Sepsis

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Sepsis
Klassische Definition
(Veraltet!)
Eine Sepsis liegt dann vor, wenn sich
innerhalb des Körpers ein infektiöser
Herd gebildet hat, von dem aus Erreger
streuen und so in peripheren Organen
eine systemische Wirkung verursachen.
Schottmüller‘sche Trias:
Herd – Streuung – Systemischer Effekt
H. Schottmüller, Verhandl. d. 31. Deutschen Kongresses für Innere Medizin 1914; XXXI:257-280
Neue Einteilung:
SIRS: (Systemic Inflammatory Response Syndrom):
• Fieber ≥ 38 oC oder Hypothermie ≤ 36°C
(rektal gemessen!)
• Tachykardie ≥ 90/min.
• Tachypnoe ≥ 20/min oder Hyperventilation
• Leukozytose oder Leukopenie oder mehr als 10 % unreife
neutrophile Granulozyten.
• SIRS kann auch nicht infektiöse Ursache haben, z. B.
Trauma, Verbrennung.
Sepsis:
1. Nachweis einer mikrobiellen Infektion durch
Blutkulturen oder andere Verfahren des direkten
Erregernachweises
2. + zwei SIRS-Kriterien
3. Ist die Diagnose einer Infektion nur klinisch, nicht aber
mikrobiologisch möglich, sind alle vier SIRS-Kriterien
für die Definition der Sepsis erforderlich.
•
Die klinische Diagnose kann durch Laborparameter wie
CRP, PCT u. a. gestützt werden.
Schwere Sepsis
• Sepsis und eine akute Organdysfunktion
• akute Organdysfuktionen:
– akute Enzephalopathie,
eingeschränkte Vigilanz, Desorientiertheit
– relative oder absolute Thrombopenie (DIC)
– arterielle Hypoxaemie (akut)
– venale Dysfunktion
– metabolische Azidose
Was wird zur Primärdiagnose
der Sepsis benötigt?
•
•
•
•
•
Augen
Ohren
Anamnese
Uhr
Stethoskop
• Verstand
Ursachen der Sepsis
ambulant erworben:
nosokomial:
Pneumonie
Harnwegsinfektion
Cholezystitis
Wundinfektion
Otitis media
Meningitis
Osteomyelitis
Zentralvenenkatheter
Langzeitbeatmung
Polytrauma
Immunosuppression/Neutropenie
onkologische Grundkrankheit
Diabetes mellitus
Besiedelung der Nasenschleimhaut mit Staphylococcus aureus:
80-85% der Stämme aus Blutkulturen sind klonal identisch mit denen,
die zuvor aus der Nase isoliert wurden!
(C. v. Eiff et al. New Engl. J. Med. 344 (2001) 11-16)
Sepsisherde bei Patienten aus der
operativen ITS (%)
internistischen ITS (%)
Peritonitis
Pneumonie
HWI
Venenkatheter
andere
HWI
Gastrointestinaltrakt
Venenkatheter
Pneumonie
Haut
Endokard
Knochen
andere
74
27
9
6
7
22
21
16
12
8
2
1
16
Sepsis-Inzidenz Vergleich mit anderen Erkrankungen
Brustkrebs
Kolonkarzinom
50 / 100.000 Einw.1
AIDS
17 / 100.000 Einw.1
schwere Sepsis
Sepsis
1
2
110 / 100.000 Einw.1
Angus DC et al; Crit Care Med 2001; 29: 1303-1310
Martin GS et al, N Engl J Med 2003;348:1546-54
300 / 100.000 Einw.1
240 / 100.000 Einw.2
Empfehlungen für Abnahme einer Blutkultur
 Eine Blutentnahme - ein Flaschenpaar (aerob/anaerob)
Sensitivität in nicht vorbehandelten Fällen: 1 BK: 80%, 2 (-3) BK: 99%
 Blutentnahme im Fieberanstieg
 Blutentnahme vor Behandlungsbeginn
oder in Therapiepause,
Ausnahme: Verdacht auf Fungämie
 keine Punktion entzündeter
Hautareale
 arterielles Blut bringt keine Vorteile
 keine Entnahme aus Venenkathetern
 Wechsel der Kanüle bei Fehlpunktion
hohe Kontaminationsrate
Blutkultur - Hauptfehler
Kontamination
- Entnahme aus einem Venenkatheter
(Kontaminationsrate > 9%!)
