Finanzwissenschaft I: Öffentliche Güter und externe Effekte Vorlesung an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg SS 2007 Prof. Dr. Lars P. Feld Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, ZEW Mannheim, Universität St. Gallen (SIAW-HSG), CREMA Basel und CESifo München Öff. Güter. 1 Öffentliche Güter und externe Effekte Aufbau der Vorlesung • Die Theorie öffentlicher Güter – Öffentliche Güter – Clubgüter • Externe Effekte – Pigou- vs. Coase – Preis- vs. Mengenlösungen – Die Ökosteuer • Meritorische Güter Öff. Güter. 2 Vorbemerkung I • Voraussetzungen zum Erreichen eines Pareto-Optimums in einer Gesellschaft – Vollständiger Wettbewerb – Vollständige Information, insbesondere keine asymmetrische Information – Soziale Diskontrate = private Diskontrate – Keine Transaktionskosten – Keine Subadditivität von Kostenfunktionen bzw. keine steigenden Skalenerträge • natürliches Monopol Öff. Güter 3 Vorbemerkung II • Voraussetzungen zum Erreichen eines Pareto-Optimums in einer Gesellschaft – Keine externen Effekte – Private haben genug Anreize, alle Güter zu produzieren • Ausschließbarkeit • Nicht-Rivalität im Konsum – Einkommensverteilung als Versicherungsproblem – Stabilisierung Öff. Güter 4 Die Theorie öffentlicher Güter I • Woraus resultieren externe Effekte? – Fehlende Zuweisung bzw. Durchsetzung von Eigentumsrechten – Frage der Konvention: • Bsp.: Wasserverschmutzung • Problem: Möglicherweise sehr teuer. – Unmöglichkeit des Ausschlusses: • Bsp.: Verkehr auf einer belebten Strasse • Problem: Ausschluss zu teuer (Maut für Stadtverkehr). Öff. Güter 5 Die Theorie öffentlicher Güter II • Woraus resultieren externe Effekte? – Unteilbarkeit: • • • • nicht-rivalisierender Konsum steigende Skalenerträge im Konsum siehe natürliches Monopol Bsp.: Fernsehen, Landesverteidigung, Lärm. • Öffentliche Güter sind Güter, die zumindest zu einem bestimmten Teil aus externen Effekten bestehen. Öff. Güter 6 Die Theorie öffentlicher Güter III Ausschluss Ja Nein Ja (1) Private Güter (2) Allmendegüter Nein (3) Clubgüter (4) reine öffentliche Güter Rivalität Öff. Güter 7 Die Theorie öffentlicher Güter IV • Private Güter – Die Bereitstellung über den Markt ist möglich und effizient. – Bsp.: Brot, Auto • Allmendegüter – Die Bereitstellung über den Markt ist in der Regel nicht möglich: Tragödie der Allmende. • Öffentliche Bereitstellung versus genossenschaftliche Bereitstellung • Suche nach Ausschlussmechanismen Öff. Güter 8 Die Theorie öffentlicher Güter V • Clubgüter – Die Grenzkosten für einen zusätzlichen Konsumenten sind Null. – Bsp.: Fernsehen, Verkehr auf einer nichtbefahrenen Straße, Leuchtturm – Bereitstellung über den Markt zwar möglich, aber nicht effizient (grenzkostenlose Mehrnutzbarkeit). • ‚Reine‘ öffentliche Güter – Die Bereitstellung über den Markt ist in der Regel nicht möglich. – Bsp.: Landesverteidigung, Rechtsstaat. Öff. Güter 9 Die Theorie öffentlicher Güter VI • Bereitstellung öffentlicher Güter: – nicht notwendigerweise Produktion Preis DB S DA p* DA + DB xB xA x* Menge Abbildung 1: Nachfrageaggregation bei privaten Gütern 10 Die Theorie öffentlicher Güter VII • Abbildung 1: – Ein Gut x, – zwei