Die k.k. Kriegsmarine und die k.k. Armee im Einsatz um Schleswig-Holstein und die nordfriesischen Inseln. Teil 1 Nikolaus A. Sifferlinger Im Jahr 2014 jährt sich zum 150. Male der Deutsch-Dänische Krieg um die Herzogtümer Schleswig und Holstein. Ein besonderes Kapitel war die Besetzung der nordfriesischen Inseln durch österreichische Verbände. Dieser Artikel kann nur einen groben Überblick über die Vielzahl aller Ereignisse geben, Details sind der umfangreichen Literatur zu entnehmen, die am Schluss angegeben wird. Aber zum Verständnis ist es notwendig auch die Vorgeschichte etwas genauer zu betrachten. Vorgeschichte Die Herzogtümer Schleswig und Holstein waren seit 1460 mit Dänemark in Personalunion verbunden und sollten nach dem historischen Landesrecht ungeteilt bleiben. Auf dem Wiener Kongress 1815 wurde Dänemark zur Erhaltung des Friedens die Kontrolle des Ostseezuganges zugedacht und das Herzogtum Holstein Mitglied im Deutschen Bund. Somit war der dänische König von 1815 bis 1866 auch ein Staatsorgan des Deutschen Bundes. Das Herzogtum Schleswig war dänisches Lehen und nicht Mitglied des Deutschen Bundes, die Bevölkerung gemischt aus Dänen, Deutschen und Friesen. Im europäischen Revolutionsjahr 1848 forderte die deutsche neoliberale Bewegung die Schaffung des von Dänemark unabhängigen Bundesstaats Schleswig-Holstein und es kam zum Krieg, wobei Preußen Schleswig-Holstein unterstützte. Nachdem Preußen 1850 einen Sonderfrieden mit Dänemark schloss, stand Schleswig-Holstein alleine gegen Dänemark und wurde besiegt. Schleswig blieb unter dänischer Kontrolle und Holstein wurde durch preußische und österreichische Bundestruppen »befriedet«. Das k.k. IV. Armeekorps unter Feldmarschall Ignaz von Legeditsch war mit 13.300 Mann in den Jahren 1851/52 für 12 Monate als Friedenstruppe in Holstein. Das Londoner Protokoll vom 8. Mai 1852 schrieb die dänische Herrschaft über die Herzogtümer Schleswig und Holstein fest, garantierte aber auch ihre Eigenständigkeit. Unterzeichner waren Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Österreich, Preußen und Russland. Aber das Herzogtum Schleswig durfte kein Teil von Dänemark werden. Die dänischen Historiker Inge Adriansen und Jens Ole Christensen beschreiben die Lage wie folgt:1 »Formal wurde der Gesamtstaat wiedererrichtet, aber in Hinblick auf die Bevölkerung fiel das schwer, da die nationalen Spannungen zu groß waren. 1 Inge Adriansen, Jens Ole Christensen, Der Zweite Schleswigsche Krieg 1864, S. 5ff Die Bevölkerung des südlichen Schleswigs, Holsteins und Lauenburgs fühlte sich dem deutschen Volk zugehörig und nicht dem dänischen. Somit war die Grenze von Staat und Nation nicht die gleiche. Neben dem Versuch, eine Verfassung zu erlassen, die nicht im Gegensatz zu den Abmachungen von 1851-1852 stand, wurde eine besonders unkluge Dänisierungspolitik in Mittelschleswig begonnen, die dazu führte, dass das Interesse für die Schleswigsche Frage sowohl in der deutschen Öffentlichkeit als auch bei den Großmächten erhalten blieb... 1857 kehrten die Nationalliberalen wieder an die Regierung in Dänemark zurück, und aufgrund ihrer Meinung, dass Zugeständnisse an den Deutschen Bund und die holsteinsche Ständeversammlung nur zu weiteren Forderungen führen würden, wurde die Gesamtstaatspolitik zugunsten einer Eiderpolitik aufgegeben, was eine engere Bindung Schleswigs an das Königreich bedeuten sollte. Im März 1863 wurde eine gemeinsame Verfassung verkündet, die für das Königreich und Schleswig gelten sollten und damit Holstein und Lauenburg ausgliedern sollte. Zwar stand nichts von einer regulären Eingliederung Schleswigs in das Königreich darin, aber die Verfassung stellte einen klaren Bruch der Abmachungen von 1851-1852 dar, sie brachte Dänemark auf einen Kollisionskurs mit den Großmächten, den deutschen Staaten und der Mehrheit der Einwohner der Herzogtümer. Nur wenige zweifelten daran, dass das zum Krieg führen würde. und im Verlauf des Jahres 1863 wurden die Vorbereitungen begonnen.