SLE Spezifische Ladung eines Elektrons 1 Ziel des Versuches: Wir bestimmen die spezifische Ladung eines Elektrons e/m (e: Ladung, m: Masse des Elektrons) durch messen des Radius eines kreisförmigen Elektronenstrahls in einem nahezu homogenen Magnetfeld. 2 Physikalische Grundlagen: 2.1 Bewegung einer Ladung in einem Magnetfeld Ein Magnetfeld wird durch die magnetische Feldstärke H beschrieben. H ist ein Vektor. Bei unserem Versuch beschreiben wir das magnetische Feld durch die Induktionsflussdichte B: B = µ0 µr H µ0 ist die absolute und µr ist die relative Permeabilität. Der Wert von µ0 beträgt 1.256 E-6 (V s)/(A m). µr ist materialabhängig und dimensionslos. Im Gegensatz zu elektrischen Feldlinien, die auf elektrischen Ladungen beginnen bzw. enden, sind magnetische Feldlinien immer in sich geschlossen. Bewegt sich ein Elektron der Ladung e mit der Geschwindigkeit v in einem Magnetfeld B, so wirkt auf diese Ladung die Lorentz-Kraft FL : v FL FL = e v x B B Abb.1 Diese Kraft wirkt immer senkrecht zur Richtung der Geschwindigkeit und immer senkrecht zur Richtung des B-Feldes (Abb.1). Sorgt man einerseits dafür, dass die Richtung der Anfangsgeschwindigkeit auch senkrecht zum B-Feld ist und andererseits dafür, dass sich die Bahn der Ladung immer in einem homogenen Magnetfeld befindet, so ändert die Lorentz-Kraft kontinuierlich die Richtung der Geschwindigkeit v. Die Ladung bewegt sich somit auf einer Kreisbahn. Die Lorentz-Kraft zeigt immer in Richtung der Kreismitte und wirkt somit als Zentripetalkraft (Abb.2). 1 v FL Die Vektoren des B-Feldes zeigen senkrecht aus der Papierebene heraus (grüne Kreise mit Punkt). FL v Abb.2 Die Zentripetalkraft wird kompensiert durch die Zentrifugalkraft FZ : FZ = m a = m dv/dt m: Masse des Elektrons, a: seine Beschleunigung, t: Zeit Die Geschwindigkeit v ist gegeben durch den Betrag v, der hier konstant ist, und durch die Richtung, die hier durch den Einheitsvektor u repräsentiert wird: v=v*u Zeitlich ändert sich nur die Richtung u (Abb.3): dα dv/dt = v du/dt = v dα/dt v1= v * u1 v2= v * u2 Fz= m v ω Dabei ist ω= dα/dt die Winkelgeschwindigkeit. Abb.3 Mit v= ω r (siehe Kinematik, Kreisbewegung) wird: FZ = m v ω =m v2 / r Aus FL = FZ folgt: e v B =m v2 / r (1) 2 2.2 Bewegung einer Ladung in einem elektrischen Feld Ein elektrisches Feld wird beschrieben durch die Feldstärke E. In einem elektrischen Feld wirkt auf ein Elektron mit der Ladung e die Kraft FE: FE = e E Wenn ein Elektron im Feld E die Wegstrecke s durchlaufen hat, so ist seine potentielle Energie WE: WE = s FE = e s E = e U U=s E: elektrische Spannung Die im E-Feld aufgenommene Energie WE wird in kinetische Energie Wk umgewandelt: Wk = ½ m v2 Aus WE = Wk folgt somit: e U = ½ m v2 (2) In unserem Versuch werden Elektronen zwischen Kathode (negatives Potential) und Anode (positives Potential) auf die Geschwindigkeit v beschleunigt (Abb.4). Zwischen Anode und Kathode (Abstand s) liegt die Beschleunigungsspannung UB. Die Elektronen bewegen sich also im elektrischen Feld E=UB /s. Damit die Elektronen das Kathodenmaterial verlassen können, wird dieses erwärmt (Heizspannung). s e UB Kathode Anode Abb.4 3 2.3 Gleichung für e/m: Aus Gleichung (1) folgt: v = e r B /m bzw. v2 = ( e r B /m )2 v2 = 2 e UB /m Aus Gleichung (2) folgt: ( e r B /m )2 = 2 e UB /m Gleichsetzen liefert: e/m = ( 2 UB ) / ( r2 B2 ) Für e/m folgt: (3) Nach dieser Formel werten wir unseren Versuch aus. 2.4 Die Helmholtz Spule: Eine der vier Maxwell Gleichungen besagt, dass elektrische Ströme ein B-Feld erzeugen (Ampere`sches Gesetzt). Wie oben erwähnt sind magnetische