Nr. 3 / A u g us t 2 0 0 5 TABULA ZEITSCHRIFT FÜR ERNÄHRUNG–WWW.TABULA.CH Alkohol und Gesundheit Nicht auf Sand gebaut Die aktualisierte Lebensmittelpyramide der SGE mit Empfehlungen zum gesunden Essen und Trinken für Erwachsene BESTELLUNG Ich bestelle Ex. Lebensmittelpyramide, Format A1, doppelseitig bedruckt, 4-farbig Preis CHF 5.– für SGE-Mitglieder / CHF 10.– für Nichtmitglieder + Versandkosten Name/Vorname SGE-Mitglied © SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR ERNÄHRUNG SGE Nichtmitglied Strasse PLZ/Ort Senden Sie bitte den ausgefüllten Bestelltalon an: SGE, Postfach 361, 3052 Zollikofen Tel. 031 919 13 06, Fax 031 919 13 13, E-Mail [email protected] EDITORIAL I N HALT 4 REPORT Saufen oder Trinken? Beim Alkohol kommt es nicht nur auf die Menge an 8 SPEZIAL Frauen und Alkohol: Die Barrieren fallen, die Risiken steigen 10 E S S K ULTUR Hering, Hering und noch einmal Hering: die dänische Küche 12 DIDAC TA Alkohol 14 R AT GE B E R Ernährungstipps von Muriel Jaquet 15 A K T UE L L Übergewicht im mittleren Jahren erhöht Demenzrisiko im Alter 16 F O C US Exquisiter Genuss – Himbeeren 20 B ÜC H E R Für Sie gelesen 21 S C H UL E Neue Lehrmittel und Projekte 22 INT E R NA Informationen für SGE-Mitglieder 23 AGE NDA Veranstaltungen, Weiterbildung 24 VO R S C H AU Der Blick auf die nächste TABULAAusgabe IMP R E S S UM TABULA: Zeitschrift der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung (SGE). Erscheint 4 Mal jährlich. Herausgeber: SGE, Effingerstrasse 2, 3001 Bern, Telefon 031 385 00 00 E-Mail: [email protected] Internet: www.tabula.ch Redaktion: Andreas Baumgartner Redaktionskommission: Marianne Botta Diener, Gabriele Emmenegger, Gabriella Germann, Jean-Luc Ingold, Sandra Voland, Prof. Paul Walter Gestaltung: SGE, Andreas Baumgartner Druck: Stämpfli Publikationen AG, Bern Titelbild: Corbis Alte Weisheiten A lkohol und insbesondere Wein sind in vielen Gesellschaften von alters her sehr eng mit gesellschaftlich en und religiösen Riten verknüpft. Bei den Sumerern galt der Wein als eigentliche Lebensquelle, während die Ägypter in ihm ein Mittel sahen, um das Leben nach dem Tod sicherzustellen. Später priesen die Griechen den Wein als Glückstrank an, obwohl seine unheilvolle Wirkung schon damals bekannt war. So brachte ihnen Dionysos, der Prof. Roger Darioli ist Gott des Weines und der Fruchtbarkeit, als leitender Arzt an der erster die Regeln des massvollen WeingeMedizinischen Poliklinik nusses bei und strafte dabei diejenigen, die des Universitätsspitals sich nicht an seine Ratschläge hielten. Lausanne und VizepräsiSeit Jahrtausenden hat Alkohol seinen dent der SGE. Platz auch in Arzneimittelbüchern. Vor mehr als 3000 Jahren wurde der Wein von den Ärzten zur Linderung von körperlichen und seelischen Schmerzen empfohlen. Bei den Griechen erkannte Hippokrates (460–377 v. Chr.) sehr treffend die therapeutische und zugleich potenziell schädliche Wirkung des Weins, indem er Folgendes niederschrieb: «Wie jede Substanz, die nur dann zum Heilmittel wird, wenn sie zum richtigen Zeitpunkt verabreicht wird, entfaltet der Wein seine heilende Wirkung ausschliesslich, wenn er im geeigneten Augenblick zu sich genommen wird; wird er dagegen dem Kranken zur Unzeit und in Mengen gegeben, die einen Zustand des Deliriums und des Wahnsinns herbeiführen, trägt der Wein nicht mehr zur Gesundung des Kranken bei, sondern verstärkt die Krankheit noch.» Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Massnahmen zur Bekämpfung der verhängnisvollen Folgen des Alkoholismus vordringlich. Von der positiven Wirkung des Alkohols sprach niemand mehr. Eigenartigerweise brachten erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts mehrere Wissenschafterteams Erkenntnisse zutage, wonach ein moderater Alkoholkonsum gesundheitsfördernd ist, weil er beispielsweise das Risiko von Herz-KreislaufErkrankungen verringert. Auf der anderen Seite zeigen sämtliche wissenschaftlichen Studien aber auch, dass punktueller Überkonsum (Rauschtrinken) – auch wenn er nur gelegentlich vorkommt – gesundheitsschädigend ist. Abstinenz für die gesamte Bevölkerung zu fordern, ist wenig sinnvoll. Besser scheint es, sich beim Alkoholkonsum an die Weisheit von Hippokrates zu halten und dabei die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht aus den Augen zu verlieren. TABULA NR. 3 / AUGUST 2005 3 REPORT Ein Gläschen in Ehren ... CAMERON/CORBIS Dr. phil. Hermann Fahrenkrug ist Soziologe, wissenschaftlicher Adjunkt der Direktion der Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme sowie Redaktor der Fachzeitschrift «Abhängigkeiten». Ob Alkohol «gut» oder «schlecht» ist, hängt von der Menge und der Art und Weise des Trinkens ab. Mit Risikoberechnungen lassen sich zwar die gesundheitlichen und sozialen Schäden abschätzen, die positiven Aspekte eines moderaten Alkoholgenusses werden aber oft unterschätzt. VON HERMANN FAHRENKRUG 4 TABULA NR. 3 / AUGUST 2005 D ie weltweit bekannte Werbung einer englischen Biermarke lautet schlicht «G... is good for you.» Was so absolut daher kommt, muss wohl stimmen. Nicht wenige Bier-, Weinund Spirituosenkonsumenten neigen denn auch dazu, das G durch ein A wie Alkohol zu ersetzen. «Alkohol ist gut für ...» hört man dann immer wieder von trinkfreudigen Zeitgenossen, die sich auch noch auf der Höhe des medizinischen Wissens wähnen. Denn auch die Massenmedien kolportieren in ihrem Bemühen, dem Leser nützliches Gesundheitswissen zu vermitteln, unablässig die letzte «wissenschaftliche» Erkenntnis über den Nutzen des Alkoholtrinkens für Körper und Psyche. Was ist dran an dieser Behauptung? Wer trinkt wie viel und auch welche Art? «Eine generelle Fürsprache des Alkoholkonsums muss gleich eingeschränkt werden auf: Moderater Alkoholkonsum kann gut für Sie sein», stellt Prof. Jürgen Rehm, Direktor des Instituts für Suchtforschung an der Universität Zürich, klar. Rehm hat an der Spitze eines internationalen Forschungsteams kürzlich Risiken und Nutzen des Alkoholkonsums für die Gesundheit in einem umfangreichen Bericht der Weltgesundheitsbehörde analysiert. Ob Alkoholtrinken schadet oder nutzt, hängt schon mal davon ab, wer ihn trinkt. Für Kinder ist Alkohol tabu, Frauen vertragen weniger als Männer, und den meisten Asiaten ist der Alkoholabbau im Körper – enzymatisch bedingt – verlangsamt, was zu unangenehmen Körperreaktionen (Alkohol-Flush) beim Alkholtrinken führt. Menschen mit bestimmten Krankheiten (z.B. der Leber oder des Herzens) oder mit Vorschädigungen und genetischen Prädispositionen (etwa für Alkoholabhängigkeit) sollten lieber Verzicht üben. Beim Alkoholgenuss in bestimmten Situationen (z. B. im Strassenverkehr, beim Sport, während der Arbeit und der Schwangerschaft, bei Medikamentenkonsum) sind alle Trinkenden aufgerufen, nichts oder weniger Alkoholisches zu trinken – das Risiko für negative Folgen ist zu gross. Denn: Was für den einen moderater Konsum bedeutet, kann für den anderen schon zu viel sein. Paracelsus lässt grüssen «Gut oder nicht gut» ist immer auch eine Frage der konsumierten Menge Bier, Wein, Schnaps etc., also der zugeführten Dosis Alkohol – in welches Getränk diese Dosis auch immer verpackt sein mag. Seit Paracelsus gilt bekanntlich: Die Dosis macht das Gift. Welche Menge Alkohol zu welchen gesundheitlichen Risiken oder anderen negativen Konsequenzen wie Verkehrsunfällen, Gewalt und sozialer Desintegration führt, ist unterschiedlich. Angaben zu den Grenzwerten noch vertretbarer Trinkmengen schwanken, doch die meisten Experten sind sich einig: 20 Gramm reinen Alkohols pro Tag für Männer und 10 Gramm für Frauen sind das Limit, um nicht in gesundheitsschädigendes Trinken abzurutschen. MICHAEL S. YAMASHITA/CORBIS Mehr als die Hälfte der Asiaten vertragen Alkohol schlecht. Schon nach dem Genuss kleiner Mengen bekommen sie einen roten Kopf, ihnen wird übel und schwindelig. Grund dafür ist ein Enzym in der Alkoholabbaukette, das bei ihnen genetisch bedingt langsamer arbeitet als bei den meisten Europäern. Gerne werden solche Angaben über «sicheren Alkoholkonsum» ohnehin nicht gegeben, könnten sie doch von den vielen, die weniger trinken, als «Konsumempfehlungen» missverstanden werden. Bekanntlich trinkt niemand reinen Alkohol. Als Faustregel gilt: 10 Gramm Alkohol finden sich in je einem Standardglas Bier, Wein und Spirituosen. Maximal zwei Gläser bzw. ein Glas Bier, Wein etc. dürfen es also täglich sein; wohlgemerkt: für gesunde Erwachsene und nichtschwangere Frauen (vgl. Seite 8–9). Durchschnittstrinker und Kampftrinker Neben der durchschnittlichen Trinkmenge ist die Art und Weise des Alkoholkonsums entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob Alkohol nützliche oder schädliche Auswirkungen für unsere körperliche und geistige Gesundheit hat. Es ist nämlich für die Wirkungen – und auch für die Werte bei der Blutalkoholkontrolle – nicht dasselbe, ob wir zwei Gläser Wein gut über den Tag verteilt trinken oder innerhalb kurzer Frist, etwa direkt vor einer Autofahrt. Ein Beispiel: Das Trinken von 14 Stangen Bier pro Woche (=2 Stangen täglich), dürfte weniger problematisch sein – vom Abhängigkeitsrisiko einmal abgesehen – als dieselbe Menge, heruntergestürzt an einer Samstag- abendparty. Nur solide Kampftrinker dürften diese Menge ohne starke Trunkenheit mit entsprechenden Folgeproblemen bewältigen. «Die epidemiologische Alkoholforschung kommt immer mehr zu der Erkenntnis, dass das Wie des Trinkens ganz wesentlich