16 Der TagGecko Nr. 71 (3/2010) · Informationen der Interessengruppe Phelsuma Erfahrungen bei der Sicherung und Inkubation von Reptilieneiern Thomas Hofmann mit 22 Abb. vom Verfasser Gelegesicherung Jeder der sich mit der Haltung von Phelsumen beschäftigt, wird über kurz oder lang das freudige Gefühl kennenlernen, dass die von ihm gepflegten Tiere zur Fortpflanzung schreiten. Nun ist bekannt, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, wohin Phelsumen – aber auch andere Geckos – ihre Gelege an geeigneten Stellen im künstlichen Lebensraum Terrarium absetzen. Speziell in der Gattung Phelsuma lassen sich zwei unterschiedliche Strategien erkennen. Man unterscheidet hier sogenannte Eifreileger bzw. Eikleber. Gerade bei letzteren steht der Pfleger oftmals vor dem Problem, dass die Gelege nicht aus dem Terrarium entnommen werden können, um sie zur kontrollierten Zeitigung in einen Inkubator zu überführen. Nun gab es in der Vergangenheit schon verschiedene beschriebene Möglichkeiten, die Tiere dazu zu bewegen ihre Gelege in oder an bestimmten Orten abzusetzen, um sie anschließend dem Terrarium entnehmen zu können. So scheinen sich einige Weibchen vorgaukeln zu lassen, dass ein bestimmter Ablageplatz geeignet erscheint, indem Ei-Attrappen aus Gips positioniert werden (HALLMANN et. al. 2008). Hierbei wird für das Weibchen der Eindruck erweckt, dass genau dieser Ablageort sicher ist und die Bedingungen für eine Inkubation optimal sind. Im Idealfall wird das Weibchen auch genau an dieser Stelle ablegen und das Gelege kann entnommen werden. Dies soll sowohl für Eifreileger, als auch für Eikleber gleichermaßen praktikabel sein. Eine weitere Möglichkeit, Gelege von eiklebenden Phelsumen aus dem Terrarium zu entnehmen beschreibt PÜRKEL (2002). Hierfür wird eine Bam- 1 busstange mit Wachs ausgekleidet, wodurch die Eier nach leichter Erwärmung ohne Schaden zu nehmen abgelöst werden können. Ähnlich erfolgreich ist die Methode, Bambusstangen mit Papier auszukleiden (BUDZINSKI & BUDZINSKI, 2009). Jedoch musste ich schon öfter feststellen, dass die Weibchen eine so präparierte Bambusstange nicht unbedingt gern angenommen haben. Gelegentlich kam es vor, dass das Weibchen, bevor es mit der Ablage begann, das Papier nach oben schob und anschließend die Eier unterhalb in den Bambus klebte. Um dieses Problem aus der Welt zu schaffen wurde das Papier durch Plastik ersetzt. Hierfür wurde der Rand eines HeimchendosenDeckels abgeschnitten, der Mittelteil zusammengerollt und in die Bambusstange gesteckt. Das Plastik verspannt sich anschließend im Bambus und kann von den Weibchen nicht herausgeschoben werden. Eine so präparierte Bambusstange wird auf Grund ihrer glatten Innenfläche bevorzugt zur Eiablage genutzt. Wurde ein Gelege in ihr angeklebt, lässt sich diese Plastikröhre mit einer Pinzette herausziehen und vorsichtig aufrollen. Da Geckoeier von Natur aus nicht sonderlich gut an einer Plastikoberfläche anhaften, lassen sie sich mit sanftem Fingerdruck von der Unterseite her ablösen (Abb. 1 bis 5). Es hat sich bewährt, nur Bambusstangen zur Eiablage anzubieten, welche einen möglichst engen Innendurchmesser aufweisen, sodass das Weibchen gerade Platz darin findet. Dies gibt dem Weibchen ein Höchstmaß an Sicherheit für sich und ihr Gelege. Daher werden „enge“ Bambusstangen jenen mit größerem Durchmesser vorgezogen. 