« Der norddeutsche Historiker Gerd Scholz2 schreibt dazu: »Schleswig-Holstein wurde Faustpfand und Spielball deutscher wie internationaler Politik, die eine gewaltsame Lösung der anstehenden Fragen zunächst wohl nicht absolut ins Kalkül gezogen hatten. Die schleswig-holsteinsche Frage wurde im Zusammengehen Österreichs und Preußens kriegerisch gelöst, wobei Preußen unter Führung Bismarcks, des Zauberers im politischen Ränkespiel, weit reichend und machtvoll den Ton angab. Der preußische Drang nach Machterweiterung und Festigung seiner Position im Deutschen Bund war offenkundig, konnte sich zunächst durch die Eingebundenheit in internationale Verträge nicht ohne gefährliche Störung des europäischen Gleichgewichtes durchsetzen. Dabei war auch für Preußen klar zutage getreten, dass das Habsburgerreich der Hauptfeind der preußischen Hegemonie war.« 2 Gerd Scholz, Unter dem Doppeladler für Schleswig-Holstein, S. 11 und 17 Neue dänische Verfassung Diese neue dänische Verfassung sah Schleswig – im Widerspruch zum Londoner Protokoll von 1852 – als Teil Dänemarks. Am 30. März 1863 schloss die dänische Regierung die beiden Herzogtümer Holstein und Lauenburg aus der gesamtstaatlichen Verfassung aus und eine dänisch-schleswigsche Verfassung wurde angekündigt. Dies war ein Bruch des Londoner Protokolls und die internationale Politik begann zu reagieren. Dazu Gerd Scholz:3 »Die Hoffnungen der Habsburgermonarchie und Kaiser Franz Josephs, auch die Schleswig-HolsteinFrage im Rahmen einer Reform des Deutschen Bundes im übergeordneten deutschen Sinne politisch lösen zu können, zerschlugen sich, der vom Kaiser nach Frankfurt am Main zur Beratung einer Bundesreform einberufene sogenannte Fürstentag im August 1863 verlief ergebnislos, der der König von Preußen auf Anraten Bismarcks fernblieb. Damit war der Versuch, Deutschland unter österreichischer Führung zusammenzuführen, endgültig gescheitert. Nahezu prophetisch schrieb dazu der Grazer »Telegraf« am 29. November 1863, Österreich scheine »für das Londoner Protokoll lediglich nur zu dem Zwecke in die Schranken getreten zu sein, um Preußen die Chancen zu eröffnen, schließlich das Londoner Protokoll mit Eklat zu zerreißen, um das Arrangement dieser Angelegenheit im deutschen Norden mit desto größerer Aussicht auf Erfolg in die eigene Hand nehmen zu können.« Und mit dem Wissen von heute, 150 Jahre danach, ist es ersichtlich dass sich Preußen unter der geschickten Führung Dänemark mit Schleswig, Holstein und Lauenburg 1864. Bismarcks zuerst Österreichs dazu bedient hatte, Dänemark dem Druck einer aufgebrachten nationalistischen Öffentlichals Rivalen in Norddeutschland und um die Herrschaft in der keit mit Demonstrationen in Kopenhagen brachte die däniNord- und Ostsee auszuschalten. Und als dies durch die Hil- sche Regierung den neuen König am 18. November dazu die fe Österreichs 1864 erreicht war hat Preußen 1866 Unstim- Verfassung zu unterschreiben. migkeiten um die Verwaltung Schleswig-Holsteins als KriegsNachdem der Deutsche Bund am 14. Jänner 1864 die