Ketogene Diäten bei Krebserkrankungen (U. Kämmerer)

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Ketogene Diät
bei Krebserkrankungen
Frauenklinik
und
Poliklinik
Ulrike Kämmerer
Ernährung 2014 - BDEM
Definition der ketogenen Diät
Eine ketogene Diät ist eine
• sehr fettreiche
• kalorien- und eiweißbilanzierte
• sehr kohlenhydratarme
Ernährungsform,
durch welche der Fastenstoffwechel immitiert wird.
Anflutendes Acetyl-CoA wird bei
niedrigem Insulinspiegel in der
Leber in die namensgebenden
„Ketonkörper“ umgebaut.
Diese dienen vor allem den ZNS
als Alternativbrennstoff zu
Glukose
Ernährung 2014 - BDEM
Physiologie: Aceton, Hydroxybutyrat, Acetoacetat
(b-OHB)
O
=
CO2
CH3-C-CH3
(AcAc)
acetone
HMG-CoA-Synthase
Fettgewebe
Nahrungsfett
toxisch,
wird abgeatmet
Verhältnis
b-OHB : AcAc
Normal: 1:1 – 3:1
Fettsäuren
Ernährung 2014 - BDEM
Physiologie: Aceton, Hydroxybutyrat, Acetoacetat
(b-OHB)
O
=
CO2
CH3-C-CH3
(AcAc)
acetone
Insulin
HMG-CoA-Synthase
Fettgewebe
Nahrungsfett
toxisch,
wird abgeatmet
Verhältnis
b-OHB : AcAc
Normal: 1:1 – 3:1
Fettsäuren
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Situation beim kurzfristigen Fasten (über Nacht)
Energiedeckung
Glukose
Glukoneogenese
Proteolyse
MuskelEiweiß
Glykogen
Ernährung 2014 - BDEM
100%
Situation beim Fasten (erste 1-2 Tage)
Energiedeckung
Glukose
100%
Glukoneogenese
Proteolyse
MuskelEiweiß
Glykogen
SpeicherFett
Lipolyse
Glycerin
Fettsäuren
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BetaOxidation
Situation beim Fasten (erste 1-2 Tage)
Energiedeckung
Glukose
100%
Glukoneogenese
Proteolyse
Blut-Hirn Schranke /
mangelnde
beta-Oxidation
MuskelEiweiß
Glykogen
SpeicherFett
Lipolyse
Glycerin
Fettsäuren
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BetaOxidation
Situation bei langem Fasten oder ketogener Diät
Energiedeckung
40%
Glukose
60%
Ketonkörper
Fett
Ketonkörper transportieren
die Energie aus Fettsäuren
(und damit aus Speicherfett
oder Nahrungsfett) für das
Gehirn
Lipolyse
Glycerin
Fettsäuren
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BetaOxidation
Situation bei langem Fasten oder ketogener Diät
Energiedeckung
Muskelabbau wird drastisch reduziert:
Erhalt der Magermasse
40%
Glukose
Glukoneogenese
MuskelEiweiß
60%
Proteolyse
Protein
Fett
Ketonkörper
Ketonkörper transportieren
die Energie aus Fettsäuren
(und damit aus Speicherfett
oder Nahrungsfett) für das
Gehirn
Lipolyse
Glycerin
Fettsäuren
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BetaOxidation
Energieumsatz beim Fasten = bei ketogener Diät
Amount formed or
consumed in 24 hours
(grams)
Fuel exchanges and
consumption
3d day
Gehirn:
40th day
Fuel use by the brain
Glucose
100
40
Ketone bodies
50
100
All other use of glucose
50
40
180
180
75
20
20% des
Grundumsatzes
als Energie
benötigt
Glukosebedarf:
100-120 g / 24 h
Fuel mobilization
Adipose-tissue lipolysis
Muscle-protein
degradation
Cahill, F, 2003: Ketoacides, good medicine?
