Husten im SchweinebestandUrsachenforschung und Ableitung von Maßnahmen Isabel Hennig-Pauka Niederösterreichische Schweinefachtage 13.1. 2014 Veterinärmedizinische Universität Wien Übersicht 1. Ursachen 2. Maßnahmen 3. Diagnostik 4. Impfungen Mikroorganismen Pathogenität krankmachende Eigenschaften Verbreitung Resistenz Tier Kondition Immunität Alter Krankheitsempfänglichkeit Homöostase = Selbstregulation Minderung des Infektionsdrucks Mikroorganismen Gleichgewicht „Fähigkeit eines Systems, sich oder selbst innerhalb gewisser Erkrankung Grenzen in einem stabilen Zustand zu halten.“ Nicht-infektiöse Faktoren Stallklima Hygiene Belegdichte Management Stabilisierung des Immunstatus Influenzavirus A PRRS Virus Porzines Circovirus 2 Porzines Respir. Coronavirus ~80 Sauen Zytomegalievirus Mycoplasma hyopneumoniae Mycoplasma hyorhinis AF 3 AF 2 DZ AF 1 Mycoplasma flocculare 7 6 2 21 Klebsiella sp. Actinobacillus pleuropneumoniae Arcanobacterium pyogenes 2 JS 5 7 6 Staphylokokken WS 2 JS Escherichia coli 5 7 6 2 JS Pseudomonas sp. Pasteurella multocida Hämophilus parasuis Streptococcus suis Ferkelaufzucht Bordetella bronchiseptica 20 20 20 20 20 Chlamydien Metastrongylus apri Strongyloides ransomi Ascaris suum Actinobacillus suis Salmonella choleraesuis Parvovirus 600 Mastplätze Reovirus Europäisches Schweinepestvirus Afrikanisches Schweinepestvirus Porzines Herpesvirus 1 Torque Teno Virus Picobirnavirus Nipah Virus West Nile Virus Japanese Encephalitis Virus 20 Quarantäne 8 JS Veterinärmedizinische Universität Wien Abwehr äußerer Einflüsse 1. 2. 3. Physikalische Barriere Angeborenes Immunsystem Erworbenes Immunsystem Haut Atemwege Magen-Darmtrakt Geschlechtsorgane reagiert schnell funktioniert ohne Kenntnis des Erregers Gibt Information über Erreger an das erworbene Immunsystem weiter reagiert langsam ist spezifisch für das Pathogen funktioniert nicht ohne das angeborene 6 Immunsystem Abwehr äußerer Einflüsse Antibiotische Therapie 1. 2. Physikalische Barriere Angeborenes Immunsystem Haut Atemwege Magen-Darmtrakt Geschlechtsorgane reagiert schnell funktioniert ohne Kenntnis des Erregers Gibt Information über Erreger an das erworbene Immunsystem weiter Vakzination: 3. Erworbenes Immunsystem reagiert langsam (PCV2, ist spezifisch für das Pathogen Mycoplasma hyopneumoniae, funktioniert nicht ohne das angeborene PRRSV...) 7 Immunsystem Wärmeverluste Futteraufnahme Keine Wirkung Abkühlung (Regulationsbereich) Futteraufnahme Keine Wirkung Keine Wirkung (Behaglichkeit) (Regulationsbereich) Keine Wirkung Leistung (Regulationsbereich) Nur geringe Wärmeabgabe möglich Futteraufnahme Leistung Kreislaufbelastung Futteraufnahme Kreislaufbelastung Futteraufnahme hoch niedrig (0,2 m/s) hoch niedrig (0,2 m/s) hoch niedrig (0,2 m/s) Luftgeschwindigkeit Temperatur zu gering < 60% Verdunstung Wärmeverluste Wasseraufnahme zu kalt Futteraufnahme Verdunstung Futteraufnahme Atemwegsreizung (Staub) tiergerecht Keine Wirkung (Regulationsbereich) Atemwegsreizung (Staub) Futteraufnahme zu warm Atemwegsreizung (Staub) Futteraufnahme Relative Luftfeuchtigkeit optimal 60-80% zu hoch >80% Futteraufnahme Wärmeverluste Wärmeverluste Atemwegserkrankungen Fall: Atemwegserkrankung bei Mastschweinen in einem Außenklimastall (Geschlossenes System: 80 Sauen, 600 Mastplätze) • 4-5% Verluste durch Atemwegserkrankungen ab 3 Wochen nach Einstallung • 25% Morbidität • Schlachthof: >13% Pneumonien, >1% Herzbeutelentzündung