Mitteilungsblatt der Fleischforschung Kulmbach (2007) 46, Nr. 177 – Praxis-Informationen Milchsäurebakterien aus Rohwurst auch in ägyptischem Käse nachgewiesen Quelle: Applied and Environmental Microbiology 73 (2007), 1248-1255. Das ursprünglich aus deutscher Rohwurst industrieller Herstellung isolierte Milchsäurebakterium (MSB) Lactobacillus versmoldensis verdankt sein Vorkommen in ägyptischem Käse (Domiati, Gbnah Beeda) vermutlich seiner ausgesprochenen Salztoleranz. Zusammen mit Leuconostoc mesenteroides, Lactococcus garvieae, Aerococcus viridans, Pediococcus inopinatus und Lactococcus lactis gehört es zu den dominanten MSB in diesem Milcherzeugnis. Domiati reift in Salzlake und enthält bis zu 9,5 % Kochsalz. Es ist der populärste weiße, gesalzene Weichkäse in Ägypten (Marktanteil 75 %). Im Unterschied zu Feta wird bereits im ersten Schritt der Herstellung die Milch gesalzen. Der Salzgehalt (5-14 %) variiert saisonal und mit der Reifetemperatur. Als Rohstoff kommen Kuh- und/oder Büffelvollmilch zum Einsatz. Die gesalzene Milch wird entweder frisch oder nach einer Pasteurisierung geronnen, ohne dass dabei Starterkulturen zugesetzt werden. Der Käse wird sowohl frisch als auch, in der Regel, nach Reifung über 2-4 Monate in gesalzener Molke oder einer Salzlake verzehrt. Die pH-Werte der Käse liegen zwischen 5,30-6,15. Die Charakterisierung der mikrobiellen Biodiversität in Lebensmitteln erfolgt zunehmend mit Hilfe molekularer Methoden wie temporaler Temperaturgelelektrophorese (TTGE) und denaturierender Gradientengelelektrophorese (DGGE). Beide Methoden kamen in dieser Arbeit von GABER EL-BARADEI, AGNÈS DELACROIX-BUCHET und JEAN-CLAUDE OGIER von der Abteilung für Milchwissenschaften und Technologie der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Alexandria (Ägypten) und des Instituts für Milchsäurebakterien und opportunistische Pathogene der INRA (Nationale Agrarforschungseinrichtung Frankreichs) in Jouyen-Josas zum Einsatz. Insgesamt wurde 46 Bakterienarten im Domiati identifiziert. In einigen Fällen waren zusätzliche Identifizierungsschritte erforderlich. Als semiquantitative Techniken erlauben TTGE und DGGE auch eine Aussage über den relativen Anteil einer Spezies an der Gesamtpopulation. Die Mikroflora des Domiati konnte so in drei Gruppen unterteilt werden. Die erste besteht aus dominanten Bakterienspecies, die nahezu in jeder Probe vorkommen und somit die Fermentation und die organoleptischen Eigenschaften bestimmen. Zu ihnen gehören Leuconostoc mesenteroides, Lactococcus garvieae, Aerococcus viridans, Lactobacillus versmoldensis, Pediococcus inopinatus/Macrococcus caseolyticus und Lactococcus lactis subsp. lactis. Die zweite Gruppe setzt sich zusammen aus häufig in Lebensmitteln anzutreffenden Bakterienarten wie Leuconostoc citreum, Lactobacillus casei, Lactobacillus johnsonii, Staphylococcus thermophilus, Enterococcus faecalis, Enterococcus faecium/Leuconostoc pseudomesenteroides und Arten, die nicht zu den MSB zählen wie Vibrio spp., Kocuria kristinae, Corynebacterium variabile, Kocuria rhizophila, Arthrobacter spp./Brachybacterium tyrofermentans und zahlreichen Species der Koagulase-negativen Staphylokokken. Zur dritten Gruppe gehörten Arten, die im Lebensmittelmilieu gelegentlich vorkommen wie Lactococcus raffinolactis, Acinetobacter lwoffii, Staphylococcus lentus, Staphylococcus chromogenes, Enterobacter cloacae, und Klebsiella oxytoca. Einige dieser Arten sind interessanterweise auch an marine Standorte angepasst (Lactococcus garvieae, Aerococcus viridans, Vibrio spp.). Lactococcus garvieae, auch bekannt als „Enterococcus seriolicida“, ist ein bedeutendes fischpathogenes Bakterium. Durch den Herstellungsprozess werden salztolerante Bakterien wie Leuconostoc mesenteroides, Lactobacillus versmoldensis (bis zu 14 % Salz), Lactococcus lactis subsp. lactis, Staphylococcus saprophyticus, Kocuria rhizophila, Kocuria halotolerans, Brachybacterium tyrofermentans (bis zu 16 % Salz), Kocuria kristinae, und Microbacterium gubbeenense selektiert. Welche Bedeutung diesen Mikroorganismen bei der Domiati-Herstellung im Einzelnen zukommt, bedarf weiterer Forschung. KRÖCKEL 188