Einführung in die Volkswirtschaftslehre Ein theoriegeschichtlicher Überblick Christian Gehrke 2 Inhalt und Programm Scholastik Merkantilismus Physiokratie Klassik: Smith, Ricardo Neoklassik: Gossen, Marshall, Edgeworth Keynes Ausblick auf Mikroökonomik Ausblick auf Makroökonomik 3 Inhalt und Programm Ökonomische Theorien, ihre Herkunft und geschichtliche Entwicklung in systematischer Darstellung Wichtige Beiträge bedeutender Ökonomen und deren Interpretation mittels moderner analytischer Instrumente Vermittlung von grundlegenden Fragestellungen und Untersuchungsmethoden der Volkswirtschaftslehre 4 Inhalt und Programm Literaturhinweise Blaug, Mark (1997): Economic Theory in Retrospect, 1st ed. 1962, London: Irwin; (5th ed., Cambridge: CUP.) Kurz, Heinz D. [Hrsg.] (2008): Klassiker des ökonomischen Denkens. München: Beck. Kurz, Heinz D. (2013): Geschichte des ökonomischen Denkens, München: Beck. Roncaglia, Alessandro (2007): The Wealth of Ideas, Cambridge: CUP. Schumpeter, Joseph A. (1954), History of Economic Analysis, Oxford: OUP. 5 Inhalt und Programm Originalliteratur: Adam Smith ([1776] 1976), An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, Oxford: OUP. Adam Smith ([1776] 2004), Über Wesen und Ursachen des Reichtums der Völker, Düsseldorf: Wirtschaft & Finanzen. David Ricardo ([1817] 1951), On the Principles of Political Economy and Taxation, Cambridge: CUP. David Ricardo ([1817] 2006), Über die Grundsätze der Politischen Ökonomie und der Besteuerung, Marburg: Metropolis. 6 Inhalt und Programm Informationen zur Prüfung Elektronisch am PC 3 Termine pro Semester 60 Punkte positiv ab 50% Fragen zur Theorie und zur analytischen Anwendung Zusätzliche Prüfungsvorbereitung Tutorien jeweils ein bis zwei Kalenderwochen vor den Prüfungsterminen 7 Einleitung Kenneth Pomeranz konstatiert für Europa und dessen überseeische Siedlungsgebiete hohes und anhaltendes Wirtschaftswachstum sowie ein sich vergrößerndes Wohlstandsgefälle zum Rest der Welt („The Great Divergence“) Wachstum und Verteilung, in globalem und regionalem Maßstab, als Schwerpunkt volkswirtschaftlicher Forschung (vgl. Pomeranz, Kenneth (2000): The Great Divergence, Princeton: University Press.) 8 Einleitung Friedrich Schiller fragt in seiner Antrittsvorlesung nach der Bedeutung von „Universalgeschichte“ und dem Zweck ihres Studiums unterscheidet zwischen „Brotgelehrten“ und „philosophischen Köpfen“ Volkswirtschaftslehre auch als umfassendes und integrierendes Studium der gesellschaftlichen Entwicklung (vgl. Schiller, Friedrich (1789): Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte? in Der Teutsche Merkur, 1773-89, 4. Bd. 1789, S.105-135, Weimar: Hofmann.) 9 Einleitung Joseph Alois Schumpeter sieht Innovationen als “die überragende Tatsache in der Wirtschaftsgeschichte der kapitalistischen Gesellschaft” beschäftigt sich mit unterschiedlichen Zyklen, und dem Einfluss des Unternehmertums beschreibt Zusammenhänge zwischen Konkurrenz, „schöpferischer Zerstörung“ und Globalisierung Volkswirtschaftslehre als Untersuchung und Deutung realökonomischer Vorgänge (vgl. Schumpeter, Alois (1911): Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung.) 10 Einleitung Arthur Cecil Pigou “When a man sets out upon any course of inquiry, the object of his search may be either light or fruit – either knowledge for its own sake or knowledge for the sake of the good things to which it leads” “In the sciences of human society, be their appeal as bearers of light ever so high, it is the promise of fruit and not of light that chiefly merits our regard” Praktische Ausrichtung als oftmaliges Hauptanliegen der Volkswirtschaftslehre (vgl. Pigou, Arthur C. (1920): The Economics of Welfare, S.2-3, London: Macmillan.) 11 Einleitung Fritz Machlup “Fruit can grow and ripen only where there is enough light, and that most inquiries that shed light on problems, societal or not, eventually prove useful to society” “I fear, however, that a requirement to justify each research project in the social sciences by its ‘promise of fruit’ can become a stultifying constraint” Erleuchtung im Sinne von Aufklärung als wichtiger theoretischer Beitrag der Volkswirtschaftslehre (vgl. Machlup, Fritz (1980): Knowledge and Knowledge Production, S.11, Princeton: University Press.) 12 Einleitung David Ricardo Nichts ist so praktisch wie eine gute Theorie “Leuten, die nur etwas für Tatsachen, nichts aber für die Theorie übrig haben, ist mit Skepsis zu begegnen. Sie sind kaum imstande, ihre Tatsachen zu ordnen. Sie sind notwendigerweise leichtgläubig, weil sie kein Bezugssystem besitzen.” Erkennen und Erklären von Strukturen und Zusammenhängen als Auftrag der theoretischen Volkswirtschaftslehre (vgl. Ricardo, David (1820) im Briefwechsel.) 13 Einleitung Joan Robinson Abstraktion als notwendiger Bestandteil volkswirtschaftlicher Theorien und Modelle Francis Picabia “Eine Theorie, die die ganze Wirklichkeit abzubilden versuchte, wäre ähnlich nützlich zur Orientierung wie eine Landkarte im Maßstab 1:1” “Notre tête est ronde pour permettre à la pensée de changer la direction” Volkswirtschaftlehre als offene und verbindende Wissenschaft (vgl. Picabia, Francis (1922).) 14 Einleitung Johann Wolfgang von Goethe sagt als Mephisto: “Was diese Wissenschaft betrifft, es ist so schwer den falschen Weg zu meiden, es liegt in ihr so viel verborgnes Gift, und von der Arznei ist’s kaum zu unterscheiden“ Volkswirtschaftslehre als Gemenge unterschiedlich motivierter Theorien und Ideen unter politischen, ideologischen und institutionellen Einflüssen 15 Einleitung John Maynard Keynes “The ideas of economists and political philosophers, both when they are right and when they are wrong, are more powerful than is commonly understood.“ “Indeed the world is ruled by little else.” Volkswirtschaftslehre als einflussreiche Wissenschaft auf Wirtschaft, Politik und Gesellschaft 16 Einleitung Adam Ferguson “History is the result of human action, but not the execution of any human design” erkennt die Relevanz von nicht intendierten (und häufig unvorhersehbaren) Konsequenzen zweckgerichteten menschlichen Handelns Volkswirtschaftslehre auch als verarbeitende Wissenschaft von externen Effekten und fehlender Rationalität (vgl. Ferguson, Adam (1793): An Essay on the History of Civil Society, 6. Aufl. (1. Aufl. 1767)) 17 Zum Begriff „Politische Ökonomie“ oikos nom (= Haus) (= Gesetz) oikonomike (= “Verwaltung des Haushalts”) (vgl. Ferguson, Adam (1793): An Essay on the History of Civil Society, 6. Aufl. (1. Aufl. 1767)) 18 Zum Begriff „Politische Ökonomie“ “Economie politique” “Economia politica” “Political Economy” “Politische Ökonomie” (= “Verwaltung der Staatsangelegenheiten) 19 Klassische Politische Ökonomie Adam Smith (1776): An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations David Ricardo (1817): On the Principles of Political Economy, and Taxation John Stuart Mill (1848): Principles of Political Economy, with some of their Applications to Social Philosophy Untersuchungen über die Gesetze der Produktion, Distribution und Konsumtion des gesellschaftlichen Reichtums 20 Marginalistische Revolution: Neoklassik William Stanley Jevons (1871): Theory of Political Economy Carl Menger (1871): Grundsätze der Volkswirthschaftslehre Léon Walras (1874): Eléments d’économie politique pure Alfred Marshall (1890): Principles of Economics “Economics is the science which studies human behaviour as a relationship between ends and scarce means which have alternative uses.” (Lionel Robbins, An Essay on the Nature and Significance of Economic Science, 1932) Allokationsprobleme 21 Scholastik Scholastik Mittelalterliche Schriften (~ 1100 – 1650) mit Aussagen zu ökonomischen Fragen Mönche, Rückgriff Kleriker, Wanderprediger auf Bibelzitate und auf Beiträge der antiken griechischen Philosophen Normative Überlegungen mit Schwerpunkt auf Gerechtigkeitsvorstellungen Wesentliche Unterschiede zur modernen ökonomischen Theorie 22 Scholastik Griechische Philosophen der Antike: Beiträge zur Ökonomik Xenophon (~430-354 BC): „Ökonomik“ „Von den Staatseinkünften der Athener“ Platon (427-347 BC): „Politeia“ (Staat) „Politikos“ (Staatsmann) „Nomoi“ (Gesetze) Aristoteles (384-322 BC): „Politik“ „Nikomachische Ethik“ 23 Scholastik Griechische Philosophen der Antike: Beiträge zur Ökonomik chrématistiké (Kunst der Bereicherung) Geld und Zins Gerechter Platon (427-347 BC) Tausch Aristoteles (384-322 BC) 24 Scholastik Griechische Philosophen der Antike: Beiträge zur Ökonomik Gerechtigkeit beim Tausch liegt vor, „… wenn der Unterschied, der zwischen dem Landwirt und dem Schuhmacher vorhanden ist, ebenso als Unterschied zwischen dem Produkt des Schuhmachers und dem Produkt des Landwirts wiederkehrt. Ich kann, ebenso wie der Ackerbauer gegen den Schuhmacher in einem gewissen Verhältnis steht, auch die Produkte beider in ein bestimmtes Verhältnis gegeneinander setzen.“ „… wenn der Schuhmacher und der Landwirt so miteinander tauschen, dass die Arbeit des einen der Arbeit des anderen entspricht, und jeder das hat, was ihm gebührt.“ (Aristoteles, Nikomachische Ethik) 25 Scholastik Scholastik Bedeutende Scholastiker: Thomas von Aquin (c.1224-1274), Summa Theologica Nicholas Oresme, Traictie de la premiere invention des monnaies (1360) San Bernadino von Siena, De Evangelio Aeterno (1484) Sant’Antonio von Florenz, Summa Theologica (1511) Jean Bodin (Johannes Budenius), Responses aux paradoxes du Sieur de Malestroict (1568) 26 Scholastik Zins und Wucher „Wenn Du Geld verleihst an einen aus meinem Volk, an einen Armen neben Dir, so sollst Du an ihm nicht wie ein Wucherer handeln; Du sollst keinerlei Zinsen von ihm nehmen.“ (Exodus 22, 24) San Bernadino von Siena (1380-1444) 27 Scholastik Zins und Wucher „Der Wucherer möchte, ohne zu arbeiten und selbst im Schlafe, einen Gewinn erzielen, was gegen das Gebot des Herrn verstößt, welches sagt: ‚Im Schweiße deines Angesichts sollst Du dein Brot essen.‘“ (Genesis 3, 19) 28 Scholastik Zins und Wucher „Zins nehmen für geborgtes Geld ist an sich ungerecht; denn es wird verkauft, was nicht ist, wodurch ganz offenbar eine Ungleichheit gebildet wird, die der Gerechtigkeit entgegen ist.“ Thomas von Aquin (1225-1274) Summa Theologica, Secunda Secundae, quaestio 78 29 Scholastik Zins und Wucher „Der Wucherer leiht dem Schuldner nichts, was ihm gehört, sondern nur die Zeit, die Gott gehört.“ „Die Wucherer sind Diebe, denn sie handeln mit der Zeit, die ihnen nicht gehört, und mit dem Eigentum eines anderen gegen den Willen des Besitzers zu handeln ist Diebstahl.“ „Die Wucherer sündigen gegen die Natur, indem sie aus Geld Geld erzeugen wollen, wie ein Pferd aus einem Pferd oder einen Esel aus einem Esel.“ (Thomas von Chobham, Summa confessorum) 30 Scholastik Zins und Wucher Debatten über Herkunft und Rechtfertigung des Zinses dauern bis heute an moralische Vorbehalte wurden in Europa politisch missbraucht, finden sich aber auch in anderen Gebieten und Weltreligionen Kollision mit modernen Grundannahmen von Profitrate, Risikozuschlag und Zeitpräferenz 31 Scholastik Gerechter Preis Gerechtigkeit beim Tausch liegt vor „…wenn der Schuhmacher und der Landwirt so miteinander tauschen, dass die Arbeit des einen der Arbeit des anderen entspricht und jeder das hat, was ihm gebührt.“ „…wenn der Unterschied, der zwischen dem Landwirt und dem Schuhmacher vorhanden ist, ebenso als Unterschied zwischen dem Produkt des Schuhmachers und dem Produkt des Landwirts wiederkehrt.“ 32 Scholastik Gerechter Preis Der Preis eines Gutes muss Standesgemäße Entlohnung ergibt sich aufgrund die Kosten der Produktion decken dem Produzenten ein standesgemäßes Leben ermöglichen der Schwere der Arbeit der notwendigen Qualifikation der öffentlichen Meinung über den Beruf Öffentliches Ansehen berücksichtigt die Abgeltung positiver Verantwortung (Lehrer) Abgeltung negativer Wahrnehmung (Henker) 33 Scholastik Gerechter Preis „Ich kann, ebenso wie der Ackerbauer gegen den Schuhmacher in einem gewissen Verhältnis steht, auch die Produkte beider in ein bestimmtes Verhältnis gegeneinander setzen.“ (vgl. Aristoteles (384-322 BC), Nikomachische Ethik) 34 Scholastik Gerechter Preis (justum praetium) Produzent A sei in der Lage, mit der Arbeit eines Tages die Menge x1 zu erzeugen, Produzent B kann die Menge x erzeugen. 2 Um statusgemäß leben zu können, benötigt A A c , c Produzent A die Mengen 1 2 c A , und Produzent B benötigt die Mengen c1B , c2B cB . Bei welchem(n) Tauschverhältnis(sen) erzielen die Produzenten einen „gerechten Preis“ für ihr Produkt? 35 Scholastik Gerechter Preis Individuum A kann eine gewisse Menge eines Gutes herstellen benötigt eine gewisse Menge an Gütern, um standesgemäß leben zu können 36 Scholastik Gerechter Preis = ! Individuum A bedarf daher eines entsprechenden Preisverhältnisses, um sich das standesgemäße Konsumbündel leisten zu können 37 Scholastik Gerechter Preis = ! Individuum B benötigt, um standesgemäß leben zu können, ebenfalls ein gewisses Preisverhältnis 38 Scholastik Gerechter Preis Beide Individuen A und B müssen sich ihre standesgemäßen Konsumbündel leisten können 39 Scholastik Gerechter Preis Es muss also gelten der Spielraum für das gerechte Preisverhältnis wird durch ein minimales Konsumbündel normativ festgesetzt 40 Scholastik Zehent (Zehnt) Staatliche Eingriffe müssen ein standesgemäßes Leben ermöglichen Besteuerungsmöglichkeit ergibt sich daher nur bei Überschuss unter Berücksichtigung aktueller Preise Alternativ ergibt sich eine Subvention, sofern die Bedingung für standesgemäßes Leben nicht erfüllt ist 41 Scholastik Zehent Individuum A kann eine absolute Steuer in Form einer Naturalabgabe entrichten kann selbige auch in Form einer proportionalen Anteil am hergestellten Gut entrichten 42 Scholastik Zehent eine an die Möglichkeiten und Bedürfnisse angepasste Besteuerung und Subvention korreliert durchaus mit Ausgestaltungen des modernen Leistungsfähigkeitsprinzips die normative Festlegung von Steuersätzen orientiert an einem Stand oder Status kollidiert aber mit liberalen Gleichheitsvorstellungen 43 Merkantilismus Merkantilismus (ca. 1500-1750) Bestandskonzept des Reichtums: Edelmetallbestände Exportüberschüsse Internationaler Handel als „Nullsummenspiel“ Wirtschaftspolitik: Exportförderung Importbeschränkung Bevölkerungspolitik Lohn- und Zinsregulierung