Bioanorganische Chemie - Fakultät für Chemie und Pharmazie

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1. Einleitung
1.1 Definition, Historisches, Einbettung in Nachbarwissenschaften
Der Begriff Bio-Anorganische Chemie scheint zunächst widersprüchlich, legt man die
historische Definition der Anorganischen Chemie als der Chemie der „Toten Materie“
zugrunde. Allerdings wurde dieses Verständnis der Anorganischen Chemie bereits
1828 durch die Wöhler’sche Harnstoffsynthese ad absurdum geführt. Unter der
Bioanorganischen Chemie versteht man heute diejenige Teildisziplin der Biochemie
(= Chemie der lebenden Organismen), der sich mit der physiologischen Rolle von
anorganischen Elementen und den molekularen Grundlagen ihrer Funktion befasst.
Die Bioanorganische Chemie wird ist etwa 1960 als eigenständiges Teilgebiet
akzeptiert. Voraussetzung dafür, dass sich dieses Teilgebiet als eigenständige
Disziplin entwickeln konnte, war die Erkenntnis, dass typische anorganische
Elemente in physiologischen Systemen weit verbreitet sind und eine Schlüsselrolle
bei zahlreichen physiologischen Funktionen spielen. Beispielsweise enthält etwa die
Hälfte aller bis heute bekannten Enzyme mindestens ein Metallion als wesentliche,
für dessen Funktion meist sogar unabdingbare (essentielle) Komponente.
Maßgeblich für die Erkenntnis der physiologischen Rolle anorganischer Elemente
waren Fortschritte bei den Isolations- und Reinigungsverfahren der Biochemie und
die Entwicklung immer empfindlicherer Nachweismethoden, mit denen sich auch
Spuren von Elementen nachweisen lassen. Dies ist insbesondere ein Verdienst der
Atomabsorptionsspektroskopie (AAS) und der Atomemissionsspektroskopie (AES).
Eine wichtige Triebkraft bei der Entwicklung dieser Disziplin waren auch die
Bemühungen um die Aufklärung biochemischer Reaktionsmechanismen und deren
Nutzbarmachung in vitro. Dies schließt die Synthese einfacherer Modellsysteme und
die Erforschung ihrer Reaktivität ein. Hier stehen die Biochemie und die
anorganische Chemie in intensiver gegenseitiger Wechselbeziehung. Beispielsweise
werden spektroskopische Daten strukturell bekannter Modellsysteme mit denen der
physiologisch vorkommenden Systeme verglichen, um detaillierte Informationen zum
Aufbau der „anorganischen“ Teilstrukturen im physiologischen System zu erhalten.
Wie der Name schon sagt ist die Bioanorganische Chemie ein hochgradig
interdisziplinäres Gebiet, das mittlerweile fast schon „Modecharakter“ hat. Neben der
1
Biochemie und der Anorganischen Chemie gibt es Berührungspunkte zu einer Reihe
anderer Teildisziplinen (s. Abb. 1).
(Umwelt)
Technologie
(Molekular)
Biologie
Biochemie
Anorganische
Chemie
Lebensmittelchemie
Bioanorganische
Chemie
Toxikologie
Physik
Pharmazie,
Medizin
Medizinische Chemie
Abbildung 1. Die Bioanorganische Chemie und ihre Nachbardisziplinen
Es ergeben sich folgende Berührungspunkte:
-
Physik: Bereitstellung und Weiterentwicklung der Nachweis- und
Untersuchungsmethoden
-
(Molekular)Biologie: Bereitstellung physiologischen Materials und dessen
gezielte gentechnologische Manipulation
-
Toxikologie: Untersuchung des Schadstoffpotentials anorganischer
Verbindungen und dessen molekularer Grundlage
-
Pharmazie, Medizin, Medizinische Chemie: medizinischer Einsatz
anorganischer Substanzen in der Diagnostik und der Therapie
-
Lebensmittelchemie, Agrar- und Ernährungswissenschaften: Rolle
anorganischer Verbindungen für Wachstum und Gedeihen eines Organismus,
Schadstoffproblematik
-
Technologie, Umwelttechnologie: Bakterieller Stoffabbau in Kläranlagen oder
Sedimenten, Schadstoffabbau und Entgiftung
2
1.2 Die physiologischen Funktionen von Metallionen
In lebenden Organismen finden sich z. T. größere Mengen an Metallionen. Erste
Erkenntnisse über deren physiologische Rolle sammelte bereits Liebig (1803-1873)
mit seinen Untersuchungen zum Stoffwechsel anorganischer Nahrungsbestandteile
und zum Einsatz von Düngemitteln zur Ertragssteigerung (Nitrate, Phosphate,
Kaliumsalze). Als besonders auffallende bioanorganische Verbindungen wurden die
Blatt- und Blutfarbstoffe von Seiten der damals noch als Teil der Organischen
Chemie begriffenen Naturstoffchemie untersucht (man denke in dem
Zusammenhang an die Blutlaugensalze!). In der Folgezeit lernte man auch, dass
einige Krankheiten oder Missbildungen auf mangelnde Versorgung mit bestimmten
Spurenelementen zurückzuführen sind. Dabei kann man in für einen Organismus
absolut lebensnotwendige, essentielle und dem Gedeihen förderliche (benefitial)
Elemente unterscheiden. Die Abgrenzung liegt darin, dass das vollständige Fehlen
essentieller Elemente schwere, irreversible Schäden auslöst. Vielfach stellt man fest,
dass als förderlich oder essentiell anerkannte Elemente in höherer Konzentration
(Dosis) umgekehrt schädigend oder gar toxisch wirken. Ein Paradebeispiel dafür ist
Selen. Einmal wurde Selenocystein als 21. essentielle Aminosäure erkannt und
werden selenhaltige Präparate in der Nahrungsmittelergänzungsindustrie als
Wunderheilmittel dargestellt, andererseits ist es in größeren Mengen aufgenommen
stark toxisch. Darin dokumentiert sich dass Paracelsus’sche Prinzip von der
ambivalenten Wirkung vieler Stoffe. Für ein jedes essentielles oder förderliches
Element ist demnach ein Dosis-Wirkungsdiagramm zu formulieren wie Abb. 2 es
zeigt.
