Aus dem Lehrstuhl für Medizinische Mikrobiologie und Immunologie der Ruhr-Universität Bochum Lehrstuhlinhaber: Prof. Dr. W. Opferkuch Kopplung von IL-2 an Tumorzellen Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt von Ingvild Birschmann aus Itzehoe/Holstein 1999 Abstract Birschmann Ingvild Kopplung von IL-2 an Tumorzellen Ziel der vorliegenden Doktorarbeit war es, zu untersuchen, ob rekombinantes humanes Interleukin-2 mittels heterobifunktioneller Linker an Tumorzellen gebunden werden kann. Dazu sollte rekombinantes Interleukin-2 sowohl kovalent über Thioether- bzw. Disulfidbindung als auch durch Adhäsion über das Lektin ConcanavalinA an Zellen gekoppelt werden. In Vorversuchen diente FITC als Modellsubstanz für IL-2. Die verschiedenen Kopplungsansätze wurden durch Gelfiltration fraktioniert und zu Zellkulturen der Myelomzellinie X63Ag8.653 gegeben. Die so modifizierten Zellen wurden fluoreszenzmikroskopisch und im FACscan auf die Kopplungsrate untersucht. Außerdem wurde überprüft, wie lange die auf verschiedene Weise eingeführten FITCMoleküle auf der Zelloberfläche nachweisbar waren. Die Menge des biologisch aktiven IL-2, das mittels MHS an die SAMBA modifizierten Zellen gekoppelt worden war, wurde im CTLL-2 - Proliferationstest nachgewiesen. Einer der Kopplungsansätze (IL-2 / SPDP) wurde durch SDS-PAGE auf das Vorliegen von Polymeren untersucht. Die fluoreszenzmikroskopischen Untersuchungen zeigten, daß sowohl die kovalente Kopplung als auch die Kopplung über Adhäsion in den Ansätzen mit SAMBA als eine der beiden Linkersubstanzen möglich war. Mit Hilfe des FACScans konnten bei kovalenter Kopplung zehnfach höhere mittlere Fluoreszenzintensitäten gemessenen werden. In der SDS-PAGE zeigte sich, daß bei Verwendung von SPDP als Linkersubstanz IL-2 - Trimere und Tetramere entstehen. Im CTLL - Test konnte für das über MHS und SAMBA an die Zellen gekopplten IL-2 eine kontinuierliche Abnahme nachgewiesen werden. Die Ergebnisse zeigen, daß eine Kopplung von IL-2 mit verschiedenen Linkern an Myelomzellen möglich ist. Außerdem sprechen die Ergebnisse der Untersuchungen mittels FACScan für eine höhere Kopplungsrate bei Verwendung von kovalenten Linkern. Die stetige Abnahme von IL-2 im CTLL-Test deutet auf eine kontinuierliche Abgabe von IL-2 durch die gekoppelten Zellen hin. Die nachgewiesenen Trimere und Tetramere des IL-2 und die kontinuierliche Abgabe von IL-2 könnnen einen möglichen neuen Therapieansatz von Tumorerkrankungen im Rahmen der ASI-Therapie darstellen. 1 Dekan: Prof. Dr. Gert Muhr Referent: Prof. Dr. F.W. Falkenberg Koreferent: Prof. Dr. W.-H. Kunau Tag der mündlichen Prüfung: 5.12.2000 2 Inhaltsverzeichnis _______________________________________________________________ Inhaltsverzeichnis 3 Abkürzungsverzeichnis 6 1. EINLEITUNG 8 1.1 Tumorimmunologische Grundlagen 8 1.2 IL-2 12 1.3 Immuntherapeutische Ansätze 14 1.3.1 Monoklonale Antikörper und antigenbindende Fragmente 14 1.3.2 Zytokine 15 1.3.3 Adoptive Immuntherapie 15 1.3.4 Aktive spezifische Immuntherapie 18 1.3.5 Problematik der immuntherapeutischen Ansätze 22 1.4. Zielsetzung 27 2. METHODIK 28 2.1 Material 28 2.1.1 Chemikalien 28 2.1.2 Verbrauchsmaterial 29 2.1.3 Geräte 29 2.1.4 Materialien für die Säulenchromatographie 29 2.1.5 Zellkulturmedien und Zellstämme 30 2.1.6 Lösungen und Puffer 31 2.2 Methoden 33 2.2.1 Arbeiten mit Zellkulturen 33 2.2.1.1 Kultivierung von Tumorzellen 33 2.2.1.2 Bestimmung von Zellzahlen 33 2.2.1.3 Einfrieren und Auftauen von Zellen 33 2.2.2 Fluoreszein-Markierung von OVA mit Hilfe von Fluoreszeinisothiocyanat (FITC) und Tetramethylrhodamine B Isothiocyanat (TRITC) 34 2.2.3 Bestimmung der Proteinkonzentration von Lösungen fluoreszein modifizierter Proteine 2.2.4 Konzentrierung proteinhaltiger Lösungen 34 35 3 Inhaltsverzeichnis _______________________________________________________________ 2.2.5 Herstellung von Proteinkonjugaten 36 2.2.5.1 Einführung und Aktivierung von SH-Grupen in Proteine unter Verwendung von SAMBA 37 2.2.5.2 Einführung und Aktivierung von 2-Pyridyldisulfidgruppen in Proteine unter Verwendung von SPDP 38 2.2.5.3 Einführung und Aktivierung von Maleimid-Gruppen in Proteine mit Hilfe von MHS 39 2.2.5.4 Gerichtete Synthese von Heterokonjugaten 41 2.2.5.4.1 Einführung von Heterokonjugaten direkt an Zellen 42 2.2.5.4.2 Einführung von Heterokonjugaten an Zellen mittels ConA 43 2.2.6 Gelfiltrations-Säulenchromatographie 43 2.2.7 SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese zur Auftrennung von Proteinen 44 2.2.8 Färben von Polyacrylamid-Gelen 45 2.2.9 CTLL-2-Proliferationstest 46 2.2.10 Arbeiten am FACScan 47 3. ERGEBNISSE 48 3.1 Einführung reaktiver Gruppen in Proteine 49 3.1.1 Modifizierung von OVA mit FITC bzw. TRITC 49 3.1.2 Modifizierung von OVA-FITC (bzw.IL-2) mit MHS 49 3.1.3 Modifizierung von OVA-FITC mit SPDP 51 3.1.4 Modifizierung von ConA mit SAMBA 51 3.2 Untersuchungen zur Kopplung von Protein an Tumorzelllen 52 3.2.1 Kovalente Kopplung von modifiziertem OVA-FITC an reaktive Zellen 52 3.2.1.1 Kopplung von MHS-modifiziertem OVA-FITC an mittels SAMBA aktivierte Zellen 53 3.2.1.1.1 Auswirkung der MHS-Konzentration auf die Kopplung von MHS behandeltem OVA-FITC an SH-Gruppen-tragende Zellen 54 3.2.1.1.2 Auswirkung der SAMBA-Konzentration auf die Kopplung von MHS-behandeltem OVA-FITC an SH-Gruppen-tragende Zellen 54 4 Inhaltsverzeichnis _______________________________________________________________ 3.2.1.1.3 Kopplung von Maleimid-Gruppen-tragendem OVA-TRITC an SH-Gruppen-tragende Zellen 56 3.2.1.2 Kopplung von SPDP-modifiziertem OVA-FITC an mittels SAMBA aktivierte Zellen 56 3.2.2 Kopplung von ConA an OVA-FITC über verschiedene heterobifunktionelle Linker und Adhäsion an Zellen 57 3.2.2.1 SAMBA-ConA / OVA-FITC - MHS an Zellen 58 3.2.2.2 SAMBA-ConA / OVA-FITC - SPDP an Zellen 60 3.2.3 Untersuchung verschiedener Kopplungsprodukte von OVA-FITC an Zellen mit Hilfe des FACScans 3.3. Untersuchungen zu Kopplung von IL-2 an Tumorzelllen 61 62 3.3.1 Reaktion von MHS mit IL-2 und Kopplung an SAMBA-behandelte Zellen 62 3.3.1.1 Bestimmung der IL-2 - Konzentration 63 3.3.2 Reaktion von SPDP mit IL-2 64 3.3.2.1 Untersuchung der IL-2 - SPDP-Kopplungsprodukte mittels SDS-PAGE 65 4. DISKUSSION 67 5. LITERATUR 79 Danksagung 92 Lebenslauf 93 5 Abkürzungsverzeichnis _______________________________________________________________ ABKÜRZUNGVERZEICHNIS APC Antigen-präsentierende Zelle APS Ammoniumpersulfat BSA Rinder-Serumalbumin ConA Concanavalin A CTL zytotoxische T-Lymphozyten (Tc-Zellen) DMEM Dulbecco´s Modified Eagle´s Medium DMF Dimethylformamid DMSO Dimethylsulfoxid EDTA Ethylendiamin-tetraessigsäure FCS fötales Kälberserum FITC Fluoresceinisothioxyanat HEPES 2-[4-(2-Hydroxyethyl)-1-piperazino]ethansulfonsäure IL-1 Interleukin-1 IL-2 Interleukin-2 kDa Kilodalton LAK Lymphokin-aktivierte Killerzelle MHC Haupthisokompatibilitätskomplex MHS Maleimido-hexanoyl-N-hydroxysuccinimidester MTT 3-(4,5-Dimethylthiazo-2-yl)-2,5-diphenyltetrazoliumbromid NHS N-Hydrosysuccinimid NK-Zelle Natürliche Killer-Zelle OVA Ovalbumin PBS Phosphat-gepufferte Kochsalzlösung rhIL-2 rekombinantes humanes Interleukin-2 RPMI 1640 Rosewell Park Memorial Institute Medium 1640 SAMBA S-Acetylmerkaptobernsteinsäureanhydrid SDS Natriumdodecylsulfat SPDP Succinimidyl-3-(2-pyridyldithio)-propionat TC-Zelle Zytotoxische T-Zelle TH-Zelle T-Helferzelle TIL Tumor-infiltrierender Lymphozyt 6 Abkürzungsverzeichnis _______________________________________________________________ Tris Tris(hydroxymethyl)aminomethan TRITC Tetramethylrhodamine B Isothiocyanat 7 1.Einleitung _______________________________________________________________ 1 EINLEITUNG 1.1 Tumorimmunologische Grundlagen Zu den bedeutendsten Fortschritten der modernen Medizin gehören die in der Vorbeugung und Behandlung übertragbarer Krankheiten. Die Pocken sind heute vollständig ausgerottet, und Ende dieses Jahrhunderts dürften - konsequente Impfungen vorausgesetzt - auch Kinderlähmung und Masern kein Problem mehr sein. So erfolgreich verlief die Bekämpfung von Infektionskrankheiten in den industrialisierten Ländern, daß sie dort - bis zur gegenwärtigen AIDS-Pandemie nicht mehr unter den vordringlichsten nationalen Aufgaben rangierte. Solche geradezu triumphalen Verbesserungen der Volksgesundheit würden allein schon gewaltige Forschungsbemühungen zum Verständnis des menschlichen Immunsystems rechtfertigen. Doch in der Immunologie geht es um mehr als nur um Art und Prävention von Infektionen. Sie weist auch neue Wege in der Bekämpfung von malignen Tumoren. Die ersten wissenschaftlich-theoretischen Ansätze zur Tumorimmunologie wurden um die Jahrhundertwende entwickelt. Schon Paul Ehrlich nahm an, daß es - ähnlich wie bei Infektionskrankheiten - möglich sei, eine Impfung zur Verhütung der Entstehung von Geschwülsten durchzuführen. Er postulierte die Existenz von immunologischen Mechanismen, sogenannten „Zauberkugeln“, die in einer Art Schlüssel-Schloß-Prinzip mit Oberflächenstrukturen der Tumorzellen reagieren und so zur Abtötung von Tumorzellen führen könnten. Die später entdeckten Antikörper bestätigten das Postulat Ehrlichs (Ehrlich, 1957). Zur gleichen Zeit begann Cooley, Krebspatienten mit bakteriellen Toxinen zu behandeln. Obwohl die Erfolge dieser Therapie gering waren, konnte dennoch gezeigt werden, daß sich die körpereigene Abwehr gegen Krebs dadurch steigern ließ (Hellström et al., 1992). Hinweise für das Vorliegen einer natürlichen Immunabwehr bieten Spontanremissionen von Primärtumoren oder von Metastasen nach Entfernung eines Pri8 1.Einleitung _______________________________________________________________ märtumors, die - im Vergleich zur Tumorzellabschwemmung in Blut und Lymphe - seltenen Metastasierungen sowie verhältnismäßig lang lokal begrenzte Tumorerkrankungen ohne regionale oder systemische Aussaat. Um die Mechanismen dieser Immunabwehr gegen Tumore zu verstehen, wurden schon frühzeitig an Tieren Transplantationen von Tumoren durchgeführt. Diese führten zu einer Immunantwort, die nach Entfernung des Primärtumors in der Abstoßung retransplantierter Zellen des orginären Tumors resultierte (Gross 1943; Prehn et al., 1957; Klein et al., 1960). Ebenso konnte gezeigt werden, daß syngen transplantierte Tumorzellen in Empfängertieren, die zuvor mit devitalisierten Tumorzellen des gleichen Typs immunisiert worden waren, nicht zu einem Tumor auswuchsen (Boon et al., 1992). Aufgrund dieser Ergebnisse nahm man an, daß die verwendeten Tumorzellen spezifische Antigene auf ihrer Zelloberfläche tragen. Somit erkennt das Immunsystem diese als fremd und eliminiert sie. In der Arbeitsgruppe von Basombrio konnte im Experiment nachgewiesen werden, daß die Antigene von Tumorzellen eines durch Kanzerogene induzierten Tumors einzigartig sind (Basombrio 1970). Eine tumorinduzierte Immunität schützt die Versuchstiere immer nur vor dem Wachstum der zur Immunisierung eingesetzten Tumorzelle, eine immunologische Kreuzreaktivität zwischen den Zellen der unterschiedlichen durch Kanzerogene induzierten Tumoren bestand nicht. Burnet (Burnet et al., 1970) stellte in den siebziger Jahren die „Immunüberwachungs-Hypothese“ auf, die besagt, daß es die Aufgabe von im Organismus zirkulierenden T-Lymphozyten ist, neoplastische Zellen zu erkennen und abzutöten. Er impliziert damit das Vorhandensein von tumorspezifischen Antigenen auf der Oberfläche von „spontan“ entarteten Zellen. In den Folgejahren konnte die zentrale Bedeutung der T-Lymphozyten bei der Bekämpfung neoplastischer Zellen in in vitro - Experimenten bestätigt werden (Hewitt et al., 1976; Kedar et al., 1977). Daß die T-Lymphozyten auch in vivo für die Entstehung tumorspezifischer Immunreaktionen verantwortlich sind, ist eine heute allgemein akzeptierte Hypothese. 9 1.Einleitung _______________________________________________________________ Voraussetzung jeder Immuntherapie oder Prophylaxe gegen Krebs ist das Vorhandensein von Tumorantigenen auf der Oberfläche entarteter Zellen sowie der Fähigkeit des Organismus, gegen diese Antigene immunologisch reagieren zu können. Die Erkennung und anschließende Zerstörung von Tumorzellen durch das Immunsystem ist ein komplexer Vorgang. Bei diesem Vorgang sind zwei Typen von Lymphozyten - T-Helferzellen und zytotoxische T-Zellen - beteiligt. Nur die Aktivierung beider Zelltypen und das Wechselspiel zwischen ihnen gewährt eine optimale Immunabwehr: Abb. 1: Schematische Darstellung der Vorgänge, die zur Generierung einer T-Zell-vermittelten Anti-Tumor-Antwort führen (verändert nach Benjamini und Leskowitz, 1991) Abkürzungen: APC: Antigen-präsentierende Zelle; CD3, CD4, CD8: akzessorische Moleküle; IL1 Interleukin-1; IL-2: Interleukin-2; IL-2-R: Interleukin-2-Rezeptor; TC: zytotoxische T-Zelle(= CTL); TCR: T-Zell-Rezeptor-Komplex; TH: T-Helferzelle Tumorzellen, aber auch somatische Zellen präsentieren auf ihrer Zelloberfläche Fragmente cytosolischer Proteine. Diese Fragmente sind assoziiert mit einem Komplex aus transmembranen Proteinkomponenten des Haupthistokompatibili- 10 1.Einleitung _______________________________________________________________ tätskomlexes der Klasse I (MHCI). Wird von einer Tumorzelle ein Fragment präsentiert, das sich von den normalen Komponenten der Zelle unterscheidet und folglich antigene Eigenschaften besitzt, können für das präsentierte Antigen spezifische zytotoxische T-Lymphozyten (CTL-Zellen) diese Zelle erkennen und sie eliminieren. Die Erkennung erfolgt über den T-Zell-Rezeptorkomplex auf der Oberfläche des Lymphozyten (Zinkernagel et al., 1975). In einem nächsten Schritt kommt es zur Expression von Interleukin-2-Rezeptoren (IL-2-R) auf der CTL-Zelle durch die Bindung zwischen der antigenpräsentierenden Zelle und dem T-Lymphozyten. Die Internalisierung von rezeptorgebundenem IL-2 löst die Proliferation der CTL-Zelle und ihre Differenzierung zu einer Effektorzelle aus. Ziel dieser Kaskade ist die massive Vermehrung von tumorantigenspezifischen CTL-Lymphozyten, die in der Lage sind, die Tumorzellen gezielt abzutöten. Eine besondere Bedeutung innerhalb dieser Abfolge kommt dem Zytokin Interleukin-2 (IL-2) zu. Es wird von T-Helferlymphozyten (TH-Zellen) freigesetzt, die durch das Erkennen von Fremdantigenen,also auch von Tumorantigen aktiviert wurden (s.1.2). Der Aktivierungsprozess von TH-Zellen unterscheidet sich von dem der CTL-Zellen. Ein wichtiger Partner dieser TH-Zellen sind die sogenannten Antigen-präsentierenden Zellen (APC). Diese sind darauf spezialisiert, anderen Zellen des Immunsystems Fremdantigene zu präsentieren. So nehmen sie auch Proteine auf, die von den Tumorzellen freigesetzt wurden, prozessieren sie und exponieren Fragmente dieser Tumorantigene in Verbindung mit Proteinkomponenten der Klasse II des MHC auf ihrer Zelloberfläche. Das so präsentierte Tumorantigen wird von den entsprechenden TH-Zellen über deren T-Zell-Rezeptorkomplex erkannt. Die APC sezernieren Interleukin-1 (IL1), das neben der Antigenerkennung das zweite, für die tumorantigenspezifische TH-Zelle notwendige Aktivierungssignal ist (Cohen et al., 1987). Die Aktivierung führt zur temporär limitierten Sekretion von IL-2 durch die TH-Zelle. Die Kenntnis dieser Abfolge führte zu ersten therapeutischen Ansätzen: Durch die Gabe von IL-2 kann im Patienten unter Umgehung der Kaskade vom Antigen über das APC die Proliferation von CTL-Zellen ausgelöst werden (Fearon et al., 1990). 