GRUNDLAGEN DER STROMRICHTERTECHNIK H. Zinnbauer 2003 Der einphasige Wechselstromsteller Anhand einer einfachen Wechselstromstellerschaltung sollen zunächst die Grundlagen der Thyristortechnik gezeigt werden. Über Wechselstromsteller können elektrische Verbraucher an eine prinzipiell stufenlos regelbare Spannung gelegt werden. Im Einphasenfall verwendet man die folgende Schaltung. Th 1 i1 = i2 U~ Th 2 R ULA UAK Bei der Schaltung treten in der Last Wechselströme auf, weswegen als Ventile entweder bidirektionale Thyristoren (Triacs) oder antiparallel geschaltete Thyristoren zum Einsatz kommen. Die Steuerung der Spannungszeitfläche erfolgt über die Verstellung des Zündwinkels (Steuerwinkels) α . Je nach Wahl der Zündzeitpunkte der Thyristoren sind folgende Schaltungsvarianten denkbar: - Phasenanschnittsteuerung Phasenabschnittsteuerung Sektorsteuerung Periodengruppensteuerung, Schwingungspaketsteuerung Mehrfachpulsung Wechselstromsteller mit Phasenabschnitt- oder Sektorsteuerung erfordern die Fähigkeit zur gezielten Stromabschaltung und somit löschbare Thyristoren (GTO) bzw. Thyristoren mit Löschkreis. Im Allgemeinen werden heute IGBT-Transistoren (Insulated Gate Bipolar Transistor) eingesetzt. Im folgenden wird die Phasenanschnittsteuerung betrachtet. Bei dieser Steuerungsart wird die Leistungsaufnahme durch verzögertes Durchschalten der Sinushalbschwingungen des Primärnetzes an die Last gesteuert. Die Durchschaltverzögerung wird auf den Spannungsnulldurchgang der Sinushalbschwingung bezogen und im Winkelmaß als Zünd- oder Steuerwinkel ausgedrückt mit 0° ≤ α ≤ 180° Im folgenden sei zunächst eine rein ohmsche Last angenommen, so daß der Laststrom keine Phasenverschiebung gegenüber der Lastspannung aufweist. Der Laststrom geht somit mit der Lastspannung durch Null, und die stromführenden Thyristoren verlöschen aus diesem Grunde ebenfalls im Spannungsnulldurchgang. Das folgende Zeitdiagramm zeigt den Verlauf der Lastspannung sowie des Laststromes, und den Verlauf der AnodenKathoden-Spannung. 1 Die Darstellung zeigt oben die zeitlich um den Steuerwinkel α nach dem Nulldurchgang der Spannung verzögerte Zündung der jeweiligen Thyristoren T1 und T2. Da rein ohmsche Last vorliegt, folgt der Strom der Spannung phasensynchron und geht mit ihr durch Null. Im Nulldurchgang des Stromes verlöscht der momentan stromführende Thyristor und sperrt. Erst wenn der Folgethyristor zündet, setzt der Stromfluß wieder ein. Es ergibt sich demzufolge bei ohmscher Last und einem Steuerwinkel α > 0° eine Stromlücke, man spricht vom Lückbetrieb. In der Zeit, in der die Spannung der negativen bzw. positiven Halbschwingung aufschwingt, der entsprechende Thyristor aber noch nicht gezündet ist, fällt der Momentanwert der Netzspannung am Ventil selbst ab. Man erkennt dies in der Darstellung unten an der Spannung U AK , der Anoden-KathodenSpannung der Thyristoren. In der Praxis ist eine rein ohmsche Last meist nicht anzutreffen. Vielmehr weist eine große Zahl an Verbrauchern ohmsch-induktives Verhalten auf. Anhand des Wechselstromstellers soll im folgenden die Auswirkung einer ohmsch-induktiven Last beschrieben werden. Th 1 i1=i2 R U~ Th 2 ULA L UAK Hauptkriterium einer ohmsch-induktiven Last ist, daß der Strom der Spannung nacheilt. Dies bedeutet, daß im Falle des Wechselstromstellers der Laststrom nicht im Nulldurchgang der Spannung ebenfalls zu Null wird, sondern erst später, wie die folgende Abbildung zeigt. 