Wo ist Physik relevant in den Geowissenschaften? Die folgende Auflistung gibt einen Überblick zu den vielfältigen geowissenschaftlich relevanten Prozessen und Methoden, bei denen physikalische Grundlagen von großer Bedeutung sind: -Thermodynamik: Reaktionskinetik (Entstehung und Umwandlung von Gesteinen, Mineralneubildung und -umwandlung, Schadstoffe im Grundwasser und deren Bindung bzw. Freisetzung an Mineraloberflächen) -Elastizität: seismische Wellen, Gebirgsbildungen, Erdbeben -Radioaktiver Zerfall: Datierung von Gesteinen -Strömungsmechanik: Ozeanographie, Oberflächenwässer, Grundwasser, Wassertransport in Blättern, Bionik -Gravitation, Rotation: Gebirgsbildungen, Gezeiten, Sedimentationsprozesse -Magnetfelder: Erdmagnetfeld, Weltraumwetter, Plattentektonik-Kontinentaldrift -Elektrostatik, Elektromagnetik: elektrische Erkundungsmethoden, Entstehung des Magnetfeldes (Geodynamo) -Wellen: seismische Wellen, Wasserwellen, elektromagnetische Wellen (Georadar, Mikroskopie, kosmische Strahlung, Röntgenstrahlung zur Kristallanalyse mittels Beugung) Skalare, Vektoren, Matrizen • Skalare (Tensoren 0-ter Stufe) Dichte, Temperatur, Energie • Vektoren (Tensoren 1-ter Stufe) Materialtransport (z.B. Platten, Grundwasser), Magnetfeld, Schwerefeld • Matrizen (Tensoren 2-ter Stufe) Spannungen, Verformungen Energien • Driftende Lithosphärenplatte ca. Ekin = 400 J • PkW ca. Ekin = 400.000 J • Andere zum Vergleich Blitz ca. 109 – 1010 J Gewitter ca. 1012 – 1013 J Hiroshima Bombe ca. 1014 J Ausbruch Mt. St. Helens ca. 1016 – 1017 J Chile-Beben 1960 ca. 1019 J Jährlicher Energieverbrauch der USA ca. 1020 J Tägliche Sonneneinstrahlung auf der Erde ca. 1022 J Meteoriteneinschlag (10 km Durchmesser, v=20km/s) ca. 1023 J E=mc2 der gesamten Erdmasse ca. 5,4x1041 J Spannungen (Tensor 2-ter Stufe) • Definition Spannung = Kraft / Fläche = F/A Kraft F Fläche A Zerlegung in Normal- und Tangentialspannung Z σyz Tangentialspannungen Kraft Normalspannung σyy σyx Y x Spannungstensor Normalspannungen σzy σzx σyz σxz σxy σyx σxx σxy σxz σxx, σyy, σzz σyx σyy σyz σxy = σyx σyz = σzy σxz = σzx Tangentialspannungen σzx σzy σzz Kraft Fz = σyz Δx Δz Drehmoment Dz Warum ist σij = σji ? = σyz (Δx Δy Δz)/2 Δx Antwort: Drehmomente müssen gleich sein (sonst rotiert der Körper) σyz (Δx Δy Δz)/2 = σzy (Δx Δy Δz)/2 → σyz = σzy Kraft Fy = σzy Δx Δy Δz/2 Δy/2 Δz Δy Drehmoment Dy = Fy (Δz/2) = σzy (Δx Δy Δz)/2 Man kann immer ein Koordinatensystem finden, so dass nur Normalspannungen existieren σyy y σy‘y‘ =: σy σ Y‘ σyx σx‘x‘ =: σx σ σxy σxx X‘ x σxx σxy σxz σx 0 0 σyx σyy σyz 0 σy 0 σzx σzy σzz 0 0 σz σx, σy σz Hauptspannungen Einige spezielle Fälle Einaxiale Spannung erzeugt reine Längenänderung Reine Scherspannung erzeugt reine Winkeländerung Hydrostatischer Druck erzeugt reine Volumenänderung Animation siehe: http://www.rmutphysics.com/charud/virtualexperiment/labphysics1/modulus/propertie.htm Einaxiale Spannung und Verformung σy = 0 Δb/2 σx b L σx b σx = E ΔL/L ΔL/ L: relative Längenänderung L E=2µ(1+ν); ν = - σy (parallel zur einaxialen Spannung) Δb/ b: relative Dickenänderung (senkrecht zur einaxialen Spannung) ΔL ΔL Δb=0 σx E: Elastizitätsmodul K: Kompressionsmodul µ: Schermodul ν: Poisson-Zahl der Querkontraktion σx σy L σx = (K + 4µ/3) ΔL/L Δb/b ΔL/ L Einaxiale Spannung und Verformung p y p V-ΔV p σ γ ΔV x p Hydrostatischer Druck P = K ΔV/V P = – σx = – σy = – σz Scherspannung σ=μγ Inelastische Prozesse: RHEOLOGIE L L L L η k F F d(ΔL/L) F = k ΔL/L F = η dt k: Federkonstante η: Viskosität t: Zeit F F F ΔL/L F t ΔL/L t