Konsumenten A und B, i = 1, 2. – Horizontale Addition der Nachfragekurven zur Ableitung einer gesellschaftlichen Nachfragefunktion. – Für alle i = 1, ..., n gilt: U i p x x* xi i Öff. Güter 11 Die Theorie öffentlicher Güter VIII • Öffentliche Güter Preis DA + DB DB S p* pA DA pB x* Menge Abbildung 2: Nachfrageaggregation bei öffentl. Gütern 12 Die Theorie öffentlicher Güter IX • Abbildung 2: – Ein Gut x, – zwei Konsumenten A und B, i = 1, 2. – Vertikale Addition der Nachfragekurven zur Ableitung einer gesellschaftlichen Nachfragefunktion. – Für alle i = 1, ..., n gilt: U i p i 1 x n x* x1 x2 .... xn Öff. Güter 13 Die Theorie öffentlicher Güter X • Problem dieser neoklassischen Darstellung: – Annahme des allwissenden Planers – Unterstellung, dass keine Trittbrettfahrerprobleme bestehen. – Zweite Annahme wird im Modell öffentlicher Güter von Paul Samuelson (1954) diskutiert. • Zwei Personen A und B • Konsum privater Güter durch A und B: xa und xb • Ein öffentliches Gut G Öff. Güter 14 Die Theorie öffentlicher Güter XI L U B ( x B , G ) 1 U A ( x A , G ) U A 2 x A x B x 3 x(G ) x L U B U A x 1 3 0 G G G G L U B 2 0 xB xB U A L 1 2 0 xA xA L 2 3 0 x Öff. Güter 15 Die Theorie öffentlicher Güter XII • Durch Einsetzen der dritten in die vierte Gleichung U B x 1 BA U x A • Durch Einsetzen der dritten in die fünfte Gleichung U B 3 x B Öff. Güter 16 Die Theorie öffentlicher Güter XIII • Durch Einsetzen der beiden vorherigen in die zweite Gleichung und Umformung U B U A G G x 0 U B U A G xB x A U A U B G G x U A U B G x A x B MRS GA, X MRS GB, X MRTG, X Öff. Güter 17 Die Theorie öffentlicher Güter XIV • Die Samuelson-Bedingung: – Öffentliche Güter sind dann optimal bereit gestellt, wenn die Grenzrate der Transformation, d.h. die sozialen Kosten der Bereitstellung öffentlicher Güter, der Summe der Grenzraten der Substitution, d.h. der gesamten sozialen Wertschätzung (Zahlungsbereitschaft), entspricht. – Samuelson diskutiert die Probleme der Ermittlung der Zahlungsbereitschaft der Individuen vor dem Hintergrund des free rider Problems. Öff. Güter 18 Die Theorie öffentlicher Güter XV • Problem: – Wie wird durchgesetzt, dass tatsächlich die optimale Menge des öffentlichen Gutes bereit gestellt wird? – Staatliche Produktion? – Bestimmung der optimalen Menge durch den politischen Prozess und Verallgemeinerung der Kosten. – Grenzkosten des zusätzlichen Konsums = 0. – Kostenlose Nutzung für jeden Konsumenten und Finanzierung über Steuern. Öff. Güter 19 Die Theorie öffentlicher Güter XVI • Bei bekannten Präferenzen: – Die individuellen Steuerpreise entsprechen den individuellen Grenznutzen. – Die Summe der Steuerpreise entspricht den Grenzkosten. – Die Produktion wird so lange ausgeweitet, bis Übereinstimmung erzielt ist. • Bei unbekannten Präferenzen: – Notwendigkeit, Verfahren zur Präferenzerfassung zu entwickeln. Öff. Güter 20 Die Theorie öffentlicher Güter XVII • Verfahren zur Präferenzerfassung: – Befragung der Individuen: • Anreiz zu strategischem Verhalten der Individuen. • CVM – Volksabstimmungen: Direkte Demokratie • Bei gegebener Einkommensverteilung und gegebenem Steuersystem besteht a priori kein Anreiz