Allgemeine Psychologie I Vorlesung 5 Prof. Dr. Björn Rasch, Cognitive Biopsychology and Methods University of Fribourg 1 Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 Allgemeine Psychologie I 2 Woche Datum Thema 1 FQ 20.2.13 Einführung, Verteilung der Termine 1 26.9.13 Einführung und Grundlagen 2 3.10.13 Psychophysik 3 10.10.13 Visuelle Wahrnehmung I 4 17.10.13 Visuelle Wahrnehmung II 5 24.10.13 Auditive Wahrnehmung 31.10.13 - - Fällt aus - - (Allerheiligen) 6 7.11.13 Schmerz, Geruch, Geschmack 7 14.11.13 Aufmerksamkeit 8 21.11.13 Aufmerksamkeit und exekutive Kontrolle 9 28.11.13 Kurzzeitgedächtnis 10 5.12.13 Langzeitgedächtnis 11 12.12.13 Gedächtnis und Schlaf 12 19.12.13 Wiederholung und Fragen Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 3 Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 Auditive Wahrnehmung Hören verschafft Informationen, die wir über das Sehen nicht erhalten können } } } Warnrufe, Hilferufe, Gefahrengeräusche, Weckgeräusche, etc. Hören hat eine Warn- und Signalfunktion Hören ist entscheidend für die soziale Kommunikation } } Sprache } Verlust des Hörens kann soziale Isolation bedeuten Hören kann emotionale Erlebnisse verursachen } } Musik } Bsp.: Filmmusik Hören hilft bei Orientierung im Raum und Objekterkennung } 4 Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 Hören Schallwellen sind ringförmige Bänder sich komprimierender und sich ausdehnender Luft. } } } } } 5 Ohren nehmen Luftdruckveränderungen war Umwandlung in neuronale Impulse, die das Gehirn als Töne dekodiert Frequenz von Schallwellen: Tonhöhe Amplitude von Schallwellen: Lautstärke Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 Grundbegriffe Akustik: Physikalische Beschreibung der Schallwelle Auditorisch / Auditiv } } } anatomische, biochemische und physiologische Vorgänge beim Hören Hörbare Schallwellen } } Druckschwankungen der Luft, Frequenz in Hertz (Hz) Ton: Sinusschwingung aus einer einzigen Frequenz } } Im täglichen Leben Ausnahme (Kammerton A 440 Hz) Klänge: Grundton mit mehreren Obertönen } } Obertöne sind ein ganzzahliges Vielfaches der Frequenz des Grundtones Geräusch } } } 6 umfasst praktisch alle Frequenzen des Hörbereiches Z.B. Sprache Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 Schallwellen Kombination von drei Sinusschwingungen } } Frequenzanalyse } Fast Fourier Transformation (FFT) http://www.demonstrations.wolfram.com/SuperpositionOfSoundWaves/ 7 Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 Schallwellen Ausbreitungsgeschwindigkeit in Luft } } } 330 m/s Vergleich Licht } 300.000 km/s Bewegte Schallquelle } } } Dopplereffekt Beispiel: Feuerwehrauto http://web-docs.gsi.de/~wolle/FLATLAND/P030.html 8 Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 Schalldruck und Schalldruckpegel Schalldruck } } } } Stärke einer Schallwelle (Amplitude) Der Schalldruck wird wie jeder Druck in Pascal (Pa) angegeben: Druck = Kraft / Fläche P = F/A 1 Pa = 1 N/m2 Umständlich grosse Zahlen (siehe nächste Folien) Schalldruckpegel } } } } } Sound pressure level (SPL), Angabe in Dezibel (dB) Schalldruck px zu Bezugsschalldruck p0 SPL = 20 log px/p0 [dB] Bezugsschalldruck p0 = Schalldruck von 2×10–5 Pa } In der Nähe der Hörschwelle Lautstärkepegel (phon) } } 9 Entspricht Schalldruckpegel bei einem Ton von 1000 Hz Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 Schalldruck und Schalldruckpegel } Steigt der Schalldruckpegel um 20 dB, so hat sich der Schalldruck tatsächlich verzehnfacht. } Bei 80 dB sind bereits 4 Verzehnfachungsschritte (80/20=4) erreicht. Der Schalldruck ist daher um 104, also um das zehntausendfache gesteigert. } 100 dB entspricht gemäss EU Norm der Maximallautstärke von MP3 