3. Die Divergenz und die Quellen des elektrischen Feldes Das Gauß’sche Gesetz I ∂V ~ · d~f = 1 Qin = 1 E 0 0 Z ρel dV V stellte eine beachtliche Verbindung her zwischen dem elektrischen ~ und seinen Quellen, den elektrischen Ladungen. Feld E In den bisherigen Anwendungen haben Sie das Gauß’sche Gesetz als Alternative zum Coulomb-Gesetz verwendet, um aus einer vorgegebenen Ladungsverteilung das elektrische Feld zu berechnen. Betrachten wir dazu ein weiteres Beispiel: Ein unendlich langer, gerader Draht mit Radius R sei homogen geladen. Seine Ladung pro Längeneinheit L betrage Q = λ. L Wir können nun das elektrsche Feld dieses Drahtes auf zwei verschiedene Weisen berechnen: Mit Hilfe des Coulomb-Gesetzes und des Superpositionsprinzips berechnen wir Z 1 ρ(~r 0 ) 0 ~ E (~r ) = dV , 4π0 Drahtvolumen |~r − ~r 0 |2 wobei die Ladungsdichte πRQ2 L ρ(~r ) = 0 r ≤R . r >R Hierbei bezeichnet r den senkrechten Abstand zur Zylinderachse. Die Berechnung dieses Coulomb-Integrals ist relativ aufwendig und soll hier nicht vorgeführt werden. Die Berechnung des elektrischen Feldes mit Hilfe des Gauß’schen Gesetzes und mit Symmetrieargumenten ist wesentlich einfacher. Beachte aber, dass das Gauß’sche Gesetz eine direkte Folge des Coulomb-Gesetzes ist. Folgende Symmetrieüberlegung führt uns auf die Form des elektrischen Feldes: Da die Ladungsverteilung in jeder Ebene senkrecht zum Draht kreissymmetrisch ist, muss dies auch für das elektrische Feld gelten. In Zylinderkoordinaten erhalten wir daher ~ (r , ϕ, z) = E ~ (r , z). E Da die Ladungsverteilung in jeder Ebene senkrecht zum Draht gleich aussieht (Translationsinvarianz entlang der Zylinderachse) folgt ~ (r , z) = E ~ (r ). E Aber welche Richtung hat das Feld? Zunächst ~ (r ) = Er (r )êr + Eϕ (r )êϕ + Ez (r )êz . E Hier wird es mit den Symmetrieargumenten etwas schwieriger: Angenommen das Feld hätte eine z-Komponente. Tauscht man jedoch z gegen −z aus, so sieht der Draht genauso aus wie vorher, das Feld dreht jedoch seine Richtung um Ez (r ) → −Ez (r ). Da sich an der Ladungsverteilung jedoch nichts geändert hat, muss gelten Ez (r ) = −Ez (r ) ⇒ Ez (r ) = 0. Analoges gilt für eine Koordinatentransformation bei der ϕ → −ϕ ausgetauscht wird (genau genommen muss man z → −z gleichzeitig mit ϕ → −ϕ ausführen, damit das neue Koordinatensystem wieder rechtshändig ist.) ⇒ Eϕ (r ) = 0. Daher bleibt nur noch die radiale Feldkomponente, d.h. ~ (~r ) = Er (r )êr . E Die radiale Feldkomponente können wir nun mit Hilfe des Gauß’schen Gesetzes berechnen: Wir unterscheiden zwei Fälle: r ≤R und r > R. In beiden Fällen betrachten wir als Gauß’sches Volumen einen konzentrischen Zylinder mit Radius r . Die beiden Fälle unterscheiden sich durch die im Zylinder eingeschlossene Ladung. Für r < R ist Z L Z 2π Z r Z Qin 1 Q dz dϕ dr 0 r 0 , = ρdV = 2 2 L L endl. Zylinder πR L 0 0 0 wobei wir das Volumenelement in Zylinderkoordinaten dV = dr r dϕ dz benutzt haben. r2 Qin Q r2 L 2π = λ 2. ⇒ 2 = L πR 2 L2 2 R Der Fluss des elektrischen Feldes ergibt sich zu Z Z ~ · d~f + E Zylindermantel Z Deckelflächen ~ · d~f E ~ · d~f . E oberer + unterer Deckel Z = untere Deckelfläche ~ · d~f + E |{z} Z obere Deckelfläche (−êz )df Z Z Ez (r )df − Ez (r )df = 0 Die Deckelflächen tragen also nicht zum elektrischen Fluss bei. Dieser wird allein durch den Fluss durch die Mantelfläche ~ · d~f E |{z} êz df bestimmt: Z Mantelfläche ~ · d~f = E |{z} Z Er (r )df Mantelfläche df ~er Z = L Z 2π dz 0 r dϕEr (r ) = Er (r ) 2π r L 0 Mit Hilfe des Gauß’schen Gesetzes ergibt sich damit r2 Qin = λ 2 L = ε0 Er (r ) 2πrL R oder Er (r ) = λ r 2πε0 R 2 für r ≤ R. Im Aussenraum des Drahtes gilt hingegen Qin = λL ⇒ λL = ε0 Er (r )2πrL, woraus wir das Feld im Aussenraum zu λ 1 für r > R. Er (r ) = 2πε0 r erhalten. E(x) Er(r) [λ /(2 π ε0 R2)] 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 0 1 2 3 4 5 r/R Abbildung: Radialkomponente des elektrischen