Bestimmung der Form ebener und gekrümmter Flächen -1- Optische Abbildungssysteme und ihre Oberflächen In den letzten Dekaden hat eine schnelle technologische Entwicklung bei der Herstellung optischer Komponenten stattgefunden. Optische Systeme finden vielfältige Anwendungen, von kleinen Handykameras bis zu großen Weltraum-Teleskopen und weisen heutzutage oft komplexe optische Oberflächen auf. Die Abbildungseigenschaften von optischen Systemen hängen wesentlich von der Qualität und Form ihrer Oberflächen ab. Daher werden an der PTB Messverfahren entwickelt und bereitgestellt, die der Bestimmung der Form optischer Oberflächen dienen. Besondere Bedeutung haben dabei: ebene Flächen, z. B. für Spiegel oder Planplatten für Interferometer-Referenzflächen; kugelförmige Flächen, z. B. für Linsen; Flächen beliebiger Form – sog. Asphären, die inzwischen industriell mit hoher Genauigkeit hergestellt werden können. QUELLE :http://www.schott.com Asphärische Linsen -2- Optische Formmessung Zur Messung nahezu ebener Flächen dienen Interferometer (Foto links) oder Winkelmessgeräte (Foto rechts). Diese Geräte können sehr kleine Ebenheitsabweichungen messen, dabei ist die Genauigkeit z. T. in der Größenordnung eines Atomdurchmessers (d.h. ca. 0,1 nm = 10−10 m). -3- Prinzip eines Interferometers zur Formmessung Nahezu ebene Flächen können mit dem Prinzip der Interferenz gemessen werden. In einem Interferometer zur Formmessung (siehe auf dem Foto auf S. 3) wird ein Licht-Strahlenbündel an einem Strahlteiler aufgeteilt. Ein Teilbündel wird zu einer Referenzfläche, das andere Teilbündel zu der zu messenden Fläche geleitet und jeweils reflektiert. Die beiden reflektierten Bündel werden am Strahlteiler wiederum überlagert und schließlich mit einer Kamera aufgenommen. Detektiert wird ein Interferenzmuster, das aus hellen und dunklen Streifen besteht. Referenzfläche zu messende Fläche 2) Laser x Kamera Ringmuster (Messfläche mit sehr großem Radius) -4- Interferometerische Formmessung Über die Intensitätsmessung und Verschiebung im Interferenzmuster können bereits kleinste Veränderungen des Gangunterschieds Δd zwischen den beiden Wellenbündeln gemessen werden. Dieser Gangunterschied entspricht dem Höhenunterschied in der zu messenden Fläche: ∆d = (λ/2) z, z: Anzahl der Interferenzmaxima, λ: Wellenlänge des verwendeten Lichtes. Interferometer werden in der PTB zur Messung von nahezu ebenen Flächen bis zu Durchmessern von 300 mm eingesetzt. Wenn in einer Messung beispielweise 20 Interferenzstreifen aufgelöst werden können, dann gibt dies Informationen über Höhenunterschiede bis zu etwa 10 µm (1 µm = 10−6 m). Streifenmuster für sehr ebene aber geneigte (links) und nicht ebene (rechts) Flächen. -5- Prinzip der winkelmessenden Formmessung Messungen an größeren (teilweise auch stärker gekrümmten) Oberflächen können mit Winkelmessgeräten, z. B. Autokollimatoren, durchgeführt werden. Ein Autokollimator sendet Licht aus einer definierten Richtung aus und registriert unter welchem Winkel es zurückkommt, wenn es an einer zu messenden Fläche reflektiert wird. Wird der Lichtstrahl über ein geeignetes Doppelspiegelsystem um genau 90° umgelenkt, kann man mit einem solchen verschiebbaren Doppelspiegelsystem die Oberfläche abrastern („scannen“) und erhält die Oberflächenwinkel. Aus diesen kann die Oberflächenform mit mathematischen Methoden rekonstruiert werden. 2) -6- Ergebnis der Formmessung einer ebenen Fläche Ebene Flächen können heutzutage auf wenige Nanometer genau gefertigt und gemessen werden. 2) Sogenannte Falschfarbendarstellung der Topographie einer Fläche. Die Farbe gibt die Abweichung von einer ebenen Fläche an: rot ist ein 3 nm hoher „Berg“, blau ein 3 nm tiefes „Tal“. -7- Gegenüberstellung: Interferometrie und winkelmessende Formmessung • Mit „einfachen“ interferometrischen Techniken können hochgenaue, schnelle, inzwischen gut automatisierbare Messungen durchgeführt werden hauptsächlich für nahezu ebene Flächen und für nur sehr schwach gekrümmte Sphären. • Mit hochpräzisen Winkelmessgeräten und speziellen mathematischen Methoden der Rekonstruktion optischer Oberflächen können stärker gekrümmte Flächen bis zu 1 m Länge mit sehr guten Genauigkeiten gemessen werden. Die Messung erfolgt jedoch durch einzelnes Abtasten mit langer