Thermische Modellierung von Gebäuden III • Dies ist die dritte von drei Vorlesungen, welche sich mit dem Thema der thermischen Modellierung von Gebäuden befassen. • Dieses dritte Beispiel behandelt die thermodynamische Bilanzierung von Biosphere II, einem Forschungsprojekt, welches 50 km nördlich von Tucson angelegt wurde. • Nachdem Biosphere II auch pflanzliches Leben enthält, ist es wichtig, nicht nur die Temperatur innerhalb des Biosphere II Gebäudes zu betrachten, sondern auch die Luftfeuchtigkeit. • Der gesamte Komplex wird als ein einzelner Raum mit einer gleichmässigen Lufttemperatur betrachtet. Die Auswirkungen der Klimaanlage wurden vernachlässigt. • Das Modell berücksichtigt das Wetter bei Biosphere II. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Übersicht • • • • • • • • • • • 15. Dezember, 2004 Biosphere II: Ursprüngliche Zielsetzung Biosphere II: Gegenwärtige Zielsetzung Biosphere II: Konstruktion Biosphere II: Die Biome Das konzeptuelle Modell Das Bondgraphmodell Wärmeleitung, Konvektion, Strahlung Verdunstung, Kondensation Das Dymola Modell Das Dymola „Biosphere“ Paket Simulationsresultate Anfang Präsentation Biosphere II: Ursprüngliche Zielsetzung • Biosphere II wurde als geschlossenes ökologisches System konzipiert. • Der ursprüngliche Zweck war, zu untersuchen, ob es möglich ist, eine System zu bauen, dass sich materiell selbst unterhält, das heisst, das nur Energie von aussen zugeführt bekommt. • Solche Systeme wären z.B. bei langen Raumflügen nützlich. • Biosphere II hat eine Anzahl unterschiedlicher Biome, die miteinander kommunizieren. • Das Modell enthält nur ein einziges Biome, welches aber die Grösse der gesamten Struktur hat. • Es lebten während zwei Jahren acht „Argonauten“ in Biosphere II. Diese mussten sich selbst versorgen. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Biosphere II: Gegenwärtige Zielsetzung • Momentan wird Biosphere II in einem offenen Durchflussmodus betrieben. Somit ist die Struktur nicht mehr materiell abgeschlossen. • Aktuelle Experimente beinhalten z.B. die Analyse der Auswirkungen verschiedener Konzentrationen von CO2 auf das Pflanzenwachstum. Damit soll untersucht werden, wie sich die sich ändernde Zusammensetzung der Erdatmosphäre auf das Leben auswirken wird. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Biosphere II: Konstruktion I • Biosphere II wurde in einer Gitterbauweise erstellt. • Die Gitterelemente sind durch Glasfenster ausgefüllt, die gut mit Silikon verkittet sind. • Biosphere II verliert ca. 10% so viel Luft pro Volumeneinheit wie das Spaceshuttle. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Biosphere II: Konstruktion II • • • 15. Dezember, 2004 Die Pyramidenstruktur enthält das Urwaldbiom. Die langgestreckte Nachbareinheit beherbergt den See, die Sumpflandschaft, die Savanne und zuunterst die Wüste. Daneben gibt es noch ein Landwirtschaftsbiom. Anfang Präsentation Biosphere II: Konstruktion III • Die beiden „Lungen“ sorgen für den Druckausgleich von Biosphere II. • In jeder Lunge ist eine schwere Betondecke flexibel aufgehängt und mit Gummi abgedichtet. • Wenn die Temperatur in Biosphere II steigt, steigt auch der Innendruck. Somit hebt sich die Betondecke, bis der Innendruck und der Aussendruck wieder ausgeglichen sind. Dadurch verhindert man, dass die Scheiben rausfliegen. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Biosphere II: Biome I • Der Salzsee ernährt eine komplexe Ökologie von Meertieren. • Hinter dem See sind die Mangrovensümpfe. Es werden künstlich Wellen erzeugt, um die Mangroven bei guter Gesundheit zu erhalten. • Rechts oberhalb des Kliffs befindet sich die hohe Savanne. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Biosphere II: Biome II • Hier sieht man die Savannenlandschaft. • Für jedes der Biome wurde speziell ausgesuchtes Erdreich bereitgestellt. • Biosphere II unterhält 1800 Sensoren, deren Messwerte im Durchschnitt jede 15 Minuten aufgezeichnet werden. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Biosphere II: Biome III • Das Landwirtschaftsbiom kann in drei Unterbiome unterteilt werden. • Links im Hintergrund ist die zweite Lunge. