Zusatz Seite 8 Die Drehungen des Dharma

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Zusatz Seite 8
Die Drehungen des
Dharma-Rades
Die erste Drehung des Rades
Theravada – Die „Schule der Alten“ (abwertend
auch Hinayana „Das Kleine Fahrzeug“ genannt)
nimmt für sich in Anspruch, den Buddhismus
so zu leben, wie er schon von Buddha gelehrt
wurde. Theravada ist eine sehr alte und konservative Ausprägung des Frühbuddhismus, in dem
das Mönchtum und das Ideal des Arhat (des leidenschaftslosen Heiligen) hochgehalten werden.
Die wichtigsten Aufgaben der Theravada-Mönche sind die Unterweisung der Laien im Dharma
(der Lehre) und die Kultivierung des Geistes u.a.
durch Mitgefühl/Meditation (Metta) und Achtsamkeits-Meditation (Satipatana). Ihre Klöster
stehen für LaiInnen jederzeit offen.
Der Theravada-Buddhismus ist vor allem in
Thailand, Sri Lanka, Burma, Kambodscha und
Laos beheimatet, teilweise auch in Indien, Indonesien, Malaysia und Vietnam. Durch den Zuzug
von ThailänderInnen und VietnamesInnen
fi ndet er auch in Europa immer größere Verbreitung.
Die zweite Drehung des Rades
Mahayana – „Das große Fahrzeug“ wurde ca. ab
dem 1. Jahrhundert v. Chr. weiterentwickelt. Im
Mahayana wird die Erlösung aller Wesen betont.
Die neue Akzentuierung der Lehre wurde durch
eine blühende buddhistische Klosterkultur verbreitet, in der die Klöster gleichzeitig auch philosophische Zentren waren.
Die wesentliche Neuerung dieser Richtung: Nicht
nur Mönche, sondern alle sind erlösungsfähig.
Das Ideal des Arhat (weltabgewandter Heiliger)
wird durch das Ideal des Bodhisattva abgelöst.
So wird erzählt: Buddha Avalokiteshvara hätte
ins Nirvana eingehen können, doch er hörte die
Hilferufe der leidenden Wesen und verzichtete deswegen auf diesen letzten Schritt. Damit wurde der
Typus des Bodhisattva zum Ideal. Ein Bodhisattva
ist ein Wesen (sattva), welches den Kreislauf der
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Buddhismus
Wiedergeburten (samsara) hinter sich gelassen hat
und Erwachen (bodhi) in sich trägt und ins Nirvana eingehen könnte, also ein künftiger Buddha/
Erwachter ist. Er begnügt sich aber nicht damit,
allein in die endgültige Erlösung einzugehen, sondern ist aus Mitleid bemüht, auch andere Lebewesen aus dem Kreislauf des Leides zu befreien. Der
Typus des Bodhisattva ist bereits im Pali-Kanon
bekannt.
Die Gestalt des Buddha Shakyamuni wird allmählich metaphysisch interpretiert und einerseits zum allgegenwärtigen Prinzip („BuddhaNatur“), andererseits verselbstständigen sich
die Eigenschaften zu transzendenten BuddhaGestalten (z.B. Amithaba – der Buddha der Liebe,
Manjusri – der Buddha der Weisheit). Der Bodhisattva kann sein eigenes gutes Karma weitergeben bzw. das Leid anderer auf sich nehmen – weil
alle Wesen miteinander verbunden sind. Diese
„transzendenten“, übermenschlichen Bodhisattvas stehen außerhalb von Raum und Zeit und
werden transzendenten Buddhas (wie z.B. Amithaba, dem Buddha des unermesslichen Lichtes)
zugeordnet.
Damit ist ein neuer Weg zur Erlösung aufgetan:
Es ist ein Weg, der allen, also auch den Laien,
die Erreichung des Heilsziels möglich macht.
In den sogenannten Reinen-Land-Schulen
(China, Japan) spricht man auch von Erlösung
durch Gnade, durch die Hilfe eines Bodhisattva
oder auch eines Buddha. Nicht nur Nonnen und
Mönche, sondern alle Praktizierenden leisten im
Mahayana heute ein Bodhisattvagelübde.
Im Mahayana entstehen – als Weiterentwicklung
des frühen Buddhismus – mehrere bis heute
wichtige philosophische Schulen (u.a. die für
ihre streng logische Argumentation bekannte
Madhyamika-Schule oder die „idealistische“
Yogacara-Schule).
Im 1. Jahrhundert n. Chr. gelangte die Lehre des
Buddha entlang der Seidenstraße nach China.
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ChinesInnen haben bald eigene Buddha-Wege
entwickelt – am bekanntesten ist der Ch´anBuddhismus (japanisch Zen-Buddhismus) oder
der Amithaba(Amida)-Buddhismus (Schule des
Reinen Landes), dessen Wurzeln in Indien liegen.
Über Korea wanderte der Buddhismus nach
Japan. Heute zählen die Schulen des ReinenLand- oder Amida-Buddhismus (vor allem Jodo
Shinshu) zu den zahlenmäßig stärksten buddhistischen Gruppen in Japan.
Während der Amida-Buddhismus das Vertrauen
in die Kraft des Buddha Amida betont, ist für
den Zen-Buddhismus das eigene Bemühen entscheidend. Zen kommt von dem Sanskrit-Wort
Dhyana, Versenkung, und dementsprechend
steht die Meditationspraxis im Vordergrund.