Messzeit. Um die Messung beliebiger Flächen zu optimieren, verwendet die PTB eine Kombination aus Interferometrie und Winkelmessung. AbstandsInterferometer FlächenmessendesInterferometer Autokollimator -8- Formmessung gekrümmter Flächen Ein flächenmessendes Interferometer ist in der Lage, Teilbereiche der gesamten Fläche zu messen. Durch die zusätzliche Verwendung eines Autokollimators und eines Abstandsinterferometers kann der Bezug der Teilflächen zueinander hergestellt werden. Aus allen Daten kann anschließend die Form der ganzen Fläche hochgenau rekonstruiert werden. -9- Anhang • • • • Vom Quecksilberspiegel zur winkelmessenden Formmessung Asphärische Optik Weiterführende Literatur: Optische Formmessung Kontakt - 10 - Vom Quecksilberspiegel zur winkelmessenden Formmessung Schon früher wurde in der PTB ein Interferometer entwickelt um ebene Flächen zu messen. Als sehr ebene Referenz diente die flüssige Oberfläche von Quecksilber. Es gehörte eine große Expertise und Know – How dazu, einen solchen Quecksilberspiegel (∅ ca. 30 cm) herzustellen und zu betreiben. Die Abweichungen von einer idealen Ebene waren nur wenige Nanometer. Quecksilberspiegel der PTB - hier mit absichtlich hervorgerufenen Wellen, Durchmesser ca. 30 cm. Die Oberfläche der Flüssigkeit aus Quecksilber soll sich wie die Meeresoberfläche glatt ausbilden, Wellen sollten aber vermieden werden. Modernes Ebenheitsmessgerät, das die Oberfläche des Prüflings über eine lokale Winkelmessung bestimmt. Die Nachteile des Quecksilberspiegels werden vermieden und es können noch bessere Genauigkeiten erzielt werden. - 11 - Asphärische Optik Lange Zeit waren gekrümmte Flächen nur als Kugelflächen üblich (Sphären). Heute werden zunehmend nicht kugelförmige Flächen, sogenannte Asphären verwendet (z.B. Brillen, Spiegelsysteme, Mikroskoplinsen, Ferngläser, Kameras und die optischen Systeme zur Herstellung von Computerbauteilen). Mit Asphären hat man mehr Freiheitgrade, die verschiedenen Bildfehler der Optik zu korrigieren. Asphärische Linsen werden als Ersatz für mehrere sphärische optische Elemente eingesetzt. Dadurch wird die Leistungsfähigkeit von Optiken stark gesteigert und es lassen sich Systeme mit höherer Qualität, einem geringeren Gesamtgewicht und insgesamt kompakterem Design herstellen. www.schott.com/advanced_optics Blankgepresste asphärische Linse Die Entwicklung der Messtechnik für Asphären wird in der PTB unter anderem in einem gemeinsamen europäischen Projekt vorangetrieben. Auch das Kompetenzzentrum Ultrapräzise Oberflächenbearbeitung e.V. kümmert sich intensiv um die Verbesserung der Asphären-messung, wodurch den Herstellern der Flächen eine Asphärischer Spiegel zur Fokussierung der zuverlässigere Produktion ermöglicht wird. Synchrotronstrahlung (Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH). - 12 - Weiterführende Literatur: Optische Formmessung Mehr Informationen unter: www.ptb.de • • Abteilung 4 Optik, Fachbereich 4.2 “4.21 Form- und Wellenfrontmetrologie“ http://www.ptb.de/cms/fachabteilungen/abt4/fb-42/ag-421.html Gerd Ehret, Michael Schulz, Uwe Brand u. a.: „Optische und taktile Oberflächencharakterisierung auf der nm-Skala“, PTB Mitteilungen 121 (2011) Heft 2, Seite 142, http://www.ptb.de/cms/publikationen/zeitschriften/ptb-mitteilungen/verzeichnis-derptb-mitteilungen/ptb-mitteilungen-2011/nanometrologie.html Andere Quellen: • G. Ehret, M. Schulz, M. Baier, A. Fitzenreiter, M. Stavridis, C. Elster: Vergleich von hochgenauen deflektometrischen Verfahren für die Ebenheitsmetrologie (2010), http://www.dgao-proceedings.de/download/111/111_a20.pdf • M. Schulz, A. Marquez, A.Wiegmann, C. Elster: Direkte Kalibrierung flächenmessender Interferometer mit dem TMS-Verfahren (2008), http://www.dgaoproceedings.de/download/109/109_a6.pdf • A. Wiegmann, C. Elster, M. Schulz, M. Stavridis (2008): Absolute Topographievermessung gekrümmter optischer Oberflächen mit hoher lateraler Auflösung (2008), http://www.dgao-proceedings.de/download/109/109_p28.pdf - 13 - Kontakt Photo: Wächtergruppe von Friedrich-Wilhelm Voswinkel (1982) am Eingang der PTB, Braunschweig Physikalisch-Technische Bundesanstalt PTB Bundesallee 100 38116 Braunschweig http://www.ptb.de Abteilung 4 - Optik, Sekretariat: Tel.: (05 31) 592-40 11 E-Mail: [email protected] - 14 -