11 1.Einleitung _______________________________________________________________ 1.2 Interleukin-2 Dem Zytokin Interleukin-2 (IL-2) kommt bei der Entwicklung einer durch T-Lymphozyten vermittelten Immunantwort eine wichtige Bedeutung zu. Seine Freisetzung führt zur Proliferation und zur Differenzierung der betroffenen T-Lymphozyten (s.1.1). IL-2 konnte zuerst aus dem Überstand von T-LymphozytenKulturen gewonnen werden, deren Zellen zuvor unspezifisch mit einem Mitogen stimuliert worden waren (Morgan et al., 1976). Bei diesem nativen IL-2 handelt es sich um ein Glykoprotein mit einem apparenten Molekulargewicht von 15 18 kDa (Gillis et al., 1982). Die Varianz im Molekulargewicht ist eine Folge des unterschiedlichen Glykosilierungsgrades des Proteins (Robb et al., 1983). Rekombinantes humanes Interleukin-2 (rhIL-2) ist nicht glykosiliert und besteht aus 153 Aminosäureresten. Die Arbeitsgruppe um Rosenberg untersuchte die Funktion der Zuckerreste bezüglich der Entfaltung der biologischen Aktivität des IL-2. Es konnte experimentell nachgewiesen werden, daß das rekombinante IL-2 die gleiche biologische Aktivität besitzt wie das native Zytokin (Rosenberg et al., 1984). Seit einiger Zeit wird die Frage nach der Wirkung der Glykosilierung erneut kontrovers diskutiert; fundierte Versuchsergebnisse, die die Befunde von Rosenberg widerlegen oder einschränken, liegen jedoch zur Zeit noch nicht vor. IL-2 wirkt als vielseitiger Mediator innerhalb des Immunsystems. Zu den verschiedenen Zielzellen zählen, wie bereits zuvor beschrieben, alle T-Lymphozyten-Unterklassen, aber auch B-Lymphozyten, Lymphokin-aktivierte Killerzellen, natürliche Killerzellen, Monozyten, Makrophagen und Oligodendrozyten (Smith, 1988; Thompson, 1994). Außerdem wirkt es als Neuromodulator und Wachstumsregulator von Gliazellen (Nistico et al., 1993; 1991; Arzt et al., 1993; Benveniste et al., 1986). Darüber hinaus induziert IL-2 eine Zytokinkaskade, in der verschiedene andere Interleukine (u.a. IL-1α und β), Interferone (IFN) und die Tumornekrosefaktoren α und β (TNFα und β), involviert sind (Kovacs et al., 1989). 12 1.Einleitung _______________________________________________________________ Durch seine stimulierende Wirkung auf eine Vielzahl von Zellen des Immunsystems und die gute Verfügbarkeit des rekombinanten humanen IL-2 fand und findet das Zytokin breite Anwendung in modernen Tumortherapieformen und in Experimenten, mit denen Alternativen oder unterstützende Therapien zur klassischen Behandlung von malignen Erkrankungen untersucht werden. Die Anwendung umfaßt sowohl die alleinige systemische Verabreichung von IL-2 in Tumortherapie-Ansätzen als auch in adoptiven Immuntherapien. Hierbei werden unterschiedliche Zellen des Immunsystems auf ihre Aktivierbarkeit gegen Tumorzellen und die damit verbundene Antitumorwirkung untersucht (s. 1.4.3). Als problematisch erweist sich gerade in diesem Zusammenhang die systematische Gabe von IL-2 in hohen Dosen. RhIL-2 führt zu schweren Nebenwirkungen, z.B. Vasodilatation, Fieber, Herzrhythmusstörungen, Koma, usw. Interessante Ansätze ergeben sich für die Tumorimmunologie aus den neueren Forschungsergebnissen über den IL-2 - Rezeptor (IL-2R) (Lord et al., 1998). Die Bedeutung des Rezeptors stellt sich bei Untersuchungen an Knockout Mäusen heraus. Während der Ausfall des IL-2 nicht essentiell für die T-ZellEntwicklung ist (Schorle et al., 1991), konnte gezeigt werden, daß der Verlust des IL-2Rγ zu schweren Ausfällen bei der Entwicklung führt. Das IL-2R - System gehört zur Klasse IA der Zytokinrezeptoren und besteht aus drei Polypeptidketten (α, β, γ), von denen die Bildung eines Heterodimers aus den Untereinheiten β und γ verantwortlich für die IL-2 Signaltransduktion zu sein scheint (Takeshita et al., 1992, Taniguchi and Minami 1993). Von der αUntereinheit wird vermutet, daß sie zur Verstärkung der Bindung zwischen dem Liganden und dem Rezeptor führt. Durch Induktion der Synthese des IL-2R (u.a. durch IL-2, IL-4 oder IL-7) kommt es zur Stimulation von Jak1 und Jak2 (Janus kinase), die auf verschiedenen -teilweise nicht bekannten - Wegen Einfluß auf die Gentranskription haben. Zwei Hauptwege stellen der Jak-Stat (signaltransducers and aktivators of transcription) -Weg bzw. der Jak-Ras -Weg dar. Letzter läuft über die Initiierung der Ras-abhängigen MAPK (mitogenaktivierende Phosphokinase) - Kaskade ab (Ihle et al., 1995; Taniguchi, 1995; Kishimoto et al., 1994). 13 1.Einleitung _______________________________________________________________ Wegen der zentralen Rolle des IL-2/IL-2R - Systems als Bindeglied zwischen den innerhalb und außerhalb der Zelle während der Induktion einer Immunantwort ablaufenden Aktivierungsvorgängen, bietet es sich an, gerade mit diesem Zytokine in der Tumorimmunologie zu arbeiten. Besonders beim metastasierendem Nierenzellkarzinom und beim Melanom ist frühzeitig IL-2 in Kombination (bes. mit IFN) oder als alleinige systemische Gabe eingesetzt worden (Richards et al., 1992; Demchak et al., Lotze et al., 1991; Redman et al., 1991; Valone et al., 1991). 1.3 Immuntherapeutische Ansätze Eine erfolgreiche Immuntherapie ist abhängig von Tumoreigenschaften (Histologie, Immunogenität, Metastasierunsfähigkeit), Tumorlokalisation, Tumorlast, Erkrankungsstadium, Grad der Heterogenität der Tumorzellpopulation und der Fähigkeit des betroffenen Organismus, eine zellvermittelte Immunantwort gegen den Tumor zu entwickeln. Mit verschiedenen Ansätzen aktiver, passiver oder adoptiver klinischer Strategien in der Tumorimmunologie wird diesen Möglichkeiten in unterschiedlicher Weise Rechnung getragen. 1.3.1 Monoklonale Antikörper und antigenbindende Fragmente Nach der Beschreibung der Hybridom-Tecknik durch Köhler und Milstein 1975 glaubte man in der Lage zu sein, monoklonale Antikörper mit hoher Spezifität für Tumorantigene herstellen zu können. Mit solchen monoklonalen Antikörpern hätte man dann hochwirksame Tumortherapeutika in Händen (Köhler et al., 1975). Bei der Gewinnung und Applikation der Antikörper (meist aus der Maus) ergab sich jedoch eine Reihe von Problemen. Dazu gehören z.B. die Bildung von Antikörpern gegen und anaphylaktische Reaktionen auf die „therapeutischen Antikörper“, fehlender Antigene und die unspezifische Bindung der „therapeutischen Antikörper“ an andere Gewebe des menschlichen Organismus. Die Herstellung humaner monoklonaler Antikörper, die aufgrund 14 1.Einleitung _______________________________________________________________ ihrer geringeren Antigenität im menschlichen Organismus besser zur therapeutischen Anwendung geeignet sind als murine Antikörper, hat sich als schwierig erwiesen (Morrison et al., 1990). In wieweit dieser Weg der Therapie erfolgreich in der Breite der Tumorerkrankungen angewendet werden kann, ist Bestandteil intensiver Forschung. 1.3.2 Zytokine Wenn der Organismus sich mit fremden Antigenen, sei es bakterieller, viraler, parasitärer, allogener oder autologer tumorzellulärer Herkunft, auseinandersetzt, läuft eine Kaskade von humoralen und zellulären Vorgängen ab, deren Vorgänge darauf ausgerichtet sind , das Fremdmaterial zu eliminieren oder eine Toleranz zu induzieren. Makrophagen/Monozyten und Lymphozyten sind oder werden bei diesen Vorgängen aktiviert und greifen durch Sekretion von Zytokinen regulierend in diese Vorgänge ein. So kann es nicht verwundern, daß die Verwendung von Zytokinen auch in der Tumortherapie von stetig wachsender Bedeutung ist. Besondere Relevanz in der Onkologie haben bestimmte Interleukine (z.B. IL-2 s.1.3), Interferone (IFN) (Heaton et al., 1993) und Tumornekrosefaktoren (TNF) (Ruddle N.H., 1992; Tracey et al., 1992) erlangt. Besonders die Kombination von verschiedene Zytokinen zeigt bei vielen Therapieansätzen eine Steigerung der Effektivität. Nachteile ergeben sich aus den zum Teil sehr starken Nebenwirkungen bei systemischer Applikation bzw. der geringen Wirkung bei niedriger, aber gut verträglicher Dosis. 1.3.3 Adoptive Immuntherapie 1980 machten Yron und Spiess bei der Kultivierung von Tumorgewebe folgende Entdeckung: Sie hatten unter der Annahme, daß im Tumor selbst die meisten tumorsensibilisierten Lymphozyten vorhanden sein müßten, Aufschlüsse von Tumorgeweben mit IL-2 kultiviert, um die Population jener sensibilisierten Lymphozyten zu expandieren. Noch bevor es jedoch zur Prolifera15 1.Einleitung _______________________________________________________________ tion von Lymphozyten kam, wurden die umliegenden Tumorzellen lysiert. IL-2 konnte offensichtlich Lymphozyten dazu bringen, Tumorzellen zu erkennen und abzutöten (Yron et al., 1980). Es schien also möglich, „schlafende“ tumorsensibilisierte Lymphozyten in aktive tumorlysierende Zellen zu verwandeln. Aus dem venösen Blut von Gesunden konnten Lotze und Rosenberg Lymphozyten gewinnen, die nach Stimulation mit IL-2 Tumorzellen unterschiedlicher Herkunft in vitro abtöten konnten. Sie nannten diese Zellen später lymphokin-aktivierte Killerzellen (LAK) (Rosenberg et al., 1987). In weiteren Experimenten wurde gezeigt, daß die Zellen auch in vivo Anti-Tumor-Aktivität besitzen. In tumortragenden Mäusen konnten durch die gleichzeitige Gabe von kultivierten syngenen LAK und IL-2 die Größe und die Anzahl von Metastasen reduziert werden (Mule et al., 1984; Lafraniere 1985; Rosenberg et al., 1985a). Durch alleinige systemische Verabreichung von IL-2 konnte in dem Tiermodell auch eine Anti-Tumor-Aktivität generiert werden. Diese war jedoch wesentlich schwächer als die durch die kombinierte Gabe von LAK und IL-2 hervorgerufene (Rosenberg et al., 1985a). Die Charakterisierung der LAK ergab, daß ihre lytische Aktivität nicht MHC-restringtiert war (Grimm, 1993). Die LAK-Population ist sehr heterogen und umfaßt Lymphozyten mit und ohne T-Zellmarker (Damle et al., 1986). Ein großes Potential an Anti-Tumor-Aktivität vermutete man auch bei den Lymphozyten, die solide Tumoren infiltrieren (Tumor-infiltrierende Lymphozyten; TIL) und dadurch ständig mit Tumorantigenen in Kontakt stehen. Die aus Mikrometastasen gewonnen TIL zeigten, verglichen mit den LAK, im Tierversuch nach in vitro-Stimulation mit IL-2 eine um den Faktor 50 bis 100 gesteigerte antitumorale Wirkung (Rosenberg et al., 1986). Bei den TIL handelt es sich um MHC-restringierte Effektorzellen, die durch Kontakt mit Tumorantigenen bereits sensibilisiert sind, so daß, verglichen mit den LAK, die Spezifität ihrer zytotoxischen Wirkung gesteigert ist. Während die Ergebnisse der Tierversuche mit TIL diesen Ansatz als eine effiziente Behandlungsmethode von Krebserkrankungen erscheinen lassen, ergeben sich Probleme bei der routinemäßigen Durchführung solcher Therapien. Die Gewinnung ausreichender 16 1.Einleitung _______________________________________________________________ Mengen autologer TIL, die sich dann in vitro stimulieren und expandieren lassen, stellt ein großes Problem dar (Whiteside et al., 1990). Trotz dieser Schwierigkeiten fand die adoptive Immuntherapie mit LAK- und TIL-Populationen Anwendung in klinischen Studien zur Behandlung von Karzinom-Patienen. Die Therapie erfolgte nahezu ausschließlich in Kombination mit der systemischen Gabe von rhIL-2. Die Ergebnisse der Studien waren sehr unterschiedlich. Deutliche Anti-Tumor-Wirkungen konnten mit der adoptiven Immuntherapie unter Einsatz von LAK und TIL in Kombination mit IL-2 nur bei Patienten mit malignen Melanomen oder Nierenzellkarzinomen beobachtet werden. Die gleiche Methode zeigte bei anderen Tumoren keine oder nur eine schwache therapeutische Wirkung, z.B. bei Lungen- oder Brusttumoren (Rosenberg et al., 1985b; 1987; 1988; 1993; McCabe, 1991). Eine Ursache für die unterschiedliche Wirksamkeit der Therapien bei Patienten mit verschiedenen Tumortypen könnte die sein, daß als Folge dieser Therapien die Tumorzellen immunresistent werden. Es konnte in einigen Fällen bewiesen werden, daß Krebstherapien zum Verlust der β2-Mikroglobuline auf den Tumorzelloberflächen führten. Diese Proteine sind Bestandteil des MHC-ΙKomplexes. Tumorzellen, denen diese Proteine fehlen, können nicht mehr von tumorspezifischen CTL-Zellen angegriffen werden und entgehen der Immunabwehr (Restifo et al., 1996). Die notwendige, da effizienzerhöhende, begleitende systemische Gabe hoher Dosen von IL-2 bei der adoptiven Immuntherapie stellt einen weiteren Schwachpunkt innerhalb dieses Therapie-Konzeptes dar. Die systemische Applikation hoher Dosen von rhIL-2 führt zu schweren Nebenwirkungen bei den Patienten (s. 1.2) und in klinischen Versuchen auch zu therapiebedingten Todesfällen (Kragel et al., 1990; Rosenberg et al., 1993). 17 1.Einleitung _______________________________________________________________ 1.3.4 Aktive spezifische Immuntherapie Schon Anfang des Jahrhunderts wurde die Schutzimpfung gegen Krebs als mögliche Therapie in der Behandlung und Prävention von Krebserkrankungen angesehen (Ehrlich, 1957). Schutzimpfungen führen durch Immunisierung mit abgeschwächten oder abgetöteten Erregern oder mit Bestandteilen davon zur Immunität, die den Organismus bei Kontakt mit dem entsprechenden pathogenen Erreger vor dem Vollbild der Erkrankung schützen. Entsprechende vorbeugende Schutzimpfungen gegen Krebs gibt es bisher nicht. Sie sind auch nicht sinnvoll, da die Wahrscheinlichkeit, daß ein bestimmtes Individuum an einer bestimmten Krebserkrankung erkranken wird, äußerst gering ist. Anders ist es in den Fällen, in denen die Infektion mit einem Virus nach einer gewissen Latenzzeit zur malignen Entartung von körpereigenem Gewebe führen kann. Der Grund dafür das die Entwicklung von Schutzimpfungen gegen Krebs bisher nicht möglich gewesen ist, liegt aber gerade in der Herkunft der maligne entarteten Zellen. Sie sind nicht wie Viren, Bakterien oder andere Krankheitserreger körperfremd, sondern stammen von körpereigenen Zellen ab. Daher sind sie vom Immunsystem nur schwer als „fremd“ zu erkennen (Schirmacher, 1990). Die dichte zelluläre Infiltration von Tumoren, die lange Latenzzeit bis zur klinischen Symptomatik von Metastasen sowie die spontane Regression mancher Tumoren und Metastasen legen jedoch nahe, daß auch körpereigene Tumoren sehr wohl immunogen sein und eine Immunantwort in vivo auslösen können. Diese Immunantwort ist in der Regel nicht effektiv genug, die Tumorerkrankung zu beherrschen oder gar zum Verschwinden zu bringen. In fortgeschrittenen Tumorstadien ist der Gesamtorganismus und damit auch das Immunsystem durch den Tumor selber sowie durch Nebenwirkungen der bisherigen Therapie geschwächt (Roitt et al., 1987; Schirrmacher, 1990). Die aktive spezifische Immuntherapie soll das Immunsystem des Patienten gezielt gegenüber Tumorantigenen sensibilisieren und zur Tumorabstoßung stimulieren. Die im allgemeinen nur schwach ausgeprägte Immunogenität von 18 1.Einleitung _______________________________________________________________ Tumorzellen kann mit Hilfe von Adjuvantien in Form von abetöteten Bakterien, von Viren oder Teilen davon, oder chemischen Hilfsstoffen gesteigert werden. Schon Mitte dieses Jahrhunderts gab es Berichte, daß Tumoren nach Virusinfekten verschwanden oder zumindest kleiner wurden. Die Arbeitsgruppe um Koprowski konnte in den 50er-Jahren viruszerstörte Tumorzellen als stark immunogen identifizieren. Nach der Immunisierung mit solchen Onkolysaten waren Versuchstiere gegenüber dem entsprechenden Tumor immunogen (Schirrmacher, 1990). Lindemann setzte 1967 als erster systematisch