In: Transactions of the American Clinical and Climatological Association. Band 114, 2003, S. 149–161
Ernährung 2014 - BDEM
Anwendung der KD in der heutigen Zeit
Ketogene Diäten werden bisher als etablierte Therapie
vor allem bei Kindern mit pharmakoresistenter Epilepsie,
Glucosetransporterdefiziten und
Pyruvatdehydrogenase- Mangel eingesetzt,
zunehmend auch bei erwachsenen Epileptikern und auch
als „modifizierte Atkins-Diät (MAD)“.
Gardener CD (2007)
JAMA
297:969
Shai I (2008)
New Engl. J. Med.
359:229
Foster GD (2010)
Ann Int Med
153:147
Weitere häufige Einsatzgebiete sind kohlenhydratarme
Reduktionsdiäten („LowCarb“) wie die „Atkins-Diät“, die
„Anabole Diät“ , die „LCHF-Diät“ und
die „optimale Diät“ (Kwasniewski), „Leben ohne Brot“:
Verbesserung der Risikofaktoren KHK gesichert
Erste Studien zur ketogenen Diät bei Krebspatienten
Ernährung 2014 - BDEM
200 Jahre wissenschaftliche Erforschung
1797
J. Rollo
Fleischdiät bei Diabetes Mellitus
1864
W. Banting
Letter on Corpulence (Banting-Kur)
1885
F. Hirschfeld
Fleischdiät, Acetonurie, Rolle von KH
1916
TE. McMurray
Stärke- und zuckerfreie Diät bei Epilepsie
1921
R. Wilder
R. Woodyatt
Ketogene Diät bei Epilepsie
Ketogene Diät bei Gesunden + Diabetikern
(Aceton, 3-OHB, AcAc im Urin nachweisbar)
1925
M. Peterman
ketogene Diät: für Epilepsie-Kinder
1 g Protein/KgKG, 10-15 g KH/Tag, Rest Fett
1928
EF. Du Bois
„Meat alone diet“ (V. Stefansson)
1994
J. Abrahams
Charlie Foundation
1995
L. Nebeling
ketogenic diet in astrocytoma
1997
Film:
First Do Not Harm (Meryl Streep)
Ernährung 2014 - BDEM
Historie KD bei Krebserkrankungen: 80 Jahre
1932 Freund E: Über den Einfluß verschiedener Ernährung auf Tumorempfänglichkeit und Tumorwachstum bei Mäusen. Z. Krebsforsch. 37:355-361
1987 Tisdale MJ: Reduction of weight loss and tumor size in a cachexia model
by high fat diet. Br. J. Cancer 1987; 56(1):39-43
1987 Fearon KC: Cancer Cachexia: influence of systemic ketosis on substrate levels
and nitrogen metabolism. Am J. Clin. Nutr. 1988; 47(1):42-8
1995 Nebeling L: Effects of a ketogenic diet on tumor metabolism and nutritional
status in pediatric oncology patients: Two case reports.
J. Am. Col. Nutr. 1995; 14(2):202-8
2005 Seyfried T: Targeting energy metabolism in brain cancer:
review and hypothesis. Nutr. Metabol. 2005; 2:31
2011 Schmidt M: Effects of a ketogenic diet on the quality of life in 16 patients
with advanced cancer: a pilot trial. Nutr. Metabol. 2011; 8(1):54
2012 Fine EJ: Targeting insulin inhibition as a metabolic therapy in advanced
cancer: A pilot safety and feasibility dietary trial in 10 patients.
Nutrition. 2012;28(10):1028-35.