2 Werden Gelege an Blätter angeheftet (Abb. 6), empfiehlt KRAUSE (2006) das Blatt aus dem Terrarium zu entfernen. Bevor die Eier dann in den Inkubator überführt werden, wird das Blatt rund um die Eier bis auf 2 – 3 mm abgeschnitten, da sonst beim Austrocknen des Blattes Spannungsrisse im Gelege entstehen können. Er weist auch darauf hin, dass versucht werden kann, die Eier vorsichtig vom Blatt abzuziehen. Hierbei müssen jedoch eventuelle Beschädigungen in Kauf genommen werden. Dieses Risiko kann nach meinen Erfahrungen minimiert werden, indem das Blatt direkt hinter den Eiern leicht nach hinten überbogen wird. So lösen sich die Eier fast von selbst und können – ohne dass ein Teil der Pflanze geopfert werden muss – in einen Brutkasten überführt werden. Leider kommt es auch immer wieder vor, dass Weibchen Eier an Terrarienscheiben kleben und diese somit nicht entnommen werden können und somit bis zum Schlupf der Jungtiere im Terrarium verbleiben müssen (Abb. 7). In diesem Fall werden die Eier durch eine einfache Abdeckung geschützt, da sonst die Schlüpflinge ihren Eltern als willkommene Ergänzung ihres Speiseplanes dienen könnten. Eine geeignete Abdeckung lässt sich z.B. aus einem kleinen Plastikbecher (Joghurtbecher o. ä.) herstellen, der zur besseren Durchlüftung mit einer Nadel perforiert wurde. Den Becher befestigt man anschließend mit etwas Klebeband oder einigen Tropfen Silikon (Abb. 8) über dem Gelege. Diese Methode ist die gebräuchlichste, wenn Eier bis zum Schlupf der Jungtiere im Terrarium verbleiben müssen. Manche Weibchen machen sich 3 Informationen der Interessengruppe Phelsuma · Der TagGecko Nr. 71 (3/2010) 4 5 einen Spaß daraus, ihre Eier genau an die Frontscheibe zu kleben, sodass diese nun nicht mehr geöffnet werden kann. Oft bleibt einem nun nichts anderes übrig, als die Scheibe auszuhängen und umzudrehen, so dass die Eier nun außerhalb des Terrariums liegen. Um nach dem Schlupf das Entweichen der Jungtiere zu verhindern, muss auch hier das Gelege – wie oben beschrieben – gesichert werden. Leider scheinen diese Bedingungen für einige Arten nicht immer optimal zu sein, da die Luftfeuchtigkeit oft niedriger ist als im Terrarium oder im Inkubator. In diesem Fall hat es sich bei mir bewährt, eine größere Schutzdose mit einem integrierten Wasserreservoir zu verwenden. Als Wasserreservoir findet eine kleinere Dose oder Schale Verwendung, welche bei Bedarf von außerhalb mit Wasser nachbefüllt werden kann. Dies kann z.B. mittels einer Spritze erfolgen (Abb. 9). 6 Nähert sich der Schlupftermin, ist darauf zu achten, dass das Reservoir nicht zu voll ist um ein eventuelles Ertrinken der Schlüpflinge zu verhindern (Abb. 10). Aber was macht man, wenn Eier an einer strukturierten Rückwand oder etwa einem Ast angeheftet wurden, welcher nicht aus dem Terrarium entnommen werden kann? Dann ist guter Rat teuer!!! Dabei ist die Lösung so einfach wie simpel! Wurden Eier an einer strukturierten Rück- oder Seitenwand abgelegt (Abb. 11), wo es nicht möglich ist einen Schutz flach anzubringen, kann an die Schutzabdeckung eine Manschette aus Schaumstoff angebracht werden. Diese gleicht Unebenheiten in der Struktur aus und legt sich unter Druck an die Rück- oder Seitenwand an (z.B. verspannt mit einer Bambusstange zwischen den Seitenwänden). Eine solche Manschette lässt sich einfach aus einem dünnen Streifen Schaumstoff herstellen, der mit doppelseitigem Klebeband an der Schutzdose befestigt wurde (Abb. 12 bis 16). Nach dem Schlupf sind die Jungtiere auch hier bestens vor dem Zugriff der Elterntiere