Ausrichtung von Partikeln in stationären Strömungsfeldern

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PAMM · Proc. Appl. Math. Mech. 6, 423–424 (2006) / DOI 10.1002/pamm.200610192
Ausrichtung von Partikeln in stationären Strömungsfeldern
H. Altenbach∗1 , K. Naumenko1 , S. Pylypenko1,2 und B. Renner1
1
2
Lehrstuhl für Technische Mechanik, Fachbereich Ingenieurwissenschaften, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg,
06099 Halle, Deutschland
Graduiertenkolleg Micro-Macro-Interactions in Structured Media and Particle Systems, Otto-von-Guericke-Universität
Magdeburg, 39106 Magdeburg, Deutschland
Zahlreiche komplexe Kunststoffbauteile für industrielle Anwendungen werden im Spritzgussprozess hergestellt. Um mechanische Eigenschaften zu verbessern, verstärkt man u. a. die Kunststoffe mit Kurzglasfasern. Die Eigenschaften hängen
dabei von der Faserorientierung ab. In dieser Arbeit wird die Ausrichtung eines einzelnen Partikels in einem Strömungsfeld
behandelt. Ausgehend von der Drehimpulsbilanz wird die Bewegungsgleichung für die Drehung des Partikels hergeleitet.
Es werden Konstitutivannahmen für die Wechselwirkung mit dem umgebenden Medium gemacht, effiziente numerische
Lösungsverfahren werden diskutiert und die erhaltene Lösung wird mit der traditionellen Lösung nach Jeffery [1] verglichen.
© 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim
1 Einleitung
Als ersten Schritt bei der Bestimmung der Orientierung von Partikeln in Strömungsfeldern wird zunächst ein einzelnes
stabförmiges Partikel, dessen Durchmesser-Länge-Verhältnis extrem klein ist, betrachtet. Seine Rotation wird bestimmt durch
seine Trägheit, die Wechselwirkung mit dem umgebenden Medium und durch die Art der Strömung des Mediums.
2 Rotation eines stabförmigen Partikels
Die Bewegungsgleichung für die Rotation wird aus der Drehimpulsbilanz
d
K (t) = M (t)
dt
hergeleitet, K ist der Drehimpuls und M das äußere Moment. Der Drehimpuls des Partikels wird durch seine Trägheit
(Trägheitstensor C ) und die Rotationsgeschwindigkeit ω bestimmt
K (t) = C (t) · ω (t),
C (t) = P (t) · C 0 · P T (t),
C 0 = C (t = t0 ),
wobei P der Drehtensor ist. Für ein schlankes stabförmiges Partikel (Länge l, Masse m) mit der Liniendichte ˜ = m/l und
dem Einheitsvektor m 0 seiner Längsachse ist der Trägheitstensor C 0 der Ausgangslage
C 0 = ˜
l3
E − m 0 ⊗ m0)
(E
12
mit E als Einheitstensor.
Die Wechselwirkung mit dem umgebenden Medium kann mit einer Kraft F beschrieben werden, die auf das Partikel wirkt.
F = f ds, s ist die
Da die Kraft im allgemeinen Fall über die Partikellänge nicht konstant ist, wird die Intensität f eingeführt (dF
F n bzw. F τ ) zerlegt werden:
Längskoordinate). Die Kraft kann in ihre beiden Komponenten Normal- und Tangentialkraft (F
F = dF
F n + dF
F τ = (ff n + f τ ) ds.
dF
Das Wechselwirkungsmoment M nimmt folgende Form an:
M = s m × f ds
s
mit m als zeitabhängigen Einheitsvektor der Partikellängsachse.