Influenza-Onkolysate im Tierversuch als Vakzine gegen Zellen einer Tumorzellinie der Maus ein. Er konnte zeigen, daß Zellfragmente mit Viruspartikeln gemischt nicht annähernd so immunogen waren wie Onkolyste. Offenbar war das „Aussprossen“ von Virusantigenen in der Membran einer intakten Zelle mit dem Erscheinen von Virusantigenen an der Zelloberfläche der entscheidende, die Immunogenität steigernde Effekt (Schirrmacher, 1990). Kobayashi zeigte, daß auch Viren, die die Tumor-Wirtszelle nicht lysieren, sondern deren Antigene lediglich in die Zellmembran eingebaut werden, bei der Transplantation transfizierter Tumoren zur Abstoßung führten (Kobayashi, 1986). Sinkovics führte in den 70er Jahren das Newcastle Disease Virus (NDV) in die Onkolysat-Therapie ein. Er konnte bei Melanompatienten im Stadium II und III eine 5-Jahres-Überlebensrate (5-JÜR) von 70% erreiche, während von nicht vakzinierten Patienten nach 5 Jahren allenfalls noch 20% leben (Cassel et al., 1965; Cassel et al., 1983; Murray et al., 1977). Wallach et al. und Hersey et al. behandelten Melanompatienten erfolgreich mit Vaccinia-Onkolysaten (Hersey et al., 1986; Schirrmacher 1990). Die Erprobung verschiedener Viren in der Onkolysat-Therapie zielte darauf ab, Viren zu finden, die sich als potente Antigene zur Steigerung der Immunogenität von Tumorzellen eignen, jedoch für den Organismus möglichst nicht schädi19 1.Einleitung _______________________________________________________________ gend wirken. Dabei ergab sich, daß das Newcastle Disease Virus (NDV) den Ansprüchen sehr gut entspricht. Viele Stämme sind humanapathogen, in der Lage Zellen zu infizieren, ihr Genom zu exprimieren und neue, jedoch nicht mehr infektiöse Viruspartikel zu bilden. Außerdem wird die Produktion bestimmter Zytokine, u.a. Interferone, TNF und heat shock-Proteine durch das NDV angeregt (Lorence et al., 1988; Schirrmacher et al., 1989; 1986; Haas et al., 1998). Weitere Möglichkeiten der Modifizierung von Tumorzellen zur Steigerung der Immunogenität besteht in der chemischen, enzymatischen oder gentechnischen Manipulation. Mittlerweile sind mit der Methode der ASI Patienten mit unterschiedlichen Tumoren erfolgreich behandelt worden. Hoover et al., berichteten über Ergebnisse einer randomisierten prospektiven Untersuchung mit einer aktiv-spezifischen Immuntherapie (mit Bacille-Calmette-Guérin -Impfstoff (BCG) gemischte Vakzin) bei Patienten mit Dukes-B- und -C- Koloncarcinom (Hoover et al. 1985). Patienten nach autologer Tumorvaccinierung hatten signifikant längere krankheitsfreie Intervalle und eine bessere Gesamtüberlebensrate als ausschließlich operativ therapierte. Auch war im Vergleich zur Kontrollgruppe das Muster des Tumorrückfalls in der Immuntherapiegruppe diskreter und insbesondere im Hinblick auf eine erneute Resektabilität günstiger (Hoover et al. 1993). Tumorrückfall oder Tod traten ein bei 56% der Kolonkarcinompatienten in der Kontrollgruppe. Im Vergleich dazu waren es 33% in der Immuntherapiegruppe. Aufbau und Durchführung dieser Studie wurden allerdings nicht unerheblich kritisiert (Moertel C.G. 1994). Mittlerweile liegen Daten einer Phase-II Studie an Patienten mit fortgeschrittenem Kolonkarzinom mit Lebermetastasen vor. Bei dieser Studie wurde eine Vakzine aus autologen intakten Tumorzellen (ATV), verwendet, die mit NDV modifiziert worden war (ATV-NDV). Während bei 48 Patienten eine ATV-NDV Therapie durchgeführt wurde, wurden 9 Patienten mit einem Gemisch aus ATV und BCG behandelt. Während bei den ATV-NDV Patienten eine 2-Jahresüber- 20 1.Einleitung _______________________________________________________________ lebensrate von 97,9% erzielt werden konnte, lag die 2-JÜR der ATV-BCG - Patienten bei 66,7% (Ockert et al., 1995). Hersey et al. beobachteten eine 2-JÜR von 75% bei Melanom-Patienten, die mit einem Vaccinia-Melanom-Onkolysat behandelt worden waren, in der historischen Kontrollgruppe betrug die 2-JÜR nur 57% (Hersey et al., 1986). Freedman et al. wandten bei Vulvakarzinom-Patientinnen eine Vakzine aus Membranfragmenten autologer Tumorzellen an. Die durchschnittliche Überlebenszeit der immuntherapierten Patientinnen war länger als 26 Monaten, während in einer Kontrollgruppe nach Resektion und Radiotherapie 16 Monate durchschnittliche Überlebenszeit erreicht wurden (Freedman et al., 1983). Besondere Erfolge sind in letzter Zeit beim Nierenzellkarzinom (NZK) erreicht worden. Gerade bei diesem Tumor, der aufgrund seiner erst spät auftretenden Symptome zum Zeitpunkt der Diagnosestellung meist weit fortgeschritten ist, kommt jedem Therapieansatz eine besondere Bedeutung zu, da zu diesem späten Zeitpunkt die Prognose der Patienten ohnehin sehr schlecht ist. Seit den ersten Veröffentlichungen von Tallberg und Tykkä, die NZK- und später auch andere Patienten - mit einem Gemisch aus Tumorzellhomogenisat und Tuberkulin- oder Candida albicans-Antigen vakzinierten und dabei 10-JÜR von etwa 20%, verglichen mit 5% in einer nicht therapierten Kontrollgruppe, erreichten (Tallberg et al., 1987; 1986; 1985; Tykkä 1978; 1974), haben verschiedene Arbeitsgruppen mit z.T. unterschiedlichen Methoden versucht, Patienten gegen ihr NZK zu immunisieren (Schapira et al., 1979; Schärfe et al., 1986). Seit einigen Jahren wird in der Arbeitsgruppe Falkenberg an dieser Therapieform mit ATV-NDV gearbeitet. So zeigte erst kürzlich eine Studie, daß besonders bei Patienten mit nicht-metastasiertem NZK bei einer mittleren Beobachtungsdauer von 22 Monaten ein Trend zu einer geringeren Rezidivrate in der Studiengruppe (30 Patienten ohne ASI-Behandlung nach Nephrektomie) verglichen mit der Kontrollgruppe. 80% der Patienten der Studiengruppe waren nach 2 Jahren rezidivfrei gegenüber 69% bei der Kontrollgruppe (Hinkel, 1995). 21 1.Einleitung _______________________________________________________________ Neulich berichtete die Arbeitsgruppe um Repmann von einer signifikant höheren Überlebensrate von NZK-Patienten (Einteilung nach Robson) der Gruppen Robson II und Robson III nach ASI-Behandlung (Repmann et al., 1997). 1.3.5 Problematik der immuntherapeutischen Ansätze Sowohl bei der adoptiven Immuntherapie als auch bei der Aktiven spezifischen Immuntherapie kann die Effizienz der Therapie verstärkt werden, indem der Vakzine IL-2 als Adjuvans zugesetzt wird. Hier hatte sich in den klinischen Studien ein Schwachpunkt der Therapiekonzepte gezeigt. Die systemisch notwendigen hohen Dosen an rhIL-2 führen zu schweren Nebenwirkungen (s. 1.2), die verständlich sind, betrachtet man die physiologische Funktion des Zytokins und die Höhe der narürlicherweise vorkommenden Konzentration in vivo. Zytokine sind „short-range substances“ und dienen der Zell-Zell-Kommunikation zwischen benachbarten Zellen des Immunsystems(s. Abb. 1). In der direkten Umgebung solcher Zellen können diese Stoffe sehr hohe Konzentrationen erreichen, bezogen auf das Gesamtvolumen des Organismus werden sie jedoch in kaum meßbaren Mengen freigesetzt (Sitkovsky et al., 1988). Um einen Therapieerfolg im Rahmen eines ASI-Ansatzes zu ermöglichen, müßte die systemisch applizierte Menge der hohen Konzentration entsprechen, was aber aufgrund der Nebenwirkungen nicht durchführbar ist. Ein weiteres Problem liegt in der niedrigen Plasmahalbwertzeit von ca. sieben Minuten für das rekombinante IL-2 (Lotze et al., 1987). Die erfolgversprechenste Applikationsart scheint die direkte Injektion in den Tumorherd zu sein. Der Zytokinspiegel wird dort erhöht, wo die Zellen des Immunsysems den Antigenreiz erfahren und ihre antitumorale Wirkung entfalten sollen. Mit dieser Methode sind jedoch nur solide, gut zugängliche Tumore zu behandeln, z.B. in Form eines Sprays zur Therapie von Lungenmetastasen eines Nierenzellkarzinoms. Ferner diffundieren die relativ kleinen Zytokinmoleküle schnell vom Applikationsort weg in das umliegende Gewebe und werden innerhalb kürzester Zeit inaktiviert. 22 1.Einleitung _______________________________________________________________ Um eine Anti-Tumorantwort gegen autologe Tumoren generieren zu können, ist es daher notwendig, um die Tumorzellen herum eine stabile Mikroumgebung zu schaffen, in der über einen langen Zeitraum hohe Konzentrationen von Zytokinmolekülen vorliegen, durch die die durch diese Region passierenden Zellen des Immunsystems aktiviert werden können. Sowohl die systemische als auch die lokale Verabreichung von Zytokinlösungen scheinen keine geeigneten Methoden zum Erreichen des Zieles zu sein. Ein alternatives Konzept wurde mittels gentechnischer Methoden entwickelt und in vivo im Tierversuch getestet. Autologe Tumorzellen werden mit Zytokingenen transfiziert und als Vakzine verabreicht. Die transfizierten Tumorzellen produzieren dann im Empfänger kontinuierlich das von dem eingeführten Gen kodierte Zytokin. Um die Zellen herum baut sich die gewünschte Mikroumgebung mit einer hohen Zytokinkonzentration auf, und ein Zytokingradient kann die Zellen des Immunsystems chemotaktisch zu den Zielzellen führen, die die Tumorantigene tragen. Im Jahr 1990 testete die Arbeitsgruppe um Fearon im Tiermodell die Wirkung von schwach immunogenen Tumorzellen der murinen Kolonkarzinomlinie CT26, die zuvor mit dem Gen für IL-2 transfiziert worden waren. Die Verabreichung der gentransfizierten Zellen an syngene Mäuse führte bei diesen zu einem kurzzeitigen weinige Tage andauernden Tumorwachstum. Anschließend kam es zur vollständigen Remission. Demgegenüber gingen in den Kontrollgruppen die nicht-transfizierte Zellen der gleichen Tumorzellinie (CT26) an und führten zum Tod der Tiere (Fearon et al., 1990). Die Vakzinierung aus mit dem IL-2 - Gen transfizierten Zellen hinterläßt bei den behandelten Tieren gleichzeitig eine Immunität gegen die nativen Tumorzellen. Die Tumorimmunität wird durch MHC-restringierte CTL-Lymphozyten vermittlet. In der Folgezeit wurden verschiedene murine Tumorzellen mit den Genen für verschiedene Zytokine transfiziert und ihre Wirkung im Tiermodell überprüft. Zellen anderer Zellinien als CT26 wurden mit den Genen für IL-2 transfiziert (Ley et al., 1991; Gansbacher et al., 1990). IL-4 , IFN-alpha- und G-CSF (granulocyte-macrophage - colony - stimulating factor) - Gene wurden in Zellen 23 1.Einleitung _______________________________________________________________ muriner Tumor-Zellinien eingebracht (Golumbek et al., 1991; Ferrantini et al., 1994; Dranoff et al., 1990). Alle diese Gruppen erhielten Ergebnisse, die sich mit denen von Fearon vergleichen ließen. Offensichtlich ist bei diesem Therapieansatz der entscheidende Vorteil, daß beide Reize, der von den Tumorzellen ausgehende Antigenreiz und der von den Zytokinen ausgehende und auf die Zellen des Immunsystems wirkende Stimulationsreiz, von derselben Lokalisation innerhalb des Organismus kommt. Dies ergab sich aus Versuche der Arbeitsgruppe um Pardoll, die nicht-zytokinGen-transfizierte Tumorzellen eines anderen Typs gemischt mit den zytokinGen-transfizierten Tumorzellen applizierte. Auf diese Weise konnte auch gegen andere nicht Zytokin-Gen-transfizierte Tumorzellen Immunität induziert werden (Pardoll, 1992). Bei einem ähnlichen Konzept bestand die Vakzine aus den autologen Tumorzellen und Fibroblasten, die mit einem Zytokingen transfiziert worden waren. Vorteilhaft wirkt sich bei diesem Versuchsansatz aus, daß es sich bei den Fibroblasten nicht um transformierte Zellen, sondern um somatische Zellen handelt. Diese können sich nicht so häufig teilen wie Tumorzellen, aber der Effekt der lokalen hohen Zytokinkonzentration in unmittelbarer Nähe des Tumorantigens bleibt erhalten (Weymayr, 1994; Sobol et al., 1992). Die Umsetzung dieses in vielerlei Hinsicht optimalen Therapiekonzeptes auf Tumorpatienten ist jedoch äußerst problematisch und ethisch nicht akzeptabel, da dem Patient nicht nur gentechnisch veränderte sondern vor allem vitale Tumorzellen appliziert werden müssen. Eine Therapie mit vitalen Tumorzellen birgt ein nicht-kalkulierbares Risiko der Metastasenbildung in sich. Auch die Risiken, die sich aus der Manipulation des Genoms der Zelle ergeben, sind nicht absehbar. In Tierversuchen konnte das Anwachsen von gentransfizierten Tumorzellen im Empfänger nachgewiesen werden. Die Applikation muriner Tumorzellen, die mit dem IL-2 - Gen transfiziert worden waren, führte zur Bildung von Metastasen, die eindeutig vom Transplantat abstammten (Tsai et al., 1993). Der Verlust des Zytokingens oder die Selektion von neuen Tumorzellvarianten, die dem Immunsystem ausweichen können, wurden als Ursache für diesen Befund diskutiert. Außerdem kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Produktion von Zytokinen durch gentransfizierte Tumorzellen oder gen24 1.Einleitung _______________________________________________________________ transfizierte Begleitzellen das Tumorwachstum anregt, die Angiogenese fördert oder die Tumorzellen mobiler werden läßt, was mit einer erhöhten Metastasierung einhergeht. Entsprechende Beobachtungen konnten im Tierversuch mit Fibroblasten beschrieben werden, die mit einem Zytokingen transfiziert worden waren (Sobol et al.,1992). Fibroblasten sind Zellen des Bindegewebes und tragen zur Bildung und zum Erhalt der Bindegewebe-Fasermatrix bei. Sie spielen auch eine Rolle bei der Ausbildung der bindegewebigen Matrix von Tumoren, ein Prozeß, der auch von Zytokinen beeinflußt werden kann und das Tumorwachstum unterstützt. Zellen der Zellinie CHO, die mit dem TNF-Gen transfiziert wurden, zeigten im Tierversuch eine stärkere Neigung zur Metastasierung, als native Zellen der gleichen Zellinie (Malik et al., 1990). Das Risiko der Impfmetastasenbildung bei der Therapie mit autologen gentransfizierten Tumorzellen kann durch die Behandlung der Tumorzellen mit einer letalen Dosis ionisierender Strahlen (200 Gy) umgangen werden. Durch die Bestrahlung verlieren die Tumorzellen die Fähigkeit sich zu teilen, während die Fähigkeit zur Proteinsynthese und damit zur Synthese des Zytokins für eine begrenzte Zeit erhalten bleibt. Dabei sinkt die Synthesekapazität, verglichen mit der vitaler Zellen, stark ab. In jedem Fall fällt der dynamische Effekt der infolge der Zellteilung stetig zunehmenden Zytokin-Produktion weg. Zu den ethischen Bedenken, die einem Einsatz der zuvor genannten Therapien entgegenstehen, kommen praktische Probleme. Es müssen für jeden Patienten individuell autologe Tumorzellen oder somatische Zellen in ausreichenden Mengen gewonnen werden. Die Zellen müssen dann an die Bedingungen in der Gewebekultur adaptiert und im Anschluß daran mit dem Zytokingen transfiziert werden. Geeignete Transfektanten müssen dann ausgewählt und expandiert werden. Diese Arbeiten sind mit hohen Kosten und erheblichem Personalaufwand verbunden, die einer routinemäßigen Anwendung entgegenstehen. 25 1.Einleitung _______________________________________________________________ Außerdem muß berücksichtigt werden, daß es sich bei den Studien mit tierischen Tumormodellen, um Tumorzellinien von „monoklonalen“ Zellen handelt, während bei dem aus Patienten gewonnenen Tumormaterial komplexe Mischungen von Tumorzellen vorliegen. Es ist daher möglich, daß bei den beschriebenen Aufarbeitungsverfahren Zellen mit bestimmten genotypischen Eigenschaften selektiert werden. Die Adaptation der menschlichen Tumorzellen an die Gewebekulturbedingungen kann bereits zur unkontrollierbaren Selektion von Tumorzellvarianten führen. Diese Gefahr besteht erneut bei der Transfektion der kultivierten Zellen und der anschließenden Selektion der Transfektanten. Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse und Erfahrungen ist eine Therapie von Krebserkrankungen des Menschen mittels autologer, mit einem Zytokingen transfizierten Tumorzellen oder Somazellen, nicht oder nur mit unkalkulierbaren Risiken durchführbar. Aufgrund der Ergebnisse der Arbeitsgruppe um Hock stellt sich die Frage, wie sinnvoll der ethisch fragwürdige Einsatz von genetisch verändertem Tumormaterial ist. Von der Arbeitsgruppe wurden durch Bestrahlung devitalisierte Tumorzellen mit einem klassischen Adjuvans vermischt und Mäusen injiziert. Tieren einer anderen Versuchstiergruppe wurden mit einem Zytokingen transfizierte Tumorzellen appliziert. Beide Versuchstiergruppen zeigten hinsichtlich der Induktion einer Tumorimmunität keine Effizienzunterschiede: (Hock et al., 1993) 26 1.Einleitung _______________________________________________________________ 1.4. Zielsetzung Seit einigen Jahren wird in der Arbeitsgrupe Falkenberg an der Anwendung eines neuartigen Tumortherapie-Verfahrens zur Bekämpfung postoperativ auftretender Metastasen von humanen Nierenzellkarzinomen gearbeitet, das als „Aktive Spezifisch Immunisierung“ (ASI) bezeichnet wird. Die Patienten erhalten bei dieser Therapie eine Vakzine, die aus bestrahlten autologen Tumorzellen besteht, die mit Hilfe des human-apathogenen Newcastle Disease Virus (NDV) xenogenisiert wurden (Schirrmacher et al., 1989). Der Vakzine wird freies rekombinantes humanes Interleukin-2 als immunstimulierende Substanz beigemischt. Im Rahmen dieser Arbeit sollen Möglichkeiten gefunden werden, rhIL-2 in direkter Nähe von Tumorzellen zu fixieren. Im Gegensatz zum freien IL-2, das eine Plasma-Halbwertzeit von wenigen Minuten besitzt, würde die Freisetzung von fixiertem Zytokin ein länger anhaltender lokaler Stimulus sein. Durch die direkte Nähe von Zytokinen und Tumorantigenen würde eine der natürlichen Situation entsprechende Induktion zellvermittelter Immunität entstehen. Solche rhIl-2-beladenen Tumorzellen, bei der ASI als Vakzine eingesetzt, könnten die Wirksamkeit der Therapie verbessern und wären eine praktikable Alternative zu Vakzinen aus gentransfizierten Tumorzellen. Mit Hilfe verschiedener heterobifunktioneller Linkerreagenzien sollen reaktive Gruppen an rhIL-2 und an Oberflächenproteinen von Tumorzellen gebunden werden. Die Kopplung des IL-2 an die Tumorzellen soll über die Linkersubstanzen MHS oder SPDP und SAMBA erfolgen. Als Modellsubstanz soll zunächst OVA-FITC anstelle von rhIL-2 verwendet werden, um die verschiedenen Kopplungsmechanismen wie kovalente oder adhäsive Bindungen sowohl auf ihre Stabilität als auch auf die Kopplungsrate zu untersuchen. Für die Kopplungsmechanismen mit den erfolgversprechendsten Ergebnissen solle nachgewiesen werden, wie lange biologisch aktives rhIL-2 von diesen veränderten Tumorzellen an die Umgebung abgegeben wird. 27 2.Methodik _______________________________________________________________ 2. Methodik 2.1 Materialien 2.1.1 Chemikalien S-Acetylmercaptobernsteinsäureanhydrd Sigma Agarose Gibco BRL Ammoniumpersulfat Biorad Bromphenolblau Serva Concanavalin A Sigma Coomassie Brillant Blue Serva Dithiothreitol Sigma Fluoresceinisothiocyanat (FITC) Nordic Immunoloy Glycerin Riedel-de Haen IL-2 (human, rekombinant) Eurocetus Molekulargewichtsmarker Sigma Ovalbumin Serva Streptaviden, FITC-konjugiert Sigma, Vector Succinimidyl-3-(2-pyridyldithio)-propionat Molecular Probes Trypanblau Chroma Trypsin-EDTA-Lösung (Trypsin-Versene-Lösung) Bio Whittaker Die hier nicht aufgeführten Chemikalien wurden in Analysenqualität von den üblichen Herstellern bezogen. 28 2.Methodik _______________________________________________________________ 2.1.2 Verbrauchsmaterial Filter für NOVACELLTM - Rührzelle: PM10 amicon Filtrationsmembranen (0,22 µm und 0,45 µm) Sartorius Gewebekulturflaschen Corning, Greiner Gewebekulturplatten Corning Mikrotiterplatten Falcon Sterilfilter Gelman Sciences, Millipore 2.1.3 Geräte Fluoreszenzmikroskop BH 2 Olympus Fotokamera C-35 AD Olympus FPLC-Einrichtung Pharmacia LKB NOVACELLTM - Rührzelle amicon pH-Meter Modell 601 A Orion Research Semi Dry Blot BioRad Netzgerät Modell 3000/300 BioRad UV-VIS Spectrometer Spectrophotometer 555 Zentrifuge 5402 Eppendorf Zentrifuge Varifuge RF (Rotor 5310) Heraeus 2.1.4 Materialien für die Säulenchromatographie Die verwendeten Materialien Sephadex G-25 (und Sephacryl 300 HR) und Superose 12 prep grade wurden von der Firma Pharmacia bezogen. 29 2.Methodik _______________________________________________________________ 2.1.5 Zellkulturmedien und Zellstämme Zellinien: X63Ag8.653 Myelomzellinie (Kearney et al., 1979) CTLL-2 murine, zytotoxische T-Zellinie Grundmedium: Dulbecco´s Modified Eagle´s Medium (DMEM) High Glucose (4,5 mg/ml) Gibco oder: Rosewell Park Memorial Institute Medium 1640 (RPMI 1640) Bio Whittaker Basismedium: Pro Liter RPMI/DMEM werden je 10 ml der folgenden Substanzen hinzugefügt: L-Glutamin (200mM) Sigma Na-Pyruvat (100mM) Gibco HEPES-Puffer (1M) Gibco Antibiotikamixtur (PSF): Penicillin (10000 U/ml) Streptomycin (10000 µg/ml) Funghizone (25 µg/ml) Bio Whittaker Zellkulturmedium: Basismedium mit: 10% (v/v) fötalem Kälberserum (FCS) Biochrom Medium für CTLL-2-Zellen: Zellkulturmedium mit 20 U/ml rhIL-2 Biochrom 30 2.Methodik _______________________________________________________________ Einfriermedium: Grundmedium mit 15 % (v/v) Fötalem Kälberserum Biochrom 12 % (v/v) Dimethylsulfoxid (DMSO) Riedel-de Haën 2.1.6 Lösungen und Puffer Acrylamid-Stammlösung 30 % (w/v) Acrylamid (für SDS-PAGE) 0,8 % (w/v) N,N’-Bisacrylamid Ammoniumpersulfat (APS) Coomassie-Färbelösung in H2O 10 %(w/v) APS 0,1 % (w/v) Coomassie Brilliant Blue R250 40% 10% (v/v) Elektrophoresepuffer für SDS-Gele Laemmli-Probenpuffer (2x) Essigsäure 0,025 M Tris-HCl 0,192 M Glycin 0,1% Entfärbelösung Methanol SDS 25 % (v/v) Methanol 10 % (v/v) Eisessig 0,125 M Tris-HCl, pH6,8 4 %(w/v) SDS 20 %(v/v) Glycerin 10 %(v/v) 2-Mercaptoethanol 0,02% (w/v) Pyronin 31 2.Methodik _______________________________________________________________ MTT-Lösung 5 mg/ml 3-(4,5-dimethyl-thiazol2-yl)-2,5-diphenyltetrazolium-bromid (MTT) in PBS 2,7 mM KCl 1,5 mM KH2PO4 137 mM NaCl 8 mM Puffer für Fluorochrom-Kopplung PBS 0,1 mM Na2HPO4 Na2CO3 pH 4,8 4x Sammelgelpuffer SDS-Lösung für CTLL-2 - Test 0,5 M 10% (w/v) in 4x Trenngelpuffer 1,5 M Tris-HCl, pH 6,8 SDS 0,01N HCl Tris-HCl, pH 8,8 32 2.Methodik _______________________________________________________________ 2.2 Methoden 2.2.1 Arbeiten mit Zellkulturen 2.2.1.1 Kultivierung von Tumorzellen Die Kultivierung von Tumorzellen der Linie X63Ag8.653 erfolgte in Gebrauchsmedium. Die Tumorzellen wurden in einem Brutschrank bei 37°C, 5% CO2 und 98% relativer Luftfeuchtigkeit kultiviert; das Medium in den Flaschen wurde in regelmäßigen Abständen ausgetauscht. 2.2.1.2 Bestimmung der Zellzahlen Die Zellzahl wurde mit Hilfe der Neubauer-Zählkammer bestimmt, indem die Anzahl der Zellen in vier der großen Quadrate der Kammer gezählt und der Mittelwert der Zählungen ermittelt wurde. Dieser Wert mit 10000 (Kammerfaktor) multipliziert, entspricht der Zellzahl pro Milliliter. Unter Verwendung des Farbstoffes Trypanblau konnte eine Unterscheidung zwischen lebenden und toten Zellen erfolgen. 2.2.1.3 Einfrieren und Auftauen von Zellen Bei den durchgeführten Arbeiten wurde ein Einfriermedium verwendet, daß das Gefrierschutzmittel Dimethylsulfoxid (DMSO) enthält. Die Zellsuspension wurde aus Gewebekulturflaschen in sterile Zentrifugenröhrchen überführt und 10 Minuten bei 100 x g zentrifugiert. Das Sediment wurde in 1 ml eiskaltem Einfriermedium aufgenommen, in ein 2 ml Einfrierröhrchen überführt und auf Eis gestellt. Das Röhrchen wurde zunächst bei -80°C und zur Dauerkonservierung bei -196°C in flüssigem Stickstoff aufbewahrt. Zum Auftauen wurde das Einfrierröhrchen in 37°C warmen Wasser geschwenkt, bis die Suspension gerade auftaut, einem 12 ml - Röhrchen mit 33 2.Methodik _______________________________________________________________ 9 ml Gebrauchsmedium aufgenommen und in geeignete Kulturgefäße überführt. Um verbliebenes DMSO zu entfernen, wurde das Medium nach ca. 24 Stunden gewechselt. 2.2.2 Fluoreszein-Markierung von Ovalbumin (OVA) mit Hilfe von Fluoreszeinisothiocyanat (FITC) und Tetramethylrhodamine B Isothiocyanat (TRITC) Für die Markierung von OVA an FITC bzw. TRITC wurde eine Modifikation der Technik von Rinderknecht (Rinderknecht, 1962) verwendet. Die Bindung von FITC mit OVA erfolgte unter Bildung einer Thiocarbamidbindung nach folgender Reaktionsgleichung: OVA-NH2 + S=C=N-Fluorochrom → S ║ OVA-NH-C -NH-Fluorochrom Die NH2-tragenden Gruppen, die für diese Reaktion entscheidend sind, stammen aus den ε-Aminogruppen der Lysinreste des Proteins. Zu 1 ml einer Ovalbumin-Lösung (20 mg/ml in 0,1M NaHCO3 - Kopplungspuffer) wurden 100 µl einer Fluoreszeinisothiocyanat (FITC) - Lösung (5 mg / ml DMSO) gegeben. Die Inkubation des Gemisches erfolgte - in Aluminiumfolie lichtdicht umwickelt - auf einer Rollvorrichtung 2 h bei Raumtemperatur. Überschüssige FITC-Moleküle wurden vom Fluoreszein-markierten OVA durch Gelfiltration über eine Sephadex G 25 - Säule abgetrennt. Nach einer entsprechenden Vorschrift erfolgte die TRITC-Markierung von OVA. 2.2.3 Bestimmung der Proteinkonzentration von Lösungen fluoreszein-modifizierter Proteine In Lösungen fluoreszein-markierter Proteine absorbieren beide Komponenten, das Protein und das Fluoreszein, das Licht der Wellenlänge von 280 nm. 34 2.Methodik _______________________________________________________________ Zwischen der Absorption des Fluoreszeins bei 495 nm und bei 280 nm besteht folgende Beziehung: E280 = 0,35 x E495 Die Proteinkonzentration von Lösungen Fluoreszein-markierter Proteine berechnet sich daher wie folgt: cProtein = (E280 - 0,35 × E 495) — — — — — — — — — — ε(Protein) × d Zur Angabe der Kopplungseffizienz eines Fluorochromes an ein Protein wird der F/P-Quotient eines Konjugates angegeben. Dieser Quotient gibt das molare Verhältnis von Fluorochrom (F) zu Protein (P) an und somit die Anzahl der Fluorochrommoleküle je Proteinmolekül (Peters, 1989). Für an Ovalbumin gekoppeltes FITC ergibt sich folgende Gleichung: F/Pmolar = E 495 × 1,2 × 160000 — — — — — — — — — — 200 × 390 × (E280 - 0,35 × E 495) 2.2.4 Konzentrierung proteinhaltiger Lösungen Für bestimmte Anwendungen, zum Beispiel für die Kopplung von Proteinen nach Gelfiltrations-Säulenchromatographie (s 2.6), war es notwendig, Proteinlösungen zu konzentrieren. Hierzu wurden die Druckluftapparatur der Firma amicon benutzt. Bei den hier durchgeführten Versuchen wurden die Filter PM10 eingesetzt, die für alle Proteine bis zu einem Molekulargewicht von etwa 10 kD durchlässig sind. 35 2.Methodik _______________________________________________________________ 2.2.5 Herstellung von Proteinkonjugaten In der vorliegenden Arbeit wurde versucht, folgende Kopplungprodukte zur Bindung von OVA-FITC (bzw. IL-2) an Tumorzellen (hier der Linie X63Ag8.653) zu erstellen. Dabei wurden mit Hilfe von S-Acetylmercaptobernsteinsäureanhydrid (SAMBA) SH-Gruppen (s.2.5.1) in Proteine eingeführt. Der entsprechende Kopplungspartner wurde durch Einführung von Maleimidgruppen mittels Maleimidohexanoyl-N-hydroxysuccinimidester (MHS) (s.2.5.2), bzw. Pyridyldisulfidgruppen unter Verwendung von Succinimidyl-3-(2-pyridyldithio)-propionat (SPDP) (s.2.5.2), erstellt: I) Kopplung über eine Thioetherbindung: - Zellen + SAMBA mit OVA-FITC (bzw. IL-2) + MHS - Zellen mit Kopplungsprodukt aus ConA + SAMBA und OVA-FITC (bzw. IL-2) + MHS II) Kopplung über eine Disulfidbindung: - Zellen + SAMBA mit OVA-FITC (bzw. IL-2) + SPDP - Zellen mit Kopplungsprodukt aus ConA + SAMBA und OVA-FITC (bzw. IL-2) + SPDP Durch die Einführung der genannten funktionellen Gruppen entstanden bei Reaktion gerichtete Konjugate über Thioether- bzw. Disulfidbindungen zwischen den modifizierten Proteinen. Das Gleichgewicht der Reaktionen liegt weit auf der Seite der Produkte. Die Entstehung unerwünschter Kopplungsprodukte aus intramolekularen Reaktionen oder Reaktionen zwischen zwei gleichen Proteinen (Homokonjugaten) wird so verhindert. 36 2.Methodik _______________________________________________________________ 2.2.5.1 Einführung und Aktivierung von SH-Grupen in Proteine unter Verwendung von SAMBA (Ishikawa et al., 1983; Hermanson, 1996) Bei der heterobifunktionellen Linkersubsanz SAMBA ist die reaktive SH-Gruppe durch Acetylierung maskiert. Das zyklische Anhydrid im SAMBA-Molekül reagiert mit primären Aminen. Der Anhydrid-Ring öffnet sich, und eine Amidbindung wird ausgebildet. Die Öffnung des zyklischen Anhydrids führt zur Rekonstitution einer Carboxylgruppe im SAMBA-Molekül. Die in das Protein eingeführte maskierte Thiolgruppe ist unempfindlich gegen Oxidation und Reaktion mit anderen reaktiven Gruppen. Direkt vor ihrem Gebrauch können die mit Hilfe von SAMBA in Proteine eingeführten acetylierten Thiolgruppen durch Hydroxylamin aktiviert werden. Hydroxylamin „übernimmt“ die Acetylgruppen von den maskierten SH-Gruppen, so daß reaktive Thiolgruppen entstehen (s. Abb. 2). O O S S O O NH-Protein + H2N-Protein HO O O O SAMBA O HS S HO NH-Protein O O NH-Protein NH2OH HO O O Abb. 2: Einführung von maskierten SH-Gruppen in Proteine mit Hilfe von SAMBA und die anschließende Aktivierung der Thiolgruppen durch Hydroxylamin 37 2.Methodik _______________________________________________________________ Zur Optimierung der Konzentration an SAMBA wurden Lösungen mit 2,4 mg/ml bis 2,4 x 10-3 mg/ml dieser Substanz in Dimethylformamid (DMF) hergestellt. Zu 1x106 Zellen bzw. 0,25 mg/ml ConA wurden jeweils 50µl SAMBA gegeben. Bei allen weiteren Versuche betrug die Stammkonzentration an SAMBA 2,4 mg/ml. Zur direkten Reaktion an Zellen wurde der Ansatz 60 min bei Raumtemperatur inkubiert, 3 x zentrifugiert (Eppendorf Zentrifuge 5402, 5 min, 700 Upm, 4°C) und in jeweils 1 ml phosphat-gepufferter Kochsalzlösung (PBS) resuspendiert. 250 µl einer 1M Hydroxylamin-Lösung und 315 µl einer 0,1M Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA) wurden dem Ansatz hinzugefügt und dieser 5 Minuten lang bei Raumtemperatur inkubiert. Überschüssige Reagenzien wurden durch Zentrifugation abgetrennt. Mit dem Zellpellet wurde dann die entsprechende Kopplung durchgeführt (s. 2.2.5). Bei der Reaktion von SAMBA an ConA entfielen die Zentrifugationsschritte. Hier erfolgte die Abtrennung überschüssiger Reagenzien vom aktiviertem Protein durch Gelfiltration über eine Sephadex G25-Säule (V=32ml) (s 2.2.6). Vor der Reaktion mit der Zellsuspension wurden alle Lösungen sterilfiltriert und sämtliche Arbeiten steril durchgeführt. 2.2.5.2 Einführung und Aktivierung von 2-Pyridyldisulfidgruppen in Proteine unter Verwendung von SPDP (Carlsson et al., 1978) Mit Hilfe des heterobifunktionellen Reagenz Succinimidyl 3-(2-pyridyldithio)propionat (SPDP) werden „geschützte“ Sulfhydrylgruppen in Form von Pyridyldisulfid-Gruppen in die Proteine eingeführt. Als funktionelle Gruppen dienen jeweils eine durch N-Hydroxysuccinimid aktivierte Carboxylgruppe und eine Pyridyldisulfid-Gruppe. Beide Gruppen sind über Propionyl-Reste miteinander verbunden. Die Bindung an das Protein erfolgt in Form einer Acylierungsreaktion zwischen der durch N-Hydroxysuccinimid aktivierten Carboxylgruppe von SPDP und einer primären Aminogruppe des Proteins (s. Abb. 3). 