Kolonialpolitik 44 Merkantilismus Merkantilistische Schriften Gerard de Malynes (1601): A Treatise of the Canker of England’s Commonwealth. Edward Misselden (1622): Free Trade; or the Means to make Trade Flourish wherein the causes of the Decay of Trade in this Kingdom are discovered. Edward Misselden (1623): The Circle of Commerce or the Ballance of Trade. Thomas Mun (1664): England’s Treasure by Forraign Trade. Or, the Balance of our Forraign Trade is the Rule of our Treasure. Joshua Child (1668): Brief Observations Concerning Trade and Interest of Money. Antonio Serra (1613): A Brief Treatise on the Causes which can make Gold and Silver Plentiful in Kingdoms where there are no Mines. Philipp Wilhelm von Hornigk (1684): Österreich über alles, wann es nur will. 45 Merkantilismus Quantitätstheorie M V Y P mit M für die Geldmenge V für die Umlaufgeschwindigkeit P für das Preisniveau Y für das Produktionsniveau 46 Merkantilismus Quantitätstheorie M V Y P dM dV dY dP V M P Y dt dt dt dt dM V dV M dY P dP Y dt M V dt M V dt Y P dt Y P dM dt dV dt dY dt dP dt M V Y P 47 Merkantilismus Quantitätstheorie dM dt dV dt dY dt dP dt M V Y P Mˆ Vˆ Yˆ Pˆ dx dt xˆ x Veränderun gsrate von x 48 Physiokratie François Quesnay (1694-1774) Physiokratie 49 Physiokratie Artikel : “Fermiers” (1756), “Grains” (1757), “Hommes” (1757) in Encyclopedie Tableau économique (1758) François Quesnay (1694-1774) Maximes générales du gouvernement économique d’un royaume agricole (1758) 50 Physiokratie Observations sur le mémoire de M. de St.-Péravy (1767) Valeurs et monnaies (1769) Réflexions sur la formation et la distribution des richesses ([1766] 1769-70) A.R.J. Turgot (1727-1781) 51 Physiokratie Mirabeau, Marquis de, V.R. (1764): Philosophie rurale, ou économie générale et politique de l’agriculture. Mercier de la Rivière, P.-P. (1767): L'ordre naturel et essentiel des sociétés politiques. Dupont de Nemours, P. S. (1768): De l’origine et progrès d’une science nouvelle. 52 Physiokratie Madame de Pompadour (1721-1764) 53 Tableau économique Physiokratie 54 Physiokratie Input-Output-Tabellen als moderne Weiterentwicklung der physiokratischen Tableaux économiques verzeichnen Güter- und/oder Finanzströme zwischen Produktionssektoren Wassily Leontiev (1905-1999) 55 Input-Output Tabelle Physiokratie 56 Physiokratie Tableau Économique Produktive Klasse Sterile Klasse Grundbesitzende Bruttoprodukt Klasse Produktive Klasse 2 2 1 5 Sterile Klasse 1 0 1 2 Grundbesitzende Klasse 2 0 Bruttoprodukt 5 2 57 Physiokratie Tableau Économique in vereinfachter Form Landwirtschaftliche Klasse Landwirtschaftliche Klasse Handwerkliche Klasse Grundbesitzende Klasse Bruttoprodukt Handwerkliche Klasse Grundbesitzende Klasse Bruttoprodukt 58 Physiokratie Tableau Économique x1 5 x , x2 2 a11 A a21 c1 1 c c2 1 a12 52 22 1 a22 5 0 , mit: xi Bruttoproduktionsmenge von i ci Endnachfragemenge von i aij Produktionskoeffizient: Menge des i-ten Gutes zur Produktion einer Einheit des j-ten Gutes 59 Physiokratie x = Ax + c x1 a11x1 a12 x2 c1 x2 a21x1 a22 x2 c2 5 52 5 12 1 2 15 5 02 1 60 Physiokratie Frage: Welche Bruttoproduktionsmengen müssen in den verschiedenen Wirtschaftszweigen erzeugt werden, um eine beliebig vorgegebene Endnachfrage befriedigen zu können? Bestimme den Vektor x für einen beliebig vorgegebenen Vektor c (bei gegebener Koeffizientenmatrix A)! 61 Bestimme x für ein gegebenes c: x Ax c Ex Ax c Ex Ax c (E A)x c (E A) 1 (E A)x (E A) 1 c x (E A) 1 c Physiokratie 62 Physiokratie a11 a12 11 12 1 0 a a 0 1 22 21 22 21 Inhomogene lineare Gleichungssysteme a1111 a12 21 1 a2111 a22 21 0 und a1112 a12 22 0 a2112 a22 22 1 63 Physiokratie 11 a22 a11a22 a12 a21 12 a12 a11a22 a12 a21 21 a21 a11a22 a12 a21 22 a11 a11a22 a12 a21 a11 a21 a12 a11a22 a12 a21 D a22 Unterdeterminante bzw. Minor: z.B. 11 a22 Algebraisches Komplement bzw. Adjunkte Aij zu aij : Aij (1)i j ij (i, j 1, 2) 11 12 AD11 A12 22 21 D A21 D A22 D 64 1 0 x1 Ex 0 1 x2 x1 Ex x x2 1 0 a11 (E - A) 0 1 a21 52 A 1 5 a12 1 a11 a12 a22 a21 1 a22 1 0 1 0 52 EA 1 0 1 5 52 (E A ) 1 2 1 3 2 5 2 1 53 1 0 5 1 1 Physiokratie 65 5 (E A) 1 12 2 3 2 5 2 (E A)(E A) 1 E 53 1 52 1 1 5 1 2 5 2 3 2 1 0 0 1 Physiokratie 66 Physiokratie Bestimme x für gegebenes c : c1 10 c c2 2 x = (E - A)-1c 52 X 1 2 10 30 3 8 2 2 5 2 67 Physiokratie Produktive Klasse Sterile Klasse 12 8 10 30 6 0 2 8 Grundbesitzende Klasse 12 0 Bruttoprodukt 30 8 Produktive Klasse Sterile Klasse Grundbesitzende Bruttoprodukt Klasse 68 Physiokratie Mit q als Rentsatz je Bodeneinheit, b als Bodenkoeffizient (Menge an Boden je Outputeinheit), und pi als Preis für das Produkt i kann das physiokratische Preissystem durch folgende Gleichungen beschrieben werden: p1 p1a11 p2 a21 qb p2 p1a12 p2 a22 69 Mit p2 1 und a22 0 ergibt sich: p1 1 a12 1 a11 a21 q a12b b Physiokratie 70 Physiokratie p1 p1a11 p2 a21 bq p2 p1a12 p2 a22 a11 0.1 a12 0.3 a21 0.2 a22 0.1 1 0.1 p2 0.2 q p2 0.3 p2 0.1 b 1 71 1 0.1 p2 0.2 q p2 0.3 p2 0.1 0.3 p2 0.33 0.9 q 0.833 Physiokratie 72 Physiokratie Technischer Fortschritt in der Landwirtschaft: im Manufakturbereich: a11 , a21 , b a12 , a22 Annahme: a21 0.1 1 0.1 p2 0.1 q p2 0.3 p2 0.1 0.3 p2 0.33 0.9 q 0.866 73 Annahme: a12 0.15 1 0.1 p2 0.2 q p2 0.15 p2 0.1 0.15 p2 0.166 0.9 q 0.866 Physiokratie 74 Klassik Klassische Politische Ökonomie Adam Smith (1723-1790) 75 Klassik Adam Smith The Theory of Moral Sentiments, 1759. [Die Theorie der ethischen Gefühle] An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, 1776. [Eine Untersuchung über die Natur und die Ursachen des Wohlstands der Nationen] D.D. Raphael, Adam Smith, Oxford University Press, 1985. 76 Klassik Adam Smith The Works and Correspondence of Adam Smith, Glasgow Edition, 1976 (Paperback Reprint by Liberty Fund Org.) Untersuchung über Wesen und Ursachen des Reichtums der Völker, Aus dem Engl. übers. von Monika Streissler. Hrsg. und eingel. von Erich W. Streissler. Düsseldorf: Verlag Wirtschaft und Finanzen, 1999. 77 Klassik Adam Smith, Wealth of Nations Untersuchung über Wesen und Ursachen des Reichtums der Völker (1776) Erstes Buch: Was die produktiven Kräfte der Arbeit verbessert und nach welcher natürlichen Ordnung sich ihr Ertrag auf die einzelnen Schichten der Bevölkerung verteilt Zweites Buch: Über Natur, Ansammlung und Einsatz des Kapitals Drittes Buch: Die unterschiedliche Zunahme des Wohlstandes in verschiedenen Ländern Viertes Buch: Systeme der Politischen Ökonomie Fünftes Buch: Die Finanzen des Landesherrn oder des Staates 78 Adam Smith, Wealth of Nations Y Y L B E N L B E N Y N L B E Jährliche Produktion (Einkommen ) Gesamtbevö lkerung Zahl der produktiv Beschäftig ten Gesamtzahl der Beschäftig ten Zahl der potentiell Erwerbsfäh igen Klassik 79 Klassik 𝑌 𝑁 Wachstumsrate des Prokopfeinkommens 𝑌 𝐿 Wachstumsrate der Arbeitsproduktivität 𝐿 𝐵 Wachstumsrate des Anteils der produktiv Beschäftigten an den insgesamt Beschäftigten 𝐵 𝐸 Wachstumsrate der Beschäftigten an den potentiell Erwerbstätigen 𝐸 𝑁 Wachstumsrate des Anteils der potentiell Erwerbstätigen an der Gesamtbevölkerung 80 Klassik Adam Smith „Macht und Reichtum ... sind ungeheure und mühsam konstruierte Maschinen, ersonnen, um ein paar wertlose