Fachinformation synlab.vet Hypothyreose Hund Was ist bei der Diagnosestellung zu beachten? HypotHyreose beim Hund Hypothyreose beim Hund Was ist bei der Diagnosestellung zu beachten? Hypothyreose ist eine wichtige endokrine Störung beim Hund und tritt v. a. bei mittelalten Tieren auf. Hierbei stellt die primäre Hypothyreose, also eine Störung im Bereich der Schilddrüse selbst, die wichtigste Ursache dar. Ausgelöst wird der Krankheitsprozess entweder durch einen lymphozytäre Thyreoiditis (Bildung von Antikörpern, z. B. gegen Thyreoglobulin (TGAA)) oder eine idiopathische Atrophie. Es liegen Hinweise vor, dass die idiopathische Atrophie möglicherweise kein eigenständiger Krankheitsprozess ist, sondern das Spätstadium der lymphozytären Thyreoiditis darstellt. Das Krankheitsbild wird durch einen Abfall der Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) bestimmt (Tabelle 1). Hypothyreote Hunde wirken oft müde und erschöpft. Klinik Bei einem > 75 % Funktionsverlust der Schilddrüse sind häufig Hautveränderungen (trockene und verdickte Haut, Alopezie, Hyperpigmentation, Neigung zu Pyodermien), Gewichtszunahme ohne Appetitsteigerung, allgemeine Apathie und Leistungsschwäche sowie Neuropathien und reduzierte Fertilität zu beobachten. Labordiagnostisch steht eine Hypercholesterinämie im Vordergrund. Diagnostik Die Diagnosestellung ist oft eine Herausforderung. Insbesondere die Unterscheidung zwischen Hypothyreose und nicht-thyroidalen Erkrankungen (sog. „euthyroid sick syndrome“) bereitet Schwierigkeiten (Tabelle 2). Die zur Verfügung stehenden Testmethoden unterscheiden sich hinsichtlich ihrer diagnostischen Aussagekraft. Um auf das mögliche Vorliegen dieser Krankheit zu untersuchen, sollte der gewählte Test eine möglichst hohe Sensitivität (Richtig-Positiv-Rate) haben. Um das Krankheitsbild zu bestätigen, sollte der gewählte Test über eine möglichst hohe Spezifität (Richtig-Negativ-Rate) verfügen. Daher ist es nützlich, Hormonmessungen zu kombinieren und das gesamte Hypophysen-SchilddrüsenSystem zu erfassen. Gesamt-Thyroxin (T4) Mehr als 95 % der hypothyreoten Hunde haben ein erniedrigtes T4. Ein normaler T4-Wert schließt eine Hypothyreose in der Regel aus. Sehr selten kann das Vorliegen von T4-Autoantikörpern zu falsch erhöhten T4-Werten führen. Besteht bei einem Hund mit normalem oder sogar erhöhtem T4-Wert der Verdacht auf eine Hypothyreose sollte weitere Diagnostik (Bestimmung von fT4ED, s.u.) erfolgen. www.synlab.com Seite 2 HypotHyreose beim Hund Problematisch ist die Aufarbeitung eines erniedrigten T4-Wertes. Erniedrigte T4-Werte allein reichen zur Diagnosestellung einer Hypothyreose nicht aus, da zahlreiche Faktoren wie nicht-thyreoidale Erkrankungen, Medikamente (Tabelle 3), tageszeitliche Schwankungen und ein physiologischer Abfall im Alter zu niedrigen Konzentrationen führen können. Windhunderassen haben tiefere T4-Normalwerte als andere Rassen. Gemessen werden kann T4 mit einem Chemilumineszenz-Immunoassay (CLIA). Die Sensitivität des Tests liegt bei 89 %. Die Spezifität wird mit 75 % bis 82 % angegeben. Aufgrund dieser niedrigen Spezifität sollte ein erniedrigtes T4 durch einen weiteren Labortest mit höherer Spezifität begleitet werden. Thyreotropin (endogenes TSH) Jeder Abfall von Schilddrüsenhormonen hat die Freisetzung von TSH aus der Hypophyse zur Folge. Ziel dieses TSH-Anstiegs ist es, die T4-Konzentration wieder zu normalisieren. Die zu erwartende Hormonkonstellation bei einer manifesten Hypothyreose sind ein erhöhtes TSH und ein erniedrigtes T4 und/oder fT4 (Spezifität 100 %) (Tabelle 2). Bei dieser Konstellation kann die Diagnose als gesichert angesehen werden. Bei nicht-thyroidalen Erkrankungen ist typischerweise nur die T4-Konzentration erniedrigt, während sich TSH im Referenzbereich befindet. Bei einem Viertel der hypothyreoten Hunde liegt allerdings keine TSH-Erhöhung vor. Als Ursache werden die pulsatile Ausschüttung von TSH und ein Absinken der TSH-Konzentration bei bereits langfristig erkrankten hypothyreoten Hunden aufgrund morphologischer Veränderungen der Hypophyse diskutiert. Endogenes TSH kann mit dem Chemilumineszenz-Immunoassay (CLIA) gemessen werden. Freies Thyroxin (fT4) Thyroxin, das im Serum nicht an Transportproteine gebunden ist, wird als freies Thyroxin bezeichnet (fT4). Es kommt in sehr geringen Mengen vor (< 1 % des Gesamt-T4), stellt jedoch die aktive Form dar. Wie beim Thyroxin kann sich auch die fT4-Konzentration durch nicht-thyroidale Erkrankungen und Medikamente erniedrigen. Es ist insgesamt aber weniger beeinflussbar als T4. Für eine korrekte fT4-Messung sollte die Equilibriums-Dialyse (fT4ED) in die Nachweismethode implementiert werden. Dieses aufwendige Verfahren ist allerdings wenig verfügbar, zeitaufwendig und kostenintensiv. Nur das mittels Equilibriums-Dialyse gemessenes fT4ED hat eine bessere Spezifität (93 %) als T4. Dieses Nachweisverfahren wird durch Vorliegen von T4-Autoantikörper nicht beeinflusst. Aufgrund der im Vergleich zu T4 etwas niedrigeren Sensitivität (80 %) sollte fT4ED idealerweise als weiterer diagnostischer Test bei den Hunden eingeleitet werden, bei denen die TSH-Konzentration normal ist, der klinische Verdacht auf eine Hypothyreose aber weiter besteht. www.synlab.com Seite 3 HypotHyreose beim Hund Trijodthyronin (T3) T3 ist die biologisch aktive Form (effektives Hormon auf zellulärer Ebene) der Schilddrüsenhormone und ist sehr viel potenter als T4. Es wird größtenteils am Erfolgsorgan aus T4 gebildet und ist anders als T4 nicht Hauptsekretionsprodukt der Schilddrüse und daher für die Diagnostik vernachlässigbar. Empfohlene Aufarbeitung bei Verdacht auf Hypothyreose Zunächst sollte T4 eingeleitet werden. Ist dieses erniedrigt, sollte im nächsten Schritt endogenes TSH bestimmt werden. Die Diagnose einer Hypothyreose kann bei der Konstellation ↓T4/↑TSH sicher gestellt werden. Ist hingegen TSH normal, sollte nun ein fT4ED eingeleitet werden. Eine Hypothyreose kann als sehr wahrscheinlich angesehen werden, wenn fT4ED erniedrigt ist. Ist fT4ED normal, ist eine Hypothyreose hingegen sehr unwahrscheinlich. Nicht-thyreoidale Erkrankungen („non thyroidal illness“, „euthyroid sick syndrome“) Hierunter versteht man die Unterdrückung der Schilddrüsenfunktion bei eigentlich euthyreoten Hunden durch das Vorhandensein einer anderen Erkrankung (z. B. Diabetes mellitus, Hyperadrenokortizismus, Neoplasie, Leber-, Nieren- und Herzerkrankungen oder schwere Entzündungen). Es handelt sich um eine physiologische Adaptation, um den zellulären Metabolismus und den Energieverbrauch zu reduzieren. Es kommt zu einer verminderten Synthese, Sekretion, Transport und Metabolismus der Hormone des Hypothalamus-Hypophysen-Schilddrüsen-Systems. Als Folge können alle Hormone dieses Systems erniedrigt sein (T4, fT4, cTSH). Am stärksten ist jedoch das T4 betroffen (Tabelle 2). Der Schweregrad der Erniedrigung ist vom Schweregrad der Grunderkrankung abhängig. Die Substitutionstherapie ist hier nutzlos – vielleicht sogar kontraindiziert. Ziel sollte es sein, die Grunderkrankung zu diagnostizieren und therapieren, was in der Regel zu einer Normalisierung der Schilddrüsenhormone führt. Zusammenfassung Labordiagnostik Die Diagnose einer Hypothyreose kann unkompliziert sein, wenn die entsprechende Klinik vorhanden ist und eine typische Hormonkonstellation besteht (↓T4 und/oder fT4 und ↑TSH). Oft ist die Diagnosestellung jedoch eine Herausforderung, da die klinischen Symptome nicht spezifisch sind und viele Faktoren die Schilddrüsenfunktion beeinflussen. Die Diagnosestellung sollte nicht alleine auf einem erniedrigten T4-Wert beruhen, da dieses Hormon vielfältigen Einflüssen unterworfen ist. Daher sollte bei einem erniedrigten T4 die Bestimmung von endogenem TSH angeschlossen werden. Sind die Ergebnisse nicht eindeutig, aber der klinische Verdacht besteht weiter, sollte fT4ED eingeleitet werden. www.synlab.com Seite 4 Hypothyreose beim Hund Der TSH-Stimulationstest (hier wird die T4-Konzentration vor und nach intravenöser Gabe von 150 µg rekombinantem humanem TSH gemessen) kann in weiterhin unklaren Fällen Aufschluss über die Reservekapazität der Schilddrüse geben. Allerdings können auch hier Werte im Graubereich auftreten. Die Durchführung dieses Tests ist aufgrund der