geschützt (Abb. 17). Werden Eier „gemeinerweise“ an einem Ast angeklebt, können sie mittels einer Dose und einem Damenstrupf gesichert werden. Hierfür wird das geschlossene Ende des Strumpfes abgeschnitten und das Bündchen über die Dose gezogen. Das offene Ende wird über das Gelege, um den Ast herum gelegt, auf der Hinterseite zusammengedreht und anschließend mit einer Klammer fixiert (Abb. 18 & 19). Nach dem erfolgten Schlupf sitzen die jungen Geckos in der Dose und können einfach dem elterlichen Terrarium entnommen werden. Problemkind Inkubation Werden Eier dem Terrarium entnommen, hat dies meist zum Ziel, einen größtmöglichen Einfluss auf das Geschlecht 8 17 7 der Nachkommen zu nehmen. Diesbezüglich wurden schon einige Versuche unternommen und führten Teils auch zu recht ansehnlichen Erfolgen. So konnte OSADNIK (1987) für Phelsuma dubia eine temperaturabhängige Geschlechts-Ausprägung (TAGA) unter Laborbedingungen nachweisen. So zeigte er für besagte Art auf, dass bei konstant 26°C ausschließlich weibliche und bei konstanten Temperaturen von 31°C ausschließlich männliche Nachkommen schlüpften. Bei schwankender Erbrütung zwischen 27-31,5°C schlüpften hier Nachkommen beiderlei Geschlechts, mit leichtem Weibchen-Überhang. Auch BUDZINSKI (1999) führte Zeitigungsexperimente an Phelsuma astriata und Phelsuma laticauda durch, mit dem Ziel eine erhöhte Anzahl männlicher Nachkommen zu erhalten. Bei einer konstanten Inkubationstemperatur von 26°C schlüpften bei Phelsuma laticauda ausschließlich Weibchen. Gleiches galt für Phelsuma astriata, wenn auch hier nur recht wenige Nachkommen zur Verfügung standen. Bei konstanten Temperaturen von 28°C schlüpften bei Phelsuma 9 18 Der TagGecko Nr. 71 (3/2010) · Informationen der Interessengruppe Phelsuma 10 astriata bereits 30% männliche Tiere. Das eigentliche Ziel war jedoch eine sichere Induktion des männlichen Geschlechts. Hierfür wurde – ausgehend von einer Grundtemperatur von 26°C – die Temperatur für 3 Stunden auf 36°C angehoben. Dies führte bei Phelsuma laticauda zum Schlupf von über 90% männlichen Nachkommen. Ähnlich verhielt es sich bei Phelsuma astriata. Die Grundtemperatur betrug auch hier 26°C und wurde für den Zeitraum von 3 Stunden auf 36°C angehoben, mit dem Erfolg dass zu 100% männliche Nachkommen zu verzeichnen waren. Leider lassen sich solch Ergebnissen nicht auf alle Arten übertragen, bzw. erwiesen sich sogar als gegenteilig. So berichten BUDZINSKI & BUDZINSKI (2009) von gegenteiligen Erfahrungen bei Phelsuma guimbeaui, wo anscheinend nach besagter Methode nur Weibchen schlüpften. Inzwischen konnte jedoch nachgewiesen werden, dass bei einigen Arten auch niedrige Temperaturen zur Induktion des männlichen Geschlechts führen. So ist bekannt geworden, dass Phelsuma pasteuri bei einer Bruttemperatur von 11 nur 25°C Männchen, und bei 28°C Weibchen ausbilden kann (HOFMANN 2007). Ein ähnliches Ergebnis konnte ich inzwischen für Phelsuma robertmertensi nachweisen, bei der eine Inkubationstemperatur von 25°C zu 90% männlichen und bei 28°C zu 90% weiblichen Nachkommen führt. Ein solches Ergebnis bestätigt meiner Einschätzung nach die Untersuchungen von ROCHA et. al. (2007), die Phelsuma robertmertensi in die verwandtschaftliche Nähe von Phelsuma pasteuri stellen. Eine nur weitläufige Verwandtschaft zu Phelsuma vnigra ssp. könnte sich auch darin bestätigen, dass bei mir – im Gegensatz zu Phelsuma pasteuri – bei Phelsuma vnigra comoraegrandensis und