Entstehung von Blindstrom 1. - VH

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1.
Kompensationsanlage
Entstehung von Blindstrom
Elektrogeräte im Privatbereich und in der Wirtschaft
werden überwiegend mit Wechselspannung betrieben.
Die Frequenz dieser Wechselspannung beträgt 50 Hz. Der
Effektivwert der Spannung ist 230 Volt.
In Bild 1 ist der zeitliche Verlauf der Wechselspannung dargestellt. Der Augenblickswert der Spannung ändert sich
ständig zwischen einem positiven und einem negativen
Maximalwert. Der Betrag dieses Maximalwertes lässt sich
errechnen, indem man den Effektivwert mit dem Faktor
√⎯2 multipliziert.
Dabei ergibt sich eine maximale Spannung û = 325 V.
1.1
Ohmsche Last an Wechselspannung
Wenn an diese Versorgungsspannung elektrische Verbrauchsmittel angeschlossen werden, die ohmsche Widerstände darstellen, dann verhält sich zu jedem Zeitpunkt
der Strom proportional zur Spannung, d. h., wenn die
Spannung am größten ist, ist auch der Strom am größten;
wenn die Spannung 0 Volt beträgt, beträgt auch der
Strom 0 Ampere. Dieser Zusammenhang ist grafisch in
Bild 2 dargestellt.
Aus der Multiplikation des Stromes mit der Spannung
ergibt sich die Leistung, die im elektrischen Betriebsmittel
umgesetzt wird. Auch die Leistung ist nicht zu jedem Zeitpunkt gleich. Wenn der Strom bzw. die Spannung den
Wert 0 hat, hat auch die Leistung den Wert 0. Wenn der
Strom oder die Spannung einen Maximalwert hat, ist auch
die Leistung am größten.
Bei positiver Spannung ist auch der Strom positiv; bei
negativer Spannung hat auch der Strom ein negatives
Vorzeichen. Das Produkt aus Strom und Spannung ist
immer positiv, d. h., im elektrischen Verbrauchsmittel wird
zu jedem Zeitpunkt elektrische Energie in eine andere
Energieform umgesetzt.
Bild 1: Zeitlicher Verlauf der sinusförmigen Wechselspannung U
Bild 2:
Zusammenhang zwischen Spannung, Strom und
Leistung bei sinusförmiger Wechselspannung und
ohmscher Belastung
Bild 3:
Zusammenhang zwischen Spannung, Strom und
Leistung bei sinusförmiger Wechselspannung und
induktiver Belastung
Kompensationsanlage
1.2
Induktive Last an Wechselspannung
Werden elektrische Verbrauchsmittel an Wechselspannung angeschlossen, deren Verhalten nicht nur durch
ohmsche Widerstände bestimmt wird, sondern auch durch
induktive Anteile, dann sind Strom und Spannung nicht
mehr phasengleich. Der Strom eilt der Spannung um den
Phasenwinkel  nach. Solche elektrischen Verbrauchsmittel sind z. B. die Motoren von Kreissägen, Hobelmaschinen, Schleifmaschinen, Bohrmaschinen usw.
2.
5
Grundlagen der
Blindleistungskompensation
Bild 5 zeigt das Parallelersatzschaltbild eines elektrischen
Verbrauchsmittels mit induktivem Widerstandsanteil. Durch
den induktiven Widerstand fließt der Blindstrom IB. Durch
den ohmschen Widerstand fließt der Wirkstrom IW.
Im ohmschen Widerstand fließt zu jedem Zeitpunkt ein
Strom, der zur Spannung proportional ist. Das Produkt
aus der Spannung und dem Strom ergibt die Leistung.
Diese Leistung wird häufig als Wirkleistung bezeichnet.
Gleichzeitig fließt aber im induktiven Widerstand ein der
Spannung um 90° nacheilender Strom. Dieser Blindstrom
überlagert den Wirkstrom und führt zu einer Phasenverschiebung zwischen der Spannung und dem Strom (Bild 3,
→ S. 4). Er trägt aber nicht zur Wirkleistung (nutzbare Leistung) bei, sondern dient dem Aufbau des Magnetfeldes.
Im Magnetfeld wird aber keine Energie genutzt, sondern
nur zwischengespeichert. Beim Abbau des magnetischen
Feldes wird diese gespeicherte Energie wieder in das Netz
zurückgegeben. Sie fließt also zwischen dem Stromerzeuger und dem elektrischen Betriebsmittel hin und her. In
Bild 4 ist dieser Vorgang schematisch dargestellt.
Bild 5:
Bild 4:
Leistungsbilanz bei der Energieübertragung
Aufgabe 1:
Nennen Sie drei elektrische Verbrauchsmittel, die in
der Tischlerei zur Entstehung von induktivem Blindstrom führen.
Parallelersatzschaltbild und Zeigerdiagramm eines
induktiven elektrischen Betriebsmittels
Zwischen dem Wirkstrom und der Betriebsspannung besteht keine Phasenverschiebung. Der induktive Blindstrom
ist gegenüber der Betriebsspannung bzw. gegenüber dem
Wirkstrom um 90 ° phasenverschoben. Die geometrische
Addition der beiden Ströme ergibt den Gesamtstrom I.
