
aus
scharfen
Kontexten
unscharfe
Klassen
herzuleiten,
werden
den
Äquivalenzklassen vorerst verbale Begriffe zugeordnet. Dadurch verbindet sich eine
8
Vorstellung über die zur Äquivalenzklasse gehörenden Elementen mit unscharfer
Zuordnung. Mit Hilfe dieser linguistischen Variabeln können die Äquivalenzklassen der
Attribute auf eine instinktivere Art beschrieben werden. Ausserdem wird jeder Term
durch eine unscharfe Menge repräsentiert, die durch eine Zugehörigkeitsfunktion µ auf
den Wertebereichen der Attribute definiert ist [vgl. Meier et al. 2003, S. 5].
Das folgende einfache Beispiel soll die theoretischen Grundlagen der unscharfen
Klassifikation veranschaulichen:
Kunden werden ausschliesslich anhand von zwei Attributen beurteilt, nämlich
„turnover“ (Umsatz) und „payment behaviour“ (Zahlungsverhalten). Die beiden
qualifizierenden Attribute werden je in zwei Äquivalenzklassen zerlegt. Die
entsprechenden Attribute und Kontexte für das CRM lauten [vgl. Meier 2007, S. 178 ff.;
Werro/Stormer/Meier 2006, S. 257]:
•
Turnover in CHF pro Monat: Der Wertebereich für den Umsatz in CHF soll durch
[0..1000] definiert sein. Zudem werden die beiden Äquivalenzklassen [0..499] für
low turnover und [500..1000] für high turnover gebildet.
•
Payment behaviour der Kunden: Der Werteberreich [in advance, on time, behind
time, too late] gilt für das Attribut des Zahlungsverhaltens. Der Werteberreich wird
in den beiden Äquivalenzklassen [in advance, on time] für „attractive payment
behaviour“ und [behind time, too late] für „non attractive payment behaviour“.
Die Beschreibung der vagen Terme „high turnover“ und „low turnover“ mit den
Zugehörigkeitsfunktionen µ
high turnover
und µ
low turnover
bewirkt, dass der Wertebereich
D(turnover) unscharf partitioniert wird. Analog wird auch der Werteberreich D(payment
behaviour) durch die Terme „attractive“ und „non attractive“ unterteilt. Dadurch
entstehen im Kontextmodell Klassen mit kontinuierlichen Übergängen, d.h. unscharfe
Klassen. Dies führt zur essentiellen Erkenntnis der unscharfen Klassifikation: „A
customer can belong to more than one class at the same time. This leads to
differentiated marketing concepts and helps to improve customer equity” [Meier et al.
2005, S. 1090].
9
In Abbildung 1 ist die Definition des Merkmals “turnover” als linguistische Variable
gegeben. Diese Variable hat die Termmenge T(turnover)=[low,high] mit den verbalen
Begriffen „low“ und „high“ zur Beschreibung der beiden Äquivalenzklassen [0..499]
resp. [500..1000].
Abbildung 1: Konzept der linguistischen Variable
(Quelle: [Werro/Stormer/Meier 2006, S. 257]
Wie in Abbildung 2 dargestellt, führt die Definition der Äquivalenzklassen der Attribute
„turnover“ und „payment behaviour“ zu einem zweidimensionalen Klassifikationsraum.
Die resultierenden Klassen C1 bis C4 können beispielsweise durch Marketingstrategien
wie „Commit Customer“ (C1), „Improve Loyalty“ (C2), “Augment Turnover“ (C3)
oder “Don’t Invest“ (C4) charakterisiert werden.
Abbildung 2: Unscharfe Klassifikation mit „turnover“ und „payment behaviour“
(Quelle: [Werro/Stormer/Meier 2006, S. 257]
3.1.2 Unscharfe vs. scharfe Klassifikation
Nachdem die theoretischen Grundlagen der unscharfen Klassifikation gelegt wurden,
soll diese Methode nun mit dem klassischen Konzept der scharfen Klassifikation
verglichen werden. Der Gebrauch von unscharfen Klassifikationen im Rahmen des
10
CRM bringt einige Vorteile für das Unternehmen mit sich [vgl. Meier/Werro 2006, S.