Beispiele in Geowissenschaften: t t http://jspc-www.colorado.edu/~szhong/mantle.html (Konvektion im Erdmantel) http://www.geology.um.maine.edu/geodynamics/microdynamics/movies/PorphNoRot.mov (Mineralwachstum) Potential und Kräfte Gravitationsfeld für Punktmassen: (auch gültig für kugelförmige homogene Massen) m·M Kraft F = G =m a r2 Gravitationsbeschleunigung durch die Masse M M Potential Φ = G r a = – dΦ/dr http://earthref.org/MAGIC/books/Tauxe/2005/index.html Höhenlinien sind Linien gleichen Potentials: Äquipotentiallinien Die Richtung der Kräfte ist senkrecht zu den Äquipotentiallinien Rotation Zentrifugalkraft (Trägheitskraft) r Zentripetalkraft Fz = m r ω2 Zentrifugalbeschleunigung ω = dφ/dt Winkelgeschwindigkeit m r2 Trägheitsmoment Bei der Bewegung von Himmelskörpern ist die Zentripetalkraft die GRAVITATION Rotierende Erde Die Erde ist durch die Eigenrotation ein abgeplatteter Körper (Rotationsellipsoid) ω r Fz =m r ω2 Zentrifugalkraft Gravitationskraft e φ Schwerkraft = Gravitationskraft + Zentrifugalkraft (vektoriell) M Potential Φ = G 1 ω2 e2 cos2φ + e 2 Schwerebeschleunigung in Richtung e = – dΦ/de M = G – ω2 e cos2φ e2 Gezeitenkräfte Gezeitenkräfte entstehen durch das Zusammenspiel von Gravitationskraft und Zentrifugalkraft. Die Zentrifugalkraft entsteht durch die Rotation von Himmelskörpern um ihren gemeinsamen Schwerpunkt. An verschiedenen Punkten der Erde ist die Gravitationskraft durch Mond bzw. Sonne ist aufgrund der Abstandsunterschiede an verschiedenen Punkten ungleich. Im Schwerpunkt der Erde heben sich Gravitationskraft und Zentrifugalkraft auf. Die Gezeitenkraft ist die Vektorsumme von Gravitations- und Zentrifugalkraft Aufgrund der Eigenrotation der Erde kommt es zu einer etwa 12-stündigen Gezeitenperiode. Schwingungen (siehe auch Hauptvorlesung Experimentalphysik 1) d 2 a (t ) m k a (t ) 2 dt Feder mit Federkonstante k Trägheitskraft Federkraft bzw. d 2 a(t ) m k a (t ) 0 2 dt oder kurz: m ä(t) + k a(t) = 0 Bewegungsgleichung: Summe aller Kräfte = 0 Lösung dieser Differentialgleichung: Auslenkung a aus der Ruhelage a(t) = ao sin(ω t) a(t) Funktion der Zeit Masse m Ruhelage Diese Lösung in die Differentialgleichung eingesetzt ergibt: – m ω2 ao sin(ωt) + k ao sin(ωt) = 0 nach kürzen von ao und sin(ωt): Federpendel ω2 = k/m mit ω = 2π/T ergibt sich die Periode der Schwingung (Eigenperiode): T 2 m / k Schwingungen (siehe auch Hauptvorlesung Experimentalphysik 1) Biegeschwingung Pendelschwingung Torsionsschwingung Saitenschwingung Erzwungene Schwingungen schwache Dämpfung kann zu riesigen Amplituden führen, wenn im Bereich der Eigenfrequenz angeregt wird Das Seismometer (erzwungene Schwingung) Das gezeigte Modell findet man auf der unten genannten Webseite der TU Clausthal als Java-Applet Wir konzentrieren uns auf den Ausschlag des Seismometers x(t) als Folge einer harmonischen ‚Boden‘bewegung w(t)=wosin(ωt) Man sieht, dass das Amplitudenverhältnis xo/wo von der Frequenz ω der Bodenbewegung abhängt ...und auch von den Eigenschaften des Geräts: Eigenfrequenz ωo = 2π/To = √(k/m) sowie Dämpfung δ Bewegungsgleichung: d 2 x(t ) dx(t ) d 2 w(t ) m k x(t ) m 2 dt dt dt 2 inhomogene Differntialgleichung Seismometer-Demo siehe http://www.ifg.tu-clausthal.de/java/seis/sdem_how-d.html#ADWN Wellen Eine Schwingung (Oszillation) kann sich im Raum ausbreiten, wenn eine Kopplung vorhanden ist (z.B. elastische Kopplung) Man erhält eine Abhängigkeit des sich ausbreitenden Zustandes von Ort x und Zeit t Wellenlänge λ http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.chemgapedia.de/vsengine/media/vsc/de/p