positiv
Tod
Tod
negativ
Konzentration (Dosis)
Abbildung 2. Dosis-Wirkungsdiagramm
3
Tabelle 1 gibt eine Übersicht über den durchschnittlichen Metallgehalt im
menschlichen Körper nach Emsley,1 während Abb. 3 die essentiellen Elemente
zusammenfasst. Unter den Übergangsmetallen besitzen fast alle Elemente der 3dReihe eine essentielle physiologische Funktion, während unter den Elementen der
4d-Reihe lediglich Mo eine derartige Rolle spielt.
Tabelle 1. Durchschnittlicher Metallgehalt des Menschen
Abbildung 3. Übersicht über die essentiellen Elemente.
4
Funktion
Eigenschaft
Beispiele
Strukturbildung- und
Ladung, Bildung schwer
Ca2+: Skelettaufbau; Ca2+, Mg2+: Stabilisierung der Struktur von DNA; Zn2+:
Stabilisierung
löslicher Verbindungen
Stabilisierung der Struktur DNA-erkennender Proteine; Zinkfinger, P,O,C, Si, S, F:
Bestandteile von strukturstabilisierenden Anionen
Reizleitung,
Ladung, hohe Beweglichkeit Na+, K+: Elektrochemische Potentialsprünge, z.B. bei der Nervenreizleitung,
Signalübertragung
Steuerung der Muskelkontraktion, erfordert Ionenpumpen zur Erzeugung und
Ionenkanäle zum Abbau von Konzentrationsgefällen.
Säure-Base Katalyse
Lewis-Acidität
Mg2+, Zn2+: Katalyse von Hydrolysen oder Kondensationsreaktionen (Phosphatasen,
Carboanhydrasen, Hydrolasen etc.), zentrale Rolle beim Auf- und Abbau organischer
Verbindungen
Elektronentransport
Redoxaktivität
Fe/S-Cluster, Fe/Mo-Cofaktoren der Nitrogenasen, Mn-Cluster der Photosynthese,
Fe-Porphyrinkomplexe der Cytochrome, blaue Kupferproteine
Sauerstofftransport bei der
labile Koordination von O2
Fe-haltige Häm-Proteine, Cu-haltige Hämocyanine
Atmung
Aktivierung kleiner Moleküle, Erzeugung und
O-Übertragung: Fen+: Cytochrome; Fen+, Cun+, Con+, Mon+, Vn+, Mnn+: Oxygenasen,
Atomübertragungsreaktionen Stabilisierung radikalischer
Oxidasen, Reduktasen, Ni2+: Hydrogenasen; Übertragung von Alkylresten,
Zwischenstufen
Umlagerungsreaktionen: Co2+: Cobalamine (Vitamin B12)
Tabelle 2. Physiologische Funktion anorganischer Bestandteile
5
Die Funktion der essentiellen Elemente wird deutlich, wenn man sich die
Mangelerscheinungen vor Augen führt, die ihr Fehlen nach sich zieht. Die wichtigsten
Befunde sind in Tabelle 3 zusammengestellt.
Tabelle 3. Übersicht über Mangelerscheinungen
Element
Mangelerscheinung
Ca
Wachstumsbeeinträchtigung (Skelett)
Mg
Krampfneigung
Fe
Anämie, Störung des Immunsystems
Zn
Hautschäden, Zwergwuchs, verzögerte sexuelle Reifung
Cu
Arterienschwäche, Leberstörungen, sekundäre Anämie
Mn
Unfruchtbarkeit, gestörter Skelettaufbau
Mo
Verlangsamtes Zellwachstum, Kariesneigung
Ni
Wachstumsverzögerung, Dermatitis
Cr
Glukose-Intoleranz (Symptome wie bei Diabetes)
Si
Störungen des Skelettwachstums
F
Karies
I
Schilddrüsenfehlfunktion (Kropf), verlangsamter Metabolismus
Se
Muskelschwäche, Bluthochdruck
Prinzipiell kann man zwischen Metalloproteinen und Metallenzymen unterscheiden:
In Metalloproteinen treten Metalle als Cofaktoren von Proteinen auf. Metalloenzyme
sind Metalloproteine mit katalytischen Funktionen. Auffällig ist, dass einige der
redoxaktiven Metallionen in biologischen Systemen in eher ungewöhnlichen
Oxidationsstufen vorkommen: Beispiele sind Fe(V), Mn(III), Cu(I), Mo(IV), W(IV),
Co(I), Ni(I), Ni(III).
