Zur Frage des Paradoxbegriffes in »Philosophische Brocken« und

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Z u r Frage des Paradoxbegriffes
in »Philosophische Brocken« und
»Abschliessende unwissenschaftliche
Nachschrift«.
von K. Olesen Larsen
Der systematisch-abstrakte, streng logische und anscheinend so einfache Aufbau der »Brocken« hat immer zu einer verfrlihten und allmåhlich ziemlich
konventionellen Deutung von Søren Kierkegaards Gedankengang gereizt und
infolgedessen auch zu weitgehenden Folgerungen in Bezug auf das Verståndnis
seiner Auffassung von dem Verhåltnis zwischen Christentum und Philosophie,
oder zwischen der christlichen und der humanen Existenz. Die Komposition
und die Problematik der »Brocken« ist aber nicht so einfach, und die Erklå­
rung, die man von dieser Schrift gegeben hat, ist oft im W iderspruch mit der
ganzen iibrigen Verfasserschaft gewesen und fiihrt leicht zu einer Verzeichnung
der Intention S. K.s.
In dem folgenden wird der Versuch gemacht, die »Brocken« in nahem Zusammenhang mit der weit ausfiihrlicheren »Nachschrift« zu verstehen, indem besonders auf die Frage Riicksicht genommen wird, ob S. K.s Paradoxbegriff,
wie man oft behauptet, intellektualistisch bestimmt ist. Die notwendige Begrenzung hat zur Folge gehabt, dass kein Vergleich mit den Problemen in »Die
Wiederholung« und »Furcht und Zittern« vorgenommen wird, obgleich natUrlich aus diesen Schriften vieles herzugezogen werden konnte, was fiir das
genaue Verståndnis der »Brocken« bedeutungsvoll wåre. Auch ist von den Ge­
danken iiber das Paradox ganz abgesehen, die von den Papieren (Pap. IV A 47.
62.103. C 84) Uber »das Gedicht« der »Brocken« (G. W. VI 21 fig. - S. V. I.
Udgave IV 192 fig.) zur »Einubung im Christentum« fiihrt.
In den Papieren S. K.s aus der Zeit vor und gleichzeitig mit dem ersten
Teil der Verfasserschaft trefifen wir eine Reihe von Reflexionen Uber das Ver­
håltnis zwischen Christentum und Philosophie. Von Ham ann und von der
Lehre Augustins von der Slinde (Pap. I A 101) beeinflusst, wird S. K. - natUrlich in Zusammenhang mit seinem subjektiven Interesse fUr das Christentum als
eine personliche Frage fUr den einzelnen - allmåhlich darliber klar, dass es nur
Zur Frage des Paradoxbegriffes
eine Subreption ist, wenn das spekulative System sich die christlichen Begriffe
aneignet (Pap. I A 273, 328 Seite 142. II A 31); das, was die spekulative Philo­
sophie geschildert hat, ist nur der Inhalt des allgemeinen, unmittelbaren Bewusstseins gewesen; dariiber hinaus ist sie bisher nicht gekommen, und wird
spekulativ schwerlich jem and kommen konnen; der christliche Standpunkt involviert aber ein ganz neues Bewusstsein, das ganz wie das allgemeine, menschliche, unm ittelbare Bewusstsein durch einen Schopfungsakt gesetzt wird (Vgl.
Pap. I A 101). Das christliche Denken bekommt erst bei einem inneren Erlebnis
des Christlichen sein Objekt (Pap. II A 194); und auf dem Wege der Intellektualitåt kommt man schwerlich weiter als zu der Grenze des Reiches der Intellektualitåt selbst.
Gleichzeitig damit, dass S. K. iiber die Kluft zwischen der Spekulation und
dem Christentum im klaren ist, scheint er sich also, die Moglichkeit einer Spe­
kulation nach dem Christentum, nach der neuen Schopfung denken zu konnen.
In der wichtigen Aufzeichnung Pap. III A 211 (vgl. 216) schreibt er, dass sein
»Standpunkt fiir eine spekulative christliche Erkenntnislehre sein muss«, dass
in Christo alles neu ist, nicht nur in der Bedeutung, dass es etwas anderes ist,
sondern als ein Verjiingungsgetrånk. Er fasst diesen Standpunkt als Gegensatz
zu dem kom parativen - dass nichts unter der Sonne neu ist - von dem aus man
bisher das Christentum betrachtet hat. Die Idee der M ediation selber ist der
Gegensatz zu dem Christlichen; die vorausgehende Existenz låsst sich nåmlich
nicht so leicht verdauen, wie es die Philosophie gemeint hat: fiir die Philosophie
ist sie die Unmittelbarkeit, fiir das Christentum ist sie das Siindenbewusstsein,
das die Existenz des Menschen vor dem Glauben ist. Und daraus folgt dann
die Notwendigkeit der neuen Schopfung: das alte muss erneuert werden. Dass
ich da bin, war das ewige Bewusstsein der antiken Welt; dass ich Siinder bin, ist
die neue Unm ittelbarkeit des christlichen Bewusstseins (Pap. V A 6, vgl. 8).
Das Siindenbewusstsein ist conditio sine qua non fiir alles Christentum (Pap.
V. A 10). Die Reue ist an sich kein Paradox, indem sie aber aufgibt, fångt das
Paradox an (Pap. IV A 112, vgl. 104). Die Siindenvergebung ist ein Wunder,
das sich aus dem menschlichen Bewusstsein nicht herleiten låsst, sie setzt im
Gegenteil ein neues Bewusstsein, das Siindenbewusstsein voraus (Pap. IV
A 39).
Es sind ofifenbar diese Uberlegungen - nur die deutlichsten Stellen der Aufzeichnungen sind hier angefUhrt - die den Hintergrund der Problemstellung in
den »Brocken« bilden. Das Problem der »Brocken« ist ja das Verhåltnis
zwischen der Philosophie - der absoluten Philosophie - und dem Christentum
als Olfenbarung (vgl. Pap. V B 1,2.7.G.W.VI 100. S.V.IV272; G.W .VII 54 flg.
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S.V.VII 312). Und auch hier wird das Siindenbewusstsein und die neue Schop­
fung als die Bedingung fiir die Erkenntnis des Christlichen gesetzt. Und endlich
låsst sich auch hier der Glaube als eine neue, wiedergeborene Erkenntnis auffassen, aus der gliicklichen Begegnung mit dem Paradox hervorgegangen. Die
gewohnliche Auffassung sowohl von den Papieren als den »Brocken« ist denn
auch diese, dass S. K. das Verhåltnis zwischen Philosophie und Christentum als
ein Verhåltnis zwischen zwei Arten von Philosophie aufgefasst hat, einer bloss
menschlichen und einer glåubigen, wiedergeborenen, durch das Sundenbewusstsein und die neue Schopfung von einander getrennt. Aber obgleich die
W orte: Siindenbewusstsein, die neue Schopfung und das neue christliche Be­
wusstsein einen klaren Ausdruck fiir S. K.s Christentumsverståndnis geben,
wird doch die entscheidende Frage die sein, ob diese Begriffe von ihm spekula­
tiv oder existentiell aufgefasst worden sind.
