Antioxidantien-Update: Radikalfänger auf Kundenfang von Udo Pollmer Im Frühjahr '95 widmete der EU.L.E.N-SPIEGEL den .Antioxidantien" zum ersten Mal einen Schwerpunkt. Inzwischen entwickelten sich die einst mit viel Medienrummel und Vorschußlorbeeren bedachten Substanzen zum Alptraum für die Ernährungsmedizin, denn die Ergebnisse der großen klinischen Interventionsstudien fielen ziemlich ernüchternd aus: Die Krankheitshäufigkeit nahm mit Supplementen eher zu als ab, ebenso die Sterblichkeit. Dem Verkauf der Präparate tat es keinen Abbruch, im Gegenteil, die Branche erzielt Rekordumsätze. Bei der Diskussion über die Antioxidantien verblüffen die Ungereimtheiten. Wenn beispielsweise die phenolischen Verbindungen wirklich so vorteilhaft sind, dann müßten die bis vor Kurzem verteufelten Genußmittel Kaffee, Tee und Schokolade die gesündesten aller Speisen sein: Keine andere Produktgruppe enthält mehr antioxidative Polyphenole. Der Wein ist auch nicht "ohne". Hier sind es jedoch weniger die Phenole, die zur antioxidativen Kapazität beitragen, als vielmehr der gefürchtete Schwefel - das universellste und älteste Antioxidans. das die Menschheit zur Haltbarmachung verwendet. Warum eigentlich werden die günstigen Effekte des Weintrinkens nur auf die "sekundären Pflanzenstoffe" aus den Trauben zurückgeführt und nicht auf den viel wirksameren Schwefel? Seit Jahrzehnten werden unseren Lebensmitteln die Vitamine C und E zur Verlängerung der Haltbarkeit und ß-Carotin zur Färbung zugesetzt. Wer regelmäßig Fast Food speist und Limos trinkt, hat davon allemal genug. Nicht zu vergessen die vielen synthetischen Antioxidantien: Von BHA (E 320) bzw. BHT (E 231) profitieren beispielsweise alle Genießer von Kaugummis, Pommes und Pralinen. Doch die Natur hat weit wirksameres zu bieten als das: Der stärkste bekannte natürliche "Radikalfänger' ist das krebserregende Kondensat der Zigarette. Es verhindert wie kein anderer Naturstoff die Oxidation des Cholersterins. Mit der gleichen biochemischen Logik, mit der Vitamine verkauft werden, ließen sich auch Zigaretten vermarkten. Daß ein Stoff antioxidativ wirkt, will also nicht viel heißen. Antioxidantien 3 Redoxsysteme 4-7 • ß-Carotin: aus der Traum • Vitamin C: kein Wundermittel 8-10 Vom Sinn niedriger Plasmaspiegel 11 • Vitamin E: Marketing-Wunder 12-14 Von Arzt zu Arzt: Antioxidantien: alles schon mal dagewesen 15 • Multivitamine: 16-17 der Milliarden-Coup • Unverzichtbare Zusatzstoffe Zu guter Letzt 18-19 20 Update Brauchen wir Extra-Vitamine? Was der arme Schlucker auf dem Beipackzettel seiner Vitaminschachtel vergeblich sucht, wissen die Lebensmittelhersteller schon lange: Das Motto "viel hilft viel" gilt für derartige Zusätze nicht. Im Gegenteil: Hochdosiert beschleunigen die "Radikalfänger' den Verderb, sie wirken prooxidativ. Dies begrenzt naturgemäß ihren Zusatz und macht unsere Lebensmittel in dieser Hinsicht relativ sicher. Wer Lebensmitteln wahllos Antioxidantien zufügt, wird wenig Erfolg damit haben. Denn jeder Stoff wirkt spezifisch, so, wie auch Arzneimittel spezifisch wirken. Jede Anwendung erfordert eine gezielte Auswahl des jeweils richtigen Antioxidans. Und nicht zuletzt müssen alle Spuren von Eisen und Kupfer entfernt werden. Deshalb setzt man Synergisten zu. Antioxidantien für sich alleine würden nur den radikalischen Verderb beschleunigen. Von alledem ist in den Medien wie in der deutschsprachigen Fachpresse nur wenig zu hören. Führt etwa die Rücksicht auf Anzeigenkunden die Feder? Um wieviel Geld es geht, macht ein Vorfall aus den USA deutlich: Um einer Klage wegen Preisabsprachen zu entgehen, haben die Vitaminhersteller dem amerikanischen Staat aus freien Stücken mal eben 2 Milliarden DM angeboten - allein eine Milliarde stammt vom europäischen Vitamin-Multi Hoffmann La-Reche. Impressum Herausgeber: Redaktion: Wissenschaftlicher Beirat: Bezugsbedingungen: Spenden: Europäisches Institut für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften (EU.L.E.) e.V. Amselweg 7, D-65239 Hochheim, Tel: +49 - 6145 - 97 02 01, Fax: +49 - 6145 - 97 02 02, Internet: http://www.eule.com Vorstand und V.i.S.d.P.: Dr. Sebastian Hoenes, München Dipl. oec. troph. Ulrike Gonder Lebensmittelchemikerin Cornelia Hoicke Dipl. oec. troph. Jutta Muth Dipl. oec. troph. Brigitte Neumann Lebensmittelchemiker Udo Pollmer Dr. med. Dipl. Ing. Peter Porz (Internist) Lebensmittelchemikerin Gertraud Rieskamp Dipl.-Lebensmitteltechnologin Ingrid Schilsky Dr. med. vet. Manfred Stein Dipl. Biol. Ismen i Walter Prof. Dr. Herman Adlercreutz, Helsinki Prof. Dr. Michael Böttger, Hamburg Prof. Dr. Gisla Gniech, Bremen Dr. Hans F. Hübner, MD, Berlin Prof. Dr. Hans Kaunitz (t), New York Prof. Dr. Heinrich P Koch, Wien Prof. Dr. Egon P. Köster, Dijon Prof. Dr. Bernfried Leiber, Frankfurt Prof. Dr. Karl Pirlet, Garmisch-Partenkirchen Prof. Dr. Hermann Schildknecht (t), Heidelberg Der EU.L.E.N-SPIEGELerscheint alle 6 Wochen. Er ist für Mitglieder kostenlos. Die Förder-Mitgliedschaft kostet 150,- DM für Privatpersonen und 975,- DM für Firmen. Konto 52000190, BLZ 512 500 00, Taunus-Sparkasse Das EU.L.E. e.V. ist vom Finanzamt Hofheim als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt. Spenden sind steuerabzugsfähig. Von Helden und Schurken In unserem Körper tobt ein Kampf: die Guten gegen die Bösen, wie im Kino. Die Schurken sind in diesem Fall die Radikale. Sie sind überall und an allem schuld: Arteriosklerose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Altern. Rettung bringt allein die Radikal-Polizei: Antioxidantien, in erster Linie die Vitamine C, E und ß-Carotin. Aber was macht das Radikal so radikal? Und: Sind die vielgepriesenen Radikalfänger wirklich die großen Heilsbringer? Wie hängen Radikale und Antioxidantien überhaupt zusammen? Radikale sind hochaggressive Moleküle, denn sie enthalten Sauerstoffatome, denen ein Elektron fehlt. Dennoch handelt es sich um Produkte unseres ganz normalen Stoffwechsels, mehr noch, wir könnten ohne sie nicht leben: Energiegewinnung in der Atmungskette, die Bekämpfung von Bakterien durch die Immunzellen - all' das sind Prozesse, bei denen Radikale eine wichtige Rolle spielen. Allerdings können sie auch extrem gefährlich sein: Ihre Sehnsucht nach dem fehlenden Elektron ist so groß, daß sie es jedem Molekül entreißen, das ihnen in die Quere kommt. . Deshalb stehen sie unter strenger Bewachung: Reaktionen, bei denen Radikale gebildet werden, versucht der Körper stets in kontrollierten Redox-Kaskaden ablaufen zu lassen: Sobald ein Radikal entsteht, gibt ein .Hilfsmolekül" ein Elektron ab, und das Radikal ist dadurch erst einmal unschädlich gemacht. Die .Hiltsrnoleküle" werden durch die Radikale oxidiert und verhindern so zunächst, daß diese sich an wichtigen Zellmolekülen schadlos halten. Damit sind sie - voüä - Antioxidantien. Brenzlig wird es, wenn Radikale ihren Wächtern entwischen und als sogenannte freie Radikale in der Zelle Proteine, Membranlipide und sogar die DNA, die Trägerin der Radikalbildung Erbsubstanz, schädigen. Dies geschieht mit immerhin 2 - 5% des eingeatmeten Sauerstoffs. Dazu kommen exogene Quellen freier Radikale wie Tabakrauch und UV-Strahlung. Antioxidantien sind also tatsächlich lebensnotwendig. Die Sache hat jedoch einen Haken: Antioxidantien sind immer auch Prooxidantien, da sie ja selbst oxidiert worden sind und nun ein Elektron zu wenig haben. Nun wirken sie ebenfalls als Radikal und benötigen einen Elektronen-Donator. In welcher Form ein Antioxidans vorliegt, hängt von seinen Reaktionspartnern ab und von Bedingungen wie pH-Wert, Sauerstoffgehalt und nicht zuletzt von seiner eigenen Konzentration im Reaktionsgemisch. Die Redox-Kaskaden in unserem Körper sind hochempfindliche Gleichgewichtssysteme, in denen alle Teilreaktionen wie Zahnräder ineinandergreifen. Gibt man einen Reaktionspartner, z.B. ein .antioxidatives" Vitamin im Übermaß zu, kann das Gleichgewicht aus den Fugen geraten und der Stoff, der uns eigentlich schützen sollte, prooxidativ wirken. Es ist wie im wirklichen Leben: Die Schurken sind nicht ganz schlecht und die Helden nicht makellos, es kommt immer auf die Umstände an. Alles andere ist Kino. im Körper Der gefährlichste Radikalbildner ist der lebensnotwendige Luftsauerstoff. Organismen müssen mit Radikalen umgehen können, seit es Sauerstoff in der Atmosphäre gibt. Deshalb ist die Entstehung von freien Radikalen ein natürlicher Vorgang, der pausenlos im Körper stattfindet und oftmals auch vom Stoffwechsel selbst initiiert wird. 1. Autoxidationsreaktionen im Körper • Flavine: wichtige Coenzyme, Vitamin B2 • Melanin: verantwortlich für die Farbe von Haut, Haaren und Augen • Biopterine: Hydroxylierung von Phenylalanin 3. Zelluläre Quellen • Atmungskette • Fremdstoff-Oxidation in Mikrosomen • Makrophagen: Radikalbildung zur Bekämpfung von Infektionserregern 2. • • • • 4. • • • • Enzymatische Reaktionen Cytochrom P-450 Hämoglobin NADPH-Oxidase Xanthin-Oxidase Umweltfaktoren radioaktive Strahlen Metalle wie Eisen oder Kupfer Antioxidantien und Oxidantien Ultraschall ß-Carotin: Carotinoide Viele Blüten und Früchte verdanken den Carotinoiden ihre leuchtend gelbe, orange oder rote Farbe. In den Blättern werden sie vom grünen Chlorophyll maskiert, so daß sie erst im Herbstlaub hervortreten. Auch Insekten (Marienkäfer), Vögel (Flamingos) und Krebstiere (Hummer) enthalten Carotinoide: Bisher sind über 500 bekannt, die zudem in verschiedenen Strukturen (Isomeren) vorliegen. Allein vom ß-Carotin sind 272 Isomere möglich. Auch bei minimalen Strukturabweichungen sind die metabolischen Unterschiede z.T. erheblich. In der Natur werden jedes Jahr ca. 100 Mio t Carotinoide gebildet. Mengenmäßig am wichtigsten sind Fucoxanthin und Peridinin (Algen, Diatomeen), gefolgt von Lutein, Violaxanthin und Neoxanthin (v.a. in Blättern). Die als Lebensmittelfarbstoff verwendeten Carotinoide sind unbedeutend. Bedeutung in der Pflanze Als Farbstoffe in Blüten locken sie z.B. Bestäuber an, sie dienen als Photorezeptoren und Lichtfilter und sind an der Energieübertragung während der Photosynthese beteiligt. Sie stabilisieren Eiweiße und Membranen. Aus Carotinoiden wie Violaxanthin entsteht Abscisinsäure, ein Wachstumshormon, das den herbstlichen Blattfall und die Keimruhe der Samen steuert. Metabolismus beim Menschen Carotinoide werden in unterschiedlichem Umfang zu Vitamin A umgewandelt, vorzugsweise