502 ff.]:
•
Der wesentliche Vorteil besteht darin, dass ein Kunde nicht nur zu einer einzigen,
sondern zu mehreren Klassen gleichzeitig gehören kann. Dadurch widerspiegeln die
unscharfen Kundensegmente die Realität besser und ermöglichen es dem
Unternehmen, Kunden nach ihrem wirklichen Wert zu behandeln. Eine solche
individuelle Behandlung ermöglicht es den Managern das Marketingbudget genauer
zu berechnen und möglicherweise Kosten einzusparen.
•
Die unscharfe Klassifikation ermöglicht, im Gegensatz zur scharfen Klassifikation,
den Gebrauch von nicht-numerischen Attributen. Mit Hilfe dieser linguistischen
Variablen und Terme können Äquivalenzklassen instinktiver beschrieben werden
und eine sprachliche Formulierung der Datenbankabfragen wird ermöglicht.
•
Ein weiterer Vorteil für das Kundenbeziehungsmanagement ist das Potential für
„mass
customization“
(individualisierte
Massenfertigung),
denn
unscharfe
Klassifikationen führen zu Transparenz und gerechteren Entscheidungen bzgl. der
Kundensegmentierung.
•
Die Durchführung einer Marketingaktion ist sehr kostenaufwendig. Aus diesem
Grund muss das richtige Kundensegment ausgewählt werden. Die unscharfe
Klassifikation bietet wesentliche Vorteile bei der Planung und Selektion von
Kundenuntergruppen.
Es existiert jedoch ein erheblicher Nachteil bei der Methode der unscharfen
Klassifikation. Die Definition der Attribute, der Äquivalenzklassen und der
Zugehörigkeitsfunktionen stellt eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Um diese Aufgabe
ordnungsgemäß zu bewältigen ist die Zusammenarbeit von Marketing-Spezialisten,
Data-Architects und eventuell auch von Webshop-Administratoren unabdingbar.
„Beyond this, a methodology is needed fort he entire planning, designing, and testing
process” [Meier et al. 2005, S. 1093].
11
3.1.3 Fuzzy Classifisation Query Language (fCQL)
Fuzzy Classification Query Language ist ein Instrument des Data Mining in
Informationssystemen, welches die relationalen Datenbanken mit der unscharfen Logik
verbindet. Mit dieser Klassifikationssprache können unscharfe Klassen definiert und
abgefragt werden. Die Struktur von fCQL basiert auf der Idee von SQL (Structured
Query Language), der Standardsprache im Umgang mit Datenbanken [vgl. Werro et al.
2005a, S. 4]). Im Vergleich zu anderen unscharfen Klassifikationsmethoden besteht der
Hauptvorteil dieses Systems darin, dass keine Modifikation der Funktionalität der
bestehenden
relationalen
Datenbank
nötig
ist.
Des
Weiteren
operieren
Klassifikationsabfragen mit der Sprache fCQL auf einer linguistischen Ebene mit vagen
Kontexten. Dadurch müssen den Anwendern weder die scharfen Zielwerte noch die
Kontexte, sondern lediglich der Spaltenname des objektidentifizierenden Merkmals und
die Tabelle oder Sicht, in der die Merkmalswerte enthalten sind, bekannt sein. Der
Anwender kann eine Klasse spezifizieren oder Merkmale mit einer verbalen
Beschreibung ihrer Ausprägungen angeben [vgl. Meier et al. 2003, S. 4]. Die Strukturen
der Klassifikationssprachen SQL und fCQL sehen folgendermassen aus [vgl. Schindler
1998a]):
SQL:
fCQL:
select
Merkmale
from
Tabellen
where
Selektionsbedingung mit Kontextbezeichnung
classify
Objekt
from
Tabelle
with
Klassifikationsbedingung
Im Unterschied zu SQL wird die Projektionsliste bei der select-Klausel durch den
Spaltennamen des zu klassifizierenden Objektes ersetzt. Ausserdem wird anstatt der
where-Klausel (Selektionsbedingung) des SQL eine with-Klausel (Klassifikationsbedingung) benutzt [vgl. Meier et al. 2001, S. 6].