Bevor wir dazu Stellung nehmen, wird ein kurzes Referat iiber die Frage
notwendig sein, wie das Problem der »Brocken« gestellt und gelost wird. In
Wirklichkeit bekommen wir in den »Brocken« eine doppelte Darstellung des
Problems: zuerst wird die spekulative Philosophie - mit dem Ausgangspunkt
bei den Griechen - dem Paradox, dem Christentum als einer historischen Of­
fenbarung gegeniiber gestellt - und danach - oder gleichzeitig - wird der Ver­
stand in seiner paradoxen Leidenschaft dem christlichen Paradox gegeniiber ge­
stellt :
1.
Erstens handelt es sich in den »Brocken« um den Versuch der spekulativen
Philosophie, das Christentum zu verstehen, und es wird gezeigt, was bei einem
solchen Versuch herauskommt, dass nåmlich nichts dabei herauskommt, natiirlich vorausgesetzt, dass das Christentum etwas anderes ist als das Heiden­
tum. Das Problem wird so formuliert: Kann es einen historischen Ausgangs­
punkt fiir ein ewiges Bewusstsein geben ? wie kann ein solcher mehr als historisch interessieren ? kann man eine ewige Seligkeit auf ein historisches Wissen
bauen ? Das Problem ist hier, im Gegensatz zu einem Entwurf (Pap.VB 39), objek­
tiv und unpersonlich gestellt, und wenn der Ausgangspunkt bei den Griechen ge­
nommen ist, hångt es ohne Zweifel damit zusammen, dass S. K. einen Verdacht
gegen die Voraussetzungslosigkeit der Hegelschen Philosophie hegte (Pap. III
A 3.5).
Im Griechischen und damit im humanen Sinne bedeutet Wahrheitserkenntnis Erinnerung oder Sich-Besinnen auf die W ahrheit, deren Vorbesitz im Be­
wusstsein des Individuums vorausgesetzt werden muss, weshalb der Augen­
blick der Erkenntnis fast gleichgiiltig wird, und der Lehrer nur als Veranlassung
der Selbstbesinnung des Schiilers Bedeutung haben kann (G. W. VI 9. S. V. IV
Zur Frage des Paradoxbegriffes
181). Johs. Climacus fragt nun von der Philosophie aus, ob sich etwas denken
låsst, was iiber das Sokratische hinaus geht, so dass der Augenblick eine entscheidende Bedeutung bekommt, weil das Ewige, das zuvor nicht war, in
diesem Augenblick wurde (G. W. VI 11. S. V. IV 183). Und er antwortet, es
låsst sich unter Beriicksichtigung einer Reihe von Bedingungen, die logisch
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daraus folgen, dass der Augenblick eine entscheidende Bedeutung bekommt,
sehr wohl denken; allein: wie es der Geborene sein muss, der den Ubergang
von dem Nicht-Sein zum Sein denkt, muss es auch der Wiedergeborene sein, der
hier den Ubergang denkt (G. W. VI 18. S. V. IV 189).
Der Gedankengang ist hier offenbar derselbe wie der, den wir in den Papieren kennengelernt haben: Das Christliche setzt ein ganz neues Bewusstsein
voraus, das von dem alten qualitativ verschieden ist, und hieraus folgt, dass es
sich nur von demjenigen denken låsst, der dieses Bewusstsein hat. Das Christ­
liche ist also als ein neuer weltgeschichtlicher und individueller Standpunkt gedacht, zu dem man nur durch eine neue Schopfung kommen kann, die dem
Individuum ein neues Bewusstsein mitteilt: das Siindenbewusstsein, und das
Bewusstsein des Glaubens von der Versohnung. U nd das låsst sich sehr wohl
denken - eine neue Schopfung vorausgesetzt! M it anderen W orten: Als M og­
lichkeit, als Projekt kann es die Spekulation denken, als Wirklichkeit aber nicht;
dazu fehlt ihr die Vorbedingung: das neue Bewusstsein, das zu der christlichen
Erkenntnis Z utritt gibt. Hiermit ist der Versuch der Spekulation, das Christen­
tum zu verstehen, ad absurdum gefiihrt. Mehr ist aber auch nicht gesagt - namentlich darf man nicht ohne weiteres das Christentum von daraus konstruieren,
wie der deutsche Referent es tat (G. W. VI 346 ff. S. V. VII 233 fif.) - und wie
man es oft spåter getan hat - statt zu untersuchen, wie S. K. das christliche
Bewusstsein bestimmt - nåmlich als den Glauben - und wie die christliche Er­
kenntnis - nåmlich als die Autopsie des Glaubens.
2.
Wir sind mit den Griechen davon ausgegangen, dass wir wissen was
W ahrheit ist, weil wir wissen, wer der Mensch ist, oder mit anderen W orten:
dass Selbsterkenntnis auch Gotteserkenntnis ist. Nun erwacht aber die paradoxe Leidenschaft des Verstandes, die den Anstoss will, und die ohne sich
selbst recht zu verstehen auf ihren eigenen Untergang hinzielt (G. W. VI 35.
S. V. IV 206), so dass selbst der Menschenkenner Sokrates dam it nicht ganz im
Reinen ist, ob er ein absonderlicheres Ungeheuer sei als selbst Typhon oder
ein freundlicheres, einfacheres Wesen, das von N atur an etwas Gottlichem An­
teil habe (G. W. VI 34. S. V. IV 204). Die Gotteserkenntnis, die mit der Selbster­
kenntnis des Menschen gegeben ist, macht die Selbsterkenntnis zweifelhaft. In
seiner paradoxen Leidenschaft stosst der Verstand beståndig gegen das Un-
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bekannte an, das wohl da ist, aber eben unbekannt ist, und insofern nicht da
ist (G. W. VI 40 S. V. IV 211). Das Unbekannte ist die Grenze, zu der man
bestandig kommt, und diese Grenze ist es, die auf die Selbsterkenntnis zuruck
wirkt und dieselbe zweifelhaft macht. Wenn aber nicht das Unbekannte (das
G ott genannt werden mag) als Grenze aufgefasst wird, wird der eine Gedanke
iiber das Verschiedene durch die mancherlei Gedanken iiber das Verschiedene
verwirrt (G. V. VI 41. S. V. IV 212 If.), und der Verstand kann dann nur willkiirlich irgendetwas als das Verschiedene, als den G ott, erwåhlen.
Wir haben hier - sagt Johs. Climacus - wieder dasselbe wie oben: Sokrates
stosst gegen das Verschiedene a n ; was ihm fehlte, war die Sundenerkenntnis,
die ihn nur der G ott lehren konnte (G. W. VI 43. S.V. IV 214). Der Verstand
kann in seiner paradoxen Leidenschaft nicht weiter gelangen als an das Paradox
als Grenze; an die Offenbarung kann er nur durch die Offenbarung gelangen.
Es gilt aber eigentlich auch hier, dass wir keine nåhere Auskunft bekommen, wie
dieses aufzufassen ist. Daher ist es verståndlich, dass man die paradoxe Leiden­
schaft des Sokrates als eine natiirliche Gotteserkenntnis aufgefasst hat, die auf
die Offenbarung vorbereite.