in der Schleimhaut des Dünndarms. Bei Eiweißmangel ist die Aktivität des verantwortlichen Enzyms stark vermindert. Intakt .absorbierte Carotine werden ins LDLCholesterin transportiert. Überdosen werden in den Fettzellen und in der Haut eingelagert, was ein gelbsuchtartiges Aussehen hervorruft. Diesen Ef- Als "Raucher-Vitamin" und .Zellschutz" wurden ß-Carotin-Pillen sogar an der Supermarktkasse feilgeboten. Hohe Blutspiegel sollten vor allem Risikogruppen wie Raucher vor Krebs schützen: In einigen Studien war aufgefallen, daß niedrige ß-Carotinspiegel mit höheren Krebsraten einhergehen. Da ß-Carotin in Obst und Gemüse weit verbreitet ist, hatte man außerdem aus zahlreichen Korrelationsstudien zum Obst- und Gemüseverzehr geschlossen, daß es das Provitamin A ist, das vor den Folgen eines "riskanten" Lebensstils bewahrt. Gestützt wurde die These durch Labor- und Tierversuche. Drei zum Beweis durchgeführte Interventionsstudien lieferten jedoch katastrophale Ergebnisse (EU.LEN-SPIEGEL 1998/H.9/S.5). Raucher: Carotin fördert Lungenkrebs Hennekens GH et al: Lack of effect of long-term supplementation with beta carotene on the incidence of malignant neoplasms and cardiovascular disease. New England Journal of Medicine 1996/334/S. 1145-1149 (Physicians Health Study) The Alpha- Tocopherol, Beta Garotene Gancer Prevention Study Group: The effect of vitamin E and beta carotene on the incidence of lung cancer end other cancers in male smokers. New England Journal of Medicine 1994/330/S.1029-1035 (Finnland-Studie) Omenn GS et al: Effects of a combination of beta carotene and vitamin A on lung cancer and cardiovascular disease. New England Journal of Medicine 1996/334/S.1150-1155 (GARET-Studie) Der Zusammenhang zwischen ß-Carotin und Lungenkrebs ist mittlerweile gut untersucht, immerhin wurden drei doppel blinde, placebokontrollierte Interventionsstudien in großen Kollektiven durchgeführt: Die Physicians Health Study ergab, daß ß-Carotin bei Gesunden offensichtlich nichts nützt: 22.000 Ärzte, von denen 11% rauchten, erhielten alle zwei Tage 50 mg ß-Carotin oder Placebo. Nach 12 Jahren fand sich kein Unterschied zwischen beiden Gruppen, weder bei der Krebsrate oder bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen noch bei der Gesamtsterblichkeit. Damit, so die Autoren, sei ,jede noch verbliebene Hoffnung darauf, daß ß-Carotin-Supplemente, zumindest für Erwachsene, ein effektives Mittel seien, um das Risiko für Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken, im Keim erstickt". Die Finnland-Studie wurde dagegen mit Rauchern durchgeführt, einer Risikogruppe, die durch niedrige ß-Carotinspiegel im Blut auffällt. Man verabreichte 30.000 Männern 5 - 8 Jahre lang täglich entweder o-Tocopherol (50 mg), ß-Carotin (20 mg), beides oder Placebo. Während Vitamin E das Risiko nicht beeinflußte, stieg die Lungenkrebsrate in der ß-Carotin-Gruppe bereits nach 18 Monaten progressiv an. Am Ende waren in der ß-Carotin-Gruppe 18% mehr Lungenkrebsfälle aufgetreten als bei den Teilnehmern, die "nur" geraucht hatten. Die Gesamtsterblichkeit war durch ß-Carotin um immerhin 8% erhöht. Damit war klar, daß ß-Carotin genau den Menschen, denen es den größten Nutzen bringen sollte, schadet. aus der Traum fekt nutzte man bei .Bräununqspillen''. Über den Abbau der Carotinoide im Körper ist praktisch nichts bekannt. Durch Rückkopplungseffekte ist eine Vitamin-A-Vergiftung durch hohe Carotinoiddosen praktisch ausgeschlossen. Kumulative Lungenkrebsrate durch ß-Carotin und Gesamtsterblichkeit und Vitamin (in %) A in der CARET -Studie Die CARET -Studie bestätigte die Ergebnisse der Finnland-Studie in vollem Umfang: 18.000 Raucher und Asbestarbeiter nahmen durchschnittlich vier Jahre lang täglich 30 mg ß-Carotin und 25.000 IU Vitamin A oder Placebo ein. Die Lungenkrebsrate stieg durch die Vitaminpräparate um 28%. Die Gesamtsterblichkeit lag 17% über der Placebogruppe, wobei allein die Sterblichkeit an Lungenkrebs um 46% gestiegen war. Aufgrund dieser alarmierenden Zahlen wurde die Studie 21 Monate vor ihrem geplanten Ende abgebrochen. Anmerkung: Die schädlichen Wirkungen von ß-Carotin bei Rauchern wurden nachträglich im Tierversuch bestätigt: Marder entwikkelten nach sechsmonatiger ß-Carotingabe Metaplasien in der Lunge, die als Krebsvorstufen gelten. Zigarettenrauch verstärkte den Effekt (Journal of the National Cancer Institute 1999/91/S. 60-66). Außer bei Lungenkrebs "versagte" ß-Carotin auch in einer Interventionsstudie zur Prophylaxe von Hautkrebs (Lancet 1999/354/S. 723729) sowie zur Vorbeugung anderer Zivilisationsleiden wie Diabetes '. (Journal of the Am~rican Medical Association 1999/282/S. 1073-1075). Kein Schutz fürs Erbgut van Poppel G et al: No inf/uence of ß-carotene on oxidative DNA damage in male smokers. Journal of the National Cancer Institute 1995/87/S. 31 0-311 Schäden an der DNA stellen einen ersten Schritt in der Krebsentstehung dar. Als Maßstab für eine oxidative Schädigung der DNA gilt der Gehalt an 8-0xo-7,8-dehydro-2'deoxy-Guanosin (8-oxodG) im Urin. Bei Rauchern, die bekanntlich ein höheres Krebsrisiko haben, ist die 8-oxodG-Ausscheidung im Urin um 50% erhöht. Die Autoren untersuchten an 122 Rauchern, ob ß-Carotin die DNA vor oxidativen Schäden schützen kann. Die Versuchspersonen erhielten 14 Wochen lang täglich entweder 20 mg ß-Carotin oder ein Placebo. Es zeigte sich keinerlei Effekt. Die Studie liefert, so die Autoren, "weitere Hinweise auf die Abwesenheit eines Krebspräventionspotentials von ß-Carotin". Carotinoide in Lebensmitteln Der Gehalt und die Zusammensetzung der Carotinoide in Lebensmitteln schwanken erheblich. Aufgrund ihrer hohen Instabilität sind je nach Lagerung und Verarbeitung stets andere Carotinoidmuster in der Nahrung enthalten. Die Bioverfügbarkeit einzelner Carotinoide ist sehr unterschiedlich. Sie wird von der Anwesenheit anderer, teilweise unbekannter Naturstoffe im Lebensmittel beeinflußt. Zudem variiert die Resorptionsrate je nach Lebensmittel. Nährwerttabellen erlauben daher keine Rückschlüsse auf die Carotinoidzufuhr. Durch Kochen wird ß-Carotin zu ßIonon abgebaut. Dieser Duftstoff ist im Gegensatz zur Muttersubstanz ein viel besserer Kandidat für gesundheitliche Effekte: ß-Ionon hemmt die HMG-CoA-Reduktase und könnte so punktuell die Krebsentstehung verhindern. Stabilität gegenüber Oxidation Auch wenn Carotinoide als Antioxi- . dantien bezeichnet werden, trifft eher das Gegenteil zu: Ihre Fähigkeit Licht zu absorbieren, macht sie sehr empfindlich gegenüber Sauerstoff und Metallspuren. Sie wirken überhaupt nur bei sehr niedrigen Sauerstoffpartialdrücken antioxidativ. In Gegenwart von Sauerstoff, aber auch von Kupfer oder Eisen (Blut!) wirken sie prooxidativ. Um eine Oxidation zu vermeiden, erfolgen Gewinnung und Lagerung der Carotinoide unter Vakuum bzw. Stickstoff. Aufgrund dieser Instabilität werden die Carotinoide mit Antioxidantien wie BHT (E 321) versetzt. Prostata: mehr Krebs durch Carotin Key TJA et al: A case-control study of diet and prostate cancer. British Journal of Cancer 1997176/S. 678-687 ß-Carotin (E 160a) wird trotz seiner Verbreitung in der Natur überwiegend synthetisch hergestellt. "Natürliches" Carotin stammt in erster Linie aus Algen (Dunaliella salina), Schimmelpilzen (Blakeslea frispora) und gelegentlich Palmkernölen. Als Farbstoff wird es Limonaden, Margarine, Cremes, Butter, Schmelzkäse, Suppen, Nudeln und Süßwaren zugesetzt. Ein weiterer Aufnahmepfad sind tierische Lebensmittel, da Futtermittel mit ß-Carotin angereichert werden, um das Milchfett bzw. die Butter gelb zu färben. Beim Kochen kommt es zum Abbau (ß-Ionon) und zu zahlreichen Isomerisierungen. Bixin, Norbixin (E 160b) Natürliche Farbstoffe aus den Samenkrusten des Anattostrauchs (Bixa orellana), der in Indien, Peru und Brasilien angebaut wird. Die synthetische Herstellung ist aus Lycopin möglich. Weltweit werden etwa 140 t des Gemisches verbraucht. Es enthält nicht nur zahlreiche weitere Farbstoffe, sondern auch erhebliche Mengen an bisher nicht identifizierten Verbindungen. Capsanthin, Capsorubin (E 160c) ist ein Farbextrakt aus der Paprika (Capsicum annuum), der zugleich einen Teil der Aromastoffe enthält. Verbrauch in Europa ca. 400 t pro Jahr, vor allem für Fertigsuppen und spanische Chorizowürste. Lycopin (E 160d) ist weit verbreitet, z.B in Schwarztee, Orangen, Auberginen, Papayas und Pfeffer. Gewinnung durch Extraktion mit Lösungsmitteln aus Tomaten. Die Extrakte sind aufgrund ihres ausgeprägten Aromas nur eingeschränkt verwendbar. Durch Mutationszüchtung stehen heute auch Mikroorganismen zur Vertügung, die Lycopin synthetisieren. Heinonen OP et al: Prostate cancer and supplementation with a-tocopherol and ß-carotene: incidence and mortality in a controlled trial. Journal of the National Cancer Institute 1998/90/S.440-446 (Finnland-Studie) In der britischen Fall-Kontroll-Studie über Prostatakrebs gaben je 328 Patienten und Kontrollpersonen Auskunft über ihre Ernährungsgewohnheiten und über die Einnahme von Supplementen während der vorangegangenen fünf Jahre. Im Mittelpunkt des Interesses standen ß-Carotin und Lycopin: Die Zufuhr beider Carotinoide korrelierte jedoch nicht mit Tumoren der Prostata. In der Finnland-Studie fiel die Auswertung deutlich unerfreulicher aus: Hier erhöhte sich unter ß-Carotin sowohl das Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken (+23%) als auch, daran zu sterben (+15%). Bei den klinisch relevanten Fällen der Stadien li-IV war die Steigerung des relativen Risikos durch ß-Carotin signifikant (+35%). Insbesondere für Probanden, die Alkohol tranken, erwiesen sich die ß-Carotin-Pillen als schädlich. Anmerkung: Die prospektive Western Electric Study bestätigt die Ergebnisse in der Tendenz auch für Lebensmittel: Je mehr ß-Carotin die Probanden mit ihrer Nahrung aßen, desto größer war ihr Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken (Epidemiology 199617/S.472-477). Nie mit Alkohol: Carotin schadet der Leber Ahmed S et al: Interactions between alcohol and ß-carotene in patients with alcoholic liver disease. American Journal of Clinical Nutrition 1994/60/S.430 Nach landläufiger Auffassung "verbraucht" Alkohol Carotin, so daß der Bedarf steigt. Diese Einstellung muß nach der Publikation der Arbeitsgruppe um den "Alkohol-Papst" Charles Lieber revidiert werden. So fällt der Carotinpegel