12
Eine Datenbankabfrage mit fCQL im Bereich Customer Relationship Management
könnte beispielsweise folgendermassen aussehen:
classify
Customer
from
CustomerRelation
with
Turnover is large and
Payment behaviour is attractive
Diese Abfrage besteht aus dem Bezeichnen des zu klassifizierenden Objekts
(Customer), dem Namen der Grundtabelle (CustomerRelation), den kritischen
Merkmalsnamen (Turnover resp. Payment behaviour) sowie aus den Namen der
vordefinierten Äquivalenzklassen (large resp. attractive). Diese Klassifikationsabfrage
würde die Klasse C1, definiert als Aggregation von den Termen „large“ und
„attractive“, als Antwort haben (siehe Abbildung 2, Abschnitt 3.1.1).
3.1.4 Hierarchical Fuzzy Classification
In echten Applikationen kann das Datenbankschema einer unscharfen Klassifikation
eine Vielzahl von Attributen, linguistischen Variablen und Termen besitzen. Dies führt
zu einem mehrdimensionalen Klassifikationsraum mit einer grossen Anzahl von
Klassen. Durch die Kombination aller Attribute kann das Extrahieren von
Informationen der resultierenden Klassen unübersichtlich werden. Dieses Problem, das
auch bei scharfen Klassifikationen präsent ist, wird teilweise durch den Gebrauch von
unscharfen Klassen gelöst. Indem ein kontinuierlicher Übergang zwischen den Klassen
vorliegt, sind weniger Äquivalenzklassen erforderlich. Das Problem der Komplexität
besteht jedoch weiterhin, wenn die Anzahl linguistischer Variablen exponentiell mit der
Anzahl Klassen wächst. Um die Übersicht beizubehalten, kann ein mehrdimensionaler
unscharfer Klassifikationsraum in eine Hierarchie von unscharfen Klassifikationsebenen
zerlegt werden. Dadurch wird es möglich, aussagekräftige Definitionen für jede der
Klassen
zu
erzielen.
Die
Zerlegung
eines
mehrdimensionalen
unscharfen
Klassifikationsraumes reduziert auch die Komplexität und erlaubt somit die
Optimierung in der Modellierungsphase [vgl. Meier/Werro 2007, S. 180].
13
3.1.5 Einsatzbereiche im Management
Der Ansatz der unscharfen Klassifikation und das Instrument des fCQL sind mehr als
ein neues Konzept oder Teil einer Software. Die unscharfe Klassifikation kann als
Managementmethode und das fCQL als ein mächtiges Instrument zur Analyse und
Kontrolle eines Unternehmens betrachtet werden. Wenn geeignete Informationen in
einer Datenbank verfügbar sind, kann die Leistung eines Unternehmens anhand der
unscharfen Klassifikation erfolgreich gemessen werden. Diese Analyse und Kontrolle
von qualitativen und quantitativen Leistungsindikatoren kann in folgenden Bereichen
erfolgen:
Strategic Management,
Supply
Chain
Management,
Total
Quality
Management, Risk Management und Customer Relationship Management. Im Rahmen
dieser Arbeit nimmt der Einsatzbereich des CRM eine zentrale Rolle ein
[vgl.
Meier/Schindler/Werro 2007, S. 22].