zu strategischem Verhalten in eine bestimmte Richtung. • Bei eingipfligen Präferenzen entscheidet der Medianwähler. • Gleichheit von Grenznutzen und Steuerpreis ist nur für den Medianwähler erfüllt. – Politischer Prozess: Repräsentative Demokratie Öff. Güter 21 Clubgüter I • Ausschlussmöglichkeit, aber NichtRivalität im Konsum: – Golfclub, Bridgeclub, Club von Gated Communities – optimale Bereitstellung erfordert neben der Bestimmung der optimalen Menge des Clubgutes auch die Bestimmung der optimalen Anzahl an Clubmitgliedern. – Klassischer Aufsatz: James Buchanan (1965) Öff. Güter 22 Clubgüter II • Q = • X = • Y = öffentlich bereitgestelltes Gut privater Konsum pro Kopf verfügbares Einkommen des Clubs • N = Anzahl der Individuen • Annahme: Private und öffentlich bereit gestellte Güter in identischen Einheiten gemessen und durch Produktionsprozess produziert, bei welchem der Faktor Arbeit und eine fixe Menge an Boden eingesetzt. Öff. Güter 23 Clubgüter III • Ermittlung der optimalen Menge des Clubgutes und der optimalen Mitgliederzahl: X f (N X ) Q f ( NQ ) • Mit NX + NQ = N • und X + Q = Y. Öff. Güter 24 Clubgüter IV • Produktionsfunktion f, für öffentliche und private Güter Y f ( N ), f N 0, f NN 0. • Budgetrestriktion Y XN Q Öff. Güter 25 Clubgüter V • Anzahl an Anwohnern, N, variiert nicht • alle Individuen in einer Gebietskörperschaft haben identische Präferenzen und Einkommen • Erstes Maximierungsproblem: Wähle X und Q so, dass der Nutzen der Anwohner, maximiert wird. Öff. Güter 26 Clubgüter VI • Lagrange-Funktion Max U ( X , Q) X ,Q • unter der Nebenbedingung Y XN Q • Bedingungen erster Ordnung (U / X ) N 0 (U / Q) 0. Öff. Güter 27 Clubgüter VII • Auflösung der Gleichung (4) und (5) dX U / Q N 1 N dQ U / X • Samuelson-Bedingung für die effiziente Bereitstellung öffentlicher Güter Öff. Güter 28 Clubgüter VIII • links: Summe der individuellen Grenzraten der Substitution zwischen öffentlichen und privaten Gütern • rechts: Grenzkosten der Produktion einer zusätzlichen Einheit Q in dafür verwendeten Einheiten des privaten Gutes X. • Da beide Güter in äquivalenten Einheiten gemessen werden, ist die Grenzrate der Transformation eins. Öff. Güter 29 Clubgüter IX • Zweites Maximierungsproblem: Wähle N so, dass der Konsum des privaten Gutes, gegeben das Klubgut Q, maximiert wird und die höchst mögliche Eintrittsgebühr erzielt werden kann. • Konsum des privaten Gutes gegeben: X ( f ( N ) Q) / N . Öff. Güter 30 Clubgüter X • Partielle Ableitung dieser Gleichung nach N X f N ( N ) N ( f ( N ) Q ) 0. 2 N N fN (N ) f (N ) Q . 2 N N f (N ) Q fN (N ) . N X f N (N ). Öff. Güter 31 Clubgüter XI • optimale Größe des Klubs, wenn das durch den Beitritt einer Person zusätzlich erzielte Einkommen gleich dem ProKopf-Konsum des privaten Gutes ist. • Der Klub wird vergrößert, solange ein neues Mitglied einen (marginal) positiven Beitrag zur Bereitstellung des öffentlichen Gutes leistet. Öff. Güter 32 Clubgüter XII • das öffentliche Gut wird rivalisierend genutzt: – Kosten der Bereitstellung einer Produkteinheit des öffentlichen Gutes mit C (N). – reines öffentliches Gut: CN (N) = 0. – öffentlich bereitgestelltes Gut mit