38 2.Methodik _______________________________________________________________ O S S CH2 CH2 C O N N + H2N-Protein O S S CH2 CH2 C NH Protein N Abb. 3: Einführung von Pyridyldisulfid-Gruppen in Proteine mit Hilfe von SPDP Zur Modifikation von OVA-FITC wurde SPDP in Ethanol (c = 15g/l) gelöst. Dabei wurden die beiden Substanzen in einem molaren Verhältnis von 1 : 50 eingesetzt. Der Reaktionsansatz wurde unter Lichtausschluß auf einer Rollvorrichtung 60 Minuten bei Raumtemperatur inkubiert. Die Abtrennung des überschüssigen SPDP vom Reaktionsprodukt erfolgte durch Gelfiltration über eine Sephadex G-25 Säule (120 ml). Die das aktivierte Protein enthaltenden Gipfelfraktionen wurden vereinigt, ggf. konzentriert (s 2.2.4) und nach Sterilfiltration zu den SH-Gruppen tragenden Zellen gegeben (s. 2.2.5.4). Die Modifikation des rhIL-2 erfolgte wie oben beschrieben, wobei dieses in einer Konzentration von 1 g/l in sterilem Wasser gelöst und mit SPDP versetzt wurde. 2.2.5.3 Einführung und Aktivierung von Maleimid-Gruppen in Proteine mit Hilfe von MHS Die Modifikation von Proteinen mit Maleimid-Gruppen erfolgte unter Verwendung von Maleimido-hexanoyl-N-hydrosysuccinimidester (MHS). Es besitzt als funktionelle Gruppe jeweils eine durch N-Hydroxysuccinimid aktivierte Carboxylgruppe und eine Maleimid-Gruppe. Als Verbindung zwischen den 39 2.Methodik _______________________________________________________________ beiden funktionellen Gruppen - dem Spacer - dient ein 6-Imido-hexanoyl-Rest. Die Bindung an das Protein erfolgt in einer Acylierungsreaktion. Hierbei kommt es zwischen der durch N-Hydrosysuccinimid (NHS) aktivierten Carboxylgruppe der Maleimid-Derivate und einer primären Aminogruppe des Proteins unter Freisetzung von NHS zur Ausbildung einer Amidbindung (s. Abb. 4). O O N O O O N O + H2N Protein O N O NH Protein O Abb. 4: Einführung von Maleimid-Gruppen in Proteine mit Hilfe von MHS Zur Modifikation von OVA- FITC wurde MHS (c= 17 mg / ml DMF) in einem 50fachen molaren Überschuß zugegeben. Zur Ermittlung der optimalen Konzentration an MHS wurde eine Verdünnungsreihe von 100- bis 25-fachen Überschuß eingesetzt. Der Reaktionsansatz wurde unter Lichtausschluß auf einer Rollvorrichtung 60 Minuten bei Raumtemperatur inkubiert. Die Abtrennung des überschüssigen MHS vom aktivierten Protein erfolgte durch Gelfiltration über eine Sephadex G-25 Säule (32 ml). Die das aktivierte Protein enthaltenden Gipfelfraktionen wurden vereinigt, ggf. konzentriert (s 2.2.4) und nach Sterilfiltration zu den SH-Gruppen tragenden Zellen bzw. dem ConA gegeben (s. 2.2.5.4). 40 2.Methodik _______________________________________________________________ Die Veränderung des rhIL-2 erfolgte wie oben beschrieben, wobei dieses in einer Konzentration von 1 g/l in sterilem Wasser gelöst und mit 100-fachen Überschuß an MHS versetzt wurde. 2.2.5.4 Gerichtete Synthese von Heterokonjugaten Mittels heterobifunktioneller Kopplungsreagenzien lassen sich de novo reaktive Gruppen, wie Thiolgruppen oder Maleimidgruppen, in Proteine einführen. Die Bindung der Proteine an die Tumorzellen erfolgt über zwei unterschiedliche kovalente Bindungen. Die mit Maleimid-Gruppen modifizierten Proteine reagieren mit den Sulfhydrylgruppen der Zellen bzw. des ConA unter Ausbildung einer Thioetherbindung (s. Abb. 5), wohingegen die mit Pyridyldisulfid-Gruppen aktivierten Proteine mit den SH-Gruppen der Zellen bzw. des ConA eine Disulfidbindung ausbilden (s. Abb. 6) O Protein O NH C R N + HS S Zelle Zelle O O Protein NH O C R N O Abb. 5: Reaktion der mittels MHS eingeführten Maleimid-Gruppen der Proteine mit den Sulfhydrylgruppen der Tumorzellen unter Ausbildung von Thioetherbindungen 41 2.Methodik _______________________________________________________________ O Protein NH C CH2 CH2 S S + HS Zelle N O Protein NH C CH2 CH2 S S Zelle Abb. 6: Reaktion der mittels SPDP eingeführten Pyridyldisulfid-Gruppen der Proteine mit den Sulfhydrylgruppen der Zellen unter Ausbildung von Disulfidbindungen 2.2.5.4.1 Einführung von Heterokonjugaten direkt an Zellen Zur Reaktion der eingeführten Gruppen wurden 106 sedimentierte, SH-Gruppen tragenden Zellen (s. 2.2.5.1) in 1 ml PBS resuspendiert und mit dem jeweiligen aktivierten Protein versetzt (s. 2.2.5.2 bzw. 2.2.5.3). Der Ansatz wurde über Nacht bei Raumtemperatur oder bei 4°C inkubiert. Bei OVA-FITC - enthaltenden Ansätzen wurde diese Inkubation unter Lichtausschluß durchgeführt. Um nicht gekoppeltes Protein zu entfernen, wurden die Zellen viermal 10 Minuten lang bei 100 x g zentrifugiert und die sedimentierten Zellen jeweils in 1 ml PBS resuspendiert. Danach wurde ein Aliquot zur Bestimmung der Zellzahl und der fluoreszenzmikroskopischen Untersuchung entnommen. Der überwiegende Teil der Zellsuspension wurde in sterilen 24-Depot-Gewebekulturplatten in Kultur gehalten und zu verschiedenen Zeitpunkten bezüglich ihrer Fluoreszenz oder ihrer freigesetzten rhIL-2 - Menge (hier Ansätze von 0,5 x 106 Zellen in entsprechenden 500µl Medium) untersucht. Dazu wurden die Zellsuspension aus den Depots in sterile 12 ml Röhrchen überführt und die Zellen bei 100 x g zentrifugiert. Bei Kopplung von rhIL-2 an 42 2.Methodik _______________________________________________________________ Zellen wurden aus den Überstände das von den Konjugaten freigesetzten rhIL2 quantitative bestimmt. Bei FITC-OVA markierten Zellen wurde ein Aliquot der resuspendierten Zellen fluoreszenzmikroskopischen untersucht. Die Zellen wurden erneut in 1 ml DMEM-Gebrauchsmedium in die Depots der Gewebekulturplatten zurückgegeben. 2.2.5.4.2 Einführung von Heterokonjugaten an Zellen mittels ConA ConA-Moleküle wurden über kovalente Bindungen mit Fluoreszein-markiertem Protein bzw. IL-2 konjugiert. Bei der Inkubation von Zellen mit diesen Lösungen von Heterokonjagaten bindet die ConA - Komponente an Zuckerkomponenten der Glykokalyx der Zellen. Zur Kopplung von Protein an ConA wurden die Probenpools aus den Gelfiltrationen (s. 2.2.6) gemischt und sofort mit 25 µl einer 0,1M EDTA-Lösung pro Milliliter Gesamtansatz versetzt. Nach Konzentrierung mittels einer amicon Zelle (s. 2.2.4) auf weniger als 1/10 des Volumens der anschließend verwendeten Gelfiltrationssäule, wurde dieser Ansatz für 20 h bei 4°C inkubiert. Die Abtrennung des fertigen Konjugates von den unkonjugierten Edukten erfolgte durch Gelfiltration über eine Superose 12 prep - Säule (V = 98 ml). Die das Heterokonjugat enthaltenden Gipfelfraktionen wurden vereinigt und nach Sterilfiltration zu den Zellen gegeben. Nach 30 Minuten Inkubation bei 4°C wurden die Zellen von dem ungebundenen Konjugat durch Zentrifugation getrennt. Die weitere Aufarbeitung der Zellen erfolgte wie unter 2.2.5.4.1 beschrieben. 2.2.6 Gelfiltrations-Säulenchromatographie Im Rahmen der Arbeit wurden die Säulenchromatographien mit einem „Fast Protein Liquid Chromatography“ (FPLC) -Säule durchgeführt. Als Pufferlösung diente PBS (S. 2.6), das vor der Benutzung entgast und durch Membranfilter (Porengröße 0,22 µm) sterilfiltriert wurde. 43 2.Methodik _______________________________________________________________ Tabelle 1: Übersicht der verwendeten Säulenmaterialien und ihrer Anwendung Material Partikelgröße in µm Sephadex G-25 20 - 80 1-5 Sephadex G-25 20 - 80 1-5 8,5 bzw 120 Superose 12 prep grade 1 - 300 98 30 Fraktionierungsbereich in kD Gelbettvolumen in ml 28 Verwendung Trennung des fluoreszinmarkierten Proteins von FITC Trennung des aktivierten Proteins von Kopplungsprotein Trennung der Proteinkonjugate von unkonjugiertem Protein Die nach Vereinigung zum Probenpool vorliegenden Ansätze wurden gegebenenfalls konzentriert. Dazu wurden Produkte der Firma amicon verwendet (s. 2.2.3 und 2.2.4). 2.2.7 SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese zur Auftrennung von Proteinen Die Auftrennung der Proteine erfolgte unter denaturierenden Bedingungen in einer diskontinuierlichn SDS-Polyacrylamidelektrophorese nach der Methode von Laemmli (Laemmli, 1970). Die Elektrophoresen wurden in der Mini-Protean-Slab Cell-Apparatur der Firma BioRad durchgeführt. Die Trenngele hatten Dimensionen von 84 x 50 x 1,5 mm und besaßen eine Endkonzentration von 0,375 M Tris-HCl (pH 8,8) und 0,1% SDS. Das Sammelgel enthielt einen Anteil von 3 oder 5 Prozent an Polyacrylamid, mit einer Endkonzentration von 0,125 M Tris-HCl (pH 6,8) und 0,1% SDS. Die Wanderungsstrecke für die Proben durch das Sammelgel betrug 1 cm. Zum Gießen der x%igen Trenn- bzw. y%igen Sammelgele wurden folgende Ansätze (ausreichend für zwei 1,5 mm dicke Minigele) pipettiert: 44 2.Methodik _______________________________________________________________ Tabelle 2: Berechnung der einzusetzenden Mengen bei Bildung von Trenngel und Sammelgel x%iges Trenngel (15 ml) (11,25 - 0,5 x) ml 3,75 ml 0,5 x ml 150 µl 100 µl 10 µl y%iges Sammelgel (6 ml) H2O (4,37 - 0,2 y) ml 4xTrenngelpuffer 1,5 ml Acrylamidstammlsg. 0,2 y ml 10% SDS 60 µl 10% APS 60 µl TEMED 10 µl H2O 4xSammelgelpuffer Acrylamidstammlsg. 10% SDS 10% APS TEMED APS und TEMED wurden unmittelbar vor dem Gießen des Gels zugesetzt. Nach dem Gießen wurde das Trenngel vorsichtig mit Wasser überschichtet. Das überschichtete Wasser wurde abgegossen und verbliebenes Wasser durch dickes Filterpapier vollständig entfernt. Nun wurde das Sammelgel gegossen. Die Polymerisation war nach 15 min abgeschlossen. Der Kamm wurde unter Elektrophoresepuffer vorsichtig entfernt. Die Proteinproben wurden mit Laemmli-Probenpuffer versetzt, zum Denaturieren 5 min auf 95°C erhitzt und anschließend im Eisbad gekühlt. Die Elektrophorese erfolgte zunächst bei 100 V, während die Proben das Sammelgel durchwanderten, danach wurde die Elektrophorese bei 200 V bis zum Herauslaufen des Pyronin Y fortgesetzt. Der benutzte SDS-6H Marker (Sigma) lieferte 205, 116, 97, 66, 45, 29 kDaBanden entsprechend den Proteinen Myosin (Kaninchen), β-Galaktosidase (E.coli), Phosphorylase b (Kaninchen), BSA, Ovalbumin, Carboanhydrase. 2.2.8 Färben von Polyacrylamid-Gelen Das zu färbende Gel wurde 2-3 Minuten in Fixierungslösung und dann 5-10 Minuten in Coomassie Brilliant Blue - Färbelösung geschwenkt. Nach Überführen in Entfärbelösung wurde das Gel bis zum Erreichen des gewünschten Kontrastes (über Nacht oder länger) in dieser Lösung geschwenkt. 45 2.Methodik _______________________________________________________________ 2.2.9 CTLL-2-Proliferationstest Bei den CTLL-2-Zellen handelt es sich um eine Linie in vitro-proliferierender muriner zytotoxischer T-Lymphozyten, die durch IL-2 zur Proliferation angeregt werden können (s. Abb. 1). Maus-Lymphozyten lassen sich von humanem IL-2 stimulieren, obwohl nur etwa 60% strukturelle Homologie zwischen murinem IL2 und humanem IL-2 besteht (Thomas, 1994). Die Proliferationsaktivität und das Überleben der CTLL-2-Zellen ist abhängig von der IL-2 - Konzentration in dem die Zellen umgebendem Medium. Wird jeweils eine bestimmte Anzahl von CTLL-2-Zellen in Medien mit unterschiedlichem rhIL-2-Konzentrationen eine bestimmt Zeit lang kultiviert, ist die Anzahl vitaler Zellen nach Ablauf der Zeit direkt proportional zur jeweiligen rhIL-2 - Konzentration in den Kulturgefäßen. Die Anzahl lebender Zellen wird indirekt über die Bestimmung der Stoffwechselaktivität des Ansatzes ermittelt, indem der Zellsuspension eine Lösung des gelben Tetrazoliumsalzes di-Methyl-thiazolyl-diphenyltetrazolium-bromid (MTT) zugesetzt. Das MTT gelangt passiv über die Zellmembran in die Zellen und wird in den Mitochondrien lebender Zellen umgesetzt. Dehydrogenasen in den Organellen reduzieren das Tertrazoliumsalz. Es entsteht ein blaues wasserunlösliches Formazan, das sich in den lebenden Zellen anreichert. Die Menge an Formazan, die in einer CTLL-2-Suspension innerhalb eines bestimmten Zeitraumes gebildet wird, ist proportional zur absoluten Zahl der lebenden Zellen. Durch Zugabe einer Lösung aus SDS in HCl werden die Zellen lysiert und das freigesetzte Formazan löst sich. Die Extinktion der blauen Lösung wird bei einer Wellenlänge von 550 nm bestimmt. Sie ist proportional zur Anzahl der lebenden Zellen im Ansatz, die wiederum proportional ist zur Konzentration an biologisch wirksamen IL-2 im Medium, in dem die Zellen zuvor inkubiert worden sind. Durch Einsetzen von Proben einer Verdünnungsreihe aus einer rhIL-2Standardlösung in den Test kann durch die Messung der Extinktion des Formazans die rhIL-2-Konzentration unbekannter Lösungen ermittelt werden. In diesem Testverfahren ist die selektive Bestimmung von biologisch aktiven rhIL2-Molekülen möglich Bei der Durchführung wurden die zu untersuchenden Proben und die als Standard dienende rhIL-2 Lösung mit einem rhIL-2-Gehalt von 100U/ml in 46 2.Methodik _______________________________________________________________ RPMI-Gebrauchsmedium verdünnt (Proben: 1:3, 1:10, 1:30 etc.; Standard: 090 U/ml). Jede Verdünnung wurde dreifach in den Depots einer sterilen 96Depot-Gewebekultur angesetzt, wobei das Gesamtvolumen eines Verdünnungsansatzes jeweils 90 µl betrug. Mit Ausnahme von 3 - 6 Depots, die 100 µl Gebrauchsmedium enthielten (Kontrolle für unspezifischen MTT-Umsatz), wurden in jedes Depot 20000 Zellen in 10 µl RPMI-Gebrauchsmedium gegeben. Nach 48 h Inkubation der Ansätze im Brutschrank bei 37°C, 5% CO2 und 98% relativer Luftfeuchtigkeit wurden pro Depot 10 µl der MTT-Lösung zugegeben. Nach weiteren vier Stunden Inkubation, wurden die Ansätzen mit jeweils 100 µl einer 10%igen SDS -Lösung versetzt und diese noch einmal über Nacht bei Raumtemperatur oder 37°C inkubiert. Dann wurde die Extinktion der Formazanlösungen in den Depots bei 550 nm im Acht-Kanal-Photometer gemessen. 2.2.10 Arbeiten am FACScan In dieser Arbeit konnten verschiedene mit FITC-markierte Zellen unter zu Hilfenahme der Durchflußzytometrie charakterisiert werden. Dabei werden mit Hilfe eines optischen Meßsystems die Streulicht- und Fluoreszenzsignale einzelner in einem Flüssigkeitsstrom fokussierter Partikel analysiert. Der Schwerpunkt der Messung liegt dabei nicht bei der Zählung von Zellen, sondern bei der analytischen Charakterisierung heterogener Zellsysteme. Zur Untersuchung mittels FACScan wurde OVA-FITC an Zellen gekoppelt. Dazu wurden Zellsuspensionen mit einer Konzentration von 1 x 106 Zellen / ml hergestellt. Untersucht wurden jeweils Proben von Zellen mit Kopplungprodukt aus ConA / SAMBA und OVA-FITC / MHS und Zellen / SAMBA mit OVA-FITC / MHS (s. 2.2.5). 47 3.Ergebnisse _______________________________________________________________ 3. ERGEBNISSE Ziel der vorliegenden Doktorarbeit war es, zu untersuchen, ob rekombinantes humanes Interleukin-2 (rhIL-2) mittels heterobifunktioneller Linker an Tumorzellen gebunden werden kann. Zum Erreichen dieses Ziels sollte rhIL-2 über Thioether- bzw. Disulfidbindung kovalent an Zellen gebunden werden. Zusätzlich sollten Konjugate aus rhIL-2 und Tumorzellen hergestellt werden, ohne - wie bei der direkten kovalenten Kopplung - die Membranproteine zu modifizieren. Mittels dieser Versuchsansätze wird verhindert, daß durch die Manipulation der Membranproteine ihre potentiellen tumorassoziierten Transplantatantigene zerstört werden. Dazu sollten aus dem Lektin ConcanavalinA (ConA) und aus rhIL-2 wiederum mittels heterobifuntioneller Linker Heterokonjugate erstellt werden, die in der Lage sein sollten, über den Lektinanteil direkt an Strukturen der Glykokalix von Zellen zu binden und rhIL-2 freizusetzen. Schließlich sollte die Freisetzung von biologisch aktivem IL-2 über einen Zeitraum von mehrern Wochen nach Kopplung an einem der verschiedenen Ansätze gezeigt werden. In den zunächst durchgeführten Vorversuchen diente mit Fluoresceinisothiocyanat markiertes Ovalbumin als Modellsubstanz für das rhIL-2. - Im ersten Abschnitt ist die Einführung reaktiver Gruppen in Proteine beschrieben (3.1). - Der zweite Abschnitt enthält die bei der Herstellung der Konjugate von OVAFITC an Tumorzellen erzielten Ergebnisse (3.2), einschließlich der Charakterisierung mittels Durchflußzytometrie (3.2.3). - Die Ergebnisse, die bei der Kopplung von IL-2 an Tumorzellen erzielt wurden, werden im dritten Abschnitt beschrieben (3.3). 