Phelsuma v-nigra v-nigra bisher bei Temperaturen von 25°C nur Weibchen und bei 28-29°C nur Männchen schlüpften. Eine Fixierung des männlichen Geschlechts scheint oben genannten Arten jedoch nicht gemein, so konnte dies auch für Phelsuma guttata nachgewiesen werden. Nachdem in den letzten Jahren ein unausgewogenes Geschlechterverhältnis zu Gunsten der Weibchen vorherrschte, bestand dringender Handlungsbedarf und so wurde versucht, dies ungünstige Verhältnis auszugleichen. Anfangs versuchte ich männliche Nachkommen zu erzielen, indem ich Gelege bei hohen Temperaturen erbrütete. Hierbei fiel schnell auf, dass ab 29°C aufwärts erbrütete Jungtiere schwächlich schlüpften und dass in den ersten Wochen viele Ausfälle zu verzeichnen waren. Die wenigen Tiere, die ein Alter erreichten, welches eine Geschlechtsbestimmung möglich machte, erwiesen sich fast ausschließlich als weiblich. Jedoch konnte LENK (pers. Mitt.) auch warm gezeitigte Jungtiere aufziehen, von denen sich später auch das ein oder andere als Männchen entpuppte. Auch HARTIG (pers. Mitt.) versuchte, durch 12 erhöhte Zeitigungstemperaturen Männchen zu erbrüten. Bei ihm erwiesen sich durchgehende Temperaturen von 31°C als fatal. Zum Teil schlüpften die Jungtiere nicht, bzw. waren nach dem Schlupf schwächlich und verendeten nach kurzer Zeit. Auf Grund schlechter Erfahrungen mit warm inkubierten Jungtieren versuchte ich nun Gelege auf 25°C zu zeitigen – mit dem Erfolg, dass stabilere Jungtiere schlüpften, von denen gut ein Drittel männlich war. Nach seinen schlechten Erfahrungen mit hohen Temperaturen wurden von HARTIG nun schwankende Temperaturen getestet. Die Inkubation erfolgte nun bei 24 bis 29°C, nachts wurde der Inkubator abgestellt sodass die Temperatur auf Zimmerniveau absank. Bei dieser Methode konnte er einige männliche Nachkommen erbrüten. Auch bei anderen Phelsuma-Arten scheint es gelegentlich vorzukommen, dass bei kühlen Inkubationstemperaturen Männchen schlüpfen. So erwiesen sich bisher fast alle Phelsuma modesta modesta als Männchen, welche auf 2931°C erbrütet wurden. Jedoch wurde bei mir auch ein Männchen bei 25°C erbrütet! Für Phelsuma modesta isakae scheint ein höherer Männchen-Quotient auf 29°C zu liegen, denn bei einer Temperatur von 31°C kam es vermehrt vor, dass aus einem Doppelgelege Jungtiere beiderlei Geschlechts schlüpften. Dies hat jedoch noch keine hohe Aussagekraft da von dieser Art noch nicht so viele Nachzuchten für Vergleichszwecke zur Verfügung standen. Bei der Inkubation von Phelsuma serraticauda-Gelegen konnte ich schon gute Ergebnisse erzielen, indem ich sie auf 28-29°C erbrütete und sich anschließend ein Geschlechtsverhältnis von 2:1 herausstellte. Jedoch gelang mir dies nur zwei Jahre in Folge und im 13 Informationen der Interessengruppe Phelsuma · Der TagGecko Nr. 71 (3/2010) dritten Jahr kippte das Verhältnis zugunsten der Weibchen. Wieso und warum kann ich nicht sagen, da Inkubationsmethode und -temperatur stets die gleiche war! Kurioserweise schlüpfte im letzten Jahr auch bei dieser Art ein männliches Tier, welches auf 25°C gezeitigt wurde. Auch bei anderen Gecko-Gattungen scheint eine Geschlechtsfixierung über die Temperatur möglich, doch zeigen auch hier Beispiele, dass es immer die Ausnahme von der Regel gibt. So erwiesen sich bei mir nahezu alle Nachkommen von Rhacodactylus auriculatus, welche auf 25°C gezeitigt wurden, als weiblich. Lediglich ein Männchen schlüpfte bei mir unter diesen