- unsterile Handschuhe
- kein Mundschutz
- unzureichende Desinfektion (Haut, Flaschenstopfen)
Falsch negatives
Ergebnis
- laufende Antibiotika-Therapie
- lange Zwischenlagerung (auch bei 37°C)
- kalte Flasche (Entnahme und Transport)
Blutkulturen 2002
14,24 %
Innere Medizin
Anzahl: 8 517
Patienten: 1 334
10,16 %
Anästhesiologische ITS
Anzahl: 1 132
Patienten: 225
negative Blutkultur
• Der Nachweis einer Bakteriämie oder Fungämie mit Hilfe
der Blutkultur ist nur in etwa 25 – 30 % der Fälle mit
klinischer Sepsis erfolgreich.
• Gründe:
– vorherige oder laufende Therapie mit Antibiotika,
– nicht anzüchtbare Erreger,
– Fehler bei der Abnahme oder dem Transport.
• Neuere Methoden zum Erregernachweis beziehen sich
auf den Nachweis mikrobieller DNA.
– DNA-Nachweis bedeutet nicht Nachweis lebender Erreger
Nicht oder schwer anzüchtbare Sepsis-/Endokarditiserreger
• small colony variants von Staphylococcus aureus
• Brucella melitensis, Brucella abortus
• Legionella pneumophila
• Bartonella henselae, Bartonella quintana
• Borrelia burgdorferi sensu lato
• Leptospira interrogans
• atypische Mykobakterien (MOTT)
• Tropheryma whippelii
• Coxiella burnetii
• Ehrlichia chaffeensis
• Chlamydia psittaci, Chlamydia pneumoniae
Erregernachweis bei kulturnegativer Endokarditis *
universelle PCR für Eubakterien (16s rRNA-Gen)
universelle PCR für Eubakterien (5,8s rRNA-Gen, 25s rRNA-Gen)
Streptococcus sp.
Sraphylococcus epidermidis
Staphylococcus aureus
Enterobacter sp
3
1
1
1
Borrelia burgdorferi
Tropheryma whippelii
1
1
Candida sp
Aspergillus sp
1
2
negativ
2
* M.Grijalva et al. Heart 89 (2003) 263-268
Bei der Sepsis besteht ein Zeitproblem!
Es muss innerhalb der ersten Stunde nach klinischer Diagnose eine für
den verursachenden Erreger passende Therapie begonnen werden.
Ansonsten steigt die Sterblichkeit pro Stunde um 5%.
Dilemma:
• Gezielte Therapie erfordert Ergebnis der
Resistenzbestimmung des Isolates aus der
Blutkultur – Zeitbedarf der mikrobiologischen
Blutkultur-Diagnostik etwa 4-5 Tage!
• Kalkulierte Therapie erfordert Kenntnis der
lokalen Resistenzsituation in der Klinik oder
Station bei den in Frage kommenden Bakterien.
– Kein direkter Bezug zum Patienten.
Bei Sepsis entscheidet der Zeitpunkt des Beginns
der Antibiotikatherapie !
A. Kumar et al. Crit. Care Med. 34 (2006) 1589-1596: Retrospektive Studie an 2731 Patienten mit septischem Schock
Inadäquate Antibiotikatherapie ist ein
Risikofaktor für die Krankenhausletalität
Krankenhausletalität (%)
60
p <0.001
p <0.001
50
40
30
20
10
0
alle Ursachen
Sepsis
Inadäquate Antibiotikatherapie, n=169
Adäquate Antibiotikatherapie, n=486
Kollef MH et al. Chest; 1999 115:462-474
Harnwegsinfektion
Ziele der bakteriologischen Urinuntersuchung:
 Nachweis eines relevanten Erregers
 Bestimmung der Keimzahl
 Bestimmung der Art, Spezies, (ggf. Serotyp)
 Bestimmung der Antibiotika-Resistenz
 Nachweis von Hemmstoffen
Die physiologische Flora der Harnröhre enthält:
Staphylococcus epidermidis u.a. koagulaseneg. Staphylokokken
vergrünende Streptokokken
Enterokokken
Korynebakterien (Diphtheroide)
Propionibakterien
anaerobe Kokken
Bacteroides sp.
