Renaissance und Manierismus 1420 – 1580 / 90

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Diplomarbeit 2005 / 2006
Daniela Di Marco und Martin Meier
HGKZ LGK SMB7
Renaissance und Manierismus 1420 – 1580 / 90
_Epochen
Frührenaissance
Hochrenaissance
Spätrenaissance und Manierismus
1420 – 1490
1490 – 1520/30
1530 – 1580/90
_Einführung
Mit Beginn der italienischen Renaissance endet das Mittelalter und es beginnt in der Kunst die
sogenannte Neuzeit.
Der Ausdruck ist eine Ableitung aus dem italienischen Rinascità (Wiedergeburt) und erst wurde im
19.Jh. geprägt. Der italienische Künstlerbiograph Giorgio Vasari spricht auch von „maniera moderna“,
die er als überlegenen Gegensatz zur unmittelbar vorausgehenden Gotik des Mittelalters sieht. Die
Renaissancekunst, die in Italien entsteht, versteht sich als Wiedergeburt des römisch-antiken Geistes.
_Allgemeine Merkmale der Renaissance
Vereinzelung der Künste
Die Künste Architektur, Malerei und Skulptur sind nicht mehr in das System der Kathedrale
eingebunden und von ihr abhängig, sondern treten nun isoliert und als eigenständige Kunstgattungen
auf. Nach rund tausend Jahren entstehen nun erstmals wieder freistehende Grossplastiken. Das
Tafelgemälde emanzipiert sich und wird aus dem sakralen Verband von Kathedrale und Altar gelöst.
Es wird zum Gemälde auch für den „privaten“ Gebrauch.
Verweltlichung (Profanierung) des Sakralen
War im Mittelalter die Darstellung der Heilswahrheiten aus der Bibel noch durch Ausdruck, Flächigkeit,
Goldhintergrund in einer jenseitigen, idealen Sphäre gegeben, so wird das Dargestellte nun
realistisch, naturnah und lebendiger.
Die römisch-antike Kunst wird wieder entdeckt
Die antiken Gottheiten sind wieder um ihrer selbst willen darstellungs-würdig, die alte vorchristliche
Mythologie lebt auf, ohne, wie im Mittel-alter, christlich gedeutet zu werden.
Um 1415 wird das fast vollständig wiederentdeckte Traktat „De architectura“ des römischen
Baumeisters Vitruv zur wichtigsten Grundlage aller Bautheorie der Renaissance und der späteren
Epochen.
Die Naturbeobachtung und das Mathematische in der Kunst
Die aus der Naturbeobachtung heraus gewonnen Erkenntnisse über Proportion, Perspektive und
menschlichen Körperbau werden auf mathematische Formeln gebracht. Die so gewonnen Regeln
bilden die Grundlage für einen besonders in Italien verbindlichen Kanon der Schönheit und
Naturwahrheit.
Der Künstler
Während das Mittelalter (bis zur Spätgotik) wenige Künstlernamen über-lieferte und der Mensch
„lediglich“ ein Werkzeug Gottes war, erlebt die Renaissance geradezu einen Geniekult. Der im
Mittelalter noch dem Hand-werker gleichgestellte Künstler wird nun zum „göttlichen Menschen, der
gesellschaftlich in seltenem Masse angesehen ist.
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Das Gemälde des Mikrokosmos
War in der Gotik die Kathedrale noch eine Art von christlichem Kosmos, in dem das Abbild des
Himmlischen Jerusalems, Lichtmystik und Heilswahrheiten in der Architektur, den Glasfenstern und
Skulpturen zu einer Einheit höherer Ordnung verschmolzen, so ist die Intention der Renaissance das
Bild als Kosmos diesseitiger Art darzustellen.
Der im Bild imaginierte Raum ist nicht mehr ideal sondern ganz real. Ein real gemalter Hintergrund
ersetzt den in der Gotik flächig gemalten Goldgrund.
Farbe, Licht und plastische Darstellung
Im Unterschied zur Gotik wirken die dargestellten Personen nun ausge-sprochen körperlich-plastisch.
Die Nacktheit wird in der Kunst als Schönheit, als ästhetische Grösse wiederentdeckt.
Die Renaissancemadonna besteht nicht mehr wie in der Gotik aus kunstvollem Faltenwurf der
Kleidung, der Renaissance Maler lässt unter dem Gewand der Heiligen Mutter den Körperbau
erkennen.
Der Wille zum Plastischen wird besonders in der Malerei deutlich. Die Modellierung der Körper
geschieht nun durch stärkere Körper- und Schlagschatten. Auch die Farbe tritt in vielen natürlichen
Schattierungen in ihrem Darstellungswert auf, während die Gotik mehr zum Eigenwert neigte.
