Pädiatrische Rheumatologie Norbert Wagner Günther Dannecker (Hrsg.) Pädiatrische Rheumatologie 2., überarbeitete Auflage Mit 334 überwiegend farbigen Abbildungen 123 Herausgeber Prof. Dr. Norbert Wagner Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der RWTH Aachen Prof. Dr. Günther Dannecker Ehem. Ärztlicher Direktor am Olgahospital, Pädiatrisches Zentrum, Klinikum Stuttgart Ergänzendes Material zu diesem Buch finden Sie auf http://extras.springer.com ISBN-13 978-3-642-34727-6 DOI 10.1007/978-3-642-34728-3 ISBN 978-3-642-34728-3 (eBook) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Medizin © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2007, 2014 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Planung: Dr. Christine Lerche, Heidelberg Projektmanagement: Claudia Bauer, Heidelberg Lektorat: Ursula Illig, Gauting Projektkoordination: Cécile Schütze-Gaukel, Heidelberg Umschlaggestaltung: deblik Berlin Fotonachweis Umschlag: © sizta / Fotolia.com Zeichnungen: Christine Goerigk, Ludwigshafen Satz und Reproduktion der Abbildungen: Fotosatz-Service Köhler GmbH – Reinhold Schöberl, Würzburg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer Medizin ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media www.springer.com V Vorwort zur 2. Auflage Sechs Jahre nach der ersten Auflage ist die vorliegende Neuauflage erforderlich geworden, da die stürmische Entwicklung in der pädiatrischen Rheumatologie unverändert weiter gegangen ist. Zahlreiche Biologicals sind inzwischen entweder zugelassen worden, oder es liegen gute Daten für ihre Wirksamkeit bei rheumatischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter vor. Als Beispiele seien die IL-1 und IL-6 Antagonisten angeführt, die bei der systemischen Verlaufsform der juvenilen idiopathischen Arthritis oder den autoinflammatorischen Erkrankungen ihren Einsatz gefunden haben. Die pädiatrische Rheumatologie hat sich in zahlreichen Kliniken und auch ambulant als Subdisziplin weiter etabliert, die Zahl der von den Ärztekammern zertifizierten Kinderrheumatologen steigt beständig an. Dank sei an dieser Stelle den zahlreichen Autoren gesagt, die ihre Kapitel überarbeitet oder neu geschrieben haben, die Autoren repräsentieren auch die langjährige fruchtbare Zusammenarbeit in der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie. Und wir möchten unseren Dank den Mitarbeiterinnen des SpringerVerlags aussprechen, die sich mit Rat und Tat sehr unterstützend an der Fertigstellung dieser 2. Auflage beteiligt haben. Unsere Anteilnahme gilt den Angehörigen der viel zu früh verstorbenen Autoren der Erstauflage, Frau Dr. Olschewski und Herrn Dr. Buckup. Wir sind zuversichtlich, dass das Buch auch künftig seine Funktion erfüllt, den in der Kinderrheumatologie Tätigen zu helfen, die ihnen anvertrauten Kindern und Jugendlichen mit einer rheumatischen Erkrankung erfolgreich und optimal zu behandeln. Zuletzt ein technischer Hinweis: Bei den zwei in der Erstauflage integrierten Kapiteln (Kapitel 14 Physiotherapie, Physikalische Therapie, Ergotherapie und Kapitel 15 Krankheitsbewältigung im Alltag) hat sich inhaltlich seit dem Erscheinen wenig geändert, diese beiden Kapitel erscheinen als aktualisierter Nachdruck unter dem Buchtitel »Rheuma bei Kindern und Jugendlichen in der Physio- und Ergotherapie (ISBN 978-3-642-40000-1) im SpringerVerlag«. Norbert Wagner Günther Dannecker Aachen, Altlangsow im Frühjahr 2013 Vorwort zur 1. Auflage Die Rheumatologie und damit auch die pädiatrische Rheumatologie hat in den letzten Jahrzehnten eine dramatische, positive Entwicklung genommen. Von einem Stiefkind der Medizin, nicht selten als Bädermedizin belächelt, erfolgte die Entwicklung hin zu einem wissenschaftlich fundierten und klinisch sehr erfolgreich arbeitenden Spezialgebiet. Unser besseres Verständnis der pathogenetischen Mechanismen ergab zusammen mit den immens verbesserten Möglichkeiten der Bildgebung aber nicht nur eine genauere Diagnostik. Noch viel wichtiger und erfreulicher ist es, dass sich dadurch in den letzten Jahren auch eine wesentliche Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten der Kinder und Jugendlichen ergab, und das Ende dieser Entwicklung ist noch nicht abzusehen. Dieses komplexe Spezialgebiet in einem deutschsprachigen Lehrbuch abzubilden war ein schon lange gehegter Traum der Herausgeber. Die Umsetzung von der Idee über den konkreten Plan bis zu dem nun vorliegenden Buch war nur durch das Zusammentreffen verschiedener begünstigender Faktoren möglich: Der oben genannten Entwicklung der pädiatrischen Rheumatologie läuft die Entwicklung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie parallel. Auch hier vollzog sich durch das Engagement aller Mitglieder der Wandel von der anfänglich nicht ohne Skepsis gesehenen Arbeitsgemeinschaft, wie der Name ja bis 2005 noch lautete, hin zur anerkannten und wahrgenommenen Gesellschaft. Die wissenschaftlichen Aktivitäten sind vielfältig und die erfolgreiche Arbeit spiegelt sich unter anderem in der Tatsache wider, dass die pädiatrische Rheumatologie in Deutschland als Zusatzbezeichnung im Bereich der Kinder- und Jugendheilkunde anerkannt wurde. Dieses Buch mit seinem vielfältigen Spezialwissen ist auch ein Zeugnis der Aktivität und Produktivität dieser Gesellschaft, aus deren Reihe mit wenigen Ausnahmen alle Autorinnen und Autoren kommen. Allen sei an dieser Stelle für Ihre engagierte Mitarbeit herzlich gedankt; und wenn wir manchen von Ihnen bei der Fertigstellung etwas auf die Füße treten mussten, hoffen wir, dass dies nicht allzu schmerzhaft war. Natürlich wäre das Projekt ohne einen mutigen und unterstützenden Verlag nicht realisierbar. Unser besonderer Dank gilt deswegen dem Springer-Verlag und seinen MitarbeiterInnen für das Wagnis und die geduldige Unterstützung bei der Idee, ein Standardlehrbuch der pädiatrischen Rheumatologie zu realisieren. Wir bedanken uns sehr bei den uns nahe stehenden Menschen, da dieses Buch nicht möglich gewesen wäre ohne ihre geduldige Unterstützung und Inspiration und ohne das Verständnis für manchen bei bestem Urlaubswetter am Schreibtisch verbrachten Tag. Es ist unser Ziel und unsere Hoffnung, dass dieses Lehrbuch allen Kinderärzten, die sich um Kinder und Jugendliche mit rheumatischen Erkrankungen kümmern, eine Hilfe sei bei der komplexen Abklärung, Differenzialdiagnostik und Therapie einer Vielzahl von sehr unterschiedlichen Erkrankungen. Es soll aber auch dem Nicht-Spezialisten helfen, eine erste Einordnung der vielfältigen Zeichen und Symptome von rheumatischen Erkrankungen zu ermöglichen. Besonders schön wäre es, wenn sich auch werdende Pädiater oder sogar Studenten der Medizin ab und zu in dieses Buch einlesen und erkennen, dass die pädiatrische Rheumatologie ein hoch spannendes und dynamisches Feld ist. Die Etablierung der pädiatrischen Rheumatologie in der medizinischen Lehre an Universitätskliniken und ihren Lehrkrankenhäusern kann kein Ziel dieses Buches sein, aber es würde uns freuen, wenn es dazu beitragen würde, diesen Denkprozess anzustoßen. Vor allen Dingen soll dieses Buch aber den betroffenen Kindern und Jugendlichen helfen, eine möglichst optimale Therapie für ihre oft durch Schmerzen und Einschränkungen geprägten rheumatischen Erkrankungen zu erhalten. Norbert Wagner Günther E. Dannecker Aachen, Stuttgart im Sommer 2007 VII Inhaltsverzeichnis 1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 2 2.1 2.2 2.3 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 3.9 3.10 3.11 3.12 3.13 3.14 3.15 3.16 3.17 3.18 4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8 4.9 4.10 Grundlagen der Autoimmunität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O. Frey, T. Kamradt, N. Wagner, J. Roth, J.-P. Haas, G. Horneff, F. Zepp, G. Dannecker T-Lymphozyten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B-Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Monozyten und Makrophagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Genetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zytokine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Autoimmunität und Infektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung: Pathogenese der Autoimmunkrankheiten . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Untersuchungstechniken . . . . . . . . . . . . . . S. Benseler, J. Brunner, T. von Kalle, M. Zieger, P. Winkler Körperliche Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . Labor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bildgebende Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 14 21 26 33 50 54 57 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pharmakotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . N. Wagner, T. Niehues, H. Michels, N.M. Wulffraat, C.A. Lindemans, J.F. Swart Nichtsteroidale Antirheumatika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glucocorticoide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sulfasalazin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antimalariamittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methotrexat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leflunomid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Azathioprin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cyclophosphamid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Penicillamin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ciclosporin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mycophenolatmofetil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gold . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . TNF-Antagonisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interleukin-1-Inhibitoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interleukin-6-Antagonist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verschiedene Substanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kombinationstherapien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Autologe Stammzelltherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Juvenile idiopathische Arthritis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . K. Minden, M. Frosch, J. Roth, D. Holzinger, G. Ganser, G. Dannecker, D. Föll, H.J. Girschick, C. Huemer, A. Heiligenhaus, C. Tappeiner, U. Neudorf, S. Bechtold-Dalla Pozza, J. Roth Nomenklatur und Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Standardisierte Beurteilungen und Qualitätskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systemische Verlaufsform (Morbus Still) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oligoartikuläre Verlaufsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polyartikuläre Verlaufsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Enthesitis-assoziierte Arthritis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Juvenile Psoriasisarthritis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uveitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wachstum, Knochenstoffwechsel und Osteoporose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 171 176 180 192 209 227 233 238 248 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 126 130 132 135 137 139 143 144 145 146 147 148 150 152 153 156 157 162 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 77 84 116 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII Inhaltsverzeichnis 4.11 Impfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 263 5 Reaktive und parainfektiöse Arthritiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 5.1 5.2 5.3 H.J. Girschick, H.I. Huppertz, U. Neudorf Reaktive Arthritis . . . . . . . . . . . . Lyme-Arthritis . . . . . . . . . . . . . . Rheumatisches Fieber . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 296 305 308 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 315 315 316 321 322 327 327 334 341 341 343 346 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 . . . . . . . . . . . . . . 350 350 351 355 358 362 363 . . . . . . . . . . . . . . . . 367 . . . . . . . . 368 373 380 381 Vaskulitiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 G. Dannecker, T. Hospach, J. Kümmerle-Deschner, S. Benseler, T. Kallinich, R. Keitzer, M. Frosch, J. Roth Kawasaki-Erkrankung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Purpura Schönlein-Henoch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Takayasu-Arteriitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Morbus Behçet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Granulomatose mit Polyangiitis (Wegener-Granulomatose) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Panarteriitis nodosa, Churg-Strauss-Syndrom und andere seltene Vaskulitiden bei Kindern Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 397 400 408 413 418 424 6 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 6.7 6.8 6.9 6.10 6.11 6.12 7 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 8 8.1 8.2 8.3 9 9.1 9.2 9.3 9.4 9.5 9.6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systemischer Lupus erythematodes . . N. Wagner, D. Haffner, K. Tenbrock, G. Dannecker Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Häufigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Genetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pathogenese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pathologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klinische Symptome . . . . . . . . . . . . . . . Diagnose und Differenzialdiagnose . . . . . Lupusnephritis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antiphospholipid-Syndrom . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dermatomyositis . . . . . . A. Thon Definition . . . . . . . . . . . . Ätiologie und Pathogenese . Klinik . . . . . . . . . . . . . . . Diagnose . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . Prognose . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sklerodermie und Sharp-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Foeldvari Lokalisierte Sklerodermie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systemische Sklerodermie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sharp-Syndrom (Mischkollagenose, »mixed connective tissue disease«) Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Inhaltsverzeichnis 10 10.1 10.2 10.3 10.4 10.5 10.6 10.7 10.8 11 Periodische Fiebersyndrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . T. Kallinich Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Familiäres Mittelmeerfieber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cryopyrin-assoziierte periodische Syndrome (CAPS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . TNF-Rezeptor-assoziiertes periodisches Syndrom (TRAPS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hyper-IgD-Syndrom (HIDS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . PFAPA-Syndrom (periodisches Fieber, aphthöse Stomatitis, Pharyngitis und Adenopathie) Weitere monogene Erkrankungen mit rezidivierendem Fieber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 437 440 448 452 455 458 460 460 Nichtrheumatische Ursachen von Arthralgien und Arthritiden . . . . . . . . . . . . . . . . . 465 . . . . . . . . . T. Wirth, G. Horneff, W. Mannhardt-Laakmann, F. Zepp, M. Weiß, H.J. Girschick, H. Morbach, S. Bielack, F. Schilling 11.1 11.2 11.3 11.4 11.5 11.6 11.7 11.8 11.9 11.10 Orthopädische Differenzialdiagnosen und häufige Krankheitsbilder . . . . . . . Akute transiente Arthritis des Hüftgelenks (Coxitis fugax) . . . . . . . . . . . . . . Immundefekterkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stoffwechselerkrankungen, Skelettdysplasien und Bindegewebserkrankungen Pseudorheumaknoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wachstumsschmerzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nichtbakterielle Osteomyelitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leukämien und maligne Knochentumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hämophilie und Sichelzellkrankheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Idiopathische muskuloskelettale Schmerzverstärkungssyndrome . . T. Hospach Chronisch regionales Schmerzverstärkungssyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . Generalisiertes idiopathisches Schmerzverstärkungssyndrom – Fibromyalgie Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 491 492 506 514 515 517 524 529 536 538 . . . . . . . . . . . . 545 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 546 549 553 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555 12.1 12.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Autorenverzeichnis Bechtold-Dalla Pozza, Susanne, PD Dr. med. Frosch, Michael, Prof. Dr. med. Klinikum der Universität München Dr. von Haunersches Kinderspital Lindwurmstraße 2a 80337 München Deutsches Kinderschmerzzentrum und Kinderpalliativzentrum Datteln Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln Universität Witten/Herdecke Dr.-Friedrich-Steiner-Straße 5 45711 Datteln Benseler, Susanne, Dr. med. Hospital of Sick Children, Division of Rheumatology 555 University Avenue M5G 1X8 Toronto Kanada Bielack, Stefan, Prof. Dr. med. Klinikum Stuttgart Olgahospital Pädiatrie 5 – Onkologie, Hämatologie, Immunologie, Rheumatologie, Gastroenterologie und Allgemeine Pädiatrie Bismarckstraße 8 70176 Stuttgart Brunner, Jürgen, PD Mag. Dr. Dipl. oec. med. Medizinische Universität Innsbruck Kinderklinik Anichstraße 35 6020 Innsbruck Österreich Ganser, Gerd, Dr. med. Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Kinderrheumatologie, Physikalische Therapie Klinik für Kinder- und Jugendrheumatologie Nordwestdeutsches Rheumazentrum Westtor 7 48324 Sendenhorst Girschick, Hermann, Prof. Dr. Vivantes Klinikum im Friedrichshain Kinderrheumatologie, -Immunologie, -Infektiologie, -Osteologie, Autoimmunerkrankungen Landsberger Allee 49 10249 Berlin Haas, Johannes-Peter, Prof. Dr. med. Dannecker, Günther, Prof. Dr. med. Ärztlicher Direktor der Kinderklinik Garmisch-Partenkirchen gGmbH Gehfeldstraße 24 82467 Garmisch-Partenkirchen Feldweg 1 15306 Seelow Haffner, Dieter, Prof. Dr. med. Foeldvari, Ivan, Dr. med. Hamburger Zentrum für Kinder- und Jugendrheumatologie Kompetenz-Zentrum für Uveiits und Sklerodermie im Kindes- und Jugendalter An der Schön Klinik Hamburg Eilbek Dehnhaide 120 22081 Hamburg Föll, Dirk, Prof. Dr. med. Universitätsklinikum Münster Institut für Immunologie Röntgenstraße 21 48149 Münster Medizinischen Hochschule Hannover Klinik für Pädiatrische Nieren-, Leber- und Stoffwechselerkrankungen Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover Heiligenhaus, Arnd, Prof. Dr. med. St. Franziskus-Hospital Augenabteilung Hohenzollernring 74 48145 Münster Holzinger, Dirk , Dr. med. Universitätsklinikum Münster Albert-Schweitzer-Campus 1 48149 Münster Frey, Oliver, PD Dr. med. Universitätsklinikum der Friedrich-Schiller-Universität Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik Leutragraben 3 07743 Jena Horneff, Gerd, Prof. Dr. med. Asklepios Klinik St. Augustin GmbH Abteilung für Allgemeine Kinder- und Jugendmedizin Arnold-Janssen-Straße 29 53757 Sankt Augustin XI Autorenverzeichnis Hospach, Toni, Dr. med. Mannhardt-Laakmann, Wilma, PD Dr. med. Klinikum Stuttgart Olgahospital Pädiatrie 5 – Onkologie, Hämatologie, Immunologie, Rheumatologie, Gastroenterologie und Allgemeine Pädiatrie Bismarckstraße 8 70176 Stuttgart Universitätsmedizin Mainz Kinderklinik Langenbeckstraße 1 55131 Mainz Michels, Hartmut, Dr. med. Minden, Kirsten, Dr. med. Huemer, Christian, Univ.-Doz. Dr. med. Kinder- und Jugendheilkunde Landeskrankenhaus Bregenz Carl-Pedenz-Straße 2 A-6900 Bregenz Huppertz, Hans-Iko, Prof. Dr. med. Klinikum Bremen-Mitte Professor-Hess-Kinderklinik Friedrich-Karl-Straße 55 28205 Bremen Kallinich, Tilmann, PD Dr. med. Universitätsmedizin Berlin Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie und Immunologie Otto Heubner Centrum für Kinder- und Jugendmedizin der Charité Augustenburger Platz 1 13353 Berlin Universitätsmedizin Berlin Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie und Immunologie Otto Heubner Centrum für Kinder- und Jugendmedizin der Charité Augustenburger Platz 1 13353 Berlin Morbach, Henner, Dr. med. Universitätsklinikum Würzburg Kinderklinik und Poliklinik Josef-Schneider-Straße 2 97080 Würzburg Neudorf, Ulrich, Dr. med. Universitätsklinikum Essen Klinik für Kinderheilkunde III Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Hufelandstraße 55 45122 Essen Kamradt, Thomas, Prof. Dr. med. Niehues, Tim, Prof. Dr. med. Universitätsklinikum Jena Institut für Immunologie Leutragraben 3 07743 Jena Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin Lutherplatz 40 47805 Krefeld Roth, Johannes, Prof. Dr. med. Keitzer Rolf, Dr. med. Kümmerle-Deschner, Jasmin, PD Dr. med. Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Tübingen Rheumatologisches Zentrum Hoppe-Seyler-Straße 1 72076 Tübingen Lindemans, Caroline, Dr. med. Wilhelmina Children’s Hospital University Medical Center Utrecht P.O. Box 85090 03508 Utrecht Niederlande University of Ottawa Children’s Hospital of Eastern Ontario 401 Smyth Road K1H 8L1 Ottawa Kanada Roth, Johannes, Prof. Dr. med. Universitätsklinikum Münster Institut für Immunologie Röntgenstraße 21 48149 Münster Schilling, Freimut, Dr. med. Klinikum Stuttgart Olgahospital Pädiatrie 5 – Onkologie, Hämatologie, Immunologie, Rheumatologie, Gastroenterologie und Allgemeine Pädiatrie Bismarckstraße 8 70176 Stuttgart XII Autorenverzeichnis Swart, Joost, Dr. med. Wulffraat, Nico, Prof. Dr. Wilhelmina Children‹s Hospital University Medical Center Utrecht P.O. Box 85090 3508 Utrecht Niederlande University Medical Center Utrecht Wilhelmina Children‹s Hospital P.O. Box 85090 3508 Utrecht Niederlande Tappeiner, Christoph, Dr. med. Zepp, Fred, Prof. Dr. med. Inselspital Bern Universitätsklinik für Augenheilkunde Freiburgstraße 3 3010 Bern Schweiz Universitätsmedizin Mainz Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin Langenbeckstraße 1 55131 Mainz Zieger, Michael, Dr. med. Tenbrock, Klaus, PD Dr. med. Universitätsklinikum Aachen Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Pauwelsstraße 30 52074 Aachen Thon, Angelika, Dr. med. Medizinische Hochschule Hannover Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie Kinderheilkunde I Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover von Kalle, Thekla, Dr. Klinikum Stuttgart Olgahospital Radiologisches Institut Bismarckstraße 8 70176 Stuttgart Wagner, Norbert, Prof. Dr. med. Universitätsklinikum Aachen Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Pauwelsstraße 30 52074 Aachen Weiß, Michael, Prof. Dr. med. Kliniken der Stadt Köln gGmbH Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Amsterdamer Straße 59 50735 Köln Winkler, Peter, Prof. Dr. med. Wirth, Thomas, Prof. Dr. med. Klinikum Stuttgart Olgahospital Orthopädische Klinik Bismarckstraße 8 70176 Stuttgart Klinikum Stuttgart Olgahospital Radiologisches Institut Bismarckstraße 8 70176 Stuttgart XIII Evidenz-basierte Medizin (EBM) Evidenz-basierte Medizin (EBM) »Die Praxis der EBM bedeutet die Integration individueller klinischer Expertise mit der bestmöglichen externen Evidenz aus systematischer Forschung.« (David L. Sackett, 1996) Die Autoren haben sich bemüht, soweit verfügbar, das Evidenzniveau für die Therapieempfehlungen bei den im Buch behandelten Erkrankungen anzugeben. Auffallend ist das häufige Fehlen kontrollierter Studien für viele Erkrankungen bzw. Medikamente im Kindesalter. Dies sollte zugleich Motivation sein, sich an entsprechenden Studien zu beteiligen, um die wissenschaftliche Grundlage der Therapie zu verbreitern. Die Graduierung des Evidenzniveaus ist im Buch einheitlich angegeben, die Wiedergabe an dieser Stelle soll das Lesen erleichtern: Ia Ib IIa IIb III IV Evidenz aufgrund von Meta-Analysen randomisierter, kontrollierter Studien Evidenz aufgrund von mindestens einer randomisierten, kontrollierten Studie Evidenz aufgrund von mindestens einer gut angelegten, kontrollierten Studie Evidenz aufgrund von mindestens einer gut angelegten, quasi experimentellen Studie Evidenz aufgrund gut angelegter, nicht experimenteller deskriptiver Studie (z. B. Fall-KontrollStudie) Evidenz aufgrund von Expertenmeinung 1 Grundlagen der Autoimmunität O. Frey, T. Kamradt, N. Wagner, J. Roth, J.-P. Haas, G. Horneff, F. Zepp, G. Dannecker 1.1 T-Lymphozyten 1.2 B-Zellen 1.3 Monozyten und Makrophagen 1.4 Genetik 1.5 Zytokine 1.6 Autoimmunität und Infektion 1.7 Zusammenfassung: Pathogenese der Autoimmunkrankheiten – 54 Literatur –2 – 14 – 21 – 26 – 33 – 50 – 57 N. Wagner, G. Dannecker (Hrsg.), Pädiatrische Rheumatologie, DOI 10.1007/978-3-642-34728-3_1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 1 1 2 Kapitel 1 · Grundlagen der Autoimmunität 1.1 T-Lymphozyten O. Frey, T. Kamradt T-Lymphozyten (T-Zellen) nehmen bei der Bildung von Immunantworten eine wesentliche Rolle ein, da sie einerseits wichtige Effektorzellen des Immunsystems sind und andererseits bedeutende Aufgaben bei der Initiation, der Aufrechterhaltung und der Regulation von Immunantworten erfüllen. Wohl am deutlichsten wird die zentrale Rolle dieser Zellpopulation am Beispiel der HIV-Infektion illustriert, in deren Folge es aufgrund eines zunehmenden Mangels an T-Helferzellen zu opportunistischen Infektionen kommt, die letztendlich tödlich verlaufen. Alle T-Zellen besitzen einen Antigenrezeptor, den T-ZellRezeptor (TZR), und exprimieren zusätzlich Korezeptoren, anhand derer sich eine erste funktionelle Unterteilung vornehmen lässt. Es gibt T-Zellen, die den Korezeptor CD8 exprimieren. Diese werden auch als zytotoxische T-Zellen bezeichnet. Diese CD8-positiven (CD8+) zytotoxischen T-Zellen sind darauf spezialisiert, infizierte Körperzellen zu erkennen und zu töten. Ihr T-Zell-Rezeptor erkennt Antigene im Kontext mit MHC-Klasse-I-Molekülen. MHC-Klasse-I-Moleküle werden auf der Membran aller kernhaltigen Zellen exprimiert. Sie präsentieren Antigene, die aus dem Zytosol stammen, also von der Zelle selbst produziert wurden. Dabei handelt es sich normalerweise um zelleigene Proteine, die keine Aktivierung der zytotoxischen T-Zellen induzieren. Bei Infektionen mit Viren oder anderen intrazellulären Erregern werden jedoch auch virale bzw. mikrobielle Proteine von der infizierten Zelle produziert und gelangen mit den MHC-Klasse-I-Molekülen auf die Zellmembran, wo sie von CD8+-TZellen erkannt werden können. Durch die Zerstörung der infizierten Zellen verhindern zytotoxische T-Zellen die Bildung neuer viraler Partikel. CD4-positive T-Zellen werden als T-Helferzellen (Th) bezeichnet. Sie erkennen Antigene, die von MHC-Klasse-II-Molekülen präsentiert werden. MHC-Klasse-II-Moleküle werden normalerweise ausschließlich von professionellen antigenpräsentierenden Zellen, dazu zählen dendritische Zellen, Makrophagen und B-Zellen, exprimiert. Bezüglich ihrer Effektorfunktion stellen CD4+-T-Zellen eine heterogene Zellpopulation dar. So können sie u. a. Makrophagen und andere Effektorzellen des angeborenen Immunsystems aktivieren und die Bildung von Immunglobulinen durch B-Zellen steuern. Diese vielfältigen und hocheffektiven Funktionen ermöglichen die erfolgreiche Abwehr fast aller Pathogene durch das Immunsystem. Eine inadäquate oder fehlregulierte T-Zell-Antwort ist an der Entstehung von Autoimmunerkrankungen wie Typ1-Diabetes, multipler Sklerose oder rheumatoider Arthritis, aber auch von allergischen Erkrankungen beteiligt. 