Mikroökonomie SS09 1. Einführung Untersuchungsobjekt der mikroökonomischen Theorie: o Verhalten einzelner wirtschaftlicher Einheiten, z.B.: Konsumenten, Unternehmen, Investoren o Analyse, der durch diese Einheiten gebildeten Märkte 1.1 Fragestellungen der Mikroökonomie Offensichtliches Problem aller Konsumenten und Unternehmen → begrenzte Mittelausstattung Primäres Anliegen der Mikroökonomie → Anleitung zum (individuellen) „optimalen“ Umgang mit knappen Ressourcen Wichtige ordnungstheoretische Prämisse → Marktwirtschaft Herausgehobene Orientierungsgröße wirtschaftlichen Handelns ist der Preis Beispiele: o Konsumenten verfügen über limitierte Einkommen → bestmögliches Güterbündel → Gegenwarts- vs. Zukunftskonsum o Unternehmen verfolgen das Ziel der Gewinnmaximierung bzw. der Kostenminimierung → Produktkombination → Fertigungsalternativen (arbeits- oder materialintensiv) o Arbeitnehmer: können (bestenfalls) unter wenigen Beschäftigungsalternativen wählen → Arbeit vs. Zeit Ziel der Mikroökonomie Erklärungen und Prognosen der Verhaltensweisen einzelner Akteure basieren auf Theorien Auf der Grundlage von Annahmen werden, hierzu formale (mathematische) Modelle verwendet Beachte: Theorien und Modelle sind eingeschränkte Abbildungen der Realität → Bewertungskriterium daher nicht „richtig“ oder „falsch“, sondern eher „zweckmäßig“ oder “nicht zweckmäßig“. → Untersuchungsgegenstand: problembezogene Fragestellungen Arten von Analysen o Positive Analyse: Beschreibung der Beziehungen von Ursache und Wirkung z.B. Untersuchungen nach den Zusammenhängen zwischen der Lohnhöhe und der Zahl der im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer o Normative Analyse: werturteilsabhängiger Vergleich unterschiedlicher Zustände z.B. die angemessene („gerechte“) Bezahlung von Spitzenmanagern diskutieren In der positiven Analyse wird also über (Verhaltens-) Annahmen gestritten, in der normativen Analyse vornehmlich über Werturteile. 1 1.2 Zum Marktbegriff In der Ökonomie unterscheidet man zwei Arten von Akteuren: o Käufer (oder: Nachfrager) o Verkäufer (oder: Anbieter) Man beachte, dass beinahe regelmäßig einzelne Akteure sowohl Käufer als auch Verkäufer sind. Bsp.: o Ein Unternehmer kauft Rohstoffe und verkauft erstellte Produkte. o Eine private Person kauft Waren und verkauft seine Arbeitskraft. Den (fiktiven) Ort des Zusammentreffens von Käufern und Verkäufern nennt man Markt. Bsp.: Ebay Märkte lassen sich charakterisieren, z.B.: o nach der lokalen Ausdehnung → regional, national, global ... o nach der Produktabgrenzung → Mineralöl, Kraftstoff, Diesel ... o nach der (zeitlichen) Leistungsvereinbarung → Kassamarkt, Terminmarkt → unterschiedliche Fristigkeit Der idealtypische Gegenstand der mikroökonomischen Analyse ist ein vollkommener (Wettbewerbs-) Markt: o Kein einzelner Käufer oder Verkäufer verfügt über einen nennenswerten Einfluss auf den Preis o Alternative Bezeichnung: (vollkommen) kompetitiver Markt Daneben existieren einzelne Nichtwettbewerbsmärkte, (auch: nicht - kompetitive oder kollusive Märkte), z.B. der Weltmarkt für Erdöl o Im folgenden werden wir uns zunächst auf die Diskussion kompetitiver Märkte beschränken Beispiel: Markt für Benzin Auf vollkommenen Wettbewerbsmärkten gibt es gewöhnlich einen einzigen (Markt-) Preis → Arbitrage Man beachte, dass sich Preise allerdings häufig sehr schnell ändern können → Aktien- oder Rohstoffmärkte Auf anderen Märkten passen sich dagegen die Preise erheblich langsamer (oder weniger deutlich) an → Immobilien- oder Kfz-Märkt 2 1.3 Reale und nominale Preise Um unterschiedliche Preise im Zeitablauf miteinander vergleichen zu können, benötigt man einen geeigneten Maßstab, z.B. das Gesamtpreisniveau Es ist zweckmäßig zu unterscheiden zwischen: o Dem Anstieg eines einzelnen Preises über die Zeit o Dem durchschnittlichen Anstieg aller Preise innerhalb einer Periode ("Inflation") Der Preis eines normalen Brötchens betrug in (West-)Deutschland (umgerechnet in Cent): 1960: 3 ct 1980: 9 ct 2000: 18 ct In der Betrachtungsperiode hat sich der nominale Brötchenpreis etwa versechsfacht Im gleichen Zeitraum sind die Preise anderer Güter und Dienstleistungen ebenfalls gestiegen, auch die Einkommen der Einwohner Deutschlands haben zugenommen Der durchschnittliche Preisanstieg wird z.B. durch den Preisindex für die Lebenshaltung abgebildet, die entsprechenden Werte für die Vergleichsjahre Lauten (ebenfalls bezogen auf das frühere Bundesgebiet): 1960: 31,8 1980: 65,6 d.h. Brötchen sind relativ (im Vergleich zum 2000: 104,5 Preisanstieg anderer Güter) teuer geworden Das (durchschnittliche) Niveau der Preise im Jahr 2000 entsprach demnach etwa dem 3,3fachen des Niveaus im Jahr 1960 Gemessen an dieser Entwicklung war der Brötchenpreis im Jahr 2000 real, also verglichen mit dem durchschnittlichen Preisanstieg, höher als im Jahr 1960, oder rechnerisch: P‘B = 31,8 . 