Das Darstellungswürdige des Weltlichen
Das Mittelalter kannte praktisch nut sakrale Kunst. In der Renaissance folgt ein Bruch mit dieser
Tradition, und auch das Profane wird darstellungswürdig. Diese Tatsache ist eines der wichtigen
Merkmale neuzeitlicher Kunst im Gegensatz zum Mittelalter. Selbstverständlich gab es weiterhin die
sakrale Kunst, allerdings mit den Stilmitteln der Reanaissance.
Das Literarische als Vorbild für Malerei und Skulptur
Wie im Mittelalter die Bildthemen aus der Bibel und den Heiligenlegenden geschöpft wurden, so ist in
der Renaissnce das Literarische aus dem weltlichen Themenkreis Vorbild für die Malerei, aber auch
die Skulptur.
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Frührenaissance 1420 – 1490
_Einführung
Während in Europa noch die Gotik vorherrscht, bildet sich in Italien, besonders in Florenz, ein neuer
Geist (Kunststil) aus, der bewusst auf antike Vorbilder zurückgreift.
_Architektur der Frührenaissance
Die Architektur der Frührenaissance verwendet die antiken Säulenordnungen in Verbindung mit
Rundbogen, wie beim Florentiner Findelhaus (Ospedale degli Innocenti), um 1425, welches als erstes
Gebäude der Neuzeit angesehen werden kann.
San Lorenzo die Hauskirche des florentinischen Fürstengeschlechts der Medici, um 1430 gebaut, ist
ein früher Kirchenbau der Epoche und verwendet im Inneren Rundbogenarkaden. Der Bau und zeigt
in den Seitenschiffen die der römischen Antike nachempfundene Säulenordnung, ein Stilphänomen
der Renaissance, wie auch eine Kassettendecke mit Rosetten.
Beide Bauwerke stammen von Filippo Brunelleschi (1377–1446). Von ihm stammt auch die riesige
Domkuppel des, in der Gotik begonnen, Domes von Florenz. Sein Zeitgenosse Leone Battista Alberti
(1404–1472), ebenfalls Architekt, verfasste kunsttheoretische Schriften.
Seine Werke „Della Pittura“ (Über die Malerei, 1435), worin er unter anderem die Grundlagen
perspektivischer Konstruktion beschreibt, und „De re aedificatoria“ (Über die Architektur, 1451) hatten
grossen Einfluss auf die Zeit. Darin nimmt er Bezug zum römisch-antiken Architekturtheoretiker Vitruv.
In Florenz entwirft Alberti den Palazzo Rucellai (um 1450), die Fassade mit dem Motiv der antiken
Säulenordnungen. Hier zeigt sich eine neue Bauaufgabe der beginnenden Renaissance: der
Stadtpalast, regelmässig und blockhaft, im Gefüge axial angelegter Plätze und Strassen.
Richtungsweisend für den Kirchenbau der folgenden Jahrhunderte ist Albertis S.Andrea in Mantua
(um 1480), wohl der erste Typus der tonnengewölbten Wandpfeilerhalle. Die Fassade ist als
Triumphbogenmotiv ausgestaltet. Dieser Triumphbogen gehört zur damaligen Auffassung des
Kirchengebäudes als Via triumphalis (Triumphstrasse), die zu Christus, zur Erlösung führt.
_Malerei der Frührenaissance
Die neuzeitliche Malerei entsteht in Florenz. Man hatte Giotto di Bondone (1267–1337), als Vorbild
erkannt und berief sich auf ihn. Als bedeutende Aspekte seines Schaffens gelten die hohe
Natürlichkeit und Lebhaftigkeit seiner Figuren, ebenso wie die Verfeinerung der Perspektive.
Es wurden nun Schönheit des menschlichen Körpers, Naturnähe, Perspektive, anatomische
Genauigkeit und Ausgewogenheit aller Bildteile gefordert. Der mittelalterliche Goldgrund verschwindet
und weicht einer natürlichen Landschaft (idealisiert) als Hintergrund. Auch der Innenraum wird nun
darstellungswürdig. Die Malweise ist betont plastisch-linear.
Als erstes neuzeitliches Gemälde, dessen Perspektive mathematisch korrekt durchgebildet ist, gilt das
Dreifaltigkeitsfresko, von Masaccio (1401-1428) , in der Kirche S.Maria Novella, in Florenz.
Sandro Botticelli (1445–1510), malt die Geburt der Venus (um 1485). Das Motiv findet sich in der
antiken Mythologie. Grundlage (concetto) bildet ein Gedicht Homers.