für die positiven oder negativen Folgen des Alkoholkonsums ist. Die Menge des täglichen, chronischen Konsums bestimmt das Risiko vieler alkoholbedingter Folgekrankheiten, aber auch der punktuelle Hochkonsum bzw. das Rauschtrinken (binge drinking) steht oft am Beginn riskanten und schädigenden Umgangs mit Alkohol», hält Gerhard Gmel, Forschungsleiter der Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA) in Lausanne, fest. Über die insbesondere durch Rauschtrinken mitverursachten sozialen Probleme (Unfälle, Gewalt, Familienprobleme, Verlust von Arbeitsproduktivität etc.) hört man allerdings wenig; wohl auch, weil sie sich weniger einfach bestimmen lassen als die gesundheitlichen Folgen. Veschiedene Formen der Abhängigkeit Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht fast immer der «Alkoholismus» bzw. die «Alkoholsucht», nach der heute gängigen Terminologie besser als «Alko- TABULA NR. 3 / AUGUST 2005 5 REPORT Ein Gläschen in Ehren … Gesundheitliche Risiken durch Alkohol Eine Vielzahl von Studien belegen die gesundheitlichen Risiken und Schäden bei chronischem Überkonsum von Alkohol. Für über 60 Krankheiten – definiert nach den internationalen Klassifikationssystemen der Krankheiten – sind die Risiken je nach Menge des Alkoholkonsums kalkuliert worden. In der Tabelle ist das Krankheitsrisiko ohne Alkoholkonsum jeweils gleich 1.00 gesetzt. Alkoholkonsum (in g/Tag) Geringes Geburtsgewicht GETTY IMAGE Relative Risiken für Frauen Relative Risiken für Männer 0–20 g 20–40 g > 40 g 0–40 g 40–60 g > 60 g 1.00 1.40 1.40 1.00 1.40 1.40 1.45 1.80 1.45 1.85 2.38 3.03 5.39 4.36 3.60 1.45 1.80 1.45 1.85 2.38 3.03 5.39 4.36 3.60 1.15 1.14 1.10 1.41 1.38 1.30 1.46 1.62 1.70 1.10 1.30 1.70 Diabetes mellitus 0.92 0.87 1.13 1.00 0.57 0.73 Epilepsie 1.34 7.22 7.52 1.23 7.52 6.83 Tumore Mund und Rachen Speiseröhre Leber Brustdrüse Unter 45 Jahren* 45 Jahre und älter* Andere Krebserkrankungen Herz-Kreislauf-Krankheiten Hoher Blutdruck Herzinfarkt 1.40 0.82 2.00 0.83 2.00 1.12 1.40 0.82 2.00 0.83 4.10 1.00 Cerebrovaskuläre Erkrankungen Hirnschlag* Hirnblutung* 0.52 0.59 0.64 0.65 1.06 7.98 0.94 1.27 1.33 2.19 1.65 2.38 QUELLEN: GUTJAHR ET AL. 2001; * RIDOLFO AND STEVENSON 2001/CORRAO ET AL. 2000 Interpretation: Relativ zum Nichtkonsum liegt das Risiko, einen Tumor im Mund- und Rachenraum zu entwickeln, bei Frauen und Männern, die täglich zwischen 40 und 60 Gramm reinen Alkohols trinken, 1.85 mal (= um 85%) höher, also fast doppelt so hoch. Eine andere Lesart: Bei Frauen über 45 Jahre mit täglichem Alkoholkonsum von 2 Gläsern (20 Gramm reinen Alkohols) sind 14% der Brustkrebsfälle (entspricht dem Faktor 1.14) alkoholbedingt. Oft ist damit noch keine strikte Kausalität belegt, aber dennoch lassen sich aus solchen Berechnungen deutliche Hinweise auf die Mitbeteiligung von Alkohol am Krankheitsgeschehen ablesen. 6 TABULA NR. 3 / AUGUST 2005 holabhängigkeit» bezeichnet. Seit die Weltgesundheitsbehörde vor 30 Jahren den aus dem 19. Jahrhundert stammenden Begriffsschwamm Alkoholismus in «schädlichen Gebrauch» (Missbrauch) und «Abhängigkeit von Alkohol» aufgeteilt und sich ein Krankheitsbegriff für abhängigen Alkoholkonsum durchgesetzt hat, finden sich in den grossen internationalen Krankheitsklassifikationen genauere Bestimmungen dieses Zustandes. Die Diagnosekriterien sind sowohl an körperlichen (Toleranzentstehung, Entzugssymptome) als auch an psychische Phänomene (zwanghafter Konsum, verminderte Kontrollfähigkeit) gebunden, umfassen aber auch soziale Aspekte (Vernachlässigung sozialer Rollenverpflichtungen, fortgesetzter Konsum trotz schädlicher Folgen etc.). Nach vorsichtigen Schätzungen der SFA gibt es in der Schweiz etwa 300 000 Alkoholabhängige, zwei Drittel davon sind Männer, ein Drittel Frauen. Zu betonen ist, dass chronisches Alkoholtrinken einer «täglichen Grenzmenge» kein hinreichendes Kriterium für das Vorliegen von Alkoholabhängigkeit mehr ist. Positive Effekte Neben der Vielzahl erhöhter Krankheitsrisiken bei chronischem Alkoholtrinken jenseits bestimmter Risikomengen (vgl. Tabelle) finden sich im Bereich der kardio- und cerebrovaskulären Erkrankungen sowie für Diabetes Typ II auch verminderte relative Risiken nach moderatem Alkoholkonsum. «Hier kommt dann das ‹Alkohol kann gut für Sie sein› ins Spiel, denn für das Risiko bestimmter koronarer Herzerkrankungen und Schlaganfälle kann ein positiver Effekt leichten und regelmässigen Trinkens festgestellt werden», konstatiert auch Gerhard Gmel von der SFA. «Der optimale Effekt liegt bei 1 bis 2 Gläsern pro Tag, aber davon profitieren Männer und Frauen eigentlich erst, wenn sie das Alter erhöhter Risiken für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erreicht haben.» Wer Herz-Kreislauf-präventiv oder aus anderen Gründen mehr trinkt, bringt sich eher wieder in Gefahr, denn erhöhter Blutdruck, Herzrhythmusstörungen und Erkrankungen des Herzmuskels sind sowohl bei hohem chronischem Konsum als auch beim Rauschtrinken festgestellt worden und tragen zu einer erhöhten kardiovaskulären Sterblichkeit bei. Es gilt also, genau zu dosieren und beim «Gesundheitstrinken» ein Trinkmuster leichten, regelmässigen Konsums einzuhalten. Rotwein nicht besser als Bier Dabei scheint es nach den Erkenntnissen der WHO-Experten für die öffentliche Gesundheit keine Rolle zu spielen, ob Wein, Bier oder Schnaps konsumiert wird. Diese überraschende Erkenntnis weist darauf hin, dass es der Alkohol selber und nicht etwaige Inhaltsstoffe bestimmter alkoholischer Getränke (wie Phenole im Rotwein) sind, die den Schutzeffekt auslösen. Auch Nordmenschen, die bei ihrer Ernährungsweise mehr das Bier bevorzugen, dürfen gegenüber den immer als favorisiert betrachteten mediterran Essenden und Trinkenden auf den Herz-Kreislauf-Bonus hoffen. Getränkespezifischen Risiken setzen sich hingegen Anhänger harter Alkoholika aus. So sind Tumore im MundRachen-Raum und der Verdauungsorgane übermässig häufig nach chronisch hohem Spirituosenkonsum zu finden. Wäre der Mensch ein rationales Wesen, das stets mit dem Blick auf die Alkoholrisikotabelle im Kopf handelte, würde er sein moderates Trinkverhalten in Form einer für seinen Fall optimalen «Alkoholrisikobilanz» gestalten. Er würde nicht zu viel, weder zu chronisch noch zu punktuell konsumieren, um die Erkrankungsund Trunkenheitsrisiken auszuschalten bzw. gering zu halten, aber gerade genug, um die gesundheitsschützenden Effekte einzukassieren. Stimmen dazu noch die Trinkmuster und die Trinksituationen, kann man von einem «Nettogewinn moderaten Trinkens» sprechen. Für viele Alkoholkonsumierende geht die Bilanz auf, noch zu viele schädigen sich und andere durch ein chronisches oder punktuelles Zuviel. Mehrwert für die Seele? Für die meisten Trinkenden besteht der Mehrwert des Alkoholkonsums sicher nicht im zusätzlichen Gesundheitsgewinn. Das Glas Wein oder Bier bereitet vielmehr Vergnügen, ist Genuss und steht für Entspannung, gute Stimmung, Geselligkeit und Feierlichkeit. Die internationale Alkoholforschung handelt diese rund um den Erdball (islamische Kulturen, bestimmte religiöse Gemeinschaften und Suchtkranke einmal ausgenommen) verbreiteten Wertschätzungen als «psychosozialen Gewinn» des Alkoholtrinkens ab. Der amerikanische Kulturanthropologe Dwight Heath hat die positiven Aspekte des Trinkens mit «Soziabilität, Gruppenbildung, sozialem Austausch, Status, Entspannung, Stimmungsverbesserung, Stressreduktion, Kreativität, Suche nach Transzendenz, Freizeitge- FABIO MUZZI/CORBIS SYGMA In den mediterranen Ländern, wo der Alkohol- und insbesondere der Weinkonsum eine andere kulturelle Bedeutung haben als im nördlichen Europa und eher mit Genuss denn mit Gefahr in Verbindung gebracht wird, sind gemäss den Statistiken Besäufnisse und alkoholbedingte Kriminalität niedriger als in Nordeuropa und den USA. staltung und Feiern» in Verbindung gebracht und fordert mehr «Permission for Pleasure» in der Alkoholforschung. Wo Gesundheitsforscher die quantitativen gesundheitlichen und sozialen Risiken und Folgeschäden des Alkoholkonsums kalkulieren, belassen es die Kulturforscher des Alkohols allerdings oft genug bei qualitativen Beschreibungen des psychosozialen Gewinns des Alkoholtrinkens. Diese zwei unterschiedlichen Sichtweisen liegen miteinander im Clinch und werfen sich gegenseitig «Dramatisierung» beziehungsweise «Banalisierung» der Folgen des Alkoholkonsums vor. Als der Soziologe Gabriel Bender kürzlich in einem Buch eine Lobeshymne auf das Rauschtrinken veröffentlichte, hielt ihm SFA-Direktor Michel Graf in einer TVDiskussion eine lange Liste der belegten Risiken des punktuellen Überkonsums von Alkohol entgegen. Dabei wurde man den Eindruck nicht los, dass beide auch Verständnis für die «andere Seite» hatten. Voll- und Dauerräusche sind wohl doch eher riskant und schädlich, aber ein wenig rauschhafte Stimmung kann für ansonsten moderat Trinkende in den entsprechenden Trinksituationen so schädlich doch auch nicht sein. TABULA NR. 3 / AUGUST 2005 7 SPEZIAL Ende der Rollenzwänge? Lange herrschte eine geschlechtsspezifische Diskriminierung beim Alkoholtrinken, die Frauen zur Zurückhaltung anhielt. Heute fallen die Barrieren – entsprechen steigen die Risiken. VON HERMANN FAHRENKRUG D Das Baby trinkt mit Kaum ein Aspekt weiblichen Alkoholtrinkens zeigt die Ambivalenz vom Ende der Rollenzwänge und geschlechtsspezifischen Risiken so deutlich auf wie das Trinken während der Schwangerschaft. Ü SERGE