8. kammerabend S aison 2012 20 13 M i t t wo c h 2 6 . 6 .13 2 0 U h R I S e mp e r o p e r D r e s d e n 8. Kammerabend Kammermusikaustausch mit dem Gewandhausorchester Leipzig Mitwirkende Gäste Johannes Brahms (1833-1897) Volker Hemken Bassklarinette Tahlia Petrosian Viola Christian Hornef Klavier Sonate für Klavier und Violoncello Nr. 1 e-Moll op. 38 (1862/1865), Bearbeitung für Klavier und Bassklarinette von Volker Hemken 1. Allegro non troppo 2. Allegretto quasi Menuetto 3. Allegro Pau s e Ulrich Leyendecker (*1946) Trio für Viola, Bassklarinette und Klavier (1964/1967, 2001) 1. un poco mosso 2. moderato 3. un poco mosso Othmar Schoeck (1886-1957) Sonate für Bassklarinette und Klavier op. 41 (1927/1928) 1. Gemessen 2. Bewegt 3. Bewegt David Lang (*1957) »Press Release« für Bassklarinette solo (1991) Johannes Brahms Sonate für Klavier und Klarinette f-Moll op. 120 Nr. 1 (1894), Fassung für Klavier und Viola 1. Allegro appassionato 2. Andante un poco Adagio 3. Allegretto grazioso 4. Vivace Johannes Harneit (*1963) Daniel Smutny (*1976) »Partita sopra diverse Sonate« für Bassklarinette solo, 2. Satz aus »Auf den Flügeln des Gesangs« (2009) »trio concorde« für Klavier, Viola und Bassklarinette (2013) 1. Introduzione 2. Scherzo – Adagio – Fuga – Coda Uraufführung Zum Programm Johannes Brahms, einst von den sogenannten »Neudeutschen« als konservativ etiket­ tiert, ist in seiner Bedeutung für die Neue Musik, speziell für die Kammermusik der Moderne, längst anerkannt. Sein erster glühender Verfechter in dieser Hinsicht war Arnold Schönberg (mit seinem berühmten Vortrag »Brahms, der Fortschrittliche«). Umso folgerichtiger ist es, wie beim heutigen Kammerabend mit Musikern des Gewandhausorches­ ters Leipzig neuere­und neueste Werke mit Kompositionen von Brahms zu verbinden. Von Johannes Brahms erklingen an diesem Abend eine Sonate des etwa 30-jährigen auf­strebenden Komponisten (op. 38) und eine des über 60-jährigen arrivierten Künstlers (op. 120 Nr. 1); die letztere entstammt seinem letzten Kammermusik-Opus überhaupt. Während die Sonate op. 38 für Violoncello und Klavier bestimmt ist, konzipierte Brahms seine beiden Sonaten op. 120 für die Klarinette. Im heutigen Konzert zu hören ist op. 38 in einer vom Mitwirkenden Volker Hemken vorgelegten Bearbeitung für Bassklarinette, op. 120 Nr. 1 hingegen in der von Brahms autorisierten Alternativversion für Bratsche: Streich- und Blasinstrument tauschen also ihren Platz. Die Sonate op. 38, von romantischer Melancholie durchzogen, ist ihrem Schöpfer so ausgedehnt geraten, dass er den langsamen Satz (leider!) eliminiert hat. Dennoch bietet das Werk viele gesangliche Ruhepunkte und ist von wunderbarer Geschlossenheit. Brahms’ Sonate op. 120 Nr. 1 hat trotz Viersätzigkeit einen geringeren Gesamt­ umfang, gemäß der Knappheit des Altersstils, und stellt die Grazie der beiden Mittel­ sätze der Strenge der Ecksätze gegenüber. Trotz seiner Kontrapunktik besitzt das Finale einen befreiend fröhlichen Zug und rundet mit einer thematischen Erinnerung an den ersten Satz das Werkganze ab. Ulrich Leyendecker, aus Wuppertal gebürtig, lebt, nach Lehrtätigkeiten in Hamburg und Mannheim, freischaffend seinem vielseitigen Œuvre, das ihm mehrfach Preise eingebracht hat. »Mein Trio«, führt er aus, »ist ein Jugendwerk. Die beiden ers­ten Sätze entstanden bereits im Jahr 1964, der dritte 1967. Beim Komponieren habe ich … keine seriellen Techniken benutzt, obgleich der Einfluss des Formdenkens der seriellen Musik vorhanden ist. Diesen Aspekt kann man hauptsächlich im 3. Satz beob­achten, in dessen Phasen ›Zustand‹, ›Desintegration‹ und ›Konzentration‹ immer das gleiche Material genutzt wird. In allen drei Sätzen des Trios findet sich eine allgemeine atonale Harmonie. Die Evolution der Form entwickelt sich athematisch.