Playern. } Längerfristige Schalleinwirkung von über 85 dB kann zu Hörschäden führen. } Bei 100 dB kann bereits nach 80 Minuten ein Hörschaden auftreten. (Nach Schmidt & Schaible, 2006) 10 Zunahme des Schalldruckes Schalldruckpegel (SPL) dB 1 Bezugsschalldruck 1,41 mi�lere Hörschwelle bei 1000 Hz 10 ländliche Ruhe 100 leises Gespräch 1000 normales Gespräch 10000 lauter Straßenlärm 100000 lauter Industrielärm 1000000 Schuss, Donner 10000000 Düsentriebwerk 0 3 20 40 60 80 100 120 140 Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 Lautstärkepegel } Isophone } } Hörfläche } } gelb Hauptsprachenbereich } } Kurven gleicher Lautstärkepegel orange Phon und Dezibel stimmen bei 1 kHz überein 11 Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 Hörrinde (auditorischer Kortex) im Temporallappen 12 Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 Auditorischer Kortex 13 Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 Vom Ohr zum Gehirn } Das periphere Hörsystem (äusseres Ohr) } Besteht aus Ohrmuschel und Ohrkanal Individuelle Form reflektiert Schall, verstärkt einzelne Frequenzen } Ohrkanal wirkt wie ein Resonanzkörper, verstärkt mittel-hohe Frequenzen (2-5 kHz) } } Das Mittelohr } } } } Kammer zwischen dem Trommelfell und Kochlea 3 Knöchelchen: Hammer, Amboss und Steigbügel Mechanische Verstärkung der Schwingungen des Trommelfells für Übertragung in die Flüssigkeit-gefüllte Kochlea Das Innenohr } Kochlea, Bogengänge und Sacculi des Vestibularapparats (Gleichgewichtsapparat) Basiliarmembran wird in wellenartige Bewegung versetzt Verursacht Druckveränderungen in der Kochleaflüssigkeit Bewegung der winzigen Haarzellen löst Nervenimpulse aus } Weiterleitung über den Thalamus an den auditorischen Kortex im Gehirn } } } 14 Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 Haarzellen der Kochlea } Kochlea } } Enthält ca. 16.000 Haarzellen Haarzellen } } } } } } 15 Befinden sich auf der Basiliarmembran Reagieren auf Tonhöhe (Frequenz) und Lautstärke (Amplitude) Bestehen aus mehreren Flimmerhaaren (Zilien) und Zellkörper Lösen elektrisches Signal aus, wenn Zilien im Gegensatz zum Zellkörper bewegt werden Verschiedene Tonhöhen haben Auslenkungsmaxima an unterschiedlichen Orten der Membran Schädigung durch kurze laute Geräusche oder langfristige Stimulation über 85 dB Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kanäle_einer_Haarsinneszelle.png Basiliarmembran und Wanderwelle } } Basiliarmembran } An Spitze der Kochlea nachgiebig (resonant auf tiefe Frequenzen) } Bei Steigbügel / ovalem Fenster steif (resonant auf hohe Frequenzen) Wanderwelle } Je höher der Ton, desto näher ist das Wanderwellenmaximum an der Kochleabasis } Je tiefer der Ton, desto mehr nähert sich das Maximum der Wanderwelle der Kochleaspitze } } Kochleaspitze Nur bei Wanderwellenmaximum werden einige wenige Haarzellen gereizt Unterschiedliche Tonhöhen reizen damit unterschiedliche Haarzellen entlang der Basiliarmembran. 16 Kochleabasis http://labspace.open.ac.uk http://de.wikipedia.org/wiki/Hörschnecke Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 Orts- und Frequenztheorie } Ortstheorie } Gehirn interpretiert Töne durch stimulierten Ort auf der Basiliarmembran der Kochlea } } } Erklärt Wahrnehmung von hohen Tönen Frequenztheorie } } Gehirn interpretiert Anzahl und die Frequenz der Nervenimpulse aus dem Hörnerv Erklärt Wahrnehmung für tiefe Töne } } Basiert auf Wanderwellenmaximum Bei hohen Tönen nicht möglich, da Neuronen nicht schnell genug feuern Mittlere Frequenzbereich } 17 Kombination aus beiden Verfahren Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 Figurenerkennung } Auditive Wahrnehmung erfasst sinnvolle Einheiten } } Konstruktivität der