WALDBILLIG ber die vielfältigen Schäden und Behinderungen, die durch punktuellen oder chronischen Überkonsum alkoholischer Getränke während der Schwangerschaft beim ungeborenen Leben mit späteren Auswirkungen bis in die Kindheit und ins Jugendalter entstehen können, existiert wissenschaftlich kein Zweifel mehr. Das Spektrum fetaler Alkoholschädigungen beim Embryo bzw. Fetus (ab dem 3. Monat) reicht von Wachstumsstörungen bei der Zell- und Organentwicklung über Schädigungen des zentralen Nervensystems bis hin zur Entwicklung eines typischen «Fetalen Alkoholsyndroms» (FSA) mit spezifischen körperlichen Auffälligkeiten am Kopf und im Gesicht. Eine Reihe alkoholbedingter neuropsychologischer Störungen haben Auswirkungen auf die Entwicklung FSA-geschädigter Kinder. Verminderte Intelligenz, Aufmerksamkeitsdefizite, Hyperaktivität und sogar Schulprobleme werden von der Forschung mehr oder weniger der Alkoholexposition des Ungeborenen im Mutterleib zugeschrieben. Angesichts des international und auch für die Schweiz konstatierten Anstiegs risikoreicher Formen des Alkoholkonsum bei Frauen im geburtsfähigen Alter könnte die Anzahl der insgesamt noch seltenen FSA-Fälle (2 pro 1000 Neugeborene) in Zukunft steigen. Bereits geringe Trinkmengen und schon einmalige Berauschung sollen dabei reichen, um Schädigungen hervorzurufen. Einen Grenzwert, bei dessen Unterschreiten keinerlei Beeinträchtigungen des Neugeborenen zu befürchten sind, gibt es nicht. 8 TABULA NR. 3 / AUGUST 2005 er Alkoholkonsum von Frauen – besonders in der Öffentlichkeit – ist historisch eine späte Errungenschaft. Trinken war vor allem Männersache. Frauen, die beim Alkohol zulangten, wurden stigmatisiert. Der Inbegriff des moralischen Horrors war eine betrunkene, enthemmte Frau. Noch heute herrscht in vielen Teilen der Welt die Meinung vor, das weibliche Geschlecht solle sich beim Alkoholkonsum enthalten oder zumindest stark zurückhalten. Für Louise Nadeau, Psychologieprofessorin und feministisch inspirierte Alkoholforscherin aus dem kanadischen Montreal, ist diese Einstellung Ausdruck einer geschlechtsspezifischen Diskriminierung im Umgang mit Alkohol. Denn sie fasst das Geschlecht nicht nur als biologische Konstante, sondern als kulturelle Konstruktion auf. Da sich bis dato wissenschaftlich keine besondere genetische Veranlagung bei Frauen RUSSELL UNDERWOOD/CORBIS für reduzierten Alkoholkonsum belegen lässt, müssen es gesellschaftliche und kulturelle Barrieren sein, die zu der typischen geschlechtsspezifischen Rolle der weiblichen Zurückhaltung beim Alkoholgebrauch geführt haben. Die Rolle der Frau als züchtige Kindesmutter, treue Gattin und Hausfrau, als fleissige Hüterin von Heim und Herd führte zu einer systematischen Ausgrenzung des weiblichen Geschlechts aus männlichen Trinkrevieren (Wirtshaus etc.) und zu massiver Stigmatisierung abweichenden Verhaltens. Wenn es um Alkoholkonsum ging, wurden die Frauen in ihre Schranken verwiesen. Die amerikanische Soziologin Kay Fillmore von der Universität San Francisco hat länder- und kulturvergleichend diese Konstanten weiblichen Alkoholkonsums untersucht und bestätigt dieses Bild des Frauenalkoholkonsums. Frauen haben weltweit höhere Lebenszeitabstinenzraten, trinken immer noch deutlich weniger als Männer, beginnen den Alkoholkonsum später und weisen geringere Problemraten mit Alkohol auf. Die geschlechtsspezifischen Bremsen wirken also noch. Doch Fillmore konnte auch Anzeichen einer Angleichung der Geschlechtsunterschiede beim Alkoholkonsum und wachsende Probleme mit Alkohol bei jungen Frauen feststellen. Verändertes Rollenbild prägt Trinkverhalten Kim Blumfield von der Freien Universität Berlin hat als Leiterin einer weiteren ländervergleichenden Studie zum Frauenalkoholkonsum einen Wandel des weiblichen Trinkverhaltens festgestellt. Mit der Modernisierung einer Gesellschaft nehmen Frauen andere soziale Rollen jenseits des traditionellen Familienlebens ein, was einen Einfluss auf ihren Alkoholkonsum hat. Frauen mit höherer Schulbildung, besserer Ausbildung und in Berufsrollen, jüngere Singles und Geschiedene trinken mehr und anders (täglich, auch allein). Parallel dazu haben sich die sozialen Einstellungen und Erwartungen zum Frauentrinken im Zuge der Emanzipation gelockert. Der moralische Druck der Gesellschaft hat nachgelassen. Dennoch: Trotz steigenden Alkoholkonsums bei Frauen bleibt das Rauschtrinken eine Domäne der Männer, und die Angleichung der Trinkmuster geschieht eher langsam. Frauen vertragen weniger Biologische Geschlechtsunterschiede bei der Alkoholverträglichkeit existieren vor allem bei der Metabolisierung des Alkohols. Bei gleicher Alkoholmenge erreichen Frauen eine höhere Blutalkoholkonzentration als Männer. Im weiblichen Körper befindet sich weniger Körperwasser, sodass sich der Alkohol in einem geringeren Verteilungsvolumen auflöst, mit entsprechend konzentrierten und höheren Wirkungen. Ein Teil des Alkohols wird bereits im Magen abgebaut. Diese so genannte gastrische Alkoholdehydrogenase scheint bei Frauen geringer zu sein und führt zu höherer Blutalkoholkonzentration und entsprechenden Effekten. Eine Chancengleichheit beim rein körperlichen Vertragen von Alkohol besteht somit nicht. Betrachtet man die Risikokalküle von Schädigungen und Nutzen des chronischen Alkoholkonsums (vgl. Kasten S. 6), so lassen sich nur wenige Unterschiede beim alkoholbezogenen Krankheitsgeschehen zwischen Männern und Frauen ausmachen. Der Gesundheitsgewinn bei moderatem Trinken hinsichtlich der koronaren Herzkrankheiten ist höher bei Frauen. Bei Diabetes mellitus haben Frauen bei hohem Konsum im Vergleich zu Männern erhöhte Risiken. Bei den Tumoren liegen die alkoholbedingten Krebsraten gleich hoch, hinzu tritt bei den Frauen ein in letzter Zeit durch verschiedene Langzeitstudien belegtes erhöhtes Brustkrebsrisiko. Als geschlechtsspezifisches Risiko muss der Alkoholkonsum während der Schwangerschaft gelten. Bei den neuropsychiatrischen Störungen zeigen sich höhere Risikowerte, was der klinischen Beobachtung einer insgesamt grösseren psychischen Komorbidität (Depression, Angststörungen etc.) bei Frauen mit einer Abhängigkeitserkrankung entspricht. Bei später einsetzendem Trinkbeginn und starkem Trinken konnte in vielen Studien bei Frauen ein schneller einsetzender Abhängigkeitsprozess mit den entsprechenden körperlichen und sozialen Folgeerscheinungen beobachtet werden. Noch trinken Frauen moderater als Männer und haben damit alle Chancen, eine positive geschlechtsspezifische Risikobilanz des Umgangs mit Alkohol zu erreichen. Das absehbare Ende geschlechtsspezifischer Diskriminierung beim Alkoholkonsum öffnet allerdings auch das Tor für Problemfelder, die bis jetzt für Männer reserviert schienen. TABULA NR. 3 / AUGUST 2005 9 ESSKULTUR JEAN-LUC INGOLD Pernille lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern an den Ufern des Genfersees. Sie sind so etwas wie Nomaden. Da sie für eine dänische Regierungsbehörde arbeitet, die Umweltschutzprojekte in Entwicklungsländern unterstützt, hat sie mit ihrer Familie eine Zeit lang in Bangkok verbracht, aber auch in Kopenhagen und der Schweiz. Sie hatte also genug Gelegenheit, die beiden Länder miteinander zu vergleichen. Von ihrem Geburtsland sagt sie, es sei vom Junkfood verseucht. 10 Brunch auf dänische Art Wenn die Bewohner des Nordens mit Familie und Freunden schlemmen, kommen Brote auf den Tisch, und zwar reich belegt. Ein kleiner Überblick. VON JEAN-LUC INGOLD M an verwechselt sie so leicht, die Skandinavier. Ein wenig aus Unwissenheit, ein wenig aus Trägheit und ansonsten, weil sie nicht sehr gängige Namen haben, von Abba vielleicht einmal abgesehen. Johann Gustafsson beispielsweise, drischt der auf Schwedisch oder auf Norwegisch auf den Ball ein? Und schreibt sich der mit F oder V, einem S oder zweien? Es gibt da auch einen, der die ganze Arktis in seine Manteltasche steckte, und einen anderen, der in einem waghalsigen Unternehmen den Ozean bezwang. Aber aus welchen Ländern kommen sie? Man sagt: Es sind Leute aus dem Norden. Und man vergisst sie sofort, das ist sicher, genauso sicher, wie man auch ihre königlichen Majestäten vergisst, die sich alle gleichen un- TABULA NR. 3 / AUGUST 2005 ter ihren Diademen wie so viele Eroberer im Packeis. Kleiner Szenenwechsel. Pernille aus Kopenhagen hat beschlossen, uns in die kulinarische Kunst der Zubereitung des kalten dänischen Buffets, Kolt Bord genannt, einzuweihen. Es handelt sich um eine Art Brunch vor dem Brunch, der ausnahmslos und ohne falsche Zurückhaltung mit Bier und/oder Aquavit begossen wird, wenn Feierlaune herrscht. Zuerst, man wagt es kaum zu sagen, braucht man Brot. Normalerweise genügt Roggenbrot, jenes aus dem Wallis, es geht aber auch deutscher Pumpernickel oder jede andere kräftige, schwere und aromatische Sorte Brot, mit Sonnenblumenkernen oder Mehrkorn, das manchmal servierfertig in Scheiben geschnitten und in Zellophan verpackt verkauft wird. Dieses Brot stellt für die Dänen die Basis für unendlich viele Kompositionen dar, die sich allesamt um die gleichen drei Grundzutaten drehen: Hering, Hering und Hering. Hinzu kommen Schweinefleisch, Butter, Rahm, Gurken, Kartoffeln, Gans und Meerrettich. Mal das eine, mal das andere, zusammen oder einzeln, alles taucht hier und da wieder auf. Was beileibe nicht heissen soll, dass wir uns im Kreis drehen. «Das braucht Zeit», versichert uns Pernille, die ihren Mann Richard, einen