Verfügbarkeit des Produktes und hohen Kosten wenigen Praxen und Kliniken vorbehalten. Der in den früheren Jahren durchgeführte TRH-Stimulationstest (hier wird die T4-Konzentration vor und nach Gabe von humanem TRH gemessen) wird heute nicht mehr empfohlen, da hiermit wenig verlässliche Resultate erzielt werden. Therapie und Kontrollen Synthetisches Natrium-Levothyroxin ist das Medikament der Wahl und ist als Tablette und als orale Lösung erhältlich. Die Pharmakokinetik von Levothyroxin ist sehr unterschiedlich zwischen Hunden. Daher ist eine Dosis von 20 µg/kg 2 x täglich (Tablette) bzw. 20 µg/kg 1 x täglich (orale Lösung) empfehlenswert. Die Gabe mit Futter verzögert und hemmt die T4-Absorption im Darm. Daher sollte die Gabe von Levothyroxin standardisiert werden (immer mit oder ohne Futter verabreichen). Kontrolluntersuchungen empfehlen sich nach 2 bis 4 Wochen. Hier sollte die Klinik des Patienten und die T4-Konzentration erfasst werden. Die T4-Kontrolle sollte zum Zeitpunkt der höchsten PlasmaKonzentration von Levothyroxin, also ca. 6 Stunden nach Eingabe der Medikation, erfolgen. Ziel ist eine T4-Konzentration in der oberen Hälfte des Referenzbereiches. Der Allgemeinzustand des behandelten Hundes sollte sich schnell unter Substitutionstherapie bessern. Fassbarer Gewichtsverlust und Verbesserung von Haut und Neuropathien, stellen sich oft erst nach 8 bis 12 Wochen ein. Ein gut regulierter Hund kann bei Medikation mit Tabletten in der Regel langfristig auf eine Dosis von 20 µg/kg 1 x täglich reduziert werden. Literatur Diaz Espineira MM, Mol JA, Peeters ME, Pollak YWEA, Iversen L, et al. Assessment of thyroid function in dogs with low plasma thyroxine concentration. J Vet Intern Med 2007;21:25-32. Diaz Espineira MM, Mol JA, Rijnberk A, Kooistra HS. Adenohypophyseal function in dogs with primary hypothyroidism and nonthyroidal illness. J Vet Intern Med 2009;23:100-107. Economidou F, Douka E, Tzanela M, Nanas S, Kotanidou A. Thyroid function during critical illness. Hormones 2011;10:117-124. Ferguson DC. Testing for hypothyroidism in dogs. Vet Clin Small Anim 2007;37:647-669. Graham PA, Refsal KR, Nachreiner RF. Etiopathologic findings of canine hypothyroidism. Vet Clin Small Anim 2007;37:617-631. Mooney CT. Canine hypothyroidism: A review of aetiology and diagnosis. N Z Vet J 2011;59:105-114. Scott-Moncrieff JC. Thyroid disorders in the geriatric veterinary patient. Vet Clin Small Anim 2012;42:707-725. www.synlab.com Seite 5 HypotHyreose beim Hund tabelle 1: Übersicht über die Stadieneinteilung der Progression einer lymphozytären Thyreoiditis mit den histologischen Veränderungen in der Schilddrüse und den labordiagnostischen Veränderungen von Thyreoglobulin-Autoantikörper (TGAA), Thyroxin (T4) und Thyreotropin (TSH). Stadium Histopathologie TGAA TSH T4 initial normal positiv normal normal subklinisch lymphozytäre Infiltration positiv steigt an normal klinisch i > 75 % zerstört positiv erhöht erniedrigt klinisch ii wenig Restgewebe, keine negativ Entzündung erhöht/normal erniedrigt tabelle 2: Veränderungen der Serumkonzentrationen von Thyroxin (T4), freiem Thyroxin (fT4ED) und Thyreotropin (TSH) bei primärer Hypothyreose und nicht-thyroidalen Erkrankungen. Das wahrscheinlichere Resultat ist unterstrichen. T4 fT4ED TSH primäre Hypothyreose erniedrigt erniedrigt erhöht oder normal nicht-thyroidale erkrankungen erniedrigt normal oder erniedrigt normal (hoch in der Erholungsphase nach einer Krankheit) tabelle 3: Mögliche Veränderungen der Serumkonzentrationen von Thyroxin (T4), freiem Thyroxin (fT4ED) und Thyreotropin (TSH) durch Medikamente. Medikamente T4 fT4ED TSH Glukokortikoide erniedrigt normal oder erniedrigt normal phenobarbital erniedrigt normal oder erniedrigt erhöht sulfonamide erniedrigt erniedrigt erhöht Clomipramin erniedrigt erniedrigt normal Carprofen normal oder erniedrigt normal oder erniedrigt normal Ihre synlab-E xpertin: dr. med. v et. Astrid Wehner dipl. Fachtierärz eCVim-CA tin für inne re medizin der Kleinti e re medizinis che Kleinti e Ludwig-m aximilians- rklinik universitä t Veterinärs tr. 13 80539 m ünchen www.synlab.com Seite 6