2 Bei ohmsch-induktiver Last muß der Laststrom i2 der Lastspannung u 2 gemäß der Abbildung nacheilen. Der gerade Strom führende Thyristor wird damit nicht zum Spannungsnulldurchgang, sondern erst zu dem etwas späteren Zeitpunkt des Nulldurchgangs des Stromes i2 = i1 = 0 verlöschen. Dies bedeutet aber auch, daß der in der Stromführung folgende Thyristor nicht bereits zum nächsten Spannungsnulldurchgang (Zündwinkel α = 0° ), sondern erst zu einem etwas späteren Zeitpunkt, also bei einem Zündwinkel α > α min zündbar ist. Der minimal mögliche Zündwinkel α min ist von der Lastzeitkonstanten τ und dem jeweils vorhergehenden Zündwinkel α abhängig, also eine vom Betriebszustand abhängige Variable. Wird nun versucht, den Folgethyristor im Zeitraum 0 < α < α min durch einen Kurzimpuls zu zünden, so gelingt dieses nicht, da der momentan stromführende Thyristor noch nicht verloschen ist. Die Zündung bleibt in jeder Halbschwingung aus und es werden nur noch Spannungszeitflächen einer Polarität an die Last durchgeschaltet. Es entsteht ein gleichrichterartiges Verhalten des Wechselstromstellers. Dieses Verhalten ist, da es bei Transformatorlast zur Sättigung des magnetischen Kreises kommt, unbedingt zu vermeiden, da die Strombegrenzung in diesem Falle nur durch den ohmschen Widerstand der Wicklungen erfolgt. Soll die Steuerung lastunabhängige Zündimpulse generieren und somit in der Last gleichstromfreie Wechselströme verursachen, so ist zur Vermeidung des Problems eines minimalen Zündwinkels mit Langimpulsen bzw. Impulsgatterzündung zu zünden. Mit der Wahl dieser Zündart erfolgt für α < α min stets eine gesicherte Zündung frühestens zum Zeitpunkt α min , und die Netzspannung wird definiert, aber ungesteuert an die Last durchgeschaltet. Für α > α min existiert gesteuerter Wechselstromsteller- betrieb mit U 2 = f (α ) . Gebräuchliche Gleichrichterschaltungen Im folgenden werden, ausgehend vom einphasigen Fall, einige der gebräuchlichsten Gleichrichterschaltungen untersucht. 3 Einphasige M2-Schaltung Bei der einphasigen M2-Schaltung wird von folgendem Schaltbild ausgegangen: ud i1 T1 u1 R L id u2 = -u1 T2 i2 Bei rein ohmscher Last ( L = 0 ) ergibt sich der folgende Zeitverlauf für die Lastspannung, den Laststrom und die Anoden-Kathoden-Spannung. Man erkennt in der Abbildung oben, daß der Strom keinen Phasenversatz gegenüber der Spannung aufweist und mit ihr durch Null geht. Dies bedeutet, daß der gerade stromführende Thyristor in diesem Augenblick verlöscht und der Folgethyristor zündbar wird. Für die Spannung am Thyristor 1 (U AKT 1 ) gilt das untere Diagramm. Ist keiner der Thyristoren T1 bzw. T2 gezündet, so fällt an T1 die Spannung U 1 ab. Ist T1 gezündet, so ist die über ihm abfallende Spannung Null. In dem Augenblick, in dem T2 zündet, läßt sich die Maschengleichung aufstellen: u AKT 1 + u 2 − u1 = 0 u AKT 1 = u1 − u 2 = u1 + u1 = 2 ⋅ u1 da u 2 = −u1 gilt. 4 Ist T2 gezündet, liegt an T1 also die doppelte Spannung U 1 an. Es ergibt sich, wie im Diagramm sichtbar, daß der Laststrom zu gewissen Zeiten zu Null wird, es also eine Stromlücke gibt. Man nennt diesen Betrieb deshalb Stromlückbetrieb. Wird im folgenden die rein ohmsche Last durch eine ohmsch-induktive Last ersetzt, so eilt der Strom der Spannung nach, und der stromführende Thyristor kann nicht im natürlichen Kommutierungszeitpunkt verlöschen, sondern erst etwas später. Im folgenden Diagramm ist der Spannungs- und Stromverlauf für eine M2-Schaltung dargestellt, die mit einem Zündwinkel von α = 60° betrieben wird. Der Phasenwinkel der ohmsch-induktiven Last wurde willkürlich zu ϕ = 20° angenommen. Man erkennt, daß der Strom erst nach dem Nulldurchgang der Spannung zu Null wird, der stromführende Thyristor also erst nach dem Nulldurchgang der Spannung löschen kann. Dies bewirkt das Durchschalten von