Privatgutcharakter oder Überfüllungskosten durch zusätzliche Konsumenten: CN (N) > 0. – Konsumenten können Wohnungen, H, zu einem exogenen Preis, pH, mieten. Öff. Güter 33 Clubgüter XIII • Optimierungsproblem: Max U ( X , H , Q) • unter der Nebenbedingung: X Y pH H [C( N ) / N ]Q. • Bedingungen erster Ordnung : N [(U / Q) /( U / X )] C ( N ) [(U / H ) /(U / X )] pH . Öff. Güter 34 Clubgüter XIV • linke Seite der ersten Gleichung: die Summe der individuellen Grenzraten der Substitution zwischen öffentlichen und privaten Gütern. • rechte Seite die Grenzrate der Transformation bzw. die Kosten der Produktion einer zusätzlichen Einheit des öffentlichen Gutes abbildet, wenn die Bevölkerung nicht variiert wird. Öff. Güter 35 Clubgüter XV • Zweite Gleichung: entsprechende Bedingung für die Grenzrate der Substitution zwischen Wohnungsnutzung und dem privaten Gut. • optimalen Klubgröße: Maximierung des privaten Konsums nach N, mit nicht variierbarem Q CN ( N ) C ( N ) / N . Öff. Güter 36 Clubgüter XVI • Die optimale Klubgröße ist erreicht, wenn die Durchschnittskosten der Bereitstellung des öffentlichen Gutes den Bereitstellungsgrenzkosten entsprechen, die durch ein zusätzliches Klubmitglied entstehen. • Probleme von Unteilbarkeiten: natürliches Monopol? • Fusion von Klubs bis zu steigenden Grenzkosten Öff. Güter 37 Externe Effekte I • Problem: Eigene wirtschaftliche Aktivitäten haben einen direkten Einfluss auf den Nutzen oder die (Produktions-) Kosten anderer. • Bsp: – – – – Umweltschäden öffentliche Parks Klavierspiel in der Wohnung Rauchen Externe Effekte 38 Externe Effekte II • Grund: Unzureichende und uneindeutige Festlegung bzw. Durchsetzung von Eigentumsrechten. • ‚illegitime‘ Interdependenzen. – Nicht durch freiwillige Vereinbarung – Nicht durch Knappheit. • Unterscheidung zwischen technologischen und pekuniären Externalitäten. Externe Effekte 39 Externe Effekte III • Technologische Externalitäten: – Einfluss in der Nutzen- oder Produktionsfunktion. • Pekuniäre Externalitäten: – Veränderung der Knappheitspreise aufgrund einer Nachfrageänderung. – Bsp. Restaurant an einer viel befahrenen Strasse. • Im folgenden nur Betrachtung technologischer Externalitäten Externe Effekte 40 Externe Effekte IV • Konsumbereich – – – – A, B x1, x2 p1, p2 U • UA = • UB = = = = = 2 Individuen 2 Güter entsprechende Preise Nutzen UA (x1A, x2A) UB (x1B, x2B, x1A) Externe Effekte 41 Externe Effekte V • Optimalbedingungen U A / x2A p2 A U A / x1 p1 U B / x2B p2 B U B / x1 p1 x1A x1B x1 x2A x2B x2 Externe Effekte 42 Externe Effekte VI • Totales Differential (Nutzenfunktionen und Mengenbeschränkungen): U A U A A dU A A dx1 A dx2A x1 x2 U B U B U B B B dU B B dx1 B dx2 A dx1A x1 x2 x1 dx1A dx1B 0 dx2A dx2B 0 Externe Effekte 43 Externe Effekte VII • Nach Erweiterung und Ausklammern U A A U A x dU A A (dx1A 2 dx2A ) U A x1 x1A U B B U B U B x B B 2 dU B B (dx1 dx2 ) A dx1A U B x1 x1 x1B • Externer Effekt Externe Effekte 44 Externe Effekte VIII • im Gleichgewicht folgt U A dU A A (dx1A x1 U B dU B B (dx1B x1 p2 dx2A ) p1 p2 U B B dx2 ) A dx1A p1 x1 • Externer Effekt • Verbesserungen sind möglich, ohne dass ein anderes Individuum schlechter