Bequemlichkeiten für körperliches Wohlbefinden zustande zu bringen, … ungeheure Gebäude, die aufzubauen die Arbeit eines Lebens kostet, die aber jeden Augenblick denjenigen, der sich in ihnen aufhält, zu begraben drohen. … Wenn wir die wirkliche Befriedigung, die alle diese Dinge zu gewähren imstande sind, an und für sich in Betracht ziehen, … so wird sie uns im höchsten Maße verächtlich und geringfügig erscheinen“ (Adam Smith, TMS) 81 Adam Smith Wert- und Preistheorie Gebrauchswert (value in use) Tauschwert (value in exchange) Beispiel („Klassisches Wertparadoxon“): Wasser – Diamanten 82 Adam Smith Wert- und Preistheorie Natürlicher Preis als Gravitationszentrum der Marktpreise Marktpreis Natürlicher Preis Zeit Temporäre versus permanente Einflussfaktoren Reproduzierbare Güter Freie Konkurrenz 83 Adam Smith Wert-und Preistheorie „Früher und roher Gesellschaftszustand“: (early and rude state of society) „In diesem frühen und rohen Zustande der Gesellschaft ist offenbar das Verhältnis zwischen den Mengen an Arbeit, die man einsetzen muss, um die einzelnen Gegenstände zu erlangen, der einzige Anhaltspunkt, um eine Regel für deren Austausch festzulegen. Bedarf es beispielsweise in einem Jägervolk gewöhnlich doppelt so vieler Arbeit, einen Biber zu töten, als einen Hirsch zu erlegen, so sollte natürlich im Tausch ein Biber zwei Hirsche wert sein. Es versteht sich dann von selbst, dass der gewöhnlich erzielte Ertrag der Arbeit von zwei Tagen oder zwei Stunden doppelt so viel wert sein sollte wie der gewöhnlich erzielte Ertrag der Arbeit eines Tages oder einer Stunde.” (WN I.vi.1) 84 Adam Smith Wert-und Preistheorie Output Arbeitsinput lB lH Biber Hirsch 1 1 pB l B pH l H 85 Adam Smith Wert-und Preistheorie „Entwickelte Gesellschaft“: (improved state of society) „Sobald sich nun aber Kapital in den Händen Einzelner gebildet hat, werden es einige von ihnen natürlich dazu verwenden, um arbeitsame (industrious) Leute zu beschäftigen, denen sie Rohmaterialien und Subsistenzmittel vorstrecken, um einen Profit aus dem Verkauf ihres Produktes zu erzielen, bzw. aus dem Verkauf dessen, was deren Arbeit dem Material an Wert hinzugefügt hat.“ 86 Adam Smith Wert-und Preistheorie „Entwickelte Gesellschaft“: (improved state of society) „Der Preis einer Ware enthält den Kapitalprofit als eine weitere Komponente, die völlig verschieden ist vom Arbeitslohn und durch ganz andere Gesetze bestimmt wird.“ „Die Menge an Arbeit, die gewöhnlich eingesetzt wird, um eine Ware zu produzieren, ist nicht mehr der einzige Faktor, der die Menge an Arbeit bestimmt, die von der Ware gekauft, kommandiert, oder gegen sie eingetauscht werden kann.“ 87 Wert-und Preistheorie Subsistenzlohn w pd p1d1 p2 d 2 pn d n Profitrate r Profit Wert des eingesetzten Kapitals Adam Smith 88 Adam Smith Wert-und Preistheorie Tendenz zur Vereinheitlichung der Profitrate rh r* rj rh rh* ph ph* rh rh* ph ph* der Kapitaleinsatz in Branche j sinkt und in Branche h steigt 89 Adam Smith Wert-und Preistheorie Ein Kornmodell Input an Arbeit Korn c l Output an Korn 1 Die (direkt und indirekt) enthaltene Arbeitsmenge (labour embodied) je Korneinheit: (1) l l c 1 c l lc lc 2 lc 3 ... 90 Adam Smith Wert-und Preistheorie Geldpreis je Korneinheit: (2) p wl (1 r ) pc(1 r ) Die mit einer Korneinheit kommandierbare Arbeitsmenge (labour commanded): (3) p p l (1 r ) l (1 r ) c(1 r ) w w 1 c(1 r ) 91 Adam Smith Wert-und Preistheorie l (1) 1 c p l (1 r ) (3) w 1 c(1 r ) Aus (1) und (3): r 0 “labour embodied” = “labour commanded” r 0 “labour embodied” < “labour commanded” 92 Adam Smith Wert-und Preistheorie Input Arbeit 2 Korn 0.6 Output Korn 1 Die (direkt und indirekt) enthaltene Arbeitsmenge (labour embodied) je Korneinheit: l c l 2 5 1 c 0.4 l lc lc 2 lc 3 ... 2 2 0.6 2(0.6 0.6) 2(0.6)3 ... 1.2 0.72 0.36 93 Adam Smith Wert-und Preistheorie „Sobald in einem Land aller Boden Privateigentum ist, möchten auch die Grundbesitzer, wie alle Menschen, dort ernten, wo sie nie gesät haben. Sie fordern dann sogar für den natürlichen Ertrag des Bodens eine Rente.“ Die Rente bildet daher, neben Lohn und Profit, einen dritten Preisbestandteil 94 Adam Smith Wert-und Preistheorie „In jedem Land zerfällt der Preis eines Gutes letztlich in den einen oder den anderen oder in alle drei Bestandteile, und in jeder entwickelten Gesellschaft sind alle drei mehr oder minder im Preis der meisten Waren enthalten.“ p j W j Pj Q j ( j 1, 2,, n) 95 Adam Smith Wert-und Preistheorie Additive Komponententheorie: (Adding-up Theory) p j W j Pj Q j dp j dW j 0, dp j dPj 0, ( j 1, 2,, n) dp j dQ j 0, 96 Adam Smith Aussenhandelstheorie Gründe für vorteilhaften Außenhandel: (1) Absolute Kostenvorteile (2) Steigende Skalenerträge (3) „Vent-for-surplus“ Theorie „Wenn das Ausland uns mit einer Ware billiger versorgen kann, als wir selbst in der Lage wären, sie zu produzieren, dann ist es besser, diese Ware im Ausland zu kaufen im Austausch gegen einen Teil des Produkts, bei dem wir selbst einen Vorteil gegenüber dem Ausland haben.“ Handelsstruktur bestimmt durch absolute Kostenvorteile 97 Adam Smith Verteilungstheorie Soziales Konfliktpotenzial Lohntheorie: Fehlende Verhandlungsmacht der Arbeiterklasse, Subsistenzlöhne Profittheorie: Tendenz zu sinkender Profitrate aufgrund von Produktionsausweitungen Rententheorie: Bodenmonopol, Freizügigkeit der Natur 98 Klassik Smith: „System der natürlichen Freiheit“ „Gibt man daher alle Systeme der Begünstigung und Beschränkung auf, so stellt sich ganz von selbst das einfache System der natürlichen Freiheit ein. Solange der Einzelne nicht die Gesetze verletzt, lässt man ihm völlige Freiheit, damit er das eigene Interesse in der ihm gemäßen Weise verfolgen kann.“ 99 Klassik Smith: Begründung von Staatsaufgaben Möglichkeit externe Effekte meritorische Güter Nichtrivalität und/oder Nichtausschließbarkeit Staatliche des Marktversagens, u.a. durch: Aufgabengebiete: innere und äußere Sicherheit Justiz und Verwaltung Bildungswesen Infrastruktur 100 David Ricardo Klassische Politische Ökonomie David Ricardo (1772-1823) 101 David Ricardo David Ricardo The Price of Gold (1809) Essay on Profits (1815) On the Principles of Political Economy, and Taxation (1817) Notes on Malthus (1820) Plan for the Establishment of a National Bank (1823) 102 David Ricardo David Ricardo The Works and Correspondence of David Ricardo, (1951-1973), 11 Vols, edited by Piero Sraffa with the collaboration of Maurice H. Dobb, Cambridge: Cambridge University Press. (Paperback reprint by Liberty Fund) Über die Grundsätze der Politischen Ökonomie und der Besteuerung, (2006), herausgegeben von Christian Gehrke und Heinz D. Kurz, Marburg: Metropolis Verlag. 103 David Ricardo David Ricardo: Wert- und Preistheorie Kritische Auseinandersetzung mit Adam Smiths preistheoretischen Ansichten: „Früher und roher Zustand der Gesellschaft“: keine Renten (kein Privateigentum an Grund und Boden) keine Gewinne (keine produzierten Produktionsmittel) nur Arbeitseinkommen Preise proportional zu den Arbeitseinkommen (bzw. – mengen) „Entwickelte Gesellschaft“: Preise nicht mehr proportional zu den Arbeitseinkommen Preis setzt sich additiv zusammen aus einer Lohn-, Profit-, und Rentenkomponente Ein Anstieg von Lohn-, Profit-, oder Rentsatz erhöht die Preise 104 David Ricardo David Ricardo: Wert- und Preistheorie Fragen: Stimmt es, dass die Preise nicht mehr proportional zu den Arbeitseinkommen sein können, sobald es produzierte Produktionsmittel und/oder Privateigentum an Grund und Boden gibt? Wie sind Lohnsatz und Profitrate miteinander verbunden? Wie reagieren die relativen Preise auf eine Veränderung der Einkommensverteilung? 