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Vorlesung Einführung in die Psychologie
Thema Sozialpsychologie (11.12.02)
Prof. Dr. Katrin Borcherding
Gliederung
• Was ist Sozialpsychologie (Definition von Allport 1968)
• Die Bereiche „Soziale Kognition“ und „Soziale Interaktion“
• Soziale Kognition:
–
–
–
–
–
Beeinflussung von Befunden (Rosenthal & Fode 1966)
Gültigkeit experimenteller Befunde (Orne & Scheibe 1962)
Soziale Wahrnehmung (Bruner & Goodman 1947)
Konformität (Asch 1956)
Dissonanztheorie (Festinger 1957)
• Soziale Interaktion
– Gruppendruck auf Abweichler (Levine et al, 1976)
– Hilfeverhalten (Latané & Rodin, 1969)
– Konflikte in (zwischen) Gruppen (Phasenmodell, Forsyth 1983)
Ringvorlesung Einführung in die Psychologie, Thema Sozialpsychologie
Sozialpsychologie
• Definition von Allport (1968): Mit wenigen Ausnahmen
betrachten Sozialpsychologen ihre Disziplin als einen Versuch,
den Einfluss, den die tatsächliche, vorgestellte oder implizierte
Gegenwart anderer auf die Gedanken, Gefühle und das
Verhalten einer Person hat, zu verstehen und zu erklären
• Soziale Kognitionen: Anwendung der Kognitionspsychologie auf
soziale Sachverhalte (... die vorgestellte oder implizierte
Gegenwart anderer auf ...). Hierzu gehören soziale
Wahrnehmung, Einstellung, Vorurteile, Attribution,
• Soziale Interaktionen: Interaktionen zwischen Individuen und
Gruppen (.. die tatsächliche.. Gegenwart anderer auf ...).
Gruppenbildung, Führung und Macht, Gehorsam, Rollen und
Normen, Hilfeverhalten, Aggression
Ringvorlesung Einführung in die Psychologie, Thema Sozialpsychologie
Beeinflussung von Befunden (Rosenthal-Effekt)
• Rosenthal wollte den Einfluss von Versuchsleitern (Vl) auf die
Ergebnisse von Untersuchungen zeigen
• Studierende (Vl) untersuchten das Lernverhalten von Ratten
• Sie bekamen gesagt, es handele sich um besonders
intelligente/besonders dumme Ratten
• Die Ratten wurden in ein Labyrinth gesetzt und die Zeit
gemessen, bis sie das Futter gefunden hatten
• Tatsächlich bestand kein Unterschied zwischen den Ratten,
aber die „intelligenten“ fanden das Futter schneller
• Fazit: Ratten, von denen erwartet wird, dass sie schneller
lernen, lernen auch schneller
• Rosenthal 1966: Lehrern wurde mitgeteilt, dass einige Schüler
besonders intelligent seien. Am Ende des Jahres zeigte sich bei
diesen Schülern tatsächlich ein IQ-Zuwachs
Ringvorlesung Einführung in die Psychologie, Thema Sozialpsychologie
Gültigkeit experimenteller Befunde
•
Orne interessierte sich für die Gültigkeit experimenteller Befunde
außerhalb der konkreten Untersuchungssituation (externe Validität)
•
Er wollte eine Aufgabe finden, die so unsinnig ist, dass Personen diese
in Untersuchungen nicht durchführen und die Untersuchung abbrechen
•
Auf einem Blatt Papier standen Zahlenkolonnen, die
zusammengerechnet werden sollten. War das Blatt fertig bearbeitet,
sollte die Person das Blatt zerreißen, in den Papierkorb werfen, und auf
dem nächsten Blatt fortfahren
•
Die Teilnehmer führten die Aufgabe durch
•
Orne brach den Versuch nach 4 Stunden ab
•
Fazit: Personen verhalten sich in Untersuchungssituationen anders als
in der Realität
Ringvorlesung Einführung in die Psychologie, Thema Sozialpsychologie
Beeinflussung der Wahrnehmung durch soziale Reize:
Das Münzschätzexperiment (Bruner & Godman 1947)
•
Annahmen:
– Wahrnehmung setzt sich zusammen aus Angeborenem und Erlerntem
– Erlernte Prozesse fallen besonders ins Gewicht
• bei mehrdeutigen Reizen
• bei hohem sozialen Wert von Objekten
•
Vorgehen:
– Zehnjährige Kinder der Unterschicht und der Oberschicht sollten durch
Knopfdrehen die Größe eines Lichtfleckes so groß wie ein bestimmtes
Geldstück einstellen (1cent bis 50cent Stück)
– In der Kontrollgruppe wurden gleich große Pappscheiben verwendet.