48 3.Ergebnisse _______________________________________________________________ 3.1 Einführung reaktiver Gruppen in Proteine 3.1.1 Modifizierung von OVA mit FITC bzw. TRITC In Vorversuchen wurde Ovalbumin-FITC bzw. -TRITC als Modellsubstanz für das später einzusetzende rhIL-2 verwendet. Durch den fluoreszierenden Anteil konnten zellgebundene Heterokonjugate mit Hilfe der Fluoreszenzmikroskopie nachgewiesen werden. Nach Fluoreszein-Markierung von OVA mit Hilfe von Fluoreszeinisothiocyanat (FITC) und Tetramethylrhodamine B Isothiocyanat (TRITC) (s. 2.2.2) wurde durch fotometrische Messungen der Protein- und Fluoreszeinkonzentrationen der molare Fluoreszein/Protein-Quotient (F/P-Quotient) und die Proteinkonzentration bestimmt (s. 2.2.3). Die ermittelten molaren F/P-Quotienten lagen im Bereich von 1,9 : 1 bis 3,0 :1 für FITC-markiertes OVA. Für TRITC-markiertes OVA wurde ein Quotient von 1,4 :1 bestimmt. 3.1.2 Modifizierung von OVA-FITC (bzw. IL-2) mit MHS Mit Hilfe des heterobifunktionellen Linkerreagenzes MHS wurden MaleimidGruppen in Fluoreszein-OVA- Moleküle eingeführt (s. 2.2.5.3). Die Elutionsprofile (s. Abb. 7), die bei der Abtrennung des aktivierten Proteins vom Überschuß an Linkerreagenz durch Gelfiltration über eine Sephadex G 25-Säule (32 ml) aufgezeichnet wurden, zeigten bei einer Wellenlänge von 280 nm zwei Maxima. Das erste entsprach dem mit MHS aktivierten OVA-FITC, das zweite dem bei der Acylierungsreaktion freiwerdenden NHS. Da MHS bei einer Wellenlänge von 280 nm keine Absorption zeigte, konnten die Elution des unverbrauchten Reagenzes bei dieser Wellenlänge nicht verfolgt werden. Bei Reaktion von IL-2 und MHS, ergab sich ein ähnliches Elutionsprofil (s. Abb. 8). Das höhere zweite Maximum kam durch den Überschuß an MHS und dadurch gebildeten NHS zustande. Die Fraktionen, die nach der OD-Messung nur das Kopplungsprodukt enthielten, wurden vereinigt. Es handelte sich dabei um ein Poolvolumen von 2 - 17 ml. 49 3.Ergebnisse _______________________________________________________________ OD280 2 1,5 1 0,5 0 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 Durchflußvolumen [ml] Abb. 7: Repräsentatives Elutionsprofil, das bei der Abtrennung des MHS bzw. des entstandenen NHS vom modifizierten OVA-FITC aufgezeichnet wurde OD280 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 Durchflußvolumen [ml] Abb. 8: Repräsentatives Elutionsprofil, das bei der Abtrennung des MHS bzw. des entstandenen NHS vom modifizierten IL-2 aufgezeichnet wurde 50 3.Ergebnisse _______________________________________________________________ 3.1.3 Modifizierung von OVA-FITC mit SPDP Mit Hilfe des heterobifunktionellen Linkerreagenzes SPDP wurden Pyridyldisulfid -Gruppen in OVA- Fluoreszein Moleküle eingeführt. Das Elutionsprofil (s. Abb. 9), das bei der Abtrennung des aktivierten Proteins vom Überschuß an Linkerreagenzien durch Gelfiltration über eine Sephadex G 25-Säule (V = 120 ml) aufgezeichnet wurde, zeigte bei einer Wellenlänge von 280 nm mehrere Maxima. Das erste entsprach dem Kopplungsprodukt, das im Ausschußvolumen der Säule aufgrund seiner Größe zu finden war. Weitere Maxima wurden verursacht durch überschüssiges SPDP. OD280 1 0 ,8 0 ,6 0 ,4 0 ,2 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 10 0 110 12 0 13 0 14 0 15 0 16 0 17 0 18 0 19 0 2 0 0 Durchflußvolumen [ml] Abb. 9: Repräsentatives Elutionsprofil, das bei der Abtrennung des überschüssigen SPDP vom modifizierten OVA-FITC aufgezeichnet wurde. 3.1.4 Modifizierung von ConA mit SAMBA Mit Hilfe des heterobifunktionellen Linkerreagenzes SAMBA wurden in ConAMoleküle SH-Gruppen eingeführt (s. 2.2.5.1). Nach Inkubation und Aktivierung 51 3.Ergebnisse _______________________________________________________________ mittels Hydroxylamin und EDTA erfolgte die Fraktionierung des Kopplungsansatzes mittels FPLC über eine Sephadex G25 - Säule (32ml). Das Elutionsprofil zeigte bei einer Wellenlänge von 280 nm zwei Maxima (s. Abb. 10). Das erste, hohe Maximum (19 ml) lag im Ausschlußvolumen der Säule, das zweite, niedrigere Maximum lag bei etwa 35 ml. Das modifizierte ConA war in den Fraktionen des ersten Maximums enthalten. 0,8 OD280 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 Durchflußvolumen [ml] Abb. 10: Repräsentatives Elutionsprofil das bei der Abtrennung des überschüssigen SAMBA vom modifizierten ConA aufgezeichnet wurde. 3.2 Untersuchungen zur Kopplung von Proteinenen an Tumorzelllen 3.2.1 Kovalente Kopplung von modifiziertem OVA-FITC an reaktive Zellen An die mit SH-Guppen versehenen Zellen (s. 2.2.5.1) wurde entweder über eine Thioetherbindung oder über eine Disulfidbrücke, das entsprechend modifizierte Protein gebunden (s. 2.2.5.4). 52 3.Ergebnisse _______________________________________________________________ 3.2.1.1 Kopplung von MHS-modifiziertem OVA-FITC an mittels SAMBA aktivierte Zellen Bei der Kopplung über Thioetherbindung, wurden verschiedene Ansätze getestet. Tabelle 3: Probennummer 1 2 3 4 5 6 7 8 9 FITC-OVA + + + + - + + + + - - - - + + + + + - + - + + - + - 2 mg (in 1ml H2O) Iodacetat 7,6 mg (in 1ml H2O) PBS (2 ml) (3ml) + (3ml) + - + - - + - + - 1h Inkubation, Fraktionierung über FPLC + - + - - + - + - Tumorzellen + + + + + + + + + SAMBA + + - - - + + - - + + + + + + + + + +++ (+) - - - +++ (+) - - MHS (0,5 mg in 30 µl DMF) 1x106 in 1ml PBS (12 mg in 50µl DMF) 1h Inkubation, Zentrifugation, Zugabe von EDTA und Hydroxylamin Auswertung am Fluoreszenzmikroskop Bei der Auswertung zeigte sich bei den Proben 1 und 6 eine deutliche und gleichmäßige Markierung der Zellen. Auch bei den Proben 2 und 7 wurden Zellen mit FITC markiert. Im Gegensatz zu den Proben 1 und 6 wurde hier allerdings keine gleichmäßige Markierung beobachtet. Auch war insgesamt die Fluoreszenzintensität um ein Vielfaches geringer. Des weiteren zeigte sich bei der mikroskopischen Auswertung kein Unterschied zwischen den Ansätzen mit bzw. ohne Iodacetat, deshalb wurde in den weitern Versuchen auf die Zugabe von Iodacetat verzichtet. 53 3.Ergebnisse _______________________________________________________________ In verschiedenen Versuchsansätzen wurde die optimale Konzentration an MHS (s. 2.2.5.3) und SAMBA (s. 2.2.5.1) untersucht. Zudem wurde das alternative Kopplungsprodukt OVA-TRITC im Vergleich zum OVA-FITC getestet (s. 2.2.2). 3.2.1.1.1 Auswirkung der MHS-Konzentration auf die Kopplung von MHS behandeltem OVA-FITC an SH-Gruppen-tragende Zellen Zur Bestimmung einer optimalen Konzentration des eingesetzten MHS wurde eine Verdünnungsreihe erstellt. Die Ausgangskonzentration an MHS entsprach (nach der Arbeit von Ishikawa et al.,1983) einem 25-fachen molaren Überschuß zum OVA-FITC (s. 2.2.5.3). Untersucht wurden ein 50 -, 75 - und 100-facher Überschuß an MHS. Bei allen Versuchsansätzen zeigte sich in der fluoreszenzmikroskopischen Untersuchung eine gleichmäßige und intensive Fluoreszenz der präparierten Zellen mit deutlicher Randsaumbetonung. Bei der Negativkontrolle (keine Zugabe von MHS) zeigte sich nur eine schwache Fluoreszenz der Zellen bei relativ hohem Hintergrund. Auffallend war zudem die mangelnde Einheitlichkeit der Färbung bei diesem Versuchsansatz (s. Tabelle 3). 3.2.1.1.2 Auswirkung der SAMBA-Konzentration auf die Kopplung von MHSbehandeltem OVA-FITC an SH-Gruppen-tragende Zellen Für die Reaktion wurde die optimale Konzentration an SAMBA ermittelt. Dazu wurden zu 1x106 Zellen 50 µl SAMBA mit einer Konzentration von 2,4 mg/ml bis 2,4 x 10-3 mg/ml gegeben. Die in der Literatur vorgeschlagene Menge betrug 0,24 mg SAMBA in 100µl Dimethylformamid (DMF) zu 1 x 106 Zellen (Ishikawa et al., 1983). Die von Reimer (1994) genutzte Konzentration betrug 24 mg SAMBA in 100µl DMF zu 1 x 106 Zellen. Bei der fluoreszenzmikroskopischen Auswertung zeigte sich, daß mit abnehmender SAMBA-Konzentration, die Zellen unregelmäßiger markiert wurden und der Anteil an Zellfragmenten erheblich zunahm. 54 3.Ergebnisse _______________________________________________________________ 3, 14 und 28 Tage nach der Kopplung wurde ein Aliquot der Zellen entnommen und nach Zentrifugation und Waschen mit PBS erneut mikroskopisch untersucht. Bei diesen Untersuchungen zeigte sich, daß mit abnehmender SAMBA Konzentration der Anteil an Zelltrümmern im Vergleich zur Gesamtzellzahl zunahm, je weiter die Kopplung zurücklag. Im Gegensatz zu den geringen Konzentrationen, nahm bei dem Ansatz mit 24 mg SAMBA pro 1 x 106 Zellen der Anteil der markierten Zellen weniger schnell ab. Außerdem erschienen diese Zellen weiterhin intakt. Bei weiteren Versuchen zeigte die fluoreszenzmikroskopische Auswertung eines entsprechenden Ansatzes nach 8 Wochen einige Zellen mit nur noch geringer Rate an Fluoreszenz und einen hohen Anteil an weiterhin gut fluoreszierenden Zellen. Abb. 11: Repräsentative mikrofotografische Wiedergabe der mit dem Fluoreszenzmikroskop bei 40 x 10-facher Vergrößerung betrachteten Zellpräparation bei 50-fachem molaren Überschuß an MHS und 24 mg SAMBA pro 1x106 Zellen 55 3.Ergebnisse _______________________________________________________________ 3.2.1.1.3 Kopplung von Maleimid-Gruppen-tragendem OVA-TRITC an SHGruppen-tragende Zellen Die Bindung von TRITC an Ovalbumin erfolgte entsprechend der Kopplung von FITC an Ovalbumin (s. 2.2.2). Die Kopplung des OVA-TRITC an Zellen über eine Thioetherbindung wurden nach der o.g. Vorschrift durchgeführt (s. 2.2.5.3). Anstelle des genannten OVA-FITC wurde OVA-TRITC als Kopplungsedukt eingesetzt. Die fluoreszenzmikroskopische Untersuchung zeigte, daß die Kopplung auch hier erfolgreich war. Allerdings war die Floureszenz so schwach, daß eine mikrofotografische Dokumentation nicht möglich war. 3.2.1.2 Kopplung von SPDP-modifiziertem OVA-FITC an mittels SAMBA aktivierte Zellen Für diese Kopplung wurden nach Herstellung des mit SH-Gruppen modifizierten OVA-FITC (s. 2.2.5.2) und nachfolgender Gelfiltration (s. 2.2.6), die vereinigten Fraktionen sterilfiltriert und zu den mit SH-Gruppen modifizierten Zellen gegeben (s. 2.2.5.1). Dabei wurden zwei verschiedene Konzentrationen an SAMBA (24 mg bzw. 0,24 mg SAMBA zu jeweils 1 x 106 Zellen) getestet. Bei der fluoreszenzmikroskopischen Auswertung konnten bei beiden Konzentrationen viele fädige Strukturen, die stark fluoreszierten beobachtet werden. Bei der hohen SAMBA-Konzentration waren diese Strukturen besonders zahlreich und die Zellen waren einheitlich stark markiert. Bei der niedrigen Konzentration konnten weniger der oben beschriebenen Strukturen beobachtet werden. Zudem war eine weniger einheitliche Markierung der Zellen zu sehen. Nach vier Tagen waren bei hoher Konzentration viele fluoreszierende Zelltrümmer zu sehen und der Anteil an intakten Zellen war geringer. Auch bei der niedrigeren Konzentration konnte eine Vielzahl an Trümmern und fluoreszierenden fädigen Strukturen beobachtet werden, aber der Anteil an intakten markierten Zellen war höher. 56 3.Ergebnisse _______________________________________________________________ Abb. 12: Mikrofotografische Wiedergabe der mit dem Fluoreszenzmikroskop bei 40 x 10-facher Vergrößerung betrachteten Zellpräparation nach Reaktion von OVA-FITC und SPDP und Kopplung an mit SH-Gruppen (SAMBA, 24 mg/100 µl) versehenen Zellen. 3.2.2 Kopplung von ConA an OVA-FITC über verschiedene heterobifunktionelle Linker und Adhäsion an Zellen Am Anfang dieser Versuchsreihe standen Versuche, in denen ConA-FITC ohne Einführung von heterobifunktionellen Linkern zu den Zellen gegeben (zu 1 x 106 Zellen 0,2 mg bzw. 0,4 mg ConA-FITC) wurde, um eine Kopplung von ConA an Zellen nachzuweisen. Nach Inkubation und dreimaligem Waschen wurden die Zellen lichtmikroskopisch untersucht. Dabei zeigten sich im Durchlicht viele Zellhaufen. Die fluoreszenzmikroskopische Aufnahme war nur bedingt auswertbar. Es konnten neben markierten Zellen, viele unmarkierte Zellen und eine große Anzahl teilweise 57 3.Ergebnisse _______________________________________________________________ markierter Zelltrümmer beobachtet werden. Die Fluoreszenzrate pro Zelle war geringer als bei den unter 3.2.1 beschriebenen Ansätzen. Am 3. und 7. Tage nach der Kopplung wurde ein Aliquot der Zellen entnommen und nach Zentrifugation und Waschen mit PBS erneut mikroskopisch untersucht. Dabei konnte ein weiteres Abnehmen der Fluoreszenz beobachtet werden. Da die Kopplung prinzipiell erfolgreich war, sollte in den nächsten Schritten dieser Versuchsansatz optimiert werden. Dazu sollten OVA-FITC-Moleküle, die mit MHS oder SPDP, und ConA-Moleküle, die mit SAMBA modifiziert worden waren, miteinander reagieren. Das heißt, es sollten Heterokonjugate entstehen, in denen die beiden Proteine über Thioetherbindungen (3.2.2.1) bzw. über Disulfidbindungen (3.2.2.2) kovalent verknüpft waren. Anschließend erfolgte die Kopplung dieser Produkte an Zellen, wobei die starken adhäsiven Kräfte zwischen ConA und Zellwänden ausgenutzt wurden. 3.2.2.1 SAMBA-ConA / OVA-FITC - MHS an Zellen Nach Abtrennung des aktivierten Proteins vom Überschuß an Linkerreagenz durch Gelfiltration (s. 3.1.2 und 3.1.4) wurden die Ansätze vermischt, mit EDTA versetzt und nach Konzentration inkubiert. Die Abtrennung der ungekoppelten Edukte erfolgte über eine Superose 12 prep - Säule (98 ml). Das bei der Fraktionierung des Kopplungsgemisches aufgezeichnete Elutionsprofil (s. Abb. 13), zeigte drei Maxima. Das erste Maximum war deutlich ausgebildet und lag bei einem Elutionsvolumen von 34 ml. Die Proteine in diesen Fraktionen besaßen apparente relative Molekülmassen von über 300 kDa, entsprechend dem Ausschlußvolumen der verwendeten Superose 12 prep -Säule. Das Kopplungsprodukt wurde dementsprechend in diesen Fraktionen erwartet. Ungekoppeltes OVA-FITC - MHS bzw. ConA-SAMBA war in dem unten gezeigten Elutionsprofil mit der gewählten Auflösung nicht mehr nachweisbar. 58 3.Ergebnisse _______________________________________________________________ OD280 1,2 1 0,8 0,6 0,4 0,2 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Durchflußvolumen [ml] Abb. 13: Repräsentatives Elutionsprofil, das bei der Abtrennung des OVA-FITC - MHS bzw. des ConA-SAMBA vom Kopplungsprodukt aufgezeichnet wurde Abb. 14: Mikrofotografische Wiedergabe der mit dem Fluoreszenzmikroskop bei 40 x 10-facher Vergrößerung betrachteten Zellpräparation nach Kopplung von SAMBA-ConA / OVA-FITC MHS und Adhäsion an Zellen 59 3.Ergebnisse _______________________________________________________________ Die fluoreszenzmikroskopischen Bilder zeigten eine deutlich schwächere Floureszenz als bei direkter kovalenter Kopplung von OVA-FITC über Thioetherbindung an die Tumorzellen. Deutlich wurde auch der stärker ausgeprägte Randsaum und die verminderte Internalisierung. Weiterhin fiel auf, daß der Anteil von Zellhaufen bei den Versuchsansätzen mit ConA zugenommen hatte. 