Andrea Mantegna (1431–1506) malt 1474 ein illusionistisches Deckengemälde die Camera degli sposi
des herzoglichen Palastes zu Mantua.
Als Höhepunkt der Frührenaissance wird das Werk von Piero della Francesca (1415/20–
1492)betrachtet. Von ihm stammt das erste autonome Portrait der Neuzeit. Es zeigt den bedeutenden
Feldherrn (condottieri)und Mäzen Federico da Montefeltro und seine Frau Battista Sforza.(Mitte des
15.Jh.) Piero ver-vollständigte die Landschaftsdarstellung durch Einführung der Luftperspek-tive: er
entdeckte, dass die Landschaftsteile bei grosser Entfernung bläu-lich erscheinen. Er ist ebenfalls ein
Meister der Allegorie. (Eine Allego-rie ist die Personifizierung eines abstrakten Begriffes.) Die
Allegorien gewinnen im Verlauf der Renaissance grosse Bedeutung und steigern sich später im
Manierismus zu literarisch überfrachteten, kaum noch zu dechif-frierenden, enigmatischen Gemälden.
Ihren Höhepunkt erlebt die Allegorie später im Barock.
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_Plastik der Frührenaissance
Während des Mittelalters war die Skulptur immer unmittelbar wandgebunden. Mit dem David (erster
Bronzenguss der Neuzeit), um 1435, erneuert der Florentiner Donatello (ca.1386–1466) die seit der
Antike vergessene Tradition der freistehenden Statue. Der nackte menschliche Körper in seiner
Schönheit ist wieder darstellungswürdig. Von Donatello stammt auch das monumentale
Reiterstandbild des Söldnerführers Gattamelata in Padua (um 1450).
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Hochrenaissance 1500 – 1520/30
_Einführung
Dieser Zeitabschnitt umfasst eine relativ kurze Zeitspanne, die nicht weit über den Tod von Leonardo
und Raffael hinausgeht. In der Hochrenaissance entstehen bedeutende Kunstwerke, die von späteren
Künstlern noch nach Jahrhunderten als vorbildlich angesehen wurden. Der Schwerpunkt des
künstlerischen Schaffens verlagert sich von Florenz nach Rom und in andere Städte Italiens, wie zum
Beispiel Venedig und Mailand. Die Kunst jener Zeit ist untrennbar mit den grossen Künstlern Leonardo
da Vinci, Michelangelo Buonarroti, Raffael und Tizian verbunden. Die Zeit der Hochrenaissance endet
mit der vom Papsttum provozierten Eroberung Roms durch Kaiser Karl V. (1527, dem Sacco di Roma.
Ein zentrales Merkmal der Hochrenaissance ist das künstlerische Streben nach Ausgewogenheit. Die
Architekturtheoretiker forderten die konsequente Anwendung des Goldenen Schnittes (harmonische
Teilung einer Strecke, wobei sich der grössere Teil zur Gesamtlänge wie der kleinere Teil zum
grösseren verhält.) Gefordert wird die möglichst weitgehende mathematische Durch-dringung aller
Kunstgebiete. Mass, Zahl, Ordnung, gleichmässig geometrische Formen dienten der Kunst als
Grundlage. In der Malerei ist Kunst Nachahmung der Natur, jedoch nicht als blosses Abbild, sondern
als geistige Durch-dringung des Naturvorbildes. Gefordert werden Schönheit und Beseeltheit,
Ebenmass – alles im Rahmen einer starken, aber lebendigen Idealisierung des Dargestellten fern von
jedem platten Naturalismus.
_Architektur der Hochrenaissance
Als idealer Grundriss gilt der Kreis. Diesen verwendet Bramante beim Bau einer Rundkirche in Rom,
dem Tempietto (um 1502). Der Zentralbau wird als vollkommene und ideale Form des Bauwerks,
insbesondere des Kirchengebäudes angesehen. Ein klassisches Beispiel hierfür ist Santa Maria della
Consolazione zu Todi, begonnen um 1508. Allerdings konnte sich der Zentralbau nicht allgemein
durchsetzen; dem standen vermutlich liturgische Gründe und die alte Tradition des Langhausbaues
entgegen. Auch der Petersdom in Rom war von Bramante ursprünglich als Zentralbau konzipiert
worden.