1.1.1 Entwicklung von T-Zellen T-Zellen entwickeln sich wie alle Zellen des Immunsystems aus undifferenzierten Vorläufern, den hämatopoetischen Stammzellen. Die lymphoiden Vorläuferzellen entstehen im Knochenmark aus pluripotenten Stammzellen. Während die B-Lymphozyten im Knochenmark ausreifen und als funktionsfähige Zellen ins Blut gelangen, wandern unreife T-ZellVorläufer aus dem Knochenmark über das Blut in den Thymus ein. Dort finden alle wesentlichen Entwicklungsschritte vom T-Zell-Vorläufer bis hin zur reifen T-Zelle statt. Eine Aplasie des Thymus, beispielsweise beim DiGeorge-Syndrom führt zu einer drastisch verringerten Anzahl der peripheren T-Zellen und damit der zellulären Immunantwort und der T-Zell-abhängigen Antikörperproduktion. Ein wesentlicher Teil der intrathymischen Entwicklung und Reifung von T-Zellen ist die Generierung der T-Zell-Rezeptoren sowie die positive und negative Selektion der T-Zell-Vorläufer. Entstehung der Diversität der T-Zell-Rezeptoren Die Antigenrezeptoren der T-Zellen (T-Zell-Rezeptoren, TZR) bestehen aus zwei Ketten, entweder einer α- und einer β-Kette oder einer γ- und einer δ-Kette. T-Zellen mit einem αβ-TZR stellen mit über 90% den Hauptanteil der T-Zellen im Organismus. T-Zellen mit einem γδ-TZR kommen vorwiegend als intraepitheliale T-Zellen vor und unterscheiden sich in Antigenspezifität und Funktion deutlich von αβ-T-Zellen. Die physiologische Funktion der γδ-T-Zellen ist immer noch nicht sicher bekannt. Deshalb werden im Folgenden nur die αβ-T-Zellen besprochen. Eine weitere Zellpopulation, die einen T-Zell-Rezeptor exprimiert, sind natürliche Killer-T-(NKT-)Zellen. Diese Zellen exprimieren sowohl T-Zell- als auch NK-Zell-Marker. Ihre Rolle in der Pathogenese von Autoimmunerkrankungen ist derzeit noch so unklar, dass auf ihre nähere Beschreibung hier verzichtet wird. Wie Immunglobuline sind auch T-Zell-Rezeptoren nicht durch ein einzelnes Gen im Erbgut kodiert, sondern entstehen durch Rekombination (auch als Umlagerung bezeichnet) einzelner Gensegmente während der Entwicklung jeder T-Zelle. Diese Gensegmente werden als V- (»variable«), D- (»diversity«), J- (»joining«) und C- (»constant«) Gene bezeichnet. Jede TZR-β-Kette besteht also aus jeweils einem V-, D-, J- und C-Element; die TZR-α-Ketten weisen keine D-Elemente auf, bestehen also aus jeweils einem V-, J- und C- Element. Die Segmente, aus denen die α-Kette entsteht, liegen auf Chromosom 14 und bestehen aus 70 Vα, 61 Jα und einem C-Gen, während die für die β-Kette kodierenden Gensegmente (52 Vβ, 13 Jβ, 2 Dβ und 2 Cβ) auf Chromosom 7 liegen (. Abb. 1.1). Der erste Schritt in der Generierung eines TZR besteht in der erfolgreichen Rekombination der Gene für die β-Kette. Diese erfolgt zunächst durch die Zusammenlagerung eines Vβ- mit einem Jβ-Segment zu einem VJβ-Segment. Im zweiten Schritt lagert sich dieses VJβ-Segment mit einem D-Segment zu einem VDJβ-Gen zusammen. Dieses rearrangierte VDJβ ergibt zusammen mit einem Cβ-Segment die komplette TZRβ-Kette. Durch die hohe Anzahl verschiedener V-, D- und JGene können allein durch die Rekombination dieser Gene mehr als 2000 verschiedene β-Ketten generiert werden. Diese 3 1.1 · T-Lymphozyten Vα 1-80 Jα1-61 Cα α-Ketten-Gene der Keimbahn-DNA Rearrangierte DNA für α-Kette Variable konstant T-Zell-Rezeptor (Protein) Rearrangierte DNA für β-Kette β-Ketten-Gene der Keimbahn-DNA Vβ 1-52 Dβ1 und 2 J β1-13 C β1 und 2 . Abb. 1.1 Schematische Darstellung der Rekombination der T-Zell-Rezeptor- (TZR) Ketten. Während der Entwicklung jeder T-Zelle kommt es zur Rekombination der Keimbahn-DNA der einzelnen Gensegmente für die α- und die β-Kette des TZR. An den Verbindungsstellen der einzelnen Gensegmente werden noch Nukleotide eingefügt. Nach der Transkription und Translation der einzelnen Ketten wird der komplette TZR aus beiden Ketten gebildet Diversität durch Rekombination wird noch dadurch erhöht, dass an den Verbindungsstellen der einzelnen Gensegmente zufällig Nukleotide eingefügt werden können. Die rearrangierte TZR-β-Kette wird zunächst zusammen mit einer invarianten Surrogat-α-Kette (und dem CD3-Komplex, s. unten) auf der Zelloberfläche exprimiert. Die Expression dieses Prä-T-Zell-Rezeptors hat mehrere Konsequenzen: Erstens wird eine weitere Rekombination der für die β-Kette kodierenden Gene unterdrückt, so dass jede T-Zelle nur eine β-Kette exprimieren kann. Dies bezeichnet man als »allelische Exklusion«. Zweitens führt die Aktivierung des Prä-TZR zu einer Proliferation der T-Zell-Vorläufer. Dadurch kommt es zu einer Expansion der T-Zell-Vorläufer mit diesem erfolgreich rekombinierten TZR-β-Ketten-Locus. Nach dem Ende der proliferativen Phase ist jede dieser T-Zellen mit gleichartig rearrangierter β-Kette in der Lage, individuell die Gene für die α-Kette zu rearrangieren. Das bedeutet, dass beliebige Kombinationen aus der rearrangierten β-Kette mit einer rearrangierten α-Kette gebildet werden können. Dies bezeichnet man als kombinatorische Diversität. Die Rekombination der TZR-αKette erfolgt genauso wie die Rekombination der β-KettenGene, mit der Ausnahme, dass für die α-Kette keine D-Gensegmente existieren. Bemerkenswert an der Rekombination der TZR-Gene ist die enorme Anzahl der möglichen T-Zell-Rezeptoren, die hierdurch entstehen können. Allein die Kombination der verschiedenen Gensegmente erlaubt knapp 6 Millionen verschiedene TZR. Durch das zufällige Einfügen von Nukleotiden an den Verbindungsstellen der einzelnen Gensegmente wird die Anzahl der theoretisch denkbaren T-Zell-Rezeptoren auf über 1016 erhöht. Der extrazelluläre Teil der α- und der β-Kette besitzt eine konstante und eine variable Region. Für die variablen Regionen kodieren die V- und J-Segmente (und D-Segmente bei der β-Kette) der rearrangierten Keimbahn-DNA, während die C-Gene für den konstanten Anteil der Ketten kodieren. Die variable Region beider Ketten zusammen bildet den antigenbindenden Teil des TZR. Beide Ketten sind kovalent miteinander verbunden. Sie besitzen beide eine Transmembranregion und einen kurzen zytoplamatischen Teil. Der zytoplasmatische Teil der TZR-Ketten selbst besitzt keine Bindungsstellen für Signaltransduktionsmoleküle. Die αβ-Kette ist daher immer gemeinsam mit einem Komplex verschiedener invarianter Moleküle exprimiert, die die Signaltransduktion in die Zelle vermitteln. Dieser Komplex wird als CD3-Komplex bezeichnet und besteht aus zwei ε-, einer γ- und einer δ-Kette, die auf der Zelloberfläche exprimiert werden, sowie zwei intrazellulären ζ-Ketten. Alle diese Ketten besitzen sog. ITAM (»immunoreceptor tyrosine-based activation motif«), an denen durch Phosphorylierung von Tyrosinresten die Signaltransduktionskaskade in Gang gesetzt wird. > Die Diversität der T-Zell-Rezeptoren entsteht durch drei Mechanismen: 4 In jeder T-Zelle werden die Gene für die α- und β-Untereinheiten rearrangiert (Diversität durch Rekombination). 6 1 4 1 Kapitel 1 · Grundlagen der Autoimmunität 4 Dabei können an den Verbindungsstellen der einzelnen Gensegmente noch zufällig Nukleotide eingefügt werden (junktionale Diversität). 4 Die zufällige Kombination der rearrangierten α- und β-TZR-Ketten wird als kombinatorische Diversität bezeichnet. MHC-Restriktion von T-Zellen Im Gegensatz zu B-Zellen können T-Zellen keine löslichen Antigene erkennen. Prinzipiell können T-Zellen durch Pathogene oder deren Bestandteile nicht direkt aktiviert werden. Außerdem erkennen T-Zellen ausschließlich Peptide, und ignorieren demzufolge alle anderen chemischen Substanzklassen. Jedes Antigen muss also zunächst in der Zelle in Peptide zerlegt werden und wird dann von bestimmten Molekülen gebunden, die sie schließlich den T-Zellen präsentieren. Diese für die Antigenpräsentation spezialisierten Moleküle werden als MHC- (»major histocompatibility complex-«)Moleküle bezeichnet. Die Gene, die für die MHC-Moleküle kodieren, sind beim Menschen auf dem Chromosom 6 lokalisiert. Man unterscheidet drei Klassen von MHC-Genen: Klasse-I- und Klasse-IIGene kodieren u. a. für die Moleküle, mit denen Antigene präsentiert werden, während Klasse-III-Gene für verschiedene andere Moleküle, die für die Immunabwehr wichtig sind, kodieren (z. B. Komplementfaktoren, Tumornekrosefaktor). Beim Menschen werden diese Gene als HLA (»human leukocyte antigen«) bezeichnet. Klasse-I-Moleküle sind Heterodimere, die aus einer α-Kette und einer konstanten β-Kette, dem β2-Mikroglobulin, bestehen. Sie werden auf der Oberfläche aller kernhaltigen Zellen exprimiert. Beim Menschen existieren drei unterschiedliche Genorte für MHC-I-α-Ketten, die zusammen mit der β2-Mikroglobulin HLA-A-, -B- oder -CMoleküle formen. Die Klasse-II-Moleküle werden normalerweise nur auf Zellen exprimiert, die auf die Präsentation von Antigenen spezialisiert sind. Solche professionellen antigenpräsentierenden Zellen (APZ) sind beispielsweise B-Zellen, Makrophagen und dendritische Zellen. HLA-Klasse-II-Moleküle bestehen aus einer α- und einer β-Kette. Diese Ketten werden kodominant exprimiert. Jeder Mensch exprimiert deshalb für jeden Genort der MHC-Klasse-II-Moleküle (DR, DP, DQ) zwei α- und zwei β-Ketten (je eine von Vater und Mutter). Diese bilden dann die αβ-Heterodimere der MHC-Klasse-II-Moleküle. Die Tatsache, dass in jedem Menschen verschiedene Genorte existieren, die für unterschiedliche Proteine mit gleicher Funktion kodieren, wird als Polygenie bezeichnet. HLA-Moleküle sind hochpolymorph. So existieren beispielsweise in der menschlichen Population ca. 400 verschiedene Allele, die für die α-Kette von HLA-B kodieren. Die HLA-Moleküle werden kodominant exprimiert. Ungeachtet der verschiedenen allelen Varianten der HLA-Moleküle in der Gesamtpopulation exprimiert jeder einzelne Mensch also je zwei HLA-A, -B oder -C und zwei HLA-DR, -DP und -DQ. Durch den enormen Polymorphismus der HLA-Gene in der Population sind die meisten Menschen heterozygot an jedem dieser Genorte. Deswegen exprimiert jeder Mensch 6 verschiedene HLA-Klasse-I-Moleküle (je ein HLA-A, -B oder -C von Vater und von Mutter). Da die HLA-Klasse-II-Moleküle aus einer α- und einer β-Kette bestehen, für die jeweils allele Formen existieren, wird die Diversität dieser Moleküle noch gesteigert, indem Kombinationen aus α- und β-Ketten mütterlicher und väterlicher Herkunft gebildet werden. Trotz ihrer unterschiedlichen Zusammensetzung aus entweder einer polymorphen α- und einer konstanten β-Kette (HLA-Klasse I) oder zwei polymorphen Ketten (HLA-Klasse II) sind sich beide Moleküle äußerlich sehr ähnlich. Beide Klassen von HLA-Molekülen besitzen an ihrer Oberfläche eine Grube, in die das antigene Peptid gebunden wird. Diese Bindungstasche wird bei den Klasse-I-Molekülen von der α-Kette allein und bei den Klasse-II-Molekülen gemeinsam von der α- und der β-Kette gebildet. Diese Struktur aus Antigenbindungsgrube und dem daran gebundenen Antigenpeptid ist die eigentliche Struktur, die Kontakt mit dem T-ZellRezeptor hat und von diesem erkannt wird. Die allelen Formen der HLA-Moleküle unterscheiden sich hauptsächlich in dem Bereich der einzelnen Ketten, die diese Bindungstasche für das Antigen bilden. Das bedeutet, dass die allelen Formen der Moleküle unterschiedliche Spezifitäten für die Bindung von Peptiden besitzen. Jeder Mensch verfügt also über ein individuelles Repertoire an antigenbindenden Molekülen, die unterschiedliche Peptide binden können. Der Polymorphismus der HLA-Moleküle in der Population und die Polygenie im Individuum vergrößern also das Repertoire von Peptiden, die gebunden und den T-Zellen präsentiert werden können. So wird verhindert, dass sich Pathogene durch Mutation der Bindung ihrer Peptide an die HLAMoleküle der Immunantwort entziehen können. Andererseits macht dies ein genau auf die exprimierten HLA-Moleküle abgestimmtes TZR-Repertoire notwendig. Diese Abstimmung findet durch Selektionsprozesse im Thymus statt. Diese Selektionsprozesse sorgen dafür, dass eine T-Zelle ein Peptid nur im Kontext mit einem bestimmten HLA-Molekül erkennen kann. Wenn das gleiche Peptid von einem anderen HLAMolekül präsentiert wird, kann die gleiche T-Zelle dadurch nicht aktiviert werden. Dieses Phänomen wird als MHC-Restriktion von T-Zellen bezeichnet. Antigenpräsentation ist die einzig bekannte Aufgabe von HLA-Molekülen. Die Häufung bestimmter HLA-Allele bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen und deren Assoziation mit schweren Verläufen ist also ein gewichtiger Hinweis auf eine Beteiligung von T-Zellen in der Pathogenese von Autoimmunität (7 2.1.5). T-Zellen können nur durch an HLA-Moleküle gebundene Peptide aktiviert werden. Diese HLA-Moleküle sind: 4 polygen, d. h. es existieren mehrere unterschiedliche Moleküle mit gleichartiger Funktion, und 4 polymorph, d. h. von jedem Gen existieren in der Population allele Varianten. Die T-Zellen eines Individuums erkennen nur Antigene, die von MHC-Molekülen des Individuums präsentiert werden. Dies wird als MHC-Restriktion von T-Zellen bezeichnet. 