6
2. Koordination, Transport und Speicherung von Metallionen
2.1 Bioliganden
Neben einfachen oder komplexen Phosphaten, Sulfid- und Sulfationen, Wasser und
dessen deprotonierten Formen (OH-, O2-) stehen Metallionen in Enzymen die
folgenden Bioliganden zu Verfügung:
a) Aminosäuren und Peptide (s. Übersicht)
Aminosäuren können Metallionen über ihre Carboxylatfunktion binden. Dabei sind
die in Abb. 4 gezeigten, unterschiedlichen Koordinationsmodi möglich. Abb. 5 gibt ein
Beispiel für die µ, η1: η1-Koordination einer synthetischen Aminosäure.
M
C
C
O O
O
M
M
1
η , anti
C
C
O O
1
η , syn
2
η
Ca2+
O O
O
M
M'
1 1
µ,η :η
Fen+, Mnn+
Abbildung 4. Koordinationsmodi von Aminosäuren an Metallionen
Abbildung 5. Die Struktur von CdCl2(H2O)(DL-Hpip) mit µ, η1: η1-Koordination der
Aminosäure
Analog ist eine Koordination am C-Terminus von Peptiden möglich. Bei Polypeptiden
ist jedoch zu berücksichtigen, dass viele Aminosäuren Substituenten mit
7
Ligandfunktionen in ihrer Seitenkette tragen. Da jedes Peptid nur einen C-Terminus
gegenüber einer Vielzahl von derart koordinierenden Aminosäuren aufweist, ist eine
Bindung von Metallionen an die Seitengruppen bevorzugt. Tabelle 4 gibt eine
Übersicht über potenziell koordinierende Aminosäuren; ein Beispiel für die
Koordination eines synthetischen histidinfunktionalisierten Äquivalents eines
Dipeptids gibt Abbildung 6.
Tabelle 4. Aminosäuren/Peptide als Liganden
In Abhängigkeit vom Metallion und seiner Oxidationsstufe existieren gewisse
Präferenzen bezüglich des Aminosäurepartners, der Koordinationszahl und der
Koordinationsgeometrie (Selektivität) (s. Tabelle 5)
8
Tabelle 5. Charakteristische Bindungspartner und Koordinationsgeometrien für
bestimmte Metallionen
Abbildung 6. Koordination von Aminosäuren mit histidinhaltigen Seitenketten an Cu2+
(Sovago et al, Inorg. Chim. Acta, 339, 2002, 373).
Abbildung 7. Beispiele für Komplexe mit chelatisierender und N-terminaler Koordination von
Glycin, s. Mann et al. Dalton Trans. 2007, 1500.
9
b) Nucleobasen, Nucleotide und Nucleinsäuren (s. Übersicht)
Abbildung 8. Nucleobasen,. Nucleoside und Nucleotide.
Nucleobasen (Abb. 8) sind ambidente Liganden, d. h. sie verfügen über mehrere ungleiche
Koordinationsstellen. Je nach der Art (Größe, Ladung) des koordinierten Metallions, der
anderen Liganden (H-Brücken-Bindungen) und den äußeren Bedingungen (pH-Wert) können
sie als ein- oder mehrzähnige Liganden fungieren und über Imino-, Amino-, Amido-,
Hydroxo- oder Oxofunktionen koordinieren. Beispiele für röntgenographisch gesicherte
Strukturen von Metallkomplexen mit Koordination der Nucleobasen Adenin, Cytosin und
eines sich von Guanin ableitenden Nucleosids zeigt Abbildung 9.
Pair of asymmetric units of
Cu(MIDA)(AdeH)(H2O)] ×/H2O
showing the intra -molecular
interligand hydrogen bond in both
molecules (open dashed lines) and
the inter -molecular p,p-stacking
interaction between five- and sixmembered rings of AdeH ligands
(black dashed lines).
10
Struktur von
Pd(CNtBu)(C6F5)(MeCytosin)2
Abbildung 9. Verschiedene Beispiele für röntgenographisch charakterisierte Komplexe mit
koordinierten Nucleobasen.
Auch ein Beispiel für die chelatisierende Koordination von Pd(II) an einfach
deprotoniertes Thymin ist mittlerweile bekannt (Abb. 10).1 Die Synthese erfolgte
gemäß:
[(Aryl)2Pd(µ-OH)2Pd(Aryl)2](NBu4)2 + 2 1-Methylthymin → 2 [(Aryl)2Pd(1Metyhlthymid)] + 2 H2O (Aryl = C6F3H2, C6F5).
11
Abbildung 10
Für zytostatisch wirkende Halbsandwich-Ru(II)-Komplexe des Typs (η6Aren)Ru(en)Cl] wurde die selektive Bindung an N7 von Guaninbasen in DNAOligomeren nachgewiesen. Modellkomplexe zeigen attraktive π-Wechselwirkungen
zwischen ausgedehnten π-Arenliganden und dem nichtkoordierten, elektronenarmen
Sechsring der Nukleobase sowie stabilisrende Wechselwirkungen über H-Brücken
(Abb. 11).2 Ein derartiges „π-stacking“ bewirkt auch den Einschub sog.