gestellt wird: dUA = 0. Externe Effekte 45 Externe Effekte IX • Der externe Effekt ist nicht mit Knappheitspreisen verbunden. • Daraus folgt U A p2 A 0 A (dx1 dx2A ) x1 p1 dx1A dx1B dx2A dx2B Externe Effekte 46 Externe Effekte X • Einsetzen in letzte Gleichung S. 45 U B p2 U B A A dU B B (dx1 dx2 ) A dx1A x1 p1 x1 U B dU B A dx1A x1 • Pareto-Verbesserung durch Eliminierung des externen Effekts möglich. Externe Effekte 47 Externe Effekte XI • Individuelles Optimum und soziales Optimum weichen voneinander ab. L U A ( x1A , x2A ) U B ( x1A , x1 x1A , x2 x2A , x2A ) U B UB UB L UA A 0 A A B x1 x1 x1 x1 UB UB L UA B 0 A A A x2 x2 x2 x2 Externe Effekte 48 Externe Effekte XII UA UB UB A A x1 x1 x1B UA UB UB A B x2 x2 x2A U B 0 A x1 • Negativer externer Effekt U B 0 A x1 • Positiver externer Effekt Externe Effekte 49 g Externe Effekte XIII Bewerteter Nutzen c b h e f a MDB+MCx MDB j d MCX MBA i x**A x* A Menge x Abbildung 3: Externe Effekte im Konsumbereich Externe Effekte 50 Externe Effekte XIV • A übt einen externen Effekt auf B durch seinen Konsum von x aus. • Nutzenvergleich A: x*A zu x**A • A hat eine Nutzeneinbuße durch Internalisierung in Höhe von x*Adbx**A • B erfährt eine Schadensreduktion in Höhe von dcba oder x*Ajax**A • Produktionskostenersparnis: x*Adax**A • gesamter Nettovorteil: bcd Externe Effekte 51 Externe Effekte XV • Produktionsbereich – – – – – – – – A, B x1, x2 p1, p2 K L w r MP = = = = = = = = 2 Unternehmen 2 Güter entsprechende Preise Kapital Arbeit Lohnsatz Zinssatz Grenzprodukt. Externe Effekte 52 Externe Effekte XVI • Produktionsfunktion: Entlohnung nach dem Grenzwertprodukt. – X = f (LX, KX) w pX MPLXX r p X MPKXX – Y = g (LY, KY, KX) • Die marginalen Kosten des Einsatzes von KX entsprechen der Summe der Grenzwertprodukte des Kapitals. Externe Effekte 53 Externe Effekte XVII r pX MPKXX pY MPKYX pY MPKYY n r p X MPKXX pi MPKi X i 1 • Wenn alle Unternehmen von KX profitieren, existiert ein positiver externer Effekt. Externe Effekte 54 Pigou vs. Coase I • Verbundlösung: Fusion • Pigou‘sche Steuerlösung: – Abbildung 3: Steuer auf xA müsste gerade so hoch sein, dass der marginale Schaden des B ausgeglichen wird, den dieser im Optimum erleidet. – Die Steuer muss so hoch sein, dass x**A an Stelle von x*A konsumiert wird. – Steuer in Höhe der Differenz ab auf jede Menge xA. – Aus Sicht von A sind die Grenzkosten dann MCx+ab. Externe Effekte 55 Pigou vs. Coase II • Pigou‘sche Steuerlösung: – – – – Gewinn für B (+): abcd oder x**Aaj x*A. Gewinn für A (-) (Renteneinbuße): abd. Gewinn des öffentlichen Sektors (+): ehba. Gesamter Nettoertrag (nur für A und B): bcd. • Schwierigkeit der Ermittlung der Höhe des Steuersatzes, da er im Optimum dem gesellschaftlichen Grenzschaden entsprechen muss. – Frage der Ermittlung. – A hat Anreize, seinen wahren Grenznutzen zu verschleiern. Externe Effekte 56 Pigou vs. Coase III • Schwierigkeit der Ermittlung des individuellen Grenzschadens. • Dynamisches Problem: Bei jeder Änderung treten Gleichgewichtsanpassungen auf, die eine neue Schätzung der Grenznutzen und Grenzkosten erfordern würden. • Wenn der Staat keine Vorstellung über die optimale Lösung