5 1.1 · T-Lymphozyten Positive und negative Selektion Die mehr oder weniger zufällig verlaufende Rekombination der TZR-Gene und die Diversität der HLA-Moleküle, die durch deren Polygenie und Polymorphismus verursacht wird, garantiert, dass ein möglichst breites Spektrum an Antigenen durch die T-Zellen erkannt werden kann. Andererseits ist es dadurch auch möglich, dass TZR entstehen, die keine Peptid/ HLA-Moleküle erkennen können, also für die Immunantwort nutzlos sind. Die andere mögliche Konsequenz aus der zufälligen Zusammensetzung der TZR ist, dass solche TZR entstehen, die körpereigene Antigene erkennen und so Autoimmunität verursachen können. Durch die Selektion der T-Zellen im Thymus soll verhindert werden, dass solche nutzlosen oder potenziell gefährlichen T-Zellen in das periphere Immunsystem entlassen werden. Diese Prozesse sind sehr strikt: Nur ca. 5% der T-Zell-Vorläufer verlassen jemals als reife T-Zelle den Thymus. Die Selektionsprozesse verlaufen in zwei Stufen, die als positive oder negative Selektion bezeichnet werden. Während der positiven Selektion interagieren die T-ZellVorläufer mit kortikalen Epithelzellen des Thymus, auf denen sowohl MHC-Klasse-I- und -Klasse-II-Moleküle exprimiert werden. In diesem Stadium werden von den T-Zellen beide Korezeptoren (sowohl CD4 als auch CD8) exprimiert. Falls der TZR also entweder ein Klasse-I- oder ein Klasse-II-Molekül erkennt, erhält die T-Zelle ein Aktivierungssignal und differenziert sich weiter. T-Zellen, die MHC-Klasse-I-Moleküle erkennen, exprimieren dann nur noch CD8 und entwickeln sich zu zytotoxischen T-Zellen. Diejenigen T-Zellen, die Klasse-II-Moleküle erkennen, exprimieren später nur noch CD4 und differenzieren sich zu T-Helferzellen. T-Zellen, deren TZR überhaupt nicht sinnvoll mit den MHC-Molekülen des Individuums interagieren kann, werden durch Apoptose eliminiert. Bei der positiven Selektion werden also die T-Zellen ausgewählt, die überhaupt in der Lage sind, selbst MHCMoleküle zu erkennen und gleichzeitig ihre Zugehörigkeit zu den funktionell unterschiedlichen T-Zell-Subpopulationen festgelegt. Die überlebenden T-Zellen wandern tiefer in das Mark des Thymus ein und begegnen dort sowohl antigenpräsentierenden Zellen, die über das Blut einwandern, als auch Stromazellen des Thymus. Diese Zellen exprimieren Selbstpeptid/MHC-Moleküle. Die T-Zellen, deren TZR mit hoher Avidität diese Selbstantigen/MHC-Komplexe erkennt, sterben durch Apoptose. Somit werden T-Zellen eliminiert, die körpereigene Antigene erkennen und damit potenziell gefährlich sind. Im Thymus werden dazu eine Reihe von Autoantigenen exprimiert, die normalerweise nur in bestimmten Organen oder Geweben exprimiert werden. Diese promiskuitive Genexpression in den Stromazellen des Thymus wird u. a. durch das Molekül AIRE (»autoimmune regulator«) gesteuert. Ein durch Mutationen verursachter Funktionsverlust des AIRE-Proteins ist die Ursache des APS-1 (»autoimmune polyglandular syndrome 1«), auch als APECED (»autoimmune polyendocrinopathy, candidiasis, ectodermal dystrophy«) bekannt. Diese monogene Autoimmunerkrankung ist durch erhöhte Titer organspezifischer Autoantikörper gekennzeichnet. Die Autoimmunattacken richten sich insbesondere gegen die endokrinen Organe. Die Elimination von T-Zellen, die körpereigene Strukturen sehr gut erkennen können, ist ein wesentlicher Mechanismus, mit dem Autoimmunität verhindert wird. Die Abwesenheit immunologischer Attacken gegen körpereigene Strukturen wird als immunologische Toleranz bezeichnet. Da der Thymus ein primäres lymphatisches Organ ist, wird die Elimination autoreaktiver T-Zellen im Thymus als zentrale Toleranz bezeichnet. > Durch Selektionsprozesse im Thymus wird das durch Rekombination zufällig generierte T-Zell-Rezeptor-Repertoire an das individuelle Muster von HLA-Molekülen des Organismus angepasst: 4 Durch positive Selektion werden T-Zell-Vorläufer eliminiert, die nicht mit den HLA-Molekülen des Körpers interagieren können. 4 Durch negative Selektion werden T-Zellen eliminiert, die eine zu hohe Affinität zu Selbstpeptid/ MHC-Molekülen aufweisen. 4 Die negative Selektion ist ein wichtiger Mechanismus der Verhinderung von Autoimmunität. Sie wird auch als zentrale Toleranz bezeichnet. 1.1.2 Antigenpräsentation und Aktivierung von T-Zellen Generierung von MHC/Peptid-Komplexen HLA-Klasse-I- und -Klasse-II-Moleküle unterscheiden sich durch die Herkunft der Antigene, die sie T-Zellen präsentieren. HLA-Klasse-I-Moleküle, die auf allen kernhaltigen Zellen exprimiert werden, präsentieren normalerweise Antigene, die von der Zelle selbst synthetisiert werden. Dies können beispielsweise virale Proteine sein, die im Zytoplasma synthetisiert werden. Diese Proteine werden von einem Proteinkomplex, dem Proteasom, in Peptidfragmente degradiert. Die Antigenpeptide werden vom Transportprotein TAP (»transporter associated with antigen processing«) in das Lumen des endoplasmatischen Retikulums transportiert und dort mit der α-Kette des HLA-Klasse-I-Moleküls und β2-Mikroglobulin zum kompletten Klasse-I-Molekül komplexiert. Der komplette Komplex aus HLA-Klasse-I-Molekül und Peptid wird dann auf der Oberfläche der Zelle exprimiert. HLA-Klasse-II-Moleküle werden normalerweise nur von professionellen antigenpräsentierenden Zellen, also Makrophagen, dendritischen Zellen und B-Lymphozyten, exprimiert. Diese Zellen nehmen exogene Antigene durch Phagozytose auf. Die dadurch entstandenen Vesikel, sog. Phagosomen, fusionieren dann mit Lysosomen. Dadurch sinkt der pH-Wert in den Vesikeln ab, was zur Aktivierung verschiedener Proteasen führt. Durch diese Proteasen werden dann die aufgenommenen Antigene degradiert. Die MHC-Klasse-IIMoleküle werden wie die Klasse-I-Moleküle im endoplasmatischen Retikulum (ER) generiert. Im Gegensatz zum KlasseI-Präsentationsweg werden die Antigenpeptide jedoch nicht dorthin transportiert, sondern die MHC-Klasse-II-Moleküle werden in speziellen Vesikeln (»MHC class II compartment«, MIIC) mit den antigenen Peptiden beladen. Dabei ist es essenziell, dass die MHC-Klasse-II-Moleküle nicht bereits bei ihrer 1 6 1 Kapitel 1 · Grundlagen der Autoimmunität Bildung im ER mit Peptiden binden, die dorthin transportiert oder von der Zelle selbst gebildet werden. Dies wird durch eine invariante Kette verhindert, die die antigenbindende Grube des MHC-Klasse-II-Moleküls blockiert. Auf ihrem Weg zur Zelloberfläche fusionieren die Phagosomen, die das prozessierte Antigen enthalten, mit den MIIC-Vesikeln. Durch die aktivierten Proteasen wird dann die invariante Kette vom MCH-II-Molekül entfernt und dieses mit dem Antigenpeptid beladen. Der Komplex aus Peptid und MHC-II wird dann auf der Zelloberfläche exprimiert. > Die Antigene, die von HLA-Klasse I oder -Klasse II präsentiert werden, unterscheiden sich in ihrer Herkunft: 4 HLA-Klasse I präsentiert Peptide, die von der Zelle selbst synthetisiert werden. 4 HLA-Klasse II präsentiert Peptide, die von APZ aufgenommen werden. 4 In beiden Fällen kann es sich um körpereigene oder von Pathogenen stammende Peptide handeln. T-Zell-Aktivierung Nachdem sie den Thymus über den Blutstrom verlassen haben, erreichen naive T-Zellen sekundäre lymphatische Organe wie Lymphknoten und Milz. Dort verlassen sie die Blutbahn, wandern durch das lymphatische Gewebe und erreichen dann wieder den Blutstrom. Naive T-Zellen rezirkulieren also ständig durch die sekundär-lymphatischen Organe. Nur in den sekundären lymphatischen Organen sind die Bedingungen gegeben, die zur Aktivierung naiver T-Lymphozyten notwendig sind. Demzufolge müssen die Antigene auch in diese Organe transportiert werden. Dies geschieht im Wesentlichen durch antigenpräsentierende Zellen (APZ). Besonders effiziente APZ sind dendritische Zellen (DZ). Diese sind strategisch an allen Eintrittspforten des Körpers für Mikroorganismen lokalisiert, also in der Haut und in den oberen Schichten von der Schleimhaut von Atmungs-, Verdauungs- und Urogenitaltrakt. Die DZ patroullieren durch diese Gewebe und phagozytieren ständig Antigene. Dies können einerseits körpereigene Antigene aus abgestorbenen Zellen oder aber Antigene von Pathogenen sein. Seit einiger Zeit weiß man, dass die lebenswichtige Unterscheidung zwischen harmlosen Selbstantigenen und Fremdantigenen, die eine adaptive Immunantwort notwendig machen, nicht allein von den Lymphozyten mit ihren klonalen Antigenrezeptoren getroffen wird. Die sog. Fremd/SelbstUnterscheidung wird maßgeblich von den Zellen des angeborenen Immunsystems, z. B. den phagozytierenden DZ getroffen. DZ und andere Zellen des Immunsystems besitzen sog. Toll-like-Rezeptoren (TLR). Diese TLR entstehen nicht, wie T-Zell-Rezeptoren, durch die Rekombination bestimmter Gensegmente im Individuum. Sie sind demnach keine klonalen Rezeptoren, sondern sind evolutionär hochkonserviert. Sie sind deswegen auch nicht in der Lage, ein breites Spektrum von unterschiedlichen Antigenen individuell zu erkennen. Stattdessen erkennen sie bestimmte molekulare Signaturen, die entweder typisch für bestimmte Mikroorganismen sind, aber nicht beim Menschen vorkommen (z. B. Lipopolysaccharid, LPS) oder mit nekrotischem Zelltod verbunden sind (z. B. Harnsäure). Diese molekularen Signaturen werden auch als »pathogen-associated molecular patterns« (PAMP) oder »danger associated molecular patterns« (DAMP) bezeichnet. Ein Beispiel dafür ist Lipopolysaccharid (LPS, Endotoxin), ein Bestandteil gramnegativer Bakterien. LPS bindet an den TLR4 und induziert eine massive Aktivierung der Zelle. Andere Beispiele für PAMP, die von spezifischen TLR erkannt werden, sind doppelsträngige RNA (spezifisch für Viren, bindet an TLR3), bestimmte Lipoproteine (spezifisch für grampositive Bakterien) und Zymosan (spezifisch für Hefen, binden TLR2) und CpG-Motive in der DNA (vor allem bei Bakterien, binden TLR9). Insgesamt sind 11 unterschiedliche TLR mit Spezifität für unterschiedliche PAMP bekannt. Sie sind also von entscheidender Bedeutung für die immunologische Selbst/ Fremd-Unterscheidung. Die Aktivierung von Toll-like-Rezeptoren auf DZ führt zu einer Reihe von Veränderungen, die für die Induktion einer T-Zell-Antwort notwendig sind. Dies wird als Ausreifung der DZ bezeichnet. 4 Es kommt zu einer vermehrten Expression kostimulatorischer Moleküle (s. unten) und damit zu einer verbesserten Präsentation von Peptid/MHC-Komplexen. 4 Reife DZ sind nicht mehr in der Lage, weiter Antigene zu phagozytieren. Dies soll verhindern, dass Autoantigene von bereits durch TLR-Signale aktivierten DZ aufgenommen und präsentiert werden können. 4 Aktivierte DZ migrieren in die jeweiligen drainierenden Lymphknoten, den Ort der T-Zell-Aktivierung. Rezirkulierende naive T-Zellen wandern über »high endothelial venules« aus dem Blutstrom in die Lymphknoten ein. Dort haben sie viele transiente Kontakte mit DZ. Man geht davon aus, dass eine DZ pro Stunde mit ca. 500–5000 verschiedenen T-Zellen interagieren kann. T-Zellen, die auf ihrem Weg durch den Lymphknoten nicht auf eine APZ treffen, deren Peptid/MHC-Komplexe sie erkennen können, verlassen den Lymphknoten wieder und zirkulieren durch andere sekundärlymphatische Organe. Diese ständige Rezirkulation der Lymphozyten durch den Körper erhöht die Wahrscheinlichkeit des Zusammentreffens einer T-Zelle mit einer bestimmten TZR-Spezifität mit einer DZ mit dem entsprechenden Peptid/ MHC-Komplex. Es wird angenommen, dass die Frequenz von naiven T-Zellen, die spezifisch für ein bestimmtes Antigen sind, nur zwischen 0,0001 und 0,000001% aller T-Zellen beträgt. Deswegen sind die DZ, die Antigene aus peripheren Geweben in die Lymphknoten transportieren, in den Bereichen der Lymphknoten lokalisiert, in denen die rezirkulierenden T-Zellen aus dem Blut in diese Organe eintreten. Erkennt eine T-Zelle mit ihrem TZR den entsprechenden Peptid/MHC-Komplex, kommt es zur Ausbildung einer komplexen Struktur, die aus Peptid/MHC/TCR-Komplexen sowie Adhäsionsmolekülen besteht, dem sog. »supramolecular activation cluster« (SMAC). Dieser SMAC stabilisiert die Interaktion mit der APZ und sorgt gleichzeitig für eine Konzentra- 7 1.1 · T-Lymphozyten tion der für die Signalübermittlung ins Zellinnere notwendigen Moleküle. Die Bindung des TZR und der entsprechenden Korezeptoren (CD4 oder CD8) am Peptid/MHC-Komplex setzt eine komplizierte Signaltransduktionskaskade in Gang, die hier nur in den Grundzügen dargestellt werden kann. Diese Kaskade beginnt mit der Aktivierung der Tyrosinkinasen Lck und Fyn. Lck ist mit dem zytoplasmatischen Teil der CD4oder CD8-Korezeptoren assoziiert. Die Bindung dieser Korezeptoren zusammen mit dem TZR am Peptid/MHC-Molekül bringt Lck in die Nähe bestimmter Regionen in den invarianten Ketten des TZR/CD3-Komplexes. Solche Regionen findet man an einer ganzen Reihe von aktivierenden Rezeptoren im Immunsystem, sie werden daher als »immunreceptor tyrosine-based activation motif« (ITAM) bezeichnet. Lck (und Fyn, das durch die TZR-Aktivierung mit der ε- und ζ-Kette des TZR/CD3-Komplexes assoziiert) beginnen nun, die Tyrosinreste der ITAM zu phosphorylieren. Diese Phosphorylierung erlaubt die Bindung des Moleküles ZAP-70 (»zeta-associated protein«) an der ζ-Kette des TZR/CD3-Komplexes. ZAP-70 aktiviert dann weiter Adaptermoleküle, die im Wesentlichen drei Signaltransduktionskaskaden in Gang setzen. 