Feldlinien immer in sich geschlossen. Sie haben keinen Anfang und kein Ende. Die B-Felder sind „quellenfrei“. Für die einfache Geometrie einer kreisförmigen Leiterschleife (Abb. 5) haben Biot und Savart eine Formel gefunden, mit der das B-Feld entlang der Zentralachse z der Leiterschleife mit dem Radius R berechnet werden kann. Die z-Achse sei senkrecht zu der Ebene, in der sich die Leiterschleife befindet. Außerdem gehe die z-Achse durch den Mittelpunkt der Leiterschleife. Hier ist z=0. Durch die Leiterschleife fließt der elektrischen Strom I. An dem Punkt auf der z-Achse, der den Abstand a vom Schleifenmittelpunkt hat, beträgt das B-Feld: Leiterschleife I B = µ0 / 2 I R2 a2 + R2 3 (4) a R z Abb.5 Das B-Feld wird in T (Tesla) oder G (Gauß) gemessen: 1G = 1.e-4 T 1T = 1 V s / m² Wenn wir nicht nur eine Leiterschleife haben, sondern N Leiterschleifen, dann erhöht sich der Wert von B um den Faktor N. Dabei sollte die resultierende Spule aber „schmal“ bleiben. Dies bedeutet, die Ausdehnung der N Windungen (dicht nebeneinander gewickelt) sollte klein gegenüber R und klein gegenüber den Ausdehnungen entlang der z-Achse bleiben. 4 Eine Helmholtz-Spule besteht nun aus zwei schmalen Spulen, deren Abstand gleich dem Radius R ist (Abb.6): R In der Mitte zwischen den schmalen Spulen überlagert sich das B-Feld der Einzelspulen nach dem Gesetz von Biot-Savart (2a=R): B(-R/2) + B(+R/2) = µ0 8/(125)0.5 N I / R R z (5) Abb.6 Ein wesentlicher Vorteil der Helmholtz-Spule ist, dass in einem großen Bereich innerhalb der Spule das B-Feld nahezu homogen ist. 2.5 Die Hall Sonde: Die Funktion der Hall Sonde resultiert auf dem Hall-Effekt, der wiederum durch die Lorentz-Kraft erzeugt wird. Hierzu benötigt man ein leitendes Material (Halbleiter), in dem sich frei bewegliche Elektronen befinden. Dieses Material sei quaderförmig und habe die Abmessungen a,b und d (Abb.7): d a b Abb.7 Mit Hilfe einer Hilfsspannung Usupp (Abb.8) wird ein elektrischer Strom I im Sensor erzeugt. Dieser Strom ist um so größer, je größer sein Querschnitt d*b ist. Er ist um so größer, je größer die Anzahl der Elektronen n pro Volumen ist. Der Strom nimmt auch zu, wenn die Elektronen eine höhere Geschwindigkeit v haben: I = d*b e n v oder v = I /( d*b e n ) (6) Befindet sich der Sensor in einem Magnetfeld B (Abb.8), dann wirkt auf die Elektronen eine Lorentz-Kraft. FL = e v x B Gemäß der Anordnung in Abb.8 wirkt die Lorentz-Kraft vertikal. Die Elektronen werden in vertikaler Richtung verschoben. Die lokale Ladungsneutralität wird gestört, d.h. die Elektronen hinterlassen positive Ladungen, die sie ohne B-Feld kompensiert haben. 5 Durch diese Ladungsverschiebung entsteht ein elektrisches Feld (Hall-Effekt). Die zugehörigen Feldlinien beginnen und enden bei den Ladungen mit verschiedenem Vorzeichen + und -. Diese zeigen ebenfalls in vertikale Richtung (parallel zu b, Abb.7). Usupp v B B e UHall B Abb.8 Ein elektrisches Feld erzeugt laut Abschnitt 2.2 eine elektrische Kraft FE = e E. Im Kräftegleichgewicht sind Lorentz-Kraft und elektrische Kraft gleich groß: FL = e v B = e E = FE Mit Gleichung (6) und E = Uhall / b (siehe Abschnitt 2.2) folgt daraus e I / (d*b e n) B = e Uhall / b oder Uhall = Khall I B Bei bekanntem Strom I und bei bekannter Hall-Konstante Khall=1/(e n d) lässt sich durch messen der Hall-Spannung das Magnetfeld B bestimmen. Die Hall-Konstante ist spezifisch für den Sensor. Bei unserem Sensor (Honeywell SS495A) wird die Hall-Konstante und der Strom I zur Sensitivität S zusammen gefasst. Uhall = S B (7) Bei der Hilfsspannung Usupp = 5.0V fließt durch den