3.2 Unscharfe Kundensegmentierung
3.2.1 Definition
Auf den endogenen Kundensegmentierungskriterien (siehe Abschnitt 2.2) wie
beispielsweise „zufrieden“ und „unzufrieden“ oder „treu“ und „untreu“ aufbauend
können Kunden voneinander getrennt werden. Aufgrund der Vorteile, die eine
unscharfe Klassifikation gegenüber einer scharfen mit sich bringt, sollte die
Segmentierung und Evaluation von Kunden ebenfalls auf einer unscharfen Art und
Weise erfolgen.
Die unscharfe Kundensegmentierung wird als „fuzzy classification of the company’s
current customers into similar, fuzzy segments, using different customer performance
indicators” definiert [Zumstein 2007, S. 63].
Unter den Kriterien der Kundensegmentierung (customer performance indicators)
werden die ökonomischen, psychologischen und verhaltensbezogenen endogenen
Kriterien verstanden.
14
3.2.2 Unscharfe Clusteranalyse
Jede Klasse oder Kombination von Klassen einer ein-, zwei- oder mehrdimensionalen
unscharfen Klassifikation kann als unscharfes Segment definiert werden. Es wurde
angenommen, dass die Klassen, in denen die Daten klassifiziert wurden, bekannt und
fix sind. In der Realität passen die Daten jedoch meistens nicht in die gegebenen
Klassen. Klassen sollten sich den Daten anpassen und nicht umgekehrt. Bei solchen
Identifikationsprozeduren der Klassen kann die Methode der Clusteranalyse verwendet
werden [vgl. Zumstein 2007, S.64].
Die Clusteranalyse selbst ist ein Teilgebiet der Datenanalyse und beschäftigt sich mit
dem Auffinden von Gruppen und Gruppierungen. Dabei sollen Daten oder Ziele mit
gleichen oder ähnlichen Merkmalen gefunden und einer Klasse (Cluster) zugeordnet
werden. Eine Methode zur Nutzung der Möglichkeiten der Fuzzy-Logik bei der
Datenanalyse ist die Fuzzy-Clusteranalyse [vgl. Grossmann 2002, S. 1]. Um unscharfe
Klassen von den Daten abzuleiten, können nicht-disjunktive Algorithmen gebraucht
werden. Die bekanntesten Algorithmen der Fuzzy-Clusteranlayse sind der „fuzzy-CMeans-algorithm“ (FCM), der „Gustafson-Kessel-algorithm“, der
„Gath-Geva-
algorithm“ und der „Fuzzy-Maximum-Likelihood-Estimation-algorithm“ (FMLE) [vgl.
Höppner et al. 1999, S. 35 ff.]. Der Gebrauch solcher Algorithmen führt dazu, dass die
Grenzen zwischen den verschiedenen Segmente fliessend verlaufen. Unscharf
klassifizierte Elemente können dementsprechend mehreren Segmenten angehören.
Die Methode der unscharfen Segmentierung und die Definition von unscharfen
Segmenten ermöglicht eine genaure Darstellung der Position von Kunden. Die
Wahrscheinlichkeit von Fehlklassifikationen wird reduziert und Kundensegmente
können flexibler gemanagt werden [vgl. Zumstein 2007, S.65].
Da die Logik der unscharfen Segmentierung nicht von der genauen Form der Segmente
oder von der Segmentierung abhängt, wird die Methode der unscharfen Clusteranalyse
in den übrigen Abschnitten dieser Arbeit nicht angewendet.
15
3.2.3 Methoden der unscharfen Kundensegmentierung
Es
existieren
eindimensionale
und
mehrdimensionale
Methoden
der
Kundensegmentierung und –evaluation. Eine eindimensionale Kundensegmentierung
kann anhand bestimmter Kriterien oder z.B. durch die ABC-Methode durchgeführt
werden. Methoden der mehrdimensionalen Kundensegmentierung sind z.B. die
Portofolio-Analyse oder die Scoring-Methode. Eine weitere mehrdimensionale Methode
bildet die unscharfe Klassifikation. Diese Art der Klassifikation kann zusätzlich auf die
anderen (eindimensionalen und mehrdimensionalen) Methoden angewendet werden.