4 Zunächst kommt es zur Aktivierung von Phospholipase C-γ. Dieses Enzym spaltet Phosphatidylinositolbisphosphat (PIP2) in Diacylglycerol (DAG) und Inositoltrisphosphat (IP3). 4 DAG führt dann zur Aktivierung der Proteinkinase C, die daraufhin den Transkriptionsfaktor NF-κB aktiviert. 4 IP3 erhöht die intrazelluläre Kalziumkonzentration, was zur Aktivierung der Phosphatase Calcineurin führt, die wiederum den Transkriptionsfaktors NFAT (»nuclear factor of activated T cells«) aktiviert. 4 Weiterhin kommt es zur Aktivierung einer Kaskade von MAP-Kinasen, die AP-1, einen weiteren Transkriptionsfaktor, aktivieren. Diese aktivierten Transkriptionsfaktoren setzen schließlich die Genexpression in Gang. Verschiedene Immunsuppressiva blockieren die Signaltransduktion des T-Zell-Rezeptors: Ciclosporin A und Tacrolimus binden an die intrazellulären Proteine Cyclophilin beziehungsweise FK-bindendes Protein. Beide Komplexe binden an Calcineurin und verhindern dessen Aktivierung durch die gestiegene intrazelluläre Kalziumkonzentration, was dann die Aktivierung von NFAT verhindert. Genetische und experimentelle Daten zeigen, dass Mutationen oder Varianten von Molekülen, die an der Signaltransduktion von T-Zellen beteiligt sind, die Suszeptibilität für Autoimmunerkrankungen erhöhen. Eine veränderte Signaltransduktion kann nicht nur zu einer verminderten oder verstärkten T-Zell-Aktivierung führen, sondern auch die Selektion der T-Zell-Vorläufer im Thymus beeinflussen, weil in diesen Selektionsprozessen auch TZR-Signale beteiligt sind. So kommt es in Mäusen mit einer ZAP-70-Mutation zum Auftreten einer spontanen Arthritis, die der Rheumatoiden Arthritis in vielen Aspekten ähnlich ist. > Die Aktivierung naiver T-Zellen erfolgt in den sekundären lymphoiden Organen durch professionelle antigenpräsentierende Zellen. Diese besitzen Rezeptoren, mit denen sie molekulare Muster von Pathogenen erkennen können. Nur wenn sie über diese Rezeptoren aktiviert wurden, können antigenpräsentierende Zellen zur T-Zell-Aktivierung und damit zur Initiation einer adaptiven Immunantwort führen. Kostimulation Ein Signal über den T-Zell-Rezeptor allein ist nicht ausreichend für die Aktivierung von T-Zellen. Zur vollständigen Aktivierung brauchen T-Zellen zusätzliche, sog. kostimulatorische Signale. Diese werden typischerweise von antigenpräsentierenden Zellen vermittelt. Die am besten charakterisierten kostimulatorischen Moleküle sind CD80 und CD86, die früher auch als B7.1 und B7.2 bezeichnet wurden und auf antigenpräsentierenden Zellen exprimiert werden. Beide Moleküle interagieren mit CD28 auf T-Zellen, das ein aktivierendes Signal in die T-Zelle vermittelt. CD28 wird von naiven T-Zellen konstitutiv exprimiert und ist essenziell für deren Aktivierung. Die Antigenerkennung naiver T-Zellen durch ihren TZR ohne Kostimulation über CD28 führt zur funktionellen Inaktivierung der T-Zellen. Diese funktionelle Inaktivierung wird als Anergie bezeichnet und ist einer der Mechanismen, mit denen Toleranz im Immunsystem aufrechterhalten wird. Nach ihrer Aktivierung können T-Zellen noch eine Reihe anderer Moleküle exprimieren, welche die Aktivierung und Effektorfunktionen von T-Zellen modulieren. Eines dieser Moleküle ist »cytotoxic T lymphocyte antigen -4« (CTLA-4) oder CD152. CD152 vermittelt im Gegensatz zu CD28 inhibitorische Signale in die Zelle. Durch seine im Vergleich zu CD28 etwa 1000-fach höhere Affinität zu CD80/CD86 kann CD152 das CD28-Molekül von seinen Interaktionspartnern verdrängen und so inhibierend auf die T-Zellen wirken. Die kompetitive Inhibition der CD28/B7-Interaktionen wird therapeutisch für die Therapie von Autoimmunerkrankungen ausgenutzt. Durch die Injektion eines Fusionsproteins aus dem extrazellulären Teil des CTLA-4-Moleküles und dem Fc-Teil von humanen Immunglobulinen (CTLA-4Ig) wird die Bindung von CD28 an B7-Molekülen und damit die Kostimulation verhindert. Dieses immunmodulatorische Therapieprinzip ist bei der rheumatoiden Arthritis wirksam und zugelassen. Ebenfalls nach ihrer Aktivierung wird von T-Zellen das Molekül »inducible costimulator« (ICOS) exprimiert. ICOS gehört wie CTLA-4 zur CD28-Familie. Der Ligand für ICOS (ICOS-Ligand, wird auch als LICOS, B7h oder B7RP1 bezeichnet) wird auf antigenpräsentierenden Zellen, aber auch in nichtlymphoiden Geweben (wie beispielsweise Endothelzellen oder Fibroblasten) exprimiert. Kostimulatorische Signale über ICOS können T-Zell-Effektorfunktionen somit nicht nur in lymphatischen Organen, sondern auch in peripheren Geweben regulieren. ICOS/ICOS-Ligand-Interaktionen scheinen insbesondere entscheidend für T-Zell-vermittel- 1 8 1 Kapitel 1 · Grundlagen der Autoimmunität te B-Zell-Antworten und für die Aufrechterhaltung immunologischer Toleranz wichtig zu sein. Zwei weitere Mitglieder der CD28-Familie sind PD-1 (»programmed cell death-1«) und BTLA (»B and T lymphocyte attenuator«), die wie CTLA-4 inhibitorische Signale in die T-Zellen vermitteln. Die Liganden für diese Moleküle gehören zur B7-Familie und werden als PD-L1 (B7-H1), PD-L2 (B7DC), B7-H3 oder B7-H4 (B7x/B7-S1) bezeichnet. Es wird angenommen, das PD-1 mit PD-L1 und PD-L2 interagieren kann. Der Ligand für BTLA ist HVEM (»herpes virus entry mediator«) und kann sowohl inhibitorische wie pro-inflammatorische Signale vermitteln. PD-1 und BTLA werden von B-Zellen exprimiert und scheinen somit eine breite immunregulatorische Funktion zu haben. Weitere kostimulatorischer Signale werden über Rezeptor/Liganden-Paare vermittelt, die zur Tumornekrosefaktor(TNF-)/TNF-Rezeptor-Familie gehören. Eines dieser Moleküle ist CD154 (CD40-Ligand), das von aktivierten T-Zellen exprimiert wird und mit CD40 auf APZ interagiert. CD40CD154-Interaktionen sind bidirektional, das bedeutet, dass Signale über diese Moleküle nicht nur die T-Zellen, sondern auch die APZ aktivieren können. Weitere wichtige Mitglieder der TNF-Familie sind OX40 (CD134), 4-1BB (CD137) und GITR (»glucocorticoid-induced TNF-receptor«). Interessanterweise vermitteln die konstitutiv exprimierten kostimulatorischen Moleküle (CD28 und andere, hier nicht erwähnte) ausnahmslos aktivierende Signale in die TZelle, während die durch T-Zell-Aktivierung exprimierten Moleküle sowohl aktivierende (ICOS, OX40, 4-1BB) als auch hemmende (CTLA-4, PD-1) Signale vermitteln können. Von allen bekannten kostimulatorischen Liganden sind nur B7.1 und B7.1 ausschließlich auf APZ exprimiert. Alle anderen können auch von anderen Zellen wie Endothel- oder Epithelzellen und Fibroblasten exprimiert werden. Die koordinierte Expression der aktivierenden oder inhibierenden kostimulatorischen Moleküle und ihrer jeweiligen Liganden zu bestimmten Zeitpunkten und in bestimmten Geweben erlaubt eine exakte zeitliche und räumliche Modulation der Immunantwort. Es ist daher zu erwarten, dass eine Blockade solcher kostimulatorischer Signale neue therapeutische Optionen für die Therapie von Autoimmunerkrankungen bietet. > Ein Signal über den Antigenrezeptor allein ist nicht ausreichend zur Aktivierung von T-Zellen, sondern führt zu deren funktioneller Inaktivierung, der Anergie. Daher werden zur T-Zell-Aktivierung immer kostimulatorische Signale benötigt. Die Moleküle, über die diese Signale vermittelt werden, werden entweder konstitutiv oder aktivierungsabhängig exprimiert. Die koordinierte Expression der Liganden zu bestimmten Zeitpunkten und an bestimmten Orten kann regulierend auf die Immunantwort einwirken. 1.1.3 Effektormechanismen von T-Zellen Nach ihrer Aktivierung über den TZR und kostimulatorische Moleküle beginnen T-Zellen das Zytokin Interleukin-2 (IL-2) zu sezernieren. Gleichzeitig beginnen sie, den IL-2-Rezeptor zu exprimieren. Dieser Rezeptor besteht aus der α-Kette (CD25) und zwei weiteren Ketten. Die Aktivierung dieses Rezeptors durch die autokrine oder parakrine IL-2-Sekretion führt zur Proliferation dieser T-Zellen. Diese Proliferation, die über mehrere Tage andauern kann, führt zu einer massiven Expansion der T-Zellen mit der gleichen Antigenspezifität, die pathogene Mikroorganismen effizient bekämpfen können. Während dieser Proliferation beginnen die T-Zellen Rezeptoren für Chemokine und Adhäsionsmoleküle zu exprimieren, die sie für den Eintritt in periphere Gewebe, den Ort der Effektor-T-Zell-Antwort, benötigen. Effektorfunktionen von CD8+-T-Zellen Obligat intrazellulär lebende Mikroorganismen oder Viren sind für Antikörper und andere Moleküle des Immunsystems nur schwer zu erreichen. Um solche Pathogene zu eliminieren, muss die Wirtszelle mit beseitigt werden. Auf diese Aufgabe sind CD8-positive, sog. zytotoxische T-Zellen spezialisiert. Sie erkennen körperfremde Antigene, die aus dem Zytoplasma stammen und die im Kontext mit MHC-Klasse-I-Molekülen präsentiert werden. Zu einer solchen Antigenpräsentation sind im Prinzip alle kernhaltigen Zellen des Körpers befähigt, da sie alle MHC-I exprimieren. Die Aktivierung von CD8+-T-Zellen erfolgt jedoch ausschließlich durch antigenpräsentierende Zellen im Lymphknoten. Dafür gibt es verschiedene Gründe: 4 Den MHC-I-exprimierenden Zellen fehlen kostimulatorische Moleküle, die für die T-Zell-Aktivierung essenziell sind. 4 Naive T-Zellen sind aufgrund ihres Expressionsmusters von Chemokinrezeptoren und Adhäsionsmolekülen gar nicht in der Lage, in andere Gewebe als die sekundär lymphatischen Organe einzuwandern. 4 Die Effektorfunktion von zytotoxischen T-Zellen, nämlich die Zerstörung von Zielzellen, ist für den Körper potenziell gefährlich. Deswegen sind CD8+-Zellen für ihre Aktivierung auf die Hilfe von CD4+-T-Zellen angewiesen. CD4+-T-Zellen, die Antigen/MHC-Komplexe auf der gleichen APZ wie die CD8+-Zelle erkennen, stimulieren die Expression von kostimulatorischen Molekülen durch CD40-Ligand/CD40-Interaktionen auf dieser Zelle. Erst diese vermehrte Kostimulation ist dann ausreichend für eine vollständige Aktivierung von CD8+T-Zellen. Wenn die zytotoxische T-Zelle vollständig aktiviert wurde, ist sie in der Lage, in die infizierten Organe einzuwandern. Dort tötet sie nach erneuter Erkennung des Peptid/MHC-Komplexes die jeweilige Zielzelle ab. Die erneute Erkennung stellt sicher, dass nur infizierte, nicht aber nichtinfizierte Zellen in der Nachbarschaft abgetötet werden. Zytotoxische T-Zellen können Zielzellen über verschiedene Mechanismen abtöten. Durch die Freisetzung von Perforin 9 1.1 · T-Lymphozyten können sie Poren in der Membran der Wirtszelle verursachen. Durch diese Poren gelangt dann eine Reihe von Proteasen in das Zytoplasma der Zielzelle und setzt dort die Apoptose in Gang. Außerdem können zytotoxische T-Zellen auch FasLigand exprimieren. Fas-Ligand (CD178) ist ein Mitglied der Tumornekrosefaktor-Familie. Die Ligation von Fas (CD95) auf Zielzellen durch Fas-Ligand induziert in der Zielzelle Apoptose. Eine weitere Effektorfunktion von CD8-positiven T-Zellen ist die Sekretion von Zytokinen, wie beispielsweise Interferon-γ und TNF-α, die die Expression von MHCKlasse-I-Molekülen erhöhen und Makrophagen aktivieren können. Fast alle Körperzellen exprimieren MHC-Klasse-I-Moleküle und können daher von zytotoxischen T-Zellen zerstört werden. CD8+-T-Zellen sind beim Typ-1-Diabetes CD8+Zellen wichtige Effektorzellen bei der Zerstörung der insulinproduzierenden β-Zellen des Pankreas. Auch die Assoziation der ankylosierenden Spondylitis mit HLA-B27, einem KlasseI-HLA-Molekül, ist ein Hinweis auf eine Beteiligung dieser Zellen an der Pathogenese dieser Autoimmunerkrankung. > Die Aufgabe von zytotoxischen Effektor-T-Zellen besteht vor allem darin, infizierte Zielzellen abzutöten. Dies erfolgt durch die Freisetzung von Perforin oder durch eine Apoptoseinduktion über Fas-Ligand/FasInteraktionen. Die Aktivierung von CD8+-T-Zellen wird von CD4+-T-Zellen kontrolliert. Effektorfunktionen von CD4+-T-Zellen CD4+-T-Helfer-(Th-)Zellen aktivieren und steuern verschiedene Aspekte der Immunantwort. Die Aktivierung und Steuerung der Immunantwort erfolgt hauptsächlich über die Wirkung von Zytokinen. CD4+-T-Zellen können eine Vielzahl unterschiedlicher Zytokine produzieren. Dazu gehören u. a. die Interleukine (derzeit sind