Sensor ein bestimmter Strom, bei dem laut Datenblatt gilt: S = ( 3.125 +/- 0.125 ) mV/G Bei einem Magnetfeld von z.B. 3 Gauß entsteht somit folgende Hall-Spannung: Uhall = 3.125 mV/G * 3.G = 9.38mV 6 Da der Strom I proportional zu Usupp ist, kann man die Sensitivität S erhöhen durch Anlegen einer größeren Hilfsspannung Usupp. Wenn Sie also statt Usupp = 5.0V die Hilfsspannung 10.V anlegen so verdoppelt sich auch die Sensitivität S. 3. Versuchsdurchführung: 3.1 Informationen Die Durchführung des Versuches ist beschrieben unter: http://www.fb06.fh-muenchen.de/fb/praktikum/ph1/sle/sle2.htm Hier finden Sie auch Internetseiten mit Datenblättern zum Fadenstrahlrohr, zur HelmholtzSpule und zum Hall-Sensor. Verdrahtungspläne finden Sie auf meiner Seite (Downladbare Files) unter: https://www.fb06.fh-muenchen.de/fbalt/queries/vita.php?id=615 3.2 Verdrahtung: Schalten Sie alle Geräte aus und verdrahten Sie die Geräte nach den in Abschnitt 3.1 genannten Plänen. Erst nach der Überprüfung der Verdrahtung durch den Betreuer dürfen die Geräte eingeschaltet werden. Es kann großer Schaden entstehen. Besondere Vorsicht ist bei der Verdrahtung der Beschleunigungsspannung UB=300V angebracht. Benutzen Sie nur Kabel mit Berührungsschutz. 3.3 Bestimmung des B-Feldes auf der Kreisbahn der Elektronen: Das Biot-Savart-Gesetz (Gleichung (4) und Abb.5) erlaubt die Berechnung des Magnetfeldes auf der z-Achse. Unsere Elektronen bewegen sich jedoch nicht auf der zAchse, sondern auf einer Kreisbahn mit dem Radius 4cm um die z-Achse herum. Mit der Hall-Sonde wird bestimmt, wie das Magnetfeld abnimmt, wenn wir uns von der zAchse entfernen. Wie oft vermutet wird, soll mit der Hall-Sonde nicht die Homogenität des B-Feldes innerhalb der Helmholtz-Spule bestätigt werden. Die Genauigkeit der Hall-Sonde reicht jedoch nicht aus für eine absolute Bestimmung des B-Feldes. Die Hall-Sonde stellt lediglich eine relative Korrektur des B-Feldes zur Verfügung, wenn wir uns von der z-Achse entfernen. Der absolute Wert des B-Feldes auf der z-Achse wird mit Hilfe von Gleichung (4) bestimmt. Wenn man die Werte für unsere Spule (Windungszahl N, halber Spulenabstand a und Spulenradius R) in Gleichung (4) einsetzt, so erhalten wir in der Mitte der beiden Spulen: B [T] = 7.48 e-4 [T/A] * I [A] 7 (+/- 2%) (8) B ist in Tesla und der Strom in Ampere angegeben. Der Strom I=1A würde also das Magnetfeld B=7.48 e-4 T erzeugen. Mit Gleichung (8) bestimmen wir das B-Feld im Zentrum der Spule. Wir messen nicht die Abmessungen der Spule. Die metallisch scharfen Kanten des Messschiebers würden den Isolationslack der Spule zerstören. 4. Unsicherheitsrechnung: Aus Gleichung (4) wird das B-Feld aus den gemessenen Größen I, a und R bestimmt. Die Windungszahl N habe keine Unsicherheit. Die zugehörige Unsicherheitsrechnung lautet: bestimme ∆B aus den Eingangsgrößen ∆I, ∆a und ∆R. Beachten Sie, dass in Gleichung (4) neben Produkten und Potenzen auch eine Addition vorkommt. Eine Zerlegung ist hier angebracht (siehe Praktikum_Hinweise_UNS auf meiner Download-Seite). Zur Bestimmung der Ungenauigkeit unseres Endergebnisses ∆(e/m) ist Gleichung (3) maßgeblich: e/m = ( 2 UB ) / ( r2 B2 ) Eingangsgrößen sind ∆UB, ∆r und ∆B. ∆UB wird aus der Messgeräteungenauigkeit sowie aus den Schwankungen und/oder der Drift am Messgerät abgeschätzt. Die Ablesung von r ist schwierig. Hierzu dient die „Leiter“ mit Querstäben. Verwenden Sie große Sorgfalt um ∆r nicht unnötig zu vergrößern. Vermeiden Sie Parallaxen. Schauen Sie parallel zu den Markierungen. ∆B wurde schon bestimmt (s.o.). 5. Letzte Änderung 30.11.2011 8