Vorlesung ”Physik für Studierende der Ingenieurwissenschaften” (WS 2004/2005) Aufgabenzettel 07.12.2004 Divergenz und Rotation eines Vektorfeldes Motivation von Divergenz, Rotation, Gaußschem Satz und Satz von Stokes. DIVERGENZ EINES VEKTORFELDES Die Strömung eines Gases wird durch die momentane Geschwindigkeit ~v am Ort ~r, d.h. durch ~v (~r) beschrieben (Fig. 1). Ohne eine Gasquelle (z.B. einen verdampfender Wassertropfen) strömt immer gleich viel Gas in ein gedachtes Volumen V = ε3 hinein, wie aus diesem Volumen herausfließt. Man sagt: ”Das Strömungsfeld (Vektorfeld) ist frei von Quellen”. Der Gasfluss pro Volumen aus einem Würfel mit Kantenlänge ε ist die Summe der Ströme durch seine 6 Flächen bezogen auf sein Volumen (Fig. 2): ¢ ¡ ~v (~rx+ )~ex − ~v (~rx− )~ex ε2 (1) d= ρ ε3 ¡ ¢ ~v (~ry+ )~ey − ~v (~ry− )~ey ε2 +ρ ε3 ¡ ¢ ~v (~rz+ )~ez − ~v (~rz− )~ez ε2 +ρ ε3 FIG. 2: Fluss durch einen Würfel. (ρ ist die Massendichte, ε2~ei ist die Fläche einer Würfelseite). Für ε → 0 folgt daraus mit ~v~ei = vi die Definition der Divergenz div(~v ) ¶ µ ∂ ∂ ∂ (2) vx + vy + vz = ρ div(~v ). d=ρ ∂x ∂y ∂z Aufgabe 1: Skizzieren Sie die das Feld ~v (x, y, z) = (x, y, z)/(x2 + y 2 + z 2 )3/2 (zweidimensional reicht!) und berechnen Sie die Quellstromdichte div(~v ) für (x, y, z) 6= 0. (Dieses Feld entspricht dem elektrischen Feld einer Punktladung bei (x, y, z) = (0, 0, 0).) Im Fall eines quellenfreien Strömungsfeldes ist die Divergenz div(~v ) immer Null. Im Fall von div(~v ) > 0 spricht man von einer Quelle, im Fall von div(~v ) < 0 von einer Senke. Zum Beispiel besitzt das Strömungsfeld ~v (x, y, z) = (x, y, z) die die Quellstromdichte div(~v ) = 3. SATZ VON GAUSS Der Satz von Gauss besagt, dass der Fluss durch die Oberfläche eines Volumens gleich der Summe seiner Quellen ist. Die mathematische Formulierung lautet: I FIG. 1: Beispiel für ein zweidimensionales Strömungsfeldes. ~= ~v (x, y, z) dA ZZZ div(v(x, y, z)) dxdydz, (3) ~ das Flächenelement der Oberfläche bezeichnet. wobei A Der Satz von Gauß ist anschaulich einfach zu verstehen und wird deshalb hier nicht bewiesen. Aufgabe 2: Berechnen Sie den Fluss des Feldes ~v aus Aufgabe 1 durch eine Kugel mit Radius R, deren Zentrum im Koordinatenursprung liegt. Hängt der Fluss vom Radius der Kugel ab? Hätten Sie das Ergebnis auf Grund von Aufgabe 1 und dem Satz von Gauss erwartet? 2 Für ε → 0 folgt daraus r= ∂ ∂ vy − vx . ∂x ∂y (6) Analog zum Satz von Gauß kann man nun das Linienintegral für R als Intgral über r schreiben I FIG. 3: Strömungsfeld mit linksdrehendem Wirbel. Das Linienintegral um den äußeren Rand ist gleich der Summe der Linienintegrale um alle Teilquadrate. SATZ VON STOKES Abbildung 3 zeigt ein Strömungsfeld mit einem Wirbel. Bildet man das Linienintegral (im mathematische positiven Sinn, d.h. gegen den Uhrzeigersinn) I R = ~v (~s) d~s (4) um das äußere Quadrat erhält man ein Maß für die Stärke des Wirbels. R > 0 entspricht einem linksdrehenden, R < 0 einem rechtsdrehenden Wirbel. Das Integral läßt sich als Summe der Integrale um die neun kleinen Quadrate schreiben, da sich die Ergebnisse der Teilstrecken innerhalb des großen Quadrates aufheben. Man kann sich die Fläche in beliebig viele sehr kleine Quadrate aufgeteilt denken. Innerhalb eines infinitesimalen Quadrates mit Kantenlänge ε findet man für den Wert des Linienintegrales bezogen auf die Fläche des Quadrates ¢ ¡ −~v (~ry+ )~ex + ~v (~ry− )~ex ε . (5) r= ε2 ¢ ¡ ~v (~rx+ )~ey − ~v (~rx− )~ey ε + ε2 ~v (~s) d~s = ZZ µ vx ∂vy − ∂x ∂y ¶ dxdy. (7) Das ist der Satz von Stokes für eine zweidimensionale ebene Fläche. Die Fläche kann auch gekrümmt sein. Dann muß der Satz von Stokes zu I ~v (~s) d~s = ZZ ~ rot(~v (~r)) dA, (8) verallgemeinert werden, wobei die so genannte Rotation ~r = rot(~v ) ein Vektor ist, der durch rot(~v (x, y, z)) = ¶ ∂vy ∂vz ~ex − ∂z ¶ µ ∂y ∂vx ∂vz + ~ey − ∂x ¶ µ ∂z ∂vx ∂vy + ~ez − ∂x ∂y µ (9) gegeben ist. Der einfachere Fall (Gleichung 7) ergibt sich ~ ∝ ~ez . für dA Aufgabe 3: (a) Berechnen Sie die Rotation des Feldes aus Aufgabe 1. (b) Skizzieren Sie das Strömungsfeld (Vektorfeld) ~v = (y, −x) und berechnen Sie die Rotation rot(~v ). (c) Berechnen Sie das Linienintegral entlang der Kanten eines Quadrates der Kantenlänge 2, das im Ursprung zentriert ist. (d) Berechnen Sie das Flächenintegral über rot(~v ) für dieses Quadrat.