hat, muss er sich mit ‚trial and error‘ herantasten. – Problem der Verzerrungen. Externe Effekte 57 Pigou vs. Coase IV • Pigou‘sche Subventionslösung – Subvention für Reduktion der Schädigung pro Einheit der Aktivität. – Optimale Höhe der Subvention: dj. – Im Produktionsbereich: Einsparung von Produktionskosten. – Gewinn für B (+): abcd. – Gewinn für A (+): bjd (Subvention abjd minus Netto-Nutzen abd). – Verlust des öffentlichen Sektors (-): abjd. – Gesamter Nettoertrag (mit Subventionszahlung des Staates): bcd. Externe Effekte 58 Pigou vs. Coase V • Pigou‘sche Subventionslösung – scheinbar gleich effizient wie die Steuerlösung. – Bei Steuern wird der Verursacher schlechter gestellt. – Der Rest der Bevölkerung wird durch die Steuereinnahmen besser gestellt. – Bei der Subvention wird der Verursacher besser gestellt und der Rest der Bevölkerung schlechter gestellt. Externe Effekte 59 Pigou vs. Coase VI • Pigou‘sche Subventionslösung – Bei Subventionen sind Mitnahmeeffekte möglich. – Steuern führen zu Marktaustritten ineffizienter Unternehmen, während Subventionen dazu führen, dass ineffiziente Unternehmen im Markt bleiben. – Wenn Neueintritte von Firmen in den Markt aufgrund der Subvention auftreten, kann die Verschmutzung sogar zunehmen. Externe Effekte 60 Pigou vs. Coase VII • Verursacherhaftung – Wer den Schaden verursacht, wird haftbar gemacht. – B hat Verfügungsrechte, z.B. an sauberem Wasser, und A muss für den externen Effekt (Wasserverschmutzung) zahlen. – Bestimmte Zuweisung von Verfügungsrechten. – Implizite Annahme: Kompensation ist ohne Transaktionskosten möglich. Externe Effekte 61 Pigou vs. Coase VII • Verursacherhaftung – B wird von A nach Maßgabe des marginalen Schaden (MD) entschädigt. – A hat effektive Grenzkosten durch die Verursacherhaftung und effektive Produktionskosten. – A wählt x**A. Externe Effekte 62 Pigou vs. Coase VIII • Verursacherhaftung – A wäre bereit, abge zu zahlen. – B will eine Kompensation in Höhe von x**Aai . – Der Nettogewinn beträgt egbf als Differenz zwischen dem Maximum, das A zu zahlen bereit ist, und dem Minimum, das B verlangt. – Solange dieser Betrag positiv ist, besteht eine Möglichkeit zur Pareto-Verbesserung über Verhandlungen. – Die effektive Kompensation muss nicht unbedingt optimal sein: 0 < Kompensation < egbf. Externe Effekte 63 Pigou vs. Coase IX • Verhandlungslösung (Coase, 1960) – Zwei Möglichkeiten der Zuteilung von Verfügungsrechten. – Verursacherprinzip oder – Schädiger hat ein Recht, die Umwelt zu verschmutzen. – A kann durch Einschränkung seines Konsums von x einen Nettogewinn erzielen. – B versucht A, über eine Kompensationszahlung zur Reduktion seines Konsums zu bewegen. – B zahlt einen Betrag unterhalb MD. Externe Effekte 64 Pigou vs. Coase X • Verhandlungslösung (Coase, 1960) – A reduziert den Konsum von x, wenn er die Fläche bad erhält. – In diesem Fall ist A indifferent zwischen Konsum (Produktion) und Konsumeinschränkung (Produktionseinschränkung). Externe Effekte 65 Pigou vs. Coase XI • Verhandlungslösung (Coase, 1960) – Das Verhandlungsergebnis ist Pareto-effizient. – Das Coase Theorem besagt, dass so lange verhandelt wird, bis der