mit steigendem Alkoholkonsum nicht gleichmäßig ab: Bei mäßigem Konsum sinkt er, um sich mit zunehmender Alkoholzufuhr immer mehr dem Normwert anzunähern. Selbst wenn, wie im Falle einer Lebercirrhose, niedrige Carotinwerte gemessen werden, könnte eine Supplementierung nachteilig sein: Aus Versuchen mit Pavianen ist bekannt, daß die gleichzeitige Verabreichung von Alkohol und ß-Carotin zu histologischen Veränderungen der Leber führt. Die Autoren empfehlen deshalb dringend, bei ß-Carotingaben die Alkoholzufuhr zu drosseln, um toxische Carotin-Konzentrationen in der Leber zu vermeiden. Anmerkung: Den Umkehrschluß wagte offenbar niemand zu formulieren: Wer Alkohol trinkt, sollte die Finger von ß-Carotin lassen. Infarkt: Carotin senkt Lebenserwartung Rapola JM et al: Randomized trial of a-tocopherol and ß-carotene supplements on incidence of major coronary events in men with previous myocardial infarcation. Lancet 1997/349/S.1715-1720 In der Finnland-Studie war durch ß-Carotin-Supplernente auch die Sterblichkeit durch Herzinfarkt erhöht: Verglichen mit Rauchern, die kein Carotin bekommen hatten, waren in der ß-Carotin-Gruppe mehr Männer (+57) an ischämischen Herzerkrankungen verstorben. In einer späteren Auswertung wurden jene Probanden untersucht, die bereits einen Infarkt überlebt hatten: Durch ß-Carotin stieg ihr Risiko, beim zweiten Herzinfarkt zu sterben, um 75%. Anmerkung: Auch die zu Beginn der Studie gesunden Teilnehmer profitierten nicht von den ß-Carotin-Pillen: Im Vergleich zur Placebogruppe kam es zu einem leichten, aber signifikanten Anstieg von Angina pectoris. Der beklemmende Schmerz im Brustkorb gilt als Vorbote eines Herzinfarktes (Journal of the American Medical Association 1996/275/S. 693-698). Linsentrübung: kein Durchblick mit Lutein Chasan- Taber Let al: A prospective study of carotenoid and vitamin A inteke and risk of cataract extraction in US women. American Journal of Clinical Nutrition 1999flO/S.509-516 Nach den ernüchternden Ergebnissen der ß-Carotin-Studien werden nun offensichtlich auch die anderen Carotinoide auf mögliche Gesundheitswirkungen hin "abgeklopft". Die Nurses Health Study mit rund 80.000 Krankenschwestern befaßte sich u.a. mit Katarakten, den im Alter typischen Trübungen der Augenlinse. Da die Oxidation der Linsenproteine als eine Hauptursache gilt und die .antloxldatlven" Carotinoide Lutein und Zeaxanthin in der Augenlinse nachweisbar sind, wurde nach einem Zusammenhang zwischen der Carotinoidaufnahme und Linsentrübungen gesucht. Frauen, die das meiste Lutein und Zeaxanthin mit der Nahrung gegessen hatten, ließen sich im Vergleich zu jenen mit der niedrigsten Zufuhr seltener eine getrübte Linse entfernen (-22%). Daraus schließen die Autoren, daß die Carotinoide bzw. Lebensmittel wie Spinat und Grünkohl möglicherwiese vor Katarakten schützen. Anmerkung: Daß es sich bei der gefundenen Korrelation um einen ursächlichen Zusammenhang handelt, ist mehr als zweifelhaft: Zunächst einmai ist nicht etwa das Auftreten der Katarakte untersucht worden, sondern die Tatsache, ob sich die Frauen operieren ließen. Es kann auch sein, daß Frauen, die sich eine getrübte Linse entfernen lassen, "gesundheitsbewußter' leben als jene, die sich nicht operieren lassen. Außerdem liegen noch immer keine brauchbaren Analysendaten zum Luteingehalt vieler Lebensmittel vor. Lycopin: Ketchup für die Prostata Giovannucci E, Clinton SK: Tomatoes, Iycopene, and prostate cancer. Proceedings of the Society for Experimental Biology and Medicine 1998/218/S. 129-139 Lycopin, das Carotionoid, das Tomaten rot färbt, soll vor Prostatakrebs schützen. Immerhin hatten zwei prospektive Studien einen inversen Zusammenhang ergeben: je einmal zum Pizzaverzehr und zum Verzehr von Tomatensoße. Daraus wurde gefolgert, daß Lycopin der entscheidende Wirkstoff sein müsse. Aufgrund der unangenehmen Erfahrungen mit ß-Carotin ist man bei der Interpretation der Daten allerdings etwas vorsichtiger geworden und betont, daß der Zusammenhang mit Lycopin noch nicht erwiesen sei. Anmerkung: Pizza besteht aus einer Reihe von Zutaten, und Tomatensoße wird stets zusammen mit anderen Lebensmitteln verzehrt. Warum korreliert man das Prostatakrebsrisiko dann nicht mit der Aufnahme von Oregano, Salami oder Nudeln? ß-Apo-8'-Carotinal (E 160e) bzw. -Carotinsäure-Ethylester (E 160f) kommen in Gras, Leber und Zitrusfrüchten vor, werden jedoch synthetisch hergestellt. Vor allem zur Eidotter-Pigmentierung und Färbung von weinhaitigen Getränken. Lutein (E 161 b) Pflanzlicher Farbstoff, der auch in Süßwasserfischen enthalten ist. Mais wird auf einen hohen Luteingehalt hin gezüchtet, um dessen färbende Wirkung im Hühnerfutter zu nutzen. Lutein fällt bei der Gewinnung von Chlorophyll (E 140 a und b) aus Tagetes an. Aufgrund des hohen _Preises ist Lutein als Farbstoff eher uninteressant, es wird jedoch als teures Nahrungsergänzungsmittel vermarktet. Canthaxanthin (E 161 g) kommt in Flamingofedern und Pfifferlingen vor. Es ist das einzige zugelassene Carotinoid, das vom Körper nicht in Vitamin A umgewandelt werden kann. Verwendung vor allem in Futtermitteln als Farbstoff für Eidotter, zur Pigmentierung von Hähnchenhaut und um Forellen das Aussehen von Lachs zu geben. Wegen der Augenschäden (Goldflitterphänomen) in Bräunungspillen verboten. Die WeItgesundheitsorganisation weist auf die Gefahr von Leberschäden hin. Astaxanthin wird dem Futter von Lachsen, Forellen und Shrimps zugesetzt, um ihrem Fleisch jene rosa Färbung zu verleihen, die die Wildfänge vom Algenfressen bekommen. Kosten: 2.500 $ pro kg. Weltweit werden etwa 7.000 t synthetisches Astaxanthin vermarktet. Einige Firmen versuchen ihr Glück derzeit mit "natürlichem" Astaxanthin aus der Alge Haematococcus pluvialis oder der Hefe Phaffia rhodozyma als Nahrungsergänzungsmittel. Vitamin C: Ascorbinsäure (E 300 - 304) L-Ascorbinsäure ist nur für Primaten und Meerschweinchen ein Vitamin. Alle anderen Tiere können sie selbst bilden. Der Metabolismus unterscheidet sich je nach Spezies deutlich, so daß Tierversuche nur bedingt auf den Menschen übertragbar sind. Der Mensch benötigt Vitamin C nur für wenige enzymatische Reaktionen, wie z.B. Hydroxylierungen. Dazu gehören die Bildung von Kollagen, Carnitin, Serotonin und Corticotropin sowie der Abbau von Cholesterin. Weiterhin ist Ascorbinsäure ein Cofaktor von Entgiftungsenzymen in der Leber. Durch Hydroxylierung werden lipophile Stoffe wasserlöslich und können ausgeschieden werden. Trotz jahrzehntelanger intensiver Forschung wird die exakte Natur der Ascorbinsäure als Cofaktor bis heute nicht verstanden. Irritierend wirkt vor allem der Tatbestand, daß die Aktivität der fraglichen Enzyme nicht vom Vitamin-C-Status abhängig ist. Im menschlichen Körper wird ein Teil der Ascorbinsäure zu AscorbatSulfat, Dehydroascorbat, 2,3-di-ketoL-Gulonat und Oxalat abgebaut, der Rest wird unverändert über den Urin ausgeschieden. Von der Ascorbinsäure gibt es vier Isomere, von denen D-Ascorbinsäure und L-Araboascorbinsäure keinerlei Vitaminaktivität zeigen. Neben der LForm weist lediglich die Erythorbinsäure eine geringe Aktivität auf. Aufgrund ihrer starken antioxidativen Wirkung wird Erythorbinsäure als Zusatzstoff (E 315) verwendet. Die üblichen Bestimmungsmethoden für Ascorbinsäure erfassen die Isomere mit, so daß die analytischen Daten sowohl für Lebensmittel als auch für die Plasmaspiegel im Blut mit Skepsis zu betrachten sind. Lediglich die HPL-Chromatographie liefert aussagekräftige Ergebnisse. Kaum ein Vitamin ist derart populär und gilt so sehr als Inbegriff des Gesunden wie Vitamin C. Entsprechend lang ist die Liste der Wunderwirkungen, die es vollbringen soll: vor Erkältungen und Infektionen bewahren, das Immunsystem stärken, das Bindegewebe straffen, Umweltgifte unschädlich machen, das Altern hinauszögern und - natürlich - den Krebs besiegen. Populärster und streitbarster Verfechter des Vitamin C war Linus Pauling, der zwar an Krebs starb, aber immerhin 92 Jahre alt wurde - weil oder obwohl er täglich mehrere Gramm des Vitamins zu sich nahm. Trotz zahlreicher Bemühungen gelang es bis heute nicht einmal, die populärste aller Versprechungen zu sichern: Die vorbeugende Wirkung gegen Erkältung und Grippe wartet immer noch auf eine wissenschaftliche Bestätigung. Ein therapeutischer Nutzen ist bisher nur für die Behandlung der Methämoglobinämie (Blausucht) durch Nitritvergiftung belegt. Vitamin C und Eisen - eine gefährliche Mischung Herbert Vet al: Vitamin C-driven free radical generation of Nutrition 1996/126/S.1213S-1220S from iron. Journal MeQadosen an Ascorbinsäure sind für alle Patienten mit Eisenspeicherkrankheiten riskant. Todesfälle durch eine einzige VitaminC-Gabe sind dokumentiert, so z.B. bei drei jungen Sportlern mit Hämochromatose. In den USA tragen über 10% der nichtschwarzen und bis zu 30% der schwarzen Bevölkerung Gene, die zur Eisenüberladung prädisponieren. Zumindest ihnen würde jedes zusätzliche Vitamin C schaden: Ascorbinsäure erhöht nicht nur die Eisenresorption, sie wandelt auch proteingebundenes dreiwertiges Eisen in aggressives, freies zweiwertiges Eisen um. Hohe Eisenspeicher können in Gegenwart von reduzierter Ascorbinsäure die Leber schädigen, Krebs auslösen, Arteriosklerose und tödliche Herzmuskelschäden verursachen. Der Mechanismus ist in seinen Grundzügen experimentell geklärt: Eisen ist der größte Produzent zellschädigender freier Radikale im Körper. Deswegen wird freies Eisen sofort an das Transporteiweiß Transferrin oder an das Speichereiweiß Ferritin gebunden. Im Ferritin wird es als unschädliches Fe3+ eingeschlossen. Im Falle eines hohen Serumspiegels an Ascorbinsäure gelangt diese ins Innere des Ferritins, reduziert Fe3+ zu Fe2+, das nun wieder ins Serum abgegeben wird. Fe2+ ist ein Katalysator, der nMilliarden freier Radikale erzeugt". So wie Eisen ist nach den Worten des Autors auch nVltamin C ein zweischneidiges Schwert, das für die Gesundheit essentiell ist und in physiologischen Mengen ein Antioxidans, das aber in pharmakologischen Dosen prooxidativ wirkt". Anmerkung: Die kalifomische Biochemikerin Rebecca Crawford glaubt, daß große Eisenvorräte im Körper möglicherweise der wichtigste gemeinsame ätiologische Faktor bei der Entstehung von Herzinfarkten, Krebs, Diabetes, Osteoporose und Arthritis sind. Sie macht dafür jedoch weniger die eisenreichen Lebensmittel wie