18 ct = 5,5 ct 104,5 In der mikroökonomischen Analyse werden wir (bis auf wenige Ausnahmen) von realen Preisen ausgehen, da wir unterstellen, dass die Akteure Veränderungen des allgemeinen Preisniveaus berücksichtigen Preisangaben beziehen sich mithin auf die reale Kaufkraft der einzelnen Geldeinheiten reale Kaufkraft: Kaufkraft der Währung (z.B. €) hat abgenommen, aber Menge des dem Individuum zur Verfügung stehenden Geldes hat zugenommen → Preisänderung in Realität ≠ Preisänderung im Modell 3 2. Grundlagen von Angebot und Nachfrage Wie bereits erwähnt: Angebot und Nachfrage bilden die einander entgegengesetzten Komponenten eines Marktes Unter (später näher erörterten) Voraussetzungen kommt es auf Märkten zu Gleichgewichten, also der Übereinstimmung von Angebot und Nachfrage Ein Marktgleichgewicht wird charakterisiert durch einen (einheitlichen) Marktpreis und die bei diesem Preis umgesetzte Menge unterscheide zwischen: Existenz, Stabilität und Eindeutigkeit eines Gleichgewichts! Die Beschreibung von Märkten umfasst sowohl qualitative als auch quantitative Aspekte 2.1 Angebot und Nachfrage Zunächst wird eine vorwiegend grafische Darstellung verwendet Angebotskurve: Eine Angebotskurve S (supply curve) gibt an, wie sich die zum Verkauf angebotene Menge Q zum Preis P des Gutes ändert, d.h. Qs = Qs(P) Üblicherweise steigend im Preis - Mengen - Verhältnis (z.B. Anbieteranzahl steigt) Angebotskurven sind beinahe ausnahmslos positiv geneigt, d.h. je höher der Preis ist, desto größer ist die angebotene Menge Zwei wesentliche Phänomene sind zu unterscheiden: o Bewegung auf Angebotskurve:. P1 > P2 → Qs (P1) > Qs (P2) o Bewegung der Angebotskurve selbst: P = P → QS1(P)=QS2(P) 4 Bewegungen auf der Angebotskurve beruhen ausschließlich auf Preisänderungen; Bewegungen der Angebotskurve selbst können unterschiedliche Ursachen haben, z.B.: o Veränderte Anzahl der anbietenden Unternehmen o Variationen der Produktionskosten Nachfragekurve: Eine Nachfragekurve D gibt an, wie sich die zum Kauf nachgefragte Menge QD eines Gutes ändert, wenn sich Preis P des Gutes ändert, d.h. QD = QD (P) Nachfragekurven sind in der Mehrzahl der Fälle negativ geneigt, d.h. je niedriger der Preis ist, desto größer ist die nachgefragte Menge In Analogie zum Angebot sind auch bei der Nachfrage zu unterscheiden: o Bewegungen auf Nachfragekurve → P1 < P2 → QD (P1) > QD(P2) o Bewegung der Nachfragekurve selbst → P = P → QD1(P) ≠ QD2 (P) Bewegungen auf der Nachfragekurve beruhen ausschließlich auf Preisänderungen, Bewegungen der Nachfragekurve selbst können u.a. ausgelöst werden durch: o Veränderte Zahl der Nachfrager o Einkommensvariationen o Geänderte Preise anderer Güter Die letztgenannte Ursache kann durch zwei Phänomene begründet werden: o Zwei Güter A („Kaffee“) und B („Tee“) können sich gegenseitig (mehr oder weniger) ersetzen („Substitutionsgüter“) → wenn der Preis von A steigt, nimmt die Nachfrage nach B zu o Zwei Güter C („CD-Player“) und D („CDs“) werden gewöhnlich gemeinsam verwendet („Komplementärgüter“) → wenn der Preis von C steigt, nimmt die Nachfrage nach D ab 5 2.2 Marktmechanismus (Reaktion von Angebots- und Nachfrageänderungen aufeinander → der Marktmechanismus muss auf beiden Seiten funktionieren, sonst sprechen wir von Marktversagen) Die Zusammenführung von Angebots- und Nachfragekurve liefert das Marktergebnis → der Schnittpunkt der beiden Kurven bestimmt den markträumenden Gleichgewichtspreis P0, sowie die damit verbundene umgesetzte Menge Q0 Der Marktmechanismus sorgt bei typisch verlaufenden Angebots- bzw. Nachfragekurven letztendlich für die Markträumung: o Für P1 > P0 gilt: QS (P1) > QD (P1) → (Mengen-) Überschuss → Beseitigung durch Preisnachlässe mit gleichzeitig zunehmender Nachfrage bis das Gleichgewicht erreicht ist o Für P2 < P0 gilt: QS (P2) < QD (P2) → (Mengen-) Knappheit → Beseitigung durch Preisüberbietungen mit gleichzeitig zunehmendem Angebot bis das Gleichgewicht erreicht ist Zusätzliche Bedingungen: o wettbewerbliches Verhalten aller Marktteilnehmer o schnelle Reaktionsfähigkeit aller Marktteilnehmer o keine sonstigen regulativen Beschränkungen 6 2.3 Veränderungen im Marktgleichgewicht Lageänderungen der Angebots- und Nachfragekurven führen zu entsprechenden Anpassungen des Gleichgewichts o Rechtsverschiebung der Angebotskurve z.B. durch zusätzliche Anbieter → bei unveränderter Nachfrage sinkt der Gleichgewichtspreis bei zunehmender Gleichgewichtsmenge o Rechtsverschiebung der Nachfragekurve z.B. durch gestiegenes Einkommen → bei unverändertem Angebot steigt der Gleichgewichtspreis bei zunehmender Gleichgewichtsmenge 7 o Rechtsverschiebung beider Marktkurven gleichzeitig → Änderungen von Gleichgewichtspreis und -menge hängen von Verlauf und relativer Verlagerung der beiden Marktkurven ab 2.4 Elastizitäten Preis und Menge sind nicht unabhängig, sondern haben eine inverse Beziehung → ändert sich der Preis, ändert sich auch die Menge vice versa Um Marktveränderungen auch quantitativ beurteilen zu können, benötigt man ein Maß für die Reaktion der Nachfrage bzw. des Angebots auf Preisänderungen Elastizität misst (als dimensionslose Größe oder auch Verhältniszahl) die Empfindlichkeit einer Variablen in Abhängigkeit einer anderen, z.B. (direkte) Preiselastizität der Nachfrage: → Welche prozentuale Veränderung der Nachfrage wird durch eine einprozentige Änderung des Preises hervorgerufen? Alternativ: (2.1) Wirkungsvariable EP = % ∆ Q = %∆P ∆Q Q ∆P P = P . ∆Q Q ∆P für diskrete Änderungen Verursachungsvariable EP = P . dQ Q dP für marginale Änderungen Beachte: Gewöhnlich ist die Preiselastizität der Nachfrage eine negative Zahl, zur Charakterisierung wird häufig der Betrag der Preiselastizität herangezogen: o IEPI > 1: preiselastische Nachfrage o IEPI < 1: preisunelastische Nachfrage 8 Elastizität ändert sich zumeist in Abhängigkeit des Verlaufs der Nachfragekurve, der Ausgangspunkt der Betrachtung ist von großer Bedeutung → „Punktelastizität“ Am Beispiel einer (einfachen) linearen Nachfragekurve leicht nachvollziehbar: QD = a – b P oder speziell: QD = 8 – 2 P → negatives Vorzeichen weil Funktion streng monoton fällt Menge → abhängige Variable (untypisch) auf Abszisse (x-Achse) Man erkennt unmittelbar: ∆ Q ∆P = - 2 = konstant Preis → unabhängige Variable auf Ordinate (y-Achse) Andererseits ist ebenfalls leicht ersichtlich, dass o Für P = 4 → Q = 0 → EP = - ∞ o Für P = 0 → Q = 8 → EP = 0 - Preissenkung erhöht Gesamtumsatz - Preiserhöhung erhöht Gesamtumsatz p wichtig: - sowohl die steile, als auch die flache Nachfragekurve können sämtliche Elastizitäten (-∞ bis 0) annehmen → sie sind nicht vergleichbar - einzig beweisbarer Elastizitätsunterschied liegt im Schnittpunkt D2 D1 q 9 zwei Sonderfälle können auftreten - horizontale Nachfragekurve → unendlich elastische Nachfrage - vertikale Nachfragekurve → vollkommen unelastische Nachfrage Wie bereits gesehen, können Veränderungen der Nachfrage auch durch andere Variablen als den Preis verursacht werden: o Einkommensänderungen → Einkommenselastizität der Nachfrage o Preisänderungen anderer Güter → Kreuzpreiselastizität der Nachfrage Sei I = Einkommen, dann ist die Einkommenselastizität der Nachfrage definiert als: ∆Q (2.2) EI = Q = I . ∆Q für diskrete Änderungen ∆I Q ∆I I EI = I . d Q Q dI für marginale Änderungen In den meisten Fällen wird die Nachfrage nach einem Gut mit dem Einkommen zunehmen, d.h. EI ist üblicherweise positiv Analog lässt sich die Kreuzpreiselastizität der Nachfrage nach einem Gut A in Abhängigkeit des Preises eines Gutes B definieren als: ∆QA (2.3) EQAPB = QA = PB . ∆ QA für diskrete Änderungen ∆ PB QA ∆ PB PB EQAPB = PB . d QA QA d P B für marginale Änderungen Ist die Kreuzpreiselastizität positiv, dann handelt es sich um Substitutionsgüter, bei negativer Kreuzpreiselastizität spricht man von Komplementärgütern 10 Man beachte, dass alle Elastizitäten stets ermittelt werden unter der Voraussetzung, dass die übrigen denkbaren Einflussvariablen konstant bleiben → „ceteris-paribus-Bedingung“ – unrealistische Annahme zur Vereinfachung Analog zur Nachfrageseite kann auch die (direkte) Preiselastizität des Angebots bestimmt werden → sie ist in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle positiv Anpassungen an veränderte Marktbedingungen, insbesondere Preise, können unterschiedlich schnell erfolgen Bei steigenden Benzinpreisen geht die Nachfrage kurzfristig wenig zurück, da gute Alternativen zur Autobenutzung nicht unmittelbar verfügbar sind Langfristig bestehen indes Substitutionsmöglichkeiten, z.B. durch Fahrgemeinschaften, verbrauchsärmere Autos, bessere Infrastruktur der öffentlichen Verkehrsmittel Schlussfolgerung: langfristige Nachfragekurve verläuft flacher als kurzfristige Bei der Automobilnachfrage ist die Situation eher umgekehrt: kurzfristig nimmt die Nachfrage nach neuen Autos bei Preissteigerungen deutlich ab → längere durchschnittliche Nutzungsdauer Langfristig jedoch werden auch länger genutzte Fahrzeuge ersetzt, d.h. die Nachfrage nimmt tendenziell wieder zu Ergebnis: für langlebige Güter verläuft die kurzfristige Nachfragekurve häufig flacher als die Langfristige z.B. Nachfrage nach Heizöl 11 2.5 Preisregulierung In vielen Industrieländern werden ausgewählte Märkte durch staatliche Regelungen in ihrer Funktionsfähigkeit eingeschränkt Als Motiv werden häufig Argumente zum vermeintlichen Schutz privater Haushalte vorgetragen: o „sozialer“ Wohnungsbau mit Mietpreisbindung o Preisobergrenzen für Grundnahrungsmittel o „Ausbeutungsverbot“ auf dem Arbeitsmarkt als Konsequenz werden auf ausgewählten Märkten Höchst- bzw. Mindestpreise festgelegt: o Höchstpreise liegen stets unterhalb des Gleichgewichtspreises → Überschussnachfrage o Mindestpreise liegen stets oberhalb des Gleichgewichtspreises → Überschussangebot Ohne zusätzliche (staatliche) Maßnahmen können preisregulierte Märkte nicht dauerhaft existieren → durch Höchstpreise verursachte Übernachfrage wird häufig durch Mengenzuteilungen („Rationierung“) „verwaltet“ → Gerechtigkeitsprobleme 12 3. Verbraucherverhalten Die Analyse des Verbraucherverhaltens sucht die Antwort auf die Frage, wie private Konsumenten ihr Einkommen auf die verschiedenen Güter aufteilen Gesucht werden zudem Hinweise, warum die Nachfrage nach bestimmten Gütern auf Änderungen des Einkommens oder der Preise anders reagiert als bei anderen Gütern Die Untersuchung des Verbraucherverhaltens vollzieht sich in drei Schritten: o Ableitung der Konsumentenpräferenzen o Einführung einer Budgetbeschränkung o Darstellung der Verbraucherwahl Die theoretische Analyse wird ergänzt durch empirische Beobachtungen über