Um iiber das Verhåltnis zwischen diesen beiden Darsteltungen klar zu wer­
den, mussen wir zu der »Nachschrift« greifen. Hier hat Johs. Climacus in einer
Anmerkung (G. W. VI 280. ff. S. V. VII 172 flg.) auf eine »Misslichkeit« in der
Anlage der »Brocken« selbst aufmerksam gemacht, die ihren Grund darin hatte,
dass er die Sache nicht sogleich dialektisch so schwierig machen wollte, wie sie
war. Die Misslichkeit nåmlich, dass er nicht zwischen Sokrates und Platon unterschieden hat, so dass Sokrates ein Vertreter der Spekulation wird - eine Beståtigung davon, dass das Problem der »Brocken« prim år das systematisch
- abstrakte von dem Verhåltnis zwischen der absoluten Philosophie und dem
Christentum ist, Christentum aber von der Philosophie aus als auch eine Art
Philosophie verstanden.
So weit ist alles klar: die Idee der Philosophie ist die M ediation, das Chri­
stentum ist das Paradox, weshalb die Philosophie, indem sie sich das Christen­
tum aneignet, nirgends hinkommen kann. Wie kann denn aber Johs. Climacus,
wie oben erwåhnt, in den »Brocken« von dem Paradox als der hochsten Leiden­
schaft des Gedankens reden, und davon, den Anstoss als die hochste Leiden­
schaft des Verstandes zu wollen, trotzdem der Anstoss irgendwie der Untergang
des Verstandes werden muss?
Wir stehen hier einer anderen Misslichkeit in der Anlage der »Brocken«
gegeniiber, die wir so ausdriicken konnen: genau wie zwischen Sokrates und
Platon nicht unterschieden worden ist, so dass Sokrates Vertreter der platoni-
Zur Frage des Patadoxbegriffes
schen Spekulation wird, ebenso ist auch nicht zwischen Platon und Sokrates
unterschieden worden, so dass der platonischen Spekulation eine Leidenschaft
verliehen wird, die sie in Wirklichkeit nicht besitzen kann. Dass wir zu dieser
Annahme berechtigt sind, wird uns von Johs. Climacus selbst beståtigt, welcher
nåmlich in der Nachschrift sagt, dass das Letzte, was das menschliche Denken
wollen kann, dies ist, iiber sich selbst hinaus in das Paradoxe zu kommen; und
in einer Anmerkung fiigt er erklårend hinzu, dass er natiirlich bloss von dem
Denken des subjektiven existierenden Denkers spricht (G. W. VI 189 fig. S. V.
VII 84).
Wenn nicht zwischen Sokrates und Platon, und auch nicht zwischen Platon
und Sokrates unterschieden worden ist, dann wird wohl doch die Folge sein,
dass auch nicht unterschieden worden ist zwischen den Gegensåtzen: dem
Christentum der als Spekulation verstandenen Philosophie gegeniiber; und
dem Christentum gegeniiber dem Sokratischen, verstanden als existierendes
subjektives Denken. M it anderen W orten: in den »Brocken« wird das Christen­
tum erstens als ein Gegensatz zu der Philosophie bestimmt, aber wesentlich
innerhalb derselben, der philosophisch-spekulativen Sphåre, also als auch eine
Philosophie, und die Grenze zwischen den beiden wird durch das Sundenbewusstsein und die neue Schopfung gesetzt, weshalb die Philosophie mit dem
Christentum nichts anfangen kann; es ist und bleibt dem Verstande eine Torheit, das Absurde. Zweitens wird das Christentum aber auch als der Gegensatz
zu der paradoxen Leidenschaft des Verstandes, dem sokratischen Verhåltnis zu
der W ahrheit, bestimmt - also das Christentum als das existentielle Verhåltnis
zu der christlichen Wahrheit, dem Paradox sensu strictissimo, als Gegensatz
zu dem existentiellen Verhåltnis des Sokrates zu der W ahrheit, dem Paradox in
nur hum aner Bedeutung. Die Grenze ist selbstverståndlich auch hier das Siin­
denbewusstsein und die neue Schopfung, jetzt aber als existentielle Begrilfe aufgefasst. Wie Sokrates sowohl die Spekulation als den subjektiven Denker vertritt, vertritt das Christentum sowohl eine neue Philosophie in Verhåltnis zu
der bloss humanen als zugleich das existentielle Verhåltnis zu dem Paradox,
indem das neue christliche Bewusstsein als der Glaube - als ein existentieller
Begriff verstanden - oder wie es in der »Nachschrift« heisst: als eine Sphåre fiir
sich, bestimmt wird (G. W. VII 25. S. V. VII 281). Eben weil die beiden Problemstellungen nicht voneinander deutlich unterschieden sind, kann man den
Eindruck bekommen, dass das Christentum eine iibernatiirliche Lehre sei im
Gegensatz zu einer bloss humanen, und dass der Ubergang durch eine magische
Neuschopfung des Individuums geschieht, wåhrend doch die Darstellung so­
wohl der paradoxen Leidenschaft des Verstandes als des Glaubens als existen-
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tielles Begriffes zu einer ganz anderen Bestimmung des Verhåltnisses zwischen
Christentum und Philosophie fiihren muss, das allerdings in den »Brocken«
nicht deutlich pråzisiert wird. Es ist richtig, dass S. K. in den »Brocken« die
Auffassung der Papiere vom Christentum als auch einer Philosophie durchgeftthrt hat, aber gleichzeitig hat er in der Wirklichkeit dem Problem eine ganz
neue Formulierung gegeben. Er hat die paradoxe Leidenschaft des Verstandes
an Stelle der Spekulation gesetzt, und eine Bestimmung des Glaubens gegeben,
die nichts mit derjenigen zu tun hat, die man von dem spekulativen Gesichtspunkt aus erwarten mQsste. Der Spekulation wiirde eine neue christliche iibernatiirliche Lehre entsprechen; der paradoxen Leidenschaft des Verstandes ent­
spricht das christliche Paradox, der G ott in der Zeit, als Gegenstand des G lau­
bens. Nicht allein bilden die »Brocken« den Schluss der Reflexionen der Papiere
und reduzieren den Versuch der Spekulation - und der spekulativen Theologie
das Christentum zu verstehen, in absurdum, sondern sie enthalten auch
Ansåtze zu der Entdeckung der »Nachschrift« von der Existenz als Kategorie
und von dem Glauben als einem existentiellen Begriff; - in Wirklichkeit zielt S. K.s
Denken in dieser Richtung, so wie wir es sowohl aus den Papieren als aus den
Schriften »Die Wiederholung« und »Furcht und Zittern« kennen - und infolgedessen wird die philosophische Auseinandersetzung mit der Spekulation
eine Auseinandersetzung des subjektiven existierenden Denkers mit dem Sy­
stem.