Inkubationsbedingungen. Hingegen schlüpften bei 29°C bisher nur männliche Jungtiere! Bei Coleonyx elegans wiederum schlüpfen bei einer Temperatur von 25°C fast nur Männchen (3:1), bei 28°C ist das Verhältnis mit 2:1 schon etwas ausgeglichener – aber alles andere als zufriedenstellend. Dem gegenüber steht die Schwesterart Coleonyx mitratus, die bei einer Temperatur von 28°C wenigstens ein ausgeglichenes Verhältnis verzeichnet. Bei 25°C schlüpfen auch hier fast nur Männer! Diskussion Die oben angeführten Beispiele ließen sich noch fortführen, dies würde aber den Rahmen gänzlich sprengen. Sie sollen nur aufzeigen, dass bei einigen Arten, insbesondere derer der Gattung Phelsuma, eine Geschlechtsfixierung mittels der Bruttemperatur möglich sein kann. Jedoch scheint dies nicht auf alle Arten zuzutreffen! Denn wie ließe sich sonst erklären, dass es bei vielen Arten noch immer ein ungünstiges Geschlechtsverhältnis gibt? 14 Spielen bei der Geschlechtsentwicklung eines Embryos evtl. doch noch andere Faktoren wie beispielsweise der Luftdruck, die Luft- oder Substratfeuchte eine wichtige Rolle? Könnte es nicht sein, dass es wie bei Schildkröten auch Gattungen oder Arten gibt, bei denen das Geschlecht durch Chromosomen anstatt durch die Temperatur oder ähnliches festgelegt wird? Was ist mit der Ernährung der Elterntiere? Wie wirkt sich eine dauerhaft warme Haltung der Alttiere, insbesondere im Bezug auf das Weibchen, auf die sich in ihr heranreifenden Eier aus? Könnte das Geschlecht einiger Arten durch sehr warme Haltung der Mutter fixiert werden bzw. bereits fixiert sein? und und und… Da könnte man doch so einige Theorien aufstellen: Theorie 1 Die Luft- und/oder die Substratfeuchte kann/könnte direkten Einfluss auf das Geschlecht der Nachkömmlinge nehmen. Bei Eublepharis macularius ist sehr wohl bekannt, dass bei einer Temperatur von 28°C ausschließlich Weibchen schlüpfen, bei 32,5°C hingegen mehrheitlich Männchen und dass bei einer Bruttemperatur von 34°C wieder mehrheitlich Weibchen (sog. „heiße“ Weibchen) zu verzeichnen sind. Vor einigen Jahren schlüpften bei mir zwölf Eublepharis macularius, welche alle bei einer Temperatur von 32°C – mit einer Nachtabsenkung um 5°C – erbrütet wurden. Von diesen zwölf Tieren erwiesen sich zehn als männlich und zwei als weiblich. Warum waren nun zwei Weibchen, die aus einem Doppelgelege stammten, geschlüpft? Nach reichlicher Überlegung fiel mir auf, dass ich genau dieses 15 19 17 Gelege, aus dem besagte Weibchen schlüpften, nachbefeuchtet hatte und die Eier somit länger bei einer hohen Substratfeuchte gezeitigt wurden als alle anderen, aus denen nur Männchen geschlüpft waren. Könnte es nun sein, dass das Geschlecht bei gleicher Temperatur, aber hoher Substratfeuchte wieder zugunsten der Weibchen kippt? Theorie 2 Die Haltungstemperatur kann/könnte direkten Einfluss auf das Geschlecht der Nachkommen nehmen. Bei Phelsuma klemmeri fiel auf, dass aus Gelegen von Weibchen, die dauerhaft bei Temperaturen von wenigstens 30°C gehalten wurden, auch bei einer niedrigen Inkubationstemperatur von 25°C fast 100% männliche Nachkommen schlüpften (SCHRÖDER, pers. Mitt.). Bei im Hochsommer abgelegten und kalt inkubierten Gelegen von Phelsuma klemmeri konnte auch ich dieses Phänomen beobachten. Theorie 3 Hochdruck- oder Niederdruckwetterlagen könnten direkten Einfluss auf das Geschlecht der Nachkömmlinge nehmen. Bei der Inkubation der Gelege von Phelsuma laticauda laticauda nutze ich vornehmlich