« Der Schweizer Othmar Schoeck hinterließ ein umfangreiches Werk universeller Art; die Fülle seiner Vokalkompositionen vom Lied bis zur Oper (seine 1927 in Dresden uraufgeführte »Penthesilea« kam 2008 in der Semperoper erneut auf die Bühne) erdrückt nahezu die Instrumentalmusik, die dennoch ihr eigenes Gewicht besitzt. Die Sonate für Bassklarinette und Klavier op. 41 war wegen ihrer Besetzung zu ihrer Entstehungszeit 1927/1928 noch eine Art Exot, so dass bei ihrer Drucklegung in Leipzig bei Breitkopf & Härtel das Fagott als Alternativinstrument angegeben wurde. Dem bei einem schlendernden Grundgestus des Klavierparts für das Soloinstrument sehr virtuosen ersten Satz folgen zwei weitere, unmerklich ineinander übergehende Sätze mehrfach wechselnden Charakters samt einem verblüffenden Schluss, der den humorigen Anstrich des Werkes bekräftigt. Daniel Smutny, in Mannheim geboren, studierte u.a. bei Isabel Mundry, der Kapell-Compositrice der Sächsischen Staatskapelle in der Spielzeit 2007/2008. Aus jüngster Zeit stammt seine dreiteilige Komposition »Auf den Flügeln des Gesangs« (mit bewusster Anspielung auf das von Mendelssohn vertonte Heine-Lied). Der zweite, für Bassklarinette komponierte Teil dieses Werkes, überschrieben mit »Partita sopra diverse Sonate«, wurde 2011 in Zürich durch Volker Hemken uraufgeführt. Die Bezeichnung »sopra diverse Sonate« meint, so der Komponist, »dass sich diese Partita auf mehrere Sonaten bezieht, nämlich auf die drei Klaviersonaten Johannes Brahms’ (op. 1, 2 und 5). Das Interessante ist hierbei natürlich, wie ein polyphoner Klaviersatz mit einem monophonen Instrument angespielt und variiert werden kann … Es handelt sich um taktweise Bezüge zu den Brahms-Originalen, welche aber nur angespielt, alludiert werden – kaum zitiert. Um diese Zellen herum geschieht die Umspielung, … eine Einbettung dieses Historischen in eine neue Melodik … (mit) großen intervallischen Spannbreiten, welche besonders für das Bassklarinetteninstrument gedacht sind und meist eine Art Spreizung und Zerrung der Lagen und Melodiekerne der Brahms-Originale ergeben.« Der Kalifornier David Lang, der in New York lebt und Hans Werner Henze zu seinen Lehrern zählt, schrieb sein »Press Release« für den US-amerikanischen Komponisten und Klarinettisten Evan Ziporyn. Zu seinem eigenen Komponieren bekennt Lang: »Um zu dem geheimnisvollen Erlebnis erstmals gehörter Musik zurückzufinden, muss man, wie ich glaube, … unerwartete Klänge erzeugen. Mich interessiert die Erfindung von Strukturen. Ich verstehe meine Stücke nicht als Lieder, Melodien und Harmonien. Für mich sind sie vielmehr so etwas wie Schachteln, die ich aus irgendwelchen Gründen herstelle und dann auffülle. Viele meiner Stücke sind Erzählungen, keine oberflächlichen, Gefühle steuernden Erzählungen, sondern tiefer schürfende, die erklären, wie Dinge gemacht sind.« Das letzte Stück des Abends, entstanden in diesem Jahr auf Anregung von Volker Hemken, erlebt heute seine Uraufführung. Johannes Harneit, der in seiner Heimatstadt Hamburg u.a. Komposition bei György Ligeti studierte und seither leitend an Opernhäusern und bei Orchestern (so der Sinfonietta Leipzig) tätig ist, erläutert die kompositorische Idee seines »trio concorde«: »Der Titel bezieht sich einerseits auf die mitwirkenden Saiten­i nstrumente, andererseits auf den Anklang zur ›Concord-Sonata‹ von Charles Ives, in deren Ecksätzen plötzlich Bratsche bzw. Flöte zum Klavier hinzutreten. Das Klavier wird durch die Instrumente ›eingefärbt‹ … In meinem Trio wird genauso gedacht, in verschiedenen Schichtungen bilden die Instrumente wechselnde Vorder- und Hintergründe. Das Werk ist zweisätzig: Nach einer kurzen Einleitung folgen 3 ineinander übergehende Abschnitte: Erinnerungen an die vergangenen Formen ›Scherzo‹, ›Adagio‹ und ›Finale‹.« Ort ru n L a ndm a nn mitwirkende gäste Volker Hemken B assk la r i n et t e erhielt seine klarinettistische Ausbildung in Hamburg, Amsterdam und Basel. Noch während seiner Studienzeit, in der er u.a. Mitglied einer Band des US-ameri­ kani­schen Singer-Songwriters Tom Waits war, wurde er 1992 Solobassklarinettist des Gewandhausorchesters Leipzig. 