h/14/ep/einfuehrung/wellenoptik/projekte/jpakma_zwelle.png&imgrefurl=http://www.chemgap edia.de/vsengine/vlu/vsc/de/ph/14/ep/einfuehrung/wellenoptik/interferenz.vlu/Page/vsc/de/ph /14/ep/einfuehrung/wellenoptik/ydsversuch5.vscml.html&usg=__PQ_O0jlo4KHc0mQd4ooKR 8JHPEo=&h=286&w=468&sz=5&hl=de&start=4&tbnid=IAtzRfApMeOThM:&tbnh=78&tbnw=1 28&prev=/images%3Fq%3Dwellen%2Bzeigerformalismus%26gbv%3D2%26hl%3Dde Zeit = const. Ort = const. x t Zeit λ/4 T/4 Ausbreitung in x-Richtung x Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle v = (λ/4)/(T/4), also v =λ/T=λf Periode T Frequenz f = 1/T (Phasengeschwindigkeit) Wellen Mathematische Beschreibung ∂2A(x,t) ∂2A(x,t) Wellengleichung einer ebenen, ungedämpften Welle = v2 ∂t2 ∂x2 Lösung der Wellengleichung A(x,t) = Ao sin(kx – ωt) k=2π/λ Wellenzahl ω=2π/T Kreisfrequenz Zweite partielle Ableitungen der Lösung in die Wellengleichung eingesetzt ergibt: − ω2 Ao sin(kx – ωt) = − v2 k2 Ao sin(kx – ωt) und damit v = ω/k = λ / T Wellen Was passiert mit Wellen bei ihrer Ausbreitung? V: Geschwindigkeit im Medium v1 v2 Huygenssches Prinzip: Jeder Punkt einer Wellenfront kann als Ausgangspunkt von Elementarwellen angesehen werden, die sich mit gleicher Geschwindigkeit und Wellenlänge wie die ursprüngliche Welle ausbreiten. Die Einhüllende dieser Elementarwellen stellt die neue Wellenfront dar. sin α v1 sin β v2 Animation: http://www.walter-fendt.de/ph11d/huygens.htm Wellen Elektromagnetische Wellen Elastische Wellen Wasserwellen Wärmewellen Gravitationswellen? Elektromagnetische Wellen z.B. Licht, Radar, Röntgenstrahlen, Wärmestrahlung Elektrische Feld E und Magnetisches Feld B breiten sich in E x B Richtung aus E un B sind in Phase wenn das Medium nicht elektrisch leitend ist Geschwindigkeit im Vakuum c = 3·108 m/s (Lichtgeschwindigkeit) 81 In Materie breiten sich elektromagnetische Wellen langsamer aus (frequenzabhängig) εr ε = ε0 εr Permittivität (Dielektrizitätskonstante) εr relative Permittivität (=elektrische Polarisierbarkeit) Permittivität εr von Wasser μ = μ0 μr magnetische Permeabilität μr relative Permeabilität (=Magnetisierbarkeit) Frequenz f (Hz) ε0 = 8,854..10-12 As/Vm; μ0 = 4π·10-7 Vs/Am (Konstanten) σ Elektrische Leitfähgkeit ω = 2πf (f Frequenz) εr , μr , σ sind selbst auch frequenzabhängig (siehe z.B. εr für Wasser) Frequenzabhängigkeit nennt man DISPERSION Elastische Wellen z.B. Seismische Wellen, Schallwelle P-Welle S-Welle V = √(K+4μ/3)/ρ V = √μ/ρ K: Kompressionsmodul μ: Schermodul ρ: Dichte K: Kompressionsmodul μ: Schermodul ρ: Dichte Beugung und Interferenz Die Spalte sind Ausgangspunkt für Elementarwellen http://www.itp.uni-hannover.de/~zawischa/ITP/beugg.html http://www.pk-applets.de/phy/ interferenz/interferenz.html Reflexionskoeffizient und Phasensprung bei senkrechtem Einfall Wir betrachten die Phase der reflektierten Welle bezogen auf die einfallende Welle: Für die Amplituden an der Grenzfläche muss gelten: Ae + Ar = A2 „hartes“ Medium „weiches“ Medium z.B. im rechten Fall (Reflexion an einer „harten“ Grenzfläche): Ae A2 Ar „weiches“ Medium „hartes“ Medium In Physikbüchern steht dazu: „hier findet ein Phasensprung von π (=halbe Wellenlänge) statt“ Der Geophysikbüchern steht dagegen: „hier findet kein Phasensprung statt“ Der Unterschied ist die Betrachtungsweise. Der Physiker betrachtet den Vorgang meist In einem festen Koordinatensystem, der Geophysiker dagegen lässt das Koordinatensystem mit dem Strahlweg mitwandern. Reflexionskoeffizient R = (Z2-Z1) / (Z1+Z2) Z Wellenwiderstand des Mediums