Dadurch wird die Logik der unscharfen Klassifikation auf die betroffenen Verfahren
angeknüpft.
Beispielhaft werden nachfolgend die eindimensionale ABC-Analyse und die
mehrdimensionale Portfolio-Analyse vertieft analysiert und sowohl als scharfe als auch
als unscharfe Methoden dargestellt.
Die ABC-Analyse ermöglicht den Vergleich von Umsatzkennzahlen zwischen
verschiedenen Kunden. Dabei werden die Kunden entsprechend ihres Umsatzes, den der
Anbieter mit ihnen macht, in eine Reihenfolge gebracht. Dies wird in einem
zweidimensionalen Diagramm mit den Achsen „kumulierter Anteil am Kundenbestand“
und „kumulierter Umatzanteil“ dargestellt. Auf der erstgenannten Achse werden die
jeweiligen Kunden abgetragen, wobei auf der linken Seite der Achse mit den
Umsatzstärksten begonnen wird. „ Häufig wird hierbei ersichtlich, dass ein relativ
kleiner Kundenanteil einen relativ grossen Umsatzanteil ausmacht“ [vgl. Bruhn 2001,
S.217]. In diesem Zusammenhang wird oft von der 20:80-Regel gesprochen. Anhand
der resultierenden Kurve lassen sich die Kunden in A-, B- und C-Kunden einteilen,
wobei am meisten in die A-Kunden investiert werden sollte.
Abbildung 4 zeigt auf der linken Seite die unscharfe ABC-Analyse mit den fliessenden
Grenzen zwischen A-, B- und C-Kunden und auf der rechten Seite die klassische
scharfe ABC-Analyse. Mit der scharfen Analyse werden möglicherweise Kunden mit
ähnlicher Umsatzstärke in unterschiedliche Kundensegmente eingeteilt (Ford-Smith
oder Brown-Miller) und Kunden mit relativ unterschiedlicher Umsatzstärke in das
16
gleiche Segment eingeteilt (Smith-Brown). Eine solche Verzerrung der Realität kann
durch die unscharfe ABC-Analyse vermieden werden.
Abbildung 3: Scharfe (rechts) und unscharfe (links) ABC-Analyse
(Quelle: Zumstein 2007, S. 36)
„Portfolioanalysen geben in einer zweidimensionalen Darstellung einen Überblick über
die Marktsituation
von
strategischen
Geschäfteinheiten,
Leistungen,
Kunden,
Wettbewerbern oder anderen Analyseobjekten, um daraus Schlussfolgerungen für eine
strategische Neuorientierung dieser Analyseobjekte zu ziehen“ [Bruhn/Hadwich 2006,
S.137]. Die Portfolioanalyse lässt sich als zweidimensionales Diagramm darstellen, bei
der eine Achse eine interne, beeinflussbare Variable und die andere Achse eine externe,
vom Unternehmen kaum beeinflussbare Variable, verkörpert.
In Abbildung 5 wird eine kundenbezogene scharfe Portofolio-Analyse einer unscharfen
gegenübergestellt. Die Achsen stellen die Wettbewerbsposition (beeinflussbar) und die
Kundenattraktivität (kaum beeinflussbar) dar. Bei der Portofolioanalyse ist, wie bei den
meisten scharfen Klassifikationsmethoden, ebenfalls eine starke Gefahr von
Fehlklassifikationen der Kunden gegeben. Die unscharfe Portofolio-Analyse bietet eine
effektive Lösung, diese Gefahr zu umgehen.
17
Abbildung 4: Scharfe (a) und unscharfe (b) Portofolio-Analyse
(Quelle: Zumstein 2007, S. 26)
3.2.4 Beispiel: Unscharfe Kundensegmentierung von Online Customers
Der wesentliche Unterschied bei der Analyse von Online-Kunden im Vergleich zu
traditionellen Kunden besteht in der Vielfalt der Informationen, die automatisch in das
System der Unternehmung gelangen. Zur Analyse von Online-Kunden sind folgende
Informationen massgebend [vgl. Werro/Stormer/Meier 2003, S. 261]:
•
Bestellungen: Können den Umsatz, die Gewinnmarge sowie die Kauffrequenz von
Kunden
bestimmen.