1996 gründete er gemeinsam mit Kollegen die Sinfonietta Leipzig, die sich groß besetzter Kammer- und Ensemblemusik widmet. Mit dem Gewandhausorchester, der Sinfonietta Leipzig und anderen Orchestern tritt er in Werken für Bassklarinette und Orchester regelmäßig auch solistisch hervor. Als Solist und Kammermusiker arbeitete Volker Hemken überdies mit dem Ensemble Modern, dem Ensemble Avantgarde, der Staatskapelle Weimar, dem Staatsorchester Stuttgart und dem Leipziger Streichquartett zusammen. Der gebürtige Emder ist Widmungsträger einer Vielzahl von Werken für sein Instrument, die er auf bislang drei Solo-CDs und für den Rundfunk einspielte. Tahlia Petrosian v i o la wurde in Australien als Tochter einer chinesischen Mutter und eines armenischen Vaters geboren. Früh entdeckte sie die Bratsche für sich; der Wunsch, ihre Instru­ mentalausbildung zu vertiefen, führte sie vor sechs Jahren in die deutsche Hauptstadt Berlin, in der sie bei Tabea Zimmermann und Wilfried Strehle studierte. Meisterklassen besuchte die junge Musikerin u.a. bei Yuri Bashmet und Pinchas Zukerman. Tahlia Petrosian spielte als Solobratschistin in Orchestern wie dem London Philharmonic Orchestra, dem Australian Opera and Ballet Orchestra, der Könglichen Flämischen Philharmonie sowie an der Deutschen Oper Berlin. Geehrt mit einer Reihe von Preisen, erhielt sie den Artist Deve­lopment Award des Australia Council for the Arts, den Australian Music Foundation Award in London, in Berlin wurde sie von der Paul-Hindemith-Gesellschaft ausgezeichnet. Seit dieser Spielzeit ist sie Mitglied des Leipziger Gewandhausorchesters. Christian Hornef k lav i e r studierte Klavier u.a. in Hannover sowie Dirigieren bei Michael Gielen in Salzburg. Er unterrichtete am Mozarteum, war Repetitor am Schillertheater NordrheinWestfalen in Gelsenkirchen und wirkte als Solorepetitor und Kapellmeister am Staatstheater Mainz, später war er Studienleiter an der Musikalischen Komödie in Leipzig. Seit 2008 bekleidet er die Position des Studienleiters an der Oper Leipzig. In Fulda geboren, ist Christian Hornef in verschiedenen Kammermusikformatio­ nen sowie als Liedbegleiter im In- und Ausland tätig, darüber hinaus lehrt er an der Leipziger Hochschule für Musik und Theater »Felix Mendelssohn Barthol­dy«. 2012 spielte Christian Hornef das Klavierkonzert Nr. 1 von Béla Bartók mit dem Gewandhaus­orchester Leipzig im Rahmen einer Ballettaufführung. VORSCHAU S a m s tag 6 .7.13 15 U h R S e mp er o p e r , O b e r e s R u n d f oy e r Dirigieren im Rausch Andris Nelsons im Gespräch mit Tobias Niederschlag Kammermusik der Sächsischen Staatskapelle Dresden Gegründet 1854 als TonkünstlerVerein zu Dresden Verantwortlich: Friedwart Christian Dittmann, Ulrike Scobel und Christoph Bechstein I m p r e ssu m s o n n tag 7.7.13 11 U h R Sächsische Staatskapelle Dresden Chefdirigent Christian Thielemann M o n tag 8 .7.13 2 0 U h R Spielzeit 2012 | 2013 D i e n s tag 9.7.13 2 0 U h R Herausgeber: Sächsische Staatstheater – Semperoper Dresden © Juni 2013 S e mp er o p e r D r e s d e n 12. Symphoniekonzert Andris Nelsons Dirigent Joseph Haydn Symphonie Nr. 90 C-Dur Hob. I:90 Dmitri Schostakowitsch Symphonie Nr. 5 d-Moll op. 47 Kostenlose Einführungen jeweils 45 Minuten vor Konzertbeginn im Opernkeller der Semperoper *** d o n n e r s tag 11.7.13 2 0 U h R R e da k t i o n Dr. Torsten Blaich Text Der Einführungstext von Dr. Ortrun Landmann ist ein Originalbeitrag für dieses Programmheft. G e s ta lt u n g u n d s at z schech.net Strategie. Kommunikation. Design. Druck Union Druckerei Dresden GmbH Private Bild- und Tonaufnahmen sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet. w w w. s ta at sk a p e l l e - d r e s d e n . d e S e mp er o p e r D r e s d e n 4. Aufführungsabend David Afkham Dirigent Andreas Kißling Flöte Witold Lutosławski Trauermusik für Streichorchester in memoriam Béla Bartók Carl Philipp Emanuel Bach Flötenkonzert G-Dur Wq 169 Franz Schubert Symphonie Nr. 4 c-Moll D 417 »Tragische« PA R T N E R D E R S E M P E R O P E R U N D D E R S TA AT S K A P E L L E D R E S D E N