Wahrnehmung Gestaltgesetze } Ähnlichkeit } } Nähe } } Elemente, die sich in gleicher Richtugn bewegen, werden gruppiert Prägnanz } 18 Melodienverläufe können sich kreuzen Gemeinsames Schicksal } } Töne in ähnlicher Tonhöhe werden gruppiert Gute Fortsetzung } } Ähnliche Elemente werden gruppiert (z.B. Gitarrensolo) Gruppieren von prägnanten Einheiten Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 Lokalisation einer Geräuschquelle } Interauraler Intensitätsunterschied } } } Schall ist lauter an einem Ohr Funktioniert bei hohen Frequenzen Interauraler Laufzeitunterschied } Schall trifft an einem Ohr früher ein } } } Funktioniert gut bei niedrigen Frequenzen Konstante Schallwelle vor / hinter / über uns } } } } bis zu 1 ms Keine interauralen Unterschiede können durch Kopfbewegungen erzeugt werden Verbessert die Verortung der Schallquelle Gehirn berechnet aus Unterschieden Ort der Schallquelle 19 Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 Schwerhörigkeit } Schallleitungsschwerhörigkeit } Schädigung des mechanischen Systems, das die Schallwellen an die Kochlea überträgt. ¨ ¨ } Schallempfindungsschwerhörigkeit } } } Bsp. 1: Loch im Trommelfell. Bsp. 2: Beeinträchtigung der Gehörknöchelchen im Mittelohr Nervenschwerhörigkeit Schädigung von Haarzellen in Kochlea oder verbundenen Nerven Mögliche Ursachen } } Krankheiten und Unfälle altersbedingte Störungen und dauernde Konfrontation mit lauten Geräuschen sind die häufigeren Ursachen von Schwerhörigkeit } 20 vor allem von Nervenschwerhörigkeit Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 Schwerhörigkeit im Alter } Ältere Menschen } } } hören niedrige Frequenzen meist besser als hohe Frequenzen Nervendegeneration am Anfang der Basiliarmembran Digitale Hörhilfen } } 21 Verstärkung der Schwingungen bei (hohen) Frequenzen Komprimierung der Geräusche Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 Kochleaimplantate } Kochleaimplantat } } } elektronisches Gerät, welches Geräusche in elektrische Signale umwandelt an unterschiedlichen Stellen mit dem Hörnerv in der Kochlea verbunden. Gehörlose Kinder können einige Töne hören } } 22 Lernen der Verwendung der gesprochenen Sprache Am wirkungsvollsten bei kleinen Kindern (Vorschulalter) Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 Sensorische Kompensation } Menschen die einen Sinneskanal verlieren, können dies durch eine Verbesserung ihrer anderen sensorischen Fähigkeiten teilweise ausgleichen. } Extrembeispiel: Die Schottin Evelyne Glennie ist seit dem Alter von 12 Jahren völlig taub. Sie ist hauptberuflich Percussion-Solistin. Die Beziehung zu ihren Instrumenten stellt sie über den Tastsinn her (sie tritt ohne Schuhe auf), die Beziehung zum Dirigenten über ihr scharfes Sehvermögen. 23 Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 Take Home Messages } Ohren nehmen Luftdruckveränderungen war } } Lautheit und Tonhöhe sind psychologische Eigenschaften } } } Aussenohr, Mittelohr, Innenohr Bewegungen der Haarzellen auf der Kochlea induziert Nervenimpulse, die in den auditorischen Cortex weiterleitet werden Kodierung ist Kombination aus Orts-und Frequenztheorie } } } Lautheit hängt von Amplitude ab, Tonhöhe von der Frequenz Aufbau des Hörsystems } } Werden im Gehirn als Töne / Klänge / Geräusche kodiert Ortstheorie: Gehirn interpretiert Töne durch stimulierten Ort auf der Basiliarmembran der Kochlea (hohe Töne) Frequenztheorie: Gehirn interpretiert Anzahl und die Frequenz der Nervenimpulse aus dem Hörnerv (tiefe Töne) Die auditorische Wahrnehmung ist konstruktiv } 24 Gesetze der Figurenerkennung Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 25 Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 24.10.13