1618 84 Therapie postoperativer Schmerzen geschränkter Nierenfunktion, Hypovolämie, Hyperten­ sion, Einnahme nephrotoxischer Medikamente oder eines ACE-Hemmers erhöht. Der große Vorteil der antipyretischen Analgetika be­ steht darin, dass sie (im Gegensatz zu den Opioiden) nicht atemdepressiv wirken. Durch ein antipyretisches Analge­ tikum (v.a. ein NSAR) kann der zusätzliche Bedarf an Opioiden in der frühen postoperativen Phase evtl. um bis ca. 30–40 % reduziert werden (»opioid-sparing effect«; S. 1624). Bei Gabe eines NSAR können dadurch opioidbe­ dingte Nebenwirkungen (PONV, Sedierung) signifikant vermindert werden (Marret et al. 2005b). Durch Paracet­ amol konnte dagegen nur eine moderate Verringerung des Opioidverbrauches und keine Abnahme opioidbedingter Nebenwirkungen erzielt werden (Remy et al. 2005). Die antipyretischen Analgetika können unterteilt wer­ den in: saure antipyretische Analgetika nicht saure antipyretische Analgetika Die zur Schmerztherapie im Aufwachraum häufiger ein­ gesetzten sauren und nicht sauren antipyretischen Analge­ tika werden nachfolgend näher beschrieben. Aufwachraum Nicht saure antipyretische Analgetika Bei nicht sauren antipyretischen Analgetika liegt der pKaWert (d.h. derjenige pH-Wert, bei dem genau 50 % der Sub­stanz in dissoziierter Form vorliegt; Kap. 14.1.3, S. 355) bei > 5. Dazu gehören: Anilin-Derivate (v.a. Paracetamol) Pyrazolon-Derivate (v.a. Metamizol) COX-2-Hemmer (v.a. Parecoxib) Die meisten nicht sauren antipyretischen Analgetika wei­ sen nur analgetische und antipyretische Eigenschaften auf. Lediglich die COX-2-Hemmer haben zusätzlich noch antiphlogistische Eigenschaften. Metamizol hat außerdem noch spasmolytische Wirkungen. Die nicht sauren antipyretischen Analgetika Paracet­ amol und Metamizol verteilen sich relativ gleichmäßig im gesamten Körper. Sie passieren auch die Blut-HirnSchranke gut. Sie führen kaum zu einer peripheren Hem­ mung der Cyclooxygenase, sondern wirken vor allem auf spinaler und supraspinaler Ebene analgetisch (z.B. Aktivierung deszendierender, hemmender Schmerzbah­ nen). COX-2-Hemmer wirken dagegen vor allem über eine Hemmung der Cyclooxygenase im Wundgebiet an­ algetisch. Paracetamol (z.B. ben-u-ron®) Paracetamol weist das günstigste Nebenwirkungspro­ fil aller Antipyretika auf. Paracetamol ist daher das im Kindesalter am häufigsten eingesetzte Analgetikum und Antipyretikum. Es kann ggf. auch während der Schwan­ gerschaft und Stillzeit verabreicht werden. Es weist aber nur minimale entzündungshemmende Eigenschaften auf. Paracetamol wirkt im (entzündeten) Verletzungsgebiet kaum (oder gar nicht). Paracetamol scheint vor allem eine zentrale Blockade der Cyclooxygenase zu verursachen. Für Paracetamol konnte im Tierexperiment auch eine zentrale Blockade der Cyclooxygenase 3 (S. 1624) nachgewiesen werden. Paracetamol kann oral, rektal oder intravenös per infusionem verabreicht werden. Perioperativ wird es zu­ meist rektal oder intravenös per infusionem appliziert. Wirkungsprofil: Paracetamol besitzt bei oraler Gabe mäßi­ ge, bei intravenöser Gabe eine etwas bessere analgetische Wirkung. Es weist keine antiphlogistische Wirkung und keine spasmolytische Wirkung auf. Es wirkt aber gut an­ tipyretisch. Paracetamol als Suppositorium: Die maximalen Plasma­ konzentrationen nach rektaler Paracetamol-Gabe sind nach ca. 2–3 Stunden zu erwarten. Daher ist (insbesondere auch bei Kindern) die sehr frühzeitige Gabe eines Supposi­ toriums (spätestens unmittelbar nach Narkoseeinleitung; idealerweise bereits präoperativ) wichtig. Rektal applizier­ tes Paracetamol wurde zwar als Standardanalgetikum in der postoperativen Schmerztherapie im Kindesalter an­ gesehen (Bremerich et al. 2001), es ist jedoch zu beachten, dass die Resorption von rektal appliziertem Paracetamol variabel und geringer ist als nach oraler Gabe. Die rektale Gabe ist anderen Applikationswegen unterlegen (Beck et al. 2000). Darreichungsform für ben-u-ron®: Suppositorien zu 125, 250, 500 oder 1 000 mg altersabhängige Dosierung (entsprechend einer häufi­ geren Empfehlung): –– (1. Lebensjahr: 125 mg rektal) –– (1.–6. Lebensjahr: 250 mg rektal) –– (Schulkinder: 500 mg rektal) –– (Erwachsene: 1000 mg rektal) gewichtsadaptierte Dosierung: Besser als die häufig angewandte altersabhängige Dosierung (s.o.) ist eine gewichtsadaptierte Dosierung (vgl. Tab. 84.2). Es wurde inzwischen wiederholt darauf hingewiesen, dass für eine gute antipyretische Wirkung des Paracetamols vermutlich eine Plasmakonzentration von 10–20 µg/ml notwendig ist. Es wird davon ausgegangen, dass für eine gute analgetische Wirkung ähnliche Plasmakonzentra­ tionen benötigt werden. Um eine wirksame Plasmakon­ zentration zu erreichen, wird inzwischen bei oraler oder rektaler Gabe zumeist eine relativ hohe Erstdosierung empfohlen.