das tatsächliche Wahlverhalten der Verbraucher: → dasjenige Gut, das bei vergleichbarem Preis, anstelle eines ähnlichen gekauft wird, wird dem anderen offensichtlich vorgezogen 3.1 Konsumentenpräferenzen Zur Ermittlung der Präferenzen einzelner Akteure vergleicht man (fiktive) Warenkörbe, d.h. eine Zusammenstellung bestimmter mengen eines oder mehrerer Güter → alternativ: Güterbündel Frage: Zieht der Konsument einen Warenkorb einem oder allen anderen vor? Beantwortung erfordert einige grundlegende Annahmen über die Präferenzen des (repräsentativen) Verbrauchers: 1. Vollständigkeit → alle Warenkörbe können gegenseitig verglichen und rangmäßig bewertet werden: „besser (>)“, „schlechter (<)“, „indifferent (=)“ → beachte: Vergleich ist preis- bzw. kostenunabhängig (es geht ausschließlich um den Nutzen, denn die Preise der Warenkörbe sind nicht bekannt) 13 2. Transitivität → es gilt: A > B und B > C → A > C → beachte: Transitivität stellt Widerspruchsfreiheit des Konsumentenverhaltens sicher 3. Nichtsättigung → „mehr ist besser als weniger“ → beachte: bei „Ungütern“ gilt dieser Zusammenhang (definitionsgemäß) nicht Unter Berücksichtigung dieser 3 Annahmen können die Präferenzen eines Konsumenten durch Indifferenzkurven dargestellt werden Eine Indifferenzkurve stellt sämtliche Kombinationen von Warenkörben dar, die dem Akteur das gleiche Befriedigungsniveau ermöglichen Ausgangspunkt der Erörterung ist die Tabelle 3.1, annahmegemäß stünden außer Bekleidung und Lebensmitteln keine weiteren Güter zur Verfügung Bessermenge von A Schlechtermenge von A Durch die grafische Anordnung der verschiedenen Warenkörbe lassen sich einige eindeutige Aussagen treffen: o E>A>G o B>H>G o Vergleiche zwischen A und jedem der Warenkörbe B, H und D sind ohne weitere Informationen nicht möglich 14 Eine Indifferenzkurve durch B, A und D ist mit den Annahmen vereinbar Grundsätzliche Erkenntnis: Indifferenzkurven verlaufen (streng monoton) fallend im Güterquadranten Für jedes Befriedigungsniveau lässt sich eine eigene Indifferenzkurve ableiten → Indifferenzkurvenschar Je weiter die Indifferenzkurve vom Ursprung des Güterquadranten entfernt liegt, desto höher ist das Befriedigungsniveau Alle Indifferenzkurven unterschiedlicher Befriedigungsniveaus verlaufen zudem parallel, d.h. Indifferenzkurven können sich nicht schneiden 15 Der spezielle Verlauf einzelner Indifferenzkurven lässt sich durch eine Meßgröße quantifizieren: → die abnehmene Grenzrate der Substitution (MRS – marginal rate of substitution) wichtig: Ableitung und Darstellung der MRS hängen entscheidend von der Verteilung der Güter auf xund y-Achse ab. → weil: „Die MRS ist das Laufen auf der Indifferenzkurve von linksoben nach rechtsunten.“ A– G– Konsument hat es warm, aber ist hungrig Konsument ist satt, aber friert → kombinierte Güterbündel sind dem Konsumenten lieber, als extreme Einzelausstattungen Als Grenzrate der Substitution wird die Menge eines Gutes bezeichnet, die ein Akteur aufzugeben bereit ist, um eine zusätzliche Einheit eines anderen Gutes zu erhalten 16 in der zweidimensionalen Betrachtung ist die Betrachtungsperspektive von Bedeutung → Festlegung: „aufgegeben“ wird das Gut auf der vertikalen Achse, „hinzuerhalten“ wird das Gut auf der horizontalen Achse Konsequenz: die Grenzrate der Substitution hat stets ein negatives Vorzeichen, d.h. für zwei Güter X und Y gilt: MRS = ∆QY < 0 ∆QX im Beispiel: MRS = ∆C < 0 ∆F man erkennt wiederum leicht, dass für sehr kleine Änderungen von QX die Grenzrate der Substitution gegen die Steigung der Indifferenzkurve konvergiert bzw. MRS = ∂QY < 0 ∂QX bzw. MRS = ∂C < 0 ∂F für marginale Änderungen man spricht darüber hinaus von einer abnehmenden MRS, weil die (absoluten) aufzugebenden Mengen des Gutes Y geringer werden, um eine weitere Einheit des Gutes X zu erhalten mathematisch-formal entspricht dies allerdings einer zunehmenden Steigung der Indifferenzkurve → die Indifferenzkurve fällt mit steigendem QX weniger stark [ Hinweis: die 2. Ableitung der Indifferenzkurve ist positiv ] die Liste unserer Grundannahmen über das Konsumentenverhalten wird daher um ein weiteres ergänzt: 4. abnehmende MRS → Indifferenzkurven verlaufen konvex → beachte: bei „Suchtgütern“ kann die MRS auch nicht-abnehmend sein Zwischenfazit: Verbraucher ziehen einen gemischten Warenkorb dem ausschließlichen Konsum eines einzelnen Gutes (annahmegemäß) vor 17 bei der Betrachtung der Kreuzpreiselastizität wurde zwischen Substitutionsund Komplementärgütern unterschieden → hieraus entstehen Konsequenzen für den Verlauf der Indifferenzkurven bei vollkommenen Substitutionsgütern ist die MRS konstant, die Indifferenzkurven verlaufen linear → beachte: allein in diesem Fall können die Indifferenzkurven einen (endlichen) Abszissen- und Ordinatenschnittpunkt aufweisen bei vollkommenen Komplementärgütern ist die MRS unendlich, die Indifferenzkurven verlaufen rechtwinklig und sind nicht-stetig auch „Ungüter“ können in die Analyse einbezogen werden, obwohl bei ihnen offenbar die Nichtsättigungsannahme verletzt ist Lösung über geeignete Neudefinition: verschmutzte Luft ist ein Ungut, aber saubere Luft das passende ökonomische