z.B. Fleisch verantwortlich, sondern speziell die Kombination von Vit- kein Wundermittel Der Mindestbedarf des Menschen wird vom Wissenschaftlichen Lebensmittelausschuß der EU mit 12 mglTag beziffert, nachdem Versuche mit Gefangenen, die 99 (!) Tage lang Vitamin-C-frei ernährt wurden, zeigten, daß bereits 6,5 - 10 mg täglich ausreichen, um einen Mangel zu beheben. In einem neuen Experiment wurden auch bei weniger als 3,9 mglTag keine Mangelerscheinungen beobachtet (American Journal of Clinical Nutrition 1997/65/5.1434-1440). Die häufig zitierte Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) von 75 - 125 mglTag gibt nicht den Bedarf an, sondern die sog. .Bevölkerunqsreferenzzufuhr". Diese Empfehlung der DGE wird vom Wissenschaftlichen Lebensmittelausschuß der Europäischen Union mit dem Hinweis kritisiert, es sei "schwer einen Bedarf zu rechtfertigen, der die Speicherfähigkeit der Zellen übersteigt" (Berichte des Wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses, 31. Folge, Luxemburg 1993). amin C und Zitronensäure: Sie können die Resorption von Eisen verdoppeln bis vervierfachen. Beide Substanzen befinden sich z.B. in Orangensaft und Zitrusfrüchten, deren Konsum in den vegangenen Jahrzehnten enorm zugenommen hat, während der Fleischkonsum sank (Biochemical and Molecular Medicine 1995/54/5.1-11). Osteoporose: powered by Vitamin C Michae/sson K et al: Diet and hip fracture risk: a case-control-study. tional Journal of ~pidemiology 1995/24/5.771-782 Interna- Bei einer prospektiven Fall-Kohorten-Studie mit 65.000 Frauen (geb. 1914 bis 1948) schützte eine erhöhte Calciumzufuhr nicht vor Oberschenkelhalsbrüchen; ein Ergebnis, das mit den meisten anderen prospektiven Studien übereinstimmt. Erstaunlicherweise nahm .die Zahl der Frakturen signifikant mit erhöhter Aufnahme von Vitamin C, Eisen und Magnesium zu. Frauen, die mehr als 95 mg Ascorbinsäure am Tag aßen, hatten ein beinahe doppelt so hohes Risiko als Frauen mit einer eher "knappen" Versorgung (weniger als 42 mglTag). Ein negativer Effekt auf das Skelett war bislang nur aus Tierversuchen bekannt, die auf eine vermehrte Mobilisation des Calciums aus den Knochen hindeuten. Supplemente: gut für den Tumor Agus DB et al: 5tromal cell oxidation: a.mechanism vitamin C. Cancer Research 1999/59/5.4555-4558 by which tumors obtain Krebspatienten, die hohe Dosen Vitamin C einnehmen, erweisen sich wahrscheinlich einen Bärendienst: Da Tumoren große Mengen Vitamin C anreichern, besteht der dringende Verdacht, daß sich die Krebszellen mit Hilfe der Ascorbinsäure vor den Folgen von Chemotherapie und Bestrahlung schützen. Es muß sich um eine gezlelte Anreicherung handeln, denn eigentlich sind die meisten Tumorzellen gar nicht in der Lage, Ascorbinsäure aufzunehmen. Sie .behelfen" sich damit, daß sie Superoxid-Anionen (Radikale!) bilden, die Ascor- Wichtiger Zusatzstoff Bis vor wenigen Jahren war der klassische Syntheseweg für Vitamin C von 1934 unübertroffen: Glucose wird zunächst zu Sorbit hydriert und dann bakteriell mit Acetobacter zu t-sorbose oxidiert. Nach katalytischer Oxidation zur 2-Keto-L-Gulonsäure entsteht daraus mit verdünnten Säuren die LAscorbinsäure. Inzwischen hat die Gentechnik den Prozeß stark vereinfacht. Nicht nur die Oxidation zur Sorbose wurde optimiert, mittlerweile verstoffwechseln Mikroorganismen auch die Sorbose zur 2-Keto-L-Gulonsäure, die dann auf chemischem Wege zu Ascorbinsäure dehydriert wird. Gewöhnlich wird Vitamin C nicht zur Vitaminierung zugesetzt, es verschafft vielmehr technologische Vorteile: So ist Ascorbinsäure das wichtigste Mehlreifungsmittel in Deutschland, sie erhöht die Wasseraufnahme im Brotteig, sie verlängert die Haltbarkeit von Getränken, verzögert das Braunwerden von Früchten und beschleunigt die Umrötung bei Würsten. Fetthaitigen Lebensmitteln wie Rohwurst wird Ascorbinsäure in Form von Palmitoyl-Ascorbinsäure (E 304) zugesetzt. Sie wirkt darin als Synergist, indem sie phenol ische Gruppen regeneriert und Metallspuren chelatisiert. Stabilität gegenüber Oxidation Ascorbinsäure ist sehr empfindlich gegenüber oxidativen Einflüssen. Deshalb sollten Luftzutritt (Sauerstoff), Kupfer, Eisen und Wärmebelastungen vermieden werden. Oftmals wird sie mit Metaphosphorsäure, Aminosäuren, 8-Hydroxychinolin, Glykolen oder reduzierenden Zuckern wie Glucose stabilisiert. Diese große Empfindlichkeit führte zur EntwiCklung neuer, stabilerer Ascorbinsäureverbindungen für Lebensmittel, wie z.B. dem Ascorbinsäure-2-Phosphat oder der s-o-o-olucopyranosyl-Ascorbinsäu re. binsäure zu Dehydroascorbinsäure oxidieren, welche leicht aufgenommen werden kann. In der Tumorzelle angelangt, wird die Dehydroascorbinsäure wieder zur Ascorbinsäure reduziert. Toxizität von Megadosen • • • • • • • • • • • • • • • ab 1 g pro Tag Durchfälle, ab 3 g Koliken erhöhte Östrogenspiegel: Vorsicht bei Einnahme der Antibabypille Kupfer-Mangel und Zersetzung von Vitamin B12 erhöhte Absorption von Aluminium aus aluminiumhaitigen Magensäurebindern Wirkungssteigerung von Tetracyclinen durch Harnansäuerung allergische Reaktionen sind selten, womöglich durch Antioxidantien, die zur Stabilisierung zugesetzt werden, wie z.B. Sulfit (Injektionslösungen) oder Ethoxyquin (Tabletten) bei Mangel an Glucose-6-phosphat-Dehyrdrogenase, einem verbreiteten Gendefekt, Hämolysegefahr bei Eisenspeicherkrankheiten wie Thalassämie, sideroblastische Anämie oder Hämochromatose sind Cardiomyopathien möglich bei Neigung zu Nierensteinen Gefahr von Oxalat-, Cystin- und Uratsteinen durch angesäuerten Urin, insbesondere unter Einnahme von Sulfonamiden Gichtanfälle Zahnerosion bei Kautabletten Rebound-Skorbut nach abruptem Absetzen von Megadosen möglich, auch bei Neugeborenen, wenn während der Schwangerschaft supplementiert wurde verfälschte klinische Labordiagnostik, je nach Test falsch-positive bzw. falsch-negative Befunde bei Blutzucker, Harnsäure, Kreatinin, anorganischem Phosphat, Transaminasen, LDH, Bilirubin, okkultem Blut im Stuhl verzögert beim Gesunden die Insulinantwort, beeinträchtigt möglicherweise die Wirksamkeit der Insulintherapie bei Typ-1-Diabetes Stimulation der Schilddrüsenhormone T3 und T4 Vitamin C - nichts für Raucher Nyyssönen K et al: Effect of supplementation of smoking men with plain or slow release ascorbic acid on lipoprotein oxidation. European Journal of Clinical Nutrition 1997/51/5.154-163 59 Raucher erhielten zwei Monate lang täglich 500 mg Vitamin C, um die Auswirkungen auf die Oxidation der Blutlipide zu untersuchen. Weder beim LDL noch beim VLDL konnte ein antioxidativer Effekt nachgewiesen werden. Wieder Erwarten stieg jedoch der Malondialdehyd-Wert im Plasma an. Malondialdehyd gilt als Marker für eine erhöhte Lipidoxidation. Die Autoren liefern keine Erklärung für diesen Befund. Anmerkung: Auch andere Studien belegen die prooxidative Wirkung von Vitamin C: 30 gesunde Versuchspersonen erhielten 6 Wochen lang täglich 500 mg Vitamin C. Auf der Suche nach DNASchäden in den Lymphozyten zeigte sich ein paradoxer Effekt: Während ein Marker für oxidative Schäden (8-oxo-Guanin) signifikant sank, nahm ein anderer (8-oxo-Adenin) signifikant zu. Angesichts der gängigen Praxis, auch hochdosiertes Vitamin C als gesundheitsfördernd zu bewerben, warnen die Autoren: Störungen der fein abgestimmten Balance körpereigener Redoxsysteme könnten oxidative Schäden fördern und Krankheiten begünstigen (Nature 1998139215.559) . Kein Schutz vor Nitrosaminen Garland WA et al: Urinary excretion of nitrosodimethylamine and nitrosoproline in humans: Interindividual and intraindividual differences and the effect of administered escorbic acid and a-tocopherol. Cancer Research 1986/46/ 5.5392-5400 Percibal/i M et al: Nitrite-cured meats as a source of endogenously and exogenously formed N-nitrosoprolin in the ferret. Food and Chemical Toxicology 1989/27/5.111-116 Vitamin C bremst in vltro die Bildung von krebserregenden Nitrosaminen. Daraus wurde die Empfehlung abgeleitet, gepökelte . Speisen wie Schinken stets zusammen mit Ascorbinsäure-reichen . Lebensmitteln zu essen, um Krebs vorzubeugen. In der Praxis scheint dieser Ratschlag wertlos. Bei 24 Probanden, die drei Wochen lang Megadosen Ascorbinsäure (4 mal täglich 0,6 g) plus Vitamin E (100 IUlTag) einnahmen, veränderte sich die Ausscheidung der Nitrosamine im Urin nicht. Da sich gebundene Nitrosamine (EU.LEN-SPIEGEL 1996/H.1/5.1-6) der Analyse entziehen, wurde bei Frettchen zusätzlich die Bildung gebundener Nitrosamine durch radioaktiv markierte Amine verfolgt. Auch hier hatte hochdosiertes Vitamin C keinerlei Auswirkungen auf die Entstehung sämtlicher Nitrosamine. Anmerkung: In-vitro-Versuche mit dem Darmkeim Klebsiella zeigen, daß Vitamin C auch die Entstehung von Krebsauslösern forcieren kann: Es aktiviert die bakterielle N-Acetyltransferase. Dieses Enzym verwandelt mit der Nahrung aufgenommene Arylamine in aktive Cancerogene (Food and Chemical Toxicology 1997/35/5.1151-1157). Vom Sinn niedriger Plasmaspiegel Wer oxidativem Streß ausgesetzt ist, wie z.B. Raucher, zeichnet sich meist durch niedrige Plasmaspiegel an Antioxidantien aus. Was wäre da naheliegender, als die "fehlenden" Mengen mit Supplementen aufzufüllen. Vielleicht lassen sich damit die negativen Auswirkungen des Rauchens auffangen und die Selbstheilungskräfte aktivieren. Doch Vorsicht: Es häufen sich Befunde über paradoxe Effekte durch hochdosierte Supplemente. Das legt die Vermutung nahe, daß der Körper bei oxidativem Streß die Konzentration an Antioxidantien im Blut gezielt senkt, um sich zu schützen. Damit hätten erniedrigte Plasmaspiegel einen biologischen Sinn. Niedrige Spiegel an Vitaminen werden in einer Überflußgesellschaft gerne als erste Vorboten einer drohenden Knappheit gedeutet. Offenbar scheint man zu vergessen, daß das innere Milieu des Organismus einer Homöostase unterliegt. Der Körper muß sein biochemisches Innenleben gegenüber den Umweltschwankungen verteidigen. Die Homöostase sorgt dafür, daß Stoffwechselparameter wie Temperatur, Cholesterin oder Blutzucker in einem engen Rahmen konstant gehalten werden. Über hormonelle und neuronale Rückkopplungsmechanismen wird ein bestimmter Sollwert eingestellt. So wie der Körper bei einem Infekt die Körpertemperatur erhöht, so senkt er bei Infektionen, Fieber, Traumen oder Operationen den Vitamin-C-Spiegel im Plasma deutlich ab. Eine plausible Erklärung