Sternentstehung - Sternwarte Bautzen

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Andreas Bellmann
Arbeitsmaterial Astronomie
Schiller-Gmnaisum Bautzen, Wahlgrundkurse 12
Entstehung von Sternen
Ein Stern ist ein strahlender kugelförmiger Körper.
Beispiel:
Sonne
Leuchtkraft:
L = 3, 8 ⋅ 1026 W
Masse:
Radius:
Temperatur:
m = 2 ⋅ 1030 kg
R = 696000 km
T = 5770 K
Wie läßt sich Materie in einen derartigen Extremzustand versetzen?
Sternentstehung:
nichtstellare Materie
Æ
stellare Materie
Planeten, Satelliten, Kometen, interplanetare Materie (Gas, Staub), interstellare Materie, zirkumstellare
Materie
Der Prozeß der Sternentstehung beruht auf der Kompression interstellarer Materie. Objekte wie Planeten,
Kometen u.ä. sind gewissermaßen "Nebenprodukte" der Sternentstehung. Zum Verständnis des
Entstehungsprozesses ist es daher notwendig, einige Kenntnisse über die interstellare Materie ("Materie,
die sich zwischen den Sternen befindet") zusammenzutragen.
1.
Interstellare Materie
Interstellare Materie besteht aus Gas- und Staubanteilen. Bei interstellarem Gas soll zunächst zwischen
leuchtendem und nichtleuchtendem (im sichtbaren Spektralbereich) unterschieden werden.
interstellares Gas
1.1.
nichtleuchtend
neutraler Wasserstoff (H-I-Gebiet)
leuchtend
einfach ionisierter Wasserstoff (H-II-Gebiet)
Nichtleuchtendes interstellares Gas
Die Beobachtung der H-I-Gebiete (Wolken neutralen Wasserstoffs)
ist aufgrund der im sichtbaren Bereich nicht vorhandenen
Strahlung nur indirekt möglich. Hierbei wird die teilweise Absorption der Strahlung eines hinter der Wolke liegenden Sternes S
genutzt. Aus der Überlagerung von Spektrallinien stellaren und
interstellaren Ursprungs können Rückschlüsse auf die Art und
Verteilung der interstellaren Materie gezogen werden.
Ein derartiges Spektrum könnte (schematisiert) folgendermaßen aussehen:
AB / Sternentstehung ohne Mathematik.doc / Seite 1/4
Ist der beobachtete Stern S ein Doppelstern, so tritt infolge der Bewegung der Komponenten eine
DOPPLER-Verschiebung der Spektrallinien auf. Dagegen bleibt die Lage der interstellaren Absorptionslinien des Spektrums konstant, so daß eine Trennung der Linien in stellare und interstellare möglich ist.
Filtert man die sich periodisch verschiebenden stellaren Linien des Doppelsternes auf mathematischem
Wege aus dem Spektrum, so erhält man ein resultierendes Spektrum der H-I-Region. Duch die Analyse
dieses Spektrums lassen sich Aussagen über die Temperatur des Gases, die vom Gas absorbierte Energie
und vorhandene Moleküle treffen. Bis 1990 wurden auf diese Weise knapp 100 Molekülarten im interstellaren Raum nachgewiesen.
1.1.
Leuchtendes interstellares Gas
Damit interstellare Gaswolken selbst Strahlung abgeben können, müssen die entsprechenden Regionen
durch Energiezufuhr ionisiert werden. Ein Beispiel für eine derartige H-II-Region ist der große
Orionnebel.
Für die Ionisation von Wasserstoff (ein Elektron wird aus dem Grundzustand freigesetzt), muß eine
Ionisationsenergie von >13,6 eV zur Verfügung stehen (vgl. Energieniveauschema von Wasserstoff).
Diesem Energiebetrag entspricht eine zugeführte Strahlung mit der Photonenenergie von ΔE = 13,6 eV
bzw. einer Wellenlänge λ = 91,2 nm.
ΔE = h ⋅ ν
Æ
ΔE = h ⋅
c
λ
Æ
λ=
h⋅c
ΔE
Aufgabe:
/ 1)
Zeigen Sie, daß dieser Energie von 13,6 nm die angegebene Wellenlänge entspricht!
Zur Erzeugung einer Strahlung dieser Wellenlänge ist
eine Sterntemperatur von mehr als 22000 K (Spektralklassen B, O) notwendig. Innerhalb eines bestimmten
Radius (STRÖMGREN-Radius) um einen solchen Stern
werden eventuell vorhandene Gaswolken ionisiert (HII-Region), Teile interstellarer Gaswolken außerhalb
des STRÖMGREN-Radius werden nicht ionisiert (H-IRegionen).