„Intercalatoren“ in die DNA, was bei Zytostatika wie cis-Platin-Derivaten und bei der
Fluoreszenzmarkierung von DNA eine wichtige Rolle spielt.
Abbildung 11. Strukturen zweier Halbsandwich-Rutheniumkomplexe mit 9-Ethylguanin.
12
Die Tatsache, dass Nucleobasen in verschiedenen tautomeren Formen vorliegen
können, stellt eine zusätzliche Komplikation dar (Abb. 12).
H
H
N
N
HO
NH2
N
N
HN
N
O
R
N
R
O
N
R
Abbildung 12. Verschiedene Tautomere des N(1)-substituierten Cytosins
Durch Koordination an Nucleobasen können Metallionen mit der Basenpaarung
interferieren, indem sie die „falschen“ Tautomeren und „falsche“ Basenpaare
stabilisieren. Ausbleibende Reparatur zieht eine Verfälschung der genetischen
Information nach sich. Die mutagene und carcinogene Wirkung einiger Metallionen
basiert auf diesem Mechanismus. Andererseits kann man diese Koordination auch
gezielt medizinisch in der Tumorbekämpfung nutzen (cis-Platin).
c) Makrozyklische N-Donorliganden: Tetrapyrrolliganden und Verwandte (s.
Übersicht, Abb. 13)
N
NH
N
N
Corrin
Abbildung 13
13
Die makrozyklischen Chelatliganden können eine breite Vielfalt von Metallionen
koordinieren und bilden sehr stabile Komplexe. Dies lässt sich schon daraus
ablesen, dass Sedimente, Kohle und Erdöl hohe Konzentrationen an derartigen
Komplexen enthalten. Die Makrozyklen haben einen zentralen Hohlraum von genau
definierter Größe, etwa 60-70 pm. Komplexe des Mg2+-Ions (72 pm, Chlorophyll), von
Fe2+/3+ in verschiedenen Spin-Zuständen (h. s. Fe2+: 78 pm, zu groß, l. s. Fe2+: 65
pm, passt; h. s. Fe3+: 65 pm, passt, l. s. Fe3+: 55 pm, zu klein, durchschnittlich 65 pm,
Häm-Proteine, Cytochrome), Co2+ (65 pm, Cobalamin) und Ni2+ (69 pm, F-430,
Tunichlorin, chlorophyllartiger Ni-haltiger Komplex bei Manteltieren) haben wichtige
biologische Funktionen. Gewisse Anpassungen an größere Metallionen sind dadurch
möglich, dass diese außerhalb der Ringebene koordinieren oder der Makrozyklus
durch Wölbung (doming), Verdrillung (ruffling), Einnehmen einer sattelförmigen
(saddling) oder wellenförmigen Struktur (waving) seine Planarität einbüßt. Abb. 14
zeigt diese Verzerrungen zusammen mit den Energien der entsprechenden out-of
plane IR-Schwingungen. Diese Verzerrungen werden maßgeblich von der
Aminosäuresequenz zwischen dem Porphyringerüst und einem weiteren axialen
Liganden (dem sog. proximalen Liganden) sowie in verknüpften Porphyrinen durch
die Aminosäuresequenz der Verknüpfung beeinflusst und sind in verwandten
Enzymfamilien weitgehend konserviert. 3
Abbildung 14. Deformationsmodi des Porphyrinrings und die Energie der charakteristischen
out-of-plane IR-Bande
Die Tetrapyrrol-Liganden sind aromatische 18π-Elektronensysteme, was ihnen und
ihren Komplexen neben ihrer besonderen Stabilität auch intensive Absorptionen im
Sichtbaren und Redoxaktivität verleiht. Wegen ihrer intensiven Farben werden sie oft
14
auch als „Pigmente des Lebens“ bezeichnet. Ihre Redoxaktivität macht diese
Komplexe zu essentiellen Komponenten bei den wichtigsten biologischen
Energieumwandlungsprozessen: der Atmung und der Photosynthese. Selbst nach
der Koordination an den Makrozyklus verbleiben am Metallion noch zwei weitere
Koordinationsstellen. Diese können einmal zur Substratbindung und zum anderen
zur Steuerung der Reaktivität durch den trans-ständigen Liganden (trans-Effekt)
herangezogen werden. In den Metalloproteinen der Häm-Familie ist eine axiale
Position von einem proximalen Histidinliganden besetzt.
d) Ionophore
Dabei handelt es sich um vielzähnige Chelatliganden der Zähnigkeit von ≥ 6, die
Ionen mit oft großer Selektivität binden. Ihre Hauptfunktion besteht im Ionentransport.
Daher üben sie auch bei der Aufnahme von Ionen aus dem umgebenden Medium
und ihrer Speicherung eine wichtige Funktion aus. Ein wichtiger Ionophor für K+ und
Ca2+ ist das Valinomycin, ein cyclisches Dodecadepsipeptid, das sich aus Valin und
Isobuttersäure her leitet (Abb. 15). Ein weiteres Beispiel ist Nonactin, ein
makrozyklischer Ester, der ebenfalls K+ und Ca2+ bindet (Abb. 16).
