Zusammenhang von Tiergesundheit und Fütterung Karl - Heinz Kaulfuß Tierarztpraxis Hoffmann, Elbingerode Typische Fütterungserkrankungen Stoffwechsel Ca-Mangel Mg-Magel Se-Magel Ketose Azidose akut chronisch Vergiftungen….. Durchfallkomplex….. Blähungen…. u.s.w.……….. Infektionskrankheiten Listeriose Clostrididosen Ketose Ursachen • im letzten Drittel der Trächtigkeit • bei mehrlingsstragenden Muttern • Prädisposition: Fettleibigkeit • Rasseunterschiede (vermehrt Merinolandschaf) • steigender Energiebedarf der Feten • Abnahme das Pansenvolumens durch sich vergrößernde Gebärmutter • verringerte Futteraufnahme = absoluter Energiemangel • hormonelle Steuerung: Zucker- und Fettstoffwechsel ist ineffektiv Energiebedarf tragender Mutterschafe 14 Einlingsträchtigkeit Zwillingsträchtigkeit Drillingsträchtigkeit 80 umsetzbare Energie (ME) in MJ/Tag 12 70 80 10 60 Gewicht der Mutter (kg) 8 70 80 6 50 60 40 50 70 60 40 50 4 40 2 0 8 6 4 2 0 8 6 4 2 0 Wochen vor der Ablammung 8 6 4 2 0 170 160 150 140 Ist-Nährstoffversorgung hochtragender/laktierender MS in Sachsen-Anhalt Bedarf in % 130 120 110 100 90 80 70 60 1 2 3 4 5 6 7 metab. Energie 8 9 Rohprotein 10 11 12 13 14 Klinik • 120. Trächtigkeitstag – 1. Laktationswoche • verminderter Appetit • herabgesetzte Pansentätigkeit • gesenkter Kopf • zögernder, schwankender Gang • verdickte Beine über den Krongelenken • Apathie • Festliegen • Ikterus Diagnostik Blutplasma • 3-Hydroxybutyrat (Ketokörper) >1,6 mmol/l • variabler Glukosegehalt • Leber- und Muskelenzyme erhöht (GLDH, ASAT) • Bilirubin > 18 µmol/l Harn • Ketokörper positiv (Teststreifen) hochtragend, unauffällig hochtragend, festliegend, apathisch Therapie Ziel Wiederherstellung der körpereigenen Stoffwechselregulation Aktivierung der selbstständigen Nahrungsaufnahme Wiederherstellung der Verdauungstätigkeit Therapie ins Maul : Na-Propionat 12,5 g Ca-Lactat 12,5 g K-Chlorid 7,5 g auf 250 ml Wasser Pansensaft von Spenderttier Injektion: Ca-Borglukonat (s.c.) Vitamin D3 (10000 IE / kg KM) Vitamin E/Se Prognose Nach klassischer Therapie •ca. 40% der Schafe verenden trotz Therapie • ca. 20% Totgeburten • ca. 20% Lämmerverluste aufgrund von Milchmangel • Prognose korreliert negativ mit der ß-HB-Konzentration Einleitung eines Abortes mit ein- oder mehrfacher Injektion von 30 mg Dexametason/Schaf oder 0,175 mg Cloprostenol/Ziege sichert das Überleben des Muttertiers Vorbeuge kontinuierliche Bewegung in der Hochträchtigkeit Verfettung vermeiden ausreichend energiereiche Nahrung in der Hoch- trächtigkeit Fütterungsberatung Trächtigkeitskontrolle (Fetenanzahl) Stoffwechselkontrolle Kalzium Aufgaben: Enzymaktivierung Muskelkontraktion Knochenaufbau Rachitis Kalziummangel: Primär durch Mangelfütterung Sekundär durch erhöhten Ca-Bedarf im Wachstum, Trächtigkeit, Milchleistung Blutwerte: Ca-Mangel: < 1,75 mmol/l Hypokalzämie tragender Schafe/Ziegen (Milchfieber) Zeitpunkt: 4 Wochen vor bis 1 Woche nach der Ablammung Klinik: Bewegungsstörungen Nachziehen der Hinterbeine Festliegen (ähnlich der Ketose, oft vergesellschaftet) Verweigerung der Futteraufnahme Einstellen der Pansen- und Darmaktivität Körpertemperatur <= 38°C Mehrlingsträchtigkeiten Therapie der Hypokalzämie Lämmer: Licht und Sonne Vitamin D (10.000 IE kg KM) Mineralstoffgaben (Ca : Ph = 2 bzw. 3 : 1 in der Gesamtration) festliegende Alttiere: Vitamin D (10.000 IE kg KM) Ca-Applikation 50 - 100 ml einer 20% Ca-Glukoselösung s.c. 50 - 100 ml einer 5 – 10 % Ca-Lösung i.v. Akute Pansenazidose akut verlaufende Herden oder Einzeltiererkrankung Ursache Aufnahme großer Mengen leicht verdaulicher Kohlenhydrate Ausbrechen der Tiere, spontaner Zugang zu „Kraftfutter“ z.B. Obst, Brot etc. Futterkammer, Mais Symptome Die akute Azidose ist ein tiermedizinischer Notfall!! • Apathie • Festliegen • Zähneknirschen • steifer Gang, taumliger Gang • wässriger, schaumiger Durchfall • hohe Atemfrequenz • keine Futteraufnahme • keine Pansentätigkeit • schmerzhaftes Blöken • saurer Geruch aus dem Maul • Pansen pH-Wert < 5 Soforttherapie durch Tierhalter wenn die Tiere noch laufen – dann intensive Bewegung (Säureabbau) große Mengen Wasser (> 5 Liter) als Zwangsverabreichung (Säureverdünnung) orale Verabreichen von basisch wirksamen Stoffen (Tierarzneien oder Schlemmkreide, zur Säureneutralisation) Stimulierung der Speichelproduktion (Säureneutralisation) Ohne Therapie endet die akute Azidose tödlich Therapie durch den Tierarzt • orale Verabreichen von basisch wirksamen Stoffen zur Säureneutralisation • OTC (3 g) oder Penizillin (2 Mio IE) oral zur Abtötung der Milchsäurebakterien • Leberschontherapie (Methionin, B-Vitamine) • Kreislauftherapie • Antihistaminika, Cortikosteroide (Prednisolon) • Natriumhydrogenkarbonat i.v. (8,4%, ca. 250 ml) • Rumenotomie • Pansensaftübertragung Basisch wirksame Stoffe sollten immer vorrätig sein!! Ursodigest 100,0 g enthalten: Calciumcarbonat 70,0 g leichtes basisches Magnsiumcarbonat 7,0 g Dinatriummonohydrogenphosphat 15,96 Schaf: 100 g Ursodigest pro Tier suspendiert in 500-600 ml Wasser Bykodigest N 100,0 g enthalten: Calciumcarbonat 110,0 g Schweres basisches Magnesiumcarbonat 10,0 g Natriumpropionat 25,0 g Cobalt(II)-sulfat, 7 H2O 0,036 g Kupfer(II)-sulfat 0,076 g Mangansulfat-Monohydrat (Ph.Eur.) 0,112 g Eisen(II)-sulfat, 1,5 H2O 0,176g Zinksulfat-Monohydrat 0,008 Schafe, Ziegen: 25 g Pulver/10 kg Körpergewicht/Tag Subklinische Azidose Schafe: bei einseitiger Fütterung mit Abfällen aus der Kartoffel- und Getreideindustrie Ziegen: „Powerfütterung“ von Hochleistungsziegen Symptome Verdauung: Verzehrsdepression, Tympanie Pansenschleimhautveränderungen Leberabszesse Körperabwehr: geschwächt = Infektionskrankheiten (z.B. Mastitis, Clostridien ) Fettstoffwechsel: Verfettungssyndrom Milchfettmangel Ketose (Festlieger) Hirnrindennekrose Listeriose Erreger / Ursachen Listeria monocytogenes grampositives Stäbchen Serovar 1/2a und 4b ubiquitärer Bodenkeim weltweit verbreitet lange Überlebensfähigkeit erworbene Immunität wenig belastbar Infektionsursache verschmutztes Futter Vermehrung im Futter Silage, fauliges Stroh, schimmliges Heu Folgen der Nacherwärmung Übertragung Verzehr listerienhaltigen (verschmutzten) Futters = orale Infektion Einatmen von listerienhaltigen Staubes = nasale Infektion listerienhaltiger Staub im Auge = okuläre Infektion Der Erreger wandert entlang der Nervenbahnen der Gesichtsnerven zum Gehirn Klinik • Inkubationszeit 10 – 20 Tage • Verlauf: akut-perakut • Dauer: 2 – 3 (14) Tage • Ausscheidung: Kot, Milch, Geburtsprodukte CAVE: Verkoten von Futter Formen: septikämische Listeriose der Lämmer (ab 1. Tag) okuläre Form (Bindehautentzündung) metrogene Form (Aborte) zerebrale Form (Gehirnlisteriose) Verdacht: Klinik Zeitpunkt Futterhygiene Diagnostik: Listeriennachweis Im Gehirn Therapie • meist aussichtslos • evtl. hohe Dosen eines hirnschrankengängigen Penizillins über mehrere Tage • Futterwechsel bzw. Absetzen des Futters Vorbeuge • einwandtfreies Futter • Impfung (in Dtschl. nicht möglich) Danke für die Aufmerksamkeit! Magnesium Aufgaben: Enzymaktivierung Nerven / Muskelfunktion (Synapsen) Knochenaufbau Regulation: nur über Futteraufnahme und Ausscheidung über die Niere = keine Mobilisation aus dem Körper möglich Blutwerte: Mg-Mangel: < 0,6 mmol/l Hypomagnesämie - Weidetetanie Zeitpunkt: Frischer erster Aufwuchs, Vermehrungsgras, nach Düngung weil: 1. hoher Eiweiß- und Kaliumgehalt 1% Kalium in TS = 24% Mg-Verdaulichkeit 3 % Kalium in TS = 6% Mg-Verdaulichkeit 2. In fast allen Pflanzen geringer Natrium-Gehalt Nord-Süd-Gefälle Na-Mangel = Na im Speichel = Kalium im Speichel steigt Hypomagnesämie - Weidetetanie Klinik: oft lange latent Zähneknirschen unsicherer Gang Muskelzittern Übererregbarkeit (nach Reizen) Krämpfe keine Futteraufnahme schonende Behandlung, kein Streß! Hypomagnesämie - Weidetetanie Therapie: Ruhe Aufstallung und Heu oder Trockenschnitzel Akute Form: 40 ml 25% Mg-Glukonat s.c., i.v. Subakute Form: 5 g Magnesiumoxid+5 g Salz oral Salzleckstein (max 100g/Tag) (60 g MgCl in 200 ml Wasser rektal) Prophylaxe: Mineralfutter + Salzstein auch bei Weide bei Frühjahrsweide Heu / Stroh anbieten Weideregime anpassen