Temperaturen von 29°C und 31°C. Bei einer Temperatur von 31°C 16 20 Der TagGecko Nr. 71 (3/2010) · Informationen der Interessengruppe Phelsuma 18 schlüpfen bei mir mehrheitlich Männchen und bei 29°C mehrheitlich Weibchen. Nun fiel mir auf, dass aus Eiern, die während eine Hochsommerlage inkubiert wurden, bei einer Temperatur von 29°C fast nur noch Männchen schlüpften. Im Jahr 2006 inkubierte ich Gelege von drei Paaren während einer sommerlichen Hochwetterlage bei 29°C. Das Ergebnis war überraschend, denn das Geschlechtsverhältnis betrug (nur zu dieser Zeit) 9:1! Ähnliches konnte ich bei Phelsuma laticauda angularis beobachten. Aus Gelegen, die bei 29°C gezeitigt wurden, schlüpften bei mir noch nie Männchen. Jedoch während der Hochwetterlage 2006 schlüpften bei 29°C gleich sechs männliche Nachkommen! Theorie 4 Die Höhenverbreitung einer Art oder zumindest einer höhenadaptierten Population gehen einher mit den Auswirkungen der Inkubationstemperatur. Das heißt: Je höher eine Art oder Population ihre Verbreitung findet, umso niedriger dürfte die Temperatur sein, bei der das männliche Geschlecht ausgebildet wird. Seit 2002 halte ich Phelsuma cepediana in drei Variationen, von denen bei mir bisher 134 Jungtiere schlüpften. Bei Phelsuma cepediana gab und gibt es seit jeher einen massiven Männchen-Mangel. Um diesen auszugleichen wurde versucht, Gelege möglichst warm zu inkubieren. Die Zeitigung erfolgte seit 2003 bei 32°C, anfangs noch ohne Nachtabsenkung. Dies führte jedoch dazu, dass voll entwickelte Jungtiere im Ei abstarben. Einig konnten die Eischale noch knacken, verstarben aber anschließend an Erschöpfung. Von diesem Zeitpunkt an wurde eine Nachtabsenkung um 5°C eingestellt, mit dem Ergebnis, dass über 90% der Jungtiere 19 schlüpften. Leider erwiesen sich aber nur sehr wenige als männlich. Im Jahr 2006 erwiesen sich von 36 Jungtieren, die auf diese Weise erbrütet wurden, nur 3 als Männchen. Bei den hier beschriebenen Phelsuma cepediana handelte es sich um Tiere ohne gesicherten Fundort. Im Frühjahr 2006 erhielt ich ein Pärchen Phelsuma cepediana der Hochlandform, von denen ich noch in diesem Jahr sechs Nachzuchten erhielt. Zwei Doppelgelege wurden im Inkubator bei 31,5°C erbrütet und die daraus geschlüpften Jungtiere erwiesen sich später als 3,1. In den Folgejahren blieb das Ergebnis stets ähnlich, ca. 90% der Nachkommen, die bei 31,5°C erbrütet wurden, waren Männchen. Selbst unter Terrarienbedingungen gezeitigte Jungtiere entpuppten sich immer wieder als Männchen (eig. Beobachtung; LENK pers. Mitt.). Demgegenüber stehen Phelsuma cepediana der NW-Küste, die sich nicht nur in Färbung, Größe und Zeichnung von den Hochlandtieren unterscheiden, sondern auch gravierende Unterschiede im Geschlechterverhältnis der Schlüpflinge aufweisen. Auch die Gelege dieser Variante wurden wie oben beschrieben inkubiert. Das Geschlechterverhältnis betrug hier 2:10, was in deutlichem Gegensatz zu den Ergebnissen bei den Hochlandtieren steht! Diese Erkenntnisse könnten damit begründet werden, dass die Tiere im Hochland größeren Wetterschwankungen bzw. generell ungünstigeren Temperaturen ausgesetzt sind und somit einen niedrigeren Induktionspunkt als die Küstenpopulationen für das männliche Geschlecht ausgebildet haben. Mögliche Auswirkung einer zu hohen Inkubationstemperatur auf die Entwicklung der Jungtiere Um möglichst ein erwünschtes Geschlechtsverhältnis zu erhalten, ist man darauf angewiesen zu experimentieren