Abbildung 15. Valinomycin (links) und Nonactin (rechts)
15
Abbildung 16. Struktur des Ca2+-Komplexes von Nonactin4
In den strukturell charakterisierten K+ und Ca2+-Komplexen (s. Abb. 16) wird das
Metallion von allen Estercarbonyl- und Ether-Sauerstoffatomen koordiniert (KZ = 8).
Infolge der Koordination drehen sich alle acht Donorfunktionen ins Komplexinnere.
An der Außenseite sind die unpolaren Alkylgruppen angeordnet. Dies erlaubt
beispielsweise den Transport polarer, schwach koordinierender, hydrophiler und
meist substitutionslabiler Metallionen durch die lipophile Doppelschicht biologischer
Membranen. Weiter bewirkt die Anhäufung chiraler Zentren eine spezifische
Rezeptorerkennung. Dafür ist auch maßgeblich, dass von den zahlreichen möglichen
Konformationen des freien Liganden oft nur eine einzige für die Metallkomplexierung
optimal ist. Diese natürlichen Ionophore sind Teil des chemischen Abwehrsystems
von Pilzen, Flechten und Meeresorganismen. Ihr gezielter Einsatz stört den
Ionenhaushalt und die Membranfunktion von Bakterien, beeinträchtigt aber die
komplexeren Ionentransportmechanismen höherer Organismen kaum. Derartige
Makrozyklen werden daher auch medizinisch als Antibiotika eingesetzt.
Eine weitere wichtige Gruppe von biogener Ionophore sind die Siderophore (=
Eisenträger). Dabei handelt es sich um Chelatliganden mit einem Molekulargewicht
bis ca. 1500 Da und hoher Spezifität für Fe(III). Wichtige Beispiele zeigt Abb. 17. Ihre
Funktionen sind die Mobilisierung, der Transport und die Speicherung von Eisen.
Organismen müssen sich derartiger Liganden bemühen, weil die Konzentration von
Fe3+ im Meerwasser (3⋅10-7 Gewichtsprozent, Fe(OH)3↓), wesentlich geringer ist als
die physiologische Konzentration (6⋅10-3 Gewichtsprozent). Auch an Land ist Fe3+
meist in unlöslicher, oxidischer Form gesteinsgebunden.
16
Abbildung 17. Wichtige biogene Siderophore.
Mikroorganismen (Bakterien, niedere Pilze) und viele Pflanzen (insbesondere
Wasserpflanzen) vermögen mittels der Siderophore, die sie in das umgebende
wässrige Medium abgeben, aus schwerlöslichen Eisenhydroxid-Depots Fe3+ durch
Komplexierung zu mobilisieren. Die Fe-bindenden funktionellen Gruppen sind
Catecholate (bei den Enterobaktinen), Hydroxamate (bei den Ferrioxaminen und
Ferrichromen), Carboxylate und Hydroxycarboxylate (z.B. Rhizoferrin). Die Komplexe
sind mehr oder weniger globulär gebaut und verfügen über eine Peripherie aus
hydrophilen Gruppen (Amid- und Esterfunktionen), die Wasserlöslichkeit und den
Transport im aquatischen System gewährleisten.
Bis heute sind etwa 200 biogene Siderophore von Pilzen, Bakterien und Hefen
bekannt. Ihre Biosynthese wird über ein DNA bindendes und von Fe(II) aktiviertes
Regulationsprotein (Fe uptake regulation, fur) durch das Angebot an Eisen reguliert.
Ein prominenter Vertreter ist das Enterobactin, ein Tris(catecholat)-Ligand (Abb. 14).
Die Komplexbildungskonstante Kf = [Fe(Ent)] / [Fe]3+ [Ent3-] (Gl. 2) beträgt ca. 1049.
Synthetische, den Siderophoren nachgebildete Chelatliganden werden auch
medizinisch eingesetzt. Dies beruht zum einen auf ihrer antibiotischen Wirkung.
Mikroorganismen bedürfen für ihre Vermehrung einer kontinuierlichen Versorgung
mit Eisen. Sie sind allerdings nicht dazu in der Lage, dieses aus fest gebundenem
Eisen im Blutserum freizusetzen. Bei Patienten, denen Bluttransfusionen verabreicht
17
werden, beugt man durch Gabe von mit dem Urin ausscheidbaren Chelatliganden
einer Eisenvergiftung vor.