3.2.2.2 SAMBA-ConA + OVA-FITC - SPDP an Zellen Entsprechend der Kopplung von MHS-aktiviertem OVA-FITC an SAMBA-ConA, wurden auch bei diesen Ansätzen nach Abtrennung des aktivierten Proteins vom Überschuß an Linkerreagenz durch Gelfiltration (s. 3.1.3 und 3.1.4), die Ansätze gemischt, mit EDTA versetzt und konzentriert. Dabei konnte schon beim Mischen der beiden Ansätze eine Ausfällung von gelben fädigen Strukturen und eine gelbe Anfärbung des Filters bei Konzentrierung beobachtet werden. Das nach Konzentrierung und Inkubation erhaltene Produkt, wurde vor dem Auftragen auf die Säule filtriert und zur Abtrennung von den ungekoppelten Edukte über eine Superose 12 prep - Säule (98ml) gegeben. Bei der Fraktionierung des Kopplungsgemisches ergab sich das u.g. Elutionsprofil (s. Abb. 15). OD 280 1 0,8 0,6 0,4 0,2 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Durchflußvolumen [ml] Abb. 15: Elutionsprofil, das bei der Abtrennung des OVA-FITC - SPDP bzw. des ConA-SAMBA vom Kopplungsprodukt aufgezeichnet wurde. 60 3.Ergebnisse _______________________________________________________________ Bei den Fraktionen, in denen das Kopplungsprodukt erwartet wurde (Teil des Ausschlußvolumens bei 40 ml), zeigte sich nur ein Elutions-Maximum von geringer Intensität. Die entsprechenden Fraktionen wurden vereinigt und mit Zellen inkubiert (s. 2.2.5.4.2). Die fluoreszenmikroskopische Auswertung zeigte am Tag der Kopplung Zellen, die zum überwiegenden Teil nicht markiert waren. Nach 8 Tagen war auch diese schwache Markierung nicht mehr zu beobachten. 3.2.3 Untersuchung verschiedener Kopplungsprodukte von OVAFITC an Zellen mit Hilfe des FACScans Die Untersuchung von Zellsuspensionen mittels FACScan ermöglicht eine Aussage bezüglich der Fluoreszenzintensität der mit OVA-FITC gekoppelten Zellen. Untersucht wurden jeweils Proben von ungekoppelten Zellen, von Zellen, an die mittels Adäsionskräfte OVA-FITC gekoppelt worden war (s. 3.2.2.1) und von Zellen, bei denen die Bindung von OVA-FITC kovalent erzeugt worden war (s. 3.2.1.1). Das Histogramm (s. Abb. 16) zeigte drei Peaks, die den ungekoppelten und den wie oben beschrieben gekoppelten Zellen entsprachen. Die Histogrammstatistik der einzelnen Peaks ergab eine mittlere Fluoreszenz-intensität von 3,74 bei den ungekoppelten Zellen, 722,32 bei den über Adhäsionskräfte gekoppelten Zellen und von 7336,53 bei den kovalent veränderten Zellen. 61 3.Ergebnisse _______________________________________________________________ Abb. 16: Histogramm der FACScan-Untersuchung von ungekoppelten Zellen (X63AG8.653.001), OVA-FITC - Kopplung an Zellen mittels Adhäsion über ConA (X63AG8.653.002) und OVA-FITC - Kopplung an Zellen über kovalente Bindung (X63AG8.653.003) 3.3 Untersuchungen zur Kopplung von IL-2 an Tumorzellen 3.3.1 Reaktion von MHS mit IL-2 und Kopplung an SAMBA-behandelte Zellen Für die Verwendung der rhIL-2-Tumorzell-Konjugate als Tumorvakzine ist es wesentlich, daß die biologische Aktivität des rhIL-2 nach Modifizierung mit MHS und nach Kopplung an die Tumorzellen zumindest teilweise erhalten bleibt. Im Rahmen dieser Doktorarbeit wurde mit Hilfe des CTLL-2-Proliferationstests untersucht, inwieweit die IL-2 gekoppelten Zellen während der nachfolgenden mehrwöchigen Inkubation biologisch aktives IL-2 abgaben. 62 3.Ergebnisse _______________________________________________________________ Aufgrund der vorigen Ergebnisse wurde entschieden, daß dieser Test im Rahmen der vorliegenden Doktorarbeit nur an einem Kopplungsprodukt durchgeführt werden sollte. Dazu wurde der Ansatz ausgewählt, bei dem das Produkt aus der Reaktion von IL-2 mit MHS an mit SAMBA modifizierte Zellen gekop-pelt wurden. 3.3.1.1 Bestimmung der IL-2 - Konzentration Mittels CTLL-2-Proliferationstest (s. 2.2.9) wurde zu verschiedenen Zeitpunkten nach der o.g. Kopplung von IL-2 an Tumorzellen die Menge an freigesetztem biologisch aktivem IL-2 bestimmt. Es wurden zwei Ansätze mit unterschiedlicher SAMBA-Konzentrationen (6 mg bzw 0,06 mg zu jeweils 0,5 x 106 Zellen) präpariert. Die Zellen wurden nach der Kopplung und den nachfolgenden Waschschritten (s. 2.2.5.4.1), in jeweils 500µl Medium aufgenommen. Zur Bestimmung der IL-2 - Konzentration wurden die Zellen zentrifugiert, in Puffer gewaschen und in 500 µl DMEM-Medium resuspendiert. Für den CTLL-2-Proliferationstest wurde vom Überstand eine Verdünnungsreihe erstellt. In Abbildung 17 sind die mit Hilfe des CTLL-2-Proliferationstests ermittelten prozentualen biologischen Aktivitäten des in den Überständen befindlichen rhIL-2, bezogen auf die biologische Aktivität von nicht modifiziertem rhIL-2 (100%) zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach Kopplung dargestellt. 63 3.Ergebnisse _______________________________________________________________ IL-2 [%] 100 80 60 1:10 1:1000 40 20 Ausgangswert 22 .2 . 8. 2. 18 .1 . 11 .1 . 23 .1 2. 16 .1 2. 12 .1 2. 0 Datum Abb. 17: Prozentuale biologische Aktivitäten des in den Überständen befindlichen rhIL-2 bezogen auf die biologische Aktivität von nicht modifiziertem rhIL-2 (100%) zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach Kopplung Wie aus dem Diagramm zu entnehmen ist, kam es in einem Zeitrahmen von 6 Wochen zu einer sukzessiven Abnahme der Konzentration an aktivem Interleukin im Überstand der Zellkultur. Die Werte gingen von 140 IE/ml auf mit der verwendeten Methode nicht mehr meßbare Werte zurück. 3.3.2 Reaktion von SPDP mit IL-2 Entsprechend der o.g. (s. 3.2.1.2) Kopplung von SPDP-modifiziertem OVAFITC an mittels SAMBA aktivierte Zellen, sollte ein Kopplungsprodukt mit IL-2 erstellt werden. Dazu wurde IL-2 und SPDP unter Schütteln inkubiert (s. 2.2.5.2). Zur Abtrennung ungekoppelter Moleküle vom Kopplungsprodukt sollte die sterilfiltrierte Lösung mittels Gelfiltration fraktioniert werden. Dabei wurde beobachtet, daß bei der Inkubation von IL-2 und SPDP fädige, weiße Strukturen entstanden. Bei 64 3.Ergebnisse _______________________________________________________________ Gelfiltration der sterilfiltrierten Lösung konnte kein eindeutiger Peak im Ausschußvolumen ermittelt werden. Es stand damit kein SH-Gruppen - tragendes IL-2 zur Verfügung, das zur Kopplung an die vorbereiteten Zellen genutzt werden konnte. Ein Aliqout des nicht-filtrierten Kopplungsproduktes wurde mittels SDS-PAGE fraktioniert und untersucht. 3.3.2.1 Untersuchung der IL-2 - SPDP-Kopplungsprodukte mittels SDSPAGE Zur Untersuchung der IL-2 - SPDP-Kopplungsprodukte wurden Aliquots des Produktes für die SDS-PAGE vorbereitet. Es wurden Proben (Ausgangskonzentration 0,9 µg IL-2/µl Lösung) mit 8 µl und 12 µl des gekoppelten Ansatzes und mit 4 µl (= 4 µg) des ungekoppelten IL-2 ohne Zusatz von DTT vorbereitet. Zusätzlich wurden 10µl des gekoppelten Ansatzes mit DTThaltigem Probenpuffer versehen, aufgekocht und aufgetragen. Abb. 18: Analyse der IL-2 - SPDP-Kopplungsprodukte durch SDS-PAGE und anschließende Färbung des Gels mit Coomassie Brilliant Blue. Der Pfeil in der Spur 4 markiert das Interleukin-2 - Dimer. Spur 1 und 2: nicht denaturierte Ansätze, Spur 3 unverändertes Interleukin-2 als Kontrolle, Spur 5 Molekulargewichtsmarker. 65 3.Ergebnisse _______________________________________________________________ Das Coomassie-blue - gefärbte Gel zeigte in den nicht-denaturierten Ansätzen (Spuren 1 und 2) Banden, die dem Interleukin-Monomer, -Trimer und -Tetramer entsprechen könnten. Im denaturierten Ansatz (Spur 4) war neben dem Interleukin-Monomer nur noch eine schwächer ausgeprägte Bande, die dem Interleukin-Dimer entsprechen könnte, zu sehen. In allen Spuren war etwa auf der Höhe von 25 kD eine scharf begrenzte Bande zu sehen, die als ein Artefakt betrachtet werden muß. 66 4.Diskussion _______________________________________________________________ 4. DISKUSSION Ziel der vorliegenden Arbeit war es, eine Tumorvakzine herzustellen, die aus Tumorzellen besteht, an die rekombinantes humanes IL-2 gekoppelt worden ist. Diese Versuche sind im Rahmen von Therapieansätzen zu sehen, bei denen Patienten mit Nierenzellkarzinom mit/gegen autologe Tumorzellen vakziniert werden. Die hier angewendete Methode (Aktive Spezifische Immunisierung) beruht auf Arbeiten von Cassel et al. (1983) und Schirrmacher et al. (1989). Bei diesem Ansatz werden die intakten, lebenden Tumorzellen, die durch enzymatische Desintegration des Primärtumorgewebes eines Patienten gewonnen werden, mit einem human-apathogenen Virus, dem Hühner-pathogenen Newcastle-Disease-Virus, inkubiert. Die derart behandelten Tumorzellen werden dann durch ionisierende Strahlung (100 Gy) abgetötet und dem Patienten zur Vakzinierung intradermal appliziert. Das Virus bindet über Hämagglutinin-Neurominidase und ein Fusionsprotein an Rezeptoren der Tumorzell-Oberfläche und verfremdet (xenogenisiert) sie dadurch. Zusätzlich hat das Virus eine stark immunmodulatorische Wirkung. Das hat zur Folge, daß Zellen des Immunsystems zunächst Antigene des Virus als fremd erkennen und eine Immunantwort gegen diese einleiten (second signal theory). Es wird davon ausgegangen, daß im so stimulierten Immunsystem dann auch eine Immunantwort gegen die Tumorzelle selbst ausgelöst wird. Die Wirksamkeit dieses Konzeptes der aktiven spezifischen Immunisierung beim Menschen konnte u.a. von der Arbeitsgruppe Falkenberg nachgewiesen werden (Hinkel, 1995; Repmann et al., 1997). Zur weiteren Stimulation der Immunantwort wird rhIL-2 eingesetzt (Rosenberg et al., 1987), indem das Zytokin lokal, zusammen mit den abgetöteten autologen, NDV-beladenen Tumorzellen injiziert wird. Von Pomer konnte gezeigt werden, daß Patienten mit Nierenzellkarzinom auf eine Tumorvakzine, die mit IL-2 zusammen verabreicht wird, mit einer verstärkten Hautreaktion antworten 67 4.Diskussion _______________________________________________________________ (Pomer et al.,1995). Diese Hautreaktion wird als delayed type hypersensitivityReaktion (DTH) bezeichnet. Sie entsteht dadurch, daß bei der intradermalen Applikation der Vakzine, an der Einstichstelle in wenigen Stunden eine Entzündungsreaktion zu beobachten ist. Diese Hautreaktion wird von T-Lymphozyten ausgelöst, die gegen den Tumor sensibilisiert sind und bei erneutem Kontakt mit ihrem Antigen Zytokine ausschütten, damit andere Zellen, insbesondere zytotoxische T-Zellen, rekrutieren und aktivieren. Die DTH gilt daher als Maß für die zelluläre Immunreaktion auf die autologe Tumorzellvakzine. (ZangemeisterWittke et al., 1989) Die Beseitigung vitaler Tumorzellen ist ein Prozeß, der durch tumorspezifische CTL-Lymphozyten vermittelt wird. IL-2, in der Regel von aktivierten TH-Lymphozyten sezerniert (s. Abb. 1), ist ein Proliferations-Signal für tumorspezifische TCLymphozyten. Vakzinen, die rhIL-2 und bestrahlte Tumorzellen enthalten, sollten demnach besonders geeignet sein, eine protektive Tumor-Immunität bei den Empfängern zu erzeugen. Freies rhIL-2 besitzt nach der Injektion nur eine sehr geringe Halbwertzeit. Die kleinen Zytokinmoleküle diffundieren von der Injektionsstelle weg in das umliegende Gewebe, werden in den Körperflüssigkeiten verdünnt, von anderen Proteinen (z.B. Albumin) und Rezeptoren anderer Zellen gebunden und durch Gewebsproteinasen abgebaut. Ihre Konzentration im Körper nimmt daher schnell ab (Lotze et al., 1985). Werden die Zytokine in unphysiologischer Weise systemisch verabreicht, müssen deshalb hohe Dosen eingesetzt werden, um therapeutische Wirksamkeit zu zeigen. Im Rahmen solcher Therapiekonzepte werden erheblichen Nebenwirkungen bis hin zum Tod des Patienten beobachtet (Kragel et al., 1990; Miles, 1992; Rosenberg et al., 1993). Mit Tumorvakzinen aus Tumorzellen, die mit Zytokingenen transfiziert wurden und das jeweilige Zytokin synthetisierten und sezernierten, konnten in Tierversuchen Therapieerfolge erzielt werden, ohne die schweren Nebenwirkungen der systemischen Applikation von Zytokinen hervorzurufen (Ley et al., 1991). Die Verfügbarkeit von IL-2 in unmittelbarer Nähe der Tumorantigene scheint bei 68 4.Diskussion _______________________________________________________________ der Generierung eines schützenden Effektes im Empfänger einer solchen Vakzine eine wichtige Rolle zu spielen. Therapien mit vitalen, gentechnisch veränderten Krebszellen können beim Menschen jedoch nur bedingt angewendet werden, da die Verabreichung solcher Zellen hohe gesundheitliche Risiken in sich birgt und ethisch nicht akzeptierbar ist. Bei Verlust des transfizierten Gens kann es zum Tumorwachstum an der Applikationsstelle kommen (Tsai et al., 1993). Außerdem besteht die Gefahr, daß der Phänotyp dieser Tumorzellen durch die Transfektion so verändert wird, daß schnell metastasierende oder hochmaligne Tumoren entstehen (Malik et al., 1990). Durch eine Inaktivierung der transfizierten Tumorzellen vor der Applikation durch Bestrahlung oder andere Maßnahmen, kann das Risiko einer unkontrollierten Tumorentwicklung ausgeschlossen werden. Es ist bislang allerdings umstritten, ob die transfizierten Zellen das Zytokin nach der Bestrahlung über einen ausreichend langen Zeitraum und in ausreichender Menge produzieren. Hinzu kommt, daß die Herstellung individueller Vakzinen aus Zytokingen-transfizierten Tumorzellen, für jeden Patienten mit hohem Personal- und Kostenaufwand verbunden ist. Eine Möglichkeit rhIL-2 länger im Organismus zu halten und die Immunantwort direkt in Nähe der abgetöteten Tumorzellen zu stimulieren, besteht in der chemischen Kopplung des Zytokins an Zellen. Tumorzell - rhIL-2 - Konjugate, in denen das rhIL-2 kovalent an inaktivierte Tumorzellen gebunden ist, könnten eine Alternative zu IL-2- Gen-transfizierten Tumorzellen darstellen. Vorraussetzungen dafür wäre die Erhaltung der biologische Wirksamkeit des rhIL-2 auch nach der Bindung an die Tumorzelle und die Spaltbarkeit der Bindung zwischen Tumorzelle und rhIL-2 unter physiologischen Bedingungen. Außerdem dürfte die sterische Konfiguration solcher Komplexe die TZell - Antigen - Interaktion nicht behindern. Die Konjugate würden ähnlich den gentransfizierten Zellen als Depot für IL-2 fungieren und das Zytokin in unmittelbarer Nähe der Tumorantigene freisetzten. 69 4.Diskussion _______________________________________________________________ In der vorliegenden Arbeit sollten folgende Fragen beantwortet werden: 1. Welche Möglichkeiten gibt es, Proteine an Zellen zu koppeln? OVA-FITC, das mit Hilfe von Fluoreszenz einfach nachgewiesen werden kann, wurde zu Vorversuchen als Testsubstanz bei der Kopplung eingesetzt. 2. In wie weit lassen sich die mit OVA-FITC erzielten Ergebnisse auf IL-2 übertragen? 3. Ist das gekoppelte IL-2 biologisch aktiv? 4. Wie lange nach der Kopplung kann IL-2 in biologisch aktiver Form nachgewiesen werden? 