wäre, daß er diese Maßnahme nicht aufgrund eines "erhöhten Verbrauchs" ergreift, sondern zur Gefahrenabwehr. Für den Körper ist es außerordentlich wichtig, bei oxidativem Streß oder bei Erkrankungen, die mit vermehrtem Abbau von Erythrocyten (Eisen!) einhergehen, den ß-Carotin- und Vitamin-C- Standard-Reduktionspotentiale Reduktionsstüfe Oxidationsstufe Succinat + CO2 a-Ketoglutarat angeregtes Chlorophyll ionisiertes Chlorophyll Acetaldehyd fA_cetat Ferredoxin(Fe3+) Ferredoxin (Fe2+) kx-Ketoqlutarat Isocitrat NAOH NAO+ Riboflavon red. Riboflavin ox. ~thanol IAcetaldehyd Lactat ~ytochrom b Pyruvat (Fe2+) !Ascorbat Oehydroascorbat Ubihydrochinon ~ytochrom c Cytochrom b (Fe3+) (Fe2+) Ubichinon Cytochrom c (Fe3+) Spiegel im Plasma zu senken, um eine Prooxidation zu vermeiden. Im Falle akuter oder chronischer Erkrankungen sowie beim Rauchen könnten daher die häufig gefundenen, niedrigen Antioxidantienspiegel optimal sein. Die Notwendigkeit präzise regulierter Antioxidantien-Spiegel kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden: Die gesamte Energie für Arbeit, die Lebewesen verrichten, stammt aus dem Elektronenfluß der Redoxreaktionen. Pflanzen bauen mittels Sonnenlicht und Photosynthese kom pie_xe Moleküle auf; Tiere gewinnen die darin enthaltene Energie wieder, indem sie z.B. Glucose über die Atmungskette zu Kohlendioxid oxidieren. Die Wege der Elektronen im Stoffwechsel sind komplex: Mit Hilfe von Enzymen gehen sie auf spezielle Trägemoleküle über. Diese Carrier reichen die Elektronen unter Freisetzung von Energie weiter. Ein Reihe anderer Moleküle setzt die Energie aus dem Elektronenfluß in Arbeit um. Da dieser Prozeß auf kleine Schritte verteilt ist, bedarf es komplexer und exakt regulierter Redox-Kaskaden mit unterschiedlichen Redox-Potentialen. biologisch wichtiger Redoxsysteme Elektronenfluß I Redoxpotential Vitamin E: das Tocopherole (E 306 - 309) Der Begriff "Vitamin E" umfaßt eine Reihe chemisch nahe verwandter Substanzen, von denen acht natürlich vorkommen: 0.-, ß-, 't: und ö-Tocopherol sowie 0.-, ß-, y- und 6-Tocotrienol. Die mit Abstand stärkste biologische Wirkung hat o-Toccpherol. Tocopherole werden nur von Pflanzen synthetisiert. Besonders reich sind die Öle von Sojabohnen, Weizenkeimen, Baumwoll- und Luzernesamen sowie Nüssen. Allerdings ist das besonders wirksame «-Tocopherol darin in unterschiedlichen Anteilen vorhanden. In der Sojabohne macht es nur 10% der Gesamttocopherole aus. Bei der Raffination der Öle geht ein Teil der Tocqpherole verloren. Der Säugetierorganismus bevorzugt das «-lsorner. Deshalb herrscht diese Form in tierischen Lebensmitteln wie Leber, Eier und Fisch vor. Technisch wird Tocopherol aus Aceton über Linalool und Isophytol synthetisiert. Dabei entsteht ein Gemisch aus Isomeren (all-rac- Tocopherol). Es wird für die meisten Vitaminpräparate verwendet, obwohl es heute möglich ist, reines 0.- Tocopherol herzustellen. Die biologische Wirkung von all-rac-Tocopherol liegt etwa 30% unterhalb der von 0.- Tocopherol. Im Handel wird Tocopherol aus Gründen der Stabilität meistens als Acetatester angeboten. Gut die Hälfte der Produktion wird via Futtermittel an Tiere verabreicht, da es zur Haltbarmachung der Futterfette dient. Der menschliche Darm resorbiert vom zugeführten Tocopherol höchstens die Hälfte. Je höher die Zufuhr an Tocopherol, desto geringer die Absorption. Als resorptionsvermindernd erwiesen sich außerdem die mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Tocopherol wird nicht metabolisiert, sondern überwiegend unverändert über die Fäzes ausgeschieden. Vitamin E wird gerne "zur Therapie klinischer Mangelzustände" oder gegen Rheuma verordnet, wobei die Autoimmunkrankheit als Folge eines "marginalen Vitamin-E-Defizits" angesehen wird. Personen mit "starker oxidativer Belastung" sollen Vitamin E in hohen Dosen zur Herzinfarkt-Prophylaxe einnehmen, ebenso Menschen mit genetisch bedingten Fettstoffwechselstörungen. Obwohl der .richtt- Herzinfarkt: Vorsicht Supplemente Kushi LH et al: Dietary antioxidant vitamins and death from coronary heart disease in postmenopausal women. New England Journal of Medicine 1996/334/5.1156-1162 (Iowa Women' s Health 5tudy) Bei rund 35.000 älteren Frauen (nach der Menopause) wurde nach einem Zusammenhang zwischen der Aufnahme antioxidativer Vitamine und der Sterblichkeit an koronaren Herzkrankheiten (KHK) gesucht. Nach sieben Jahren fanden sich keine signifikanten Unterschiede, wenn die Gesamtaufnahme der einzelnen .Antloxidantien" kalkuliert worden war. Bei der höchsten Vitamin-E-Aufnahme aus Lebensmitteln war das relative Risiko jedoch signifikant vermindert (-62%). Bei Frauen, die Supplemente einnahmen, wurde dieser Effekt wieder aufgehoben: Bei ihnen verhinderten weder Vitamin-Enoch Vitamin-A- oder Vitamin-C-Pillen den Herztod. Anmerkung: Bereits dieser Befund widerlegt die Theorie, daß Vitamin-E-Supplemente vor Herzinfarkt schützen. Aber auch die Vitamin-E-Zufuhr aus Lebensmitteln überzeugt als Herzschutz nicht: Einmal sind die Gehalte anhand von Tabellen errechnet worden und damit unzuverlässig. Zum anderen korreliert die rechnerische Vitamin-E-Aufnahme eng mit dem Verzehr fettreicher Lebensmittel. Die verminderte Herzinfarktrate kann daher ebenso gut auf den Fettgehalt bzw. auf einen anderen Faktor im Fettanteil der Nahrung zurückgeführt werden. Zwei andere prospektive Studien, die Nurses Health Study (NHS) und die Physicians Health Study (PHS), wollen weniger Herzinfarkte beobachtet haben, wenn Vitamin-E-Supplemente genommen wurden. Zum Vitamin-E-Gehalt im Essen gab es keinen Zusammenhang (New England Journal of Medicine 1993/328/5.1444-1449 und 14501456). Auffällig ist, daß in der PHS nur die Nichtraucher von den Supplementen profitierten, die deutlich mehr Sport trieben und weniger Risikofaktoren aufwiesen als die Vergleichsgruppe. Am Ergebnis der NHS bestehen ebenfalls erhebliche Zweifel, denn die Gesamtsterblichkeit nahm nicht ab. CHAOS-Studie: nomen est omen Stephens NG et al: Randomised control/ed trial of vitamin Ein patients with coronary disease: Cambridge Heart Antioxidant Study (CHAOS). Lancet 1996/347/S.781-786 Nach den widersprüchlichen und zweifelhaften Daten der großen prospektiven Studien müssen die Ergebnisse dieser kleinen Inter- Marketi ng-Wu nder ge" Plasmaspiegel nicht bekannt ist, legte das sogenannte Hohenheim er Konsensus-Meeting 1997 einen "präventiven" Plasmaspiegel von 30 µmol/100 ml als erstrebenswert fest. Das ist rund doppelt so viel wie bislang als "normal" galt. Da weder ein prophylaktischer noch ein therapeutischer Nutzen belegt ist, beschränkt sich der Vorteil auf 's Geschäftliche. ventionsstudie den Vertretern der Antioxidantien- Theorie wie ein warmer Regen vorgekommen sein: Bei der CHAOS-Studie erhielten rund 2.000 Patienten mit Verengungen der Herzkranzgefäße entweder 0.- Tocopherol (400 oder 800 mg) oder Placebo. Nach ca. eineinhalb Jahren waren in der Vitamin-E-Gruppe nur 14, in der Placebogruppe jedoch 41 neue, nichttödliche Infarkte aufgetreten (relatives Risiko -77%). Angesichts dieses Erfolges fanden die anderen Befunde zumindest in der deutschen Fachpresse kaum ein Echo: Es war gleichzeitig zu mehr tödlichen Herzinfarkten gekommen (18 statt 13), und die Gesamtsterblichkeit war etwa um ein Drittel gestiegen (36 statt 26 Todesfälle). Anmerkung: Unglaublich, aber wahr: Obwohl mehr Menschen starben, gilt die CHAOS-Studie als Musterbeispiel erfolgreicher Prävention. Zudem sind die Angaben über die erniedrigte Herzinfarktrate wenig vertrauenswürdig: Es gab keine Nachuntersuchung der Patienten, man verließ sich vielmehr auf Befragungen und Berichte der Hausärzte. Außerdem holte sich nur die Hälfte der Probanden ihre Vitamin-E-Pillen bis zum Schluß ab. Wie sicher war die Diagnose .nichttödlicher Herzinfarkt" wohl bei ihnen? Die einzigen "harten" Daten dieser kleinen Studie zeigen, daß Vitamin E die Lebenserwartung senkt (Lancet 1996/347/S.1689). Auch die Finnland-Studie spricht gegen einen Schutzeffekt von Vitamin E. Raucher, die bereits einen Infarkt erlitten hatten, profitierten nicht von den Supplementen: Nahmen sie o-Tocopherol alleine, erlitten sie ebenso häufig ein neues Koronar-Ereignis wie die Placebogruppe. Nahmen sie «-Tocopherol jedoch in Kombination mit ßCarotin ein, stieg sowohl die Sterblichkeit beim zweiten Herzinfarkt (+58%) als auch die Gesamtmortalität (Lancet 1997/349/S.1715-1720). Krebsprävention: Tarnen und Täuschen The Alpha- Tocopherol, Beta Garotene Gancer Prevention Study Group: The effect of vitamin E and beta carotene on the incidence of lung cancer and other cancers in male smokers. New England Journal of Medicine 1994/330/S. 1029-1035 Heinone,n OP et al: Prostate cancer and supplementation with a-tocopherol and ß-carotene: incidence and morlality in a controlled trial. Journal of the National Gancer Institute 1998/90/S.440-446 Ging die Finnland-Studie für ß-Carotin durchweg nachteilig aus, gaben beim Vitamin E wenigstens einige Daten Anlaß zur Hoffnung: So litten Raucher, die 0.