echten Schweizer, ebenfalls zur Zubereitung der Gerichte hinzugezogen hat. Man höre und staune, es gibt ein Kanapee, das den poetischen ger ist diese Leverpostej vom Kalb (vgl. Rezept). Die Dänen schwärmen so sehr für diese Leberpastete, dass die von ihnen verspeisten Mengen geradezu industriell zu nennen sind. Das ist das richtige Wort, denn die hausgemachten Pasteten wie die von Pernille werden immer seltener. Wie alles andere auch. Man bestreut das Ganze mit Rohkost und trinkt dazu einen kräftigen Schluck Bier. Schmackhaft, aber ein wenig einfach. Jedoch nicht so einfach wie die gekochte Kalbszunge, die gefroren, in feine Blättchen geschnitten und mit einem Schlag scharfen Meerrettichs gekrönt wird. Da braucht man schon zwei Schluck Bier, bevor wir dann zum Sommersalat übergehen, verschiedene Rohkostsorten, vereint durch Quark und geräucherten leichten Käse. Der Vorteil dieser Methode ist selbstverständlich die Geselligkeit. Die Dänen sind lustige Menschen, und das stellen sie auch unter Beweis. Wenn es anspruchsvolle Feinschmecker wären, dann wüsste man das. Dafür haben sie noch etliche andere landestypische Gerichte, die man einfach so essen oder dem Kolt Bord hinzufügen kann. Drei sind es vor allen Dingen: die Frikadellers (Hackfleischbouletten), Feskedellers (dasselbe aus Fisch) und den Weihnachtsschweinebraten, der diese Ehre des weihnachtlichen Festgerichts der gefüllten Gans und der gefüllten Ente streitig macht. Und kann man das alles auch in der Schweiz zubereiten, indem man sich aus den örtlichen Supermärkten versorgt? Anscheinend schon, nur: Pernille und Richard werden Ihnen sagen: Nichts geht über Zutaten, die direkt aus Kopenhagen kommen. JEAN-LUC INGOLD Namen «Die Sonne geht über Bornholm unter» trägt (eine dänische Insel im Baltikum am Südzipfel Schwedens) – wer weiss schon, weshalb. Dieses Kanapee (vgl. Rezept) besteht aus Räucherhering, und zwar aus Netzen, die noch am selben Morgen von Hand eingeholt worden sind, aus einem rohen Ei in der halben Schale (die Sonne?), fein geschnittenem Rettich, Salatblättern (das grosse weite Meer?) und Schnittlauch (das Gras auf der Insel, das sich leicht im Wind wiegt?). Das ist pikant, cremig und knackig zugleich. Damit wäre der Ton vorgegeben. Gewissermassen nebenbei nehmen wir das Feiertagsgeschirr zur Kenntnis. Die Porzellanteller sind von einem Hersteller, der auch das königliche Haus beliefert. Oh! Sie sind weiss mit blauen esoterisch angehauchten Blumenmotiven. Serie 627, fügt die Hausherrin hinzu. Die Gedecke stammen von Georg Jensen, die Dessertlöffel sind mit zwölf verschiedenen Motiven verziert, jedes illustriert eine Geschichte des berühmten Erzählers. Auch die Aquavitgläser sind durchaus erlaucht zu nennen. Sie sind nicht zu edel für das Sandwichbuffet, aber sie haben Klasse. Und wo wir schon so schön plaudern, hier haben wir das panierte und in Butter gebratene Schollenfilet, sanft auf seinen Toast gebettet. Das könnte etwas fad sein, also veredelt man es mit etwas Remoulade, Sauce tartare auf dänische Art. Man gibt Petersilie, Gürkchen, Kapern, Oregano, sauren Rahm, Curry, Salz und Pfeffer in den Mixer, vermengt das alles gut und serviert es zum Schollenfilet. Der dänische Volksmund sagt, dass es fünf Mal mehr Schweine gibt als Dänen. Nichtsdestoweni- Leverpostej – dänische Leberpastete Zutaten • • • • • 300 g Kalbsleber 150 g Schweinehackfleisch 2 Eigelb 1 1/2 dl Milch Salz, Pfeffer • 2 Esslöffel Mehl • 1 Zwiebel (in Scheiben geschnitten) • Basilikum Zubereitung Alle Zutaten mixen, bis eine homogene Masse entsteht. In einer Schüssel (z. B. aus Aluminium) für 50 Minuten bei 180°C in den Ofen stellen. Herausnehmen und abkühlen lassen. Roggenbrotscheiben damit bestreichen. Durch fein geschnittenen Salat der Saison verfeinern. Heringssandwich Zutaten • 2 ganze geräucherte Heringe • 4 sehr frische Eier • 2 Hand voll frische Salatblätter • • • • 1 Bund Schnittlauch Roggenbrot 1 Bund Radieschen Salz, Pfeffer, Öl Zubereitung Heringe aufschneiden, den Rogen herausholen, entgräten, zurücklegen. Jedes Ei vorsichtig öffnen, Eiweiss und Eigelb trennen und Eigelb in einer Hälfte der Eierschale belassen, beiseite stellen. Salat waschen und schleudern, die Radieschen waschen und in feine Scheibchen schneiden, den Schnittlauch waschen und fein schneiden. Zwei Scheiben Brot auf jeden Teller legen und mit ein wenig Salat belegen. Für jeden Teller zwei Heringsfilets auflegen, wobei zwischen ihnen ein wenig Platz zu lassen ist. In diese Lücke zwischen den Heringen ein Eigelb in seiner Schale legen. Mit dem restlichen Salat, den Radieschenscheiben und dem Schnittlauch belegen. Nach Belieben mit Salz, Pfeffer und Öl würzen. TABULA NR. 3 / AUGUST 2005 11 D . IDACTA Alkohol Eigenschaften • Alkohol, auch Ethanol genannt, ist kein essenzieller Nährstoff für den menschlichen Organismus. • Alkohol findet sich in alkoholischen Getränken wie Bier, Wein, Sekt, Likören oder Spirituosen und daraus hergestellten Lebensmitteln. Aufbau und Abbau • Alkohol ist eine organische Verbindung aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff. • Alkohol wird zu Kohlendioxid und Wasser abgebaut. Wirkungen • Alkohol besitzt keine essenziellen Funktionen. Er wirkt sich hingegen vielfältig auf den menschlichen Organismus aus: – zentrales Nervensystem: verminderte Koordinationsund Zurechnungsfähigkeit, verstärkte Aggressivität – Niere: entwässernde Wirkung – Darm: verminderte Aufnahme von Nährstoffen – Fötus: Entwicklungsstörungen • Chronischer Alkoholkonsum führt zu Abhängigkeit, psychischen Störungen, Organschäden (Leber, Herz ...) und erhöhtem Krebsrisiko. • Alkohol liefert 7 kcal/g. FOTO: ALEXANDER EGGER Referenzwerte für die Alkoholzufuhr (Richtwerte, in g pro Tag) Erwachsene Frauen Männer max. 10 g/Tag max. 20 g/ Tag Berechnung zur Abschätzung des ungefähren Blutalkoholgehalts (in 0/00) Männer = Alkoholmenge in Gramm Alkoholmenge in Gramm Frauen = Körpergewicht in kg x 0,68 Körpergewicht in kg x 0,55 Pro Stunde reduziert sich der Blutalkoholgehalt um etwa 0,15 0/00. Diese Menge kann also stündlich vom berechneten Blutalkoholgehalt abgezogen werden. 10 g Alkohol sind enthalten in: 28 g Whisky 29 g Kirsch 30 g Cognac 32 g Gin 70 g Portwein 75 g Eierlikör 85 g Wermut 105 g Rot- und Weisswein (12 Vol.-%) 110 g Champagner, Sekt, Prosecco 210 g Alcopops (6 Vol.-%) 250 g Kirschstängeli 260 g Lagerbier 325 g Apfelwein (4 Vol.-%) 1,1 kg Kirschtorte R ATGEBER Grüne Erbsen Erbsen: Gemüse oder Hülsenfrüchte? Muriel Jaquet vom Informationsdienst NUTRINFO. Aus botanischer Sicht gehört die grüne Erbse (Gartenerbse) zur Familie der Hülsenfrüchte (wie auch Linsen, Kichererbsen, weisse Bohnen etc.). Man isst die noch unreifen Samen (junge grüne Erbsen) mit ihrer Hülse (Kefen) oder die trockenen gereiften Samen (Trockenerbsen). Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht hingegen werden die grünen Erbsen traditionellerweise unter den Gemüsen eingeordnet, obwohl ihre Zusammensetzung dafür nicht typisch ist. Ihr Gehalt an Vitaminen, Mineralstoffen und Nahrungsfasern mag anderen Gemüsesorten gleichen, aber die Zusammensetzung ihrer Eiweisse und Kohlenhydrate tut dies nicht. Mit 5–6% Eiweiss sind grüne Erbsen zwischen den Gemüsesorten (1–3%) und gekochten Hülsenfrüchten (6–10%) einzuordnen. Die Eigenschaften dieser Eiweisse sind die gleichen wie die der Hülsenfrüchte. Der Gehalt an Kohlenhydraten liegt ebenfalls über demjenigen von Gemüse, erreicht aber nicht den der Hülsenfrüchte. Die grüne Erbse ist in dieser Hinsicht also etwas Besonderes. Sie besitzt alle Vorzüge von Früchten und Gemüse, von denen ein Verzehr von fünf Einheiten pro Tag empfohlen wird, und leistet einen bedeutenden Beitrag zur Versorgung mit wichtigen Eiweissen und Kohlenhydraten. Sirup Ist Sirup eine weniger zuckerhaltige Alternative zu Limonaden? Der Zuckergehalt eines Sirups hängt stark von seiner Ver- 14 TABULA NR. 3 / AUGUST 2005 dünnung ab. Auf dem Etikett findet man normalerweise die Empfehlung von vier bis sieben Volumeneinheiten Wasser auf eine Einheit Sirup, je nach den verschiedenen Sorten. Wenn man in Betracht zieht, dass Sirup als Konzentrat zu 70% aus Zucker besteht, enthält das Getränk letztlich 9 bis 14 g Zucker auf 100 ml. Zum Vergleich: Limonade oder Cola enthält 10 g auf 100 ml, Eistee 7,5 g. Damit ist Sirup in solchen Konzentrationen zuckerhaltiger als jedes andere Getränk. Es wird jedoch niemand gezwungen, den Empfehlungen auf dem Etikett zu folgen. Eine Verdünnung von 12 Volumeneinheiten Wasser auf eine Einheit Sirup ergibt schon ein sehr viel weniger stark gezuckertes Getränk (ein wenig mehr als 5 g auf 100 ml), ohne dass der Geschmack darunter leiden muss. Doch selbst bei einer solch starken Verdünnung bleibt Sirup immer noch ein zuckerhaltiges Getränk; ein Glas mit 200 ml entspricht drei Stück Zucker. Das Getränk sollte daher nur gelegentlich und in mässigen Mengen konsumiert werden. Wasser ist und bleibt das unverzichtbare und uneingeschränkt zu empfehlende Getränk. Favismus Muss man bei einem Glukose-6-PhosphatDehydrogenase-Mangel (G6PD-Mangel) auch auf andere Lebensmittel als auf Favabohnen (Saubohnen) verzichten? Unter Favismus («Bohnenkrankheit») leidende Menschen weisen einen erblichen Mangel an Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase (G6PD) auf, was zu einem Zerfall der roten Blutkörperchen führt. Personen mit einem solchen Mangel sind in der Regel gesund, aber nach dem Verzehr von bestimmten