Die Bewegungsgleichung für die Rotation des Partikels ergibt sich nun zu
d
E − m ⊗ m ) · ω ] = −ν̃ [(ω
ω − φ ) · (E
E − m ⊗ m) − m × D · m] ,
[(E
dt
∗
E − m ⊗ m) · ω ,
ω T ≡ (E
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Section 7
1
1 ∗
∇ v ∗f )T , v ∗f ist die Geschwindigkeit
∇ v f + (∇
L = D − φ × E ist der Geschwindigkeitsgradient, φ = ∇ × v ∗f , D =
2
2
des ungestörten Mediums und ν ist der Widerstandskoeffizient. Für die numerische Lösung wird die Bewegungsgleichung auf
folgende Form gebracht:
m + ṁ
m · ṁ
m m + νṁ
m = ν LT · m − m · LT · m m .
m̈
Als Beispiel für eine ebene Strömung im Hauptachsensystem n1 − n2 des Tensors D wird die elliptische Strömung nach
Giesekus [2] betrachtet. In einer ebenen Strömung sind
n1 ⊗ n 1 − n 2 ⊗ n 2 )
D = d0 (n
und φ = φ0 n 1 × n 2 ,
dabei kennzeichnen d0 und φ0 den Deformations- bzw. den Rotationsanteil. Im Beispiel wurde der Quotient = φ0 /d0 = 1.5
gewählt. In Abb. 1 ist ein Vergleich der Partikelrotation nach dem in dieser Arbeit beschriebenen Modell mit Modellen, bei
denen die Rotationsträgheit vernachlässigt wird (wie z. B. bei Jeffery [1]), gezeigt.
α, Grad
50
n3
40
30
n1
20
n2
10
Trägheit vernachlässigt
ν̃ = 5.0, 1/s
Eigene Lösung
0
0
2
4
6
d0 = 0.66, 1/s
8
t, s
φ0 = 1.0, 1/s
Abb. 1 Vergleich der Partikelrotation mit Modell von Jeffery [1].
Im rechten Bild ist die Drehung in Abhängigkeit der Parameter ν̃ = ν/˜, d0 und φ0 und im linken die Änderung des
Winkels α zwischen der Partikelachse und der n 1 − n 2 -Ebene dargestellt, wobei die n 1 − n 2 -Ebene die Strömungsebene ist.
Die Drehung erfolgt um die n 3 -Achse. Das Partikel ragt in seiner Ausgangslage um 30o aus der Ebene heraus.
Das Partikel bewegt sich auf einer sattelförmigen Kurve. Nach einer bestimmten Zeit t geht α → 0, das Partikel dreht
sich dann in der Strömungsebene um die Wirbelachse (blaue Kurve in Abb. 1). In der Literatur zu Polymersuspensionen
sind Modelle ohne Rotationsträgheit die meistverbreiteten Modelle. Bei Jeffery [1] beschreiben die Enden der Hauptachse
eines axialsymmetrischen Partikels, das um seinen Schwerpunkt rotiert, eine stationäre sattelförmige Kurve (Jeffery-Orbit).
Berücksichtigt man die Rotationsträgheit, dann gibt es keine orbitale Bewegung, denn das Partikel dreht sich mit der Zeit in
die Strömungsebene.
3 Zusammenfassung
In dieser Arbeit wurde ausgehend von der Drehimpulsbilanz die Bewegungsgleichung für die Rotation eines einzelnen
stabförmigen Partikels in einem ebenen Strömungsfeld hergeleitet und numerisch gelöst. Die Rotationsträgheit des Partikels
wurde dabei berücksichtigt. Seine Ausrichtung in einem elliptischen Strömungsfeld wurde grafisch dargestellt. Es konnte gezeigt werden, dass sich das Partikel nach einer Zeit t in die Strömungsebene dreht, was bei Modellen, die die Rotationsträgheit
vernachlässigen, nicht der Fall ist.
In Zukunft soll die Ausrichtung des Partikels in anderen Strömungen (z. B. Rotations- oder Schichtströmung), das Verhalten
von mehreren Partikeln sowie die Wechselwirkungen im Wandbereich eines zu füllenden Kanals untersucht werden.
Literatur
[1] G. B. Jeffery, Proc. R. Soc. London Ser. A 102, 161 (1922).
[2] H. Giesekus, Rheol. Acta 2(2), 101 (1962); Rheol. Acta 2(2), 112 (1962).
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