negativen Spannungszeitflächenanteilen an die Last. Im Beispiel wird der Laststrom zu Null, bevor der Folgethyristor zündet. Es ergibt sich also bei der angenommenen Last mit ϕ = 20° ebenfalls eine Stromlücke, wie sie bereits bei der rein ohmschen Last gefunden wurde. Steigert man nun den induktiven Anteil der Last immer weiter, wird also der Phasenwinkel ϕ der Last immer größer, so erreicht man einen Punkt, an dem der Laststrom vor dem Zünden des Folgethyristors nicht mehr zu Null werden kann, also keine Stromlücke mehr auftritt. Man nennt diese Grenze die Lückgrenze, sie berechnet sich bei der M2-Schaltung zu α Lück = arctan ω1 L = arctan(ω1 ⋅ τ ) R Es läßt sich leicht erkennen, daß die Lückgrenze genau beim Phasenwinkel der Last ϕ liegt; demzufolge gilt: α >ϕ α = α Lück = ϕ α <ϕ Lückbetrieb Lückgrenze Nichtlückender Betrieb. Im Bild ist zusätzlich gestrichelt der Laststrom dargestellt, der sich für eine Last mit Phasenwinkel ϕ = 60° ergeben würde. Da der Steuerwinkel α ebenfalls 60° beträgt, liegt hier Betrieb an der Lückgrenze vor, und der Strom erreicht seinen Nulldurchgang 5 exakt in dem Moment, in dem der Folgethyristor zündet. Wird der Phasenwinkel noch mehr gesteigert, die Last also noch induktiver gewählt, so erreicht der Strom den Nullwert überhaupt nicht mehr und es bildet sich ein stetiger Gleichstrom mit gewisser Restwelligkeit aus. Die M6-Schaltung Der Transformator besitzt zwei Unterspannungswicklungen in Sternschaltung, deren Spannungen jedoch mit umgekehrten Polaritäten abgegriffen werden: Es ergeben sich daher insgesamt 6 Sternspannungen, von denen im Falle eines Diodengleichrichters (Thyristoren durch Dioden ersetzt) jeweils die momentan größte bestimmt, welches Ventil durchgeschaltet ist (natürlicher Kommutierungszeitpunkt). Das folgende Zeigerdiagramm gibt Aufschluß über die Lage der sechs Sternspannungen. Werden die Dioden durch Thyristoren ersetzt, kann der Zündzeitpunkt frei bestimmt werden und es ergibt sich beispielsweise für einen Steuerwinkel von α = 45° das im folgenden beigefügte Spannungsdiagramm. Da der Momentanwert der Lastspannung erst für Steuerwinkel α > 60° negative Spannungszeitflächen aufweisen kann, ist auch erst ab diesem Winkel Lückbetrieb des Stromes zu befürchten. M6-Schaltungen werden wegen der ungünstigen Transformator-Auslastung und der geringen Stromflußdauer der Ventile von nur 60° zunehmend durch B6-Schaltungen ersetzt. 6 0,3 M6: Oberschwingungsfaktoren ausgewählter Frequenzen bei unterschiedlichem Zündwinkel 300 Hz Oberschwingungsfaktor 0,25 0,2 0,15 600 Hz 0,1 900 Hz 0,05 0 0 10 20 30 40 50 60 70 Zündwinkel alpha 300 Hz 600 Hz 7 900 Hz 80 90 100 Die B6-Schaltung Sie ist mit 90% die in der Gleichstromantriebstechnik bevorzugte Schaltung. 4 1 5 2 6 3 8 Die endliche Kommutierungsdauer - Überlappungswinkel Bisher ist davon ausgegangen worden, daß der Strom im Kommutierungsaugenblick trägheitslos vom stromführenden Thyristor auf seinen Folgethyristor übergeht. Dies ist in der Praxis nicht richtig. Die einzelnen Thyristorströme lösen sich im Kommutierungsaugenblick nicht schlagartig ab, es erfolgt deswegen auch kein verzögerungsfreier Übergang von einer Transformatorspannung auf die nächste. Im praktischen Betrieb ist der Transformator voll belastet, und der Strom geht innerhalb eines relativ kleinen Zeitintervalls, der Überlappungsdauer tÜ , auf das Folgeventil über, 9 weil die Streuinduktivitäten des Transformators eine augenblickliche Änderung des Stromes nicht zulassen. Im Bild ist eine dreiphasige Mittelpunktschaltung (M3) dargestellt. Es sind die Streuinduktivitäten als diskrete Elemente nach den US-seitigen