Gegenstück „Grad der Reduzierung der Luftverunreinigung“ als Mengenkomponente bisher haben wir die Indifferenzkurven nach ihren Befriedigungsniveaus geordnet, ohne eine numerische Charakterisierung vorzunehmen für die weitere Analyse kann eine Zuordnung von Zahlenwerten für einzelne Warenkörbe bzw. Indifferenzkurven sinnvoll sein Nutzen als Nutzen wird der numerische Wert, für die einem Konsumenten aus einem Warenkorb erwachsene Befriedigung bezeichnet die konkrete Abbildung aller Warenkörbe auf Befriedigungsniveaus findet über die Nutzenfunktion statt Indifferenzkurven können dann auch als Isonutzenkurven angesehen werden 18 zur Illustration seien F und C die Konsummengen für Lebensmittel bzw. Bekleidung, dann könnte die spezielle Nutzenfunktion u(F,C) z.B. definiert werden als u(F, C) = F * C (nur ein Beispiel) für jedes Nutzenniveau û kann jeweilige Indifferenzkurve leicht ermittelt werden als C = û (F,C) F → von U1 auf U3 „vervierfacht“ sich der Nutzen scheinbar, was jedoch nichts über das subjektiv gesteigerte Nutzenempfinden des Konsumenten aussagt, sondern nur über dessen Vorzug von U3 wenngleich wir die Warenkörbe nach ihren Befriedigungsniveaus bzw. nach ihrem Nutzen ordnen können, fehlt eine Möglichkeit darzustellen, um wie viel ein Güterbündel gegenüber einem anderen vorgezogen wird die in der Ökonomie verwendeten Nutzenfunktionen lassen lediglich einen ordinalen Vergleich zu: besser, schlechter oder indifferent kardinale Nutzenmessung methodisch beinahe ausgeschlossen für zwei Güterbündel A und B sowie den korrespondierenden Nutzen u(A)=50 bzw. u(B)=100 folgt nicht, dass B doppelt so gut ist wie A (wir können nur die Aussage treffen, dass B größeren Nutzen als A hat) 3.2 Budgetbeschränkungen bisher haben wir allein die Bewertung der Güterbündel betrachtet, zum Kauf werden Ressourcen benötigt, die in der Praxis begrenzt sind im Beispiel können für den Erwerb von Lebensmitteln (F→Food) oder Kleidung (C→Clothes) insgesamt das Einkommen I aufgewendet werden, eine Einheit Lebensmittel bzw. Kleidung kostet PF bzw. Pc . 19 (Die für die Güter aufgewendete Gesamtsumme entspricht dem Einkommen. Es wird also davon ausgegangen, dass das gesamte Geld ausgegeben wird, weil das einen höheren Nutzen erzielt, als noch Geld zu sparen. Erinnerung: Mehr ist immer besser !) alle Kombinationen von Gütern, bei denen die aufgewendete Gesamtsumme genau dem Einkommen entspricht, werden auf der Budgetgeraden abgebildet: (zur Abbildung in der Budgetgeraden gehen wir von einer Teilbarkeit der Güter aus) (3.1) PF * F + Pc * C = I analog zur Nutzenfunktion lässt sich auch die Budgetgerade zur Darstellung im Güterquadranten problemlos umformen in: (3.2) C = I - PF *F Pc Pc ergänzend können auch der horizontale und vertikale Achsenabschnitte ermittelt werden, bei denen entweder nur Lebensmittel noch nur Bekleidungsgüter gekauft werden: Fmax = I PF mit ∆C = ∂C = - PF ∆F ∂F Pc , Cmax = I PC ein einfaches Beispiel soll die Zusammenhänge verdeutlichen 20 wir können jetzt analysieren, wie sich Einkommens- und Preisänderungen auf die Budgetgeraden auswirken Aus den Gleichungen für die Achsenabschnitte lassen sich die Konsequenzen von Einkommensvariationen unmittelbar erkennen: sinkende (steigende) Einkommen haben geringere (höhere) maximale Konsummengen der beiden Güter zur Folge Parallelverschiebung der Budgetgeraden Auch die Folgen von Preisänderungen können leicht abgeleitet werden, z.B. bei (isolierten) Variationen des Preises für Lebensmittel PF wenn PF steigt (sinkt) verläuft die Budgetgerade steiler (flacher): ∂C = PF ∂F Pc die maximale Konsummenge für Kleidung bleibt unverändert Drehung der Budgetgerade 21 weniger eindeutig ist das Ergebnis bei gleichzeitiger Variation beider Güterpreise relative Preisänderungen von Bedeutung, Lage der Budgetgeraden kann sich vollständig ändern In diesem Zusammenhang kann auch das Phänomen Kaufkraft beleuchtet werden Kaufkraft hängt nicht allein vom Einkommen ab, sondern auch von den (absoluten) Preisen Einkommenszuwächse können durch gleichzeitige Preissteigerungen (Inflation) kompensiert werden 3.3 Verbraucherentscheidungen Indifferenzkurven und Budgetbeschränkungen können nunmehr zusammengeführt werden um die optimale Konsumentscheidung zu begründen Verhaltensannahme: Maximierung des individuellen Nutzens aus konsumierbaren Güterbündeln zwei Bedingungen muss der optimale Warenkorb erfüllen 1. er muss das Budget vollständig ausnutzen, d.h. auf Budgetgeraden liegen Güterbündel unterhalb der Budgetgeraden sind nicht nutzenmaximierend (könnten durch den Kauf zusätzlicher Gütermengen verbessert werden und damit den Nutzen erhöhen) Güterbündel oberhalb sind nicht erreichbar bzw. nicht finanzierbar (zu teuer) 2. Warenkorb muss die am stärksten präferierte Kombination von Gütern bieten Suche nach der Indifferenzkurve mit dem höchstmöglichen Nutzenniveau Lösung: Tangentialpunkt zwischen Budgetgeraden und der höchsten Indifferenzkurve Steigung der Budgetgeraden entspricht im Tangentialpunkt der Steigung der Indifferenzkurve 22 A wird gegenüber B vorgezogen, D ist nicht erreichbar A muss Optimum sein, weil: Indifferenzkurven schneiden sich nicht und