2.2 Transport und Speicherung von Ionen am Beispiel des Eisens
Speicherung und Freisetzung
Um Fe3+ aus der Umgebung aufnehmen zu können, synthetisieren Lebewesen
Siderophore. Pflanzen nutzen dazu oft symbiotisch lebende Mikroorganismen. Der
jetzt lösliche Komplex wird spezifisch in die Zelle aufgenommen, wobei er mit
Membran-Rezeptoren wechselwirkt und über einen energieverbrauchenden Prozess
ins Innere der Zellen transportiert wird. Das Herauslösen des Eisens aus dem
Komplex kann auf mehreren Wegen erfolgen: Hydrolyse des Liganden, Reduktion
von Fe3+ zu Fe2+, das weitaus labilere Komplexe mit diesen Liganden bildet, oder
Verdrängung des zur Aufnahme und zum Transport verwendeten Liganden durch
einen spezifischen intrazellulären Eisen bindenden Rezeptor. Eine Hürde bei dem
Reduktionsmechanismus sind die außerordentlich niedrigen Potenziale der
Fe3+/Fe2+-Paare in den Siderophorkomplexen. Dies ist eine direkte Konsequenz der
hohen Komplexstabilitäten, wie die folgenden Überlegungen zeigen:
Gemäß der Nernst-Gleichung ergibt sich das Redoxpotential des
Gleichgewichtssystems [Fe(Sid)] + 3H+ + e- ⇄ Fe2+ + H3Sid (3) zu
E = E0 + 0.059V ⋅ log [FeSid] [H+]3 / ([Fe]2+·[H3Sid]) (4).
Mit Kf = [Fe(Sid)] / ([Fe3+]·[Sid3-] (2) und Ks = [H+]3 [Sid3-] / [H3Sid] lässt sich Gl. 4 zu
E = E0 + 0.059V · log [Fe3+]/{[Fe2+]}·Ks·Kf} (Gl. 5) umformen.
Dementsprechend ist zu erwarten, dass das Redoxpotenzial des Fe2+/3+ - Paares E0
mit zunehmender Komplexbildungskonstante sinkt, ähnliche pKS-Werte der Liganden
vorausgesetzt. Dies ist auch der Fall (Tabelle 6)
18
Tabelle 6. Stabilitätskonstanten und Redoxpotenziale für Fe-Komplexe verschiedener
Siderophore
Siderophor
log Kf (Fe(III))
E0 in V (pH = 7)
Ligand-Typ
Mugineinsäure
18.1
- 0.102
Carboxylat, Amino-N
Aerobactin
22.5
-0.336
Hydroxamat, Carboxylat
Coprogen
30.2
-0.447
Hydroxamat
Desferrioxamin B
30.5
-0.468
Hydroxamat
Ferrichrom A
32.0
-0.448
Hydroxamat
Enterobactin
ca. 49
-0.790
Catecholat
Alterobactin A
51±2
-0.972
Catecholat, Hydroxy,
Carboxylat
Für Alterobactin A (Alt A) zeigen potentiometrische Titrationen, dass bei Fe3+Bindung sechs Protonen freigesetzt werden. Mit Hilfe der NMR-Spektroskopie konnte
gezeigt werden, dass je zwei Protonen von der Catecholateinheit und den beiden
Hydroxyaspartat-Untereinheiten abgegeben werden. Der Fe3+-Alterobactionkomplex
ist über einen pH-Bereich von 4 bis 9 hydrolysestabil. Komplexbildung stabilisiert Alt
A gegen Hydrolyse. In Abwesenheit des Metallions wird Alt A bei pH = 8 mit einer
Halbwertszeit von 11.6 h unter Spaltung des Lactonrings zum offenkettigen Alt B
hydrolysiert. Der Komplex ist unter den gleichen Bedingungen dagegen stabil.5
Demnach ist ein gekoppelter Protonierungs-/Reduktionsmechanismus
wahrscheinlich. Ist Fe2+ erst einmal in der Zelle freigesetzt worden, muss es wegen
seiner Labilität direkt verarbeitet oder gespeichert werden.
19
Abbildung 18. Alterobactin A und Alterobactin B und Voltammogramm des Fe(III)-Komplexes
Die Speicherfunktion übernehmen hochspezialisierte Proteine, insbesondere das
Ferritin und das Hämosiderin. Im Ferritin bilden 24 gleichartige ProteinUntereinheiten eine Hohlkugel mit einem Außendurchmesser von etwa 130 Å und
einem Innendurchmesser von 75 Å, in die ca. 1200 Fe-Atome (max. 4500 Fe)
eingelagert werden (Abb. 19). Die ungefähre Zusammensetzung des Fe-Kerns lautet
Fe(III)9O9(OH)8(H2PO4) mit wechselndem Phosphat-Anteil. Aus EXAFS-Daten kann
man schließen, dass die Fe-Atome von sechs O-Atomen im Abstand von etwa 195
pm und von etwa 7 Fe-Atomen im Abstand von ca. 330 pm umgeben sind. Er ähnelt
dem metastabilen Mineral Ferrihydrit 5 Fe2O3·9 H2O (= Fe10O6(OH)18. Dieses weist
eine hexagonal dichteste Packung von O-Atomen auf. Die Oktaeder sind über
gemeinsame Kanten zu Doppelsträngen verknüpft. Die Doppelstränge sind ihrerseits
durch gemeinsame Ecken mit Nachbarsträngen verbunden (Abb. 20).6 Die
Einlagerung und Freisetzung des Eisens erfolgt als Fe(II).
20
Abbildung 19. Schematischer Aufbau des Ferritins. Die Cn-Achsen markieren Kanäle nzähliger Symmetrie. Jede Untereinheit besteht aus vier langen α-Helices, die zu einem
Bündel gruppiert sind. Sie werden von einer 5. kurzen α-Helix (symbolisiert durch E)
verbunden. N symbolisiert den gegenüberliegenden N-Terminus.
