Herzlich Willkommen zum öffentlichen Vortrag Schlaganfall Dr. med. Dominik Müntener Leitender Arzt Neurologie Was macht der Neurologe? Abklärung und Therapie von... - Schlaganfall Epilepsie Parkinson Multiple Sklerose Nervenerkrankungen Schwindel Kopfschmerzen Demenz Hirnhautentzündung Übersicht - Schlaganfall Teil 1: Grundlagen - Definition Einteilung Symptome Ursachen Diagnostik Prophylaxe Teil 2: Akuttherapie - Erste Hilfe - Hospitalisation Teil 1: Grundlagen Was ist ein Schlaganfall? Akute, umschriebene Funktionsstörung des Gehirns aufgrund einer Durchblutungsstörung (Blutmangel oder Blutung) Andere Begriffe - Stroke - Hirnschlag, Hirninfarkt - Apoplexie, Insult - Schlägli, Streifung Häufigkeit von Schlaganfällen Vierthäufigste Todesursache (nach Krebs, Herz- und Lungenkrankheiten) Häufigste Ursache einer bleibenden Behinderung Zweithäufigste Ursache einer Demenz Häufigkeit von Schlaganfällen Schweiz - 16’000 Schlaganfälle pro Jahr - 44 Schlaganfälle pro Tag - Tendenz steigend Schaffhausen - 200 Schlaganfälle pro Jahr - 0.55 Schlaganfälle pro Tag Zwei Formen von Schlaganfällen Hirninfarkt 80% - Verschlossene Arterie - Mangeldurchblutung Hirnblutung 20% - Riss einer Hirnarterie Computertomographie Symptome - Schlagartiger Beginn - Neurologische Ausfälle - Meistens schmerzlos Unterscheidung zwischen Blutung und Infarkt ist aufgrund der Symptome nicht möglich! Symptome abhängig von der Lokalisation des Infarktes oder der Blutung Blutversorgung des Gehirns Hirnareale Symptome beim Schlaganfall - Einseitige Lähmung des Gesichtes und/oder der Arme und Beine - Verwaschenes Sprechen, Schluckstörung - Sprachstörungen (falsche Worte oder Silben) - Sehstörungen - Gangunsicherheit - Dreh- oder Schwankschwindel - Koordinationsstörung - Starke ungewohnte Kopfschmerzen „Stroke mimics“ Ähnliche Symptome wie beim Schlaganfall sind auch bei anderen Erkrankungen zu beobachten Beispiele - Migräne (Aura) - Epileptischer Anfall - Unterzuckerung, Intoxikation - Hyperventilation Unterscheidung häufig nur durch Zusatzuntersuchungen möglich (MRI/CT) Wie kommt es zum Hirninfarkt? - Verschluss eines Hirngefässes durch ein Blutgerinnsel (Thrombus) - Unzureichende Blutversorgung der Nervenzellen Wie kommt es zum Hirninfarkt? - Quelle des Thrombus liegt häufig ausserhalb des Kopfes - Thrombus wird mit dem Blut ins Gehirn gespült (Embolus) Entstehung des Hirninfarktes 0 1h 2h 3h 4h 5h Penumbra: Nervenzellen ohne Funktion, aber nicht abgestorben, können sich erholen Infarktkern: Abgestorbene Nervenzellen, keine Erholung möglich Ursachen des Hirninfarktes Fünf Kategorien Kleingefässerkrankung 1. Arteriosklerose der Hals20% oder Hauptschlagader 30% 2. Herzerkrankung 10% 3. Kleingefässerkrankung Arterielle Embolie 4. Andere/mehrere 10% bestimmbare Ursachen Kardiale Embolie 30% 5. Unklare Ursache Ursachen des Hirninfarktes 1. Arterielle Embolie - Arteriosklerose der hirnzuführenden Arterien - Loslösen von Plaques und Blutgerinnseln Ursachen des Hirninfarktes 2. Kardiale Embolie - Blutgerinnsel aus dem