grund vorgeschoben, sich mich Italien verbündet, und den Pfandbesetzung Schleswigs mit 11:5 Stimmen ablehnte, beBundgenossen Österreich durch einen siegreichen Krieg aus schlossen Preußen und Österreich selbständig zu handeln und dem Deutschen Bund verdrängt. verlangten am 16. Jänner, dass diese neue dänische Verfassung Aber zurück zu den Ereignissen des Jahre 1863. aufgehoben werden müsse. Ein Vermittlungsversuch GroßDer Deutsche Bund beschloss am 1. Oktober 1863 die Bun- britanniens scheiterte, die dänische Regierung lehnte ab. desexekution. Das österreichische VI. Armeekorps unter der Führung von Feldmarschallleutnant Freiherr von Gablenz umfasste 27.050 Die Bundesexekution Mann, die mit der Eisenbahn im Dezember 1863/Jänner 1864 zügig nach Norddeutschland verlegt wurden. Preußen Die Bundesexekution zur Besetzung Schleswig und Hol- brachte im Laufe des Krieges 45.136 Mann zum Einsatz, steins wurde Preußen, Österreich, Sachsen und Hannover Sachsen und Hannover 13.176. Den Oberbefehl erhielt der übertragen. Die beiden Herzogtümer Holstein und Lauen- 80-jährige preußische Generalfeldmarschall Friedrich Freiherr burg wurden Ende Dezember 1863 von 12.000 Soldaten aus von Wrangel. Sachsen und Hannover besetzt. Zu Beginn der Feindseligkeiten standen den 65.800 Mann Am 13. November 1863 beschloss der dänische Reichstag die des Deutschen Bundes rund 40.000 dänische Soldaten gegenneue Verfassung, am 15. November verstarb nach der Inspek- über. tion des Heeres in der Danewerkstellung der dänische König Friedrich VII. Der Deutsch-Dänische Krieg Sein Nachfolger König Christian IX. warnte, dass der Erlass der Novemberverfassung zum Krieg führen wurde. Unter Am 1. Februar 1864 überschritten die preußisch-österreichischen Truppen die Eiderlinie und begannen mit der Be3 Gerd Scholz, Unter dem Doppeladler für Schleswig-Holstein, S. 19 Die dänische Fregatte JYLLAND ist heute als Museumsschiff in Ebeltoft erhalten und einen Besuch wert. Das Museum nebenan schildert im Detail das Seegefecht vom 9. Mai 1864 (Foto: N. Sifferlinger 2009) setzung des Herzogtums Schleswig. Die Dänen hatten den Vorteil vorbereiteter Verteidigungsstellungen, wurden aber schrittweise in ihr Land zurückgedrängt. Dabei kam es zu zahlreichen blutigen Gefechten. Es ist hier nicht der Platz auf den Landkrieg einzugehen und es sei auf die umfangreiche Literatur zu dem Thema verwiesen. Auf Vermittlung Großbritanniens kam es ab 20. April 1864 zu einer Konferenz, die einen Waffenstillstand von 12. Mai bis 26. Juni 1864 vereinbarte Der Seekrieg Die dänische Flotte war im Februar 1864 in zwei Geschwader in Ost- und Nordsee aufgeteilt und hatte die Aufgabe die deutschen Häfen zu blockieren und das eigene Heer zu unterstützen. Durch die dänische Überlegenheit zur See konnte das dänische Heer mit Masse in Schleswig konzentriert bleiben und Seeland und Kopenhagen weitgehend ungeschützt bleiben, da die kleine preußische Flotte keine Landung unterstützen konnte. Die preußische Flotte bestand im Februar 1864 aus folgenden Einheiten in der Ostsee: Das Dampfschiffgeschwader unter Kapitän zur See Jachmann mit den Schraubenfregatten ARKONA, VINETA, der Schraubenkorvette NYMPHE und das Aviso GRILLE. Die Flottille der Kanonenboote unter Kapitän zur See Kuhn auf dem Aviso LORELEY mit drei Divisionen mit je sechs Schraubenkanonenbooten (insgesamt 4 große und 14 kleine Kanonenboote) und zwei Divisionen mit insgesamt 18 Ruderkanonenbooten und 4 Kanonenjollen. Auf Auslandsreise im Mittelmeer waren die beiden großen