Betriebliche Bündnisse für Arbeit (BBfA) Folgen für die betriebliche Mitbestimmung und das deutsche Modell der kollektiven Interessenvertretung Oldenburg, 22.März 2006 Peter Bleses Fragestellung: 1. Inwieweit bedeuten die BBfA eine Kompetenzverschiebung von der Tarifpolitik zur betrieblichen Mitbestimmung? 2. Welche Probleme resultieren aus den BBfA? 3. Welche Konsequenzen können aus dem Machtverlust der kollektiven Interessenvertretung gezogen werden? 22. März 2006 Peter Bleses, Vortrag Oldenburg 2 Gliederung: 1. Das zweigleisige Modell der Interessenvertretung 2. Formen, Typen und Inhalte der BBfA 3. Auswirkungen der BBfA auf die betriebliche Mitbestimmung und die zweigleisige Struktur der kollektiven Interessenvertretung 4. Schlussfolgerungen und politische Konsequenzen 22. März 2006 Peter Bleses, Vortrag Oldenburg 3 Zweigleisige Struktur der kollektiven Interessenvertretung Preis der Arbeitskraft Umstände der Verausgabung der Arbeitskraft betrieblich Tarifautonomie betriebliche Mitbestimmung überbetrieblich Tarifautonomie betriebliche Mitbestimmung Tarifdeckungsraten - in Prozent der Beschäftigten 100 90 80 72 70 68 65 70 Prozent 60 56 51 63 46 50 44 63 63 44 43 62 61 43 41 40 30 8 7 12 11 8 7 7 2004 12 2003 8 1999 1998 1996 1995 12 11 2002 8 10 0 11 2001 13 2000 20 Jahr Flächentarifvertrag - Ostdeutschland Flächentarifvertrag - Westdeutschland Haustarifvertrag - Ostdeutschland Haustarifvertrag - Westdeutschland Quelle: IAB-Betriebspanel • „Tarifvorrang“ (§ 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG): „Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebs-vereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt“ 22. März 2006 Peter Bleses, Vortrag Oldenburg 6 • „Günstigkeitsprinzip“ (§ 4 Abs. 3 TVG) „Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten“ 22. März 2006 Peter Bleses, Vortrag Oldenburg 7 • § 4 Abs. 4 TVG „Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden“ 22. März 2006 Peter Bleses, Vortrag Oldenburg 8 Vier Typen der BBfA 1. Lohnsenkende Investitionsvereinbarungen 2. Lohnsenkende Beschäftigungsvereinbarungen 3. Produktivitätsfördernde Investitionsvereinbarung 4. Arbeitsumverteilende Beschäftigungsvereinbarung Quelle: Britta Rehder 2003 22. März 2006 Peter Bleses, Vortrag Oldenburg 9 Themen der BBfA - in Prozent 1999 2003 Arbeitszeitmaßnahmen 82 76 Entgeltmaßnahmen 32 42 83 65 Organisatorische Maßnahmen Quelle: Massa-Wirth/Seifert 2004 (WSI) 22. März 2006 Peter Bleses, Vortrag Oldenburg 10 Zwei Pfade der BBfA 1. BBfA im Rahmen der Tarifautonomie a) Ergänzungstarifverträge b) auf Öffnungsklauseln gestützte BBfA 2. BBfA ohne Zustimmung der Tarifparteien a) nicht tarifwidrig b) tarifwidrig 22. März 2006 Peter Bleses, Vortrag Oldenburg 11 Auswirkungen der tarifwidrigen BBfA 1. 2. 3. 4. 5. 6. Neue Verhandlungsgegenstände für die Mitbestimmung ohne neue Machtmittel für die Betriebsräte Neue Konflikte zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat Neue Anforderungen an das Verhältnis des Betriebsrats zu den Beschäftigten Spannungen zwischen Betriebsräten und Gewerkschaften Konkurrenz zwischen verschiedenen deutschen Unternehmensstandorten Gefährdung transnationaler Kooperation der betrieblichen Interessenvertretungen 22. März 2006 Peter Bleses, Vortrag Oldenburg 12 Verbetrieblichung der zweigleisigen Struktur kollektiver Interessenvertretung durch BBfA Umstände der Verausgabung der Arbeitskraft Preis der Arbeitskraft 2. Pfad Tarifautonomie Überbetrieblich Tarifautonomie 1. Pfad Betrieblich 22. März 2006 Peter Bleses, Vortrag Oldenburg betriebliche Mitbestimmung betriebliche Mitbestimmung 13 Zweigleisige Struktur in Zahlen in Prozent der Beschäftigten (2003) Westdeutschland Ostdeutschland 35 21 Betriebsrat und Haustarifvertrag 7 10 Betriebsrat und kein Tarifvertrag 6 8 Flächentarifvertrag und kein Betriebsrat 25 16 Haustarifvertrag und kein Betriebsrat 1 4 Kein Tarifvertrag und kein Betriebsrat 26 42 100 100 Betriebsrat und Flächentarifvertrag Insgesamt Private Unternehmen ab 5 Beschäftigten (ohne Landwirtschaft und Non-ProfitOrganisationen) Quelle: IAB-Betriebspanel 22. März 2006 Peter Bleses, Vortrag Oldenburg 14