auslösenden Substanzen kann es bei ihnen zur hämolytischen Anämie (schnelle Zerstörung der roten Blutkörperchen) kommen. Diese Substanzen sind im Wesentlichen Medikamente, aber auch Favabohnen, daher der Name Favismus. G6PD-Mangel ist zwar in Nordeuropa sehr selten, aber ausgeprägter in den Mittelmeerländern, Afrika, dem Nahen Osten, Südasien und bei der afroamerikanischen Bevölkerung. Jeder Person mit einem G6PDMangel wird empfohlen, Favabohnen erkennen zu lernen und sie in jeder Form zu meiden (frisch, getrocknet, als Mehl etc.). Einige Quellen, vor allem im Internet, empfehlen, auch bestimmte andere Lebensmittel zu meiden, ohne dass diese Aussagen jedoch belegt wären. Es stimmt, dass es viele Varianten dieses Mangels gibt und dass die Empfindlichkeit gegenüber den verschiedenen Substanzen nicht bei jedem gleich ist. Aber die Wissenschaft liefert zurzeit keine Anhaltspunkte dafür, dass auch andere Lebensmittel als Favabohnen systematisch gemieden werden müssten. NUTRINFO Informationsstelle für Ernährungsfragen Montag, Mittwoch, Freitag 8.30–12 Uhr Tel. 031 385 00 08 E-Mail: [email protected] oder schreiben Sie an: SGE Effingerstrasse 2 Postfach 8333 3001 Bern AK TUELL JONATHAN ALCORN/ZUMA/CORBIS Übergewicht als Demenzrisiko Was ist Demenz? Als Demenz (chronische Verwirrtheit) wird eine Störung bezeichnet, die mit Beeinträchtigungen des Gedächtnisses und anderer Funktionen des Gehirns einhergeht, die so schwer sind, dass sie die Alltagsbewältigung deutlich beeinträchtigen. Es kommt zu einem Verlust erworbener intellektueller Fähigkeiten und zu Persönlichkeitsveränderungen als Folge einer hirnorganischen Erkrankung. Demenz ist in höherem Alter die häufigste Ursache von Pflegebedürftigkeit. VON ANDREAS BAUMGARTNER, SGE D ie Studie zeige, dass «Fettleibigkeit einen schädlichen Einfluss auf das Gehirn hat», sagt Co-Leiterin Rachel A. Whitmer von der Kaiser-Permanente-Krankenkasse in Nordkalifornien. Mit der Erklärung dieses Phänomens tun sich die Autoren der Studie allerdings schwer. Eine plausible Erklärung für den Zusammenhang von Fettleibigkeit und Demenz wäre darin zu sehen, dass Übergewichtige ein erhöhtes Risiko für Diabetes mellitus und kardiovaskuläre Erkrankungen haben – beides sind bekannte Auslöser einer Demenz. Doch die Studie zeigte einen direkten Zusammenhang zwischen Übergewicht und Demenz – unabhängig von bestehenden Krankheiten und soziodemografischen Faktoren. Die Forscher vermuten, dass Übergewicht auf hormonellem Weg das Gehirn schädigen könnte. Für die Studie werteten die Wissenschaftler Daten von Pa- Menschen, die im mittleren Lebensabschnitt übergewichtig sind, erkranken im Alter häufiger an einer Demenz. Besonders ausgeprägt ist der Zusammenhang zwischen Fettleibigkeit und Demenz bei Frauen. Dies zeigt eine Studie amerikanischer Wissenschaftler, die die Auswirkungen von Fettleibigkeit auf die geistige Leistungsfähigkeit bei 10 000 Personen über drei Generationen hinweg untersucht hatten. tienten aus, die sich in den Jahren 1964–1973, damals im Alter von 40 bis 45 Jahren, freiwillig einem Gesundheitscheck unterzogen hatten. Dabei wurden sie gemessen und gewogen. An zwei Stellen war auch die Dicke der Hautfalten bestimmt worden; sie ist ein Parameter für Adipositas. In den darauf folgenden 27 Jahren erkrankten 713 der 10 276 Teilnehmer an einer Demenz. Besonders häufig waren davon Personen betroffen, die bei der Vorsorgeuntersuchung übergewichtig waren. Für Patienten mit einem Bodymass-Index (BMI) von 30 oder mehr (Adipositas) errechneten die Forscher ein gegenüber Normalgewichtigen (BMI 18,6–24,9) um 74 Prozent erhöhtes Demenzrisiko. Bei Übergewichtigen (BMI 25–29,9) war das Risko um 35 Prozent höher. Ähnliche Zusammenhänge wurden zwischen der Dicke der Hautfalten und einer späteren Demenz gefunden. Besonders ausgeprägt war der Zusammenhang zwischen Übergewicht und Demenz bei Frauen. Adipöse Frauen erkrankten doppelt so häufig an einer Demenz wie normalgewichtige. QUELLE: RACHEL A. WHITMER ET AL.: OBESITY IN MIDDLE AGE AND FUTURE RISK OF DEMENTIA: A 27 YEAR LONGITUDINAL POPULATION BASED STUDY. BMJ, DOI:10.1136/BMJ.38446.466238.E0 Bewegung hält auch geistig fit 40 Minuten tägliches Spazieren erhält Körper und Geist länger fit. Zwei amerikanische Studien haben nachgewiesen, dass Spazierengehen mit einem verringerten Demenzrisiko in Zusammenhang steht. Die Studie der University of Virginia School of Medicine mit mehr als 2000 Männern über 71 Jahren ergab, dass jene, die am wenigsten gingen, fast ein doppelt so hohes Demenzrisiko hatten als die aktivsten. Die Studie der Harvard Medical School mit 18 000 Frauen zeigte, dass die körperlich aktiveren bei Tests zur mentalen Agilität besser abschnitten. QUELLE: JAMA, VOL. 292 NO. 12, SEPTEMBER 22/29, 2004 TABULA NR. 3 / AUGUST 2005 15 FOCUS Exquisiter Genuss Zwar werden in der Schweiz rund viermal mehr Erdbeeren als Himbeeren angepflanzt. Trotzdem befindet sich die Himbeere, die eigentlich zu den Steinfrüchten und nicht zu den Beeren gehört, auf dem Vormarsch. Nicht nur der Preis ist für den elitären Charakter der Delikatessfrucht verantwortlich, sondern auch die äusserst vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten, von roh bis verarbeitet zu Kuchen oder Konfitüre. Zudem enthält die Himbeere eine solche Fülle an Wert gebenden Inhaltsstoffen, dass sie allein deswegen möglichst oft auf den Teller und in den Magen gehört. VON MARIANNE BOTTA DIENER DAVID PREUTZ/TAXI WWW.RAZZIES.COM E Goldene Himbeere für den schlechtesten Film des Jahres: Catwoman mit Halle Berry in der Hauptrolle erhielt letztes Jahr den «Golden Raspberry Award», das Gegenstück zum Oscar. 16 inmal im Jahr machen Himbeeren negative Schlagzeilen. Am Tag vor der Oscar-Verleihung werden die «Goldenen Himbeeren» vergeben, um die schlechtesten filmischen Leistungen im abgelaufenen Jahr «auszuzeichnen». Warum gerade die Himbeere als Synonym für mangelnde Qualität steht, bleibt eine offene Frage. Denn Himbeeren haben ein traumhaftes Aroma, sind delikat im Geschmack und haben wegen ihres hohen Preises (12 bis 25 Franken je Kilo) einen beinahe elitären Charakter – nicht umsonst wird die Himbeere als «Königin der Beeren» bezeichnet. Botanisch gesehen ist die Himbeere die rote Schwester der Brombeere und gehört wie sie zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Sie war ursprünglich in Südosteuropa beheimatet. Das beweist auch ihr bota- TABULA NR. 3 / AUGUST 2005 nischer Name «Rubus idaeus», benannt nach dem Berg Ida auf Kreta, auf dem sie besonders üppig wuchs. Rubus heisst soviel wie «rot». Vom Kloster in die Gärten Die roten Früchte der in den Wäldern wild wuchernden Sträucher wurden bereits in der Jungsteinzeit gesammelt. Unsere Vorfahren nutzten diese Obstart mit dem einzigartigen Mineralstoffreichtum zu medizinischen Zwecken. Getrocknete Früchte kamen als Schweisstreiber bei fiebrigen Erkrankungen zum Einsatz, sie galten als Helfer bei Beschwerden des gesamten Verdauungstraktes. Auch in römischen Schriften wird die Heilkraft der Beere erwähnt. Im Mittelalter wurde dann in vielen Klostergärten gezielt mit der Kultivierung der Himbeeren begonnen. Schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts kannte man, trotz des Namens «rubus», neben den roten auch gelbe Himbeeren. Die bekannten Garten- und Waldhimbeeren stammen dagegen alle von der Europäischen Himbeere ab, teilweise mit Anteilen der amerikanischen Himbeere. Züchter versuchen sich seitdem unentwegt an der Entwicklung neuer Sorten, die immer mehr Früchte tragen und widerstandsfähig gegen Krankheiten sind. Besonders in den letzten Jahren gab es in der Züchtung neuer, aromatischer und noch robusterer Himbeersorten massive Fortschritte. Heute ist die Sortenvielfalt riesig (s. Kasten S. 19). Einige Himbeerstauden sind ohne Dornen, gewisse Sorten reifen im Frühsommer, andere erst im Herbst. Je nach Region haben die Beeren ihre eigenen Namen – sie heissen Himmelbeere, Honigbeere oder Hübele. che Himbeerplantagen zum Selberpflücken. Wer gerne ganzjährig auf Himbeeren zurückgreift, findet tiefgefrorene Früchte aus Polen, Ungarn und anderen osteuropäischen Ländern. Die Schweiz importiert jährlich rund 14 000 kg Himbeeren. Im Inland werden für den Handel auf einer Fläche von etwa 150 ha Himbeeren angepflanzt (Erdbeeren: 450 ha). Trotz ihres Namens ist die Himbeere keine «Beere», sondern eine Sammel(stein)frucht. Sie besteht aus zahlreichen einzelnen Steinfrüchtchen, die von feinsten Härchen zusammengehalten werden. Beim Pflücken bleibt der Stiel mitsamt dem Innern an der Pflanze hängen, was dazu führt, dass Himbeeren im Gegensatz zu den verwandten Brombeeren innen hohl sind. Die Früchte werden 1–3 cm gross und gedeihen bevorzugt in kühleren Klimazonen. Ganz besonders aromatische, wenn auch sehr kleine Beeren sind in Alaska zu finden. Im Mittelmeerraum werden Himbeeren wegen des trockenen Klimas dagegen recht selten kultiviert. Himbeeren können auch in Wäldern und Bergen gedeihen, allerdings nur dann, wenn genügend Feuchtigkeit vorhanden ist. In Mitteleuropa reifen die Himbeeren ab Ende Juni rund 4– 6 Wochen lang, spätere Sorten im September. Das Pflücken der Beeren ist sehr aufwändig und erfolgt für den Frischverzehr von Hand, wobei die Früchte direkt in die späteren Verkaufsschalen gefüllt werden. Rasch geniessen Die reifen Himbeeren sind saftig, süss und sehr aromatisch, aber eine längere Lagerung ist nicht möglich, da sie schnell zu