Charakteristisch für die Baukunst der Hochrenaissance ist die Doppelsäule als Stockwerkgliederung
der Palastfassade. Als Beispiel könnte man den Palazzo Vidoni–Cafferelli in Rom nennen. Der
Palazzo wurde um 1515 von Raffael gebaut, der sich nicht nur als Maler, sondern auch als Architekt
betätigte. Die Fassaden der Kirchengebäude bleiben dagegen in der Hochrenaissance eigentümlich
flach, meist nur von wenigen Pilastern gegliedert. Sie folgen im wesentlichen dem in der
Frührenaissance von Alberti eingeführten zweigeschossigen Fassadenschema (Santa Maria Novella,
um 1460, Florenz), wenn es sich um einen Bau mit tradiertem Langhaus in basilikalem Schema
handelt, zum Beispiel La Sagra zu Capri von Baldassare Peruzzi, um 1515.
_Malerei der Hochrenaissance, Einführung wichtiger Künstler
Leonardo da Vinci (1452 – 1519)
Mit der „Mona Lisa“, Gattin des Edelmannes Francesco del Giocondo, daher auch „La Gioconda“
genannt, versucht Leonardo um 1503 bis 1506 eine seelische Regung im Bild der Portraitierten
festzuhalten. Wichtige Werke des Universalgelehrten sind auch die beiden Fassungen der „Madonna
in der Felsgrotte“ (um 1483–1486 und 1503–1506) und das berühmte „Letzte Abendmahl“ (um 1495–
1497) im Refektorim (Speisesaal) des Mailänder Klosters Santa Maria delle Grazie.
Der meist in Florenz tätige Leonardo ist durch seine Anwendung des „sfumato“, der leichten
Verschleierung der Konturen im Bildgrund, durch die Tiefenräumlichkeit der Landschaften und das
organisch – plastische Volumen seiner Figuren, durch das sogenannte „rilievo“, das Modellieren durch
Licht und Schatten, aber auch wegen seiner Gesamtpersönlichkeit als „uomo universale“ Vorbild für
viele Maler der hohen und späten Renaissance.
Michelangelo Buonarroti (1475–1564)
Im Auftrag von Papst Julius II. malt Michelangelo das Gewölbefresko der Sixtinischen Kapelle im
Vatikan (1508–1512). Seine kraftvollen, plastisch perfekt durchgebildeten Figuren bilden einen
Höhepunkt in der Darstellung des Menschen, wie ihn die Theorien Hochrenaissance fordern.
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Raffael Sanzio (1483–1520)
Raffael hat die Malerei der Renaissance in entscheidender Weise geprägt: seine Darstellungen sind
im Bildaufbau und in der Wiedergabe des Figürlichen von grosser Ausgewogenheit. Historische
Personen sind idealisiert, so zum Beispiel die Madonna Tempi (um 1505) oder die Sixtinische
Madonna (um 1513).
Häufig verwendet Raffael einen pyramidalen Bildaufbau. Seine Porträts zeigen ein hohen Standart an
Typisierung, zum Beispiel bei Papst Leo X. mit den Kardinälen Giulio de’ Medici und bei Luigi de’
Rossi, ca. 1518. Im Gemälde sind plastisch/lineare und malerische Werte harmonisiert.
Rund ein Jahrzehnt lang stattete Raffael die Stanzen (Privaträume) im Vatikan für Papst Julius II. mit
Fresken aus, ca. 1508 – 1517: In der Stanza della Segnatura bilden die Gemälde „Schule von Athen“,
„Parnass“ und „Disputà“ den Höhepunkt italienischer Hochrenaissancemalerei.
Giorgione (1477–1510)
In Venedig schaffte Giorgione um 1505 mit seinem Gemälde „La tempesta“ eine sich kontinuierlich
vom Bildvordergrund über den Mittelgrund in den Hintergrund hinziehende Landschaftsdarstellung.
Tizian Vecellio (um ca.1477–1576)
Der Hauptmeister der Hochrenaissance wirkt sein Leben lang in Venedig. Tizian ist Meister des
Kolorits und seine Kompositionen vermitteln das Gefühl grosser Lebendigkeit.
Mehrmals porträtiert er Kaiser Karl V., der ihn für seine Verdienste adelt und 1533 zum Hofmaler
ernennt.
Ein wichtiges Altarwerk ist die „Assunta“ (um 1518), Himmelfahrt Mariä, Venedig. Rätselhaft bleibt
sein Gemälde „Himmlische und Irdische Liebe“.
Ein Meisterwerk, ist das 1570/71 entstandene Gemälde die „Dornenkrönung“. Diese zweite Fassung
des Thema ist wie, fast das ganze Spätwerk, betont malerisch. In der Diagonalkomposition und der
Anordnung der Figuren, aber auch der Lichtführung weist es bereits zum Manierismus.