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Wohnen in Biosphere II • Die Bibliothek befindet sich in einem hohen Turm mit Wendeltreppe. Der Blick aus der Bibliothek auf die Sonora Wüste ist atemberaubend. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Der „Regenmacher“ • Von der Kommandozentrale aus kann das Klima in jedem Biom einzeln kontrolliert werden. • So kann z.B. in der oberen Savanne für drei Uhr nachmittags zehn Minuten Regen angesagt werden. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Die Klimaregelung I • 15. Dezember, 2004 Die Klimaregelung (im Untergeschoss) ist beeindruckend. Biosphere II ist bei weitem das komplexeste System, das auf diesem Planeten je von Menschen gebaut wurde. Anfang Präsentation Die Klimaregelung II • Es muss ausser der Temperatur auch die Luftfeuchtigkeit geregelt werden. • Dazu muss die Luft dauernd getrocknet werden. • Das ausfallende Wasser wird am tiefsten Punkt, in einer der Lungen gesammelt, von wo es wieder hochgepumpt wird, um den Regenwald zu befeuchten. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Das konzeptuelle Modell 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Das Bondgraphenmodell Temperatur Luftfeuchtigkeit Zur Verdunstung wird Energie benötigt. Diese wird vom thermischen Bereich abgezogen. Dabei ergibt sich sogenannte latente Wärme. Kondensation Bei der Kondensation wird die latente Wärme wieder abgegeben. Verdunstung 15. Dezember, 2004 Die Effekte der Verdunstung und Kondensation dürfen bei der thermischen Modellierung von Biosphere II nicht vernachlässigt werden. Anfang Präsentation Wärmeleitung, Konvektion, Strahlung • Diese Elemente sind in der bekannten Weise modelliert worden. Da die Klimaanlage nicht simuliert wurde, ist die Konvektion keine erzwungene Konvektion und kann daher im Wesentlichen wie Wärmeleitung behandelt werden. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Verdunstung und Kondensation • Bei der Verdunstung und Kondensation handelt es sich um nichtlineare (modulierte) Widerstände. • Diese wurden nicht graphisch, sondern mittels Gleichungen erfasst. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Das Dymola Modell I • Das Dymola Gesamtmodell ist links abgebildet. • Das Bild zeigt die Ikone des Gesamtmodells. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Das Dymola Modell II Nachthimmeltemperatur Temperatur der Glocke Umgebungstemperatur Lufttemperatur Vegetationstemperatur Luftfeuchtigkeit Bodentemperatur 15. Dezember, 2004 Wassertemperatur Anfang Präsentation Das Dymola Modell III Nachthimmelstrahlung Sonnenkonvektion Sonneneinstrahlung Konvektion Verdunstung und Kondensation 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Konvektion e1 e2 Rth = R · T Gth = G / T T T = e1 + e2 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Strahlung Rth = R / T 2 e1 e1 15. Dezember, 2004 Gth = G · T 2 T = e1 Anfang Präsentation Verdunstung des Salzwasserteichs Programmiert mittels Gleichungen Teten’s Gesetz } Sensible Wärme ein = latente Wärme aus 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Kondensation in der Atmosphäre Programmiert mittels Gleichungen Wenn die Temperatur unter den Kondensationspunkt fällt, bildet sich Nebel. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Umgebungstemperatur • Die Umgebungstemperatur wurde in diesem Modell mittels Interpolation in einer grossen Temperaturdatenbank ermittelt. Daten waren nur verfügbar für die Lage von Tucson. Korrekturfaktoren wurden eingesetzt, um die Auswirkungen der höheren Lage von Oracle abzuschätzen. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Nachthimmeltemperatur 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Sonneneinstrahlung / Windgeschwindigkeit 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Absorption, Reflektion, Transmission Nachdem die Glasscheiben in alle Richtungen zeigen, wäre es zu schwierig gewesen, die Physik der Absorption, Reflektion und Transmission voll zu berücksichtigen, wie wir dies beim letzten Beispiel taten. Stattdessen wurde die einfallende Strahlung proportional aufgeteilt. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Aufteilung der absorbierten Strahlung Die absorbierte Strahlung wurde proportional unter den verschiedenen Empfängern innerhalb Biosphere II aufgeteilt. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Das Dymola „Biosphere“ Paket Wir sind nun dazu bereit, das Biosphere Modell zu übersetzen und zu simulieren. Nicht schlecht! (Die Übersetzung ist recht langsam, da Dymola nicht dafür ausgelegt ist, in grossen Messwertdatenbanken zu interpolieren.) 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Simulationsresultate I • Das Modell verfügt über Wetterdaten, die den Verlauf der Umgebungstemperatur sowie Bewölkungsdaten dem Programm zur Verfügung stellen. • Ohne Klimaregelung folgt die Innentemperatur im Wesentlichen der Aussentemperatur. • Es gibt einen leichten Hitzestau. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Simulationsresultate II • Da der See eine wesentlich höhere Wärmekapazität aufweist, ergeben sich kleinere tägliche Temperaturschwankungen. • Die langfristige Temperatur folgt aber immer noch der Aussentemperatur. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Simulationsresultate III • Die Luftfeuchtigkeit ist im Sommer viel höher als im Winter, da der Sättigungsdruck bei höherer Temperatur höher liegt. Somit fällt im Sommer weniger Wasser aus. • Tatsächlich sieht man häufig, dass sich abends bei Abkühlung zunächst in der hohen Savanne Nebelschwaden bilden, die schliesslich den Regenwald in dichten Nebel versetzen. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Simulationsresultate IV • Tägliche Temperaturschwankungen in den Sommermonaten. • Die Lufttemperatur innerhalb Biosphere II würde innerhalb eines Tages um ca. 10oC schwanken, falls es keine Klimaregelung gäbe. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Simulationsresultate V • Temperaturschwankungen in den Wintermonaten. Die täglichen Schwankungen belaufen sich wiederum auf ca. 10oC. Die Feuchtigkeitsschwankungen folgen den Temperaturschwankungen beinahe exakt. Eine Erklärung dieser Übereinstimmung folgt sogleich. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Simulationsresultate VI • • • 15. Dezember, 2004 Die relative Feuchtigkeit berechnet sich aus dem Quotient der tatsächlichen Feuchtigkeit und der Feuchtigkeit beim Sättigungsdruck. Die Atmosphäre ist eigentlich immer gesättigt. Nur in den Vormittagstunden, wenn die Temperatur steigt, vergeht der Nebel vorübergehend, und die Sonne sticht kurz durch. Die relative Luftfeuchtigkeit sinkt aber nie unter 94%. Anfang Präsentation Simulationsresultate VII • In einem geschlossenen System wie Biosphere II führt die Verdunstung notgedrungen zu einem Ansteigen der Luftfeuchtigkeit. • Die feuchte Luft hat aber keinen Mechanismus zum Austrocknen ausser der Abkühlung. Somit operiert das System eigentlich immer in der Nähe von 100% Luftfeuchtigkeit. • Die Klimaregelung trägt dem Rechnung. Die abgesaugte Luft wird zunächst abgekühlt, damit Wasser ausfällt und erst dann durch Erwärmung wieder auf den gewünschten Temperaturwert gebracht. • Die Klimaregelung wurde hier aber noch nicht simuliert. • Eine Modellierung der Klimaregelung von Biosphere II ist noch in Arbeit. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Referenzen I • Nebot, A., F.E. Cellier, and F. Mugica (1999), “Simulation of heat and humidity budgets of Biosphere 2 without air conditioning,” Ecological Engineering, 13, pp. 333-356. • Brück, D., H. Elmqvist, H. Olsson, and S.E. Mattsson (2002), “Dymola for Multi-Engineering Modeling and Simulation,” Proc. 2nd International Modelica Conference, pp. 55:1-8. • Cellier, F.E. and R.T. McBride (2003), “Object-oriented modeling of complex physical systems using the Dymola bond-graph library,” Proc. ICBGM’03, Intl. Conference on Bond Graph Modeling and Simulation, Orlando, Florida. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation Referenzen II • Cellier, F.E. (2005), Die Dymola Bondgraphenbibliothek, Version 1.1. • Cellier, F.E. (1997), Tucson Wetter Daten für Matlab. 15. Dezember, 2004 Anfang Präsentation