Wie oben erwåhnt gibt Johs. Climacus erst in der »Nachschrift« eine Darstellung des Sokratischen im Gegensatz zum Platonischen, wodurch das Sokratische eine Analogie zu dem Christlichen in seinem Gegensatz zu der Spekula­
tion wird. In den »Brocken« wird nur von dem Verstande in seiner paradoxen
Leidenschaft dem christlichen Paradox, dem G ott in der Zeit, der Offenbarung
gegeniiber gesprochen. Wie aber das Sokratische iiberall eine Analogie zum
Christlichen bildet, so gilt in einem gewissen Sinne alles, was in den »Brocken«
von dem Christlichen gesagt wird, auch dem Sokratischen - das christliche ersetzt ja das Sokratische. Und es ist wohl das Wahrscheinlichste, dass es die
Entdeckung des Glaubens als existentielles Begriifes ist, die S. K. geholfen hat,
die Existenz als Kategorie zu erblicken; - obwohl er uns erst in der »Nach­
schrift« den Begriff Existenz klarmacht, handelt es sich in Wirklichkeit nur
darum, Ausdriicke fiir Gedanken zu finden, die lange darauf gewartet hatten,
zu W orte zu kommen, und die wir in den Papieren und der friiheren Verfasser­
schaft nachspiiren konnen.
Da in den »Brocken« infolge der Vereinfachung der Problemstellung (der
doppelten Misslichkeit) nicht zwischen dem Verhåltnis des Sokrates zu der
Zur Frage des Paradoxbegriffes
W ahrheit im sokratischen Sinne, dem sokratischen Paradox, und seinem Ver­
håltnis zu dem christlichen Paradox, »dem G ott in der Zeit«, unterschieden
worden ist (Vgl. G. W. VI 42 fig. S. V. IV 214 fig.), ist es nicht moglich, aus
dieser Schrift allein eine nåhere Explizierung von dem Verhåltnis des Sokrates
zu der subjektiven W ahrheit im Gegensatz zu dem objektiven Verhåltnis der
Spekulation zu der objektiven W ahrheit zu geben. Dies wird aber moglich,
wenn man die »Brocken« mit der »Nachschrift« zusammenhålt.
Das griechische Denken ruht auf der Voraussetzung, dass wir wissen, wer
der Mensch ist (G. W. VI 34 fig. S. V. IV 204 fig.), oder wie es in der »Nach­
schrift« heisst: dass das Denken Realitåt hat (G. W. VII 26. S. V. VII 283).
W åhrend Platon aber dies spekulativ dazu benutzt, zwischen Ewigkeit und
Zeitlichkeit zu mediieren, und so die Existenz zu uberspringen, um sich durch
die Hintertiir der Erinnerung in die Ewigkeit zuriickzuziehen, nimmt Sokrates
beståndig Abschied von dem Satz der Erinnerung, um die Existenz festzuhalten
(G. W. VI 280 fig. Anm. S. V. VII 172 fig. Anm.). Die Leidenschaft des Sokra­
tes ist Existenzleidenschaft, und der Verstand ist das Denken des subjektiven
existierenden Denkers. Er bleibt im Wiederspruch der Existenz zwischen Ewig­
keit und Zeitlichkeit stehen, zwischen unmittelbarer faktischer Wirklichkeit und
der Forderung seiner »ewigen Giiltigkeit«, (um einen Ausdruck aus »EntwederOder« zu benutzen), einer Wirklichkeit, die nicht nur faktisch, sondern auch
giiltig ist. Er will sein konkretes Dasein als einzelnes existierendes Individuum
nicht aufgeben, aber auch nicht sein »ewiges Bewusstsein«, sein Gottesbewusstsein, sein Gottesverhåltnis (vgl. G. W. VI 228. S. V. VII 122). Deshalb wird
ihm die ewige Wahrheit objektiv bestimmt ein Paradox (G. W. VI 279. S. V.
VII 171 fig.). Sein Dasein als Mensch fordert ewige Giiltigkeit, der Mensch hat
ein »ewiges Bewusstsein«, aber in der Zeitlichkeit ist dieses ewige Bewusstsein
eine Forderung, die sich selbst von dem Menschen in seiner Existenz fordert;
in Wirklichkeit ist das ewige Bewusstsein nur ein anderer Ausdruck fiir das, was
in der »Nachschrift« die unendliche Forderung genannt wird, welcher entspricht, dass S. K. zum Beispiel in »der Krankheit zum Tode« darunter, sich
als Geist bewusst zu sein, das Bewusstsein vom Sollen versteht - fUr den M en­
schen als »derivierten« Geist entsprechen das Sollen und das Wollen einander
gegenseitig. N ur durch das »Vor-Gott-Sein« kann der Mensch in seiner ewigen
Giiltigkeit existieren.
FUr den Existierenden wird die W ahrheit ein Paradox: die ewige W ahrheit
an sich låsst sich nicht leugnen; sie ist das einzige Gewisse; »zweifelhaft« kann
sie deshalb nur werden, wenn nach ihrer Wirklichkeit in der Zeitlichkeit, also
ihrem Werden, gefragt wird. Die Zeitlichkeit in ihrer Faktizitåt lasst sich auch
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nicht leugnen: die sinnliche W ahrnehmung kann nicht betriigen; »zweifelhaft«
kann sie nur werden, indem sie in Verhåltnis zu der Ewigkeit gebracht wird, in­
dem nach ihrer Giiltigkeit gefragt wird.
Das Paradox entsteht, wenn die ewige W ahrheit fiir den in der Zeitlichkeit
Existierenden da sein soli. Existenz bedeutet W iderspruch: als ewig zeitlich und
als zeitlich ewig sein. Der Mensch ist ja eine Synthesevon Ewigkeit und Zeit­
lichkeit; die Aufgabe der Existenz ist, die Synthese zu setzen. In seiner para­
doxen Leidenschaft, seiner Leidenschaft fiir die Existenz, muss Sokrates immer
an das Unbekannte als Grenze anstossen; er will das Paradox, will die Gotteserkenntnis, denn er will die Existenz in ihrer ewigen Giiltigkeit, in ihrem VonGott-bestimmt-Sein, will »vor Gott« sein; diese Forderung nach ewiger Giil­
tigkeit wirkt auf seine Selbsterkenntnis zuriick und macht diese zweifelhaft:
das Leben in seiner Faktizitåt wird zweifelhaft. Das Paradox als die Grenze des
Menschen wirkt auf das zuriick, was innerhalb dieser Grenze ist, und macht es
zweifelhaft; das Paradox ist auf der anderen Seite aber auch dasjenige, was den
Zweifel dadurch zu losen vermag, dass es das Dasein des Menschen begrundet
oder »bestimmt«, um ihm so eine ewige Giiltigkeit zu geben. Als Existierender
muss Sokrates iiber sich selbst hinaus in das Paradoxe wollen, allein das Para­
dox wirft ihn auf seine eigene Existenz zuriick. Es ist Johs. Climacus selber, der
uns das Recht gegeben hat, anstatt der paradoxen Leidenschaft des Verstandes
den Menschen in seiner Leidenschaft fiir das Existieren zu setzen (vgl. G. W. VI
43. S. V. IV 214).
Um zu existieren braucht Sokrates die Wahrheit, allein »in die W ahrheit
kommen« kann er nur, wenn er von seiner Existenz abstrahiert. Also gibt es
flir die Spekulation keinen Weg; der Verstand muss sich entweder dem Paradox
gegeniiber behaupten, d. h. sich årgern, oder sich selbst beiseite schaffen. Er
kann zu G ott nicht gelangen - dann miisste G ott irgendwas in der Sphåre des
Verstandes sein, und wir wurden in dem Aberglauben enden. G ott ist kein Gegenstand, sondern wenn er da ist, ist er immer als G ott da - so ist die Meinung
zu verstehen, dass G ott immer Subjekt ist (G. W. VI 275. S. V. VII 167). G ott
ist derjenige, der das Leben in seiner faktischen Wirklichkeit »bestimmt«, ihm
Giiltigkeit verleiht, deshalb kann G ott kein Etwas innerhalb dieser Wirklichkeit
sein; ein direktes oder unmittelbares Verhåltnis zu G ott ist Gotzendienst.