_Die Renaissance im Norden, Einführung wichtiger Künstler
Albrecht Dürer (1471–1528)
Der grosse Künstler dieser Epoche ist Albrecht Dürer aus Nürnberg. Er ist weit gereist (Italien,
Niederlande) und mit humanistischem Gedankengut vertraut. (Freund von Pirkheimer)
Dürer betreibt Studien zur wissenschaftlichen Erfassung der Proportions-gesetze und der Perspektive.
Er schreibt „Die vier Bücher über die Proportion“ um 1528, und er studiert die Darstellung der nackten
mensch-lichen Figur. Dürer gelingt es den Ausdruck des menschlichen Charakters im Bild, zusammen
mit höchster Ausgewogenheit und Beherrschung des Formalen in Einklang zu bringen.
Hinzuweisen ist auf die beiden Aposteltafeln von 1526, den Paumgartner Altar und das
Allerheiligenbild von 1511). Grosse Lebensnähe zeugen Dürers Aquarellstudien (Landschaften,
Gräser, Hasen). Die anerkannt künstlerische Leistung von Albrecht Dürer liegt auf dem Gebiet der
Druckgraphik, im Holzschnitt, Kupferstich und der Radierung,
Wichtige Werke sind die Holzschnitte der „Apokalypse“ (1498), „Die Grosse Passion“, Szenen aus
dem Marienleben (1501–1511) und die Kupferstichpassion (1507–1513).
Matthias Grünwald (ca. 1470/80 – 1528)
Grünwald ist ein Meister der starken Emotionen (Vorbild der späteren Expressionisten)und schafft mit
seinem Hauptwerk, dem Isenheimer Altar um 1515, ein wichtiges Werk deutscher Malerei.
Lucas Cranach d.Ä. (1472 – 1553)
Cranach führte ab etwa 1505 eine bekannte Malerwerkstatt in Wittenberg und war mit Luther
befreundet. Seine Frauenakte (Venus und Amor) sind eine vielfältige Produktion in seiner Werkstatt.
Ein bedeutendes Werk ist die einfühlsam gemalte Flucht nach Ägypten (1504).
Albrecht Altdorfer (1480 – 1538)
Altdorfer schuf zahlreiche Gemälde und Graphiken unter anderem für Kaiser Maximilian I. Von ihm
stammt eine Landschaft ohne mythologischen oder religiösen Gehalt vergl. auch die Donaulandschaft
bei Regensburg, um 1520/25). Albrecht Altdorfer wird als Hauptmeister der „Donauschule“ genannt.
Die Donauschule ist eine Kunstrichtung um 1500–1530 im Donauraum, deren Vertreter, Cranach,
Wolf Huber u.a., der Landschaft eigenständigen Wert beimessen.
Altdorfers genialstes Werk ist die grossformatige „Alexanderschlacht“ (1529), ein komisches
Panorama mit vorher nicht bekannter Dynamik und Dramatik. Dieses Gemälde stellt einen Höhepunkt
der Historienmalerei dar.
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Hans Holbein d.J. (1498 – 1543)
Hans Holbein d-J. ist bekannt durch seine eindringlichen Porträts. Der weit gereiste Maler aus
Augsburg, war Bürger von Basel und wurde 1536 Hofmaler Heinrichs VIII in London, dem Ort seines
langjährigen Wirkens.
_Plastik der Renaissance/Hochrenaissance
Vergleicht man Donatellos Reiterstandbild des Condottiere (Söldnerführer) Gattamelata (1447-53 >
statuarische Ruhe und Gelassenheit bei Reiter und Pferd die beide zur Einheit verschmolzen sind)in
Padua mit dem Denkmal des Colleoni (beg. 1479 > die gespanntere, mehr expressive Auffassung von
Reiter und Pferd entspricht der allgemeinen Stillage des 15. Jhds.) von Andrea Verocchio (14361488)in Venedig, so wird deutlich, wohin der Weg der Plastik im 15. Jahrhundert führt. Vom
Gattamelata strahlt eine selbst-bewusste Gelassenheit aus, die an die Ausgeglichenheit der antiken
Statue des Marc Aurel (173 nach Chr.) auf dem Kapitol in Rom erinnert.
Michelangelo (1475 – 1564)
Als Bildhauer ist er der beherrschende Künstler der Epoche (bis in den Manierismus). Aber auch als
Maler und Architekt leitete Michelangelo Grosses.
In der Hochrenaissance, um 1501 – 1504, entsteht in Florenz sein „David“, die erste nachantike
Kolossalstatue aus Marmor, 5,5 Meter hoch. In ihrer angespannten Ruhe, der Ausgewogenheit der
Haltung, dem Kontrapost und der höchsten Beherrschung des Formalen bildet sie den Höhepunkt des
Idealbildes der Hochrenaissanceskulptur.