Sternwicklungen eingezeichnet. Betrachtet wird nun der Kommutierungsvorgang von Thyristor 3 auf Thyristor 1. Zündet T1, so ist T3 noch stromführend, wobei der Strom durch die Glättungsdrossel konstant (ideale Betrachtung) gehalten wird. Es entsteht ein Kurzschluß des Transformators über die Ventile T1 und T3 mit dem Strom ik entsprechend des eingezeichneten Weges. Dieser Strom überlagert sich dem von der Glättungsdrossel konstant gehaltenen Strom über T3 und ist im Sinne der Durchlaßrichtung von T3 negativ. Erst wenn der Gesamtstrom über T3 zu Null wird, löscht T3. Gleichzeitig mit dem Abfall des Stromes über T3 auf Null ist der Strom über T1, welcher nur den Kurzschlußstrom führt, auf I A angestiegen und hat somit den Strom übernommen. Der Vorgang wiederholt sich bei jedem Stromführungswechsel. Der endliche Kommutierungsvorgang wirkt sich für die Gleichrichterspannung als Spannungsverlust aus. Während der Kommutierungsdauer tÜ verläuft die Lastspannung auf der Mitte zwischen den Spannungen u10 und u 30 . Diese Spannung ist gestrichelt eingezeichnet. Man nennt den Gleichrichtspannungsverlust durch die endliche Kommutierungsdauer den sog. „induktiven Spannungszeitflächenverlust“. Die zwölfpulsigen Schaltungen Schaltet man zwei sechspulsige Stromrichter entweder in Reihe (Bild 1) oder parallel (Bild 2), so erhält man eine Verdoppelung der Pulszahl. Die Ausgangsspannungen der beiden Teilstromrichter sind hierbei um 30° gegeneinander versetzt. Dies wird durch den Einsatz von zwei Transformatoren erreicht, die in Stern- und Dreieckschaltung ausgeführt sind, oder als Dreiwickler gebaut werden. Ob es sich um einen Dreiwickler handelt, oder um zwei getrennte Transformatoren, spielt in Bezug auf die Oberschwingungen keine 10 Rolle. Der Zölfpulsstromrichter weist im Gegensatz zum Sechspulsstromrichter einen niedrigeren Oberschwingungsgehalt sowohl im Netzstrom als auch in der Gleichspannung auf. Das Amplitudenspektrum der beiden Drehstrombrücken mit Transformator in Stern- und Dreieckschaltung sieht gleich aus, hat aber einen Unterschied in der Phasenlage einiger Oberschwingungen. Die Oberschwingungen der Ordnungszahlen n = 5, 7, 17, 19... liegen bei beiden Schaltungsvarianten um 180° versetzt, sind also gegeneinander gerichtet. Werden nun zwei gleichbelastete und -ausgesteuerte Brücken parallel geschaltet (wie beim Zwölfpulsstromrichter), so löschen sich die betreffenden Oberschwingungen gegenseitig aus. Der Summenstrom enthält daher nur die Hälfte der Oberschwingungen der Einzelströme. Bild 1) Reihenschaltung der beiden B6-Teilstromrichter mit 30°-Versatz der beiden Gleichspannungen. Addition zur 12-pulsigen Gleichspannung. Siehe auch Zeitverlauf! 11 L Bild 2) Parallelschaltung der beiden B6-Teilstromrichter. 12 Aufgrund des Phasenversatzes der Ausgangsspannungen der Teilstromrichter von 30° kann eine Parallelschaltung nur über eine Drossel erfolgen. Die Differenz der beiden Gleichspannungen u L liegt an der Kreisstrominduktivität L. Im schlimmsten Falle, bei α = 90° beider Brücken, erscheint an der Kreisstrominduktivität L eine rechteckige Wechselspannung anschaulich zeigt. von sechsfacher Netzfrequenz, wie die folgende Darstellung Nimmt man eine ideal große Induktivität als Last an (in guter Näherung trifft dies für große Motoren bzw. Transformatoren zu), so erhält man τ → ∞ und damit einen ideal geglätteten Gleichstrom auf der Lastseite. Unter diesen Voraussetzungen kann man die sekundären und primären Ströme der B12-Schaltung wie in folgender Zeichnung darstellen. Sehr deutlich erkennt man, daß die Form des Stromes auf der Netzseite sehr viel mehr sinusförmig