mehr als 35 bekannt), Interferone, Tumornekrosefaktor und Transforming growth factor (TGF). Dazu kommen noch Chemokine, mit denen das Migrationsverhalten von Zellen gesteuert wird. Naive Th-Zellen können vor allem IL-2 und TNF-α produzieren. Effektor/Gedächtnis-Th-Zellen sind bezüglich ihrer Zytokinproduktion eine heterogene Zellpopulation. Keine ausdifferenzierte Th-Zelle exprimiert gleichzeitig alle Zytokine und Chemokine, die von Th-Zellen prinzipiell produziert werden könnten. Stattdessen exprimieren unterschiedliche Th-Zellen unterschiedliche Sets von Zytokinen, von denen manche auffallend häufig koexprimiert werden. Anhand der Zytokinproduktion unterscheidet man auch heute noch gelegentlich nach einem sehr vereinfachten Schema T-Helfer1-Zellen, die hauptsächlich Interferon- (IFN-)γ und TNF-β sezernieren, von T-Helfer-2-Zellen, die hauptsächlich IL-4, IL-5 und IL-13 sezernieren. Die Entscheidung, ob sich eine proliferierende T-Zelle in eine Th1- oder eine Th2-Zelle differenziert, wird ihr hauptsächlich vom Zytokinmilieu während der Differenzierung diktiert. Die Entwicklung von Th1Zellen wird von IL-12 gefördert und von IL-4 gehemmt, während die Entwicklung von Th2-Zellen von IL-4 gefördert und von IFN-γ gehemmt wird. Die beiden Subpopulationen kön- nen sich also gegenseitig hemmen. Nach erfolgter Differenzierung von Th1- oder Th2-Zellen ist es ab einem bestimmten Punkt nicht mehr möglich, das Muster ihrer Zytokinproduktion zu beeinflussen. Das bedeutet, dass sich eine ausdifferenzierte Th1-Zelle nicht mehr in eine Th2-Zelle umpolarisieren lässt. Dies wird durch epigenetische Modifikationen der entsprechenden Zytokingene und die Überexpression bestimmter Transkriptionsfaktoren in den Zellen der jeweiligen Subpopulationen verursacht. Dieses »Einrasten« der Zellen in ein stabiles Zytokinproduktionsmuster macht therapeutische Ansätze, die eine Veränderung der Polarisation der T-Zellen zum Ziel haben, sehr schwierig. Die wichtigste Funktion von Th1-Zellen ist die Aktivierung von Makrophagen. Dies erfolgt durch die IFN-γSekretion und Signale über CD40-Ligand/CD40-Interaktionen. Aktivierte Makrophagen sind essenziell für die zellvermittelte Immunität und damit für die Abwehr intrazellulär lebender Mikroorganismen, wie Mykobakterien. Th2-Zellen sind dagegen essenziell für die Aktivierung der humoralen Immunantwort. Sie können über CD40-Ligand/CD40-Interaktionen B-Zellen die Produktion von Immunglobulinen aktivieren und gleichzeig durch ihre Zytokinproduktion den Isotypenswitch induzieren. Die humorale Immunantwort und damit die Th2-Zellen sind von entscheidender Bedeutung für die Abwehr extrazellulärer Erreger. Lange Zeit wurde vermutet, dass sich die Pathogenese verschiedener entzündlicher Erkrankungen wie beispielsweise chronischer Arthritiden, multipler Sklerose oder Allergien mit einem Ungleichgewicht zwischen Th1- und Th2-Zellen erklären lässt. In der Tat scheinen bei Autoimmunerkrankungen Th1-vermittelte Effektorfunktionen wie z. B. die Makrophagenaktivierung eine große Bedeutung zu besitzen. Ebenso sind Th2-Zellen für die Pathogenese allergischer Entzündungen essenziell. Überraschenderweise sind aber Mäuse, die genetisch defizient für IFN-γ sind, sehr viel suszeptibler für die Induktion von Autoimmunität im Tiermodell. Das Fehlen von IL-4 hingegen kann den Verlauf experimenteller Arthritiden entweder hemmen oder lässt ihn unbeeinflusst, was gegen eine protektive Rolle von Th2-Zellen spricht. Im Modell der experimentellen autoimmunen Enzephalomyelitis, einem Tiermodell für die multiple Sklerose, lässt sich allein mit Th2Zellen auch die Krankheit induzieren. Mit einem einfachen Ungleichgewicht zwischen den einzelnen T-Zell-Subsets lässt sich die Pathogenese chronisch-entzündlicher Erkrankungen also nicht erklären. Erst in jüngerer Zeit ist gezeigt worden, dass T-Helferzellen existieren, die sich nicht als Th1- oder Th2-Zellen klassifizieren lassen. Diese Zellen produzieren die proinflammatorischen Zytokine IL-17, TNF-α und IL-6 und werden als Th17-Zellen bezeichnet. IL-17 wird für die Überwindung von Pilzinfektionen und Infektionen mit bestimmten extrazellulären Bakterien benötigt. IL-17 hat auch entzündungsfördernde Wirkungen nicht nur auf hämatopoetische Zellen, sondern auch auf Stromazellen wie Fibroblasten. Th17-Zellen sind besonders wichtig für die Entstehung von Gewebsentzündungen und damit in der Pathogenese von gewebsdestruktiven Autoimmunerkrankungen (. Abb. 1.2). 1 10 Kapitel 1 · Grundlagen der Autoimmunität 1 TH1 Makrophagenaktivierung IFN-γ 2 IL-1 naiv DZ IL-17 TH 17 IL-23 Mobilisierung und Rekrutierung von Neutrophilen IL- 4 TH2 Antikörperproduktion IL-4 . Abb. 1.2 Funktionelle Subpopulationen von T-Helferzellen. Die Differenzierung der verschiedenen Subsets erfolgt nach der Aktivierung der naiven T-Zellen unter der Mitwirkung typischer Zytokine. Die von den einzelnen Subpopulationen produzierten Zytokine können jeweils die Differenzierung der anderen Subsets hemmen. DZ dendritische Zelle, IL Interleukin, TH T-Helferzelle, IFN Interferon T-Zellen können also in Abhängigkeit vom Aktivierungszustand, der von kostimulatorischen Molekülen, Zytokinen etc. bestimmt wird, unterschiedliche transkriptionelle Programme aktivieren, die zu unterschiedlichen Effektorfunktionen führen. Th1, Th2 und Th17-Zellen sind nicht nur durch die Produktion einer jeweils spezifischen Kombination von Zytokinen charakterisiert. Für jedes dieser funktionellen Subsets wurden Transkriptionsfaktoren beschrieben, deren Überexpression zur Produktion der Subset-spezifischen Zytokine führt. Anschaulich und zugleich etwas vereinfacht werden diese Transkriptionsfaktoren daher auch als »Master-Transkriptionsfaktoren« bezeichnet. Es sind t-bet (für Th1), GATA-3 (für Th2) und RORγt (für Th17). Allerdings ist die Expression dieser Transkriptionsfaktoren in vivo nicht in allen Fällen exklusiv. Th Zellen können also z. B. gleichzeitig T-Bet und RORJt einfügen. Die schematische Einteilung in Th1, Th2, Th17 (und möglicherweise weitere) funktionelle Subsets ist zum grundsätzlichen Verständnis der Th-Zell-Effektorfunktionen sinnvoll, auch wenn die Realität erheblich komplexer ist. So gibt es durchaus Th-Zellen die Zytokine unterschiedlicher Subsets ko-exprimieren, also z. B. das Th1-Zytokin IFN-γ und das Th2-Zytokin IL-4. Das immunsuppressive Zytokin IL-10 kann von Th1, Th2 und Th17 Zellen produziert werden. Einige IL-17 produzierende Th-Zellen produzieren gleichzeitig IL-22, andere nicht. Die Liste der Beispiele ließe sich noch erheblich verlängern. Konzeptionell wichtig ist, dass die Zytokinproduktion von Th-Zellen erheblich flexibler ist als noch vor wenigen Jahren vermutet wurde und ganz offensichtlich durch Umwelteinflüsse in vivo erheblich beeinflusst werden kann. Insofern erscheint es nicht sinnvoll, jedes entdeckte Zytokin-Ko-Expressionsmuster zum Anlass zu nehmen, ein neues Th-Subset zu deklarieren (Th3, Th9, Th22 ...). T-Zellen können nicht nur Immunantworten initiieren und aufrechterhalten, sondern auch herunterregulieren (7 Abschn. 1.1.4, »Regulatorische T-Zellen«). Eine bemerkenswerte Eigenschaft von T-Zell-Antworten ist, dass sich ein immunologisches Gedächtnis ausbilden kann. Durch dieses immunologische Gedächtnis wird gewährleistet, dass bei einem erneuten Kontakt mit dem gleichen Antigen eine schnellere und effektivere Immunantwort ausgeprägt wird. Diese sog. sekundäre Immunantwort basiert darauf, dass es im Verlauf jeder T-Zell-Antwort zur Bildung von Gedächtnis-T-Zellen kommt. Man kann zwei unterschiedliche Arten von Gedächtnis-T-Zellen unterscheiden: 4 So genannte Effektor-Memory-T-Zellen sind nach ihrer Aktivierung sehr schnell in der Lage, große Mengen von Zytokinen zu produzieren und in entzündete Gewebe einzuwandern. 4 Zentrale Memory-Zellen rezirkulieren durch sekundärlymphatische Organe. Beide Typen von Gedächtniszellen reagieren empfindlicher auf TZR-Stimulation und sind weniger auf Kostimulation angewiesen. Durch die Bildung von Gedächtnis-T-Zellen ist die Frequenz von antigenspezifischen T-Zellen ca. 100- bis 1000fach höher als vor einer Immunantwort. Demzufolge sind sowohl quantitative als auch qualitative Veränderungen der T-Zell-Population verantwortlich für das immunologische Gedächtnis. > Die Effektorfunktionen von Th-Zellen werden hauptsächlich über Zytokine vermittelt. Anhand der Zytokinproduktion lassen sich die Th-Zellen in verschiedene Subpopulationen einteilen, die verschiedene Arme der Immunantwort aktivieren können. Die Bildung von Gedächtnis-T-Zellen erlaubt bei erneutem Kontakt mit dem Antigen eine schnellere und effizientere Immunantwort. 1.1.4 T-Zell-Toleranz Zentrale Toleranz Der Antigenrezeptor der T-Zellen wird zufällig durch die Rekombination bestimmter Gensegmente generiert. Dies stellt 11 1.1 · T-Lymphozyten . Abb. 1.3 Positive und negative Selektion im Thymus. Unreife T-Zellen wandern in den Thymus ein, wo ihnen Antigen präsentiert wird. T-Zellen, deren TZR eine sehr niedrige Affinität zu den MHC-Selbstpeptid-Komplexen haben, erhalten kein Überlebenssignal und sterben durch Apoptose ab. Zellen mit einer sehr starken Affinität werden ebenfalls durch Apoptose eliminiert. Nur T-Zell-Vorläufer mit einer mittleren Affinität für diese Komplexe reifen im Thymus aus und wandern in die Peripherie, wo sie aktiviert werden können einerseits sicher, dass das Repertoire der T-Zell-Rezeptoren ausreicht, um alle Erreger effektiv erkennen und bekämpfen zu können, und verhindert, dass sich Erreger durch Anpassung an ein bestimmtes TZR-Repertoire der Immunantwort entziehen können. Andererseits bietet dieser Mechanismus die Möglichkeit zur Entstehung von T-Zellen, die körpereigene Antigene erkennen können. Diese autoreaktiven T-Zellen können dann wiederum die Grundlage für Autoimmunerkrankungen sein. Diese Zellen zu eliminieren ist somit für den Körper essenziell und erfolgt durch die negative Selektion. Dabei werden den sich entwickelnden T-Zell-Vorläufern von Stromazellen und APZ Selbstantigen/MHC-Komplexe präsentiert. Die T-Zellen, die diese Autoantigene sehr gut erkennen, sterben durch Apoptose ab und werden so eliminiert (. Abb. 1.3). Dieser Prozess ist eine Erklärung für die Assoziation bestimmter HLA-Moleküle mit Autoimmunerkrankungen: Möglicherweise sind bestimmte HLA-Moleküle schlechter als andere in der Lage, bestimmte Autoantigene zu präsentieren, was zu einer mangelhaften Elimination bestimmter autoreaktiver T-Zellen führen kann. Die Präsentation der Autoantigene wird durch den Transkriptionsfaktor AIRE reguliert. AIRE sorgt dafür, dass normalerweise organ- oder gewebsspezifisch exprimierte Antigene auch in den Stromazellen des Thymus exprimiert werden. Ein Funktionsverlust des AIRE-Gens hat beim Menschen ein katastrophales Autoimmunsyndrom (APS-1 oder APECED), das verschiedene Organe befällt, zur Folge. Dieses schwere Krankheitsbild, das durch eine beeinträchtigte negative Selektion verursacht wird, unterstreicht die Bedeutung der zentralen Toleranz. Periphere Toleranz Die Elimination der autoreaktiven Zellen im Thymus ist unvollständig. In der Tat kann man bei gesunden Menschen T-Zellen nachweisen, die klinisch relevante Autoantigene erkennen. Höchstwahrscheinlich beherbergen alle Menschen autoantigenspezifische T-Zellen. Eine Aktivierung dieser Zellen kann zu Autoimmunerkrankungen führen. Dies wird am besten durch die gebräuchlichen Tiermodelle demonstriert, bei denen eine Immunisierung von Mäusen bestimmter Stämme mit Kollagen Typ II oder Myelinantigenen zu einer chronischen Arthritis oder einem der multiplen Sklerose ähnlichen Krankheitsbild führt. Da klinisch evidente Autoimmunität beim Menschen relativ selten ist, müssen also noch weitere Mechanismen im peripheren Immunsystem existieren, mit denen diese autoreaktiven T-Zellen unter Kontrolle halten werden. Einer dieser Mechanismen ist T-Zell-Anergie, das heißt die funktionelle Inaktivierung von T-Zellen. Zur Induktion von Anergie kommt es, wenn eine T-Zelle über ihren TZR in Abwesenheit von kostimulatorischen Signalen aktiviert wird. In diesen T-Zellen werden wichtige Signaltransduktionsmoleküle verstärkt abgebaut. Anerge T-Zellen können dann nicht mehr aktiviert werden und stellen somit keine Gefahr für den Organismus mehr dar. Mäuse, die genetisch defizient für diesen verstärkten Abbau von Signaltransduktionsmolekülen sind, besitzen viele aktivierte T-Zellen und bilden erhöhte Level an Autoantikörpern. Darüber hinaus können anerge autoreaktive T-Zellen, die im Organismus verbleiben, die Aktivierung anderer autoreaktiver Zellen dadurch verhindern, dass sie mit ihnen um die Bindung an Selbstpeptid/ MHC-Moleküle konkurrieren. Eine andere mögliche Konse- 1 12 Kapitel 1 · Grundlagen der Autoimmunität 1 Immunologische Ignoranz Normal Antigenpräsentierende Zelle CD80 Deletion Suppression FasLigand MHC Fas Peptid CD152 Anatomische Barriere T-ZellRezeptor Inhibition CD4 IL-10 TGF-β Regulatorische Zelle CD28 CD3 Aktivierte T-Zelle T-Zelle Apoptose Keine Aktivierung Keine Aktivierung . Abb. 1.4 Periphere Toleranz. T-Zellen, die von ihrem Antigen räumlich getrennt sind, z. B. durch die Blut-Hirn-Schranke, können nicht