Einen grossen Aufrag erhält Michelangelo von Papst Julius II. mit dessen Grabmal, einer Schauwand,
welche in der Peterskirche, in Rom aufgestellt werden sollte und für die 40 überlebensgrosse
Skulpturen vorgesehen waren. Das gigantische Projekt konnte nicht verwirklicht werden, nur eine
Variante in äusserst reduzierter Form. Von den Skulpturen wurden lediglich der Moses (um
1515)ausgeführt, der gefesselte und sterbende Sklave (um 1512–1523), sowie die vier so genannten
Boboli–Sklaven (um 1532).
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Manierismus 1530 – 1580/90
_Einführung
Der Manierismus ist eine Reaktion auf die Ideale der Hochrenaissance. Die
Formensprache der Hochrenaissance wendet sich vom Ideal der mehr oder minder vollkommenen
Ausgewogenheit ab und setzt die überlieferten Einzel-formen unklassisch, oft gekünstelt, verzerrt und
mit subjektiver Intension ein.
Zunehmend gewinnen theoretische Schriften über die Kunst an Bedeutung. Im-mer häufiger nehmen
Künstler darauf Bezug, auch werden ikonologische Programme komplexer, absichtsvoller und
basieren auf literarischen Grund-lagen.
Die Kunstgattungen der Malerei, der Skulptur, der Architektur und dem Ornament werden im
Manierismus stärker verbunden. Stukkaturen umrahmen die Decken- und Wandgemälde und
schaffen somit eine Verbindung zum Raum des Betrachters.
In dieser Sinn-stiftenden-Verbindung der einzelnen Künste sind schon die Errungenschaften des
nachfolgenden Barock zu erkennen, eine Tendenz zum Gesamkunstwerk, das den nachfolgenden
Barock um ca. 1600 auszeichnet.
_Architektur des Manierismus
Kennzeichnend für die Architektur des Manierismus ist die sinnreiche Verwendung von klassischen
Dekorationselementen, die bewusst entgegen den in der Renaissance herrschenden Regeln der
Harmonie eingesetzt werden:
Ein frühes Beispiel ist der Palazzo del Tè in Mantua, 1525-1530, von Giulio Romano (1499–1546),
gebaut für den Herzog Federigo Gonzaga.
Auffällig sind die scheinbar herabfallende Triglyphensteine im Gebälk, überdimensionierte Keilsteine,
unregelmäsige Rustizierung und die unharmonisch angeordneten gedoppelten Halbsäulen auf der
Hofseite.
Beliebt ist auch, massive Säulen zu verwenden, die ausser einem leichten Gesims nichts mehr tragen,
zum Beispiel die Logetta zu Venedig, um 1540 von Jacopo Sansovino. Auffallend sind im weiteren
stark plastisch hervortretende, schwere Fruchtgehänge an Fassaden.
Der Manierismus liebt halbrunde oder als Ädikula ausgebildete Nischen in der Wand, in denen sich
Statuen befinden oder die leer bleiben. Der gefie-derte Bogen wird zur typischen Plattform. Die
Rustika kann nun auch Säulen überwuchern, wie dies Ammanati im Innenhof des Palazzo Pitti in
Florenz um 1560 ausführte.
Ein Meisterwerk manieristischer Architektur ist das Vestibül der Biblioteca
Laurenziana, 1530-34, von Michelangelo Bunarroti.Ädikulaformen und in Nischen gedrängte
Doppelsäulen drängen sich mit Kanten und Gesimsen in einem relativ kleinen Raum zusammen.
Eine andere Art manieristischer Innenraumgestaltung zeigen verschiedene Säle im Dogenpalast in
Venedig: Hier dominieren an der Decke massige, vergoldete Rahmen, die mit Gemälden kombiniert sind.
_Malerei des Manierismus
Die Hochrenaissance hatte angestrebt, alles Dargestellte in vollkommener Ausgewogenheit
wiederzugeben. Form, Farbe und geistiger Gehalt des Themas waren fein aufeinander abgestimmt.
Die Haltung der Personen war stets edel
und gemessen, die Hauptpersonen im Zentrum der Komposition.