Ernährung 2014 - BDEM
Ketogene Diät bei Tumorerkrankungen
KOLIBRI =
KOhlenhydrat-LImitierte
BRustkrebs-Intervention
Evaluation unterschiedlicher
Ernährungsformen bei Patientinnen
mit Brustkrebs
Siehe Poster P11
Prof. Dr. M. Reuss-Borst, Bad Kissingen
Prof. Dr. M. Sütterlin, UMM Mannheim
Prof. Dr. U. Kämmerer, UFK Würzburg
Ernährung 2014 - BDEM
Ketogene Diät bei Tumorerkrankungen
(ERGO 2 – Frankfurt)
NCT 02092753
Ketogenic Or LOGI Diet in a Breast Cancer Rehabilitation Intervention (KOLIBRI)
Weitere im deutschen Sprachraum geplante Studie:
Ketogene Diät bei Ovarial-CA (E. Steinhagen -Thiessen/Charité)
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laufend
Rationale für die Ketogene Diät bei Tumoren
NICHT: „Aushungern von Krebs“ durch Zuckerentzug !!!
NICHT: „böse“ „gärende“ Tumoren in „gute“ „atmende“
umwandeln
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Rationale für die Ketogene Diät bei Tumoren
NICHT: „Aushungern von Krebs“ durch Zuckerentzug !!!
NICHT: „böse“ „gärende“ Tumoren in „gute“ „atmende“
umwandeln
Sondern:
Primäres Ziel ist der geänderte Metabolismus im Gesamtkörperstoffwechsel:
• Peripere Insulinresistenz
• Entzündungsreaktionen
• Katabolismus
Sekundäres Ziel ist Tumorgewebe:
• Reduktion des Wachstumsfaktors Insulin
• Reduktion der wachstumsfördernden Entzündungsreaktion
• Reduktion der Glukosespitzen (geringere Diffusionsstrecke)
Ernährung 2014 - BDEM
Pathophysiologie Stoffwechsel bei Tumorerkrankungen
Insulinresistenz
LMF: lipid mobilizing factor
APP: acute phase protein
Ernährung 2014 - BDEM
Tisdale, 2002
Fazit in vivo Substratumsatzstudien
Tumorpatienten haben einen geänderten Stoffwechsel im
Gesamtorganismus mit anderem Substratumsatz
Gesunde Gewebe stellen von Glukoseverwertung auf
Fettverwertung um
Tumorgewebe leben hauptsächlich auf Kosten von
Glukose, können mit Fetten weniger anfangen
Kostform muss sich an den geänderten Stoffwechsel
anpassen: weniger Kohlenhydrate, mehr Fett und Eiweiß
Ernährung 2014 - BDEM
Fazit in vivo Substratumsatzstudien
Tumorpatienten haben einen geänderten Stoffwechsel im
Gesamtorganismus mit anderem Substratumsatz
Gesunde Gewebe stellen von Glukoseverwertung auf
Fettverwertung um
Tumorgewebe leben hauptsächlich auf Kosten von
Glukose, können mit Fetten weniger anfangen
Kostform muss sich an den geänderten Stoffwechsel
anpassen: weniger Kohlenhydrate, mehr Fett und Eiweiß
E. Gräfe:
„….so hielt sich ein Kranker … von mir mit 1 ½ l eisgekühltem Rahm
nicht nur auf dem Gewicht, sondern nahm noch in einer Woche 2 kg zu.“
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Situation onkologischer Patienten verbessern
Sehr fett-/proteinreiche Diäten haben sich als effektive
antikachektische Supportivtherapie bei onkologischen
Patienten erwiesen (E. Holm, Mannheim)
Breitkreutz R, 2005, Wien Klin. Wochenschr. 117:685-692
Holm E, Kämmerer U. Fette und Kohlenhydrate in Ernährungskonzepten
Für Tumorpatienten. Aktuel. Ernährungsmed. 2011; 36(5):286-298
Dies auch in Tumortieren schon lange bekannt:
Tisdale MJ, Brennan RA, Fearon KC.
Reduction of weight loss and tumour size in a cachexia model
by a high fat diet. Br J Cancer 1987;56:39-43
Beck SA, Tisdale MJ.