aktiviert werden. Dies wird auch als immunologische Ignoranz bezeichnet. T-Zellen, die Fas (CD95) auf ihrer Oberfläche exprimieren, können über dieses Molekül ein Apoptosesignal von Fas-Ligand-exprimierenden Zellen erhalten. Dies wird als Deletion bezeichnet. Ein Beispiel für Inhibition ist die Übermittlung inhibitorischer Signale über CD80/CD152- (CTLA-4-) Interaktionen (7 Text). Regulatorische T-Zellen können, beispielsweise über inhibierende Zytokine wie IL-10 oder TGF-β, andere T-Zellen hemmen quenz der TZR-Aktivierung ohne gleichzeitige Kostimulation ist der aktivierungsinduzierte Zelltod. Dadurch kommt es zur Deletion autoreaktiver T-Zellen im peripheren Immunsystem. Die besondere Bedeutung dieser Mechanismen der peripheren Toleranz liegt darin, dass die APZ ständig Autoantigen aufnehmen und präsentieren, dies aber in Abwesenheit inflammatorischer Stimuli durch mikrobielle Gefahrensignale zur Induktion von Toleranz führt (. Abb. 1.4). Somit sind diese Prozesse wesentlich für die Verhinderung von Autoimmunität. Regulatorische T-Zellen Seit mehr als 40 Jahren vermutet man, dass Lymphozyten existieren, die auf die Suppression anderer Lymphozyten spezialisiert sind. Allerdings gelang es lange Zeit nicht, diese Zellen näher zu beschreiben oder zu isolieren, was dann zur Ablehnung dieses Konzeptes führte. Erst in jüngerer Zeit konnte man T-Zellen identifizieren, die in der Lage sind, Immunreaktionen zu unterdrücken. Diese sog. regulatorischen T-Zellen (Treg) exprimieren den Transkriptionsfaktor FoxP3. Ein Großteil der Treg-Zellen differenziert bereits im Thymus und verlässt diesen als bereits funktionelle Treg-Zellen. Derzeitige Vorstellungen gehen davon aus, dass während der negativen Selektion die T-Zellen, deren TZR-Autoantigene mit einer relativ hohen Affinität erkennen, sich zu Treg-Zellen differenzieren. Dies würde bedeuten, dass diese Zellpopulation vorwiegend Autoantigene erkennt. Allerdings können Treg-Zellen nicht nur den Verlauf von Autoimmunerkrankungen, sondern auch den von Infektionen im Tiermodell beeinflussen. Das bedeutet, dass regulatorische T-Zellen nicht nur T-ZellAntworten gegen Autoantigene, sondern auch gegen exogene Antigene regulieren können. Die Bedeutung der Treg-Zellen für die Aufrechterhaltung der immunologischen Toleranz wird durch das sog. IPEXSyndrom (»immune dysregulation, polyendocrinopathy, enteropathy, x-linked syndrome«) verdeutlicht. Das IPEX-Syndrom ist ein seltenes, früh einsetzendes und tödlich verlaufendes Polyautoimmunsyndrom, welches auf einer Mutation des FoxP3-Gens beruht. Wie die Suppression von Immunantworten durch Treg-Zellen funktioniert, ist im Detail noch nicht bekannt. Ganz offensichtlich gibt es verschiedene Effektormechanismen der Treg-Zellen. In einigen Tiermodellen konnte gezeigt werden, dass der suppressive Effekt der Treg-Zellen auf der Sekretion der immunsuppressiven Zytokine IL-10, IL-35 und TGF-β beruht. Treg-Zellen exprimieren in starkem Ausmaß die α-Kette des IL-2 Rezeptors (CD25). Dadurch sind sie in der Lage IL-2, einen wichtigen Wachstumsfaktor für T-Zellen, besonders effizient aufzunehmen. Da sie selber kein IL-2 produzieren, gleichzeitig aber besonders effizient IL-2 aufnehmen können, entziehen sie den in ihrer Umgebung befindlichen Zellen diesen wichtigen Wachstumsfaktor. Treg-Zellen wirken nicht nur auf andere T-Zellen, sie können auch APZ dahingehend beeinflussen, dass diese eher immunsuppressiv als aktivierend wirken. Auch direkte zytotoxische 1 13 1.1 · T-Lymphozyten . Tab. 1.1 Seltene Autoimmunerkrankungen, die durch einen einzelnen Gendefekt verursacht werden Gen Erkrankung Mechanismus AIRE APS-1 (APECED) Gestörte Expression von Autoantigenen im Thymus, die zu einer Störung der negativen Selektion autoreaktiver T-Zellen führt FOXP3 IPEX Verringerte Anzahl CD4+CD25+-regulatorischer Zellen CTLA4 Assoziiert mit Typ-1-Diabetes und Morbus Basedow Gestörte T-Zell-Anergie; niedrige Aktivierungswerte von T-Zellen FAS/FASL ALPS Gestörte Apoptose von autoreaktiven T- und B-Zellen Effekte von Treg-Zellen auf andere Zellen sind beschrieben worden. Wenn Treg-Zellen isoliert und in vitro aktiviert werden, verhalten sie sich wie anerge T-Zellen. Darüber hinaus sind sie in der Lage, die Proliferation anderer T-Zellen zu hemmen. Möglicherweise ist dieses Verhalten aber ein In-vitro-Artefakt, da In-vivo-Analysen gezeigt haben, dass TregZellen eine hohe Teilungsrate sogar unter Ruhebedingungen haben. Da man also die Treg-Funktion derzeit noch nicht direkt messen kann, lassen sich noch keine sicheren Aussagen darüber treffen, ob eine Dysfunktion dieser Zellpopulation an der Pathogenese von Autoimmerkrankungen des Menschen beteiligt ist. Aktuelle Arbeiten haben gezeigt, dass sich durch chronische Antigenstimulation aus naiven T-Zellen regulatorische FoxP3-positive T-Zellen induzieren lassen. Möglicherweise ist eine solche Induktion von Treg-Zellen ein neuer therapeutischer Ansatz für die Therapie von Autoimmunerkrankungen. > Die immunologische Toleranz wird durch mehrere redundante Mechanismen aufrechterhalten. Die Elimination autoreaktiver T-Zellen im Thymus wird als zentrale Toleranz bezeichnet. Im peripheren Immunsystem werden autoreaktive T-Zellen funktionell inaktiviert oder durch regulatorische T-Zellen unterdrückt. 1.1.5 T-Zellen und Autoimmunität Das Auftreten von Autoimmunität wird auf mehreren Ebenen kontrolliert. Die zentrale Toleranz sorgt dafür, dass autoreaktive T-Zellen größtenteils eliminiert werden. Im peripheren Immunsystem sind eine ganze Reihe von Mechanismen an der Aufrechterhaltung von Toleranz beteiligt. Dazu zählen verschiedene inhibitorische Zytokine oder Rezeptoren, deren Aktivität von genetischen und Umweltfaktoren beeinflusst werden. Eine ganze Reihe genetischer Einflussfaktoren, die die Suszeptibilität für oder den Schweregrad von Autoimmunerkrankungen beeinflussen können, sind bereits bekannt. Neben genetischen Risikofaktoren haben auch Umweltfaktoren Einfluss auf Autoimmunität. So können beispielsweise Infektionen akute Schübe von Autoimmunerkrankungen auslösen. Auch Rauchen oder bestimmte Veränderungen im Hormonhaushalt zum Beispiel durch Schwangerschaft modu- lieren den Verlauf von und die Suszeptibilät für Autoimmunerkrankungen. Die Summe der individuellen Risikofaktoren prädisponiert also für die meisten Autoimmunerkrankungen. Nur in seltenen Fällen führt ein einzelner Gendefekt zur Entstehung von Autoimmunität. Beispiele hierfür sind APECED und IPEX, denen eine Mutation von AIRE oder FOXP3 zu Grunde liegt. Ein weiteres Beispiel ist ALPS (»autoimmune lymphoproliferative syndrome«), bei dem es durch eine Mutation des Moleküls Fas zu einer Störung des aktivierungsinduzierten Zelltodes von T-Zellen kommt. Ein großer Teil der aktivierten T-Zellen persistiert in sekundären lymphatischen Organen und peripheren Geweben und führen dort zu Autoimmunattacken. Auch Mutationen des inhibitorischen Moleküls CTLA-4 prädisponieren für Autoimmunerkrankungen wie Typ-1-Diabetes oder Morbus Basedow (. Tab. 1.1). Bei den meisten »klassischen« Autoimmunerkrankungen wie rheumatoider Arthritis, multipler Sklerose und Typ-1-Diabetes findet sich eine Assoziation mit verschiedenen HLAMolekülen. Am stärksten ist die Assoziation der ankylosierenden Spondylitis mit HLA-B27: Über 98% der Patienten besitzen dieses HLA-Allel. Auch die rheumatoide Arthritis ist mit bestimmten HLA-DR-Allelen (DRB1, . Tab. 1.2) assoziiert. Interessanterweise besitzen diese HLA-DR-Allele ein gemein- . Tab. 1.2 Assoziation von HLA-Allelen mit Autoimmunerkrankungen Erkrankung HLA Patienten [%] Kontrollen [%] Rheumatoide Arthritis DR4 68 25 Typ-1-Diabetes DR4 74 24 DR3 52 22 DR2a 4 26 Multiple Sklerose DR2 59 26 Morbus Bechterew B27 98 9 a HLA-DR2 kommt bei Patienten mit Typ-1-Diabetes seltener vor als bei gesunden Kontrollen. Das Vorliegen von HLA-DR2 schützt somit vor Erkrankung. 14 1 Kapitel 1 · Grundlagen der Autoimmunität sames Epitop (»shared epitope«). Dieses Epitop liegt in der antigenbindenden Grube des HLA-Moleküls. Die einzige bekannte Aufgabe von HLA-Molekülen ist die Präsentation von Antigenen für T-Zellen. Es lässt sich also vermuten, dass bestimmte HLA-Moleküle besonders gut geeignet sind, bestimmte krankheitsauslösende Selbstpeptide zu präsentieren und damit autoreaktive T-Zellen zu aktivieren. Eine alternative Erklärung wäre, dass es durch die Expression bestimmter HLA-Allele zu einer Veränderung der Selektion im Thymus und somit zum verstärkten Auftreten autoreaktiver T-Zellen kommt. Der Einfluss genetischer Faktoren auf die Suszeptibilität für Autoimmunerkrankungen darf jedoch nicht überschätzt werden. Studien haben gezeigt, dass nur eine geringe Konkordanz von Autoimmunität bei Zwillingen besteht. Es wird angenommen, dass genetische Faktoren nur zu 30%, Umweltfaktoren aber zu 70% für die Ausprägung von Autoimmunität verantwortlich sind. Der wichtigste Umweltfaktor sind Infektionen. Dieser Zusammenhang zwischen Autoimmunität und Infektionen wird ausführlich in 7 Abschn. 1.6 diskutiert. > Die Assoziation bestimmter HLA-Allele mit Autoimmunerkrankungen ist ein wichtiger Hinweis auf eine Beteiligung von T-Zellen an Autoimmunität. In seltenen Fällen lassen sich Autoimmunsyndrome auf Mutationen einzelner Gene zurückführen, die an Toleranzmechanismen von T-Zellen beteiligt sind. 1.2 B-Zellen N. Wagner B-Zellen tragen ihren Namen nach der Bursa Fabricii, dem Organ, in dem sie sich in Vögeln entwickeln. In Säugern entwickeln sich B-Zellen fetal in der Leber und postnatal im Knochenmark. Die humorale Immunantwort ist die wesentliche Funktion von B-Zellen bei der Bekämpfung pathogener Keime, sie erfolgt durch die Produktion und Sezernierung von Antikörpern, die spezifisch ein Antigen binden. Mittels Komplementaktivierung, Phagozytose oder Zytotoxozität wird das mit Antikörpern beladene Antigen dann inaktiviert. Die humorale Immunantwort war lange vor der T-Zell-vermittelten Immunantwort bekannt und wurde erstmals von Behring und Kitasato zur Gewinnung von Antitoxinen verwandt. Weitere wichtige Funktionen von B-Zellen sind die Präsentation von Antigen für T-Zellen sowie die Sekretion von Zytokinen, die zur Proliferation und Differenzierung immunkompetenter Zellen beitragen. 1.2.1 Entwicklung von B-Zellen B-Zellen entwickeln sich postpartal im Knochenmark aus pluripo*tenten hämatopoetischen Stammzellen. Sich entwickelnde B-Zellen durchlaufen hierbei ein kontrolliertes, zeitlich aufeinanderfolgendes Programm der Genexpression und Rearrangierung der Immunglobulingene, so dass am Ende die reife B-Zelle IgD- (Immunglobulin-D) und IgM-Moleküle der gleichen Antigenspezifität exprimiert (. Abb. 1.5). Das Stroma des Knochenmarks ist an der Entwicklung wesentlich beteiligt. Zwischen B-Vorläuferzellen und Stromazellen des Knochenmarks bilden sich adhäsive Kontakte aus, die durch zellmembranständige Adhäsionsmoleküle wie z. B. VCAM-1 (»vascular cell adhesion molecule 1«) vermittelt werden. Verschiedene Zytokine und Chemokine wie SCF (»stem cell factor«), SDF-1 (»stromal cell-derived factor 1«) sowie IL-7 (Interleukin-7) in der Maus sind wesentlich in diesen frühen Stadien der B-Zell-Entwicklung im Knochenmark. Anhand der Expression von Oberflächenmolekülen und insbesondere der Rearrangierung der Immunglobulinketten sowie des Beginns der Expression von Antikörpermolekülen im Zytoplasma und in der Zellmembran lassen sich die verschiedenen Entwicklungsstufen der B-Zellen erkennen. Die Entwicklungsstadien laufen über die Pro-B-Zell-Stadien zu den PräB-Zell-Stadien zur unreifen und dann zur reifen B-Zelle. Die frühesten Oberflächenmarker von B-Zellen sind CD19 und CD45R, wobei CD19 B-Zell-spezifisch ist. Der bedeutendste Schritt der B-Zell-Entwicklung ist die Expression des B-Zell-Rezeptors, welcher das membranständige Antikörpermolekül ist und ein Antigen erkennen und binden kann. Die Antigenerkennung ist die Voraussetzung für die Proliferation der B-Zelle zur Effektorzelle, der Plasmazelle, die Antikörper in großen Mengen produziert und sezerniert. Um während der B-Zell-Entwicklung den B-Zell-Rezeptor zu produzieren, ist die Rekombination von verschiedenen Genelementen der Immunglobuline erforderlich. Antikörper bestehen aus zwei Ketten, einer schweren und einer leichten Kette, deren Struktur weiter unten (7 Abschn. 