Bronchopneumonie, Pleuritis, Herzbeutelentzündung Nicht-infektiöse Faktoren Kontinuierliche Stallbelegung (buchtenweise Rein-Raus) Keine soliden Buchtenwände (Nasenkontakt/Aerosol) Kurzfristiger Kältestress (Zugluft, Abkühlung) begünstigt chronische Atemwegserkrankungen. Temperaturschwankungen (10-24 °C) innerhalb von 24 Stunden wirken belastender als gleichbleibend kühle Luft. Behaglichkeitszone von 12°C mit Einstreu wird bisweilen unterschritten. Stallstaub • • • • • Futterpartikel Kotpartikel Haut und Haar Insekten Mikroorganismen 1. Staubentwicklung minimieren: - Struktursieb mit 3,5 mm Lochung - Zusatz von 1% Sojaöl zum Futter - Strohabwurf vermeiden 2. Circovirus-Impfung in der 7. Lebenswoche 3. PRRSV-Impfung in der 9. Lebenswoche 4. Erste Mykoplasmenimpfung in die ersten Lebenstage vorverlegen Maßnahmen, um den Gesundheitszustand im Bestand zu verbessern: Externe und interne Biosicherheit 1. Bestandsabschirmung nach außen 2. Organisation des Tierverkehrs 3. Bildung räumlich getrennter Tiergruppen im Bestand, die sich nur in eine Richtung bewegen Maßnahmen 4. Diagnostik, gezielte Therapieauswahl, routinemäßiger Einsatz von Impfstoffen 5. Gute Sauen- und Saugferkelgesundheit Infektionsdynamik bei Actinobacillus pleuropneumoniae Einschleppung: • asymptomatische Trägertiere • (schlechte Bestandsabschirmung) • endemische Infektion • Infektionsausbreitung in Tiergruppe • hohe Erkrankungsrate • variable Sterblichkeit • Tonsillenbesiedlung ab ca. 10. LT • Infektionsausbreitung • Übertragung Sau Ferkel bei Absinken maternaler Antikörper (ca. ab 6. LW) •chronische Erkrankung • subklinische Trägertiere • Immunitätsausbildung • hohe Erkrankungsrate (oft ab 12. LW) Infektionsdynamik bei Actinobacillus pleuropneumoniae Einschleppung: → Zukauf aus definierter Herkunft • asymptomatische Trägertiere → Biosicherheit • (schlechte Bestandsabschirmung) • endemische Infektion →Frühabsetzen der Ferkel • Tonsillenbesiedlung →antibiotische ab ca. 10. LTTherapie → Kolostrale Immunität → Rein- Raus • Infektionsausbreitung • Gute Sauengesundheit !! Tiergruppe →inStrikte Trennung • Infektionsausbreitung • Frühes Umsetzen → antibiotische • Übertragung Sau Ferkel von Altersgruppen bei Absinken • hohe Erkrankungsrate Therapie • Split nursing maternaler Antikörper • variable Sterblichkeit → Vakzination (ca. ab 6. LW) •chronische Erkrankung frühestens ab der 6. • subklinische Trägertiere LW (2x im Abstand von 4Erkrankungsrate Wochen) • hohe • Immunitätsausbildung (oft ab 12. LW) Verkaufsmengen von Antibiotika in EU-Ländern 2011 3. ESVAC-Bericht (European Surveillance of Veterinary Antimicrobial Consumption) Verkaufte Mengen an Antibiotika pro kg lebensmittellieferndes Tier (PCU =population correction unit) mg/ kg (PCU) 400 350 300 250 200 150 100 50 0 Verkaufsmengen von Antibiotika in EU-Ländern 2011 3. ESVAC-Bericht (European Surveillance of Veterinary Antimicrobial Consumption) Deutsche Studie VetCab: Datenerfassung zum Antibiotikaeinsatz in Schweinebetrieben Häufigste Indikationen: - Atemwegserkrankungen: 40 % - Darmerkrankungen: 40 % Maßnahmen, die nachweislich Atemwegsgesundheit verbessern I (aus Studien zusammengetragen) • Rein-Raus-Verfahren mit Reinigung und Desinfektion zwischen den Partien • 6-wöchige Quarantäne für Jungsauen und Eber • kein Vermischen von Altersgruppen, bestehender Partien bei Einstallung und im Mastverlauf • Besatzdichte minimieren, Mindestplatzbedarf pro Schwein 1 m 2 • kleine Buchten mit dichten Trennwänden • Maximal 10-12 Schweine pro Gruppe (nicht Umsetzen, nicht Mischen) • Maximal 250-300 Schweine pro Abteil (ideal: 150), getrennte Gebäude • Mehr als 3 m3 Luftraum und mindestens 0,5 m 2 Liegefläche pro Tier • Steigerung der Luftumwälzrate (60 m 3/Stunde/Schwein) • NH3 <10 ppm, CO2 < 0,1%, Luftfeuchtigkeit < 85% • Temperaturschwankungen minimieren (<5°C) Maßnahmen, die nachweislich Atemwegsgesundheit verbessern I (aus Studien zusammengetragen) • Luftstrom vom Liegebereich über Kotbereich nach draußen • Zur Vermeidung von Keimverschleppungen sind die Luftströme und die Bewegungsrichtungen der Tiere in den Stallungen zu überwachen • Minimierung inhalierbarer Stäube, z.B. durch Pelletfütterung • Minimierung luftgetragener Bakterien (<10 4/m3), besonders von Endotoxin • Festmist, bei Spaltenboden: Gülle täglich entfernen • Freier Zugang zu Trinkwasser Maßnahmen, die nachweislich Atemwegsgesundheit verbessern II (aus Studien zusammengetragen) • Umsetzen der Ferkel zwischen den Muttersauen beschränken (bei Milchmangel innerhalb der ersten 24 Stunden) • Striktes Einhalten der Hygieneanforderungen bei Kastrationen, Schwanzkupieren, Zähneschleifen • Beim Impfen buchtenweise Kanülen wechseln • Bei Absetzferkeln Aufstallungsdichte nicht überschreiten (maximal drei Ferkel pro m², mindestens 7 cm Fressplatzbreite pro Ferkel) • Kranke Schweine aussortieren, in eigenen Räumen aufstallen (Krankenstall) • Chronisch kranke Schweine (Kümmerer) euthanasieren • Eigene Kleidung (Overall, Schuhe) für Krankenstall, Hände waschen Schema: viral-bakteriell bedingte Atemwegserkrankung Therapie Stärke Krankheitssymptome 12 10 Gewichtsverlust 8 6 4 Monozyten 2 0 1 2 3 4 5 6 7 8 Tage 9 10 11 12 13 14 Diagnostik in Schweinebeständen Sektion, Erregernachweis Therapie Klinisch krank Erreger- und Antikörpernachweis, Sektion latent krank Prophylaxe Screening: Antikörper- (Erregernachweis) gesund Bestandssicherung Typisierung/Klassifizierung genetische Resistenz/ Disposition Impfungen gegen Atemwegserreger Impfstoffe gegen Anwendung Atemwegserreger Actinobacillus pleuropneumoniae zweimalig Mycoplasma hyopneumoniae einmalig oder zweimalig, auch Kombinationsimpfstoffe Bordetella bronchiseptica zweimalig, Kombinationsimpfstoff mit Past. multocida Haemophilus parasuis Zweimalig, auch Kombinationsimpfstoff mit M.hyopneu. Influenza zweimalig, (einmalig) Porcines Circovirus Typ 2 Ferkel einmalig, auch in Kombination mit M.hyopneu. PRRS Virus Ferkel einmalig Pasteuella multocida zweimalig, Kombinationsimpfstoffe Impferfolg: Minderung typischer klinischer Symptome bei gleichzeitiger Leistungssteigerung (Mortalität , Zuwachs , Futterverwertung ) Zusammenfassung: • Meist sind mehrere Erreger an der Entstehung von Atemwegserkrankungen beteiligt • Nicht-infektiöse Faktoren haben einen entscheidenden Einfluss auf Entstehung und Verlauf von Atemwegserkrankungen • Bestandsabschirmung und Unterbrechung von Infektionsketten im Bestand führen zu verbesserter Leistung und Tiergesundheit • Maßnahmen, die die Saugferkelgesundheit stabilisieren, verbessern nachhaltig die Bestandsgesundheit • Impfungen gegen M.hyopneumoniae und PCV2 sollten routinemäßig durchgeführt werden 22 Vielen Dank für die Aufmerksamkeit ! Klinik für Schweine Robert Graage Christian Knecht Michaela Koch Hanna Koinig Ines Krauss Andrea Ladinig Pamela Lakits Barbara Metzler-Zebeli Elena Sassu Lukas Schwarz Wolfgang Sipos Christine Unterweger Miriam Viehmann Brigitte Waymann Bettina Wöchtl