Dabei
steigt
der
Radius
des
Ionisationsgebietes
mit
der
Temperatur
des
ionisierenden Sternes.
Typische Ionisationsradien (STRÖMGREN-Radien) sind:
B1 − Stern:
O5 − Stern:
T ≈ 22 000 K
T ≈ 47 000 K
⇒
⇒
RStröm ≈ 4 , 4 pc
RStröm ≈ 110 pc
Damit sich eine derartige ionisierte Gaswolke im thermischen Gleichgewicht befindet, muß außer der
Einstrahlung (Aufheizung) ein Kühlprozeß durch Energieabstrahlung (im sichtbaren Spektralbereich)
stattfinden.
1.3.
Interstellarer Staub
Interstellarer Staub besteht im wesentlichen aus Silikaten, "gefrorenen Gasen" wie z.B. CO und CO 2
sowie Kohlenstoffteilchen (amorphem Graphit). Die Teilchengröße liegt zwischen 10 und 1000 nm, das
Massenverhältnis Gas : Staub beträgt etwa 100 : 1.
Der Nachweis von interstellarem Staub erfolgt durch die Absorption von Sternlicht, wobei im Gegensatz
zur Absorption durch Gase sogenannte "Dunkelwolken" entstehen. Hierbei handelt es sich um Bereiche,
die das Sternlicht nahezu vollständig absorbieren und somit dem Beobachter als schwarze Wolken
erscheinen (z.B. der Pferdekopfnebel im Sternbild Orion). Weiterhin tritt die diffuse Streuung von
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eingestrahltem Sternlicht auf, diese Bereiche werden dann als "Reflexionsnebel" (z.B. Plejadennebel)
bezeichnet.
2.
Physikalische Prozesse der Sternentstehung
Unter Laborbedingungen füllt jedes Gas ein ihm zur Verfügung stehendes Volumen vollständig und
gleichmäßig aus, was durch entsprechende Gesetze der statistischen Physik beschrieben wird. Im
Gegensatz zum Verhalten unter Laborbedingungen tendieren Gaswolken kosmischer Größe nicht dazu,
das gesamte Universum gleichmäßig zu füllen, sie ziehen sich auf Teilvolumen zurück und können Sterne
bilden. Die verschiedensten Phasen der Sternentstehung konnten in den letzten Jahren in vielen
Einzelheiten geklärt werden.
Ausgehend vom Dichteverhältnis zwischen interstellarem Gas
und den Sternen (ρGas ≈ 1, 6 ⋅ 10−21 g ⋅ cm−3 , ρSonne ≈ 1, 4 g ⋅ cm−3 )
folgt, daß ein enormer Verdichtungsprozess zur Bildung von
Sternen ablaufen muß. Die Konzentration der Materie muß
dabei über 1021 Größenordnungen erfolgen, die räumliche
Verdichtung über 107 Größenordnungen. Eine solche Verdichtung kann nur stattfinden, wenn sich die interstellare Wolke
nicht im mechanischen Gleichgewicht befindet, d.h. wenn die
komprimierende Gravitationskraft (hervorgerufen durch die
Eigenmasse der interstellaren Wolke) größer als die inneren
Druckkräfte in der Wolke (entstehend durch den Gasdruck,
Rotation und Magnetfelder) ist.
Übersteigt die Gravitationsenergie die thermische Energie der Gasteilchen in der Wolke, kommt es zur
Instabilität, der Voraussetzung für die Kontraktion (JEANS - Kriterium; J. H. JEANS, 1877 - 1946). Die
Überschreitung dieses Jeans-Kriteriums führt zwangsläufig zur Kontraktion einer interstellaren Wolke.
Begründung:
Die Kontraktion einer interstellaren Gaswolke entspricht der Freisetzung potentieller Energie. Dadurch erhöht sich
die thermische Energie der Gasteilchen und somit deren Geschwindigkeit. Stoßen Gasteilchen zusammen, so erfolgt
eine Anregung zur Strahlungsemission, sofern die Anregungsenergie überschritten wird. Bei der Emission von
Strahlung wird wiederum Energie abgegeben, was einen Kühlungsprozeß in der Wolke bewirkt. Dadurch sinkt
wiederum die innere Energie der Wolke; die Kontraktion kann weiter ablaufen. Weil die Stoßrate der Gasteilchen
quadratisch mit der Anzahl der Teilchen in einem bestimmten Volumen steigt, wird nach Beginn der Kontraktion der
Kühlungsprozeß (welcher abhängig von den Teilchenstößen ist, s.o.) immer stärker. Demzufolge nehmen die inneren
Druckkräfte weiter ab, so daß eine solche Gaswolke nach Überschreiten des JEANS-Kriteriums (Gravitationsenergie >
thermische Energie der Gasteilchen), dem Beginn der Kontraktion, immer weiter kollabieren muß.