Abbildung 20. Die vermutliche Struktur von Ferrihydrit.
Die Fe3+ -Ionen sind durch µ-O und µ-OH-Brücken miteinander verknüpft. Zur
Proteinwandung hin erfolgt die Ankopplung über Carboxylatgruppen (von Glutamat
und Aspartat). Das Eisen befindet sich im high-spin Zustand; das gegenüber
isolierten high-spin Fe3+ - Ionen (spin-only Wert S = 5/2, 5.92 µB) deutlich
verminderte magnetische Moment von nur 3.85 µB weist auf antiferromagnetische
Kopplung hin. Für den An- und Abtransport des Eisens dienen Kanäle im
Proteinmantel, die einen Durchmesser von ca. 10 Å haben. Beim Einbau wird das
21
Eisen zunächst an der nach außen weisenden Seite des Kanals als Fe2+ koordiniert.
Nach Transport ins Innere und Ankopplung an die Carboxylatgruppen der inneren
Wandung oder den dort bereits gebundenen Fe2O3-Keim erfolgt oxidative Addition
von O2. Dabei gebildete zweikernige, peroxoverbrückte (Fe3+)2-Intermediate bilden
durch nachfolgende weitere Oxidation und Hydrolyse zwei FeO(OH)-Zentren. Die
Nettogleichung für diesen Prozess lautet 4 Fe2+ + O2 + 6 H2O → 4 FeO(OH) + 8 H+.
Bemerkenswerterweise erfolgt der Einbau von Fe3+-Ionen mit einer Geschwindigkeit
von bis zu 3000 Fe-Atomen pro Sekunde.
Für den Transport von Fe-Ionen nach außen werden zwei mögliche Mechanismen
diskutiert. Zum einen könnten unpolare Reduktionsmittel durch die hydrophoben
Ferritin-Kanäle vierzähliger Symmetrie nach innen gelangen und Fe3+ reduzieren. Die
Fe2+-Ionen würden anschließend durch hydrophile Kanäle dreizähliger Symmetrie
nach außen transportiert. Alternativ könnten Reduktionsmittel an der Außenseite des
Ferritins andocken und Elektronen durch die Proteinhülle ins Innere abgeben.
Eventuell wird die Fe(III) Reduktion in beiden Fällen durch Fe(II)-Chelatliganden
unterstützt.
Hämosiderin hat einen noch höheren Speichergehalt als Ferritin, ist aber unlöslich.
Man vermutet, dass es in Lysosomen aus Ferritin entsteht, dessen Proteinhülle
teilweise abgebaut wird. Lysosome sind kugelförmige Vesikel, die Proteine,
Polysaccharide, Lipide und Nucleinsäuren abbauen können.
Transport
Zum Fe-Transport dienen ca. 80 kDa schwere Proteine der Transferrin-Familie. Ihre
Hauptfunktion besteht darin, Fe-Ionen vom Ort der Resorption, der Speicherung oder
des Abbaus der roten Blutkörperchen zu den blutbildenden Zellen im Knochenmark
zu transportieren. Die einzelne Peptidkette besitzt zwei halbmondförmige Bereiche
mit je einer Bindungsstellen für Eisen. Es wird dort von zwei Tyrosinat-, einem
einzähnigen Aspartat, einem Histidin und einem chelatisierenden Carbonatliganden
gebunden. Die Bindung des Carbonats erfolgt simultan zu der des Eisens. Der
Carbonatligand ist über H-Brücken auch an das Protein gebunden. Infolge der
Koordination wird das Transferrin deutlich kompakter. Man spricht von einer offenen
Struktur des unbeladenen Apoproteins und einer geschlossenen Struktur des
22
Proteins. Abb. 21 zeigt die offene Struktur von Pferdelactoferrin in der Apoform und
die geschlossene Struktur der beladenen Form.
Abbildung 21. Die röntgenographisch bestimmte Struktur von Pferdelactoferrin
Abbildung 22. Die Koordinationsumgebung um die Fe-Ionen im Transferrin; links:
schematisch, rechts: reale Struktur der Fe-Bindungseinheit in der N-Domäne des humanen
Transferrins
23
Die Stabilitätskonstante des Ferritin Fe3+ - Komplexes liegt bei etwa 1020 istg aber
stark vom pH-Wert abhängig; bei pH = 5,5 ist K nur noch ca. 1012 und bei pH 4,5 liegt
Kstab unterhalb des Wertes für den Citratkomplex. Zur Weitergabe des Eisens an die
Zelle wird, so die plausibelste Hypothese, Transferrin an einen Rezeptor angelagert,
zum Endosom eingeschnürt und ins Zellinnere transportiert. Hier wird ein pH von 5.0
- 5.5 hergestellt. Das nach Protonierung des Transferrins und Reduktion als Fe2+
freigesetzte Eisen wird dann schnell an den niedermolekularen Eisenpool im Zytosol
übergeben und das Apotransferrin wieder in das Plasma abgegeben. Tatsächlich
transportiert die Gesamtmenge des körpereigenen Transferrins pro Tag etwa 40 mg
Eisen, während die gesamte Aufnahmekapazität bei lediglich 7 mg Fe liegt.