•
Ergebnis:
– Die Größen wurden generell zu groß eingestellt (überschätzt)
– Münzen wurden größer eingestellt als gleich große Pappscheiben
– Unterschichtkinder überschätzten die Münzgröße stärker
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Konformität:
Das Linienschätzexperiment (Asch 1956)
•
•
Welche von 3 Vergleichslinien entspricht der Standardlinie?
In der Versuchsgruppe gaben 5 Konföderierte in 12 von 18 Durchgängen
einheitlich ein falsches Urteil.
74% der Teilnehmer passten sich mindestens einmal an
Häufigkeit
•
40
35
30
25
Versuchsgr., N=50
Kontrollgr., N=37
20
15
10
5
0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10 11 12
Fehler (Anpassung)
Ringvorlesung Einführung in die Psychologie, Thema Sozialpsychologie
Dissonanztheorie von Festinger (1957)
•
Einheiten der Theorie sind Kognitive Elemente: Meinungen, Einstellungen,
Werthaltungen, Verhalten. Beispiele:
Ich treibe Sport
Ich rauche
Ich bin sehr attraktiv
ich habe keine Freunde
Rom ist eine schöne Stadt
In Italien regnet es viel
In Rom scheint immer die Sonne
Rom liegt in Italien
•
•
•
Es gibt relevante und irrelevante Beziehungen
Relevante Beziehungen können dissonant oder konsonant sein.
Zwei Kognitionen stehen in einer dissonanten Beziehung, wenn ohne
Berücksichtigung anderer Kognitionen aus der einen das Gegenteil der anderen folgt.
•
Stärke der Dissonanz:
•
•
•
Dissonanz führt zu Stress und zur Motivation, Dissonanz abzubauen
verschiedene Strategien sind geeignet
Typische Anwendungsfelder:
–
–
–
–
D
 Wichtigkeit dissonanter Elemente
 Wichtigkeit konsonanter Elemente
Dissonanzreduktion nach Entscheidungen
Dissonanzreduktion nach einstellungskonträrem Verhalten
Dissonanz und Auswahl von Information
Dissonanz und soziale Unterstützung
Ringvorlesung Einführung in die Psychologie, Thema Sozialpsychologie
Gruppendruck auf Abweichler (Levine, Saxe & Harris, 1976)
12
14
16
Anfang
Ende
agree
disagree
18
neutral
•
10
agree
•
•
8
disagree
•
hoch 6
neutral
•
Attraktivität von
Gruppenmitgliedern
agree
•
Personen sahen einen Film über
einen jugendlichen Straffälligen
Urteil, ob für den Jugendlichen eine
psychologische Betreuung oder
Gefängnis besser ist
„Alle“ finden die psychologische
Betreuung besser.
Ein „Konföderierter“ äußert zu
Beginn und am Ende der Diskussion
eine bestimmte Position
Wie attraktiv ist die Person?
Personen die Zustimmen werden
mehr gemocht .
Wichtig ist die Zustimmung am
Ende
Attraktivität
•
disagree
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Hilfeverhalten (Latané und Rodin, 1969)
•
•
•
•
•
•
Personen nahmen an einer
Marktbefragung teil
potentielle
Helfer
1 Person
Im Nachbarraum fällt eine
Person von der Leiter
1 Person
70%
2 Personen
AV: Helfen Personen?
UV: Anwesenheit anderer
Personen
In der alleine Bedingung wird
am häufigsten geholfen
Zusammen mit einem passiven
Konföderierten wird am
seltensten geholfen
2 Freunde
70%
2 Fremde
40%
Person +
pass.Konföd.
7%
Ringvorlesung Einführung in die Psychologie, Thema Sozialpsychologie
Phasenmodell für Konflikte in Gruppen (Forsyth 1983)
Eakalation
(Konfliktspirale)
Konfrontation
Mißverständnisse, Mißtrauen
Frustration und offene Feindseligkeiten
Aufwertung der eigenen Gruppe
Abwertung der Fremdgruppe
Aggressionsspirale
Überzeugen der “Anderen”
Koalitionsbildung, keine “Neutralen”
Selbstwahrnehmung, Selbstüberzeugung
Polarisation
Aufbau von Spannungen
NichtÜbereinstimmung
Deeskalation
Verhandlung
Betonung der Gruppenziele
Aufbau von Vertrauen
Ankündigung von Aktionen
Einschalten von Vermittlern
Konfliktlösung
Rückkehr zu normaler Interaktion
Mißverständnis oder Widerspruch
Relevanz für die Gruppe
Aufwärmen früherer Widersprüche
normale
Gruppeninteraktion
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