Herzen - z.B. bei Vorhofflimmern, Klappenfehlern, Narben nach Herzinfarkt Diagnostik beim Schlaganfall Klärung der Schlaganfallsursache ist wichtig zum Festlegen der richtigen Therapie, um weitere Schlaganfälle zu verhindern Bildgebung des Gehirns Magnetresonanztomographie (MRI), Computertomographie (CT) Gefässdarstellung MRI, CT, Ultraschall Herzabklärung Ultraschall, EKG Diagnostik beim Schlaganfall Computertomographie (CT) Pro - Schnell - 24h-Verfügbarkeit - Gute Unterscheidung Blutung vs. Infarkt - Gefässdarstellung (Kontrastmittel) Contra - Röntgenstrahlung - Beschränkte Auflösung Diagnostik beim Schlaganfall Magnetresonanztomographie (MRI) Pro - Gute Auflösung - Wenig belastend (keine Röntgenstrahlung) - Gefässdarstellung (auch ohne Kontrastmittel) Contra - Aufwändig - Verfügbarkeit - Nicht immer durchführbar (Platzangst, Herzschrittmacher) Diagnostik beim Schlaganfall Ultraschall der Hirnarterien Pro - Schonend, am Patientenbett durchführbar - Günstig - Information über Blutfluss (Dynamik) - Gute Verlaufsuntersuchung Contra - Nicht alle Gefässabschnitte einsehbar - Abhängig vom Untersucher Sekundärprophylaxe Therapie zur Verhinderung eines weiteren Schlaganfalls (oder einer anderen Gefässerkrankung) Je nach Ursache das Hirninfarktes unterschiedlich Je schneller die Ursache geklärt werden kann, desto früher kann mit der richtigen Prophylaxe begonnen werden Sekundärprophylaxe Zwei Beispiele 1. Arteriell-embolisch bei Arteriosklerose - Aspirin, Plavix, Cholesterinsenker - Therapie der Gefässrisikofaktoren - Bei hochgradigen Gefässverengungen: Operation, ev. Stent 1. Kardial-embolisch bei Vorhofflimmern - Blutverdünnung (Marcoumar, Xarelto, Eliquis, Pradaxa, Lixiana) - Herzmedikamente Risikofaktoren für Schlaganfall (und andere Gefässerkrankungen) Nicht beeinflussbar - Alter - Geschlecht - Vererbung Risikofaktoren für Schlaganfall (und andere Gefässerkrankungen) Beeinflussbar - Bluthochdruck (>140/90 mmHg) Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) Rauchen Hohes Cholesterin Bewegungsmangel Schlaf-Apnoe-Syndrom Ernährung, Alkohol Stress Teil 2: Akuttherapie Notfalltherapie des Schlaganfalls Jeder Schlaganfall ist ein Notfall „Time is brain“ Wie erkenne ich einen Schlaganfall? Merkwort: FAST (USA, UK) Face – Lächeln, Zähne zeigen Arms – Arme anheben Speech – Satz nachsprechen Time – Notruf alarmieren (144) 144 Schlaganfall - Erste Hilfe Betroffener hinlegen, beruhigen - bei Bewusstseinsstörung Seitenlage - nüchtern lassen (Schluckstörung häufig) Ambulanz alarmieren (144), Hospitalisation - auch wenn sich die Symptome spontan zurückbilden! Hausarzt, Angehörige informieren Kein Aspirin oder andere Medikamente geben Ziele der Notfalltherapie - Verbesserung der Hirndurchblutung im betroffenen Hirnareal - Wiedereröffnung des verschlossenen Gefässes durch Auflösen des Thrombus = Thrombolyse - Verbesserung der kollateralen Durchblutung (Anhebung des Blutdrucks, Flüssigkeit geben, Flachlagerung) Ziele der Notfalltherapie - Optimale Bedingungen für die Nervenzellen