Kensho („Selbstwesenschau“) meint im Zen die
Erfahrung, dass alles „leer“, also abhängig von
anderem und daher ohne eigenständiges Selbst
existiert. Diese Erfahrung ist für MahayanaBuddhistInnen der Anfang vom Ende der Wiedergeburten.
Der japanische Zen-Buddhismus fasst die Leerheit als Quelle allen Seins auf, aus der heraus alle
Dinge entstehen und in die hinein wieder alles
vergeht. Die Leerheit als Urgrund allen Seins ist
das Verbindende zwischen allen Wesen, zwischen Mensch und Natur. Es gibt keinen Unterschied mehr zwischen Subjekt und Objekt, zwischen Mensch und der umgebenden Natur. Der
Mahayana hat dafür eine eigene Formulierung
gefunden: Alle Wesen besitzen Buddha-Natur
(sie tragen das Potenzial zur Erleuchtung bereits
in sich). Es geht darum, die bereits vorhandene
Erleuchtung zu erkennen und in sich freizulegen.
Mahayana wird praktiziert in China, Japan,
Korea, Malaysia, Singapur, Taiwan, Vietnam; als
tibetischer Buddhismus in Bhutan, im nordindischen Himalaya, in Nepal, in der Mongolei, in der
Inneren Mongolei in China, in Republiken der
Russischen Föderation sowie in Tibet.
Die dritte Drehung des Rades
Vajrayana – das „Diamantene Fahrzeug“
Als dritte Drehung wird die Entstehung des tantrisch geprägten Buddhismus in Indien im 7. Jahrhundert n. Chr. bezeichnet, in dem u.a. magische
Praktiken als rituelles Instrument und Erlö-
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Buddhismus
sungshilfe eine besondere Rolle spielen. Im Tibetischen Buddhismus wurden Theravada, Mahayana und Tantrayana im Laufe der Zeit in ein
kompaktes Lehrsystem integriert. Dazu kamen
vermutlich autochthone tibetische Traditionen.
Von den vier großen Orden des Buddhismus
in Tibet (Nyigma, Karmakagyü, Sakya, Gelug)
haben sich vor allem die Gelug-Mönche um eine
Synthese bemüht. Ihr Oberhaupt, der „Dalai
Lama“ (mongolisch dalai „Ozean“; tibetisch
„lama“ Titel für Lehrer), gilt als Verkörperung
des Bodhisattva Avalokiteshvara. Der tibetische
Buddhismus wurde erst nach dem Einmarsch
der Volksrepublik China und der Flucht des
14. Dalai Lama nach Indien im Westen bekannt.
Die vierte Drehung des Dharma-Rades?
Der Buddhismus im Westen: Hier sind sämtliche
großen buddhistischen Richtungen präsent.
Die unterschiedlichen Lehrrichtungen organisieren sich in nationalen Unionen als Interessensgemeinschaften, welche gemeinsam
die „Buddhistische Union Europas“ bilden. In
einigen Ländern Europas (u.a. in Österreich seit
1983) ist der Buddhismus eine staatlich anerkannte Religion. Der Sangha lässt sich in Europa
in seiner asiatischen Gestalt nicht kopieren,
weshalb man dazu neigt, die Trennung von Mönchen/Nonnen und Laien ganz aufzugeben.
Die Merkmale eines europäischen Buddhismus
wurden von der Europäischen Buddhistischen
Union bei ihrem Kongress „Einheit in der Vielfalt“ so defi niert:
Die gleichwertige Bedeutung von Laien und
Mönchen/Nonnen
Die Gleichberechtigung der Frauen
Die Rückbesinnung auf die ursprüngliche
Lehre Sakyamuni Buddhas jenseits von kulturellen Besonderheiten, die der Buddhismus in
verschiedenen asiatischen Ländern angenommen hat
Verstärktes soziales und politisches Engagement im Sinne des Bodhisattva-Ideals 
Quelle: Josef Mann, Der Weg des Buddha, Vortragsmanuskript Kloster Wernberg 2005;
M. v. Brück/W halen Lai, Buddhismus und Christentum. Geschichte, Konfrontation, Dialog, München
1997
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BuddhistIn wird man ...
... durch ein sogenanntes Zufluchtsgelübde. In
Asien und in den westlich-buddhistischen Zentren legt man
es vor einem Mönch oder einer Nonne ab, indem man dreimal die „Zuflucht zu den drei Juwelen“ vor ihnen ausspricht:
Ich nehme Zuflucht zum Buddha (zum Erwachten), ich nehme
Zuflucht zum Dharma (zur Lehre), ich nehme Zuflucht zum
Sangha (zur Gemeinschaft).
Wer diese knappe Formel rezitiert, reinigt, erfrischt und
stärkt sich und richtet sein Herz/seinen Geist auf Weisheit
und Frieden aus. Auch wenn diese Formel den formellen
Übertritt zum Buddhismus annoncieren kann (nicht unbedingt zu einer bestimmten buddhistischen Richtung oder Institution), ist die sogenannte „Zufluchtnahme“ vor allem eine
Ausrichtung auf den Buddhismus als Weg, marga (skr.).
Die Zufluchtnahme ist vor allem im Theravada-Buddhismus
ein stehendes Element in allen Ritualen. BuddhistIn kann
jeder Mensch ohne Einschränkungen werden. Die Aufnahme
in die Mönchsgemeinschaft ist jedoch durch das Mönchsrecht (Vinaya) genau geregelt.
Vergleiche: Ähnlich wird im Christentum formuliert: „Ich
glaube an Christus, seine Lehre (das Evangelium) und die
Gemeinschaft der Glaubenden (die Kirche).“
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Buddhismus
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