105 David Ricardo David Ricardo: Wert- und Preistheorie Darstellung anhand von Smiths „Hirsch-Biber“-Beispiel: Outputs Produktionsmittel Falle Speer Arbeit Falle Speer Biber Hirsch - - lF 1 - - - - - lS - 1 - - 1 - lB - - 1 - - 1 lH - - - 1 106 David Ricardo David Ricardo: Wert- und Preistheorie Unter Bedingungen freier Konkurrenz auf allen Märkten muss sich ein einheitlicher Preis (pi) für jede Ware, ein einheitlicher Lohnsatz (w) für Arbeit gleicher Qualität, und eine einheitliche Profitrate (r) auf den Wert des vorgeschossenen Kapitals einstellen. 107 David Ricardo David Ricardo: Wert- und Preistheorie Folglich gilt für die Preise und Preisrelationen: pF wlF (1 r ) pS wlS (1 r ) pB wlB (1 r ) pF (1 r ) pH wlH (1 r ) pS (1 r ) pF wlF (1 r ) lF pS wlS (1 r ) lS pB wlB (1 r ) wlF (1 r )(1 r ) lB l F (1 r ) pH wlH (1 r ) wlS (1 r )(1 r ) l H lS (1 r ) 108 David Ricardo David Ricardo: Wert- und Preistheorie Das Austauschverhältnis von Hirschen und Bibern ist im allgemeinen abhängig von den direkt und indirekt eingesetzten Arbeitsmengen und vom Niveau der Profitrate (bzw. des Lohnsatzes). 109 David Ricardo David Ricardo: Wert- und Preistheorie Wird aber in der Produktion zweier Waren nur (direkte) Arbeit eingesetzt, oder werden direkte und indirekte Arbeitsmengen in der Produktion beider Waren im gleichen Verhältnis eingesetzt, so hat die Einkommensverteilung zwischen Lohn und Profit nach wie vor keinen Einfluss auf die Preisrelation dieser Waren. 110 David Ricardo David Ricardo: Wert- und Preistheorie Gleiche Proportionen von direkter zu indirekter Arbeit: lB lH lF lS pB lB lF pH lH lS Beispiel: lB 1 lF 2 lH 3 lS 6 r 0.1 pB 1 2(1 0.1) 3.2 1 pH 3 6(1 0.1) 9.6 3 r 0.5 pB 1 2(1 0.5) 4 1 pH 3 6(1 0.5) 12 3 111 David Ricardo David Ricardo: Wert- und Preistheorie Auch in „entwickelten Gesellschaften“ gilt die Arbeitsmengentheorie der relativen Preise wenn nur (direkte) Arbeit eingesetzt wird. wenn direkte und indirekte Arbeit in gleichen Proportionen eingesetzt werden. wenn die Profitrate gleich Null ist. Im Allgemeinen sind die Preisrelationen jedoch abhängig von den Produktionsbedingungen (den direkten und indirekten Arbeitsmengen) und von der Einkommensverteilung. 112 David Ricardo David Ricardo: Wert- und Preistheorie Die inverse w-r Beziehung: ein “Kornmodell Arbeitsinput Korninput l c Geldpreis je Korneinheit: (1) p wl (1 r ) pc(1 r ) Korn als numéraire: (2) p 1 Kornoutput 1 113 David Ricardo David Ricardo: Wert- und Preistheorie Aus (1) und (2): 1 c(1 r ) w l (1 r ) 1 ( wl c) bzw. r ( wl c) w wmax rmax r 1 c l 1 c c 114 David Ricardo David Ricardo: Wert- und Preistheorie Arbeitsinput l 2 w Korninput Kornoutput c 0.2 1 1 c(1 r ) 1 0.2(1 r ) w l (1 r ) 2(1 r ) wmax 1 c 0 .8 0.4 l 2 rmax r 1 c 0 .8 4 c 0 .2 115 David Ricardo David Ricardo: Wert- und Preistheorie pi li w(1 r ) p j l j w(1 r ) pk p j (1 r ) lk w(1 r ) l j w(1 r ) lk w(1 r ) li l j lk Welchen Effekt hat eine Verteilungsänderung (z.B. ein Anstieg des Lohnsatzes) auf das Preisverhältnis pi pk ? 116 David Ricardo David Ricardo: Wert- und Preistheorie pi li w(1 r ) li pk l j w(1 r ) lk w(1 r ) l j (1 r ) lk Ein Anstieg des Lohnsatzes ist assoziiert mit einem Sinken der Profitrate. Folglich verbilligt sich mit einem steigenden Lohnsatz die Ware k relativ zur Ware i. 117 David Ricardo David Ricardo: Wert- und Preistheorie Behandlung des fixen Kapitals Annuitätenformel: r (1 r ) n V pm n (1 r ) 1 mit: V pm n jährlicher Betrag für Verzinsung und Verschleiß Anschaffungspreis der Maschine Lebensdauer der Maschine 118 David Ricardo David Ricardo: Wert- und Preistheorie Beispiel 1: Maschine mit begrenzter Lebensdauer pm € 20.000 r 10% n 10 r (1 r ) n V pm n (1 r ) 1 0,1(1 0,1)10 € 20.000 (1 0,1)10 1 € 3.254 119 David Ricardo David Ricardo: Wert- und Preistheorie Beispiel 2: Maschine mit unendlicher Lebensdauer (Formel für die „ewige Rente“) pm € 20.000 r 10% n V p m r € 20.000 0,1 € 2.000 120 Klassik Differentialrententheorie 121 Differentialrententheorie Extensiv und intensiv sinkende Erträge Extensive Rente Fruchtbarkeits- versus Rentabilitätsordnung Intensive Rente Bestimmung der Bodenpreise Technischer Fortschritt Klassik 122 Klassik Differentialrententheorie Prämissen der folgenden Analyse Es wird nur ein Gut – „Roggen“ – produziert. Die Produktion erfolgt ausschließlich mit Arbeit und Boden; vom Einsatz produzierter Produktionsmittel (wie Saatgut, Arbeitspferde, Pflüge, Traktoren etc.) wird abstrahiert. Wir unterstellen homogene Arbeit; in Bezug auf den Boden wird unterstellt, dass dieser bereits in kultivierbarer Form vorhanden ist und dass dessen jeweilige Qualität (Fruchtbarkeit) erhalten bleibt. 123 Klassik Differentialrententheorie Es gibt Privateigentum an Boden, Kapital und Arbeit. Der Preis von Roggen, ebenso wie derjenige für die Nutzung des Bodens und der Arbeitskraft, wird auf freien Konkurrenzmärkten bestimmt. Betrachtet werden langfristige Positionen des ökonomischen Systems, charakterisiert durch eine einheitliche Profitrate auf den Wert des eingesetzten Kapitals und einen einheitlichen Rentsatz für jede Qualität von Boden. 124 Klassik Differentialrententheorie Datensatz (exogene Variablen der Analyse): die verfügbaren Mengen des Bodens (der Böden) einheitlicher (verschiedener) Qualität und Lage; die zur Erzeugung von Roggen auf einem Boden von gegebener Qualität und Lage verfügbaren technischen Methoden; die insgesamt benötigte Menge an Roggen. Bestimmt werden (endogene Variablen): der Roggenpreis; die Höhe des Lohnsatzes (bzw. der Profitrate); die Höhe der Rentsätze auf jedem Bodentyp. 125 Klassik Extensive Rente Bi w qi verfügbare Menge (in ha) von Boden des Typs i Lohnsatz (in to Roggen) Rentsatz je ha (in to Roggen) auf Boden des Typs i Es stehen n Methoden zur Verfügung, eine für jeden Bodentyp, die beschrieben werden durch ai bi 1, und die derart geordnet werden können, dass gilt: a1 a2 ... an 126 Klassik Extensive Rente Bodeninputs Methoden 1 2 … n Arbeit (1) b1 – – – a1 1 (2) – b2 – – a2 1 … – – … – … 1 (n) – – – bn an 1 Roggen 127 Klassik Extensive Rente Wird Boden i bearbeitet, so muss folgende Gleichung erfüllt sein: wai qi bi 1 (1) Die Abwesenheit profitablerer Kapitalanlagemöglichkeiten verlangt: wa j q j b j 1 ( j 1, 2,..., n ) (2) 128 Extensive Rente Für R B1 gilt: b1 w w1 : Für B1 B B R 1 2 : b1 b1 b2 w w2 : usw. 1 und qi 0 (i 1,2,, n) a1 1 wa1 1 und q1 , qi 0 (i 2,3, , n) a2 b1 Klassik 129 Klassik Differentialrententheorie: Extensive Rente „Bei der ersten Besiedelung eines Landes, in dem es eine Fülle reichen und fruchtbaren Bodens gibt, von dem nur ein sehr geringer Teil für den Unterhalt der vorhandenen Bevölkerung bebaut zu werden braucht, … wird es keine Rente geben. Denn niemand wird für die Benutzung des Bodens etwas bezahlen, … aus den gleichen Gründen, aus denen nichts für den Gebrauch von Luft und Wasser oder irgendwelcher Naturgaben gegeben wird, die in unerschöpflicher Menge vorhanden sind.