Was soli das aber heissen, dass der Verstand sich selber beiseite schaffen
muss, um dem Verhåltnis des Glaubens zu der W ahrheit als Paradox Platz zu
m achen? Das heisst, dass das Problem kein intellektuelles ist, das von dem
Verstande gelost, sondern ein existentielles, das nur existentiell gelost werden
kann. Wenn Sokrates sich selber zweifelhaft wurde, ist dieser Zweifel auch von
Zur Frage des Paradoxbegriffes
existentieller A rt; seine unmittelbare, gegebene Wirklichkeit ist ihm zweifelhaft
geworden, weil er eine absolute Giiltigkeit fordert.
Wenn der Verstand sich selbst beiseite geschafift hat, weil es fiir einen Exi­
stierenden keine objektive W ahrheit gibt und infolgedessen auch keinen objek­
tiven Weg zu der W ahrheit; wenn der Verstand zu keiner Gewissheit iiber G ott
und iiber die W ahrheit gelangen kann, aber der Mensch, um zu existieren,
»G ott haben« muss, wird die Entscheidung eine subjektive Entscheidung, nicht
die einer objektiven Frage - das wiirde Willkiir sein - sondern die des M en­
schen iiber sich selbst; der Mensch entscheidet sich fiir Gott, wenn er sich fiir
sein Leben in dessen »Von-Gott-bestimmt-Sein« entscheidet. So behauptet ja
auch Johs. Climacus, dass Sokrates die Frage nach Unsterblichkeit dadurch
entscheidet, dass er mit seinem Leben dafiir eintritt (G. W. VI 253. S. V. VII
146). Die Entscheidung ist also eine subjektive in Leidenschaft fiir das Existie­
ren, die Entscheidung des Menschen der Forderung der Existenz gegeniiber und man muss hinzufugen: die Forderung der Existenz ist natiirlich nicht ob­
jektiv gegeben, sondern ist erst dadurch gegeben, dass der Mensch sich fiir sie
entscheidet. Die W ahrheit, die ewige Giiltigkeit ist - wie es schon in »Entweder-Oder« II behauptet wurde - nur in der Wahl da. Wenn der Mensch in der
Wahl der W ahrheit die W ahrheit setzt, setzt er sie auch voraus, also bedeutet
die Wahl in Wirklichkeit Anerkennung. Obwohl die Entscheidung nicht eine
Entscheidung der Frage nach der Existenz der W ahrheit oder nach der Existenz
Gottes an sich ist, ist sie doch nicht willkiirlich; denn sie ist die Entscheidung
des Menschen dariiber, »unter welcher Bestimmung er sein Leben leben will und
infolgedessen das Wie-zu-Leben sehen will«, wie der Etiker in »EntwederOder« II sagt. Die objektive Frage nach Gottes Existenz ist sinnlos; die sub­
jektive Frage ist, ob der Mensch als von G ott bestimmt leben will, also eine
Frage nach dem Wie des Lebens, danach, wie er sein Leben »horen« will, ob er
es als eine unbedingte Forderung horen, es als verantwortlich leben will; ob er
also die Forderung der Existenz als eine Gottesforderung horen will; ob er in
der Forderung der Existenz G ott horen will. - M an entdeckt hier wie auch oft
anderswo, dass die Terminologie und Form ulierung S. K.s meistens von der
Philosophie seiner Gegenwart iibernommen worden ist; der Gebrauch, den S.
K. davon macht, erinnert aber in Wirklichkeit mehr an die jiidisch-christliche
Auffassung von G ott und Mensch.
Aus diesen Verståndnis von der Existenz heraus wird es auch deutlich, wie
Johs. Climacus behaupten kann, dass G ott fiir den Existierenden immer da ist:
nåmlich dadurch, dass er sein Leben in dessen Von-Gott-bestimmt-Sein wåhlt.
Wenn der Mensch »vor Gott« ist, ist G ott fiir den Menschen da, aber auch nur
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in dem Fall. Das Verhåltnis zu G ott ist wie erwåhnt nie ein unm ittelbares; nur
wenn der Mensch als von G ott bestimmt existiert, ist G ott fiir ihn derjenige,
kraft dessen er existiert, und nur wenn er kraft Gottes existiert, hat sein Leben
Giiltigkeit. In der Wahl wird das Leben giiltig, und: in der Wahl wird das Leben
in seiner ewigen Giiltigkeit erwåhlt. Der Glaube ist: in der objektiven Ungewissheit die Existenz in ihrer ewigen Giiltigkeit zu wåhlen. Jedoch wie der
Glaube keine Erkenntnis ist, weil die Erkenntnis innerhalb ihrer Grenze bleiben
muss, ist er auch kein Willensakt, denn auch der Wille muss sich innerhalb
seines Vermogens halten. Johs. Climacus sagt in der »Nachschrift« (G. W. VI
276. Anm. S. V. VII 167 Anm.), dass G ott ein Postulat ist, und zwar nicht in der
iiblichen miissigen Bedeutung, sondern als Notwehr: G ott muss fiir den Existierenden da sein, denn er braucht G ott um zu existieren - und er muss existieren,
denn er kann als blosse N atur nicht leben: sein ewiges Bewusstsein fordert eine
ewige Giiltigkeit. Deshalb kann Johs. Climacus den Glauben die Kategorie der
Verzweiflung nennen (G. W. VI 275. S. V. VII 167).
In den »Brocken«, wo in Wirklichkeit nur von dem christlichen Paradox die
Rede ist, miissten wir, entsprechend der Problemstellung (bloss humane Philo­
sophie einerseits, das Christentum als auch eine Art Philosophie andererseits)
erwarten, dass der Verstand nach einer magischen Neuschopfung zu neuem
Leben jenseits des Sprunges erwachte. Aber so nicht: das Paradox wird als ein
Grenzbegriff bestimmt, die Spekulation kann mit der Offenbarung gar nicht ins
Gespråch kommen, und der Verstand in seiner paradoxen Leidenschaft stosst an
das Paradox und muss sich entweder årgern oder sich beiseite schaffen und
dem Glauben Platz machen. Das Paradox im christlichen Sinne, »der G ott in
der Zeit«, bedeutet selbstverståndlich nicht irgendein G ott in der Zeit, sondern
- wie es auch in einem Entwurf heisst (Pap. V B 3,8) G ott in der Zeit d. h. G ott
als derjenige, der sich in der Zeit offenbart, in etwas Historischem, einer histo­
rischen Begebenheit, in einem Menschen und in einer Menschensprache. Das
Christentum statuiert ein Verhåltnis zu Gott, das nicht mit dem Dasein des
Menschen als Mensch gegeben ist, sondern dem Menschen erst in der Offen­
barung gegeben wird - im Gegensatz zu dem Griechischen, wo Selbsterkenntnis
Gotteserkenntnis ist. Deshalb ist auch das Sokratische, wie es in der »Nach­
schrift« geschildert wird, vom Christentum aus gesehen eine Illusion: freilich
ist die Subjektivitåt die W ahrheit, allein eben die wahre menschliche Existenz
ist christlich gesehen Siinde; deshalb wird der Satz: die Subjektivitåt ist die
W ahrheit, erst wirklich giiltig, wenn das Christliche: die Subjektivitåt ist die
Unwahrheit, hinzugefiigt wird (G. W. VI 281. S. V. VII 174).