schimmeln beginnen und – unreif gepflückt – nicht nachreifen können. Die weichen, druckempfindlichen Beeren sollten am besten sofort frisch gegessen werden. Gewaschen werden nur wirklich verschmutzte Früchte, FOODPIX Nicht Beere, sondern Steinfrucht Wichtige Schutzstoffe denn beim Abspülen verliert die Himbeere an Aroma. Himbeeren halten sich im Kühlschrank (am besten bei 0°C) höchstens drei Tage. Die Früchte lassen sich aber gut einfrieren. Dann kann man sie bis zur nächsten Erntesaison immer wieder geniessen. Himbeeren werden vorwiegend für Desserts, auf Kuchen und Torten, in Obstsalaten oder Müeslis sowie für Glacen verwendet. Konservieren lässt sich das feine Aroma neben dem Einfrieren auch dadurch, dass die Früchte zu Konfitüre, Gelee oder Sirup verarbeitet werden, auch ein Himbeerschnaps kann gebrannt werden. Himbeerblätter bereichern verschiedene Teemischungen. Europäische Frucht Fast 90% der Weltproduktion stammen aus Europa, der wichtigste Erzeuger ist Russland, gefolgt von Serbien-Montenegro, Polen, den USA, Deutschland, Kanada, der Ukraine und Frankreich. Sehr früh erhältliche Himbeeren kommen meistens bereits im Mai in die Läden, sie werden aus Spanien importiert. Absolute Hauptsaison der Schweizer Früchte sind die Monate Juni bis September, mittlerweile gibt es auch zahlrei- Rezept für Himbeermousse. Zutaten: – 1 dl Rahm – 1 Blatt Gelatine – 200 g Himbeeren – 60 g Puderzucker – Zitronensaft – Mineralwasser Zubereitung: Rahm steif schlagen und kalt stellen. Himbeeren durch ein Sieb streichen oder im Mixer fein pürieren. Mit Zitronensaft und Puderzucker verrühren. Gelatine mit ein paar Tropfen Wasser in einem Pfännchen bei kleiner Hitze auflösen und mit dem Himbeerpüree vermischen. Den Rahm unter die Masse ziehen. Das Mousse in eine Schüssel oder in Förmchen füllen und mindestens 3 Stunden kalt stellen. Vor dem Servieren mit Beeren garnieren. Die roten Delikatessfrüchtchen bestehen zu fast 85 Prozent aus Wasser, zu 4,8 Prozent aus Kohlenhydraten, 1,3 Prozent Eiweiss und 0,3 Prozent Fett. Mit einem Nahrungsfaseranteil von fast 5 Prozent liegt die Himbeere im Spitzenfeld der Obstsorten. Diese unverdaulichen Pflanzenbestandteile regulieren die Verdauung. Himbeeren enthalten ausserdem viele sekundäre Pflanzenstoffe wie Flavonoide, Anthozyane und Polyphenole. Neue Studien haben gezeigt, dass die in den Früchten enthaltenen Flavanoide die Immunabwehr stärken. Anthozyane gelten als wichtige Schutzstoffe, da sie Entzündungen hemmen und die Gefässe geschmeidig halten. Die in Himbeeren ebenfalls vorkommende Ellagsäure gehört zur Gruppe der Polyphenole und gilt als potenzieller Wirkstoff gegen Krebserkrankungen; die Tatsache, dass synthetisch hergestellte Ellagsäure eine geringere Wirksamkeit zeigt, weist auf ein mögliches Zusammenspiel mit anderen Bestandteilen der Beeren hin. Ellagsäure, Kämpferol und Phenolsäure wirken aktiv gegen freie Radikale und als Bakterien- und Virenkiller. Die reichlich enthaltene Salizylsäure (siehe Kasten, S. 18) TABULA NR. 3 / AUGUST 2005 17 FOCUS Exquisiter Genuss verhindert Entzündungen und tritt aktiv einer Verklumpung des Blutes entgegen. Auffallend hoch ist der Gehalt der Himbeeren an Magnesium (nur Nüsse liefern mehr) und Calcium – Stoffe, die für den Knochen- und Sehnenaufbau und die Muskelkontraktion und Nervenreaktionen wichtig sind. Diese wertvollen Inhaltsstoffe befinden sich in den winzigen Kernen der einzelnen Himbeersegmente. Dazu kommen das unvergleichliche Arome und der geringe Energiegehalt: Himbeeren liefern nur 33 Kalorien pro 100 Gramm. Bei den Vitaminen dominieren die Vitamine C, E und viele der B-Gruppe. 100 Gramm Himbeeren liefern locker ein Drittel der täglich benötigten Menge an Vitamin C und enthalten überdies fünf Gramm Nahrungsfasern. Wichtige Helfer in der Hausapotheke Himbeeren haben auch einen gewissen antibiotischen Effekt. Zudem sollen die mineralstoffreichen Roten bei Nieren- und Blasenbeschwerden, aber auch bei Verstopfung helfen. Sie enthalten ausserdem viel Biotin, das für schöne Haut und gesunde Haare sorgen soll. In der asiatischen Medizin werden Himbeeren von Frauen auch als Mittel gegen starke Monatsblutungen eingesetzt und auch hiesige Hebammen empfehlen den Tee Bereits die Ägypter verwendeten gegen Rheumaund Rückenschmerzen «Aspirin» – einen Aufguss aus getrockneten Myrteblättern. Rund tausend Jahre später verordnete Hippokrates gegen Fieber und Schmerzen einen Saft, der aus der Rinde des Weidenbaums gewonnen wurde. Der Wirkstoff war in beiden Fällen der gleiche: Salicylsäure. In verschiedenen Früchten und Gemüsen finden sich Spuren von Salicylsäure, die mit dem im Aspirin enthalten Wirkstoff Acetylsalicylsäure eng verwandt ist. Himbeeren enthalten vergleichsweise viel dieser entzündungshemmend und schmerzlindernden Substanz – wenn auch 100-mal weniger, als in einem normalen Aspirin drin ist. nter den Früchten und Gemüsen sind Himbeeren in Bezug auf den Salicylsäuregehalt Spitze. 100 g Himbeeren enthalten 5 mg dieses Wirkstoffes. Höhere Konzentrationen weisen nur Sultaninen (7,8 mg) auf. Wer auf biologisch angebaute Beeren zurückgreifen kann, darf sogar mit etwas höheren Salicylsäuregehalten rechnen. In einer Studie zu Biolebensmitteln (European Journal of Nutrition, Bd. 40, S.289, 2002) haben Forscher herausgefunden, dass Suppen aus bio- 18 logisch angebautem Gemüse mindestens sechsmal so viel Salicylsäure enthalten wie Gemüse aus herkömmlichem Anbau. Die Forscher führen den höheren Salicylsäuregehalt der Biopflanzen darauf zurück, dass diese ohne Pestizide auskommen müssen, um sich der Schädlinge zu erwehren. Wer sich vegetarisch ernährt, kommt ebenfalls auf deutlich höhere Konzentrationen. Amerikanische und schottische Forscher haben herausgefunden, dass der Salicylsäuregehalt im TABULA NR. 3 / AUGUST 2005 Goldene Königin und schwarzes Juwel Was ist schöner, als reife Beeren direkt vom Strauch zu pflücken? Wer eigene Himbeeren im Garten ernten will, hat die Qual der Wahl. Das Sortenangebot ist reichhaltig. Neben leuchtend roten Früchten gibt es auch goldgelbe («Golden Queen») und sogar schwarze Himbeeren («Black Jewel»). Vor allem Sorten mit möglichst grossen Früchten sind gefragt. «Glen Ample» bietet besonders hohe Erträge. «Rubaca» und «Meeker» werden vor allem aufgrund ihrer Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten gepflanzt. Himbeeren aus dem eigenen Garten Himbeeren statt Aspirin? U der Himbeerblätter zur Förderung einer raschen Geburt. Blut von Vegetariern zwölfmal so hoch ist wie in jenem von Fleischessern. An die Dosis eines Aspirins (500 mg pro Tablette) reichen aber auch diese Konzentrationen bei weitem nicht heran – obschon Himbeersaft in der Alternativmedizin weiterhin als fiebersenkendes und schmerzlinderndes Mittel eingesetzt wird. Wer Himbeeren nicht gerade kiloweise verzehrt, muss auch bei einer Überempfindlichkeit auf Salicyl- oder Acetylsalicylsäure nicht auf die roten Sommerbeeren verzichten. Himbeeren mögen einen sonnigen Platz und einen humusreichen Boden. Wichtig ist ein Rankgerüst, um den Ästen Halt zu geben. Im Sommer brauchen die Sträucher ausreichend Wasser. Nach der Ernte sollten sie ausgelichtet werden. Abgetragene Äste werden entfernt. So bekommen die neuen Triebe Luft und Licht, um im kommenden Jahr gesunde Früchte zu tragen. Die Früchte, die im August an den Sträuchern hängen, sind so genannte Herbsthimbeeren, Sommerhimbeeren dagegen tragen bis etwa Ende Juli. Sommerhimbeeren sind zwar meist aromatischer, aber jeder kennt sicherlich die Maden in den Früchten. Sie stammen vom Himbeerkäfer, der seine Eier an die Früchte legt. Herbsthimbeeren sind naturgemäss ohne Maden, da der Käfer nun nicht mehr fliegt. Relativ bekannt sind die Herbsthimbeersorten «Autumn Grosse Sortenvielfalt In der Züchtung neuer Himbeersorten gab es in den letzten Jahren die grössten Fortschritte. Die wichtigsten Sorten: Bliss» und «Golden Bliss», deren etwas fader Geschmack allerdings einige bemängeln. Womit die Frage nach dem Grund für den Preis «Goldene Himbeere» für den schlechtesten Film zumindest zum Teil beantwortet werden könnte: Die «Golden Bliss» hat geschmacklich nur noch wenig mit ihren aromatischen, wild wachsenden Verwandten gemeinsam. Meeker Hauptsorte. Dank ihrer Robustheit und den sehr aromatischen Früchten die am meisten angebaute Sorte. Früchte mittelgross bis gross, fest, rundlich-herzförmig. Sehr aromatisch. Gute Haltbarkeit der Früchte. Zum Tiefkühlen geeignet. Sehr robust, stark wachsend und widerstandsfähig. Reifezeit mittel. Blissy Autumn Bliss Blissy ist eine sommer- herbsttragende Himbeersorte. Sie trägt alle Früchte an den neu gewachsenen Trieben von Anfang August bis Anfang Oktober. Grosse bis sehr grosse Früchte mit passablem Aroma. Sehr gute Haltbarkeit. Blissy ist praktisch resistent gegen das Wurzelsterben. Einkaufstipps Golden Bliss Die bekannte Himbeersorte Blissy hat mit Golden Bliss eine gelbfruchtige Tochter. Schöne, leuchtendgelbe Früchte mit etwas fadem Geschmack. Golden Bliss lässt sich gleich anbauen wie die Sorte Blissy. Im Dezember werden alle Ruten bodeneben abgeschnitten. Dr. Bauers Rusilva Leuchtend rote, rundliche, grosse Früchte. Robust und widerstandsfähig gegen Ruten- und Wurzelerkrankungen. Resistent gegen virenübertragende Blattläuse. Haupterntezeit Anfang Juli. Zusätzlich trägt Rusilva an den einjährigen Ruten Ende September bis Mitte Oktober nochmals Früchte. Niniane Rubaca Erste sommertragende