“ (Ricardo, Grundsätze, Kap. 2: „Über die Rente“) 130 Klassik Differentialrententheorie: Extensive Rente „Nur weil die Menge des Bodens nicht unbegrenzt und an Qualität nicht gleich ist, und weil mit der Zunahme der Bevölkerung Boden geringerer Qualität oder in weniger günstiger Lage in Kultur genommen wird, wird also für seine Benutzung überhaupt eine Rente gezahlt.“ (Ricardo, Grundsätze, Kap. 2: „Über die Rente“) 131 Klassik Differentialrententheorie: Extensive Rente Ist Boden des Typs i der Grenzboden, d.h. liegt die benötigte i 1 i Bh Bh R Roggenmenge im Bereich , so gilt: b b h 1 h h 1 h wa1 q1b1 1 wa2 q2b2 1 wai 1 qi 1bi 1 1 wai 1 (3) 132 Differentialrententheorie: Extensive Rente Lohnsatz und Rentsätze sind dann bestimmt durch: w wi : 1 ai q h q hi : qk 0 ai a h bh ai (h 1,2, , i ) (i, i 1, , n) Klassik 133 Klassik Differentialrententheorie R (1) (2) (3) R1 (4) A1 1 tan α a 3 A 134 Klassik Differentialrententheorie: Extensive Rente R Rimax Bi bi Aimax Bi ai bi tan 1 ai R1max R2max A2max A1max tan α A 135 Klassik Differentialrententheorie R i Ri h 1 R4 i Ai R3 h 1 R2 R1 A1 A2 A3 A4 A Bh bh Bh ah bh 136 Klassik Grenz- und Durchschnittsprodukt R A R R , A A A1 A2 A3 A4 A 137 Klassik Fruchtbarkeits- und Rentabilitätsordnung q wai qi bi 1 qi 1 wai bi q' ' ' q' ' q' w3 w2 w1 w 138 Klassik Differentialrententheorie: Extensive Rente Bi w r qi verfügbare Menge (in ha) von Boden des Typs i gegebener Lohnsatz (in to Roggen) Profitrate Rentsatz je ha (in to Roggen) auf Boden des Typs i Wird Boden i bearbeitet, so muss folgende Gleichung erfüllt sein: wai (1 r ) qi bi 1 (1a) Die Abwesenheit profitablerer Kapitalanlagemöglichkeiten verlangt: wa j (1 r ) q j b j 1 ( j 1, 2,..., n ) (2a) 139 Klassik Differentialrententheorie: Extensive Rente Ist Boden des Typs i der Grenzboden, d.h. liegt die benötigte i 1 i Bh Bh R Roggenmenge im Bereich , so gilt: h 1 bh h 1 bh w a1 (1 r ) q1b1 1 w a2 (1 r ) q2b2 1 w ai 1 (1 r ) qi 1bi 1 1 w ai (1 r ) 1 140 Klassik Extensive Rente Bodeninputs Methoden 1 2 3 4 Arbeit (1) 1 – – – 1 1 (2) – 4 – – 2 1 (3) – – 2 – 5 1 (4) – – – 5 8 1 B1 100 ha B3 500 ha B2 20 ha B4 200 ha Roggen 141 Klassik Extensive Rente 0 R 100 : w a1 (1 r ) 1 r 100 R 105 : w a1 (1 r ) q1b1 1 w a2 (1 r ) 1 r 105 R 355 : w a1 (1 r ) q1b1 1 w a 2 (1 r ) q 2 b2 1 w a3 (1 r ) 1 r 1 0.1 9 0.1 1 0.2 4, q1 0.5 0.2 1 0.5 1, q1 0.8, q 2 0.1 0.5 142 Klassik Extensive Rente 355 R 395 : w a1 (1 r ) q1b1 1 1 0.8 0.25, 0.8 w a 2 (1 r ) q 2 b2 1 r w a3 (1 r ) q3b3 1 w a 4 (1 r ) 1 q1 0.875, q 2 0.1875, q3 0.1875 143 Klassik Differentialrententheorie: Extensive Rente „Der Preis des Getreides ist nicht hoch, weil eine Rente gezahlt wird, sondern eine Rente wird gezahlt, weil der Preis des Getreides hoch ist.“ (Ricardo, Grundsätze, Kap. 2: „Über die Rente“) 144 Differentialrententheorie: Intensive Rente Es gibt nur einen Bodentyp, von dem eine gegebene Menge 𝐵 vorhanden ist und zu dessen Bearbeitung n verschiedene Produktionsmethoden zur Verfügung stehen. Klassik 145 Klassik Differentialrententheorie: Intensive Rente Es stehen n nicht-dominierte Methoden zur Verfügung, die derart geordnet werden können, dass gilt: a1 a2 ... an b1 b2 ... bn . und Inputs Methoden Boden Arbeit Roggen (1) b1 a1 1 (2) b2 a2 1 … … … … (n) bn an 1 146 Intensive Rente Werden die Methoden h und k verwendet, so muss gelten: wah qbh 1 wak qbk 1 Aufgelöst nach w und q: bh bk w ak bh ahbk ak ah q ak bh ahbk Klassik 147 Intensive Rente Vollständige Nutzung des Bodens impliziert: Rh Rk R bh Rh bk Rk B B bk R Rh bh bk Rk bh R B bh bk Klassik 148 Klassik Intensive Rente R A 149 Klassik Intensive Rente R R B/b4 B/b3 B/b2 B/b1 0‘,B B‘,0 150 Klassik Intensive Rente R R B/b4 B/b3 B/b2 B/b1 0‘,B B‘,0 151 Klassik Intensive Rente: „Produktionsfunktion“ R R4 R3 R2 R1 A1 A2 A3 A4 A 152 Klassik Grenz- und Durchschnittsprodukt R A R R , A A A1 A2 A3 A4 A 153 Klassik Intensive Rente Ai ai B, bi i a Ai h Bh , h 1 bh Ri B bi (Intensive Rente) i Ri h 1 Bh bh (Extensive Rente) 154 Intensive Rente R B/b4 B/b3 B/b2 B/b1 0‘,B Klassik Klassik R R4 R3 R2 R1 B‘,0 A 155 Klassik Intensive Rente Werden die Methoden h und k verwendet, d.h. liegt die benötigte Roggenmenge im Bereich B B , dann muss gelten: R bh bk wa h qbh 1 wa k qbk 1 156 Intensive Rente Ist R B , so gilt: b1 wa1 qb1 1 q 0, w w1 : 1 a1 wa1 qb1 1 Ist B B R , so gilt: b1 b2 wa 2 qb2 1 q a 2 a1 b1 b2 , w a 2 b1 a1b2 a 2 b1 a1b2 Klassik 157 Klassik Intensive Rente B w r q verfügbare Menge des Bodens einheitlicher Qualität (in ha) gegebener Lohnsatz (in to Roggen) Profitrate Rentsatz je ha (in to Roggen) Es stehen n Methoden zur Verfügung, die derart geordnet werden können, dass gilt: a1 a2 ... an und b1 b2 ... bn . 158 Klassik Intensive Rente Wird Methode i verwendet, so muss gelten: wai (1 r ) qbi 1 Abwesenheit von Extra-Gewinnen verlangt: wa j (1 r ) qb j 1 ( j 1, 2,..., n ) 159 Klassik Intensive Rente Methoden Boden Arbeit A 1 1 1 B 100 185 200 185 1 C 100 260 300 260 1 D 100 320 400 320 1 w 0.1 to Korn je Arbeitseinheit, B = 100 ha Korn 160 Klassik Intensive Rente 0 R 100 : 100 R 185 : w a1 (1 r ) 1 w a1 (1 r ) qb1 1 w a2 (1 r ) qb2 1 185 R 260 : w a2 (1 r ) qb2 1 w a3 (1 r ) qb3 1 260 R 320 : w a3 (1 r ) qb3 1 w a4 (1 r ) qb4 1 161 Klassik Intensive Rente 0 x 100 : 100 x 185 : 185 x 260 : 260 x 320 : Methode A Methoden A und B Methoden B und C Methoden C und D r9 q0 r 7.5 q r 6.5 q r5 q 15 100 35 100 80 100 162 Klassik Intensive Rente R B/b4 B/b3 B/b2 B/b1 0‘,B R R4 R3 R2 R1 B‘,0 A 163 Klassik Bestimmung der Bodenpreise Preis von Boden des Typs j, wenn Boden des Typs k der Grenzboden ist: p j (k ) q j (k ) r( k ) q j (k ) (1 r( k ) ) q j(k ) (1 r( k ) ) 2 q j(k ) (1 r( k ) ) 3 q j(k ) (1 r( k ) ) n 164 Klassik Bodenpreis und Bodennutzung “Die Kostspieligkeit des Baugrundes in den Städten ist bekanntlich die Ursache des Erbauens der von Amerika her bekannten, aus Eisen und Glas konstruierten außerordentlich hohen Häuser, der sogenannten Wolkenkratzer; existierte jener Umstand nicht, so würde man annehmbarerweise alle Häuser nur einstöckig oder höchstens zweistöckig bauen, wie es auf dem Lande meistens geschieht.” (Knut Wicksell, Vorlesungen über Nationalökonomie auf Grundlage des Marginalprinzipes, 1913, S. 139) 165 Klassik Differentialrente: eine einfache Erweiterung ai bi ci 1 mit d i w ai ci : bi d i 1 Wird Boden i bearbeitet, so muss gelten: (1 r )( w ai ci ) qi bi (1 r )d i qi bi 1 Abwesenheit von Extragewinnen verlangt, dass: (1 r )d j q j b j 1 ( j 1, 2, , n) 166 Klassik Differentialrente: eine einfache Erweiterung Für B1 B B R 1 2 : b1 b1 b2 i 1 i Bh B Für R h : h 1 bh h 1 bh r r2 : 1 d2 , d2 q1 q12 : d 2 d1 , b1d 2 qi 0 (i 2, 3, , n) r ri : 1 di , di qh qhi : di d h bh d i qk 0 (k i, i 1, , n) (h 1, 2, , i ) , 167 Klassik Differentialrente: Technischer Fortschritt Arbeits- versus bodensparender technischer Fortschritt: Reduktion der Arbeits- oder der Bodenkoeffizienten Auswirkungen auf die Rentsätze