Zur Frage des Paradoxbegriffes
Der Offenbarungsbegriff muss bei S. K. in exelusivem Sinne verstanden
werden; es geht kein natiirlicher Weg zum Christentum. Der isolierte Verstand
entdeckt in seiner paradoxen Leidenschaft weder das Paradox noch dasÅrgernis
(G. W. VI 46 Anm. S. V. IV 217 Anm.). Das Siindenbewusstsein ist zwar
conditio sine qua non fiir das Verståndnis der Offenbarung, es ist aber wohlgemerkt ein Siindenbewusstsein, das erst in der Begegnung mit der Offenbarung
moglich ist: die Offenbarung gibt sowohl die W ahrheit als die Bedingung da­
fur, sie zu verstehen. Die Offenbarung setzt voraus, und d. h. fordert, die paradoxe Leidenschaft des Verstandes, die das Paradox will, den Anstoss will, obwohl dies sein Untergang sein wird (G. W. VI 351. S. V. VII 238). Der Offen­
barung gegeniiber gibt es nur zwei M oglichkeiten: dass sich der Verstand be­
hauptet und sich årgert, oder dass er sich beiseite schafft und dem Glauben
Platz macht. Dass der Verstand sich beiseite schaffen muss, bedeutet auch hier,
dass es sich um kein objektives Problem handelt, zu dem man intellektuell
Stellung nehmen kann - soli der Verstand die Frage entscheiden, wird seine
Entscheidung willkiirlich: er erfindet selber die Inkarnation (G. W. VI 41. S. V.
IV 212 vgl. Pap. V B 5,8). Was entschieden werden muss, ist nicht die objektive
Frage von der W ahrheit des Christentums, sondern die subjektive Frage nach
der W ahrheit des Menschen, d. h. von seiner wahren Existenz im Lichte des
Christentums. Die Entscheidung ist eine existentielle Entscheidung, die Selbst
-E ntscheidung des Menschen dem W ort der Offenbarung gegeniiber. Auch im
Verhåltnis zum Christentum gilt es, dass der Mensch, der in seiner paradoxen
Leidenschaft fiir die Existenz an das Paradox stosst, auf die Existenz zuriickgeworfen wird, um da mit sich selbst die Frage der Offenbarung zu beantworten.
Entweder muss der Mensch die Offenbarung von sich selbst aus verstehen und
sich årgern, oder sich selbst von der Offenbarung aus verstehen und glauben; es handelt sich also nicht darum, das Paradox zu verstehen, sondern darum,
sich selbst in dem Paradox und also das Paradox als Paradox zu verstehen: dass
es ein Paradox sein muss, wie Johs. Climacus in der »Nachschrift« von dem
Paradox der Sundenvergebung sagt (G. W. VI 297 fig. S. V. VII 188 fig.). Ein
direktes Verhåltnis zu der Offenbarung gibt es nicht; das Individuum nimmt zur
Offenbarung Stellung, indem es im Lichte der Offenbarung zu sich selbst Stel­
lung nimmt, sich fiir das Von-Gott-bestimmt-Sein der Existenz durch die Of­
fenbarung entscheidet. In dem Glauben an die Sundenvergebung versteht sich
das Individuum als Siinder, und im Siindenbewusstsein versteht es die Siindenvergebung als seine einzige Moglichkeit: dass G ott in der Vergebung dem
Menschen Moglichkeit gibt. Wie der Glaube an das Absurde nicht ein Glaube
an irgendetwas Absurdes, sondern der Glaube kraft des Absurden ist, so ist der
K. Olesen Larsen
142
Glaube an die Siindenvergebung nicht Glaube an eine Theorie der Siindenvergebung, sondern kraft der Siindenvergebung zu existieren. Der Zweifel des So­
krates wird von der Offenbarung gelost, aber zwar in der subjektiven Gewissheit
von sich selbst als Sunder und von dem paradoxen W under der Siindenvergebung: dass das »Vor-Gott-Sein« dem Menschen durch eine historische Begebenheit gegeben wird. Das Christentum ist nach S. K. Existenzmitteilung und nur
Existenzmitteilung (G. W. VII 74 fig. 77 fig. S. V. VII 328 fig. 331 fig.). Das
Paradox ist in seiner ganz abbrevierten Form nichts als der Augenblick (G. W.
VI 47. S. V. IV 218) - d. h. der Augenblick der Existenz, durch die Fulle der
Zeit dem Individuum gegeben. Und »der G ott in der Zeit« bedeutet auch nichts
anderes. Als S. K. die »Brocken« schrieb, war er seit langem dariiber klar, dass
Christus kam, nicht um den Menschen eine Lehre der Versohnung zu geben,
sondern um sie mit G ott zu versohnen. »Der G ott in der Zeit« ist nichts als die
Tat, und die Tat ist nichts als das »historische Faktum«, dass G ott fiir den
Menschen durch eine historische Begebenheit da i s t . Dann brauchen wir nichts
weiteres von »dem G ott in der Zeit« zu wissen, als dass er da gewesen ist, ein
Wissen, das natiirlich kein historisches Wissen ist, sondern ein Wissen vom
Werden des Gottes, d. h. von der Offenbarung Gottes, und das deshalb nur
fu r den Glauben da sein kann (G. W. VI 285 flg. S. V. VII 177. Pap. V B 15,13).
U nter dem christlichen Paradox, der Offenbarung, »dem G ott in der Zeit«,
versteht S. K. immer die Versohnung, und unter der Versohnung versteht er
immer die Siindenvergebung als eine historische Begebenheit - und wenn er
bisweilen von »der Dogmatik« spricht, meint er damit auch nie etwas anderes.
Das Christentum ist keine Lehre, kein neues ubernatiirliches Wissen fiir den
neugeborenen V e rstan d -d an n wiirde es nur durch einen willkiirlichen Sprung,
durch ein sacrificium intellectus erreicht werden konnen, und bei S. K. bedeutet
der Sprung immer der Sprung von den objektiven Reflexionen des Verstandes
zu der subjektiven Selbst-Entscheidung in Leidenschaft, der Sprung ins Existie­
ren, und dieser Sprung ist eben selbst das Existieren. Das Christentum ist auch
keine Lehre von dem Paradox, sondern ist das Paradox, eine historische Bege­
benheit, zu der man nur Stellung nehmen kann, indem man sie anerkennt oder
verwirft, aus ihr hinaus lebt oder sie leugnet - in Selbst-Entscheidung und
Selbst-Verstehen. Das Christentum macht nichts bei den Menschen neu, son­
dern m acht fiir den Menschen alles neu - und das ist das W under: dass alles
bleibt wie es ist, und doch neu ist. In seiner Existenz ist der Mensch von dem
bestimmt, aus dem heraus er lebt, und in dem Christentum lebt der Glaube von
der Offenbarung, dem Paradox. Wie die Offenbarung so ist auch die Neuheit nur
fiir den Glauben sichtbar. Das Paradox veråndert nichts in dem Åusserlichen,
Zur Frage des Paradoxbegriffes
auch nichts an den Konditionen der Existenz, den von den Yåtern tiberlieferten
Existenzbedingungen, sondern es ist die Erneuerung der Existenz, die Gabe der
Existenz. Und das ist das Årgernis: dass das Christentum fordert, dem M en­
schen das zu schenken, was er schon von sich aus zu besitzen meinen muss.