und zu beobachten. Seit drei Jahren führe ich eine Inkubationsstudie mit Phelsuma quadriocellata quadriocellata durch. Jedes Jahr wurden alle Gelege bei einer anderen Temperatur erbrütet, um möglichst genaue Informationen zu erhalten. In diesem Jahr wurden die Gelege bei 31,5°C inkubiert – mit dem Ergebnis, dass gleich aus dem ersten Doppelgelege zwei Jungtiere schlüpften, die erhebliche Deformationen aufwiesen. Ein Tier zeigte einen verdrehten Hinterfuß und 20 Informationen der Interessengruppe Phelsuma · Der TagGecko Nr. 71 (3/2010) das zweite wies verkrüppelte hintere Extremitäten und einen verkrüppelten Schwanz auf (Abb. 20-22). Mit der Annahme, es könnte sich um eine inkubationsbedingte Schädigung handeln, wurden weitere Gelege nach der Hälfte der Inkubationszeit auf 28°C umgebettet. Mit dem Ergebnis, dass unter diesen Bedingungen nur noch gesunde Jungtiere schlüpften. Es macht den Anschein, als wären Inkubations-Temperaturen von über 30°C bei Gelegen von Phelsuma quadriocellata quadriocellata ungünstig, da so das Risiko steigt, dass sich die Embryonen nicht optimal entwickeln. Nach meiner Einschätzung kann es kein Zufall sein, dass aus einem Doppelgelege gleich zwei Jungtiere mit massiven Schädigungen des Skeletts schlüpfen. Wie die hier angeführten Inkubationsbeispiele und aufgestellten Theorien zeigen, scheint hinter dem großen Begriff Inkubation doch einiges mehr zu stecken, als nur die Temperatur, welche (möglicherweise!) das Geschlecht fixiert. Bei einigen Arten lassen sich mit hohen Inkubationstemperaturen zwar recht gute Erfolge erzielen, allerdings meine ich, dass es allein die hohe Temperatur nicht sein kann. Dies sollte nun auch jedem einleuchten. Denn: Wenn es sooo einfach wäre, könnte es ja jeder und es gäbe immer und überall ein ideales Geschlechterverhältnis von 1:1! Alle hier von mir angegebenen Temperaturen sind Tagestemperaturen. Die Inkubation erfolgte, soweit nicht anders vermerkt, mit einer nächtlichen Absenkung um 5°C. Alle Gelege wurden in einem Brutkasten (HOFMANN, 2006) gezeitigt. Als Temperaturregler findet ein Biotherm mit einer Genauigkeit von +/- 0,2°C Verwendung. Literatur BUDZINSKI, R. M. (1999): Inkubation des männlichen Geschlechts bei Geckos der Gattung Phelsuma durch tägliche kurzzeitige Inkubation bei hoher Temperatur. – Sauria, Berlin, 21 (3): 43-46 BUDZINSKI, S. & R. M. BUDZINSKI (2009): Der Mauritius-Taggecko Phelsuma guimbeaui. – Natur und Tier-Verlag, Münster, 64 S. HALLMANN, G., J. KRÜGER, G. TRAUTMANN (2008): Faszinierende Taggeckos. Die Gattung Phelsuma. – Münster (Natur 21 21 und Tier-Verlag), 253 S HOFMANN, T. (2006): Basteleien- Ein Kühlschrank wird zum Brutschank!, Der TagGecko, Kiel, 55 (3): 12-13. HOFMANN, T. (2007): Haltung und Vermehrung des Pasteur-Taggeckos Phelsuma v-nigra pasteuri MEIER, 1984 im Terrarium. – Sauria, Berlin, 29 (4): 35 – 42. KRAUSE, P. (2006): Der Palmen-Taggecko Phelsuma dubia. – Natur und Tier-Verlag, Münster, 64 S. OSADNIK, G. (1987): Untersuchungen zur Reproduktionsbiologie der madagassischen Taggeckos Phelsuma dubia. – Dissertation, Universität Bochum. PÜRKEL, O. (2002): Zur Haltung und Zucht von Phelsuma inexpectata MERTENS 1966.- Draco, Münster, 3 (3): 4750. ROCHA, S., D. POSADA, M.A. CARRETERO & D.J. HARRIS (2007): Phylogenetic affinities of Comoran and East African day geckos (genus Phelsuma) Multiple natural colonisations, introductions and island radiations.– Mol. Phylogenet. Evol., 43: 685-692. 22