Kanonenboote BLITZ und BASILISK und der Raddampfer PREUSSISCHER ADLER am 3. Dezember 1863 zurückberufen worden und trafen am 6. März 1864 im französischen Hafen Cherbourg ein, während die dänische Fregatte NIELS JUEL in der Nordsee nach ihnen suchte. Die preußische Fregatte GAZELLE befand sich in Ostasien und schied daher für den Einsatz in der Heimat aus. Als die dänischen Kriegsschiffe den Befehl erhielten österreichische und deutsche Handelsschiffe als Prise aufzubringen, traf dies den Handel der norddeutschen Seehäfen hart. Aber auch Österreich war betroffen, Anfang 1864 befanden sich rund 160 österreichische Handelsschiffe auf den Weltmeeren und rund 70 davon blieben aus Angst aufgebracht zu werden in britischen Häfen liegen. Österreichisches Nordseegeschwader Daher befahl Österreich am 20. Februar 1864 die Ausrüs- tung eines Nordseegeschwaders unter dem Kommando von Kontreadmiral Bernhard Freiherr von Wüllerstorf-Urbair um die eigenen Handelsschifffahrt zu schützen. Dazu die dänischen Historiker Adriansen und Christensen: »Bei der dänischen Verteidigungsplanung hatte man nur die preußische Flotte im Blick gehabt. Dann zeigte sich im Frühjahr 1864 aber ein neues Problem: die österreichische Flotte, die der dänischen überlegen war.« Die Ausrüstung eines österreichischen Nordseegeschwaders brachte in Großbritannien einige Erregung und es wurden Stimmen im Parlament und in der Presse laut, den österreichischen Einheiten den Durchmarsch durch den Ärmelkanal zu verwehren. Erst als Österreich Anfang März in London eine Erklärung abgab, dass das Nordseegeschwader nur zum Schutz des eigenen Handels diene, entspannte sich die Situation. Österreich und Preußen konnten sich keinen Konflikt mit der größten Seemacht erlauben. Damit war ein Einsatz der österreichischen Schiffe in der Ostsee ausgeschlossen und auch musste Österreich einen Teil seiner Flotte in der Adria belassen damit das neu vereinigte Italien nicht die Situation ausnützen konnte. Ostsee Im Februar 1864 verhinderte starke Vereisung Aktionen in der Ostsee und am 15. März erklärte Dänemark die Blockade der preußischen Häfen. Der einzige Versuch die Blockade in der Ostsee zu brechen fand am 17. März 1864 bei der Insel Rügen statt. Das preußische Dampfschiffgeschwader versuchte die Blockade zu brechen, wurde aber von einem dänischen Geschwader zurückgewiesen. Die Blockade blieb aufrecht, aber der Küstenverkehr blieb möglich. Dänemark hoffte auf ein Eingreifen Schwedens und Großbritanniens, dessen wohlwollende Neutralität gegeben war. Auch ein Eingreifen Frankreichs war nicht ausgeschlossen. Daher setzte Dänemark den Krieg fort, in der Hoffnung auf Unterstützung. Diese kam aber nur in Form von Verhandlungen in London. In der Ostsee schützte die dänische Flotte die Flanken der Armee und machte Landungsoperationen gegen die dänischen Inseln über die offene See unmöglich. Marsch in die Nordsee Das Geschwader von Kontreadmiral Wüllerstorf-Urbair sollte folgende Schiffe umfassen, die zum Teil erst ausgerüstet werden mussten: das Schraubenlinienschiff KAISER, die Panzerfregatten JUAN D´ AUSTRIA und KAISER MAX, die Schraubenfregatten SCHWARZENBERG und RADETZKY, die Schraubenkorvette ERZHERZOG FRIEDRICH, die Kanonenboote SEEHUND und WALL und die Raddampfer KAISERIN ELISABETH und LUCIA. Um keine Verzögerungen im Schutz der österreichischen Handelsschiffe im Atlantik und im Ärmelkanal, wo die dänische Fregatte NIELS JUEL gemeldet war, eintreten zu lassen, erreichte das österreichische Levantegeschwader unter