Indem S. K. das Christentum als ein Paradox bestimmt, hat er also klar
gemacht, dass die Frage nach der W ahrheit des Christentums als kein bloss
intellektuelles Problem aufgefasst werden kann, ganz wie er, indem er das
sokratische Paradox statuiert, klar gemacht hat, dass die Frage nach der Exi­
stenz Gottes kein intellektuelles Problem ist. Das Christentum gibt die M og­
lichkeit der Existenz und damit auch die Moglichkeit, die Existenz zu verstehen.
Ausser das Christentum vor einem spekulativen intellektualistischen Missverståndnis zu schiitzen, bedeutet der Paradoxbegriff auch, dass die Entscheidung
dem Christentum gegeniiber keine willkiirliche ist: das, wozu der Mensch Stel­
lung nehmen soli, ist die eigene Existenz im Lichte des Christentums; sich selbst
soli das Individuum dem Christentum gegeniiber entscheiden.
Es ist behauptet worden, dass das Christentum in Wirklichkeit ohne Inhalt
ist, wenn wir von »dem G ott in der Zeit« nichts zu wissen brauchen, als dass er
dagewesen ist. Derselbe Einwand konnte iibrigens auch gegen S. K.s Auffassung
des Sokratischen erhoben werden. Und es ist ja richtig, dass das Christentum
nichts Neues im Sinne der Neuheit bringt (G. W. VII 259 fig. Anm. S. V. VII
505 flg. Anm .); der Einwand beruht aber darauf, dass man das Ewige als eine
Welt fiir sich auffasst, also als einen besonderen Inhalt oder als ein neues Wissen
vom Leben. Wie aber das Ewige fiir Sokrates das war, was das Leben bestimmte,
ihm Giiltigkeit verlieh, so kann man auch von dem Christentum sagen, dass es
dem Menschen das Leben »neu-bestimmt«, das Verhåltnis des Individuums zu
sich selbst neu bestimmt, dass es dem Leben Giiltigkeit gibt; es macht das Alte
dadurch neu, dass es dem Menschen zum SUnder macht und ihm die Siindenvergebung schenkt. Es schenkt kein neues Leben, sondern es schenkt dem
Menschen das Leben; oder wie es auch ausgedriickt wird: es ist das Erbauliche,
auf dem der Mensch in seinem Existieren grundet (G. W. VII 242 Anm. S. V.
VII 488 Anm.) - es ist ja nicht das Existieren, das das Verhåltnis zu dem Ewigen
begrundet, sondern das Ewige, das das Existieren begrundet (G. W. VII 254
flg. S. V. VII 500 flg.). S. K. hat im radikalen Sinne die Offenbarung geltend
gemacht, und zugleich das Existieren des Menschen als Mensch behauptet als
das, worum sich alles handelt, als die Stelle, wo alles vor sich geht.
Das Resultat unserer Untersuchung von der Bedeutung des Paradoxbe­
griffes konnen wir folgendermassen zusammenfassen:
143
K . Olesen Larsen
In den »Brocken« fiihrt S. K. seine alten Reflexionen durch iiber das Ver­
håltnis zwischen Philosophie und Christentum als auch eine A rt Philosophie
und zeigt, dass der Versuch der spekulativen Philosophie - und Theologie -, das
Christentum zu verstehen, auf einem Missverståndnis beruht. Gleichzeitig aber
stellt er das Problem auf eine ganz andere Stufe, die der Existenz, und stellt
hier das Christentum dar nicht als eine Philosophie oder Wissensmitteilung,
sondern als ein historisches Faktum , die Begebenheit der Siindenvergebung,
und der Glaube wird keine neue Erkenntnis, sondern ein existentieller A kt;
und dadurch bekommt er die Moglichkeit, die Kategorie der Existenz zu entdecken, und von daher in der »Nachschrift« seine endliche Auseinandersetzung
m it »dem System« vorzunehmen.
Schon aber in den »Brocken« ist die Intention S. K.s ganz klar, und er
braucht sich in Wirklichkeit nur von einer iibernommenen Problemstellung
und Terminologie freizumachen, damit das Paradox scharf dastehen kann als
ein Grenzbegriff fiir den Verstand und als die W ahrheit fiir den Existierenden;
so entsteht die Existenz als eine Kategorie fiir sich - und die Offenbarung wird
infolgedessen als Existenzmitteilung verstanden.
Wenn man das Paradox nicht als die W ahrheit fiir einen Existierenden und
als Grenzbegriff festhålt, - sowohl sokratisch als christlich verstanden - entstehen folgerecht diejenigen Missverståndnisse in Bezug auf den Paradoxbegriff, die man so oft in der Kierkegaard-Forschung und der Nutzbarmachung
S. K.s fiir die Theologie antrifft. Um das oben gesagte deutlicher zu machen,
seien die drei gewohnlichsten Erklårungen und die daraus resultierenden Anwendungen S. K.s hervorgehoben: Erstens die rationalistischen - teils der nur
humane Rationalismus und teils der theologische Supranaturalismus -, und
zweitens die apologetisch-pietistische Auffassung.
In antitheologischem Interesse hat man seit A. B. Drachmann den Paradoxbegriff der »Brocken« dahin erklårt, dass von zwei verschiedenen Wissensphåren die Rede ist, einer humanen, die nur das menschliche voraussetzt, und einer
christlichen, die auf einer iibernatiirlichen Offenbarung beruht. Zwischen den
beiden ist kein Verståndnis moglich, ja, das Individuum kann im Ubergang von
der einen zu der anderen Sphåre sich selbst nicht in K ontinuitåt mit seinem
friiheren Zustand verstehen. Der Ubergang geschiehtvermittels eines Sprunges,
eines Schopfungswunders - eines sacrificium intellectus, durch Siindenerkenntnis zum Glauben, und wåhrend das Individuum fruher in Ubereinstimmung
mit seinem Verstand dachte, denkt es nun wider seinen Verstand. Der Gegenstand des Glaubens wird ein intellektueller W iderspruch; der Glåubige opfert
Zur Frage des Paradoxbegriffes
seinen Verstand und glaubt daran, dass das Ewige historisch geworden ist, in
einem bestimmten Punkt der Geschichte offenbart; diese Lehre ist der Gegen­
stand des Glaubens, und hat man erst seinen Verstand geopfert, kann man
nun mit einem sozusagen neuen Verstand weiterspekulieren. Sowohl der Glaube
als das Årgernis sind hier von intellektueller Art, weil der Gegenstand des G lau­
bens eine nur intellektuelle Theorie ist, nåmlich die, dass G ott in der Zeit da
gewesen ist; mehr brauchen wir ja dann von der Offenbarung nicht zu wissen,
als dass sie ein W under ist, durch das das Individuum glaubt und versteht, was
fiir alle anderen absurd ist!