Transferrin-Rezeptoren (TfR) finden sich auf allen sich teilenden Zellen. Die TfR
Expression ist koordiniert mit der Zellproliferation, und wird routinemäßig als Maß
z.B. für das Wachstumspotential von in-vivo Tumoren herangezogen.
Neben Fe3+ kann Transferrin auch andere dreiwertige Ionen wie Cr3+ und Al3+,
daneben auch Cu2+, Mn2+, Co3+ sowie Ti4+ aufnehmen. Tatsächlich bindet Ti4+ mit
höherer Affinität an Transferrin als Fe3+! Der Transport von Ti4+ spielt bei der
Mobilisierung dieses normalerweise extrem schwerlöslichen Ions - Ti4+ bildet in
wässriger Lösung bereits bei niedrigem pH oxo/hydroxoverbrückte, unlösliche
Polymere – eine wichtige Rolle. Letzteres wird für die Korrosion medizinischer
Implantate im Körper sowie für die Anreicherung von Ti in malignem Gewebe
verantwortlich gemacht. Tumorzellen haben einen erhöhten Eisenbedarf und
exprimieren signifikant mehr Transferrin als gesunde Zellen. Der selektive Ti4+Transport in Tumorgewebe ist für Ti(IV)-Zytostatika wie Cp2TiCl2 von Bedeutung. Der
Transport von Al3+-Ionen durch Transferrin zum zentralen Nervensystem und die
dortige Anreicherung dieses Ions, das ja nicht mehr durch Reduktion mobilisiert
werden kann, stellt einen wichtigen Aspekt bei dessen Toxizität dar. Al3+Ablagerungen wurden als (Mit)-Auslöser von Krankheiten wie Alzheimer-Krankheit
diskutiert, doch ist diese These sehr umstritten.
Das folgende Schema zeigt den Fe-Kreislauf in höheren Lebewesen in vereinfachter
Form.
24
Unreife Erythrozyten
(120 - 150 mg)
Ferritin
Erythrozyten
(2500 - 3000 mg)
3+
2+
Hämosiderin [Fe ]
[Fe ]
Häm und Globin
2+
Hämoglobin [Fe ]
Protoporphyrin
Nahrung
Gastrointestinaltrakt
30 mg/Tag
Schleimhaut
2
Milz und andere Gewebe
30 mg/Tag
Plasma
Zerstörung der Erythrozyten
Fe(III)-Transferrin
[Fe +]
2+
3+
[Fe ]
Ferritin [Fe ]
5 mg/Tag
3+
Ferritin [Fe ]
Schweiß, Urin
extrazelluläre Flüssigkeit
Faeces
Fe(III)-Transferrin
2+
[Fe ]
Erythrozyten
2+
Hämoglobin [Fe ]
Häm-Enzyme
3+
2+
Myoglobin [Fe ]
Ferritin [Fe ]
3+
Hämosiderin [Fe ]
Leber und andere Gewebe
(150 - 200 mg)
Entsprechende Aufnahme-, Speicher- und Transportmechanismen existieren
vermutlich auch für andere Metallionen, doch sind die Prozesse dort bei weitem nicht
so genau verstanden wie beim Eisen. Ein Beispiel ist das Vanadium. Seescheiden
(Ascidiae), Pilze und Braunalgen haben die Fähigkeit, dieses Element bis zu einem
Faktor von 107 gegenüber ihrer Umgebung anzureichern. Auch dazu bedienen sich
diese Organismen bestimmter Ionophore. Aus dem Fliegenpilz wurde beispielsweise
der Naturstoff Amavadin isoliert, ein Komplex mit von zwei 2,2’-Oxy(imino)dipropionat-Liganden koordiniertem Vanadium der Oxidationsstufe V oder IV
(Abbildung 23). Die Stabilitätskonstante beträgt etwa 1023.
25
Abbildung 23. Die Struktur von Amavadin
Vanadium ist Bestandteil der gängiger Nitrogenasen (Reduktion von N2 zu NH3) und
von Haloperoxidasen. Letztere katalysieren die Halogenierung organischer Stoffe
unter Mithilfe von H2O2 und sind Teil des Abwehrsystems dieser Organismen.
In Seescheiden (Ascidien), welche symbiontisch mit bestimmten Cyanobakterien
leben, findet sich eine Fülle makrozyklischer Peptide aus modifizierten Aminosäuren.
Beispiele zeigt Abb. 24. Diese können Ionen wie Ca2+ oder Cu2+ selektiv mit mäßig
hohen Komplexbildungskonstanten binden. Die Struktur eines zweikernigen,
carbonatverbrückten Kupferkomplexes zeigt Abbildung 24. Auch für diese wird eine
Funktion als Ionophore bei der Aufnahme und dem Transport von Cu2+ in marinem
Milieu diskutiert. Die Makrozyklen wirken antiviral und antineoplastisch. Ferner
konnte nachgewisen werden, dass Cu2+ oder Ca2+ - Ionen die einzelnen
Aminosäurebausteine über einen Templateffekt präorganisieren und die selektive
Makrolaktamisierung begünstigen. Insofern wird auch diskutiert, dass die Metallionen
eher für die Biosynthese der Makrozyklen wichtiger sind als die Makrozyklen für den
Ionentransport.7
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