Linienschiffskapitän Wilhelm von Tegetthoff am 27. Februar 1864 der Befehl, sich auf den Weg zur Nordsee zu machen, den eigenen Handel zu schützen und dänische Handelsschiffe zu kapern, am Weg durch das Mittelmeer und die Biskaya aufzuklären ob sich dänische Kaperschiffe dort befinden. Tegetthoff machte sich über Korfu, Malta, Algier, Gibraltar auf den Weg nach Lissabon. Vor Lissabon wurde die dänische Handelsbrigg GRETHE am 16. März von der Fregatte SCHWARZENBERG und dem Kanonenboot SEEHUND als Prise genommen und später vom Prisenkommando in einen österreichischen Hafen gebracht. Nach dem Eintreffen der aus Pola nachkommenden Fregatte RADETZKY verließ Tegetthoff Lissabon am 5. April 1864 Richtung Biskaya. Es soll auch erwähnt werden, dass am 14. April 1864 die Fregatte NOVARA mit Erzherzog Franz Ferdinand an Bord Triest in Richtung Mexiko verließ. Dort übernahm der Erzherzog auf Veranlassung von Napoleon III. die Kaiserwürde. Tegetthoff hatte den Befehl im französischen Hafen Brest, den er nach stürmischer Fahrt am 16. April erreichte, auf das Gros des österreichischen Nordseegeschwaders zu warten, welches erst am 20. April in Gibraltar eintraf, zu warten. Doch am 23. April 1864 erreichte Tegetthoff in Brest folgender telegrafischer Befehl: »Infolge Allerhöchsten Befehles haben Sie sich mit unterstehenden Schiffen mit Vorsicht nach Texel zu begeben. Die dort liegenden preußischen Schiffe werden sich unter ihr Kommando stellen. Wenn Sie sich dann – und nach den über das dänische Blockadegeschwader einzuholende Nachrichten – für stark genug halten, einen Erfolg erzielen zu können, so trachten Sie um jeden Preis, die Blockade vor Hamburg zu brechen. Eile tut Not!« Damit hatte Tegetthoff freie Hand und er verließ Brest am 24. April. Am 26. April liefen SCHWARZENBERG und RADETZKY den britischen Hafen Deal, SEEHUND Ramsgate an, um Kohle zu ergänzen und Nachrichten über die dänische Flotte einzuholen. Dabei haben die drei englischen Kanal-Lotsen, die SEEHUND in den Hafen von Ramsgate steuerten, das Kanonenboot gegen den Hafendamm gesteuert und flüchteten dann von Bord. Es scheint, dass dies absichtlich geschah, SEEHUND viel auf jeden Fall längere Zeit durch Reparatur aus. Tegetthoff in der Nordsee Tegetthoff verließ Deal mit SCHWARZENBERG und RADETZKY am 30. April und traf am 1. Mai 1864 in Nieuwediep die preußische Flottille unter Korvettenkapitän Gustav Klatt, die hier seit Mitte März blockiert lagen. Die preußischen Kanonenboote BLITZ und BASILISK und der Radaviso PREUSSISCHER ADLER hatten allein gegen eine dänische Fregatte keine Chance auf Erfolg gehabt. Ohne dänische Schiffe gesichtet zu haben, ankerte Tegetthoff mit seinem Geschwader am 4. Mai vor Cuxhaven. Die beiden dänischen Fregatten JYLLAND und NIELS JUEL lagen an diesem Tag im südnorwegischen Hafen Christiansand und die Korvette HEIMDAL war am Weg von Kopenhagen dorthin, was aber auf deutsch-österreichischer Seite nicht bekannt war. Am 6. Mai lief der britische Aviso BLACK EAGLE in Cuxhaven ein, an Bord inkognito der Kommandant der britischen Fregatte AURORA, um die Österreicher zu beobachten. An diesem Tag meldete auch der österreichische Konsularagent Herr Kröger, dass drei dänische Schiffe vor Helgoland, das Das Gemälde von Carl Bille (1815-1898) zeigt das Seegefecht vor Helgoland am 9. Mai 1864. Rechts die drei dänischen Schiffe, in der Mitte die beiden österreichischen Fregatten, der Fockmast der SCHWARZENBERG in Brand, links hinten die preußischen Kanonenboote.