Die dargestellten Personen in der manieristischen Malerei erscheinen im Körperbau gelängt, gedreht,
der Unterleib wird oft massig, der Kopf fast stets klein wiedergegeben. Handhaltungen wirken
gespreizt („manieriert“). Häufig sind unbedeutende Nebenfiguren übergross in Rückansicht zu sehen,
sie nehmen einen grossen Teil der Bildfläche ein. Die Hauptfiguren dagegen werden häufig relativ
klein oder von Nebenfiguren überschnitten. Diese Figuren erscheinen oft, als wären sie mitten in einer
heftigen Bewegung „erstarrt“; dies lässt sich gut mit dem Ausdruck „antidynamische Beweglichkeit“
umschreiben. Besonders klar sind die meisten dieser manieristischen Merkmale bei der „Madonna dal
collo lungo“, um 1540, von Parmigianino (1503–1540), einem Schüler Raffaels.
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Es wird beliebt, Figurengruppen stark in den Bildvordergrund zu nehmen, sie auf die Seite
zusammenzuballen, während die andere Seite der Bildfläche relativ leer bleibt.
Verbindung des Bildraumes mit dem Realraum
Der Bildrand schneidet Teile der dargestellten Personen ab. Dieses Abschneiden steht im
Zusammenhang mit überlangen, schmalen, im Bild dargestellten Raumfluchten und hat den Sinn,
diesen perspektivisch dargestellten Raum, der im Gemälde vom Künstler imaginiert wird (Bildraum), in
einer Verbindung zu dem tatsächlichen Raum (Realraum), in dem sich der Betrachter befindet,
herzustellen. Dies zeigt das Bild „Bergung der Leiche des Heiligen Markus“, um 1560, von Tintoretto
(1518–1594). Der Betrachter hat hier das Gefühl, ein Gemälde sei ein in sich abgeschlossener
Mikrokosmos (wie in der Hochrenaissance), der manieristische Künstler will eine Verbindung des
Bildraumes mit dem Realraum des Betrachters. Auch der nun häufig wieder verwendete plastische
Stuck an Wandgemälden führt diese Verbindung durch.
_Kunstlandschaften und Maler des Manierismus
Florenz
Viele wichtige Künstler des Manierismus stammen aus Florenz, das vom Fürstenhaus der Medici
regiert wird. Wichtigster Kunsttheoretiker ist
Giorgio Vasari (1511–1574), als Maler und Architekt (Bau der Uffizien in Florenz). Sein bedeutendstes
Werk, das 1550 erschienene Buch „Le vite de’ più eccelenti pittori, scultori ed architetti italiani...“
behandelt erstmals seit der Antike die Kunst vorwiegend in Form von Lebensbeschreibungen der wichtigsten Künstler. Dieses Werk bildet die Grundlage aller literarisch-poetischer
Kunstgeschichtsschreibung und hat bis in unsere Zeit die Meinungen über viele Künstler geprägt und
biographisch verfälscht.
Als Hofmaler der Medici wirkt in Florenz Bronzino (1503–1572), dessen Porträts das Verfeinerte
betonen und der mit Akribie die Pracht der Gewänder herausarbeitet.
Die Porträts von Pontormo (1494–1556/57) ähneln denen von Bronzino.
Bei Gemälden des religiösen Genres allerdings finden sich bei Pontormo und Rosso Fiorentino
(1494–1540) eine verwandte, eigentümlich helle, kühle Farbgebung und die typisch manieristischen
Körperdrehungen.
Rom, Mantua
In Rom schafft Michelangelo Buonarroti(1475–1564) von 1534-1541 das Jüngste Gericht in
manieristischer Formensprache und als Fresko an der Altarwand der Sixtinischen Kapelle – im
Gegensatz zu der Jahrzehnte früher entstandenen Deckenmalerei. Seine Körperdarstellungen bleiben für Jahr
hunderte Vorbild für die nachfolgenden Malergenerationen.
Frankreich
Ein Gehilfe Giuliano Romanos, Primaticcio (1505–1570), begründet zusammen mit Rosso Fiorentino
mit der manieristischen Ausstattung des Schlosses des französischen Königs Franz I. in der Mitte des
16. Jh. die Schule von Fontainebleau. Besonders prägnant ist hier das Zusammentreten der Künste
mit dem Ornament, der Skulptur und der Malerei.
Venedig, Spanien
Führender Meister des Manierismus in Venedig ist Jacopo Tintoretto.
Veronese (1528–1588), dessen Zeitgenosse in Venedig, bleibt den Idealen der Hochrenaissance
weitgehend verpflichtet, sein Deckengemälde „Triumph der Venezia“, um 1580 im Dogenpalast
Venedigs, weist in seinem Pathos bereits zum Barock.
Ganz anders El Greco (1541 – 1614), der, von Kreta stammend, in Venedig ausgebildet wird und
1577 in Spanien (Toledo) tätig ist. Noch mehr als Tintoretto bevorzugt er jenes fahle, gelbliche Licht,
das seine düsterfarbigen Gemälde erhellt. Charakteristisch sind zusammengedrängte
Personengruppen von vergeistigtem Aussehen und die stark gelängten Figuren.