- Tocopherol eingenommen hatten, seltener Wichtige Zusatzstoffe Tocopherole konservieren Speiseöle und Margarinen mit oxidationsanfälligen mehrfach ungesättigten Fettsäuren (MUF). Die Stabilität der Tocopherole hängt von Metall-Ionen wie Eisen ab. In deren Gegenwart kommt es zur raschen Oxidation, insbesondere bei Lichteinwirkung. Es entstehen Tocopheroxid und Tocopherylchinon, über deren biologische Eigenschaften bisher nichts bekannt ist. Da die Tocopherole MUF vor dem Ranzigwerden schützen, empfiehlt die DGE pro Gramm MUF auch 0,5 mg 0.Tocopherol zu verzehren. Dies entspricht der Höchstmenge für Lebensmittel: Wird mehr Vitamin E zugesetzt, fördert (!) es den Fettverderb. Zudem hält es der Wissenschaftliche Lebensmittelausschuß der EU für "schwierig, eine bestimmte Vitamin-EZufuhr mit der Nahrung zu empfehlen, da es keine ausreichenden Belege für einen durch die Nahrung bedingten Vitamin-E-Mangel gibt". Eine Empfehlung erübrige sich daher. Lediglich Menschen mit schweren Fettresorptionsstörungen profitieren von VitaminE-Gaben. Experten warnen davor, Nährwerttabellen zur Ermittlung der Vitamin-EZufuhr heranzuziehen: Zu groß sind die Schwankungsbreiten im Rohstoff (bis Faktor 10) und die Verluste beim Erhitzen und Lagern: Kartoffelchips büßen innerhalb von zwei Wochen die Hälfte des Tocopherols ein. Insofern können Studien, die die Zufuhr anhand von Verzehrsprotokollen ermitteln, nicht als "wissenschaftlich" gelten (Supplement-Studien ausgenommen). Wer "an präzisen Daten für die VitaminE-Zufuhr von Individuen interessiert ist," so Lawrence Machlin von Hoffmann-La Roche, "muß derzeit alle Lebensmittel direkt vor dem Verzehr analysieren." (Handbook of Vitamins, New York 1991) Toxizität von Megadosen Während ein aktuelles Lehrbuch der Ern~hrungsmedizin meldet, Vitamin E sei in Dosen bis zu 300 mg/d sicher, und selbst bei Konzentrationen bis zu 1 g seien "keine unerwünschten Nebenwirkungen beschrieben" worden, zeigt ein Blick in die Fachliteratur, daß die Liste der Nebenwirkungen lang ist (1 mg (X- Tocopherol 1,49 Internationale Einheiten, IU): • In Dosen über 1.000 IU wirkt es dem Vitamin K entgegen, so daß die Blutgerinnung und die Wirkung gerinnungshemmender Medikamente vom Coumarintyp beeinträchtigt sind. Es kann unter Vitamin E zu ausgeprägten Blutungen kommen. = Dosen über 200 mg (X- Tocopheroläquivalenten führten zum Abfall der Schilddrüsenhormone und zur vermehrten Ausscheidung von Steroidhormonen im Urin. • Beschrieben sind extreme Müdigkeit, Muskelschwäche, Übelkeit, Magen-Darm-Beschwerden, Kreatinurie, Sehstörungen und Angina pectoris. • Risikofaktor für Patienten mit Arteriosklerose: Sie weisen signifikant höhere Tocopherolspiegel im Blut auf als Gesunde. • Hohe Dosen erschweren die Behandlunq von Eisenmangelanämien und wurden als Antidot bei Eisenvergiftungen vorgeschlagen. • In vitro erhöhte Vitamin E die Aktivität der bakteriellen N-Acetyltransferase. Das Enzym aktiviert Procancerogene. • Dosen von 3 - 6 g Vitamin E per Magensonde führten innerhalb weniger Tage zu schweren Leberfunktionsstörungen, in einem Fall sogar zu anhaltenden toxischen Parenchymschäden. • Befürchtet werden zudem Störungen im Immunsystem durch überschießende Lymphozytenaktivitäten und gehemmte Apoptose. an Prostatakrebs. Dies ist insofern von Bedeutung, als Prostatatumoren die zweitwichtigste Krebsart bei Männern in Industrienationen darstellen. Nach weiteren vier Jahren schienen sich die positiven Ergebnisse zu bestätigen: Verglichen mit Placebo waren in der Vitamin-E-Gruppe sowohl die Inzidenz (-36%) als auch die Mortalität (-41 %) bei Prostatakrebs signifikant gesunken. Allerdings soll sich die verminderte Krebsrate nur bei Tumoren im frühen Stadium (11) gezeigt haben. Dies erklären die Autoren damit, daß latente Tumoren durch Vitamin E nicht bösartig werden. Anmerkung: Die Follow-up-Studie wirft mehr Fragen auf als sie beantwortet: So verzichteten die Autoren darauf, die relativen Risiken für die unterschiedlichen Tumorstadien zu berechnen. Es fand zudem kein Vergleich mit der Placebogruppe statt, und es fehlen Angaben zur Gesarntsterblichkeit. Die angeblich erniedrigte Mortalität durch Prostata krebs wurde erst signifikant, nachdem mehr als 80% der Teilnehmer auf unerklärliche Weise "verschwunden" waren. Aus der insgesamt undurchsichtigen Darbietung der Daten muß geschlossen werden, daß es sich um einen Versuch systematischer Verschleierung handelt. Eine neue Auswertung der Physicians Health Study ergab zudem keinen nennenswerten Effekt von Vitamin-E-Pillen auf das Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken (Cancer Epidemiology, Biomarkers and Prevention 1999/8/S. 893-899). • Arzneimittel-Behörde warnt Rheumatiker Reiter S: Anwendung von Vitamin E bei rheumatischen Bundesgesundheitsblatt 1998/1 O/S.438-441 Erkrankungen? Hochdosiertes Vitamin E wird auch von Rheumatikern eingenommen, weil es Schmerzen und Entzündungen lindern soll. Bei einer Überprüfung der verfügbaren Literatur fand das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte allerdings keine Belege für eine therapeutische Wirkung von Vitamin E. Zudem bemängelt die oberste Arzneimittelbehörde, daß die meisten der vorliegenden Studien mit erheblichen methodischen Mängeln behaftet sind und daß positive Ergebnisse überwiegend von einer einzigen Arbeitsgruppe stammen. Angesichts der möglichen Nebenwirkungen hoher Dosen und der Lücken in der toxikologischen Bewertung rät das Bundesinstitut Rheumatikern von Vitamin-E-Pillen ab. Anmerkung: Auch zur Therapie der Alzheimer'schen Demenz wurde Vitamin E getestet: In einem Doppelblindversuch erhielten Patienten entweder Selegiline (ein Medikament gegen Parkinson), «-Toccpherol (2000 IU/d), beides oder Placebo. Verglichen wurde die Zeit, bis die Patienten starben oder ins Krankenhaus eingewiesen wurden. Die Vitamin-E-Gruppe erreichte die Studienendpunkte zuletzt, im Durchschnitt 230 Tage später als die Placebogruppe (New England Journal of Medicine 1997/336/S.1216-1222). Auffällig ist jedoch, daß die Kombination beider Mittel das Resultat auf 145 Tage verschlechterte. Da die Ergebnisse außerdem erst nach einer Kovarianzanalyse signifikant wurden, bleibt der wirkliche Effekt der Substanzen unklar. Da sich die Gruppen am Ende der Studie nicht in ihren kognitiven Fähigkeiten unterschieden, war das Studiendesign möglicherweise ungeeignet, um das Fortschreiten der Krankheit zu beurteilen (New England Journal of Medicine 1997/336/S.1245-1247). Von Arzt zu Arzt von Dr. med. Peter Porz Antioxidantien: alles schon mal dagewesen Es ist noch gar nicht lange her, da hielt die klinische Medizin Vitamine für Krebspromotoren, deren Zufuhr bei Carcinomkranken und im höheren Alter eingeschränkt werden müsse. Grundlage dieser Einschätzunq waren Tierversuche, bei denen Vitaminzulagen zu gesteigertem Tumorwachstum geführt hatten. Eine plausible Theorie qabs auch: Schließlich gelten Vitamine als Wuchsstoffe. "Die Ergänzungsstoffe haben auch ihre Schattenseiten", so Hans Guggisberg, Professor in Bern, 1935 in einem einschlägigen Werk über Vitamine (4): "Sie begünstigen das Wachstum der malignen Tumoren". Und im Hinblick auf die Strahlentherapie erklärte der Mediziner seinerzeit, daß "vor allem die Zufuhr von Vitaminen eingeschränkt werden muß". Während die Tierversuche diese Auffassung überwiegend stützten, fielen die diätetischen Maßnahmen beim Menschen weniger überzeugend aus. Lediglich eine Verbesserung des Allgemeinzustandes wollte man bei vitaminfrei (!) ernährten Patienten im Verlauf der Monate beobachtet haben. Guggisberg bleibt skeptisch und rät von einer Ernährungsprophylaxe ab: Sie würde doch nur die "Krebsangst fördern, ohne etwas Durchgreifendes zu erreichen". Ein Punkt. lag ihm allerdings besonders am Herzen: "Vor der.,,:Vitaminüberschwemmung im höheren Alter, die gerade jetzt unter dem Einfluß mißverstandener Ernährungslehren wahre Triumphe feiert, ist dringend zu warnen." Soweit 1935. Heute grassiert die .Vltarnanle": Es gilt die These, antioxidative Vitamine könnten in Megadosen den Alterungsprozesse aufhalten. Einige Wissenschaftler halten hohe, ja höchste Dosen antioxidativer Vitamine zur Prävention von Krebs, Arteriosklerose und Infektionen für notwendig. Die angeblichen Beweise für die positiven Wirkungen der "Radikalfänger' stehen bis heute aus. In der wohl weltweit größten Ernährungsstudie, die vor einigen Jahren in China abqeschfossen wurde, ergaben sich - außer einem Anstieg des dort häufigen Speiseröhrenkrebses durch Ascorbinsäure und ß-Carotin - keinerlei Hinweise auf gesundheitliche Effekte (2). Nicht einmal Zusammenhänge zwischen der Aufnahme der Vitamine und dem Blutspiegel waren erkennbar. Wie zur Bestätigung wurde in den großen Interventions- studien die Wirkungslosigkeit oder gar Schädlichkeit zusätzlicher Gaben der Vitamine A, C, E und ßCarotin in der Prävention nachgewiesen. Ganz so überraschend wie es auf den ersten Blick scheint, sind die negativen Studienergebnisse nicht, bedenkt man die altbekannte Tatsache, daß Antioxidantien sehr wohl prooxidative, also schädigende Einflüsse haben können. Vielleicht sind so auch die immer wieder einmal berichteten therapeutischen Erfolge von Vitamin-Megadosen (z.B. 10 g Ascorbinsäure i.v.) bei Carcinomen zu erklären: Das in hoher Dosis prooxidativ wirkende Vitamin erzeugt möglicherweise soviel oxidativen Streß, daß es zur Cytostase des Krebses kommt. Dies würde erheblich besser in unser naturwissenschaftliches Weltbild passen, als die "Radikalfänger-Theorie". Andererseits könnte auch der Kr.ebs von den üblichen Supplementen profitieren: Manche Krebszellen reichern selektiv Ascorbinsäure an (1). Damit sind sie offenbar in der Lage, das Gleichgewicht zwischen oxidativen und antioxidativen Substanzen im Körper zu ihren Gunsten zu verschieben. Forscher aus Montpellier fanden im Plasma von Krebspatienten einerseits mehr Vitamin E und andererseits weniger Malondialdehyd (3). Malondialdehyd gilt als Marker für oxidativen Streß. Je größer der Tumor, desto niedriger lag der Spiegel an diesem Marker. Besonders deutlich war die Senkung des Malondialdehyd-Spiegels bei Brustkrebspatientinnen vor der Menopause, deren Tumore meist aggressiver sind. Unser Körper muß über Möglichkeiten verfügen, ein Fließgleichgewicht zwischen Anti- und Prooxidantien herzustellen. Wahrscheinlich werden diese Regelsysteme durch massive Überangebote wie Vitamin-Supplemente überfordert. Dann bewältigen sie den Ausgleich nicht mehr, die prooxidativen Wirkungen überwiegen, und Krankheiten werden gefördert. Ich rate daher immer noch dringend von einer Supplementation ab, zumindest bis die Wirkungen dieser Substanzen sowie deren Regulationsmechanismen im Organismus besser untersucht sind. Wer etwas für seine Gesundheit tun möchte, kann sich gerne sportlich betätigen. Der oxidative Streß durch den aggressiven Sauerstoff aus der Atemluft wird den meisten von uns sicher gut tun. literatur: 3. Gerber M et al, Journal of Nutrition 1996/126/S. 1201 S1207S 4. Guggisberg H: Die Bedeutung der Vitamine für das Weib. Ber/in 1935 1. Agus DB et al, Cancer Research 1999/59/S.4555-4558 2. Chen Junshi et al: Diet, Ufe-Style, and Morlality in China. Oxford 1990 Multivitamine: der Coenzym Q10 (Ubichinon) ist ein interessantes Antioxidans für Lebensrnlttel und Kosmetika, denn es verhindert das Ranzigwerden ungesättigter Fettsäuren. Als Synergist eignet sich Ascorbinsäure. Im Körper dient Coenzym Q10 als wichtiger Elektronenüberträger in der Atmungskette und im Fettsäure-Stoffwechsel. Es wird von allen Geweben gebildet, die Nahrung liefert zusätzlich ca. 5 mg täglich. Bei Ratten führte eine hohe.exogene Zufuhr nur in Serum und Leber zum Anstieg der Spiegel. Der