ist als die Ströme in den einzelnen Transformatoren (bzw. beim Dreiwickler in den einzelnen Wicklungen!). Dies bedeutet konkret, daß die Wicklungen des Transformators für Oberschwingungen ausgelegt sein müssen, die das Netz gar nicht mehr zu liefern im Stande sein muß. 13 Die folgende Darstellung zeigt die Oberschwingungsspektren von Sechspuls- und Zwölfpulsschaltung. Man erkennt bei M6 das Vorhandensein der Harmonischen n = 5,7,...17,19..., wohingegen diese Harmonische durch die Parallelschaltung zweier M6 bei der M12 aufgehoben werden. Die Gleichstromwelligkeit beim 12-Puls-Stromrichter In der Praxis ist die Annahme τ → ∞ nicht erfüllt. Die Induktivitäten sind nicht unendlich groß, so daß der Gleichstrom nicht konstant ist. Vielmehr pulsiert er, entsprechend der Größe der Lastinduktivität. Bei rein ohmscher Last ( LL = 0 ) folgt er unmittelbar der 14 Ausgangsspannung des Stromrichters, wobei bei α = 60° die Lückgrenze erreicht würde. Steigt die Lastinduktivität bei gleichbleibendem Steuerwinkel an, so nimmt der Effektivwert des Stromes zu, und seine Welligkeit nimmt ab. Aus diesem Grunde setzt man insbesondere bei niederinduktiven Lasten Glättungsdrosseln ein. Bei gleicher Glättungsdrossel und gleicher Ausgangsspannung U d gibt folgende Abbildung einen Vergleich zwischen M6 und M12-Schaltung. Man erkennt, daß die Stromschwankungen der M6 etwa viermal höher sind als diejenigen der M12. Anders ausgedrückt: die gleiche Welligkeit wie bei M6 erreicht der M12 schon bei viermal kleinerer Glättungsinduktivität. Die Welligkeit des Gleichstromes spiegelt sich im Wechselstrom wider. Die folgende Abbildung zeigt, daß beim M6 die Stromschwankung doppelt so groß ist wie beim M12. Atypische Oberschwingungen Die Oberschwingungen der Harmonischen n = 12k ± 1 mit k = 1, 2, 3... sind für 12pulsige Schaltungen typisch. Unter idealen Bedingungen dürfen keine weiteren Harmonischen auftreten. In der Praxis muß allerdings mit Restoberschwingungen (etwa 15 10%) gerechnet werden. Zusätzlich führen aber auch alle Asymmetrien (Transformatorreaktanzen bzw. Steuerung der Thyristoren) zu weiteren Oberschwingungen. Die folgende Schaltung zeigt als Beispiel einen Steuerfehler eines Thyristors der M12-Schaltung: einer der Thyristoren wird um 5° verspätet gezündet. Die Änderung im Gleichstrom ist rechts dargestellt, das Amplitudenspektrum des Netzstromes findet sich links. Zusätzlich zu diesen Effekten treten weitere Oberschwingungsbelastungen auf, wenn beispielsweise sechspulsige und zwölfpulsige Schaltungen gemeinsam an einem Netz betrieben werden. Arbeiten auf der Gleichspannungsseite Maschinen, deren Drehzahl stark schwankt, so können sich Gleichstromschwebungen bilden, deren Übertragung auf die Netzseite ebenfalls berücksichtigt werden muß. Weitere Informationen: „Oberschwingungen, Netzrückwirkungen der Leistungselektronik“, Albert Kloss, VDEVerlag, Seite 118. Übergang vom Gleichrichter- in den Wechselrichterbetrieb Der Steuerwinkel α kann von 0° (ungesteuerter Gleichrichterbetrieb: Dioden) ausgehend stetig gesteigert werden. Dabei ändert sich die Gleichspannung entsprechend einer Cosinusfunktion mit zunehmendem Steuerwinkel α zunächst nur wenig. Bei weiterer Vergrößerung des Steuerwinkels wird dann der Mittelwert der Gleichspannung bei α = 90° zu Null. Bei einer weiteren Verzögerung der Zündzeitpunkte der Folgeventile ( α > 90° ) wird die Gleichspannung negativ und und steigt mit zunehmender Zündverzögerung mit negativem Vorzeichen wieder an, bis sie bei α = 180° − γ den negativen Höchstwert erreicht. Man nennt den Aussteuerbereich mit Steuerwinkeln von 90° bis 180° − γ und negativem