Mycoplasma sp.
Enterobakterien in geringer Keimzahl!
Quantitative bakteriologische Untersuchungen
Mittelstrahlurin (Entnahmetechnik beachten!):
Grenzwert nach KASS: 105 Bakterien einer Art pro ml Urin
> 105 Bakterien / ml = signifikante Bakteriurie
Bronchoalveoläre Lavage (BAL):
Grenzwert nicht vereinbart
Mittelstrahlurin ?
Material:
sterile Baumwolltupfer
Seifenlösung
warmes Leitungswasser
steriles Einweggefäß
Entnahme bei der Frau (evtl.mit Hilfsperson):
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
Unterkörper völlig frei machen
Hände sorgfältig waschen, mit Einweghandtuch trocknen
mit einer Hand die Labien spreizen, geöffnet halten
Vulva mit feuchtem Tupfer (Seifenwasser) von vorn nach hinten reinigen
mit nassem Tupfer (Wasser) abspülen
Orificium urethrae mit sterilem Tupfer trocknen
trockenen Tupfer in den Introitus vaginae einlegen
Harnstrahl laufen lassen
Urinprobe aus dem laufenden Harnstrahl in sterilem Gefäß auffangen
Probengefäß verschließen und beschriften
Katheterurin
keine Katheterisierung nur zur Uringewinnung!
Urinentnahme aus dem laufenden Urinstrahl,
Dauerkatheter: Punktion des desinfizierten Katheterschaftes,
Blasenpunktion
wenn Urinprobe anders nicht kontaminationsfrei gewonnen werden kann,
bei fraglichen Befunden, z.B. wiederholten Mischkulturen
Klebebeutel bei Säuglingen
keine kontaminationsfreie Uringewinnung möglich!
Konduit, Darmersatzblase (meist stark bakteriell besiedelt)
Entnahme des frei tropfenden Urins nach Spülung mit Kochsalzlösung möglich,
Eimalkatheter bei kontinentem Konduit
(Blutkultur)
Häufige Erreger von Harnwegsinfektionen
akute, unkomplizierte Cystitis:
Escherichia coli
Proteus mirabilis
Klebsiella sp.
Stapylococcus saprophyticus
komplizierte oder nosokomiale HWI:
Escherichia coli
Proteus mirabilis
Proteus vulgaris
Morganella morganii
Providencia sp.
Klebsiella sp.
Enterobacter sp.
Pseudomonas aeruginosa
Enterococcus faecalis
Nativurin
Probentransport: 2 Stunden, gekühlt bis 24 Stunden,
Konservierungsmittel verfälschen meist den Befund
Vorteile:
Makroskopische und mikroskopische Beurteilung möglich,
Hemmstofftest möglich
Nachteile: begrenzte Transportzeit, Aufbewahrung sinnlos
Urintauchkultur
Vorteile:
längere Transportzeit wir toleriert,
Keimzahl durch Transport nicht beeinflußt,
Nachteile: Makroskopische und mikroskopische Beurteilung nicht möglich,
Hemmstofftest nicht möglich,
falsch negativer Befund durch Hemmstoffe,
Keimzahlbestimmung ungenau,
unsicher bei anspruchsvollen Bakterien,
Erregerspektrum der katheterassoziierten Harnwegsinfektion
Kurzzeitkatheter
24
8
6
9
Escherichia coli
Klebsialla spp.
Proteus spp.
Pseudomonas aeruginosa
Providencia stuartii
Morganella morganii
andere Gram negative Bakterien
Enterococcus spp.
Koagulase-neg. Staphylokokken
andere Gram positive Bakterien
Hefen
7
7
8
4
26
Langzeitkatheter
14
4
15
12
24
7
6
11
3
4
Unsinnige Methoden / ungeeignete Materialien
bei der bakteriologischen Urindiagnostik
• Kultur aus zentrifugiertem Urinsediment
• anaerobe Kultur
• Resistenzbestimmung auf Eintauchkultursystemen
• Harnröhrenabstriche (indiziert nur bei Urethritis!)
• Harnwegskatheter-Spitzen
• in Nährbouillon aufgenommene Urinproben
• Urinproben, deren Transportzeit (2h) überschritten ist
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