Körper versucht offenbar, die Hornöostase in den Geweben aufrecht zu erhalten. Coenzym Q10 wirkt wie alle Antioxidantien in hoher Dosis prooxidativ. An Nebenwirkungen wurden beim Tier Augenschäden und Blutungen beobachtet. Bei Sportlern erwiesen sich Q10-Supplemente als nutzlos. Bei intensiver Belastung (anaerob) kam es jedoch zu Zellschädigungen, erkennbar an erhöhten Kreatinkinase-Werten (EU.LEN-SPIEGEL 199B1H.3/S.10). Selen gilt landläufig als Antioxidans und Krebsschutzstoff. In der Natur kommt es jedoch in Form zahlreicher Verbindungen vor, von denen viele toxisch sind und stark prooxidativ wirken: Selenit, Selendioxid und Diselenide reagieren z.B. mit Schwefelverbindungen wie dem Glutathion und erzeugen dabei aggressive Peroxide und Sauerstoffradikale. Selenhaltige Enzyme, Selenat oder Selenmethionin oxidieren Glutathion nicht und erzeugen keine Radikale. Die starken prooxidativen Eigenschaften einiger Selenverbindungen werden inzwischen genutzt, um Arzneimittel gegen bakterielle und virale Infektionen und gegen Krebs zu entwickeln. Während sich Interventionsstudien mit diversen Vitaminpräparaten bevorzugt auf die Einwohner armer Landstriche kaprizieren, nehmen beispielsweise US-Amerikaner freiwillig und häufig Nahrungsergänzungsmittel zu sich: Bereits vor 10 Jahren waren es 32% der amerikanischen Männer und 45% der US-Frauen. Insgesamt wurden Linxian-Studie: Mathematik contra Krebs Blot WJ et el: Nutrition intervention trial in iinxien, China: Supplementation with specific vitamin/mineral combinations, cancer incidence, and diseasespecific morlality in the general population. Journal of the National Cancer Institute 1993/85/S.1483-1492 Die chinesische Provinz Linxian bot gute Voraussetzungen für eine Interventionsstudie mit Multivitaminpräraten: Nicht nur, daß die Aufnahme von Vitaminen und Spurenelementen in der Bevölkerung niedrig war, die Region wies auch die weltweit höchste Rate an Speiseröhren- und Magenkrebs auf. Trotz ihrer mehr als zweifelhaften Ergebnisse gilt die Linxian-Studie den Antioxidantien-Verfechtern bis heute als Generalbeweis für die Wirksamkeit dieser Stoffe: An knapp 30.000 Probanden wurden die Vitamine A, B2, C, E und Niacin, ß-Carotin sowie die Spurenelemente Zink, Molybdän und SeIen in unterschiedlicher Kombination und ein- bis zweifacher Höhe der US-Empfehlungen (RDA) verabreicht. Der Versuch lief über 5 1/4 Jahre, erfaßt wurden Mortalität und Krebsinzidenz. Das Ergebnis der Autoren: Eine signifikant "niedrigere Gesamtmortalität trat bei denjenigen auf, die mit ß-Carotin, Vitamin E und Selen supplementiert wurden. Die Reduktion beruhte hauptsächlich auf niedrigeren Krebsraten, insbesondere Magenkrebs". Bei den anderen Versuchsgruppen wurden keine signifikanten Effekte auf die Gesamtmortalität gefunden. Anmerkung: Bei dieser Publikation fehlen wichtige Daten wie das relative Krebsrisiko der Placebogruppe. Daher sind keine verbindlichen Aussagen über Nutzen und Schaden der Supplemente möglich. Außerdem hat es die Versuchsgruppe, der die Kombination von ß-Carotin, Vitamin E und Selen geholfen haben soll, gar nicht gegeben. Es gab insgesamt acht Interventionsgruppen, die jeweils zwischen vier und neun verschiedene Supplemente bekommen hatten. Das so positiv klingende Studienergebnis wurde mit Hilfe eines speziellen statistischen Verfahrens (fraktioniertes Design) "herausgerechnet". Wegen der zahllosen Wechselwirkungen zwischen den immerhin neun Mikronährstoffen, die zudem nur in Kombination eingesetzt wurden, ist dieses Verfahren nicht vertrauenswürdig. Bemerkenswert ist außerdem, daß sogar in einer Bevölkerung mit chronischem Nährstoffmangel alle Supplemente wirkungslos waren. Wie essentiell sind sie dann wirklich? Die Linxian-Studie ist kein Einzelfall: Auch bei der Verhütung von Darmkrebs erwiesen sich Multivitamine als nutzlos: 864 Patienten mit einem Colon-Adenom nahmen in sechs verschiedenen amerikanischen Kliniken an einer vierjährigen Studie teil. Weder ß-Carotin Milliarden-Coup schätzungsweise 10 Mrd Dollar für Vitamin- und Mineralstoffpräparate ausgegeben, zumeist, weil man sich einen gesundheitlichen Nutzen davon versprach, Defizite beim Essen ausgleichen, sich wohler fühlen oder länger leben wollte. Studien, die einen wie auch immer gearteten Nutzen belegen könnten, fehlen. noch Vitamin C, E oder alle drei Antioxidantien kombiniert konnten das Vorkommen neuer Adenome verhüten (New England Journal of Medicine 1994/331/S.141-147). Multi-Milliarden-Geschäft Kim let al: Vitamin and mineral supplement use and mortality in hort. American Journal of Public Health 1993/83/S.546-550 a Je nach Versuchsanordnung erhöhte oder erniedrigte Selen die Virulenz von Krankheitserregern. Die einzige Studie, die beim Menschen einen Krebsschutz durch Selen gefunden haben will, ist aufgrund der Datendarbietung wenig vertrauenswürdig (EU.L.E.N-SPIEGEL 1999/H. 7/S.1-10). An Nebenwirkungen von Supplementen sind bekannt: Nagelveränderungen, Übelkeit, Reizbarkeit, Müdigkeit und Neuropathien. US co- Die vorliegende Auswertung der ersten großen US-Gesundheitsuntersuchung (NHANES I) verglich den Konsum von Vitamin- und Mineralstoffpräparaten in der amerikanischen Bevölkerung mit den Daten zur Sterblichkeit. Es ließen sich keine Unterschiede ausmachen. Regelmäßige wie ununregelmäßige Präparateverwender starben ebenso häufig und an den gleichen Ursachen wie Menschen, die auf Nahrungszusätze verzichteten - und zwar unabhängig von der Nährstoffzufuhr durch die Nahrung, vom Alkohol- und Tabakkonsum sowie vom Körpergewicht und von chronischen Erkrankungen. Durch eine erhöhte Sterblichkeit fielen lediglich untergewichtige Frauen auf, die Supplemente verwendeten. Melatonin Das Hormon der Zirbeldrüse verfügt ebenfalls über antioxidative Eigenschaften und wird deshalb gegen das Altern und als Krebsschutzstoff beworben. Belege für diese Wunderwirkungen fehlen noch immer, ebenso Daten zur Toxikologie. Versuche, die die lebensverlängernde Wirkung zeigen sollten, kamen zum entgegengesetzten Ergebnis: Bekamen die Tiere Supplemente, starben sie früher, vor allem an Krebs (EU.L.E.N-SPIEGEL 1996/ Sport: schlappe Sache H. 6/S. 1-5). Telford R et al: The effect of 7 to 8 months vitamin/mineral supplementation on athletic performance. International Journal of Sport Nutrition 1992/21 S.135-153 Coffein Williams M: Nutritional ergogenies in athletics. Journal of Sports Seien ces 1995/13(S.S63-74 Auch Sportler sind Nahrungszusätzen gegenüber aufgeschlossen, sofern sie eine Leistungssteigerung versprechen. In einer placebokontrollierten Doppelblindstudie mit 82 Sportlern verschiedener Disziplinen wurde acht Monate lang ein Multivitamin- und Mineralstoffpräparat getestet. Der einzige signifikante Unterschied betraf die Basketballspielerinnen: Sie hatten an Gewicht zugenommen, und zwar mehr Fett als Muskulatur. Ansonsten, so die Autoren .fanden wir wenig Hinweise auf irgend einen Effekt der Supplemente". Die Autoren einer Übersichtsarbeit wurden ebenfalls nicht fündig: Obwohl Sportler fast alle möglichen Nährstoffe ausprobiert hätten, sei bei gut ernährten und trainierten Athleten keine Leistungssteigerung feststellbar gewesen. Anmerkung: AIDS-Kranke sind eine weitere Zielgruppe für Supplemente. Eine placebokontrollierte Kurzzeit-Intervention mit einem Antioxidantien-Cocktail erbrachte keine Vorteile, weder im Krankheitsverlauf noch in der Sterblichkeit (AIDS 1999/13/S.495-500). wirkt effektiv als Antioxidans, das hochreaktive Hydroxylradikale abfangen kann. Dabei entsteht 8-oxo-Coffein, das sich in gerösteten und gemahlenen Kaffeebohnen, in Bohnenund Instantkaffee nachweisen läßt. In grünen Kaffeebohnen fehlt es. Seine Bildung ist vom Sauerstoffgehalt und der Anwesenheit von Metallionen abhängig sowie vom Ausmaß der Wasserstoffhydroxidbildung im Getränk. Glucose wirkt als reduzierender Zucker antioxidativ und fängt Hydroxylradikale ab. Damit trägt auch der Blutzucker zur antioxidativen Kapazität des Plasmas bei und verhindert z.B. die Oxidation des Hämoglobins. Unverziehtbare Gallate (E 310 - 312) sind typische Allergene, vor allem OctylgalJat, was die strukturelle Ähnlichkeit mit Benzoesäure auch erwarten läßt. Bei Säuglingen können sie eine lebensbedrohliche Blausucht auslösen. In der EU sind Gallate für Fritierfette, Fertigsuppen, Kaugummis, Kartoffelprodukte und Getreidebratlinge zugelassen. Antioxidantien verlängern die Haltbarkeit von Lebensmitteln, denn sie schützen sie vor den Folgen von Oxidationen: vor dem Ranzigwerden, vor Farbverlusten und vor Geschmacksveränderungen. Die Antioxidantien reagieren schneller mit dem Sauerstoff als die Lebensmittelinhaltsstoffe. Da sie dabei selbst zum Radikal werden, wirken Antioxiantien nur in einem engen und niedrigen Konzentrationsbereich. Bei überhöhten Zugaben können sie prooxidativ wirken, d.h., sie beschleunigen den chemischen Verderb. Um einen BHT und Krebs: mal Verstärker, mal Schutz Malkinson AM, Thaete LG: Effects of strain and age on prophylaxis and co- BHA (320), BHT (E 321) Butylhydroxyanisol (BHA) wird wie Gallate verwendet, löst relativ häufig Allergien aus und reichert sich im Körperfett an. Butylhydroxytoluol (BHT) wird Fritierfetten und Kaugummis zugesetzt wird. Es akkumuliert im Körperfett. Glucose-Oxidase (E 1102) ein Enzym, das aus Schimmelpilzen (Aspergillus niger) gewonnen wird, eignet sich zur Erhöhung der Haltbarkeit von Fruchtsaft, Limonade, Mayonnaise und Flüssigei. Eine Deklaration ist nicht erforderlich. Sulfite (E 220 - 228) Das älteste Antioxidans wirkt auch allergen, Todesfälle durch anaphylaktische Schocks sind dokumentiert. Da es für viele Vorprodukte im Bereich Gemüse, Obst, Gelatine, Glucosesirup usw. erlaubt ist, muß auch bei fehlender Deklaration mit Rückständen aus den geschwefelten Rohstoffen gerechnet werden. Ethoxyquin (E 324) ein wichtiges Antioxidans für Tierfutter, wird auch zur Verhinderung der Schalenbräune auf Kernobst verwendet. Es reichert sich in der Nierenrinde an, eine Beeinflussung der Schilddrüse wurde ebenfalls beobachtet. carcinogenesis of urethan-induced mouse lung adenomas by butylated hydroxytoluene. Cancer Research 1986/46/S.1694-1697 Wie schwierig die Interpretation von in-vivo-Versuchen mit Antioxidantien ist und welch' weites Feld zur Manipulation besteht, läßt dieser systematische Tierversuch erahnen: Ausgangspunkt war der Tatbestand, daß Antioxidantien