Feldes eines homogen geladenen Drahtes. Bisher haben wir aus einer vorgegebenen Ladungsverteilung das elektrische Feld berechnet. Können wir das Verfahren auch umdrehen? (Jetzt wird die Sache spannend!) Können wir bei bekanntem elektrischen Feld auf die Ladungsverteilung schließen? Das Gauß’sche Gesetz sagt: Betrachte ein vorgegebenes Volumen V und miss den Fluss des elektrischen Feldes durch die Oberfläche des Volumens, dann weisst Du, wie groß die eingeschlossene Ladung ist! Betrachten wir dazu wieder das Feld einer Punktladung und ein Volumenelement, welches die Ladung nicht einschließt: Skizze! Der Fluss durch das Volumenelement beträgt I ~ · d~f = E ∂V I Er (r )êr · d~f Z∂V = inneres Kugelflächenelement Er (r )(−df (r )) Z + äusseres Kugelflächenelement Er (r + dr )df (r + dr ) q 1 2 −r sin ϑ ∆ϑ ∆ϕ) 4πε0 r 2 1 q 2 (r + ∆r ) sin ϑ ∆ϑ ∆ϕ) + 4πε0 (r + ∆r )2 = 0. = Erwartungsgemäß finden wir also keine Ladung in dem betrachteten Volumen. Was geschieht nun, wenn wir dies Verfahren verallgemeinern, indem wir das betrachtete Volumen infinitesimal klein wählen? Betrachten wir zunächst die eingeschlossene Ladung; genauer: betrachten wir folgenden Grenzwert: Qin (~r ) = ρ(~r ). ∆V →0 ∆V lim Die Ortsangabe im Argument von Qin (~r ) soll hier verdeutlichen, dass sich die eingeschlossene Ladung im Volumen ∆V befindet, das den Ort ~r enthält. Das zweite Gleichheitszeichen beinhaltet die Definition der elektrischen Ladungsdichte. Führen wir diese Prozedur mit der “anderen Seite” des Gauß’schen Gesetzes durch, so erhalten wir I ~ · d~f . lim E ∆V →0 Oberfläche von ∆V Den Grenzwert können wir leicht berechnen, wenn wir als Volumenelement ein infinitesimales kartesisches Volumen betrachten, d.h. ∆V = ∆x ∆y ∆z. Skizze! Wir betrachten nun gegenüberliegende Würfelseiten und berechnen den Fluss durch diese. Fangen wir mit den Flächen senkrecht zur x-Achse an: Z Z Z ~ · d~f = − Ex (x, y , z) dy dz = − Ex (x, y , z) ∆y ∆z. E vordere Fläche (Zur Erinnerung: Das Minuszeichen tritt auf, da die Flächennormale des Flächenelements in die negative x-Richtung zeigt.) Analog ergibt sich für die hintere Fläche: Z Z Z ~ ·d~f = − Ex (x+∆x, y , z) dy dz = − Ex (x+∆x, y , z) ∆y ∆z. E hintere Fläche Der Gesamtfluss durch beide Flächen beträgt dann Φx = [Ex (x + ∆x, y , z) − Ex (x, y , z)] ∆y ∆z und im Grenzfall 1 ∆y ∆z ∂Ex lim Φx = lim [Ex (x + ∆x, y , z) − Ex (x, y , z)] = . ∆V →0 ∆V ∆V →0 ∆x ∆y ∆z ∂x Analoges ergibt sich für die anderen Flächen. Der Gesamtfluss durch die infinitesimale Würfeloberfläche beträgt also I 1 ~ · d~f = ∂E + ∂Ey + ∂Ez . lim E ∆V →0 ∆V ∂(∆V ) ∂x ∂y ∂z In der Mathematik bezeichnet man den Grenzwert I 1 ~ · ~v (~r ) ~v · d~f = div ~v (~r ) = ∇ lim ∆V →0 ∆V ∂(∆V ) als die Divergenz des Vektorfeldes ~v . In karthesischen Koordinaten haben wir gesehen, dass ~ · ~v = ∂vx + ∂vy + ∂vz . ∇ ∂x ∂y ∂z Wir fassen nun die obigen Ergebnisse im Gauß’schen Gesetz für das infinitesimal kleine Volumen zusammen und erhalten I 1 Qin (~r ) 1 1 ~ ·d~f = div E ~ = ∇· ~. ~ E lim = ρ(~r ) = lim E ∆V →0 ∆V ∂(∆V ) ε0 ∆V →0 ∆V ε0 Wir haben damit das erste Maxwell’sche Gesetz in differentieller Form erhalten, ~ = 1ρ . div E ε0 Es erlaubt uns, bei bekanntem elektrischen Feld die Ladungsverteilung zu berechnen, die dieses Feld erzeugt hat. In Anlehnung an dieses Gesetz bezeichnet man die Divergenz auch als die Quellenstärke eines Vektorfeldes. Die Divergenz ist ein Skalarfeld, das an jedem Punkt angibt, ob das Feld dort eine Quelle/Senke besitzt und wie ergiebig diese ist. Beispiele für die Divergenz von Vektorfeldern: • • • • ~va = ~r = xêx + y êy + zêz ∂ ∂ ∂ ⇒ div ~va = ∂x x + ∂y y + ∂z z = 3. ~vb = êz ∂0 ∂0 ∂1 ⇒ div ~vb = ∂x + ∂y + ∂z =0 ~vc = zêz ∂ z =1 ⇒ div ~vc = ∂z ~vd = f (|~r |)êr = 1r f (r )~r ~ ) · ~r + g div ~v Produktregel für die Divergenz: div (g~r ) = (∇g ~ f ) · ~r + f div ~v ⇒ div ~vd = (∇( r r f0 f = ( r − r 2 )êr · ~r + 3 fr = f 0 + 2 fr Skizzen!!