Budgetgerade verläuft streng monoton abhängige Variable anders ausgedrückt: (3.3) MRS = ∆C = - PF ∆F Pc im Konsumentenoptimum entspricht also die Grenzrate der Substitution (von C durch F) dem Preisverhältnis (von F zu C) dies ist gleichbedeutend mit der Aussage, dass im Optimum der „Geldwert“ einer zusätzlichen (bzw. marginalen) Einheit F genau dem einer dafür aufgegebenen (bzw. marginalen) Einheit C entsprechen muss: PF * ∆F = - Pc * ∆C der marginale Vorteil (des Konsums einer weiteren Einheit F) und die Grenzkosten (des Verzichts auf zusätzliche Einheit C ) sind gleich groß beachte: häufig wird auf das Minuszeichen vor dem letzten Quotienten in (3.3) verzichtet, da per Definition die MRS < 0 ist bei ganz speziellen Nutzenfunktionen sind Indifferenzkurven denkbar, die endliche Achsenabschnitte aufweisen können man kann zeigen, dass die Gleichung (3.3) dann nicht zwingend erfüllt ist bei Randlösungen stimmen die Grenzrate der Substitution und das (umgekehrte) Preisverhältnis nur in Ausnahmefällen überein 23 3.4 offenbarte Präferenzen das bisher entwickelte Konzept der Verbraucherentscheidung lässt sich auch verwenden, um von tatsächlich beobachteten Entscheidungen einzelner Konsumenten auf deren Präferenzen zu schließen wenn ein Verbraucher einen Warenkorb einen anderen vorzieht und der gewählte Warenkorb nicht billiger ist als die Alternative, muss der Verbraucher den gewählten Warenkorb präferieren je mehr Informationen über die Entscheidungen bei variierenden Preisen und Einkommen vorliegen, desto genauer können die individuellen Indifferenzkurven beschrieben werden bei untersch. Budgetgeraden werden untersch. Konsumbündel präferiert! über den Ansatz der offenbarten Präferenzen kann empirisch überprüft werden, ob die einzelnen Entscheidungen von Konsumenten mit den Annahmen der Mikrotheorie vereinbar sind darüber hinaus können bei Gültigkeit der grundlegenden theoretischen Annahmen verwertbare Prognosen über das Verbraucherverhalten 24 abgeleitet werden 3.5 Grenznutzen und Verbraucherentscheidung wir haben festgestellt, dass die "optimale" Verbraucherentscheidung auch dargestellt werden kann als Problem der Maximierung des individuellen Nutzens bei gegebener Budgetbeschränkung man kann auch zeigen, dass letztendlich der Grenznutzen der betrachteten Güter von entscheidender Bedeutung sind als Grenznutzen MUx bezeichnet man den aus dem Konsum einer weiteren Einheit eines Gutes X entstehenden zusätzlichen Nutzen nicht zuletzt der (konvexe) Verlauf der Indifferenzkurven beschreibt, dass der Grenznutzen mit steigendem Konsum eines Gutes abnimmt aus dem Konzept der Indifferenzkurven folgt zudem, dass der Nutzenzuwachs durch den zusätzlichen Konsum eines Gutes F bei konstanten Nutzenniveau gleichzeitig eine Nutzeneinbuße aus den verringerten Konsum des Gutes C entgegen steht: MUF * ∆F + MUc * ∆C = 0 C C1 (3.5) MRS = - ∆C = ∆F U(C1,F2)=U1 (kein Nutzenzuwachs) C2 einfache Umstellung führt zu: MUF MUC U(C2,F1)=U1 darüber hinaus wurde bereits abgeleitet (3.6) MRS = - P F PC F2 F1 F durch Gleichsetzen erhält man unmittelbar: wichtig: (3.7) „Ausgleich der gewogenen Grenznutzen“ z.B. Preis und Nutzen Klausur zu bestehen z.B. Preis und Nutzen in der Sonne zu liegen Gleichung (3.7) repräsentiert ein (ganz) zentrales Ergebnis der Theorie des Verbraucherverhaltens: ein Konsument maximiert dann seinen Nutzen bei gegebenen Budget, wenn der preisgewichtete Grenznutzen aller Güter gleich groß ist man spricht auch vom "Gesetz des Ausgleichs der gewogenen Grenznutzen" bzw. vom "Marginalprinzip" 25 4. Nachfrageanalyse bisher haben wir die Entscheidung des Verbrauchers zwischen unterschiedlichen Güterbündeln betrachtet im Vordergrund der folgenden Betrachtung steht die Ableitung der individuellen Nachfragekurven nach einzelnen Gütern 4.1 Individuelle Nachfrage Ausgangspunkt ist die Kenntnis einer Indifferenzkurvenschar eines Konsumenten sowie eine gegebene Budgetrestriktion Durch (unterstellte) Preisänderungen eines Gutes ändert sich die Lage der Budgetgeraden → nutzenmaximierende Warenkörbe enthalten unterschiedliche Mengen eines bestimmten Gutes die Kombination aller optimaler Güterbündel in Abhängigkeit der Variation des Preises eines einzelnen Gutes nennt man die Preis-Konsumkurve daraus lässt sich ableiten Kombination optimaler Konsumbündel 26 setzt man die jeweiligen Preise mit den korrespondierenden Gütermengen in Beziehung, so erhält man die individuelle Nachfragekurve mit folgenden Eigenschaften: 1. mit der Bewegung auf der Nachfragekurve verändert sich das Nutzenniveau → mit sinkendem Preis steigt das Nutzenniveau (und umgekehrt) 2. in jedem Punkt der Nachfragekurve maximiert der Konsument seinen Nutzen → MRS entspricht stets dem (inversen) Preisverhältnis der Güter analog lassen sich die Auswirkungen von Einkommensänderungen auf die Nachfrage nach einem einzelnen Gut analysieren durch Einkommensvariationen verschieben sich die Budgetgeraden (bei gegeben Preisen) parallel → optimale Güterbündel bei veränderten Nutzenniveau → alle einkommensabhängigen Konsumoptima liegen auf der Einkommens Konsumkurve in der Regel verschiebt sich die individuelle Nachfragekurve mit steigendem