70 4.Diskussion _______________________________________________________________ Folgende Kopplungsansätze wurden mit OVA-FITC durchgeführt: 1. Kovalente Bindung von OVA-FITC mit Hilfe von heterobifunktionellen Linkerreagenzien an Tumorzellen 1a: über eine Thioetherbindung O O MHS + NH2 Protein Protein NH C R N OVA-FITC OVA-FITC O O Protein NH C R N + HS O OVA-FITC O S Zelle HN Protein Zelle SAMBA + NH2 Protein Zelle O HO O 1b: über eine Disulfidbindung O SPDP + NH2 Protein OVA-FITC Protein HN C S S OVA-FITC N O + HS S S Zelle Protein NH C OVA-FITC HN Protein Zelle SAMBA + NH2 Protein Zelle HO O O 71 4.Diskussion _______________________________________________________________ 2. Adhäsion von mittels heterobifunktionellen Linkerreagenzien mit OVA-FITC modifiziertem ConA an Tumorzellen 2a: über eine Thioetherbindung O O MHS + NH2 Protein Protein NH C R N OVA-FITC OVA-FITC O O Protein NH C R N + HS O OVA-FITC O S ConA HN Protein ConA SAMBA + NH2 Protein ConA O HO O 2b: über eine Disulfidbindung O SPDP + NH2 Protein OVA-FITC Protein HN C S S OVA-FITC N O + HS S S ConA Protein NH C OVA-FITC HN Protein ConA SAMBA + NH2 Protein ConA HO O O 72 4.Diskussion _______________________________________________________________ Um ein Verfahren zur Herstellung von Heterokonjugaten aus OVA-FITC und Zellen über eine Thioetherbindung zu etablieren, mußten die optimalen Konzentrationen der dazu notwendigen Linker-Substanzen MHS und SAMBA ermittelt werden(s. 3.2.1.1). Die parallel durchgeführte Negativkontrolle (Reaktion des OVA-FITC mit Tumorzellen ohne vorige Einführung des MHS (s. Tabelle 3, Probe 2)) zeigte in der floureszenzmikroskopischen Auswertung unerwarteterweise ebenfalls eine Markierung der Zellen, diese war aber weniger einheitlich und wies eine geringere Fluoreszenzintensität auf als die Ansätze mit Einführung von MHS. Diese erfolgte Kopplung läßt sich mit den vorhandenen reaktiven Aminosäuren (z.B. Cystein) des OVA-FITC erklären, die mit den SHGruppen von Proteinen auf der Tumorzell-oberfläche eine kovalente Bindung eingehen können. Die in der Literatur (Ishikawa et al., 1983) empfohlene Konzentration eines 25 molaren Überschusses an MHS im Vergleich zu OVA -FITC, erwies sich als ausreichend für die Kopplung. Bei der Ermittlung der optimalen SAMBA - Konzentration wurden die besten Ergebnisse mit einer 100-fach höheren Konzentration, als die in der Literatur vorgeschlagene (0,24 mg SAMBA in 100µl Dimethylformamid pro 106 Zellen) (Ishikawa et al., 1983), erzielt. Bei den mit dieser Konzentration (24 mg SAMBA in 100µl Dimethylformamid pro 106 Zellen) durchgeführten Kopplungen, blieb die Fluoreszenz länger erhalten und die Fluoreszenzintensität war höher (s. 3.2.1.1.2). Insgesamt war die durchgeführte Kopplung erfolgreich. Die Zellen zeigten eine hohe Fluoreszenzintensität und eine starke Internalisierung des OVA-FITC, bei schwach ausgeprägtem Randsaum. Da bei Kultivierung der MHS/SAMBA - behandelten Zellen keine Proliferation beobachtet werden konnte, legt dies den Schluß nahe, daß die Zellen durch die Modifikation devitalisiert worden waren. Außerdem muß davon ausgegangen werden, daß die Zellen durch die Behandlung fixiert worden waren, da sie offensichtlich über lange Zeit morphologisch intakt blieben und nicht zerfielen. 73 4.Diskussion _______________________________________________________________ Da die Zellen für in vivo - Anwendungen sowieso abgetötet werden müssen, ist ihre Devitalisierung von untergeordneter Bedeutung. In diesem Zusammenhang muß darauf hingewiesen werden, daß der Einsatz von abgestorbenen und von der Membran her nicht mehr intakten Tumorzellen als Tumorvakzine umstritten ist. Es konnte gezeigt werden, daß ex vivo die Stimulierung einer TC-Zell - abhängigen Anti-Tumor-Antwort nur mit vitalen Tumorzellen, die eine intakte Membran besitzen, nicht aber mit abgestorbenen Tumorzellen oder Zell-Lysaten erreicht werden kann (Schirrmacher und von Hoegen, 1993). Demgegenüber steht die Beobachtung, daß die Applikation von Liposomen, die ein Lysat aus B16-Tumorzellen und rhIL-2 enthalten, in syngenen Mäusen in vivo zur Entstehung einer protektiven Anti-Tumor-Antwort führt (Gershman et al., 1994). Ebenso kann durch die Verabreichung einer Vakzine aus bestrahlten B16-Tumorzellen, an die IL-2 enthaltende Liposomen gekoppelt sind, in vivo eine bleibende Immunität gegen Tumorzellen induziert werden (Reimer, 1994). In wie weit die in dieser Arbeit erstellten Ansätze, die eine Weiterentwicklung der Arbeit von Reimer sind, bei den anstehenden Tierversuchen wirksam sind, bleibt abzuwarten. Bei der Kopplung von ConA an OVA-FITC über verschiedene hetero-bifunktionelle Linker und die anschließende Adhäsion des Kopplungsproduktes an Zellen kann verhindert werden, daß durch die Veränderung der Membranproteine ihre potentiellen tumorassoziierten Transplantatantigene zerstört werden. In diesem Ansatz wurde OVA-FITC mit MHS und ConA mit SAMBA modifiziert. Die nachfolgende Adhäsion dieses Reaktionsproduktes an Zellen erfolgte aufgrund der starken Anziehungskräfte zwischen dem Lektinanteil des Produktes und der Glykokalix von Zellen. Bei der fluoreszenzmikroskopischen Untersuchung der markierten Zellen zeigte sich im Vergleich zur direkten kovalenten Bindung ein deutlicherer Randsaum bei insgesamt mit geringerer Fluoreszenzintensität markierten Zellen. Die Menge an internalisiertem OVA-FITC war geringer. 74 4.Diskussion _______________________________________________________________ Dieses Ergebnis spiegelte sich auch bei der durchflusszytometrischen Untersuchung der beiden Ansätze wieder. Hier zeigte sich, daß die Fluoreszenzintensität bei der Bindung des OVA-FITC über eine kovalente Bindung quantitativ um den Faktor 10 größer war, als die bei der Adhäsion des OVA-FITC an die Zellen (s. 3.2.3). Das heißt, es wurde die 10fache Menge an OVA-FITC gebunden. ConA - OVA-FITC wird im Gegensatz zu direkt gebundenen OVA-FITC in nur geringen Mengen internalisiert. Eine abschließende Erklärung dieses Phänomens konnte in dieser Arbeit nicht gegeben werden. Ein Erklärungsansatz liegt darin, daß das für Zellen toxische SAMBA die Zellmembranen derart verändert, daß sie durchlässiger wird und somit Moleküle mit SH-Gruppen nicht nur an die äußere sondern auch an innere Membranen gebunden werden können. Im Gegensatz zur direkten Kopplung, kommen die Zellen bei der Adhäsion des modifizierten ConA nicht mit SAMBA in Kontakt. Die Membranen bleiben weiterhin intakt und das Kopplungsreagenz wird vermehrt an der Außenseite gebunden. Von zusätzlicher Bedeutung kann in diesem Zusammenhang die Größe des Kopplungsreagenzes sein. Je größer das Kopplungsreagenz, desto langsamer kann es durch die Zellmembran hinduchdiffundieren. Bei der Verwendung von ConA wird dieser Diffusionsvorgang durch seine zusätzliche Größe verlangsamt. Parallel zu den o. g. Ansätzen wurde SPDP als Alternativsubstanz für MHS verwendet, um das OVA-FITC über Disulfidbrücken zu binden. McIntyre et al. beschrieben, daß Disulfidbindungen in vitro leichter spaltbar sind als Thioetherbindungen (McIntyre et al., 1994). Somit lag hier eine weitere Methode für die Kopplung von Zytokinen vor, die in dieser Arbeit auf die Kopplung von OVAFITC/bzw. IL-2 an Zellen angewendet werden sollte. Bei der Reaktion des durch Kopplung mit SPDP veränderten OVA-FITC mit SAMBA - modifizierten Zellen zeigten sich im Fluoreszenzmikroskop fädige Strukturen. Anstelle der erwarteten heterologen Kopplung zwischen OVA-FITC und der Zellmembran waren durch Reaktion der eingefügten SH-Gruppen der OVA-FITC - Moleküle offensichtlich Polymere entstanden. 75 4.Diskussion _______________________________________________________________ Besonders deutlich sichtbar wurde das Ausfallen der Polymere bei Konzentrierung des modifizierten OVA-FITC nach vorheriger säulenchromatographischer Reinigung mit Hilfe einer NOVACELLTM - Rührzelle. Hier zeigte sich eine zunehmende Gelbfärbung des Filters während des Konzentriervorganges. Das Auftreten von Polymeren wurde auch bei dem Versuch, IL-2 kovalent an Zellen zu binden, beobachtet. Aufgrund des geringeren Volumens des Gesamtansatzes konnte auf eine Konzentrierung verzichtet werden. Nach Sterilfiltration wurde das Kopplungsgemisch aus IL-2 und SPDP säulenchromatographisch fraktioniert. Da im Eluat kein Kopplungsprodukt nachgewiesen werden konnte, mußte vermutet werden, daß das polymerisierte IL-2 größer war als die Porengröße des Sterilfilters und in diesem zurückgehalten worden war. Zur Bestätigung wurde das Produkt aus der Kopplung von IL-2 mit SPDP mittels SDS-PAGE untersucht. Ein Aliquot des Ansatzes wurde im nativen ein anderer im denaturierten Zustand analysiert. Als Kontrolle wurde ein Aliquot des rekombinant erstellten IL-2 aufgetragen. Hier zeigte sich, daß zumindest Tetramere in der nicht - denaturierten Probe vorhanden waren (s. 3.3.2.1). Polymere konnten mit den zur Verfügung stehenden Methoden nicht nachgewiesen werden. Die primär nicht beabsichtigte Polymerisation von IL-2 eröffnet weitere Untersuchungsmöglichkeiten. Derzeit wird in weiteren Versuchen geklärt, ob aus IL-2 - Polymeren in vivo biologisch aktives IL-2 freigesetzt wird und wie die Kinetik der Freisetzung im Vergleich zur Freisetzung aus anderen IL-2 - Präparationen verläuft. Die stärkste Kopplung von OVA-FITC an Zellen konnte über die Bindung von SAMBA und MHS erreicht werden. Dieser Ansatz wurde als Grundlage für die kinetischen Untersuchungen zur Freisetzung von IL-2 gewählt. Die IL-2 - Freisetzung aus dem Konjugat wurde in einem biologischen Assay mittels CTLL-2-Proliferationstest bestimmt (s. Abb. 17). Über 6 Wochen konnte eine sukzessive Abnahme der Konzentration an aktivem IL-2 im Überstand der Zellkultur beobachtet werden. Nach 6 Wochen war die abgegebene IL-2 76 4.Diskussion _______________________________________________________________ Menge mit den zur Verfügung stehenden Methoden nicht mehr detektierbar. Diese Ergebnisse spiegeln sich auch bei der fluoreszenzmikroskopischen Auswertung der entsprechend OVA-FITC - markierten Zellen wieder. Hier konnte über 2 Monaten nur eine geringe Abnahme der Fluoreszenz beobachtet werden (s. 3.2.1.1.2). Es konnte in dieser Arbeit also gezeigt werden, daß es möglich ist, IL-2 unter Beibehaltung seiner biologischen Aktivität an Tumorzellen zu koppeln und daß die Bindung zwischen Tumorzelle und rhIL-2 spaltbar ist. Für die Eignung der Tumorzell - rhIL-2 - Konjugate ist die Spaltbarkeit der Bindung zwischen Tumorzellen und rhIL-2 von entscheidender Bedeutung, da von Horwitz et al. (1993) beschrieben worden ist, daß immobilisiertes IL-2 zwar noch die Fähigkeit besitzt an IL-2 - Rezeptoren zytotoxischer T-Zellen zu binden und ihre Lebensfähigkeit aufrecht zu erhalten, die Zellen jedoch nicht mehr zur Proliferation anregen konnte. Irreversibel an Tumorzellen gebundenes IL-2 wäre somit nicht mehr in der Lage stimulierend auf zytotoxische T-Zellen und andere Komponenten des Immunsystems zu wirken, die an der Ausbildung einer AntiTumor-Antwort beteiligt sind. Versuche, in denen Mäusen G-CSF-Gen-transfizierte C26-Tumorzellen injiziert wurden, zeigten, daß durch den um die transfizierten Zellen gebildeten G-CFSGradienten Lymphozyten angelockt werden, die selektiv das Wachstum der Tumorzellen inhibieren (Colombo et al., 1992). Möglicherweise vermag ein IL-2 - Gradient, der von Tumorzell-IL-2-Konjugaten ausgeht, ebenfalls Lymphozyten anzulocken, die nach der Aktivierung durch IL-2 Tumorzellen angreifen. Inwieweit die Bindung von IL-2 an Tumorzellen über Adhäsion von ConA ähnlich erfolgreich durchzuführen ist, muß in weiteren Versuchsreihen geklärt werden. Da bei diesem Versuchsansatz die Zelloberfläche nicht zusätzlich verändert wird, könnte die immunstimulierende Wirkung der Vakzine größer sein. Dagegen kann ein nicht-kovalent gebundenes Konjugat durch strömende Körperflüssigkeiten und durch Adsorption an andere Zellen oder Proteine schneller freigesetzt werden. Im Hinblick auf die spätere Verwendung in Tumorvakzinen 77 4.Diskussion _______________________________________________________________ muß noch geklärt werden, welcher Ansatz über die Dauer der Therapie erfolgreicher sein könnte. An Hand der beschriebenen Ergebnisse konnte gezeigt werden, daß IL-2 nach Kopplung an Tumorzellen in vitro über Monate stabil war und kontinuierlich aus der jeweiligen Bindung von der Zellmembran freigesetzt wurde. Die entsprechenden Ansätze sind nun zu optimieren und die Ergebnisse in Tierversuchen zu kontrollieren. Der Vorteil dieser Methode liegt zum einen in dem vergleichsweise geringerem Kostenaufwand und zum anderen in der im Vergleich mit Zytokingen - Transfektionen ethischen Unbedenklichkeit. 78 5.Literatur _______________________________________________________________ 5. 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Falkenberg, der mich für die vorliegende Thematik interessiert hat, für seine kontinuierliche gute Betreuung und stete Diskussionsbereitschaft, sowie, daß es ihm gelungen ist, mir den Blick für die Zusammenhänge von chemischer Grundlagenforschung und medizinischer Anwendbarkeit zu schärfen, - der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum für das Promotionsstipendium und der damit verbundenen finanziellen Unterstützung, - den Mitarbeitern der Arbeitsgruppe Falkenberg, und hier besonders Maike Rieks für die Einweisung und Hilfe bei den FACScan - Analysen, Ralf Limberg für die begleitende Diskussion bei der Arbeit im Labor und Anke Albrecht für die Einführung in spezielle Zellkulturarbeiten, - Herrn Dr. Andreas Hinkel für die unterstützende Einführung in die Thematik und das Korrekturlesen, - Herrn Prof. Dr. W.-H. Kunau dafür, daß er mich bei der Abfassung der Arbeit unterstützte, indem ich die technischen Möglichkeiten seiner Abteilung nutzen konnte, - meinem Mann, Dr. Thomas Eller, für das Korrekturlesen und den ermunternden Zuspruch bei der Durchführung meiner Arbeit, - meinen Eltern, deren Unterstützung und emotionaler Ansporn mir es ermöglichte, die Studiengänge Chemie und Medizin, und beide Promotionen, durchzuführen. Auch wenn es in unserer Welt und Zeit nicht opportun ist - ich danke Gott, weil ich meine Arbeit als Chemikerin und Ärztin tun möchte, „mit der göttlichen Neugierde eines Menschen, der das Neue und Unbekannte nicht nur als ein Verborgenes, sondern zugleich als etwas Geborgenes entdeckt. Auch das Neue und Unbekannte ruht im Frieden jener Hände, die Orient und Okzident, die das Einstige und das Zukünftige umfangen.“ (Prof. Dr. H. Thielicke in „Zu Gast auf einem schönen Stern“) 92 Ingvild Birschmann Pommergasse 3 32469 Petershagen-Lahde 05702/851112 Persönliche Angaben Familienstand: Staatsangehörigkeit: Religionsbekenntnis: Geburtsdatum: Geburtsort: Eltern: verheiratet seit 3.11.1995 deutsch evangelisch 1.05.1965 Itzehoe/Holstein Sigurd Birschmann, Pfarrer Meta Birschmann, geb. Seyda, Hausfrau Schulbildung Aug. 71 - Mitte 75 Grundschule Mitte 75 - 23.05.84 Max-Planck-Gymnasium, Gelsenkirchen-Buer Ausbildung Mitte 1984 - Mitte 1986 Ausbildung zur Chemisch-Technischen-Assistentin an der Metallberufsschule Gelsenkirchen Studium seit 7.10.1986 18.04.1996 8.09.1997 Studium an der Ruhr-Universität Bochum Fächer: Chemie (Diplom) und Humanmedizin Abschluß des Medizinstudiums (3. Staatsexamen) Abschluß des Chemiestudiums (Diplomprüfung), Thema der Diplomarbeit: Die Funktion des IL-1ß bei der Regeneration des peripheren Nervensystems Berufstätigkeit seit 15.07.1997 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Physiologische Chemie Abteilung Zellbiochemie an der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum (Prof. Dr. W.-H. Kunau) Sonstige Berufserfahrung 8.06.1982 - 30.11.1996 Berufspraktikum bei der Fa. REAL SB Warenhaus GmbH & Co Vertriebs KG seit Juli 1996 nebenberufliche Dozententätigkeit an der Zentralen Krankenpflege-schule der Krankenhausgemeinschaft des Kirchenkreises Herne Fächer: Anatomie, Physiologie und Biologie; Dermatologie, Urologie, Auszeichnungen 28.10.1994 Promotionsstipendium der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum Mitgliedschaften Tätiges Mitglied der Studenten Mission Deutschland 93