Aus diesen Überlegungen ergibt sich folgendes Problem: Je kleiner die Wolke und je größer hiermit die
Teilchendichte wird, um so schlechter kann die Strahlung die Gaswolke verlassen (die zunehmende
"optische Dichte" der Wolke verhindert den Strahlungsdurchgang).
Die folgende Gleichung ist die entsprechende mathematische Formulierung des JEANS-Kriteriums.
M >
F k ⋅ T IJ
3, 7 ⋅ G
H G ⋅μK
3
2
⋅
1
ρ
Aufgabe:
/ 2)
Sterne entstehen zunächst durch Kontraktion von H-I-Wolken mit einer Dichte von ca.
10 −19 kg ⋅ m −3 bei einer Temperatur von ca. 100 K. Schätzen Sie die Mindestmasse
einer unter diesen Bedingungen instabil werdenden Gaswolke ab.
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Aus dem Ergebnis der Berechnung (Aufgabe 2) zeigt sich, daß die Masse der Molekülwolke bedeutend
größer als die zur Kontraktion führende kritische Masse und diese wiederum bedeutend größer als die
Masse eines Sternes ist. Die Wolke zerfällt also während der Kontraktion in Fragmente, aus denen dann
die einzelnen Sterne hervorgehen. Die genäherten Bedingungen des Fragmentationsprozesses werden
ebenfalls durch die zuletzt angeführte Gleichung beschrieben.
Steigt bei zunehmender optischer Dichte (vgl. S. 3) die Absorption der Wärmestrahlung an, so wird der
Fragmentationsprozeß schließlich gestoppt. Bei der jetzt wieder steigenden Temperatur im Inneren des
"Protosternes" wächst der innere Druck wieder an, bis ein Gleichgewicht zum äußeren Gravitationsdruck
hergestellt ist (hydrostatisches Gleichgewicht). Der Zentralbereich zieht sich jetzt nur noch so stark
zusammen, daß ein Teil der freiwerdenden Gravitationsenergie zur Kompensation der noch auftretenden
"Strahlungsverluste" genutzt wird, der Rest wird in innere Energie des entstehenden Sternes verwandelt.
Die äußeren Teile des Protosternes befinden sich weiterhin im freien Fall, bei einem Objekt von etwa
Sonnenmasse dauert es ungefähr 106 Jahre, bis die ganze Hülle auf den Kern "herabgeregnet" ist. Nach
insgesamt 107 Jahren ist die Temperatur im Zentrum des Protosternes soweit gestiegen, daß erste
Kernfusionsprozesse einsetzen können.
Übersicht über ablaufende Kontraktionsphasen:
1)
"Isotherme" Kontraktion, (T ≈ 15 K), alle Teilchen der Wolke befinden sich im freien Fall, wenn
das JEANS-Kriterium überschritten ist.
2)
Im Zentralgebiet existiert angenähert ein hydrostatisches Gleichgewicht, die erste langsame
Kontraktion findet statt. Die Außengebiete befinden sich weiter im freien Fall.
3)
Im Zentralgebiet dissoziieren ab einer Temperatur von ca. 10000 K die Moleküle ( H 2 Æ H, H). Es
findet eine Ionisation der H-Atome sowie die zweite schnelle Kontraktionsphase statt. Die
Außengebiete befinden sich weiterhin im freien Fall.
4)
Im Zentralgebiet herrscht wieder ein angenähertes hydrostatisches Gleichgewicht, die Zentraltemperatur steigt während der zweiten langsamen Kontraktion an. Man spricht von einem
"Protostern". Durch den weiteren freien Fall der Teilchen in den Außengebieten steigt die Masse,
und es wird von außen Energie zugeführt.
5)
Der Protostern kontrahiert langsam, der Vor-Hauptreihenzustand des Sternes wird erreicht. Die
Abstrahlung der Energie überwiegt die Energiezufuhr von außen, die Massenzufuhr endet.
6)
Der Stern beginnt mit der Energiegewinnung aus der Kernfusion (H Æ He), der Hauptreihenzustand ist erreicht.
AB / Sternentstehung ohne Mathematik.doc / Seite 4/4
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