Kernspinresonanztomographie (NMR) • Einleitung • Physikalische Grundlagen: – Makroskopische Kernmagnetisierung – Präzession der Kernmagnetisierung – Kernresonanzexperiment – Blochsche Gleichungen/Relaxation • Selektive Anregung als Verfahren zur Ortsauflösung • Betrachtung einiger MR-Bilder Hendrik A. 06/2003 Einleitung – 1946: Felix Bloch und Edward M. Purcell entdecken unabhängig voneinander das Phänomen der Kernresonanz – 1952: Bloch u. Purcell erhalten Nobelpreis für Physik (Bloch: Stanfort, Purcell: Harward) – seit 1973: Anwendung der Kernspintomographie im klinischen Bereich – Kernspintomographie nutzt Wechselwirkung eines Meßobjektes mit einem Strahlenfeld – Erstellung medizinisch aussagekräftiger Bilder ermöglicht durch die natürliche Häufigkeit vorhandener Wasserstoffkerne – MR-Bilder visualisieren Verteilung die in jedem Volumenelement einer Körperschicht vorliegenden Magnetisierung durch Verwendung von Grauwertskalen – Umgehung der Begrenzung der Ortsauflösung (Bildschärfe) durch Überlagerung zweier Felder – magnetisches Gleichfeld + HF-Feld (MHz-Bereich) =⇒ scharfe Resonanzabsorbtion magnetischer Kerne =⇒ räumliche Zuordnung der Kernmagnetisierung 2 – In MR-Bildern dargestellten Signalintensitäten abhängig von einer Vielzahl meßtechnischer und gewebespeziefischer Einflußgrößen (bei Computertomographie nur vom Abschwächungskoeffizienten des durchstrahlten Gewebes) – gemessenen Bildsignale beeinflusst durch sich überlagernde Relaxationsprozesse – visualisierten Meßsignale abhängig von der Dichte der Wasserstoffkernspins – Erzeugung von MR-Bilder für verschiedene Körperschichten in beliebiger Orientierung ohne Umlagerung des Patienten möglich – Keine irreversible Schädigung beim Patienten – Schwerere Kerne wie z.B. Aussagekraft 13 C, 19 F, 23 N a, 3 31 P nachweisbar, allerdings mit wenig Physikalische Grundlagen 1. Makroskopische Magnetisierung – 3. Maxwell’sche Gleichung =⇒ jedes sich zeitlich ändernde elektrische Feld erzeugt ein magnetisches Wirbelfeld – Durch ihren Eigendrehimpuls bzw. Spin J~ besitzen Protonen ein magnetisches Dipolmoment ∼ Drehimpuls: ~µ = γ h̄ J~ γ : gyromagnetische Verhältnis – Zusätzliches magnetisches Bahnmoment durch komplizierte Bewegung der Protonen im Kern =⇒ Überlagerung magnetischer Momente der einzelnen Nukleonen zu einem mikroskopischen magnetischen Gesamtmoment ~ die pot. Energie: – Dipolmoment ~µ hat im Magnetfeld B ~ H = −~µ · B – Quantenmechanik =⇒ Teilchen können ihren Drehimpuls u. Energie nicht kontinuierlich verändern =⇒ Annahme nur diskreter Werte (ergeben sich als Eigen- bzw. Erwartungswerte von Operatoren) =⇒ Beschreibung durch Spinquantenzahl l ∈ {0, 12 , 1, 23 , . . .} =⇒ Kern kann 2l + 1 Energiezustände annehmen – Zunächst isotrope Verteilung der Kernspins im feldfreien Raum. Anschließend Einnahme diskreter Orientierung in ein einem äußeren Magnetfeld relativ zu dessen Richtung. =⇒ Diskrete Orientierungen korrespondieren zu unterschiedlichen Energieniveaus (Zeeman-Effekt) – Betrag des Kernspins (Spinquantenzahl l) ergibt sich als Eigenwert des Operators lˆ2 : < ˆl2 >= l · (l + 1) – Die zum Magnetfeld parallele Komponente m ist Eigenwert des Operators lˆz : < lˆz >= m (−l ≤ m ≤ l) – Im Magnetfeld Bz Kern mit Quantenzahl l kann 2l + 1 Energiezustände einnehmen: < Ĥ >= Em = −γh̄Bz m 4 – Änderung eines solchen Niveaus geht mit Aufnahme oder Abgabe eines Lichtquantes einher: h̄ω = Em−1 − Em = γh̄Bz (a) Einstellmöglichkeiten eines Kernspins im Magnetfeld (b) Einstellenergie eines Kernspins l = 21 als Funktion des Magnetfelds – Bei Wasserstoffkernen 2 verschiedene Spinorientierungen möglich: parallele und antiparallele Orientierung. Die Besetzungszahlen der Energiezustände Nm−1 bzw. Nm entsprechen Boltzmann-Statistik: γh̄Bz Nm−1 = exp (− ) Nm kT – γh̄Bz wesentlich geringer als die thermische Energie kT =⇒ Linearisierung des Exp-Terms möglich: γh̄Bz γh̄Bz exp (− )≈1+ kT kT – Überschuß parallel zum Magnetfeld ausgerichteter kernmagnetischer Momente =⇒ Es ex. makroskopische magnetische Polarisation: X ~ = M µ~i i Mz = N · γ 2 h̄2 l(l + 1) 3kT (N: Anzahl der Kernspins) – Unterschied der Besetzungszahlen ist umso größer, je stärker das äußere Magnetfeld B0 ist. – In MR-Tomographen stets Magnetfelder mit hoher Feldstärke. (0, 5T ≤ B0 ≤ 4T ) 5 6 2. Präzession der Kernmagnetisierung – Präzession beschreibt resultierende Drehbewegung eines rotierenden Körpers aufgrund von außen wirkenden Kräften – Wasserstoffkern richtet sich parallel bzw. antiparallel zu einem äußeren Ma~ aus. gnetfeld B ~ durch benachbarte Spins – Störung des statischen Feldes B =⇒ Alle Kerne präzedieren auch im thermischen Gleichgewicht mit Präzessionsfrequenz: ωL = γBz (Larmorfrequenz) – Bewegung entspricht der Präzession eines Kreisels im Schwerefeld der Erde – Beachte: Präzessionsfrequenz nur abhängig vom äußeren Magnetfeld (Larmortheorem) – Bsp.: Bei B = 1T beträgt die Larmorfrequenz für einen Wasserstoffkern 42, 577 MHz – Nachweis der Präzession durch Messung der in einer die Probe umgebenen Spule induzierten Wechselspannung – Zustand parallel ausgerichteter Spins (Grundzustand) energetisch niedriger als der Zustand antiparallel ausgerichteter Spins (angeregter Zustand) =⇒ Energiedifferenz beider Zustände: ∆E = Em−1 − Em = γh̄Bz 7 3. Kernresonanzexperiment – Übergang des Kernspins vom Grundzustand in den angeregten Zustand durch Anregungspulse eines hochfrequenten, elektromagnetischen Wechselfeldes (HF-Feld). – Resonanzbedingung: ∆E = EP uls ⇐⇒ γh̄Bz = h̄ω ⇐⇒ ω = γBz = ωL – Änderung der Besetzungszahlen Nm−1 und Nm bewirkt Veränderung der ~. meßbaren Magnetisierung M – Ist Nm−1 gleich Nm =⇒ Mz = 0 0 B1 cos ωt – Situation: Man hat statisches Magnetfeld B~0 = 0 und HF-Feld B~1 = B1 sin ωt B0 0 – Spinwellenfunktion des Protons φ(t) = (a(t), b(t)) genügt der Schrödingergleichung: ih̄ φ(t) = Ĥφ(t) 8 ~ ist Vektorsumme der magnetischen Kernmomente – M ~ wird aus Gleichgewichtslage um Winkel α ausgelenkt – Anregungspuls =⇒ M – System ist bestrebt nach Auslenkung in den alten Gleichgewichtszustand zurückzukehren =⇒ Relaxation – Winkel α zwischen Kernmagnetisierung und statischem Feld: α = γB1 · t – Auslenkung umso größer, je länger die Einwirkungsdauer auf die Kerne. Mz -Komponente wird kleiner, Mxy -Komponente größer – Mxy heißt Transversalmagnetisierung, Mz Longitudinalmagnetisierung – makroskopische Magnetisierung in der xy-Ebene ' phasengleicher Umlauf der mikroskopischen Spins um den Präzessionskegel – Magnetisierung kann um frei wählbare Winkel gedreht werden – Nach Abschalten des Anregungsimpulses =⇒ Kerne geben Ihre Energie nach und nach wieder ab ~ richtet sich wieder auf. =⇒ M – Resonanzsignal nach dem Impuls heißt freier Induktionsabfall (free induction decay, FID) – FID-Signalintensität ist Maß für die Konzentration einer Kernsorte in der Probe 9 4. Bloch’sche Gleichungen/Relaxation Wie verhalten sich magnetische Kernmomente unter Wirkung äußerer zeitabhängiger Magnetfelder? mikroskopisch: – Bei plötzlicher Richtungsveränderung des statischen Magnetfelds ~ auf das magnetische Moment der =⇒ Wirkung eines Drehmomentes ~µ × B Probe = zeitliche Änderung des Drehimpulses: d~l ~ = γ~l × B ~ =⇒ d~µ = γ~µ × B ~ = ~µ × B dt dt makroskopisch: ~ ~ = P µ~i =⇒ dM ~ ×B ~ M = γM i dt (∗) – Biophysikalische Ursache für Differenzierung von Gewebestrukturen in MRBildern sind die unterschiedlich verlaufenden Relaxationsprozesse – transversale und longitudinale Relaxation überlagern sich ungestört (Superposition) T1 -Relaxation: ~ in die Gleichgewichtslage – Rückkehr von M – verbunden mit Energieabgabe (∆E = Em−1 − Em ) – Energieabgabe an das Kristallgitter (Spin-Gitter-Relaxation) Kaum messbares erwärmen der Probe T2 -Relaxation – Transversalrelaxation (Spin-Spin-Relaxation) beschreibt Zerfall der Transversalmagnetisierung Mxy durch Dephasierung der Kernspins – transversale Relaxationsprozeß ohne Energieabgabe – Phasenzusammenhang der in der xy-Ebene rotierenden Kernspins geht allmählich verloren T1 charakterisiert longitudinalen Relaxationsprozeß (im Sekundenbereich) −→ Energieeffekt T2 charakterisiert transversalen Relaxationsprozeß (im Millisekundenbereich) −→ Entropieeffekt 10 – Relaxationszeiten drücken Beweglichkeit der Moleküle aus, in denen die Kerne enthalten sind – Querrelaxation ist bestimmt durch die Häufigkeit der Stöße zwischen den Molekülen Ergänze Gleichung (∗) phänomenologisch durch Relaxationstherme. – Komponenten streben gegen ihre Gleichgewichtslage (M0 bzw. 0) mit einer Rate ∼ Gleichgewichtsabweichung. Bloch-Gleichungen: dMz ~ × B) ~ z + (M0 − Mz ) · 1 = (M dt T1 dMx,y ~ × B) ~ x,y − Mx,y ) · 1 = (M dt T2 T2 : Zeitkonstante der Querrelaxation – Spin-Spin-Relaxation – lokale Feldinhomogenitäten 1 1 1 = ∗ + ∗∗ =⇒ T2 T2 T2 T1 : – Zeitkonstante der Längsrelaxation – Spin-Gitter-Relaxation – Lösung der Blochschen Gleichung für die präzedierende Quermagnetisierung (α = 90◦ ): (−iγBz t− Tt ) Mxy (t) = M0 · e 2 und für die Längsmagnetisierung: (1− Tt ) Mz (t) = M0 · e 1 11 – Nachweis der präzedierenden Quermagnetisierung über das in der Hochfrequenzspule induzierte Signal (FID) – Komplexe Fourier-Transformation liefert Kernresonanzlinie: Realteil die Absorbtionslinie: M0 T2 Mx (ω) = · π 1 + (ω − ω0 )2 T22 der Imaginärteil die Dispersionslinie: T22 (ω − ω0 ) M0 · My (ω) = π 1 + (ω − ω0 )2 T22 Die Halbwertsbreite der Absorbtionslinie bzw. Abstand der Wendepunkte der Dispersionslinie ist durch die Querrelaxationszeit T2 gegeben: ∆ω = 2 T2 12 Verfahren zur Ortsauflösung Selektive Anregung – Zur Lokalisierung der Kernmagnetisierung: Überlagerung magnetischer Feldgradienten Gz während eines 90◦ -Pulses =⇒ Frequenz wird zur Funktion des Ortes – Resonanzfrequenz variiert entsprechend: ωL = γ (B0 + Gz z) =⇒ Nur Kerne in der Schicht mit z = (ωL − γ B0 )/γGz werden aus dem Gleichgewicht gebracht und liefern Kernresonanzsignal – In xy-Schicht Auswahl einer Projektionslinie in y-Richtung durch weiteren Feldgradienten in x-Richtung – Weitere Projektionen durch Drehung des 2. Gradienten i.d. xy-Ebene =⇒ Ortsabhängigkeit der Quermagnetisierung als Fouriertranformierte des selektiven Hochfrequenzimpulses andere Möglichkeit: 1. selektive 90◦ -Anregung einer z−Schicht durch Gz 2. Einschalten des Phasenkodierungsgradienten Gy =⇒ Spins präzessieren mit verschiedenen Frequenzen: ωL = γ (B0 + Gy y) 3. Gy off – y bleibt in Phase kodiert =⇒ Der Phasenwinkel α enthält y-Information 4. Gx on: Auslesen mit Gx 13