Die theologische-supranaturalistische Auffassung ist ungefåhr dieselbe:
Auch hier handelt es sich um zwei Wissenssphåren, und der Ubergang von der
einen zu der anderen geschieht durch ein Wunder. Man wehrt sich gegen die
Beschuldigung der WillkUrlichkeit, eines sacrificium intellectus durch den Hinweis auf den heiligen Geist, der die Offenbarung zu einer selbsteinleuchtenden
W ahrheit macht. Wenn Johs. Climacus sagt, dass man nicht weiteres von »dem
G ott in der Zeit« zu wissen braucht, als dass er da gewesen ist, dann soli dies
ein sehr kurzer Ausdruck der christlichen W ahrheit sein, deren ganzes paradoxes Wissen die Dogmatik entwickelt! Negativ also die fehlende Fåhigkeit des
Nicht-Wiedergeborenen, die offenbarte W ahrheit zu verstehen. Positiv eine
Neugeburt des Verstandes durch ein Wunder, wodurch man von der W ahrheit
iiberzeugt und sie zu verstehen fåhig wird. In Wirklichkeit gibt man hier dem
Verstande die Gelegenheit, indem er sich selbst sein eigenes Unvermogen attestiert, der Moglichkeit des Årgernisses zu entgehen, und neues Leben zu beginnen, wo er wenn moglich seiner noch sicherer sein kann als friiher. Die
Offenbarung ist hier als eine Wissensmitteilung aufgefasst, eine Mitteilung von
einem ubernaturlichen Wissen, iiber dessen W ahrheit man ganz richtig nur
mit iibernatiirlicher Hilfe iiberzeugt werden kann. So verstanden wird S. K.
dazu brauchbar, der theologischen Orthodoxie eine notige Hilfe wider die Zudringlichkeit der Philosophie zu geben! M an lernt von S. K., was man sagen
soli: es fehlt dem menschlichen Verstand das Siindenbewusstsein, weshalb er
still schweigen und sich belehren lassen muss! In Wirklichkeit ist das Paradox
hier nicht als ein Grenzbegriff aufgefasst, iiber den der Verstand nicht hinauskommen kann, denn durch das Siindenbewusstsein und den Glauben ist ein
unterirdischer Weg von der humanen zu einer christlichen Philosophie oder
Dogm atik gegeben - allerdings durch einen Sprung in dem Gedankengang oder
in der Kontinuitåt des Individuums mit sich selbst!
Die apologetisch-pietistische Erklårung ist die folgende: Die Leidenschaft
des Verstandes notigt den Menschen in den Zweifel an sich selbst hinein - oder
K . Olesen Larsen
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moderner ausgedriickt: notigt ihn vom Zweifel zur Wahl zwischen Glauben und
Verzweifeln, und bereitet ihn dadurch fiir die Annahme des Paradoxes als
einer Losung seines Problems. Durch das Siindenbewusstsein, das die Offen­
barung enthiillt und schårft, wird das Individuum sich iiber seinen Mangel
ganz klar und lernt die wenn nicht logische dann jedenfalls psychologische
Notwendigkeit des Paradoxes, um diesen Mangel beheben zu konnen. Hier
wird das Paradox also die Antwort auf die Frage des Menschen, wenn er dazu
ehrlich genug ist, zu gestehen, dass er selber keine Antwort hat. Fiir das Ver­
ståndnis vorbereitet wird also das Individuum durch sein Zweifeln, und es erreicht das Verståndnis durch die Vertiefung in sein Siindenbewusstsein. Die
Ubernahme des Siindenbewusstseins ist hier zwar keine Willkiirlichkeit, kein
sacrificium intellectus, allein Willkiir ist der Ubergang zu dem Glauben daran,
dass das Ewige hier historisch geworden ist, dass hier das, wonach der Mensch
fragt, Wirklichkeit geworden ist. W åhrend in der supranaturalistischen Erklå­
rung der G ott in der Zeit ein Inbegriff der orthodoxen Dogmatik wird, wird hier
der G ott in der Zeit die Antwort auf die Frage, die der Mensch stellt. Und so
m acht man sich es verståndlich, dass S. K. sagen kann, dass man nicht anderes
von dem Paradox zu wissen braucht, als dass »der G ott in der Zeit« da gewesen
ist; den iibrigen Inhalt der Offenbarung findet man durch Betrachtung der
Ohnmacht, Unsicherheit und Schuld des menschlichen Daseins. Das Siinden­
bewusstsein ist als pietistische Ohnmachtsempfindung aufgefasst. Und auch
nicht hier ist das Paradox als Grenzbegriff des Verstandes aufgefasst: durch das
Siindenbewusstsein - als Ohnmachtsempfindung verstanden - gelangt das In­
dividuum beinahe ganz an das Paradox, und es fehlt nur ein kleiner Sprung in
dem Gedankengang - er wird eine personliche Wahl genannt - damit es ganz
in die Sphåre des Paradoxes gelangen kann. Negativ bedeutet das Paradox hier,
dass der Mensch nichts vermag als zu fragen, positiv, dass die Problem atik des
Daseins in der Offenbarung gelost ist. Auch hier ist die Moglichkeit des Årgernisses durch ein sacrificium intellectus ersetzt.
Es gibt nach S. K. nur eine Forderung, die sich selbst vom Menschen fordert: die Forderung der Existenz. Es gibt nur eines, was die absolute Entscheidung des Menschen fordert: die Forderung der Existenz. Die W ahrheit der
Existenz ist das Wie der W ahrheit, das Paradox; deshalb keine objektive Frage
und kein objektives Resultat; keine objektive Gewissheit und keine Stiitze im
Sinnlichen.
Dass das Christentum ein Paradox ist, bedeutet, dass es keine objektive
W ahrheit, keine Lebensanschauung ist, sondern die Frage, ob der Mensch sein
Zur Frage des Paradoxbegriffes
Leben in dessen Von-Gott-bestimmt-Sein durch die Offenbarung leben will und
also seine Existenz im Lichte des Christentums verstehen, im Sundenbewusstsein aus der Siindenvergebung heraus leben will.
M acht man aus dem Christentum eine Summe von Lehrsåtzen, wird es eine
neue iibernaturliche Wissenssphåre, an die man sich nur durch eine willkiirliche
Entscheidung schliessen kann.
M acht man aus dem Christentum die Verwirklichung des humanen Idealis­
mus von der Behauptung her, dass das Humane an sich ohnmåchtig ist, wird es
nur etwas, das im eigenen Herzen des Menschen liegt oder entstehen kann nichts als die Verwirklichung der Idee an einer bestimmten Stelle in der Ge­
schichte. Ein offenbarer oder verborgener Idealismus mit einem christlichen
Zusatz.
Der Unterschied zwischen dem Sokratischen und dem Christentum ist nach
S. K. der folgende: Sokratisch muss nach der Schuldlosigkeit gefragt werden,
die Voraussetzung ist ja die, dass das Individuum intakt ist. Christlich wird
nach der Siindenvergebung gefragt, eine Frage, die man nur vom Christentum
zu stellen lernen kann.
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