Gleichspannungswert den Wechselrichterbetrieb. Im Gleichrichterbetrieb wird der Gleichstromlast über den Stromrichter Energie aus dem Wechselstromnetz zugeführt. Bei zunehmender Vergrößerung des Steuerwinkels kehrt unter Beibehaltung der von den 16 Ventilen vorgeschriebenen Stromrichtung die Gleichspannung schließlich ihr Vorzeichen um, d.h. im Wechselrichterbetrieb wird von der Gleichstromlast Energie über den Stromrichter ins Wechselstromnetz zurückgeführt. Der Stromrichter arbeitet in diesem Betriebszustand als netzgeführter Wechselrichter für die ins Wechselstromnetz zurückgeführte Gleichstromleistung. Die Kommutierungsspannung, also die Differenz zweier Phasenspannungen, hat im gesamten Bereich von 0° ≤ α ≤ 180° das richtige Vorzeichen, da in diesem Bereich die Phasenspannung der ablösenden Phase höher als die der vorhergehenden Phase ist. Bei weiterer Vergrößerung des Steuerwinkels α würde man nun in einen Betriebsbereich kommen, in dem die Kommutierungsspannung das „falsche“ Vorzeichen hat, weil die Phasenspannung der ablösenden Phase wieder kleiner wird als die der vorhergehenden. Dieser Bereich ist für die natürliche Kommutierung verboten, da er zu Kurzschlüssen im Kommutierungskreis führt. Um einen genügenden Sicherheitsabstand zu diesem verbotenen Bereich zu haben, darf der Steuerwinkel nicht ganz bis auf 180° gesteigert werden, sondern es muß im Wechselrichterbetrieb ein Sicherheitsabstand zum Schnittpunkt der Phasenspannungen eingehalten werden (gelbes Kreuz), der als Löschwinkel γ bezeichnet wird. Dieser Löschwinkel γ dient zur Sicherstellung der Kommutierung. Im folgenden Bild ist der kontinuierliche Übergang vom Gleichrichter- in den Wechselrichterbetrieb dargestellt. Zusammenstellung wichtiger Formeln für nichtsinusförmige Größen 1.) Arithmetischer Mittelwert 1 U0 = 2π 2π ∫ u (ωt ) dωt 0 2.) Effektivwert U eff = 1 2π 2π ∫ (u (ωt ) ) 2 dωt 0 17 3.) Klirrfaktor KU = U 22 + U 32 + ... U 12 + U 22 + U 32 + ... existiert n = 1 nicht, so ist n = 2 die Grundschwingung! 4.) Klirrfaktor der n-ten Harmonischen K nU = Un U + U 22 + U 32 + ... 2 1 5.) Grundschwingungsgehalt GU = U1 U 12 + U 22 + U 32 + ... 6.) Gleichrichtwert u ( ωt ) = 1 2π 2π ∫u ( ωt ) dωt 0 7.) Formfaktor σF = U 02 + U 12 + U 22 + ... U 8.) Scheitelfaktor σS = Uˆ U 02 + U 12 + U 22 + ... Die Stromrichter-Netzrückwirkungen Das speisende elektrische Netz ist keine ideale, unendlich starke Energiequelle. Vielmehr entspricht es einer Spannungsquelle mit einer bestimmten inneren Impedanz, die im Falle einer Belastung eine Verminderung der Klemmenspannung verursacht. Beim Kurzschluß im Netz wird der Kurzschlußstrom schließlich von den inneren Netzimpedanzen begrenzt. Bei linearen Lasten (Widerstände, Luftdrosseln) fließt im Netz im stationären Fall ein rein sinusförmiger Strom, so daß der Spannungsabfall an den Netzimpedanzen auch Sinusform aufweist. Die Netzklemmenspannung wird nur in Amplitude und Phase, nicht aber in ihrer Form beeinflußt, der Sinusverlauf ist daher nicht verzerrt. Siehe Bild. 18 ZNetz Generator Last UG Uint IN Last 2 UL UL2 Klemmen Bild: Netzverhältnisse bei linearen Lasten bzw. rein sinusförmigen Strömen Bildet man die Maschengleichung innerhalb des im Bild dargestellten Kreises, so lautet diese: U G = U int + U L Man erkennt, daß die Spannung an der Last die Summe der Generatorspannung und des Spannungsabfalles an den Netzimpedanzen ist. Die Generatorspannung ist als rein sinusförmig anzunehmen. Ist zudem die Last linear, so ruft der sinusförmige Laststrom sinusförmige Spannungsfälle an den Netzimpedanzen hervor, so daß die Lastspannung U L ebenfalls sinusförmig