und die absolute Höhe der Renten: abhängig von der Veränderung der Kostendifferentiale 168 David Ricardo Wachstumstheorie Außenhandelstheorie 169 David Ricardo Ricardo: Wachstumstheorie Tendenzieller Fall der Profitrate Gegenwirkende Faktoren: - technischer Fortschritt in der Landwirtschaft - Import landwirtschaftlicher Produkte Verschiedene Formen des technischen Fortschritts Einführung von Maschinerie: - Freisetzungseffekte - Kompensationseffekte Saysches Gesetz: Y=C+S Y=C+I I=S 170 David Ricardo Absolute Kostenvorteile England Frankreich 100 h 60 h 120 h 40 h Tuch Getreide l 100 l 120 lGE 60 lGF 40 E T F T 171 David Ricardo Absolute Kostenvorteile Relative Preise: pTE lTE 100 5 E E pG lG 60 3 pTF lTF 120 3 9 F F pG lG 40 1 3 Produkttransformationskurve: lTE xT lGE xG LE lTP xT lGP xG LP LE lTE xG E E xT lG lG LP lTP xG P P xT lG lG dxG lTE 5 E dxT lG 3 dxG lTP P 3 dxT lG 172 David Ricardo Absolute Kostenvorteile Numerisches Beispiel: LE 6000 xG England 100 lTE xT lGE xG LE 100 xT 60 xG 6000 LE lTE xG E E xT lG lG 5 3 5 xG 100 xT 3 xGMax 100 dxG 5 dxT 3 60 xT 173 David Ricardo Absolute Kostenvorteile Numerisches Beispiel: LP 6000 xG Frankreich 150 lTF xT lGF xG LF 120 xT 40 xG 6000 LF lTF xG F F xT lG lG 3 xG 150 3 xT xGMax 150 dxG 3 dxT 50 xT 174 David Ricardo Absolute Kostenvorteile Wechselseitig vorteilhafter x G Außenhandel erfordert: E I pT p p T T pG pG pG 5 3 p T pG I 9 3 F 100 England 7 3 5 3 zum Beispiel : 5 7 9 3 3 3 60 xT 175 David Ricardo Absolute Kostenvorteile Vollständige Spezialisierung: England: Tuch (60 Einheiten) Frankreich: Getreide (150 EH) xG Frankreich 150 Tausch z.B. 30 Tuch gegen 70 Getreide 3 Vorteil England: bekommt 70 (statt 50) Getreide Vorteil Frankreich: erhält 30 Tuch für nur 70 (statt 90) Getreide 50 7 3 xT 176 David Ricardo Absolute Kostenvorteile England xG xG Frankreich 150 100 80 70 30 60 xT 30 50 xT 177 David Ricardo Komparative Kostenvorteile Tuch Wein England Portugal 100 h 120 h 80 h 90 h lTE 100 lTP 80 l 120 l 90 E W P W 178 David Ricardo Komparative Kostenvorteile Relative Preise: pTE lTE 100 5 30 E E pW lW 120 6 36 pTP lTP 80 8 32 P P pW lW 90 9 36 Produkttransformationskurve: lTE xT lWE xW LE lTP xT lWP xW LP LE lTE xW E E xT lW lW LP lTP xW P P xT lW lW dxW lTE 30 E dxT lW 36 dxW lTP 32 P dxT lW 36 179 David Ricardo Komparative Kostenvorteile Numerisches Beispiel: xw England LE 6000 lTE xT lWE xW LE 100 xT 120 xW 6000 LE lTE xW E E xT lW lW 30 xT 36 50 50 30 36 xW 50 xWMax dxW 30 dxT 36 60 xT 180 David Ricardo Komparative Kostenvorteile Numerisches Beispiel: LP 7200 lTE xT lWE xW LE xw Portugal 80 80 xT 90 xW 7200 LE lTE xW E E xT lW lW 32 xT 36 80 32 36 xW 80 xWMax dxW 32 dxT 36 90 xT 181 David Ricardo Komparative Kostenvorteile Wechselseitig vorteilhafter x w Außenhandel erfordert: E I pT p p T T pW pW pW 30 36 I p T pW England P 50 32 36 31 36 Zum Beispiel : 30 31 32 36 36 36 60 xT 182 David Ricardo Komparative Kostenvorteile Vollständige Spezialisierung: England: Tuch (60 Einheiten) Portugal: Wein (80 Einheiten) Tausch z.B. 36 Tuch gegen 31 Wein xw Portugal 80 32 36 Vorteil England: bekommt 31 (statt 30) Wein Vorteil Portugal: erhält 36 Tuch für nur 31 (statt 32) Wein 31 36 90 xT 183 David Ricardo Komparative Kostenvorteile xw England xW Portugal 80 50 49 31 24 60 xT 36 90 xT 184 Neoklassik Neoklassische Theorie max U f ( x1 , x2 ) u.d.N. p1 x1 p2 x2 E x2 x1 U U x1 x2 p1 p2 185 Neoklassik Neoklassische Theorie Die “marginalistische Revolution”: William Stanley Jevons: The Theory of Political Economy, 1871. Carl Menger: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre, 1871. Léon Walras: Eléments d’économie politique pure, 1874. 186 Neoklassik Marginalistische „Revolution“ William Stanley Jevons (1835-1882) Carl Menger (1840-1921) Das Triumvirat … Marie Esprit Léon Walras (1834-1910) 187 Neoklassik Die marginalistische „Revolution“ … und ein (zunächst übersehener) Vorläufer: Hermann Heinrich Gossen: Entwickelung der Gesetze des menschlichen Verkehrs, und der daraus fließenden Regeln für menschliches Handeln, 1854. 188 Neoklassik Die marginalistische „Revolution“ Hermann Heinrich Gossen (1810-1858) 189 Neoklassik Die marginalistische „Revolution“ Neoklassischer Datensatz (unabhängige Variablen): (1) Der Satz der verfügbaren technischen Alternativen; (2) die Präferenzen oder Nachfragefunktionen der Konsumenten; (3) die Anfangsausstattung der Ökonomie mit allen produktiven Ressourcen, einschließlich des „Kapitals“, und die Allokation der Eigentumsrechte auf die Individuen. Abhängige Variablen: - die relativen Preise der Güter und Faktorleistungen (d.h. die Einkommensverteilung); - die Mengen der produzierten Güter und die Allokation der Faktorleistungen auf die verschiedenen Aktivitäten. 190 Neoklassik Die marginalistische „Revolution“ ‘To satisfy our wants to the utmost with the least effort, … in other words, to maximize pleasure, is the problem of economics.’ (Jevons, Theory of Political Economy) Nutzenmaximieru ng 191 Neoklassik Hermann Heinrich Gossens Entwickelung der Gesetze des menschlichen Verkehrs … „Was einem Kopernikus zur Erklärung des Zusammenseins der Welten im Raum zu leisten gelang, das glaube ich für die Erklärung des Zusammenseins der Menschen auf der Erdoberfläche zu leisten. … Und wie die Entdeckungen jenes Mannes es möglich machten, die Bahnen der Weltkörper auf unbeschränkte Zeit zu bestimmen; so glaube ich mich durch meine Entdeckungen in den Stand gesetzt, dem Menschen mit untrüglicher Sicherheit die Bahn zu bezeichnen, die er zu wandeln hat, um seinen Lebenszweck in vollkommenster Weise zu erreichen.“ (Gossen, Entwickelung, Vorrede) 192 Neoklassik Hermann Heinrich Gossens Entwickelung der Gesetze des menschlichen Verkehrs … „Der Mensch wünscht sein Leben zu genießen und setzt seinen Lebenszweck darin, seinen Lebensgenuß auf die möglichste Höhe zu steigern. … Es muß das Genießen so eingerichtet werden, daß die Summe des Genusses des ganzen Lebens ein Größtes werde.“ (Gossen, Entwickelung, S. 1) 193 Neoklassik Gossensche „Gesetze“ Erstes Gossensches Gesetz: (Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen) „Die Größe eines und desselben Genusses nimmt, wenn wir mit der Bereitung des Genusses ununterbrochen fortfahren, fortwährend ab, bis zuletzt Sättigung eintritt.“ 194 Nutzenfunktionen U x Neoklassik 195 Neoklassik Nutzenfunktionen U U x x x 196 Neoklassik Nutzenfunktionen U U x x x 197 Neoklassik Nutzenfunktionen U U x x x 198 Neoklassik Gossensche „Gesetze“ Zweites Gossensches Gesetz: „Der Mensch, dem die Wahl zwischen mehren {sic} Genüssen freisteht, dessen Zeit aber nicht ausreicht, alle vollaus sich zu bereiten, muss, wie verschieden auch die absolute Größe dieser Genüsse sein mag, um die Summe seines Genusses zum Größten zu bringen, bevor er auch nur den größten sich vollaus bereitet, sie alle teilweise bereiten, und zwar in einem solchen Verhältniß, daß die Größe eines Genusses in dem Augenblick, in welchem seine Bereitung abgebrochen wird, bei allen noch die gleiche bleibt.