Niederlande
Zahlreiche niederländische Künstler schulten sich in Italien und brachten den Manierismus in ihr
Heimatland. Sie werden Romanisten genannt.
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_Plastik des Manierismus
Wie die Malerei zeigt auch die Plastik des Manierismus einige der typischen Stilelemente: zu kleiner
Kopf, Figura serpentinata (die schlangenartig gewundene, stark bewegte Gestalt), drastische
Darstellung, unausgewogene, unnatürliche Körperhaltung und manierierte Gesten.
Ein Meisterwerk manieristischer Skulptur und Raumgestaltung liefert wiederum Michelangelo mit den
Mediceergräbern (Giuliano und Lorenzo de’ Medici) in der neuen Sakristei von S.Lorenzo in Florenz,
um 1534. Hier sind die architektonischen Dekorationselemente der Hochrenaissance unklassisch
zusammengedrängt. Der Herzog Giuliano de’ Medici erscheint in Idealgestalt eines römischen
Feldherrn in eine enge Nische gedrängt. Charakteristisch ist die Schwere als Grundstimmung eines in
Einzelzügen auf den Manierismus weisenden Wandgrabmals.
Giovanni da Bologna, auch Giambologna genannt (1529–1608) verwendet die manieristische Figura
serpentina in seinem „Raub der Sabinerinnen“, (1583, Florenz). Diese Skulpturengruppe muss,
bedingt durch ihre Mehransichtigkeit
ummschritten werden, um alle Einzelheiten des Vorganges sinnvoll wahrnehmen zu können.
Die Bronzenstatue des „Perseus“ (um 1550) der das Haupt der Medusa in der Hand hält, stammt von
Benvenuto Cellini (1500–1571). Manieristisch ist hier die drastische Darstellung des Blutstromes, der
sich aus dem Hals ergisst. Darstellungen des Perseus sind im Manierismus sehr beliebt und finden
weithin Verbreitung.
Bei Primaticcio, der im französischen Königsschloss Fontainebleau für die Ausschmückung der
Räume verantwortlich zeichnet, sehen wir die Verwendung des manieristischen Rollwerkornaments
mit klassischer Ornamentik. Stuckfiguren drängen sich eng um den ovalen Bilderrahmen, die Stellung
des Fusses ist typisch manieristisch verstärkt und die überall hervorquellenden Früchte scheinen die
Putti geradezu in den Raum zum Betrachter hin zu drängen.
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Spätrenaissance 1530 – 1580/90
_Einführung
Gleichzeitig zum herrschenden Manierismus fühlte sich eine Anzahl von Künstlern der
Hochrenaissance weiterhin verbunden. Auch wenn sie die Stilelemente der Hochrenaissance
weiterentwickelten und einige ihrer Kunstwerke durchaus manieristische Züge tragen, kann man diese
Kunst doch grundsätzlich als Spätrenaissance bezeichnen.
Ein Künstler dieser Epoche ist Correggio (1494–1534), zahlreich sind seine
mythologischen Darstellungen. Die Ausmalung der Kuppel des Doms in Parma, die sich geradezu in
eine himmlische Lichtwelt zu öffnen scheint, weist bereits zur Deckenmalerei des Barock.
Der Architekt Giacomo da Vignola (1507–1573) verbindet bei der Mutterkirche des neugegründeten
Jesuitenorden in Rom, Il Gesù, um 1568, Langhaus- und Zentralbau mit Kuppel zu einem neuen
Typus von Kirchengebäude. Dieses System der Wandpfeilerkirche wird später vorbildlich für den
Kirchenbau des Barock.
Einer der wichtigsten Architekten der gesamten Epoche ist Andrea Palladio (1508–1580). Seine
Abhandlung „Quattro libri dell’architettura“ (1570) war die meist zitierte Architekturtheorie ihrer Zeit.
Palladio bezieht sich auf die Antike und den Geist der Hochrenaissance. Zeugnis dieser Haltung ist
die Villa Rotonda (ab 1551) bei Vicenza. Ein Kuppelbau mit völlig symmetrischem Grundriss und die
Uebertragung des Zentralbaugedankens auf das Landhaus. An jeder Seite besitzt die Villa Rotonda
einen antiken Portikus.
Palladios Klassizismus ist in der Nachfolge besonders für die englische repräsentative Baukunst von
Bedeutung, ebenso für die klassische Haltung in der Architektur Frankreichs.
Theoriearbeit Diplom 2006, HGKZ /DLGK, Daniela Di Marco und Martin Meier
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