1.2.2) näher beschrieben ist. Die Genelemente der Immunglobulingene liegen auf den Chromosomen 14 (schwere Kette), Chromosom 2 (κ leichte Kette) und Chromosom 22 (λ leichte Kette). Die Genelemente werden V (»variable«), D (»diversity«) und J (»joining«) genannt, wobei die schwere Kette alle drei Genelemente rekombinieren kann, während die leichten Ketten nur Vund J-Segmente rekombinieren können. Die Anzahl der zur Verfügung stehenden verschiedenen Segmente variiert von 4 (J-Gensegmente, λ leichte Kette) bis 40 (V-Gensegmente schwere Kette). In der B-Zell-Entwicklung findet zunächst die Rekombination der schweren Kette des Immunglobulinmoleküls statt, die frühe Pro-B-Zelle im Knochenmark kombiniert ein D- und ein J-Element. Die späte Pro-B-Zelle kombiniert zum rearrangierten DJ-Element ein V-Gensegment hinzu. Da die Rekombination von VDJ-Gensegmenten unpräzise und unter Hinzufügung von Nukleinsäuren erfolgt, ist statistisch etwa nur jede dritte Rekombination produktiv; die anderen Rekombinationen befinden sich nicht im Leserahmen. Im Falle eines unproduktiven Rekombinationsereignisses wird die Entwicklung der B-Zelle unterbrochen, die Zelle wird apoptotisch. Da jeweils zwei Allele eines Chromosoms vorhanden sind, ist die Chance für ein erfolgreiches Rekombinationsereignis erhöht, für die leichten Ketten existieren wie oben erwähnt zwei verschiedene Ketten, die von verschiedenen Chromosomen kodiert werden, so dass dadurch die Erfolgsrate einer erfolgreichen Rekombination weiter gesteigert wird. 1 15 1.2 · B-Zellen Knochenmark Peripherie Antigenunabhängig EBF E2A PU-1 Ikaros Stammzelle FrühePro-BZelle B-Zellgebunden Pax5 mlgμ Igβ Calnexin Igα-Igβ Antigenabhängig lgμ Große Prä-BZelle Pro-BZelle Kleine Prä-BZelle Unreife B-Zelle Autoreaktiver Rezeptor RF2 Dμ lgμ lgχ oder Igλ ψL ψL Igα-Igβ mlgM mlgD Transitionelle- Reife B-Zelle NichtB-Zelle autoreaktiver Rezeptor RezeptorEditing † mlgM RezeptorRevision Deletion oder Anergie RAG: - Low + - + Low Low - IgH: GL GL DJH VHDJH - - - - IgL: GL GL GL GL VL JL VLJ L? VLJ L? - . Abb. 1.5 Schema der B-Zell-Differenzierung. Entwicklungsstadien der B-Zelle, Expression von »recombination activating genes« (RAG) und Rearrangements der Genorte für die schwere (IgH) und die leichte (IgL) Kette des Immunglobulinmoleküls. GL Genort in Keimbahnkonfiguration. Die Expression in der Zellmembran von Pro-B- (Calnexin und Igα-Igβ), Prä-B- (Igμ, ψL und Igα-Igβ) oder B- (Igμ, Igκ oder Igλ und Igα-Igβ) -Zell-Rezeptoren während der Entwicklung ist dargestellt Dennoch sterben zahlreiche Vorläuferzellen von B-Zellen während der Entwicklung ab. Wenn eine schwere oder leichte Kette erfolgreich rekombiniert ist, wird das andere Allel mittels eines Vorgangs, der als allelische Exklusion bezeichnet wird, an der Rekombination gehindert. Jede B-Zelle exprimiert nur eine schwere und eine leichte Kette. Die Gensegmente V und J der leichten Kette rearrangieren sich in der Prä-B-Zelle, in der die schwere Kette bereits im Leserahmen rekombiniert ist. Im frühen Stadium der Prä-B-Zelle, der sog. großen Prä-B-Zelle, wird vor Rekombination der leichten Kette der Prä-B-Zell-Rezeptor auf der Zelloberfläche exprimiert. Dies ist das erste Mal im Entwicklungsprozess der B-Zelle, dass Teile ihres Rezeptors exprimiert werden. Der Prä-B-ZellRezeptor besteht aus der erfolgreich rekombinierten schweren Kette und einem Ersatz der leichten Kette (»surrogate light chain«), die aus den zwei Proteinen λ5 und VpreB besteht. Zwei weitere Proteine, Igα unnd Igβ, assoziieren mit dem PräB-Zell-Rezeptor wie auch später mit dem B-Zell-Rezeptor der reifen B-Zelle. Diese Proteine vervollständigen den Prä-BZell-Rezeptor so, dass Signale in die Zelle transduziert werden können. Die leichte Kette wird nach der schweren Kette in der PräB-Zelle aus den Gensegmenten V und J des κ- und λ-GenLocus rekombiniert. Zumeist wird erst das κ-Gensegment rearrangiert. In diesem Locus können anders als bei der schweren Kette mehrere Rearrangements hintereinander auf einem Allel erfolgen, so dass die Rate erfolgreicher Rearrangements im Leserahmen bei den leichten Ketten höher ausfällt. Die leichte Kette wird jetzt synthetisiert und assoziiert mit der schweren Kette, so dass in der unreifen B-Zelle erstmalig der B-ZellRezeptor exprimiert wird. Zeitgleich ist der Prä-B-Zell-Rezeptor wieder von der Zellmembran verschwunden. Der BZell-Rezeptor ist ein membranständiges IgM-Molekül und weist eine Antigenspezifität auf. Jede B-Zelle hat nur eine Antigenspezifität, die während einer Immunreaktion noch reifen kann, d. h. die Affinität zum Antigen nimmt durch Prozesse in sekundären lymphatischen Organen noch weiter zu. Die Entwicklung von B-Zellen wird, wie beschrieben, wesentlich durch die Formierung des B-Zell-Rezeptors bestimmt. Nur wenn die Vorläuferzelle bestimmte Punkte in der Exkurs XLA Patienten mit der Erkrankung XLA, der Agammaglobulinämie Typ Bruton, die eine Mutation einer Tyrosinkinase (Btk) aufweisen, zeigen eine Unterbrechung ihrer B-Zell-Entwicklung im Stadium der Prä-B-Zelle. Diese Patienten haben keine reifen B-Zellen und produzieren keine Immunglobuline, womit sie an einer ausgeprägten humoralen Immundefizienz leiden und auf die exogene Zufuhr von Immunglobulinen angewiesen sind. Schwere bakterielle Infektionen sind die Folge der unbehandelten Immundefizienz. Die Tyrosinkinase Btk vermittelt wahrscheinlich ein Signal in die Zelle, welches dazu dient, nach erfolgreicher Rekombination der schweren Kette in der späten Pro-B-Zelle weitere VDJ-Rekombinationen zu verhindern. 16 1 Kapitel 1 · Grundlagen der Autoimmunität Exkurs Antigenbindung SCID Der schwere kombinierte Immundefekt (SCID) ist gekennzeichnet durch schwerste Infektionen und eine Gedeihstörung mit chronischer Diarrhö im ersten Lebensjahr. Diesem Immundefekt liegen zahlreiche verschiedene Mutationen zugrunde, die zu einem völligen Fehlen von T-Zellen oder von T- und B- und z. T. auch NK-Zellen führen. Ein Teil der Patienten mit einem SCID weist Mutationen in den RAG-Genen auf. Dadurch kann die Rekombination von Immmunglobulin- und T-Zell-Rezeptor-Genen als integraler Bestandteil der B- und T-Zell-Entwicklung nicht stattfinden, bereits die frühen Vorläuferstufen der B- und T-Zellen sterben ab. Das spezifische Immunsystem wird folglich nicht im Ansatz ausgebildet. Damit können pathogene Keime über die Mechanismen der Neutralisierung mittels Antikörpern oder der Zytotoxizität von T-Zellen nicht eliminiert werden. Die meisten Patienten mit einem SCID versterben im ersten Lebensjahr, sofern sie keine Stammzelltransplantation oder Gentherapie erhalten. Entwicklung erreicht, wird ihre weitere Entwicklung zugelassen. Verschiedene Proteine und Enzyme sind bisher identifiziert worden, die für diese Entwicklung bedeutsam sind. Zunächst sind die »recombination activating genes« RAG-1 und RAG-2 zu nennen, die sowohl bei B- als auch bei T-Zellen als Teil des Enzymkomplexes für die Rekombination schwerer und leichter Ketten der jeweiligen B- oder T-Zell-Rezeptoren unerlässlich sind. RAG-1 und RAG-2 werden nur in den Phasen der B-Zell-Entwicklung exprimiert, in denen Rekombination von schweren oder leichten Ketten stattfindet. Ein weiteres wichtiges Enzym ist die terminale Deoxynukleotidyltransferase (TdT). Diese führt zu einem Anhängen von Nukleotiden während des Prozesses der Rekombination von VDJ-Gensegmenten. Dadurch wird die mögliche Diversität der Immunglobulinketten und damit des Antigen erkennenden Anteils des B-Zell-Rezeptors deutlich erhöht. Verschiedene B-Zell-spezifische Faktoren erlauben das Rearrangement der Immunglobulinloci, T-Zell-spezifische Faktoren gestatten das Rearrangement der T-Zell-Rezeptor-Gene. Zu den B-Zell-spezifischen Faktoren zählen unter anderem BSAP, welches den Zugang der Rekombinase zu den Immunglobulingenen ermöglicht, und die bereits oben beschriebene Tyrosinkinase Btk. Der hier beschriebene Mechanismus der Genrearrangierung findet sich beim Menschen nur bei Immunglobulin- und T-Zell-Rezeptor-Genen. Mit Hilfe dieses Mechanismus kann eine Diversität der Genprodukte erreicht werden, die einzigartig ist und die Grundlage für die Entwicklung des spezifischen Immunsystems darstellt. Nach Entwicklung zur reifen B-Zelle exprimiert diese IgM und IgD, wobei beide Ig-Klassen denselben antigenbindenden variablen Anteil exprimieren, und wandert aus dem Knochenmark aus. Über den Blutstrom erreichen B-Zellen lymphatische Organe, wo sie wesentliche Überlebenssignale erhalten und nach Antigenkontakt weiter reifen. Ein Teil dieser Zellen mündet dann in den Pool der langlebigen Gedächtnis-B-Zellen und der Plasmazellen. Variable Region Fab Leichte Kette Konstante Region Fc Schwere Kette . Abb. 1.6 Aufbau eines Antikörpermoleküls > Durch Rearrangierung von Gensegmenten der Immunglobulingene sowie durch terminale Hinzufügung von Nukleinsäuren bei der Rekombination entsteht die extrem hohe Diversität in der Spezifität der Antikörper. 1.2.2 Struktur und Funktion von Immunglobulinen B-Zellen produzieren Immunglobuline, sie exprimieren Immunglobuline assoziiert mit weiteren Molekülen (Igα, Igβ) auf ihrer Oberfläche als B-Zell-Rezeptor und sezernieren Immunglobuline als lösliche Antikörper. Der Antikörper bindet spezifisch eine Antigendeterminante (z. B. Zellwandbestandteil eines Bakteriums, Hüllprotein eines Virus). Es gibt fünf Klassen von Immunglobulinen (Ig), die sich noch in weitere Subklassen aufteilen: IgM, IgD, IgG, IgA und IgE. IgG bildet mengenmäßig den größten Anteil, gefolgt von IgA, welches Schleimhäute schützt. Ein IgG-Molekül hat vier Ketten, zwei schwere und zwei leichte Ketten, die über Disulfidbrücken miteinander verbunden sind. Die Form eines IgG-Antikörpers erinnert an ein Y (. Abb. 1.6). Jeder Antikörper hat zwei Bindungsstellen für Antigen, die von schweren und leichten Ketten gemeinsam gebildet werden. Schwere Ketten haben vier Immunglobulindomänen, leichte Ketten zwei. Der Antikörper weist variable und konstante Anteile auf. Die variablen dienen der Bindung an das Antigen und sind am N-terminalen Ende des Antikör- 17 1.2 · B-Zellen VH1 VH2 VH3 VH4-40 DH1 DH2 DH3-25 JH1 JH2 JH3 JH4 JH5 JH6 Cμ Cα2 2 Mb Chromosom 14 Vκ1 Vκ2 Vκ3 a Cκ Jκ1 Jκ2 Jκ3 Jκ4 Jκ5 Chromosom 2 cμ b Vκ4-40 cδ cγ3 cγ1 cα1 cγ2 cγ4 cε cα2 Chromosom 14 . Abb. 1.7a,b a Genort und Struktur der variablen Anteile von schwerer und leichter κ-Kette der Immunglobuline. b Genort und Struktur des konstanten Teils der schweren Kette permoleküls zu finden. Die konstanten Anteile des Antikörpers machen den Großteil des Moleküls aus, sie beherbergen den Fc-Anteil, der an Fc-Rezeptoren und -Komplement bindet. Dies ist für die Neutralisation antikörpergebundener pathogener Keime wichtig. Innerhalb der variablen Anteile eines Antikörpermoleküls, welches in jeder Kette etwa 110 Aminosäuren umfasst, befinden sich Regionen, die sich durch eine Hypervariabilität auszeichnen. Diese Abschnitte sind für die Antigenbindung besonders wichtig. Antigen bindet an den Antikörper über die dreidimensionale Konformation der Oberfläche, die sich in Form eines Loches, einer länglichen Grube oder durch komplexere Strukturen auszeichnen kann. Die dabei beteiligten nichtkovalenten Bindungskräfte sind: elektrostatische Bindung, Van-der-Waals-Kräfte, Wasserstoffbindungen und hydrophobe Bindungskäfte. B-Zellen können Immunglobuline auf ihrer Oberfläche exprimieren und als Antikörper sezernieren. Hierzu existieren im konstanten Teil der Immunglobulingene für die Schwerketten Exone, die für eine transmembranöse Form des Ig-Moleküls und für eine sezernierte Form kodieren. Alternatives Spleißen führt dann entweder zur Expression in der Zellmembran oder zur Sezernierung von Ig-Molekülen. Nach Antigenkontakt entwickeln sich die B-Zellen entweder zu IgM-sezernierenden Plasmazellen oder durchlaufen einen Immunglobulinklassenwechsel zu IgG, IgA oder IgE. Die neue Ig-Klasse wird zunächst in der Zellmembran exprimiert, ein Teil dieser B-Zellen wird zu Gedächtnis-B-Zellen, ein anderer Teil wird zu Plasmazellen, die dann die neue Ig-Klasse (IgG, IgA oder IgE) sezernieren. Die Immunglobulinklassen unterscheiden sich in ihren konstanten Regionen der schweren Ketten, deren Gensegmente mit Cμ, Cδ, Cγ, Cε oder Cα bezeichnet werden (. Abb. 1.7b). Während IgG, IgE und IgD als Monomere vorkommen und ihr Molekulargewicht zwischen 140 und 190 kDa beträgt, bildet IgA Dimere mit einem Molekulargewicht von 390 kDa, und IgM bildet Pentamere mit einem Molekulargewicht von 970 kDa. Die Halbwertszeit im Serum für nicht zellgebundene Ig-Moleküle variiert ebenfalls stark, von 2 Tagen für IgE bis zu 21 Tagen für IgG1. Wie erfolgt der Wechsel der Ig-Isotypen? Die Cμ- und Cδ-Gensegmente der schweren Kette sind direkt neben (3’) den variablen Segmenten VDJ angeordnet. Durch unterschiedliches Spleißen des primären RNA-Transkriptes werden in der reifen B-Zelle immer zunächst IgM und IgD exprimiert und sezerniert (IgD, dessen Funktion unklar ist, allerdings nur in geringer Menge). Beim Ig-Klassenwechsel zu IgG, IgE oder IgA erfolgt nach Antigenkontakt in der reifen B-Zelle ein irreversibles Ereignis, wobei die DNA rekombiniert wird. Dieses Rekombinationsereignis erfolgt in sog. Switch-Regionen, wodurch der DNA-Strang die Gensegmente verliert, die zwischen den variablen Gensegmenten und dem benötigten CGensegment (Cγ, Cε oder Cα) liegen. Nach dieser DNA-Rekombination kann die B-Zelle nur noch die neue Ig-Klasse produzieren. Im Verlauf sind weitere Ig-Klassenwechsel der Exkurs AID Ein Enzym, welches beim Ig-Klassenwechsel eine bedeutsame Rolle spielt ist die »activation-induced cytidine deaminase« (AID), die vermutlich an der Öffnung des DNA-Stranges in der Switch-Region der Schwerketten-Ig-Gene beteiligt ist. Bei angeborenem Fehlen dieses Enzyms tritt ein Immundefekt auf, der als Hyper-IgM-Syndrom Typ 2 bezeichnet wird. Bei diesem Immundefekt fehlen außer IgM alle anderen Ig-Klassen, da der Klassenwechsel nicht möglich ist. Daher treten bakterielle Infektionen entsprechend häufig auf. 1