(Museum Ebeltoft, Foto: N. Sifferlinger 2009) damals britischer Besitz war, gesichtet wurden. Tegetthoff lief bei Hochwasser am Abend des 6. Mai aus, wobei SCHWARZENBERG kurzzeitig auf Grund lief, aber wieder freigearbeitet werden konnte. Am Morgen des 7. Mai wurde eine unbekannte Fregatte gesichtet, die keine Flagge führte und bis auf die Höhe von Hornreef verfolgt. Erst auf 2 Seemeilen Distanz zur feuerbereiten SCHWARZENBERG setzte die verfolgte Fregatte die britische Flagge und gab sich als AURORA zu erkennen. Großbritannien beherrschte 1864 die Weltmeere und eine Machtverschiebung an der Nord- und Ostsee zugunsten der militärischen Großmächte Österreich und Preußen waren nicht in ihrem Interesse, daher die wohlwollende »Neutralität« gegenüber Dänemark. Als das dänische Geschwader am 8. Mai die britische AURORA traf, informierte der Brite die Dänen über die Stärke und den vermuteten Standort der Österreicher. Und der britische Aviso BLACK EAGLE klärte in der Elbmündung bis Cuxhaven auf, während Tegetthoff die preußischen Kanonenboote zur Aufklärung an der Nordseeküste einsetzte. Seegefecht vor Helgoland, 9. Mai 1864 Am späten Vormittag sichteten sich die Dänen und die Österreicher und beide Kommandanten, Orlogskapitän Suenson und Linienschiffskapitän Tegetthoff, suchten das Gefecht in der Überzeugung den Gegner besiegen zu können. Das Kräfteverhältnis war sehr günstig für die Dänen, die die Fregatten JYLLAND und NIELS JUEL und die Korvette HEIMDAL zum Einsatz bringen konnten, während ihnen die Fregatten SCHWARZENBERG und RADETZKY gegenüber standen. Die drei kleinen preußischen Einheiten waren zu verwundbar und konnten nicht ins Gefecht eingreifen und mussten sich im Hintergrund halten. Es kam ab 14:00 Uhr zum Gefecht nahe Helgoland, das über zwei Stunden dauerte und teils auf nahe Entfernungen von 400 m geführt wurde. Die Dänen konzentrierten ihr Feuer auf SCHWARZENBERG, diese erhielt 95 Treffer und wurde in Brand geschossen. Von RADETZKY gedeckt musste sich SCHWARZENBERG in die Gewässer des damals neutralen, britischen Helgoland zurückziehen, wo es bis Mitternacht gelang, den Brand zu löschen und den zerstörten Fockmast zu kappen. Da auch die JYLLAND durch einen Treffer in die Steueranlage nur eingeschränkt manövrierfähig war, entschloss sich Suenson die Österreicher nicht weiter zu verfolgen und lief ab. Auf Grund der Nachrichten über den bevorstehenden Waffenstillstand wurde Suenson per Depesche vom vorgesetzten Kommando der Rückzug ins norwegische Christiansand empfohlen. Das Geschwader von Tegetthoff verlegte nach Cuxhaven und traf dort am Morgen des 10. Mai ein. Auf österreichischer Seite verloren 51 Seeleute ihr Leben, auf dänischer 18. Die Dänen hatten taktisch das Gefecht gewonnen, gaben aber die Blockade der Nordseehäfen auf. Damit hatte Tegetthoff seinen Auftrag erfolgreich gelöst und die deutschen Nordseehäfen feierten das Ende der Seeblockade. Die Aufgabe der dänischen Seeblockade hatte aber auch mit dem Beginn des Waffenstillstandes ab 12. Mai 1864 zu tun. Das Seegefecht von Helgoland am 9. Mai 1864 aus dänischer Sicht (aus: O. Lütken) Das Gros des österreichischen Geschwaders unter Kontreadmiral Wüllerstorf erreichte am 16. Mai 1864 die holländische Insel Texel und musste dort infolge der Waffenstillstandbedingungen vor Anker gehen. Die dänische Verteidigung der nordfriesischen Inseln Die nordfriesischen Inseln waren durch das Wattenmeer von der Küste getrennt und am 7. Februar 1864 wurde der dänische Kapitänleutnant Otto Christian Hammer vom Marineministerium