ist. Arbeitet nun anstelle der linearen Last ein Stromrichter, so sind die Netzströme nicht mehr sinusförmig, sondern können von der Sinusform stark abweichen. An den Netzimpedanzen rufen diese verzerrten Ströme auch verzerrte Spannungen hervor, so daß die Summe der sinusförmigen Generatorspannung mit den Spannungsfällen eine verzerrte Lastspannung ergibt. Viel bedeutsamer ist allerdings die Tatsache, daß parallel geschaltete Verbraucher (im Bild Last 2) diese verzerrten Spannungen ebenfalls erhalten. Stromrichter können also auch für weiter im Netz entfernte Verbraucher elektrisch ungünstige Netzbedingungen schaffen. Netzgeführte Stromrichter – Umkehrstromrichter Die Spannung der bis dato behandelten Stromrichter kann zwar mit Hilfe des Steuerwinkels α gesteuert werden, wobei sich das Vorzeichen der abgegebenen mittleren Gleichspannungen beim Übergang vom Gleich- in den Wechselrichterbetrieb umkehrt (siehe Übergang vom Gleichrichter zum Wechselrichter), aber wegen der einseitigen Ventilwirkung ist die Stromrichtung auf der Gleichspannungsseite eindeutig vorgegeben (sog. Zweiquadrantenbetrieb). 19 I Wechselrichten Gleichrichten U Durch die Umkehr des Vorzeichens der Gleichspannung ist eine Energielieferung des netzgeführten Stomrichters in beiden Richtungen vom Wechselstromnetz an die Gleichstromseite und umgekehrt möglich. Dabei kann sich der Strom auf der Gleichstromseite jedoch nicht umkehren. Bei vielen Anwendungsfällen ist aber auch eine Umkehr des Stromes erwünscht bzw. notwendig (sog. Vierquadrantenbetrieb), beispielsweise bei einer elektrischen Lokomotive oder einer Aufzugsanlage. I Rückwärts beschleunigen Vorwärts beschleunigen U Rückwärts bremsen Vorwärts bremsen Dies trifft z.B. auch bei Umkehrantrieben zu, bei denen ein Gleichstrommotor schnell reversiert werden muß, wobei der Strom im Motor seine Richtung ändert. Die Forderung nach der Möglichkeit, den Strom auf der Gleichstromseite umzukehren, wird durch die sog. Umkehrstromrichter erfüllt. Ein derartiger Umkehrstromrichter entsteht durch die Parallelarbeit zweier einfacher Stromrichter mit entgegengesetzter Ventilrichtung. Da jeder der beiden gegenparallel geschalteten Stromrichter wechselweise in Gleich- und Wechselrichterbetrieb gesteuert werden kann, ist Spannungsumkehr auf der Gleichspannungsseite wie bei einem einfachen Stromrichter möglich. Da aber außerdem für jede der beiden Stromrichtungen ein eigener Stromrichter vorhanden ist, kann auch der Strom auf der Gleichspannungsseite sein Vorzeichen ändern. Umkehrstromrichter formen also Wechselstrom in Gleichstrom oder Gleichstrom in Wechselstrom um, wobei sie wechselweise als Gleichrichter oder Wechselrichter arbeiten: sie gestatten Energieaustausch in beide Richtungen. Für die Verwirklichung der Umkehrstromrichter lassen sich verschiedene Schaltungen verwenden. Das folgende Bild zeigt zwei einfache Beispiele, und zwar in Bild a) die Gegenparallelschaltung und in b) die Kreuzschaltung. Je nach Stromrichtung auf der Gleichspannungsseite wird der Gleichstrom I d entweder vom Stromrichter 1 oder vom Stromrichter 2 geliefert. 20 1 1 2 2 M a) M b) Die Gegenparallelschaltung. Bei der Gegenparallelschaltung arbeiten zwei Stromrichter mit entgegengesetzter Ventilrichtung gemeinsam auf die Gleichstromlast. Die folgende Abbildung zeigt die Gegenparallelschaltung zweier Stromrichter in Brückenschaltung. 