Zudem
geben
diese
ebenfalls
Hinweise
auf
das
Zahlungsverhalten und die Wiederkaufrate des Kunden.
•
Clickstream: Liefert Informationen über die Besuchsfrequenz des Kunden.
•
Produktbeurteilung: Gibt Aufschluss über die Involvement-Frequenz der Kunden.
Eine unscharfe Kundensegmentierungsmethode kann dazu verhelfen, potentielle
Kunden an das Unternehmen zu binden und ihren Kundenwert zu erhöhen [vgl.
Meier/Werro 2006, S. 502].
Das folgende Beispiel [vgl. Meier/Werro 2006, S. 504f., Werro et al. 2005b, S. 375 ff. ]
soll einen potentiellen Vorteil der unscharfen Kundensegmentierung aus einer
18
praxisbezogenen Perspektive illustrieren: Preisnachlässe werden mit Hilfe einer
unscharfen Klassifikation berechnet. Dies soll zeigen, dass unscharfe Kundensegmente
die Realität besser widerspiegeln und es dem Unternehmen ermöglichen, Kunden nach
ihrem wahren Wert zu behandeln. Der Kundenwert wird anhand der Variablen
„turnover“ und „loyalty“ analysiert.
Eine Preisnachlassrate kann mit jeder unscharfen Klasse (C1, C2, C3, C4) verknüpft
werden. Im folgenden Beispiel beträgt die Rate von C1 (Commit Customer) 10%, von
C2 (Improve Loyalty) 5%, von C3 (Augment Turnover) 3% und von C4 (Don’t Invest)
0%. Die Preisnachlassrate für einen Kunden wird anhand seines Zugehörigkeitsgrades
für jede einzelne Klasse berechnet. Es wird angenommen, dass Smith zu 100% zu C1,
Brown und Ford zu allen vier Klassen mit der Verteilung (C1:0.28, C2:0.25, C3:0.25,
C4:0.22) resp. (C1:0.22, C2:0.25, C3:0.25, C4:0.28) und Miller zu 100% zu C4
gehören. Damit können die Preisnachlassraten folgendermassen berechnet werden:
•
Smith (C1: 1.0, C2: 0.0, C3: 0.0, C4: 0.0):
1.0*10% + 0.0*5% + 0.0*3% + 0.0*0% = 10%
•
Brown (C1:0.28, C2:0.25, C3:0.25, C4:0.22):
0.28*10% + 0.25*5% + 0.25*3% + 0.22*0% = 4.8%
•
Ford (C1:0.22, C2:0.25, C3:0.25, C4:0.28):
0.22*10% + 0.25*5% + 0.25*3% + 0.28*0% = 4.2%
•
Miller (C1: 0.0, C2: 0.0, C3: 0.0, C4: 1.0):
0.0*10% + 0.0*5% + 0.0*3% + 1.0 * 0% = 0%
19
Dieses Beispiel zeigt, dass unscharfe Klassifikationen zu Transparenz und gerechten
Entscheidungen (bspw. betreffend Preisnachlassraten) führen. Zudem werden durch
diese individuellen Preisnachlässe das Kaufverhalten und die Treue der betroffenen
Kunden indirekt erhöht.
3.3 Erkenntnisse aus einer wirtschaftlichen Perspektive
„The advantage of using fuzzy theory in CRM is that the business analyst can gain indepth understanding into the data model” [Wong 2001, S. 6]. Dies ist eines der vielen
unanfechtbaren Vorteile der unscharfen Logik, insbesondere der unscharfen
Kundensegmentierung. Es steht ausser Frage, dass die Methoden der unscharfen
Kundensegmentierung
das
Management
von
Kundenbeziehungen
nachhaltig
unterstützen können. Jedoch müssen, wie bei jeder Einführung von IT-Lösungen, die
Rahmenbedingungen entsprechend ausgestaltet sein. Nur dadurch kann sich die
Leistungskraft einer solchen Lösung auch entfalten [vgl. Reinartz et al. 2004, S. 302].