Nitrogen excretion in cancer cachexia and ist modification by a
high fat diet in mice. Cancer Res. 1989 Jul 15;49(14):3800-4
Ernährung 2014 - BDEM
Radikalste fettreiche Diät: ketogene Diät
Ernährung 2014 - BDEM
Klassische ketogene Diät (Epilepsietherapie)
KH: 2,5 – 5 %
Protein: 7,5 –15%
Fett: 80 – 90 %
Kalorienverteilung
Ernährung 2014 - BDEM
g Fett / g (Kohlenhydrate + Eiweiß) = 2:1 – 4:1
Verhältnis
(in Gramm!)
Fett : K+E
Fett
(g x kcal/g)
Eiweiß +
Kohlenhydrate
Verhältnis in
% kcal
Fett : K + E
2:1
2 x 9 kcal
1 x 4 kcal
82% : 18%
3:1
3 x 9 kcal
1 x 4 kcal
87% : 13%
4:1
4 x 9 kcal
1 x 4 kcal
90% : 10%
Klassische ketogene Diät (Epilepsietherapie)
KH: 2,5 – 5 %
Protein: 7,5 –15%
Fett: 80 – 90 %
Kalorienverteilung
g Fett / g (Kohlenhydrate + Eiweiß) = 2:1 – 4:1
Verhältnis
(in Gramm!)
Fett : K+E
Fett
(g x kcal/g)
Eiweiß +
Kohlenhydrate
Verhältnis in
% kcal
Fett : K + E
2:1
2 x 9 kcal
1 x 4 kcal
82% : 18%
3:1
3 x 9 kcal
1 x 4 kcal
87% : 13%
4:1
4 x 9 kcal
1 x 4 kcal
90% : 10%
Für Krebspatienten: 1,5 g/kg/Tag Protein ansetzen:
Ketogenes Verhältnis:
2:1
3:1
4:1
Protein
Kohlenhydrate
Fett
1,5 g
0,5 g
4g
1,5 g
0,5 g
6g
1,5 g
0,5 g
8g
Unter einem Gewichtsverhältnis von 2 g Fett auf 1 g K+E
ist eine Ketose oft nicht möglich,
Fettanteil muss also immer sehr hoch sein!
Ernährung 2014 - BDEM
Nur noch Fleisch und Fett ????
Ernährung 2014 - BDEM
Nein !!!!
Ernährung
2014 - BDEM
www.systemed.de:
Krebszellen lieben Zucker, Patienten brauchen Fett
Gleiche Menge Kohlenhydrate
Ernährung
2014 - BDEM
www.systemed.de:
Krebszellen lieben Zucker, Patienten brauchen Fett
Rationalen für eine ketogene Diät in Tumorpatienten
1. Entspricht der Forderung nach einer fettreichen/eiweißangepassten, kohlenhydratarmen Ernährung, die an den
geänderten Gesamtstoffwechsel angepasst ist
Ernährung 2014 - BDEM
Rationalen für eine ketogene Diät in Tumorpatienten
1. Entspricht der Forderung nach einer fettreichen/eiweißangepassten, kohlenhydratarmen Ernährung, die an den
geänderten Gesamtstoffwechsel angepasst ist
2. Bei einer Ketose kommt ein besonders muskelsparender
Effekt hinzu: Glukoneogenesebedarf wird gesenkt, da die
Energieversorgung des Gehirns via Ketonkörper aus Fett
gedeckt werden kann.
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Rationalen für eine ketogene Diät in Tumorpatienten
1. Entspricht der Forderung nach einer fettreichen/eiweißangepassten, kohlenhydratarmen Ernährung, die an den
geänderten Gesamtstoffwechsel angepasst ist
2. Bei einer Ketose kommt ein besonders muskelsparender
Effekt hinzu: Glukoneogenesebedarf wird gesenkt, da die
Energieversorgung des Gehirns via Ketonkörper aus Fett
gedeckt werden kann.
3. Aus Tierversuchen gibt es erste Hinweise auf einen
hemmenden Einfluss von Ketonkörpern auf ein
Tumorwachstum
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Studien
Dringend nötig !
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