Einkommen nach rechts (und umgekehrt) → man spricht dann von normalen (auch: superioren) Gütern es fanden keine Preisänderungen (sondern nur Einkommensänderungen) statt Kombinationen liegen nicht auf einer Nachfragekurve! (deren Definition Preisänderung bei Mengenänderung ist) 27 In Ausnahmefällen geht die Nachfrage nach einem Gut mit steigendem Einkommen zurück → Es handelt sich dann um inferiore (minderwertige) Güter, z.B. Reis superiores Gut inferiores Gut Das Konzept der Engelkurven setzt die konsumierte Menge eines Gutes mit den zur Verfügung stehenden Einkommen in Beziehung → normale Güter führen zu Engelkurven mit positiver Steigung → inferiore Güter führen zu Engelkurven mit negativer Steigung 28 4.2 Einkommens- und Substitutionseffekte ein Rückgang des Preises eines Gutes hat zwei Effekte: 1. Substitutionseffekt → das billiger gewordene Gut wird in größerer, das relativ teurer gewordene Gut wird in geringere Menge konsumiert das was ich am Anfang der Monats ausgeben (z.B. für Benzin) und am Ende des Monats fehlt (z.B. für Nahrungsmittel) 2. Einkommenseffekt →durch den Preisrückgang nimmt die reale Kaufkraft des Konsumenten zu beide Effekte treten normalerweise simultan auf, sollen aber im folgenden zur Verdeutlichung getrennt analysiert werden o - Budgetgerade R,S als Ausgangssituation optimales Konsumbündel ist A o neue Budgetgerade R,T (gedreht um R) wegen sinkendem Preis für Lebensmittel o parallel dazu kann eine Budgetgerade eingezeichnet werden , die U1 ebenfalls schneidet optimales Konsumbündel ist nun D denn ich konsumiere nur solange mehr vom billiger gewordenen Gut, bis ich den vorherigen Nutzen erreicht habe Bei allen Gütern ist der Substitutionseffekt stets positiv, d.h. bei einer Preissenkung eines Gutes erhöht sich die Nachfrage nach diesem Gut (und umgekehrt) → konvexe Indifferenzkurven lassen keine andere Möglichkeit zu (als einen pos. Substitutionseffekt aus Sicht des billiger gewordenen Gutes) z.B. 3= MUC = pC MUF1 = MUF2 p F1 p F2 PC - konstant pF1 < pF2 MUF1 > MUF2 Hinsichtlich des Einkommenseffekts muss nach normalen und inferioren Gütern unterschieden werden → bei normalen (superioren) Gütern ist der Einkommenseffekt positiv → bei inferioren Gütern ist der Einkommenseffekt negativ denn PC* C + PF * F = I (Einkommen) Cmax = I . PC 0 29 Der Gesamteffekt hängt mithin von der Größe und dem Vorzeichen des Einkommenseffektes ab in der Regel positiv Für den (theoretischen) Fall, dass der negative Einkommenseffekt den positiven Substitutionseffekt übersteigt, spricht man von einem Giffen – Gut (unrealistisch) 30 4.3 Marktnachfrage Aus den individuellen Nachfragekurven lassen sich nunmehr die Marktnachfragekurven entwickeln → Prinzip der horizontalen Addition (auch: Aggregation) Aufgrund der Ermittlung der Gesamtnachfragekurve aus den einzelnen individuellen Marktnachfragen gilt: o Die Marktnachfragekurve verschiebt sich nach rechts, wenn zusätzliche Konsumenten in den Markt eintreten o Faktoren, die sich auf die Nachfrage vieler Konsumenten auswirken, beeinflussen auch die Marktnachfrage Selbstverständlich lässt sich auch von der Marktnachfragekurve die Preiselastizität errechnen: (4.1) EP = P . ∆Q Q ∆P1 Die Charakterisierung von elastischer bzw. unelastischer Nachfrage gilt vollkommen analog 31 Als Spezialfall können isoelastische Nachfragekurven angesehen werden pB (C - konstant) qB * pB = C pB = C qB qB rechtwinklige Hyperbel, in allen Punkten: Ep = -1 → in allen Punkten der Nachfragekurve ist die Preiselastizität gleich hoch → die Nachfragekurve verläuft nicht-linear fallend → bei der einselastischen Nachfrage, d.h. EP = - 1 , bleiben die Gesamtausgaben für ein Gut konstant (z.B. wenn jemand immer für 20 € tank muss er sich bei steigenden Benzinpreisen in der Benutzung einschränken) Die Kenntnis der Preiselastizität der Nachfrage ist nützlich, um von Preisänderungen auf die erwartete Reaktion der Gesamtausgaben zu schließen |E| < 1 |E| = 1 |E| > 1 Freilich sollte stets beachtet werden, dass die Elastizität bei einer linearen Nachfragekurve in jedem Punkt unterschiedlich ist → Punktelastizität der Nachfrage (4.2) EP = P d Q Q dP Erlös = Preis * Menge R =p *q mit d Q = Kehrwert der Steigung dP Streng genommen dürfte die Elastizität daher nur bei einer sehr kleinen Preisänderung ermittelt werden → in der Praxis werden regelmäßig deutliche Preisvariationen unterstellt, um Nachfragereaktionen abzuschätzen → Anwendung des Konzepts der Bogenelastizität der Nachfrage Seien: ∆P = P1 – P0 , ∆Q = Q1 – Q0 , P = 0,5 (P0 + P1), Q = 0,5 (Q0 + Q1) (4.3) EP = ∆Q . P ∆P Q dann gilt: „Bogenelastizität der Nachfrage“ → bei größeren Sprüngen der Menge bzw. des Preises Intervallmitten nehmen Der so ermittelte Wert stellt aber nur eine Näherung der tatsächlichen Reaktion dar, im weiteren wird daher grundsätzlich mit der Punktelastizität der Nachfrage argumentiert 32 4.4 Konsumentenrente ( materieller Vorteil, der keiner Leistung gegenübersteht) Das Gleichgewicht auf einem Gütermarkt liefert unterschiedliche Informationen: o Gleichgewichtspreis und Gleichgewichtsmenge o Zahlungsbereitschaft der Konsumenten o den tatsächlichen Umsatz Die Differenz