1 Kreisstromdrossel M 2 Der Strom in der Gleichstromlast wird in der einen Richtung vom Stromrichter 1 geliefert, in der anderen Richtung vom Stromrichter 2. Da beide Stromrichter 1 und 2 parallel auf die selbe Gleichstromsammelschiene arbeiten, müssen sie in jedem Betriebszustand so ausgesteuert werden, daß sie möglichst gleich große Gleichspannungen abgeben. Das bedeutet aber wegen der umgekehrten Ventilrichtung, daß jeweils der eine Stromrichter im Gleichrichterbetrieb, und der andere im Wechselrichterbetrieb ausgesteuert sein muß. Soll die Spannung auf der Gleichstromseite geändert werden, So müssen die beiden Steuerwinkel α 1 und α 2 entsprechend verstellt werden, und zwar muß die Bedingung α 2 = 180° − α1 erfüllt sein, damit die von beiden Teilstromrichtern 1 und 2 abgegebenen mittleren Gleichspannungen gleich groß sind. Dabei ist nicht zu verhindern, daß sich für die beiden Spannungen unterschiedliche Augenblickswerte ergeben, die von dem unterschiedlichen Verlauf der Gleichspannung im Gleich- und Wechselrichterbetrieb rühren. Die Differenzspannung treibt einen Kreisstrom zwischen den beiden Teilstromrichtern, der entweder durch Reiheninduktivitäten, die sogenannten Kreisstromdrosseln, begrenzt werden muß, oder dadurch vermieden wird, daß jeweils nur der gerade an der 21 Stromführung beteiligte Stromrichter ausgesteuert wird, während die Zündimpulse des anderen Stromrichters gesperrt werden. Bei der Kreuzschaltung sind die beiden gegenparallel arbeitenden Teilstromrichter an getrennte Sekundärwicklungen des Stromrichtertransformators angeschlossen. Ein Vorteil der Kreuzschaltung gegenüber der Gegenparallelschaltung besteht darin, daß die Drosselspulen zur Unterdrückung des Kreisstromes kleiner sein können. Die Kreisströme Die Entstehung des Kreisstromes bei Umkehrstromrichtern wird mit Hilfe des folgenden Bildes verdeutlicht: Das Bild zeigt noch einmal eine Gegenparallelschaltung zweier Stromrichter in dreipulsiger Mittelpunktschaltung. Für einen willkürlich herausgegriffenen Zeitwert der Belastung, bei dem das Ventil 1 im Stromrichter 1 und das Ventil 2’ im Stromrichter 2 gezündet ist, wurde der Pfad des Kreisstromes dick eingezeichnet. Der Kreisstrom iKR fließt, im Gegensatz zum Gleichstrom id , nicht über die Gleichstromlast, sondern aus einem Stromrichtersystem in das andere. Er wird von der Differenzspannung der jeweils gezündeten Phase getrieben und ist durch die Kreisstromdrosseln begrenzt. Das neben dem Schaltbild gezeichnete Zeitdiagramm zeigt die den Kreisstrom iKR treibende Kreisspannung u KR für den angenommenen Steuerzustand von α 1 = 45° und (gemäß obiger Gleichung) α 2 = 180° − α 1 = 135° . Die Kreisspannung ergibt sich natürlich als Differenz der Augenblickswerte der Gleichspannungen u d 1 und u d 2 der beiden Teilstromrichter 1 und 2. Unter dem Einfluß der Kreisspannung bildet sich zwischen den beiden Systemen der Kreisstrom iKR aus. Dieser Kreisstrom wird von den im Kreisstrompfad liegenden Reaktanzen bestimmt. Solange die durch die Gleichung α 2 = 180° − α1 gegebene Bedingung eingehalten wird, ist die Kreisspannung eine reine Wechselspannung. Wenn aber α 2 < 180° − α 1 ist, erhält die Kreisspannung eine Gleichspannungskomponente, die ihrerseits eine Gleichstromkomponente im Kreisstrom hervorruft, die nur von den ohmschen Spannungsabfällen im Kreisstrompfad begrenzt wird und daher unzulässig ist. Bei Betrieb mit α 2 > 180° − α 1 ist die mittlere Wechselrichterspannung größer als die Gleichrichterspannung. Da durch die Ventilwirkung die Ausbildung des Gleichstromanteiles dieser Polarität im Kreisstrom verhindert wird, ist diese Betriebsweise grundsätzlich zulässig. Da die Kreisstromdrosseln als induktive Spannungsteiler für die beiden Gleichspannungen u d 1 und u d 2 wirken, liegt an der Gleichstromlast die mittlere Spannung, gebildet aus den Augenblickswerten der beiden Teilspannungen. 22