Grenzschaden gleich dem Grenznutzen ist. – Lediglich die Verteilung der Nutzen und des Nutzengewinns sind von der Zuteilung der Verfügungsrechte berührt. – Die Ressourcenallokation wird davon aber nicht beeinflusst. – Coase‘sche Invarianzthese. Externe Effekte 66 Pigou vs. Coase XII • Verhandlungslösung (Coase, 1960) – B wäre bereit, abcd zu zahlen. – A will eine Kompensation in Höhe von abd. – Der Nettogewinn beträgt bcd als Differenz zwischen dem Maximum, das B zu zahlen bereit ist, und dem Minimum, das A verlangt. – Solange dieser Betrag positiv ist, besteht eine Möglichkeit zur Pareto-Verbesserung über Verhandlungen. – Die effektive Kompensation muss nicht unbedingt optimal sein: 0 < Kompensation < bcd Externe Effekte 67 Pigou vs. Coase XIII • Verhandlungslösung (Coase, 1960) – Die effektive Kompensation hängt von der Verhandlungsmacht der Parteien ab. – Zentrale Annahme: Keine Transaktionskosten. – Bei positiven Transaktionskosten können Verhandlungen verebben. – Problem bei großen Gruppen, bei denen zudem Trittbrettfahrerprobleme bestehen. – Frage der Verhandlungsmöglichkeit großer Gruppen. – Möglichkeit politischer Institutionen (Kleinbli.) Externe Effekte 68 Preis vs. Mengenlösungen I • Lenkungssteuer (Standard-Preis-Ansatz) – Versuch, die Pigou-Steuer durch ‚trial and error‘ anzunähern. – Das Schadstoffniveau wird politisch festgelegt und die Steuer so lange variiert, bis durch die Produktionseinschränkung dieses Niveau erreicht wird. – Typische ‚second-best‘ Lösung. Externe Effekte 69 Preis vs. Mengenlösungen II • Zertifikatslösung – Das Schadstoffniveau wird ebenfalls politisch festgelegt. – Wenn der Schaden kontrollierbar ist (bzw. die Schadenshöhe und das Ausmaß beobachtbar sind), ist es möglich einen effizienten Markt für Verschmutzungsrechte zu schaffen. – Wettbewerb um Verschmutzungsrechte. – Staatlich garantierte Verhandlungslösung. – Die Menge an Verschmutzungsrechten ist gesetzlich fixiert. Externe Effekte 70 Preis vs. Mengenlösungen III • Zertifikatslösung – Die Preisbildung erfolgt über den Markt. – Der Markt stellt sicher, dass die gebilligte Menge an Schadstoffen und die Lenkung der Ressourcen optimal ist. – Die Unternehmen mit höherem Grenzwertprodukt können mehr Verschmutzungsrechte kaufen und bleiben im Markt. – Anreize zur Substitution in der Produktion mit geringeren externen Effekten. – Probleme: Transaktionskosten von Märkten. – In den USA und der EU eingesetzt. Externe Effekte 71 Preis vs. Mengenlösungen IV • Regulierungen – Regelfall der Umweltpolitik – Verbot negativer externer Effekte volkswirtschaftlich nicht notwendigerweise optimal. • Problem bei Atomstrom: Lösung, die den schlimmsten aller Fälle minimiert? – Begrenzung der Emissionen bei gleicher Schadensmenge für jedes Unternehmen. • Effizienz heißt i.d.R. nicht, dass jedes Unternehmen die gleiche Schadstoffmenge hat. • Unterschiedliche Produktions- und Nachfragebedingungen erfordern differenzierte Lösungen. Externe Effekte 72 Preis vs. Mengenlösungen V • Regulierungen – Durchführungskosten als Gegenargument • relativ niedrig bei gleichmäßigem Niveau • niedriger als die Steuererhebungskosten? – Argument der Gleichbehandlung – Emissionsbegrenzung als Vorstufe zur Zertifikatslösung – Analogie zu positiven Externalitäten • natürliches Monopol: öffentliche Unternehmen • Gemeinnützigkeit von Investitionen. Externe Effekte 73 Die Ökosteuer • Die Ökosteuer als ein typisches Beispiel für eine Lenkungssteuer nach dem Standard-Preis-Ansatz • Besondere Problematik in der Diskussion: doppelte Dividende. • Verwendung des Steueraufkommens zur Reduktion anderer Steuern. • Problem der Verzerrungen (‚excess burden‘). Externe Effekte 74 Zwischenbemerkung I • Was bedeutet die Marktversagenstheorie für das Staatshandeln? – Implizit wird mit dieser Theorie der normative Anspruch für Staatshandeln verbunden. – Aber: Es gibt auch Autoren, die behaupten, diese Ansätze erklärten tatsächliches Staatshandeln in einem positiven Sinne. – Bator (1960), Sinn (1997): 90 % der Staatsausgaben in den USA oder in Deutschland gingen auf Marktversagen zurück. Externe Effekte. 75 Zwischenbemerkung II • Zwei weitere implizite Unterstellungen – Der Staat greift immer dort ein, wo Marktversagen herrscht und – Wo er eingreift, arbeitet er besser als der Markt. • Politikversagen und Staatsversagen? Externe Effekte 76 Zwischenbemerkung III Marktversagen Ja Nein Ja (1) Verteidigung Nein (3) Umweltschutz (2) sozialer Wohnungsbau (4) private Güter Staatseingriff Externe Effekte 77 Meritorische Güter I • Begründung von Fall 2 durch die Theorie meritorischer Güter. • Bisher gegebene Nutzenfunktionen. – Problem: – effiziente Allokation bei Grenzkosten von Null – Offenlegung der Präferenzen. – Ziel: – Optimierung der Wohlfahrt durch einen Ausgleich von Grenzkosten und Grenznutzen. – Berücksichtigung der Konsumentensouveränität. Meritorik 78 Meritorische Güter II • Viele private Güter werden tatsächlich durch den Staat bereitgestellt. • Präferenzen der Individuen werden bewusst missachtet. – Beispiele: – Subventionen, Theater, Kunst, Eisenbahn, Sozialversicherung, Grundschule – Steuern auf Alkohol, Tabak, Benzin, Heizöl, Autos (in DK). – Verbote: Alkohol, Drogen, Tabak, Pornografie Meritorik 79 Meritorische Güter III • Argumentation meritorischer Güter – Auseinanderfallen individueller und gesellschaftlicher Kosten: – Mineralölsteuer, Eisenbahn, Drogen, Tabak, Alkohol. – Auseinanderfallen individueller und gesellschaftlicher Diskontrate: – Sozialversicherung. – Erziehung bei ‚verzerrten‘ individuellen Präferenzen: – Tabak, Alkohol, Drogen, Pornografie. Meritorik 80 Meritorische Güter IV • Argumentation meritorischer Güter – Umverteilung: Schulmilch. – sonstige: Kunst, Theater. • Meritorische Güter scheinen in diesen Beispielen keine eigenständigen Erklärungsansätze zu sein. – Wieso hier verzerrte Präferenzen und ansonsten nicht?. – Wer bestimmt, wann Präferenzen verzerrt sind? Externe Effekte 81 Meritorische Güter V • Aber: Probleme der individuellen Zeitinkonsistenz • Weakness of will: Jon Elster. • Selbstbindung über den Staat, wie Odysseus und die Sirenen. • Analytisch: Unterscheidung von Präferenzen und Meta-Präferenzen. • Letztlich führt aber kein Weg an der Berücksichtigung politischer Entscheidungsprozesse zur Erklärung des Staatshandelns vorbei. Meritorik 82