For tbildung Dermatophyten-Infektionen Topisch oder systemisch behandeln? Infektionen durch Dermatophyten sind auch bei Kindern häufig auftretende Erkrankungen der Haut und Hautanhangsgebilde. Im Unterschied zu Erwachsenen stellen Pilzerkrankungen des Nagelorgans eine Rarität dar, während die Tinea capitis fast nur bei Kindern auftritt. Für die Indikationsstellung zur topischen bzw. systemischen Therapie sind in erster Linie die Lokalisation sowie das Befallsausmaß von Bedeutung. W ährend in typischen Fällen das klinische Bild die Diagnosestellung erlaubt, gibt es im Praxisalltag doch immer wieder Situationen, in denen eine Pilzinfektion eine mögliche Differenzialdiagnose darstellt: so z. B. beim nummulären atopischen Ekzem oder beim Primärmedaillon der Pityriasis rosea. Hier kann mit Hilfe des ungefärbten Nativpräparats mit Kalilauge (KOH 10–20% in Aqua dest.) schnell und sicher die Diagnose erhärtet oder verworfen werden. Warum ist die Erregerspezifizierung wichtig? Dermatophytosen im Kindesalter werden häufig durch Tierkontakt (Hund, Katze, Meerschweinchen) übertragen. Die Erreger zoophiler Dermatophytosen (Microsporum canis, Trichophyton [T.] verrucosum, T. mentagrophytes u. a.) imponieren klinisch häufiger durch stärker entzündliche Reaktionen als Infektionen durch anthropophile Erreger (T. rubrum, T. violaceum, T. tonsurans u. a.) und müssen häufig länger behandelt werden. Darüber hinaus kann die Erregerspezifizierung wertvolle Hinweise bei der Suche nach dem Ausgangspunkt der Infektion geben. Lokalisation und Ausbreitung bestimmen die Therapie Bei Säuglingen und Kindern treten Dermatophytosen typischerweise am behaarten Kopf, im Gesicht und an den 392 Extremitäten auf. Nägel sind sehr selten betroffen. Die Tinea capitis (am behaarten Kopf, Abb. 1) sollte unabhängig vom Erreger in jedem Fall systemisch und topisch behandelt werden. Der häufigste Erreger der Tinea capitis in Mitteleuropa ist Microsporum canis (ca. 50% der Fälle). Der Kontakt mit Katzen, insbesondere während des Urlaubs in südeuropäischen Ländern, ist für die Mehrzahl der Erkrankungsfälle verantwortlich. Weitere mögliche Erreger sind T. verrucosum, T. violaceum, T. mentagrophytes und T. rubrum. Bei der Tinea corporis (am Körper, Abb. 2) und der Tinea faciei (Gesicht) ist die Therapieindikation abhängig von der Ausbreitung der Erkrankung. Einzelne Herde im Gesicht bzw. am Körper sind durch eine topische Behandlung meist problemlos beherrschbar. Bei einer Dissemination bzw. einem generalisierten Befall sollte eine systemische Be- Fotos (2): Strom Kerstin Strom, Dietrich Abeck Abb. 1: Tinea capitis bei einem 5-jährigen Jungen handlung in Kombination mit einer topischen Therapie durchgeführt werden. Auch bei anamnestisch rascher Zunahme pilzbedingter Läsionen oder starkem Juckreiz ist eine orale Antimykotikagabe zu erwägen. Topische Behandlung Besonders bei Kindern sollte jede Infektion durch Dermatophyten unabhängig von Lokalisation und Ausbreitung topisch behandelt werden – auch begleitend bei einer systemischen Therapie (Tabelle 1). Die äußerliche Behandlung ist sofort wirksam und verhindert die Ausbreitung der Infektion sowie die Ansteckung weiterer Personen. Imidazolund Azolderivate sowie Pyrilidinderivate werden am häufigsten eingesetzt. Imidazol- und Azolderivate hemmen die Ergosterolsynthese zahlreicher Pilze. Tabelle 1 Therapie der Dermatophyten-Infektionen im Kindesalter Indikation zur topischen Therapie Indikation zur systemischen Therapie — in der Regel bei lokalisiertem Befall — immer bei Tinea capitis — in der Regel bei Dissemination oder generalisiertem Befall — in der Regel bei Infektionen durch anthropophile Erreger — häufig bei Infektionen durch zoophile Erreger Im Kindesalter sollte die systemische Therapie immer mit einer topischen Behandlung kombiniert werden, um einen sofortigen Wirkungseintritt zu erreichen und die weitere Ausbreitung der Infektion sowie die Ansteckung anderer Personen zu verhindern. pädiatrie hautnah 8·2003 For tbildung Dermatologie Abb 2: Disseminierte Tinea corporis bei zwei Geschwistern Sie besitzen ein gutes Penetrationsvermögen, ein breites Wirkungsspektrum und eine hohe therapeutische Sicherheit, wie auch die Pyrilidinderivate. Für die verschiedenen Substanzen (Clotrimazol [z. B. Imazol®, Mycofug®], Miconazol [z. B. Daktar®, Vobamyk®] oder Sertaconazol [z. B. Zalain®]) stehen unterschiedliche galenische Zubereitungsformen zur Verfügung, die eine stadien- und lokalisationsgerechte Behandlung ermöglichen. Sie werden in der Regel morgens und abends appliziert, wobei das Antimykotikum auch jeweils einen guten Zentimeter in den angrenzenden, unbefallenen Hautbereich aufgetragen werden sollte. Auch nach klinischer Abheilung sollte die Behandlung noch für weitere 5 Tage fortgesetzt werden. ergistisch und stellt daher das ideale Kombinationspräparat dar. Die Applikation erfolgt ebenfalls zweimal täglich. Systemische Therapie Griseofulvin (Fulcin S®, Likuden M®) ist im Kindesalter nach wie vor die einzige zugelassene, systemisch applizierbare Substanz. Griseofulvin beeinflusst den Guaninstoffwechsel und wirkt fungistatisch. Die Standarddosierung von 10 mg/kg KG/Tag ist jedoch häufig für zoophile Erreger nicht ausreichend. Die Dosis muss dann auf 20–40 mg/kg KG/Tag erhöht werden und auch die empfohlene Therapiedauer von 8 Wochen wird häufig überschritten. Neuere Antimykotika wie Itraconazol (Sempera®, Itracol®) und Terbinafin (Lamisil®), die sich in der systemischen Therapie bei Erwachsenen bewährt haPyrilidinderivate: Ciclopiroxolamin ben, sind für die Therapie im Kindesal(Batrafen®) hemmt die Aufnahme von ter nicht zugelassen. Bei ausführlicher Synthesebausteinen und erhöht die Perund dokumentierter Aufklärung kann meabilität von Pilzzellmembranen. eine Therapie mit diesen Substanzen Ciclopiroxolamin ist als Creme, Lösung auch bei Kindern durchgeführt werden, bzw. Puder sowie als Nagellack zur Theda für beide Präparate in den letzten rapie der Nagelmykosen erhältlich. In Jahren viel Erfahrung bei der BehandKombination mit den systemischen Anlung von Kindern hinzugekommen ist. timykotika wirkt Ciclopiroxolamin synIn der Regel ist Tabelle 2 eine 4-wöchige Die systemische antimykotische Behandlung Therapie ausreichend. Die genauSubstanz Dosierung/Tag Therapiedauer en DosierungsanGriseofulvin 10 mg/kg KG 8 Wochen gaben für die Be(evtl. 20–40 mg/kg KG) (evtl. auch länger) handlung bei Kin1 x tgl. nach dem Essen dern sind in TabelItraconazol < 20 kg KG: 50 mg 4 Wochen le 2 aufgeführt. > 20 kg KG: 100 mg Für die Be1 x tgl. zur Hauptmahlzeit handlung gerade Terbinafin < 20 kg KG: 62,5 mg 4 Wochen jüngerer Kinder ist 20–40 kg KG: 125 mg die verfügbare ora> 40 kg KG: 250 mg le Itraconazol-Lö1 x tgl. sung (Sempera® pädiatrie hautnah 8·2003 Liquid) besonders geeignet. Bei der Behandlung von Microsporum-canisInfektionen ist Itraconazol dem Terbinafin überlegen. Da zu Beginn der Behandlung einer Tinea capitis das kulturelle Ergebnis in der Regel noch nicht vorliegt, ist Itraconazol Mittel der Wahl für den Behandlungsbeginn. Unter Berücksichtigung bekannter Interaktionen – z. B. sollte Itraconazol nicht in Kombination mit bestimmten Antihistaminika (Terfenadin, Astemizol) oder mit Erythromycin gegeben werden, da es zum Auftreten polymorpher ventrikulärer Extrasystolen kommen kann – sind sowohl Itraconazol wie auch Terbinafin auch bei der Behandlung von Kindern sehr sichere Wirkstoffe. Therapiekontrolle durch Pilzkultur Während bei „banalen“ Pilzinfektionen die klinische Abheilung ausreichend ist, sollte bei der oralen Behandlung einer Tinea capitis oder Tinea unguium eine mikrobiologische Kontrolluntersuchung für die Entscheidung zur Beendigung der Behandlung erfolgen. Im Rahmen der Tinea-capitis-Behandlung werden nach Abschluss der Therapie zwei im Abstand von 2 Wochen abgenommene Kulturen mit jeweils negativem Ergebnis als Grundlage für die Beendigung der Behandlung gefordert. Fazit Die Mehrzahl aller Pilzinfektionen im Kindesalter ist topisch zu behandeln. Eine systemische antimykotische Therapie kann jedoch auch im Kindesalter indiziert sein und sollte dann immer mit einer topischen Behandlung kombiniert werden. Bei ausführlicher Aufklärung und Einwilligung der Eltern kann auch bei Kindern eine orale Behandlung mit Itraconazol oder Terbenafin durchgeführt werden. Bezüglich Einnahmedauer und Wirksamkeit zeigen diese Substanzen Vorteile gegenüber dem einzigen für Kinder zugelassenen systemischen Antimykotikum Griseofulvin. Literatur bei der Verfasserin Dr. med. Kerstin Strom Feuerwehrheimstr. 3 83457 Bayrisch-Gmain 395