die krebserzeugende Wirkung von Cancerogenen wie Urethan modulieren. Um die Folgen von BHT für das multiple Lungenadenom durch Urethan zu prüfen, injizierte man fünf verschiedenen Mäusestämmen vor der Urethangabe 200 mg BHT. Bei erwachsenen Tieren vom Stamm NJ sank die Häufigkeit der Krebse durch BHT um ein Drittel. Bei den SWRlJ-Mäusen stieg sie dagegen um die Hälfte, bei C57BU6J-Mäusen um das zweieinhalbfache und bei Mäusen vom Stamm 129/J um das sechseinhalbfache. BALB/cByJ-Mäuse reagierten überhaupt nicht auf das Antioxidans. Der Effekt hing nicht nur von der genetischen Ausstattung, sondern auch vom Alter der Tiere ab. Bei jungen NJ-Mäusen stieg die Krebsrate um 38% an, während sie bei älteren Tieren um 32% sank. Eine weitere Überraschung war, daß die Jungen von zwei Mäusestämmen allein durch das Antioxidans Lungentumore bekamen. Schwefel - als Radikalfänger unübertroffen Lück E, Kuhnerl P: Lexikon Lebensmittelzusatzstoffe. Hamburg 1998 Schwefel gehört zu den universellsten und ältesten Antioxidantien. Seine Verwendung ist für die klassischen Hochkulturen wie Assyrien, China, Griechenland und Rom belegt. Im Mittelalter wurde der Einsatz wegen seiner Nebenwirkungen stark beschränkt. So war in Köln das Schwefeln von Wein untersagt, weil es "die natur des menschen belästigt und der trinker in krankheit gebracht werde". Die antioxidative Wirkung des Sulfits beruht weitgehend auf seinen reduktiven Eigenschaften. Es wirkt als Sauerstoff-Fänger, wobei es in Sulfat übergeht. So schützt es z.B. Ascorbinsäure vor der Oxidation. Seine farbstabilisierende Wirkung beruht auf der Hemmung der Phenoloxidasen, die u.a. für das Braunwerden von geschältem Obst verantwortlich sind. Beim Wein erhält Sulfit das richtige Redoxpotential aufrecht und stabilisiert die Farbe, indem es die entsprechenden Oxidasen hemmt. Zusatzstoffe Oxidationsschutz durch Antioxidantien sicherzustellen, ist der gleichzeitige Zusatz von Synergisten erforderlich, die z.B. Metallspuren binden. Da die chemischen Antioxidantien als Zusatzstoffe im Kreuzfeuer der Kritik stehen, bemüht sich die Lebensmittelwirtschaft, möglichst "natürliche" Antioxidantien mit positivem Image zu nutzen. Hierzu gehören vor allem die Vitamine C und E, aber z.B. auch natürliche Extrakte aus Rosmarin, die als "Aroma" deklariert werden können. Vitamin-C-Mangel Thomas M, Hughes RE: A relationship between escorbic acid and threonic acid in guinea pigs. Food and Chemical Toxicology 1983/21/5.449-452 Der Zusatzstoff Ascorbinsäure hat eine ebenso paradoxe wie kuriose Nebenwirkung: Er kann unter bestimmten Umständen Skorbut provozieren. Zahlreichen Lebensmitteln wie z.B. Mehl oder Wurst wird Ascorbinsäure zugesetzt. Hohe Dosen sind zur Herstellung von Keksen und britischem Weißbrot (Chorleywood-Prozeß) notwendig. Die Backhitze zersetzt das Vitamin vollständig. Es entsteht etwa zur Hälfte Threonsäure, die im Versuch mit Meerschweinchen (100 mg/ kg Körpergewicht) den Vitamin-C-Spiegel in Nebennieren, Hoden und Leber senkte und die Lebenserwartung nachhaltig verkürzte. Die jährliche Aufnahme des Menschen an Threonsäure via Ascorbinsäure wird auf 2 bis 10 g geschätzt. Dazu kommt eine unbekannte Menge aus Bräunungsreaktionen. Ascorbinsäure in Früchten ist durch die-Flavonoide teilweise vor dem Abbau geschützt. Anmerkung: Beim Erhitzen von Lebensmitteln mit Antioxidantien entstehen zahlreiche Zersetzungsprodukte. Die Metaboliten sind bis heute nur bruchstückhaft bekannt, denn Zusatzstoffe werden gewöhnlich "im Original" getestet, jedoch kaum in der Form, in der sie zum Zeitpunkt des Verzehrs vorliegen. Enzyme statt Vitamine. . Meyer A5, Isaksen A: Application of enzymes as food antioxidants. Erythorbinsäure ist ein Stereoisomer der Ascorbinsäure, jedoch ohne deren biologische Wirkung. Besonders wirksam in Fleischwaren, wo sie als Umrötebeschleuniger eingesetzt wird. Gilt als unbedenklich. EDTA (E 385) durch Vitamin C in Food 5cience and Technology Iso-Ascorbinsäure (E 315, 316) Trends 1995/6/5.300-304 In lebenden Systemen hängt die Radikalbildung weniger von Vitaminen ab, sondern wird enzymatisch geregelt. Es liegt also nahe, antioxidative Enzymsysteme auch zur Haltbarmachung von Lebensmitteln zu nutzen. Die Verwendung von Glucose-Oxidase in Verbindung mit Katalase ist das älteste und bewährteste Enzym, insbesondere für Getränke und Mayonnaise. Es oxidiert Glucose unter Bildung von Wasserstoffperoxid, das wiederum von der Katalase zu Wasser und Sauerstoff abgebaut wird. Indem pro Cyclus ein Atom gebunden wird, läßt sich Sauerstoff aus Lebensmitteln entfernen. Da es viele weitere Oxidasen gibt, hat eine rege Forschungstätigkeit eingesetzt: Das größte Interesse gilt der Alkohol-, Thiol-, Galactose-, Pyranose- und Hexose-Oxidase. Statt der Katalase bietet sich die Superoxid-Dismutase an. Darüber hinaus besteht erhebliches Interesse an Glutathion-S-Transferase und Glutathion-Peroxidase. Ethylendiamintetraessigsäure ist ein Synergist, der Antioxidantien regeneriert oder Metallspuren bindet. In der EU für Gemüse- und Fischkonserven zugelassen. Wegen seiner Fähigkeit, Eisen zu binden, gelegentlich von Kälbermästern mißbraucht, um helles Fleisch zu erzielen. Konservendosen Gewöhnlich sind verzinnte Dosen innen lackiert, damit keine Metalle ins Füllgut gelangen. In vielen Fällen, wie bei der Konservierung von Spargel oder Zitrussäften, wird eine antioxidative Wirkung durch unlackierte Deckel erzielt. Hexylresorcinol verhindert die Verfärbung ("Blackspots") von Garnelen. Da es als technischer Hilfsstoff gilt, wäre der deklarationsfreie Verkauf damit behandelter Shrimps nach geltendem Recht möglich. 4-Hexylresorcinol verhindert auch bei Äpfeln, Kartoffeln und Avocados das Braunwerden, ist dafür jedoch nicht zugelassen. Vanillin Der häufig verwendete Aromastoff gilt als effizientes Antioxidans und hat v.a. bei Frühstücks-Cerealien Bedeutung erlangt. Wegen seiner Flüchtigkeit bei Hitze wird Vanillin erst zum Schluß zugesetzt. Es schützt während der Lagerung vor Autoxidation. Zu guter Letzt Rotwein und Tee fürs Herz Eine Reanalyse der 7-Länder-Studie ergab, daß die Herzinfarkthäufigkeit nicht mit der Zufuhr antioxidativer Vitamine korreliert. Dagegen sank die Infarktrate mit steigendem Verzehr von schwarzem Tee, Rotwein oder Zwiebeln. (Kongreßbericht, EULENSPIEGEL1 995/H. 4/S. 11) Schokolade statt Obst Täglich ein Täßchen Kaffee zur Prävention des Herzinfarktes - wäre das nicht herrlich? Bislang galten vor allem Obst und Gemüse als herzschützend, weil deren Flavonoide die Oxidation des LDL-Cholesterins verhindern. Wenn diese Theorie stimmt, haben große ROhkostplatten bald ausgedient, denn Kaffee, Tee und Kakaopulver enthalten viel mehr Flavonoide als Obst und Gemüse. In einem Versuch mit Hamstern konnte die LDL-Oxidation mit Kaffee um 30% vermindert werden. (Chemical and Engineering News v. 12.4.1999/S.47-50) Die Mär vom grünen Gemüse (1) Auf Java sollte die Ernährung stillender Mütter verbessert werden: Wegen seines hohen Gehaltes an ß-Carotin, Eisen und Vitamin C gab es eine Extraportion grünes Gemüse. Dies hatte jedoch keinerlei Auswirkungen auf den Eisen- und Vitamin-AStatus. Es änderte sich weder der Gehalt im Plasma noch in der Muttermilch. (Lancet 1995/346/S.75-81) Die Mär vom grünen Gemüse (2) Während das Carotin aus einer einzigen Pille (12 und 30 mg) den Blutspiegel bei Männern für mindestens 11 Tage erhöhte, waren carotinoidreiche Lebensmittel praktisch wirkungslos: Weder 600 g Broccoli noch 180 ml Tomatensaft waren in der Lage, den Carotinspiegel zu erhöhen. Nur der Verzehr von 270 g Karotten machte sich in einem leichten Anstieg des Carotins im Plasma bemerkbar. (American Journal of Clinical Nutrition 1986/49/S. 1258-1265) Zigaretten: wirksamer als Vitamine Die Oxidation des LDL-Cholesterins durch freie Radikale gilt als wesentliche Ursache der Arteriosklerose. Daher zielt das therapeutische Bemühen auf den Schutz des Cholesterins durch Antioxidantien ab. Diesem Ziel ist man durch die Forschungen der Universität North-Carolina unabsichtlich ein gutes Stück nähergekommen. Der Versuch, die schädliche Wirkung von Zigarettenrauch nachzuweisen, endete mit einer Überraschung: Das Kondensat erwies sich als enorm wirksames Antioxidans. Selbst in Gegenwart starker Prooxidantien wie Kupferionen blockierte es die Oxidation des LDL-Cholesterins. (Atherosc/erosis 1995/112/S.177-185) Harnsäure fürs Müsli Harnsäure fördert nicht nur Gicht: Sie kann auch Sauerstoffradikale eliminieren. Als Antioxidans ist sie ähnlich effektiv wie Vitamin C. Diese Eigenschaft der Urin-Komponente weckte das Interesse der Forscher von Nestec. Bei ihrer Suche nach natürlichen Antioxidantien entdeckten sie, daß sich Weizenflokken mit 1 - 2 g Harnsäure/kg haltbar machen lassen. Da die Harnsäurewerte im Blut nicht von der Zufuhr abhängen, gilt das Konzept als realistisch. (Journalof the Science of Food and Agricuiture 1 986/37/S. 804-810) Medizin statt Gemüse Zahlreiche Stoffe entfalten ausgeprägte antioxidative Wirkungen, so z.B. Pestizide wie Dithiocarbamate oder verschiedene Arzneimittel. Unter den Antibiotika gelten Tetracycline, Penicillin G, Rifampicin und Streptomycin als gute "Radikalfänger'. Aber auch Medikamente wie Parkinsonmittel (Selegiline), Antiepileptika (Barbiturate), Neuroleptika (Phenothiazine, Chlorpromazin) und Opiatantagonsiten (Naloxon) lassen sich den Antioxidantien zuordnen. (Elstner EF, Der Sauerstoff: Mannheim Biochemie, Biologie, Medizin. 1990) Antinutritiva: besser als Vitamine Die Ablehnung synthetischer Verbindungen hat zur intensiven Suche nach Naturstoffen geführt, die sich zur Haltbarmachung von Lebensmitteln eignen. Mit Erfolg: Mittlerweile sind zahlreiche Substanzen bekannt, die den "Vitaminen" ebenbürtig, wenn nicht gar überlegen sind. Es handelt sich häufig um Abwehrstoffe gegen Fraßfeinde, die nicht selten die Bekömmlichkeit der Speisen vermindern, wie z.B. Phytin. Zu den wirksamsten Naturstoffen zählen Senf, aber auch Extrakte aus Baumwollsaat-Expeller, Rosmarin (Carnosol), Schwarztee (Catechine), Sojabohnen (Isoflavone), Hafer (Sterine), Chilies und Pfeffer (Capsaicin, Piperin) oder Rauch: Sie alle "fangen" bereitwillig Radikale ab. Sogar das Mycotoxin Citrinin, ein starkes Nierengift, ist als Antioxidans ebenso wirksam wie Vitamin E. (Shahidi F, Naczk M: Food Phenolics Applications. Lancaster Sources. 1995) Chemistry, Effects,