Insbesondere drei Aspekte sind hier von entscheidender Bedeutung [Homburg/Sieben
2008, S. 503]:
•
Die
unternehmensinternen
Voraussetzungen
in
Bereichen
wie
Strategie,
Unternehmenskultur, Mitarbeiter und Organisation müssen gegeben sein.
•
Die kundenbezogenen Informationen müssen in ausreichendem Umfang und in
ausreichender Qualität vorhanden sein.
•
Es muss ein klares Konzept des Customer Relationship Management existieren.
Unter der Annahme, dass die ersten zwei Aspekte gegeben sind, spielt das Konzept des
CRM die entscheidende Rolle. Die Integration eines CRM-Konzeptes im Unternehmen
und insbesondere die Akzeptanz der Manager und Mitarbeiter sind ein Schlüsselfaktor
für
den
Erfolg
des
Kundenbeziehungsmanagement.
Des
Weiteren
ist
die
Zusammenarbeit von allen beteiligten Personen (Managern, Marketing-Spezialisten,
Data-Architects, Webshop-Administratoren,…) erforderlich, um eine verhältnismässig
optimale Wirtschaftlichkeit des Kundenbeziehungsmanagements zu gewährleisten.
20
4 Zusammenfassung und Ausblick
In diesem letzten Kapitel werden die wichtigsten Aspekte der Arbeit in ihren
Kernpunkten zusammengefasst, bevor ein Ausblick auf die zukünftige Entwicklung der
unscharfen Kundensegmentierung innerhalb des CRM gegeben wird.
Der Ansatz der unscharfen Klassifikation stellt ein neues Instrument des
Kundenbeziehungsmanagements
dar.
Im
Vergleich
zu
den
klassischen
Klassifikationsmethoden bestehen die wesentlichen Merkmale der unscharfen
Klassifikation darin, dass die Kunden gleichzeitig mehreren Klassen angehören können
und dass die Grenzen zwischen den verschiedenen Klassen fliessend verlaufen. Diese
Eigenheit bringt einige Vorteile mit sich. Zum einen erlaubt sie eine realitätsnähere
Einschätzung des Kundenwertes. Zum anderen kann das Potential für mass
customization durch eine erhöhte Transparenz und durch gerechtere Entscheidungen
ausgeschöpft werden und liefert wertvolle Informationen für die Planung und Selektion
von Marketingaktionen und der Reduktion von Gefahren der Fehlklassifikation. Diese
Vorteile begründen einen Einsatz in verschiedenen Bereichen des Managements,
insbesondere des CRM. In diesem Zusammenhang eröffnet die Methode der unscharfen
Kundensegmentierung, beispielsweise durch eine unscharfe ABC-Anlayse oder einer
unscharfen Portofolio-Analyse, neuwertige Möglichkeiten für das Management bei der
Analyse und Kontrolle von Kunden. Die unscharfe Klassifikation ist jedoch eine
komplexe Methode, die eine intensive Zusammenarbeit der beteiligten Personen
voraussetzt, damit sich die Leistungskraft einer solchen Lösung entfalten kann.
In Zukunft wird die Technologie der Datenbanken eine immer wichtigere Grundlage für
das Customer Relationship Management einnehmen [vgl. Meier et al. 2005, S. 1093].
Dadurch werden Lösungsansätze wie die unscharfe Kundensegmentierung in den
Vordergrund geraten. Auf der theoretischen Ebene hat sich die Methode der unscharfen
Kundensegmentierung mehrheitlich durchgesetzt. Die Frage ist nun, ob und inwieweit
sich diese Methode in der praktischen Anwendung verwirklichen wird.
III
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