Himbeersorte mit grossen aromatischen Früchten, die weitgehend resistent ist gegen das gefürchtete Wurzelsterben. Dank Niniane (Rubaca) ist der Himbeeranbau wieder in fast jedem Garten möglich. Wuchs mittelstark, wenig anfällig auf Rutenkrankheiten. Glen Ample Sehr grosse Früchte mit gutem Geschmack und guter Haltbarkeit machen Glen Ample für alle Verwendungsarten (auch zum Tiefkühlen) geeignet. Die robusten Pflanzen ohne störende Stacheln und mit langer Ernteperiode lohnen den Anbau von Himbeeren im eigenen Garten. Frühe Reifezeit. Willamette Pflegeleichte Frühsorte mit besonders aromatischen Früchten. Sommertragende Himbeere, die sehr widerstandsfähig ist gegen Frost sowie Ruten- und Wurzelerkrankungen. Früchte mittelgross bis gross, leuchtend bis tiefrot. Willamette ist reich tragend und eine Hauptsorte in den Hausgärten. QUELLE: HÄBERLI BEERENANBAU • Wildfrüchte sind kleiner, schmecken aber aromatischer als grosse Gartenhimbeeren. • Nehmen Sie nur Verkaufsschalen ohne angeschimmelte Früchte, die andern werden sehr rasch angesteckt. • Wählen Sie unzerdrückte Früchte, da diese besonders an heissen Sommertagen schnell schimmeln können. Falls die Früchte doch zerdrückt sind: am selben Tag konsumieren. • Daheim sollten die Himbeeren sorgfältig nebeneinander auf einen Teller gelegt, mit Frischhaltefolie bedeckt und rasch verbraucht werden. • Sammeln Sie Himbeeren selber, bitte nicht entlang von Strassen. An den feinen Härchen der Beeren bleiben Schmutz und Abgase besonders gut haften. • Reife Beeren erkennt man beim Pflücken daran, dass sie sich gut vom Fruchtboden lösen. • Himbeeren passen gut zu Erdbeeren, Johannisbeeren, Kirschen, Nektarinen und Brombeeren. • Folgende Gewürze passen ausgezeichnet: Vanille, Minze, Zitronenmelisse, Zitronensaft und -schale, Salbei. • Sehr reife Früchte können ohne Wasserzugabe erhitzt und als Sauce zu Vanilleglace serviert werden. Tulameen Diese neue Sorte aus Kanada ist im Erwerbsanbau im Begriff, die wichtigste Sommersorte zu werden. Sehr grosse, feste Früchte mit sehr gutem Geschmack. Nur mittelstark wachsend. Trotzdem auf genügend Pflanzenabstand achten und nicht zu stark düngen. Marla Fertödi Karmin Die früheste Himbeersorte mit ausgezeichnetem Geschmack! Grosse, hellrote Früchte. Gute Haltbarkeit durch feste Früchte und geringe Anfälligkeit auf Fruchtfäule zeichnen diese neue Sorte aus und machen sie für alle Verwertungsarten ideal. Vorteilhaft ist der mässige, robuste Wuchs. TABULA NR. 3 / AUGUST 2005 19 BÜCHER VON MONIKA MÜLLER, DIPL. ERNÄHRUNGSBERATERIN Die Slow Carb Diät Prof. Dr. Michael Hamm, Rose Marie Donhauser. Knaur Ratgeber Verlag, München 2005. 144 Seiten, ISBN 3-426-64180-1, Fr. 26.80 Kochen für Knochen Feinschmeckerrezepte gegen die Osteoporose Claude Merlin, Oskar Marti, Oskar Weiss. Hans Huber Verlag, Bern 2005. 70 Seiten, ISBN 3-456-84139-6, Fr. 22.95 20 Es gibt wenig gute Diätbücher zum Abnehmen: Hier ist eines davon. Professor Hamm und sein Team, Vielschreiber in Sachen Ernährungsratgeber, haben die Zeichen der Zeit richtig erkannt. Slow Carb ist die adäquate Antwort auf Low Carb, Logi und Co. Dabei geht es nicht darum, wenig Kohlenhydrate zu essen, sondern die richtigen, also langsam resorbierbare. Hamm zeichnet das Bild der vergangenen Diätwellen, um daraus Schlüsse für heutige Empfehlungen zu ziehen. Dies ohne die Ernährungswissenschaft und -beratung allgemein zur Schnecke zu machen, wie wir das von anderen Autoren der Szene kennen. Für die beginnende Epidemie der «Glyxomania nervosa» diätbegeisterter Menschen schafft dieses Buch zwar keine Abhilfe, ist aber ein erfreulicher Lichtblick am Firmament des Diätbücherhimmels. Das Team von «Chrüteroski» und der Berner Bildererfinder Oskar Weiss haben sich für dieses Werk mit dem Arzt und Osteoporosespezialisten Claude Merlin zusammengetan. Daraus entstanden ist ein gluschtiges Gourmetkochbuch in bekannter Manier der beiden legendären Oskars. Eine natürliche, ausgewogene Kost mit vielen Frischwaren, genügend Milchprodukten und angemessenen Fleisch- und Fischportionen erfreut nicht nur die Knochen, sondern auch Bauch und Herz. Bei diesen jahreszeitengerecht ausgesuchten Köstlichkeiten wird einem das Knochenstärken zum Vergnügen. Ein kurzer medizinischer Teil erklärt auf verständliche Weise die Einflussfaktoren auf die Entstehung der Osteoporose, Diagnose und Therapie. Meine Mama wird das Kochbuch jedenfalls auf ihrem Geburtstagstisch vorfinden. TABULA NR. 3 / AUGUST 2005 Leitfaden Mikronährstoffe Orthomolekulare Prävention und Therapie Edmund Schmidt, Nathalie Schmidt. Elsevier GmbH Urban & Fischer Verlag, München 2004. 696 Seiten, ISBN 3-437-56540-0, Fr. 88.00 Unsere Lebensmittel Tabellen mit Vitaminen, Mineralstoffen, Kalorien, Eiweiss, Fett, Kohlenhydraten Ibrahim Elmadfa, Doris Fritzsche. Ulmer Verlag, Stuttgart 2005. 208 Seiten, ISBN 3-8001-4648-7, Fr. 23.80 Es gibt unterdessen einige Bücher zu orthomolekularen Therapiekonzepten. Da bei diesen Werken das finanzielle Interesse am Verkauf von Mikronährstoffprodukten eine treibende Kraft sein kann, ist jeweils eine gewisse Zurückhaltung bei der Lektüre am Platz. Doch dieses Buch möchte ich bei meiner täglichen Arbeit nicht mehr missen. Auch wenn ich mir bei den bekannten Geschichten der ach so ausgelaugten Böden ein schräges Lächeln abringen muss, hat mich der Rest des Buches begeistert. Endlich ein sorgfältig erarbeitetes Nachschlagewerk zum Thema. Einfach zu handhaben, logisch aufgebaut, mit kurzen prägnanten Informationen und ausführlichen Listen sowohl zu Nährstoff-Nährstoff- wie auch zu Nährstoff-Medikamenten-Interaktionen. Für mich zurzeit das beste Buch in der Orthomolekularecke der Buchhandlung. Ich bedauerte es sehr, dass «Die grosse GU Vitaminund Mineralstofftabelle» von diesem Autorenteam vergriffen war. Nun haben die beiden sozusagen einen Ersatz dieses hilfreichen Werkes beim Ulmer Verlag herausgegeben. Ehrlich gesagt, erscheint mir das alte Werk handlicher, dafür sind in diese aktuellen Tabellen viele neue hilfreiche Informationen eingeflossen. Für jeden Nährstoff werden die Nahrungsmittel nach verschiedenen Kriterien klassiert. Dabei wird auch die Nährstoffdichte pro 100 kcal jeweils angegeben, das erspart einem die mühsame Suche in elektronischen Nährwertdatenbanken. Wer die vergriffene Ausgabe gekannt hat, wird dieses Buch schnell schätzen lernen. Als einfaches Nachschlagewerk zum spezifischen Nährstoffgehalt der Nahrungsmittel mit Kurzinformationen zu jedem Nährstoff lohnt sich die Anschaffung allemal. SCHULE Essen und Trinken in der «guten gesunden Schule» BILD AUS: «PFEFFERKORN. PRODUZIEREN – KONSUMIEREN», SCHULVERLAG BERN Stephanie Baumgartner Perren arbeitet als freischaffende Ernährungswissenschaftlerin und Ausbildnerin. Christine ImhofHänecke ist Haushaltungslehrerin und leitet Lehrmittelprojekte. VON STEPHANIE BAUMGARTNER PERREN UND CHRISTINE IMHOFHÄNECKE I m Zusammenhang mit der Erarbeitung dieser Qualitätskriterien fiel auf, dass im schulischen Umfeld zwei Rahmenbedingungen besonders wichtig sind: Erstens soll das Trinken von Wasser jederzeit möglich sein. Dies bedingt die Installation von Trinkstationen. Zweitens müssen für das Essen Zeiträume geschaffen werden, ohne die Bewegungsmöglichkeit einzuschränken. Das bedeutet, dass die grosse Pause mindestens 30 Mi- Gesucht: Schulprojekte Ernährungserziehung fliesst in zahlreichen Schulen in den Unterricht ein, und es werden auch Projekte zu diesem Thema durchgeführt. Häufig bleibt es aber bei der Durchführung, und es erfolgt keine Dokumentation und Evaluation. Andere Schulen können damit nicht auf vorhandenes Wissen und Erfahrungen zurückgreifen. Gerne würden wir auf unserer Schulseite in TABULA Projekte zu Essen und Trinken vorstellen. Kennen Sie ein dokumentiertes Ernährungsprojekt in Kindergärten und Schulen? Dann schicken Sie Ihre E-Mail an: [email protected] Zu den Bereichen Gesundheit, Gesundheitsförderung und Prävention werden zurzeit von Fachpersonen verschiedener Richtungen Kriterien für die Schul- und Unterrichtsqualität aufgestellt. Die SGE hat diese Qualitätsmerkmale zum Thema Ernährung erarbeitet. nuten dauert und wie folgt unterteilt sein sollte: zuerst essen – dann sich austoben. Ernährung als Schulthema Im Unterricht selber muss die Auseinandersetzung mit Essen und Trinken ein Thema sein. Auf der Unterstufe bieten dafür verschiedene Materialien (z.B. «Pfefferkorn. Produzieren – Konsumieren») fachliche Unterstützung. So können die Kinder z.B. durch die Arbeit am Thema Zwischenverpflegung Handlungskompetenzen im Bereich Gesundheit erwerben. Folgende Inhalte sollen dabei vermittelt werden: • ausgehend vom Lieblingsznüni Nahrungsmittel benennen, Neues kennen lernen, selbständig ein Znünibrot zubereiten • Znüni-Umfrage durchführen, andere Essgewohnheiten kennen lernen • die eigene Befindlichkeit wahrnehmen, Zusammenhänge zwischen Wohlbefinden und Essen/ Trinken erkennen, Handlungsund Verhaltensweisen überlegen Auf der Mittelstufe wird solchen Fragen u.a. im Heft «Genussvoll. Ernährung – Konsum – Suchtprävention» nachgegangen. Im Unterricht der Oberstufe stehen die eigenen Essgewohnheiten im Vordergrund. Oft fällt es den Jugendlichen leichter, ihre Gewohnheiten zu hinterfragen, wenn sie: • Ernährungsformen einst und jetzt kennen und vergleichen • Essen und Trinken als Teil der Kultur verstehen • über Vorlieben und Abneigungen reden • mit Chancen und Risiken unserer Ernährungsweise umgehen lernen