Der tatsächlich fließende Strom ist wesentlich größer als
der Strom, der im elektrischen Verbrauchsmittel zu einer
nutzbaren Leistung führt. Das Verhältnis des Wirkstromes
IW zum Gesamtstrom I ergibt sich aus dem Kosinus des
Phasenverschiebungswinkels.
cos  =
Aufgabe 2:
Nennen Sie drei elektrische Verbrauchsmittel, die in
einer Anlage keinen Blindstrom erzeugen.
IW
I
Da die im Versorgungsnetz übertragene Leistung in einem
direkten Verhältnis zum fließenden Strom steht, kann man
sagen: Der cos  gibt an, welcher Teil der Gesamtleistung
vom elektrischen Verbrauchsmittel genutzt wird.
Je geringer der Anteil der genutzten Leistung ist, umso
mehr Leistung muss im Versorgungsnetz zur Verfügung
gestellt werden, um bei einem elektrischen Betriebsmittel
einen vorgegebenen Bedarf zu decken. Daher ist es sinn-
6
Kompensationsanlage
voll, einen cos  anzustreben, der einen Wert von annähernd 1 hat. Die gesamte zugeführte Leistung wird dann
nahezu ausgenutzt.
Aufgabe 3:
Welcher im Versorgungsnetz fließende Strom führt
in der Verbraucheranlage zu einer nutzbaren Leistung?
Eine volle Ausnutzung der zugeführten Leistung erfolgt
dann, wenn in der Zuleitung zum elektrischen Verbrauchsmittel kein Blindstrom, sondern nur Wirkstrom fließt. Dieses lässt sich erreichen, wenn dem Stromkreis ein Kondensator hinzugefügt wird, in dem ein kapazitiver Blindstrom
(d. h., ein Strom, der der Spannung um 90° vorauseilt)
fließt, der so groß ist, dass er den induktiven Blindstrom
ausgleicht (kompensiert).
† Wirkstrom lW
† Gesamtstrom l
† Blindstrom lB
3.
Ausführungen von
Kompensationsanlagen
Bei der Realisierung von Blindstromkompensationsanlagen werden drei unterschiedliche Arten ausgeführt.
Bei der Einzelkompensation wird jedem induktiven elektrischen Verbrauchsmittel eine Kondensatoreinheit parallel
geschaltet. Das elektrische Verbrauchsmittel und die Kondensatoreinheit sind fest miteinander verbunden.
Bild 6:
Zeitlicher Zusammenhang zwischen induktivem und
kapazitivem Blindstrom
Während im induktiven Widerstand ein positiver Strom
fließt, fließt gleichzeitig im kapazitiven Widerstand ein
gleich großer negativer Strom. Während der Strom im
induktiven Widerstand negativ ist, fließt ein positiver
Strom im kapazitiven Widerstand. Die Summe dieser beiden Blindströme ist zu jedem Zeitpunkt 0. Dadurch ist
sichergestellt, dass dem Versorgungsnetz nur noch Wirkstrom entnommen wird.
Beim Einschalten des elektrischen Verbrauchsmittels wird
gleichzeitig der Kondensator mit ans Netz geschaltet.
Diese Art der Kompensation wird häufig vorgesehen,
wenn nur einzelne größere elektrische Verbrauchsmittel
kompensiert werden sollen, ansonsten aber eine Kompensation der Gesamtanlage nicht vorgesehen ist, und
bei Leuchtstofflampen.
Dieses ist z. B. der Fall, wenn in einem Betrieb nur ein
geringer Blindstrombedarf vorhanden ist, aber häufiger
ein großes Schweißgerät benutzt wird, das einen sehr
„schlechten“ cos  hat.
In dem in diesem Ausbildungsheft betrachteten Tischlereibetrieb findet für die Leuchtstofflampenleuchten die
Einzelkompensation Anwendung. Es sind Leuchten mit
zwei Lampen eingesetzt, die in Duoschaltung betrieben
werden.
Durch die Verwendung kompensierter Leuchten in Duoschaltung wird der stroboskopische Effekt (Flimmereffekt)
der Lampen erheblich vermindert.
Bild 7:
Zeigerdiagramm bei vollkommen kompensiertem Blindstrom
Bei der Betrachtung des Zeigerdiagramms erkennt man,
dass bei gleicher Größe von kapazitivem Blindstrom lC und
induktivem Blindstrom lL diese beiden Ströme sich gegenseitig aufheben. Der Gesamtstrom I entspricht dann dem
Wirkstrom lW.
Bei der Gruppenkompensation wird für mehrere elektrische Verbrauchsmittel, die gleichzeitig geschaltet werden, eine gemeinsame Kondensatoreinheit vorgesehen.
Ihre Größe ist so bemessen, dass sie den induktiven Blindstrom der gesamten elektrischen Verbrauchsmittelgruppe
kompensieren kann.
Der Kondensator wird zusammen mit den elektrischen
Verbrauchsmitteln eingeschaltet und ausgeschaltet.
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