zum Kommandanten dieses Gebietes ernannt. Hammer war als Kreuzzollinspektor mit dem Seegebiet bestens vertraut und er begann sofort, soweit es in seiner Macht lag, die Verteidigung der Inseln vorzubereiten. Er ließ in der ersten Märzhälfte 1864 acht Ruderkanonenboote aktivieren, die sich für das Wattenmeer sehr gut eigneten. Jedes hatte einen Reserveleutnant, 2 Unteroffiziere und 20 Mann als Besatzung. Die Ruderkanonenboote BARSØ, AERØSUND, HØRUP und EGERNSUND hatten je eine 60pfündige Bombenkanone, die AERØ, FAENØ, MIDDELFAHRT und SNOGHØJ je eine 30pfündige Kugelkanone an Bord. Am 1. März 1864 erließ Hammer auf den Inseln eine Pro- klamation zur Verteidigung, die bei den deutschsprachigen Bewohnern für Unruhe sorgte. Es kam auf Sylt und Föhr zu deutschnationalen Kundgebungen, die Hammer mit eiserner Faust durch die Geiselnahme unterdrückte. Am 24. März erhielt Hammer das Dampfschiff LIMFJORD und am 31. März einhundert Mann Infanterie als Verstärkung, die er nach Föhr verlegte. Solange das dänische Nordseegeschwader die Nordsee beherrschte, waren die Inseln vor einem seeseitigen Angriff sicher und Hammer konzentrierte seine Abwehrmaßnahmen zur Wattenmeerküste. Er ließ die Seezeichen einholen. Zugleich gab es an der dänischen Westküste keinen Hafen, in denen die großen Fregatten einlaufen konnten – daher musste das norwegische Christiansand als Stützpunkt dienen. Das Schmaltief vor den Inseln sollte als Notankerplatz zur Ergänzung von Kohlen und Proviant oder zur Abgabe möglicher Verwundeter dienen. Die Seezeichen und Leuchtfeuer wurden an dieser Stelle für das dänische Nordseegeschwader wieder aktiviert. Die Korvette DAGMAR nützte am 11. April erstmals das Lister Tief für eine Versorgung von einem Kohlenschiff und übergab die hamburgische Brigg HERZOG VON CAMBRIDGE als Prise. Der Dampfer LIMFJORD Die im Seegefecht vor Helgoland beschädigte Schiffsglocke der Fregatte JYLLAND vor dem Gemälde von Christian Møjstad (18621930), dass den Blick von der Fregatte NIELS JUEL auf die brennende SCHWARZENBERG, rechts im Bild, zeigt. (Museum Ebeltoft, Foto: N. Sifferlinger 2009) ermöglichte Hammer auch Besuche beim dänischen Geschwader vor Helgoland zu detaillierten Absprachen und er gab drei Küstenlotsen an das Geschwader ab. Auf den Inseln selbst erhöhte er den Ein- und Ausfuhrzoll auf Waren um bis zu 50% und ließ von den Soldaten Jagd auf zur dänischen Armee einberufene Männer und ihre Angehörigen machen. Am 21. April übermittelte der Kommandant des Nordseegeschwaders an Hammer die Nachricht, dass er für einige Tage nach Christiansand gehen würde. Als Hammer dann keine weiteren Nachrichten erhielt fuhr er am 4. Mai mit seinem Dampfer LIMFJORD nach Helgoland und wurde dort zufällig Augenzeuge der nach Cuxhaven vorbeifahrenden österreichischen Fregatten. Hammer begab sich zurück ins Schmaltief und sandte Berichte nach Kopenhagen und Christiansand. Am Morgen des 9. Mai traf Hammer auf Erkundungsfahrt mit LIMFJORD auf das dänische Geschwader und vereinbarte für den Nachmittag eine Versorgung mit Kohlen im Schmaltief. Nach dem Seegefecht von Helgoland ging Suenson mit seinem Geschwader zum Schmaltief um dort die 14 Toten und 54 Verwundeten an LIMFJORD abzugeben. Aufkommender Wind verhinderte dies und am nächsten Tag erhielt das Nordseegeschwader den Befehl nach Christiansand zu gehen. Am 14. Mai 1864 überbrachte der dänische Avisodampfer SCHLESWIG aus Kopenhagen die Nachricht zu Hammer ins Schmaltief, dass seit 12. Mai ein Waffenstillstand vereinbart sei. Im Juni konnte