Über eigene Haltungen nachdenken ist eine Basiskompetenz und wird in verwandten Themen wie Konsum wieder aufgegriffen. Das wünschbare Ergebnis einer «guten gesunden Schule» besteht darin, dass Schulabgänger/-innen und Lehrpersonen einen verantwortungsvollen Umgang mit der eigenen und der Gesundheit anderer pflegen und ihren weiteren Lernprozess im Bereich gesunde Lebensstile eigenverantwortlich gestalten. TABULA NR. 3 / AUGUST 2005 21 INTERNA ge Buchhalterin Trudy Bischof. Die Geschäftsstelle dankt sowohl Hansjörg Ryser als auch Trudy Bischof für ihre wertvolle Arbeit. VON PASCALE MÜHLEMANN, LEITERIN FACHBEREICH ERNÄHRUNGSWISSENSCHAFTEN Zwei neue Mitarbeiter in der Geschäftsstelle Neue Leitung der SGE Geschäftsführer Hansjörg Ryser und Buchhalterin Trudy Bischof lassen sich frühzeitig pensionieren. Hansjörg Ryser geht wie bereits angekündigt per Ende September in Pension und übergibt die Geschäftsführung der SGE zu diesem Zeitpunkt an Pascale Mühlemann. Hansjörg Ryser hat in seiner 17-jährigen Amtszeit sehr viel erreicht. Er hat sich immer besonders stark für das Publikations- und Tagungswesen eingesetzt; seine Amtszeit war daneben durch verschiedene Meilensteine geprägt. Ebenfalls in Frühpension geht per Ende August unsere langjähri- Hansjörg Ryser tritt in den Ruhestand. Er verlässt die SGE Ende September nach 17-jähriger Tätigkeit. Die SGE in der Ära Ryser • 1988: Das Sekretariat der damaligen Schweiz. Vereinigung für Ernährung (SVE) wird von der Eidg. Alkoholverwaltung an das BAG übertragen; H. Ryser übernimmt die Geschäftsführung. • 1990: Die SVE wird privatisiert. • 1994: Aus dem Mitgliederrundschreiben wird die Zeitschrift TABULA. • 1995: Der Informationsdienst NUTRINFO wird etabliert. • 1996: Die SGE-Website entsteht; heute verzeichnet die Seite täglich über 1000 Besucher. • 1999: Die Gesellschaft NUTRIKID® und das Netzwerk Nutrinet. ch werden gegründet; H. Ryser übernimmt die beiden Geschäftsführungen. • 2002: Der Medienservice wird etabliert. • 2004: Die bisherige Schweiz. Gesellschaft für Ernährungsforschung wird integriert und der wissenschaftliche Bereich ausgebaut. 22 Trudy Bischof, seit 16 Jahren bei der SGE, geht Ende August in Pension. Wilfried Kamper, seit 1. August neuer Leiter Finanzen und Administration. TABULA NR. 3 / AUGUST 2005 Aufgrund der beiden Frühpensionierungen konnten zwei neue Mitarbeiter eingestellt werden. Am 1. August hat Wilfried Kamper seine Tätigkeit als Leiter Finanzen und Administration aufgenommen. Er verfügt über einen langjährigen und fundierten Leistungsausweis im Finanz- und Rechnungswesen. Am 1. Oktober wird Angelika Welter, dipl. Oekotrophologin, die Leitung wissenschaftlicher Projekte übernehmen; wir werden im nächsten TABULA darüber berichten. Die Geschäftsstelle schätzt sich sehr glücklich, Angelika Welter und Wilfried Kamper für die SGE gewonnen zu haben, und heisst beide herzlich willkommen. Höhere Mitgliederbeiträge ab 2006 Im Vergleich zu Organisationen mit ähnlicher Zielsetzung liegen die aktuellen Mitgliederbeiträge der SGE deutlich unter dem Schnitt. Zudem entsprechen die materiellen Leistungen der SGE an ihre Mitglieder (TABULAAbonnement, kostenlose Erstabgabe neuer Veröffentlichungen) quasi im Massstab 1 zu 1 dem aktuellen Jahresbeitrag. Gemäss Jahresrechnung und Bilanz 2004 ist die finanzielle Lage der SGE zurzeit sehr unbefriedigend. Der Vorstand hat deshalb eine Erhöhung der Mitgliederbeiträge ab Januar 2006 beantragt, die zur Sicherung der finanziellen Zukunft der SGE leider unumgänglich war und anlässlich der diesjährigen Mitgliederversammlung ohne Gegenstimme genehmigt wurde. Herzlichen Dank! Der Jahresbeitrag für Einzelmitglieder beträgt ab 1. Januar 2006 Fr. 75.– (bisher: Fr. 50.–). Fachtagung «Alkohol und Ernährung» An der vom BAG und der SFA unterstützten nationalen Fachtagung und dem wissenschaftlichen Symposium der SGE «Alkohol und Ernährung» vom 15. Juni referierten Fachleute aus Medizin, Alkohologie, Ernährungswissenschaft und Prävention zu Risiken und positiven Effekten des Alkoholkonsums. Die Tagung und das Symposium dürfen trotz leicht tieferer Teilnehmerzahl als in den Vorjahren als Erfolg gewertet werden. Gesundheitsförderung Schweiz unterstützt Profiline® Anfang Juni hat sich Gesundheitsförderung Schweiz für die finanzielle Unterstützung von Profiline® ausgesprochen. Dieser einmalige Beitrag wird es ermöglichen, die Profiline-Unterlagen umfassend zu überarbeiten. Die Geschäftsstelle dankt herzlich für die Unterstützung. Projekt «Fast Food und Gesundheit» Das Projekt «Fast Food und Gesundheit» geht nun in die Umsetzung. Im Juni gab die SGE den Startschuss zur Ideenentwicklung einer zielgruppengerechten Auszeichnung für ausgewogen zusammengesetzte Schnellgerichte mit der Firma BrainStore. Die Auszeichnung wird an einem für Frühling 2006 geplanten Degustationsevent durch eine Jury von Jugendlichen verliehen. Die SGE dankt dem BAG und dem Schweiz. Bauernverband für die finanzielle Unterstützung. AGENDA Dauerausstellung zu den Themen «Cuisiner, manger, acheter et digérer» L’eau à la bouche Im Ernährungsmuseum «Alimentarium» in Vevey Öffnungszeiten: Dienstag–Sonntag, 10–18 Uhr, Tel. 021 924 41 11, Fax 021 924 45 63 E-Mail: [email protected], Internet: www.alimentarium.ch Wechselausstellung im Ernährungsmuseum «Alimentarium» (bis 8. Januar 2006) Feurig rot – safrangelb: eine Ausstellung über exotische Gewürze Sonderausstellung (bis 31. Januar 2006) im Mühlerama in der Mühle Tiefenbrunnen. Weitere Informationen: Mühlerama, Seefeldstrasse 231, 8008 Zürich, Tel. 01 422 76 60, E-Mail: [email protected], Internet: www.muehlerama.ch 7.–9. September Fruchtsäfte, fruchtsafthaltige Getränke: Technologie, Untersuchung und Beurteilung In Hameln (Deutschland). Veranstaltung der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh). Informationen und Anmeldung: DGCh, Fortbildung, Postfach 90 04 40, D-60444 Frankfurt am Main, Tel. +4969 79 17-3 64, E-Mail: [email protected], Internet: www.gdch.de 16.–17. September Tag der offenen Tür 9–17 Uhr, Agroscope Liebefeld-Posieux, Eidg. Forschungsanstalt für Nutztiere und Milchwirtschaft, Schwarzenburgstr. 161, 3003 Bern. Weitere Informationen im Internet: www.alp.admin.ch 19.–23. September Nutrition Safari for Innovative Solutions 18th International Congress of Nutrition in Durban, South Africa. Online information: www.puk.ac.za/iuns, Congress secretariat: Ms Rykie Louw, Entire Business Soloutions cc, tel +27 12 346 3866, e-mail: [email protected] 22. September Was Sie schon immer wissen wollten! 19–21 Uhr an der Hochschule Wädenswil. Kurs zum sachgerechten Umgang mit Lebensmitteln (drei Kursabende: 22. und 29. September sowie 6. Oktober). Nächste Kurse: ab 16. November. Informationen und Anmeldung: Hochschule Wädenswil, Grüental, 8820 Wädenswil, Tel. 044 789 98 48, Fax 044 789 99 50, E-Mail: [email protected], Internet: www.iqfs.ch 5.–7. Oktober 2. Kongress Praxis Klinische Ernährung PKE In Stuttgart-Hohenheim. Gemeinsame Veranstaltung der Universitäten Hohenheim und Tübingen. Für Mitarbeitende eines interdisziplinären Ernährungsteams: Medizin, Pflege, Diätassistenz, Oecotrophologie/Ernährungswissenschaft und Pharmazie. Weitere Informationen auf der Kongress-Homepage: www.pke-online.com 13.–14. Oktober Information on Nations Diets: Needs and Uses – Experiences from the Past, Lessons for the Future Karlsruhe, Germany. 27th Scientific Annual Congress of the Arbeitsgemeinschaft Essverhalten e.V. (AGEV) in cooperation with the German Federal Research Center for Nutrition and Food. Programme and registration form see: www.agev.net 20. Oktober Osteoporose – was die Knochen stark macht 14.30–18.15 Uhr im UBS Konferenzgebäude Grünenhof, Nüschelerstrasse 9, Zürich. 6. Wissenschaftliches Vitalstoff-Symposium. Auskunft und Anmeldung: Dr. Becker Media Consulting Verlag für GanzheitsMedizin, Tel. 061 272 90 09, E-Mail: [email protected] 26. Oktober Burn out? – Zurück zu den Quellen! 9–15.30 Uhr im Centre Culinaire in Rikon. Fortbildungsveranstaltung der Kuhn Rikon AG. Kosten: CHF 100.–. Weitere Veranstaltung zum gleichen Thema: 28. Oktober, 9–15.30 Uhr. Informationen und Anmeldung: Kuhn Rikon AG, Centre Culinaire, 8486 Rikon, Tel. 052 396 02 43, Fax 052 396 02 02, E-Mail: [email protected] 19.–23. November Igeho 05 Messe Basel. Internationale Fachmesse für Gemeinschaftsgastronomie, Gastronomie und Hotellerie. Weitere Informationen im Internet: www.igeho.ch TABULA NR. 3 / AUGUST 2005 23 Als SGE-Mitglied oder TABULA-Abonnent/in erhalten Sie zusätzliche TABULA-Exemplare gratis. Sie bezahlen nur den Versand. Schwerpunktthema in der nächsten Nummer (4/2005, erscheint Ende Oktober 2005): Scharfe Sachen Scharfe Sachen Dazu finden Sie in diesem Heft einen Beitrag zur karibischen Küche, ein Didacta-Poster zum Thema Wasser und Wissenswertes über Kürbisse. Ankreuzen, ausschneiden, profitieren! Ich bin SGE-Mitglied oder TABULA-Abonnent/in. Bitte schicken Sie mir: Exemplare TABULA 4/2005 Versandkosten: 20–50 Exemplare CHF 20.– 51–100 Exemplare CHF 25.– 101–200 Exemplare CHF 30.– Ich möchte TABULA abonnieren (4 Nummern pro Jahr) Preis: CHF 22.– Inland, CHF 33.– Ausland (Versandkosten inbegriffen) Ich möchte SGE-Mitglied werden (Jahresbeitrag CHF 50.–, TABULA-Abonnement inbegriffen) Name/Vorname Beruf Strasse PLZ/Ort Talon ausschneiden und bis 20. September 2005 einsenden an: Schweiz. Gesellschaft für Ernährung, Postfach 361, 3052 Zollikofen Fax 031 919 13 14