in der Penumbra schaffen - Sauerstoffgabe, Blutzucker korrigieren, Fieber senken - Sekundäre Schäden vermeiden - Lagerung, Schluckabklärung - Ursachenabklärung und frühzeitiger Beginn der korrekten Sekundärprophylaxe Ablauf der Schlaganfallsbehandlung 1. Prähospitalisationsphase - Information des Notfallteams - Informationen sammeln 2. Eintreffen auf der Notfallstation - Vitalzeichen messen: Blutdruck/Puls, Temperatur - Blutentnahme - Herzstromkurve (EKG) - Venenzugang legen Ablauf der Schlaganfallsbehandlung 3. Klinische Untersuchung - Internistisch - Neurologisch 4. Computertomographie (CT) - Darstellung des Gehirns und der hirnzuführenden Arterien - Messung der Hirndurchblutung Ablauf der Schlaganfallsbehandlung 5. Entscheid zur Thrombolyse - Verlegung auf Überwachungsstation Ziel: Eintreffen Notfallstation bis zum Therapiestart: 30-45min Thrombolyse (Auflösen des Thrombus) Zwei Methoden 1. Intravenöse Thrombolyse 2. Intraarterielle Thrombolyse (Hirnkatheter) Intravenöse Thrombolyse (Auflösen des Thrombus) - Zeitfenster: bis 4.5 Stunden nach Symptombeginn - Infusion (1h) einer starken Blutverdünnung über die Vene - Technisch einfach durchführbar - Am Kantonsspital Schaffhausen verfügbar Häufigster Grund, dass keine Thrombolyse erfolgen kann: Patienten erreichen zu spät die Klinik! Intravenöse Thrombolyse Zeitfenster der iv-Thrombolyse: 4.5h 0 1h 2h 3h 4h 5h Intraarterielle Thrombolyse - Zeitfenster: 6-8 Stunden - Mechanische Wiedereröffnung des verschlossenen Gefässes - Aufwändig, kann nur an grossen Zentren durchgeführt werden, Zeitverlust - Nur für grosse Gefässverschlüsse geeignet - Nur wenige Patienten qualifizieren für diese Therapie Intraarterielle Thrombolyse Prognose 6 Monate nach Schlaganfall (Studie aus den 90er Jahren) - 20% verstorben - 30% pflegebedürftig - 50% weitgehend selbstständig Prognose Risiko eines erneuten Schlaganfalls nach einem Hirninfarkt ist in den ersten Tagen am höchsten - schnelle Abklärung und Therapie erforderlich Risiko für einen erneuten Schlaganfall: 2.55% pro Jahr Prävention eines ersten Schlaganfalles (Primärprophylaxe) Man kann etwas tun! Gesunder Lebensstil - Regelmässige Bewegung - z.B. 30min Sport, 3x/Woche - Mediterrane Kost - Obst, Gemüse, Olivenöl, Nüsse... - Moderater Alkoholkonsum, kein Nikotin Prävention eines ersten Schlaganfalles (Primärprophylaxe) Man kann etwas tun! Gesunder Lebensstil - Übergewicht vermeiden - Regelmässige Kontrollen von Blutdruck, Blutzucker, Cholesterin beim Hausarzt Konsequente Therapie der Gefässrisikofaktoren Zusammenfassung - Schlaganfälle sind häufig - Meistens Verstopfung, seltener Riss einer Hirnarterie - Häufigste Symptome: Halbseitenlähmung, Sprach-/Sprechstörung (FAST) - Jeder Schlaganfall ist ein Notfall (144) - Wirksame Notfalltherapie verfügbar (Thrombolyse) - Zeitfenster der iv-Thrombolyse: 4.5h Vielen Dank! Nächster öffentlicher Vortrag Dienstag, 15.3.2016 im Kantonsspital 18.30h – 19.30h Dickdarmdivertikel Wieviel Therapie ist nötig? Dr. med. Adrienne Imhof Chefärztin Chirurgie