Hammer seine Flottille um das kleine Dampfschiff AUGUSTA erweitern. Da es auf Sylt weiterhin zu Unterstützungserklärungen für den Deutschen Bund kam, verlegte Hammer einen Teil seiner Soldaten auf Sylt und ließ sieben führende Bürger als Geisel verhaften und nach Kopenhagen bringen. Da Sylt zu Beginn des Waffenstillstandes nicht von dänischen Soldaten besetzt war, wurde dies von österreichischpreußischer Seite als Bruch des Waffenstillstandes interpretiert. Die sieben Sylter Geiseln kamen erst mit Ende des Konfliktes, als alle politischen Gefangenen freigelassen wurden, am 9. August 1964 zurück auf Sylt. Epilog 1866 Im Vertrag zu Gastein vom 14. August 1865 erhielt Preußen Lauenburg und Schleswig, Österreich Holstein. 1866 besetzte Preußen Holstein und dies wurde der formale Grund für den Krieg um die Vorherrschaft in Deutschland zwischen Preußen und Österreich. Die Fregatte SCHWARZENBERG bei der Reparatur ihrer Schäden am 11. Mai 1864 vor Cuxhaven. Deutlich ist der dünnere ErsatzFockmast zu erkennen und Seeleute sind noch dabei das Tauwerk zu erneuern (Sammlung N. Sifferlinger) Epilog 2014 Anlässlich des 150-Jahr-Gedenkens finden zahlreiche Veranstaltungen und Ausstellungen in Norddeutschland und Dänemark statt. Die Marine gedenkt am 9. Mai 2014 am Denkmal der gefallenen österreichischen Seeleute der Fregatten SCHWARZENBERG und RADETZKY in Cuxhaven. Auch ein Besuch des dänischen Museumsschiffs JYLLAND in Ebeltoft ist die Reise wert. Es ist erfreulich, dass heute die Kriegsgegner von damals friedlich in der Europäischen Union vereint sind. Literatur/Quellen: Inge Adriansen, Jens Ole Christensen, Der Zweite Schleswigsche Krieg 1864, Vorgeschichte, Verlauf und Folgen, Museum Sønderborg Slot und Tøjhusmuseet 2013. Roger Chesneau, Eugene M. Kolesnik, Kriegsschiffe der Welt 1860 bis 1905, Band 3, Bernard & Graefe Verlag, Koblenz 1985. Conway´s, All the World´s Fighting Ships 1860-1905, Conway Maritime Press, London 1979. Der Deutsch-Dänische Krieg 1864, Herausgegeben vom Großen Generalstab, E. S. Mittler, Berlin 1886. Michael Embree, Bismarck´s First War, The Campaign of Schleswig and Jutland 1864, Helion & Company Ltd, Solihull 2006. Theodor Fontane, Der Schleswig-Holsteinsche Krieg, Reprint der Ausgabe von 1866, Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza 2008. Otto Chr. Hammer, Kaptainlieutenant, Vesterhavsøernes Forsvar i Aaret 1864, F. Hegel, Kjøbenhavn 1865. Herrmann E., Oberleutnant, Översee, Verlag Kleinmayr & Bamberg, Laibach 1904. P. F. L. Hoffmann, Der Schleswig-Holsteinsche Befreiungskrieg, Christian Wolff Verlag, Flensburg 1914. Jan Ganschow, Olaf Haselhorst, Maik Ohnezeit, Der Deutsch-Dänische Krieg 1864, Ares Verlag, Graz 2013. O. Lütken, Nordsø-Eskadren og Kampen ved Helgoland d. 9 Mai 1864, Gyldendalske Boghandels Forlag, Kjøenhavn 1884. Klaus Müller, Tegetthoffs Marsch in die Nordsee, Oeversee – Düppeler Schanzen – Helgoland im deutsch-dänischen Krieg, Styria Graz 1991. Georg Pawlik, Tegetthoff und das Seegefecht vor Helgoland, Verlag Österreich, Wien 2000. Gerd Stolz, Die »Eroberung« der nordfriesischen Inseln im Jahre 1864, Husum Druck- und Verlagsgesellschaft, Husum 1988. Gerd Stolz, Unter dem Doppeladler für Schleswig-Holstein, Husum Druck- und Verlagsgesellschaft, Husum 2004. Friedrich Ritter von Wiser, k.u.k. Generalmajor d.R., Die Besetzung der nordfriesischen Inseln im Juli 1864, (verfaßt im Jahre 1864), Verlag L.W. Seidel & Sohn, Wien 1914 Fortsetzung im nächsten ÖM über: Die Aktionen um die Nordfriesischen Inseln.