“ 199 Neoklassik Gossensche „Gesetze“ Zweites Gossensches Gesetz: (Äquimarginalprinzip, Gesetz vom Ausgleich der mit den Preisen gewogenen Grenznutzen) U ( x1 , x2 ,, xn ) x1 U ( x1 , x2 ,, xn ) xn p1 pn 200 Neoklassik Nutzenfunktion und Indifferenzkurve Annahmen: Zwei Güter Kardinale Nutzenmessung Abnehmender Grenznutzen Nicht-Sättigung Additive Nutzenfunktion: U ( x1, x2 ) U1 ( x1 ) U 2 ( x2 ) 201 Neoklassik Nutzenfunktion und Indifferenzkurve x2 U2 x1 U1 202 Neoklassik Nutzenfunktion und Indifferenzkurve x2 U2 U U x1 U1 203 Neoklassik Nutzenfunktion und Indifferenzkurve x2 U2 U x1 U1 204 Neoklassik Nutzenfunktion und Indifferenzkurve x2 U2 U U x1 U1 205 Neoklassik Gossensche „Gesetze“ Abbildung der Präferenzen mittels Indifferenzkurven x2 II I s z III y IV x1 206 Neoklassik Gossensche „Gesetze“ Abbildung der Präferenzen mittels Indifferenzkurven x2 r z y 0A Indifferenzkurve x1 207 Neoklassik Gossensche „Gesetze“ Abbildung der Präferenzen mittels Indifferenzkurven x2 Indifferenzkurven 0 x1 208 Neoklassik Gossensche „Gesetze“ Abbildung der Präferenzen mittels Indifferenzkurven x2 Indifferenzkurven 0 x1 209 Neoklassik Zweites Gossensches „Gesetz“ max U f ( x1 , x2 ) u.d.N. x2 E p 1 x1 p2 p2 p1 x1 p2 x2 E U U dx1 dx2 0 x1 x2 U dx2 x1 U dx1 x2 dx2 p 1 dx1 p2 bzw. bzw. U U dx1 dx2 x1 x2 U U x1 x2 p1 p2 210 Neoklassik Grenzproduktivitätstheorie Y Y f ( L, K ) L Y Y 2Y 2Y 0, 0, 2 0, 0 L K L K 2 L Y L pY wL rpK p L Y w0 L w Y P L 211 Neoklassik Grenzproduktivitätstheorie Makroökonomische Produktionsfunktion: Y L K mit : 1 Grenzprodukte: Y L1 K L Y LK 1 K Durchschnittsprodukte: Y L K L1K L L Y L K L K 1 K K 212 Neoklassik Grenzproduktivitätstheorie Produktionselastizitäten: Y Y L Y Y L L L Y Y K Y Y K K K Entlohnung nach Grenzproduktivitäten: L W Y Y Y L r rK G Y Y Y K „Ausschöpfungstheorem “: W G ( )Y Y 213 Neoklassische Theorie Modell des isolierten Tausches (Edgeworth-Box, Indifferenzkurven, Tauschgleichgewicht) „Kriegsgefangenenlager“: 2 Individuen (A, B) 2 Güter (x1, x2) keine Produktion Neoklassik 214 Neoklassik Modell des isolierten Tausches Gegebene Größen: - Anfangsausstattungen der Individuen Individuelle Präferenzen (Technologische Alternativen) Bestimmt werden: alle Gleichgewichtspreise und mengen (einschließlich Faktorpreise und -mengen) 215 Neoklassik Modell des isolierten Tausches x2 Anfangsausstattung von Individuum A: e A (e1A , e2A ) e2A 0A e1A x1 216 Neoklassik Modell des isolierten Tausches x2 Anfangsausstattung von Individuum B: e B (e1B , e2B ) e2B 0B e1B x1 217 Neoklassik Modell des isolierten Tausches Anfangsausstattung der Ökonomie (und Allokation auf die Individuen) x2 x1 0B e1B e2A 0A e e1A e2B x1 x2 218 Neoklassik Modell des isolierten Tausches Abbildung der Präferenzen mittels Indifferenzkurven x2 II I s z III 0A y IV x1 219 Neoklassik Modell des isolierten Tausches Abbildung der Präferenzen mittels Indifferenzkurven x2 r z y 0A Indifferenzkurve x1 220 Neoklassik Modell des isolierten Tausches Abbildung der Präferenzen mittels Indifferenzkurven x2 Indifferenzkurvenschar 0A x1 221 Neoklassik Modell des isolierten Tausches x2 x1 e1B e2A 0A e e1A 0B e2B x1 x2 222 Neoklassik Modell des isolierten Tausches x2 x1 e1B e2A 0A e e1A 0B e2B x1 x2 223 Neoklassik Modell des isolierten Tausches x2 e1B x1 e2B e2A 0A 0B e1A x1 x2 224 Neoklassik Modell des isolierten Tausches x2 e1B x1 e2B e2A 0A 0B e1A x1 x2 225 Neoklassik Modell des isolierten Tausches Preisverhältnis im Tauschgleichgewicht: p1x1 p2 x2 0 p1 x2 p2 x1 x1 1 x2 p1 p2 226 Neoklassik Modell des isolierten Tausches: Die Kontraktkurve x2 0B x1 0A x1 x2 227 Neoklassik Pareto-Effizienz UB Nutzenmöglichkeitsgrenze Vilfredo Pareto (1848-1923) UA 228 Neoklassik Pareto-Effizienz UB UA 229 Neoklassik Modell des isolierten Tausches: Die Kontraktkurve x2 0B x1 0A x1 x2 230 Neoklassik Pareto-Effizienz UB Pareto-Verbesserungen UA 231 Neoklassik Pareto-Effizienz UB Pareto-effiziente Allokationen UA 232 John Maynard Keynes John Maynard Keynes: Das Prinzip der effektiven Nachfrage 233 John Maynard Keynes Prinzip der effektiven Nachfrage John Maynard Keynes (1883-1946) 234 John Maynard Keynes Prinzip der effektiven Nachfrage „Saysches Gesetz“ und Spar-InvestitionsMechanismus i S S (i ) I I (i ) I (i ) S (i ) i* I*,S* I, S 235 John Maynard Keynes Prinzip der effektiven Nachfrage „The initial novelty of [the General Theory] lies in my maintaining that is not the rate of interest, but the level of income, which ensures equality between savings and investment.“ (Keynes, 1937) 236 John Maynard Keynes Prinzip der effektiven Nachfrage „Given the psychology of the public, the level of output and employment as a whole depends on the amount of investment.“ (Keynes, 1936) 237 John Maynard Keynes Prinzip der effektiven Nachfrage E CI C C a cY a a Y C cY I I Ia E Y Y 1 Ca I a 1 c E SS I Y* S Y C S Y C a cY S C a (1 c)Y Y 238 John Maynard Keynes Prinzip der effektiven Nachfrage Einkommensmultiplikator Y 1 Ca I a 1 c E 1 Y I a 1 c Y I a cI a c 2 I a c 3I a I a Y Y 239 John Maynard Keynes Prinzip der effektiven Nachfrage E Einkommensmultiplikator : Y 1 Ca I a 1 c 1 Y I a 1 c I a Y I a cI a c 2 I a c 3I a Y Y 240 John Maynard Keynes Liquiditätspräferenztheorie “The rate of interest is not a return to saving or waiting as such. The rate of interest is a reward for parting with liquidity for a specified period. … The rate of interest is not the ‘price’ which brings into equilibrium the demand for resources to invest with the readiness to abstain from present consumption. It is the ‘price’ which equilibrates the desire to hold wealth in the form of cash with the available quantity of cash.” (Keynes, 1936) 241 John Maynard Keynes Liquiditätspräferenztheorie Motive für das Halten von Bargeld und Sichteinlagen: - Transaktionsmotiv - Vorsichtsmotiv - Spekulationsmotiv 242 John Maynard Keynes Liquiditätspräferenztheorie Effektivverzinsung eines Wertpapiers mit einjähriger Restlaufzeit und fixer Nominalverzinsung i0 (NW bezeichnet den Nennwert, KW den Kurswert des Wertpapiers): NW (1 i0 ) KW ie KW 243 John Maynard Keynes Liquiditätspräferenztheorie NW (1 i0 ) KW ie KW Beispiel: NW = 100, i0 = 5% KW = 100 KW = 90 KW = 70 KW = 120 ie = 5% ie = 16,6 % ie = 50 % ie = -12,5 % 244 John Maynard Keynes Liquiditätspräferenztheorie Kurswert des Wertpapiers: NW (1 i0 ) KW (1 i ) Der Kurswert muss sich so einstellen, dass die Effektivverzinsung ie dem aktuellen Marktzins i entspricht. 245 John Maynard Keynes Liquiditätspräferenztheorie Bei unendlicher Laufzeit gilt für die Effektivverzinsung: NWi0 KW ie KW … und für den Kurswert des Wertpapiers: i0 KW NW i 246 John Maynard Keynes Liquiditätspräferenztheorie Erwarteter Kursverlust: KW KW e i0 i NW 0 NW i in (in bezeichnet den (erwarteten) Normalzins) Der Kauf bzw. das Halten des Wertpapiers ist nur dann vorteilhaft, wenn der Zinsertrag i0 NW größer ist als der erwartete Kursverlust, also wenn: 247 John Maynard Keynes Liquiditätspräferenztheorie i0 i0 i0 NW NW NW i in 1 1 1 i in in i 1 in 248 John Maynard Keynes Liquiditätspräferenztheorie Beispiel: Bei einer Normalzinsvorstellung von 10% wäre die Wertpapierhaltung erst ab einem Marktzins von mindestens 9% rational: in 0,1 i 0,09 1 in 1 0,1 Liegt der Zinssatz unter 9%, dann ist der erwartete Kursverlust größer als der Zinsertrag aus der Wertpapierhaltung