zwischen (hypothetischer) Zahlungsbereitschaft und tatsächlichen Ausgaben wird als Konsumentenrente bezeichnet Dieser Zusammenhang gilt sowohl für eine individuelle als auch für eine aggregierte Nachfragekurve 14 € am Markt der, der 20 € zu zahlen bereit ist, hat 6 € gespart Summe der Ersparnisse = Konsumentenrente Tatsächliche Einnahmen: 6500 * 14 ⁼ 91000 KR: (20-14)*6,5 2 = 19500 Die Konsumentenrente kann u.a. als Maß für die relative Vorteilhaftigkeit 33 unterschiedlicher Marktgleichgewichte aus der Sicht der Nachfrager verwendet werden Ergänzt um die Unternehmensgewinne wird die Konsumentenrente auch für gesamtwirtschaftliche Wohlfahrtsvergleiche herangezogen Die Konsumentenrente kann selbstverständlich auch bei nicht-linearen Nachfragekurven ermittelt werden Mathematischer Anhang zu Kapitel 4 Um die spätere Vorgehensweise zu vereinfachen, werden nunmehr die technischen Grundlagen der Nachfragetheorie schaffen → Ausgangspunkt ist das Konzept der Optimierung unter Nebenbedingungen Sei z.B.: U (X,Y) = ln X + ln Y (im Lehrbuch „log“) die Nutzenfunktion eines Konsumenten in Bezug auf die Güter X und Y (explizite Annahme, dass eine Nutzenfunktion vorhanden ist - muss aber nicht immer sein) Der Grenznutzen aus dem tatsächlichen Konsum des Gutes X ist dann die partielle Ableitung der Nutzenfunktion nach X: MUX = ∂ U (X,Y) = ∂ (ln X+ ln Y) = 1 ∂X ∂X X Man erkennt unmittelbar, dass die üblichen Annahmen der Nutzentheorie für das Beispiel gelten: o Die Nutzenfunktion ist monoton steigend in X bzw. Y (stetig differenzierbar d.h. 1. Ableitung positiv, 2. Ableitung negativ) o Der Grenznutzen von X bzw. Y ist positiv o Der Grenznutzen von X bzw. Y fällt Allgemein kann das Optimierungsproblem eines Konsumenten für 2 Güter X und Y formuliert werden als: (A4.1) U (X,Y) → max. ! unter der Nebenbedingung der vollständigen Verwendung eines gegebenen Einkommens (Budgets) (A4.2) PX X + PY Y = I (Budgetrestriktion) Wir untersuchen der Einfachheit halber beliebig teilbare Güter sowie eine 2fach stetig differenzierbare Nutzenfunktion Die allgemeine Lösung des Optimierungsproblems erfolgt über die 34 Verwendung einer Lagrangefunktion: (A4.3) Φ = U (X,Y) = λ (PX X + PY Y – I) → max. ! Die notwendigen Bedingungen für ein Maximum von Φ erhält man durch partielle Differenzierung der Lagrangefunktion: ∂ Φ = MUX (X,Y) - λ PX = 0 ↔ MUX (X,Y) = λ PX ∂X (A4.4) ∂ Φ = MUY (X,Y) - λ PY = 0 ↔ MUY (X,Y) = λ PY ∂Y ∂ Φ = PX X +PY Y- I = 0 ↔ PX X+ PY Y = I ∂λ Durch Gleichsetzen erhält man das Marginalprinzip: (A4.5) λ = MUX (X,Y) = MUY (X,Y) PX PY Bzw. (A4.6) MUX (X,Y) = PX MUY (X,Y) PY Unter Verwendung von (A4.6) kann die Verbindung zwischen Nutzenfunktion und Indifferenzkurve aufgezeigt werden, sei U (X,Y) = U’ dann gilt für Warenkörbe auf einer Indifferenzkurve (A4.7) MUX (X,Y) dX + MUY (X,Y) dY = dU’ = 0 durch umstellen erhält man: (A4.8) _ dY = MUX (X,Y) = MRSXY dX MUY (X,Y) (MRSxy heißt mehr von x, dafür weniger y) Aus (A 4.6) und (A 4.8) folgt unmittelbar, dass der Verbraucher sein Konsumbündel dann optimal gewählt hat, wenn die Grenzrate der Substitution dem inversen Preisverhältnis der Güter entspricht die Steigung der Indifferenzkurve und die Steigung der Budgetgeraden sind gleich groß Tangentiallösung / Tangentenlösung Der Lagrangemultiplikator λ gibt an, welche Nutzenveränderung durch die Variation des Einkommens ausgelöst wird, er bezeichnet folglich den Grenznutzen des Einkommens λ – gibt die Veränderung des optimalen Konsumplanes, wenn sich das Einkommen ändert an 35 (A 4.9) dU (x , y ) dx dy = MUx(x, y) + MUy(x, y) dI dI dI Zusätzlich gilt, dass die Einkommensänderung vollständig durch Güterkäufe absorbiert wird (A 4.10) Einsetzen von (A 4.5) in (A 4.9) liefert (A 4.11) dU (x , y ) dx dy = λ Px * + λ Py dI dI dI = λ * Px * dx + Py * dy dl Substitution von (A 4.10) in (A 4.11) führt schließlich zu dU (X,Y) = λ * Px * dx + Py * dy = λ Px * dx + Py * dy allgemeiner kosntanter Grenznutzen des Einkommes An einem einfachen Beispiel soll die Anwendung der Lagrangefunktion noch einmal demonstriert werden, wir verwenden dafür eine Cobb-DouglasNutzenfunkion (A 4.12) dI = Px * dx + Py * dy a= 0,5 U(x, y) = U(x, y) = xa * y1-a x *y Bzw. U(x, y) = a* ln x + (1-a)*ln y Unter Verwendung der Budgetrestriktion lautet die Lagrangefunktion Ф = a*ln x + (1-a)* ln y – λ(Px *x + Py * y - I) wir differenzieren nach x,y und λ , setzen die Ableitungen gleich Null und erhalten ∂Ф/∂x = a/x - Px = 0 ∂Ф/∂y = (1-a)/y – Py = 0 ∂Ф/∂ λ = Px*x + Py*y - I = 0 die ersten beiden Gleichungen führen zu (A 4.13) (A 4.14) Px*x = a/ λ Py*y = (1- a)/ λ in Kombination der letzten partiellen Ableitung der Lagrangefunktion ergibt sich a/ λ + (1-a) / λ – I = 0 ↔ λ = 1/ I als Funktion der Einkommens (siehe weiter oben 36 nunmehr lassen sich die Nachfragekurven für x und y durch einsetzen in (A 4.13) bzw. (A 4.14) ermitteln als x = (a*I) / Px y = (1-a)*I / Py folglich normale Güter seien: a=0,5; Px = 1$ , Py = 2$ und I = 100$, dann maximiert der Konsument seinen Nutzen für x = 50 und y = 25, der Wert für λ beträgt 1 / 100 Beachte: x und y sind unverbundene Güter, die Kreuzpreiselastizität beträgt jeweils Null neben dem bisher betrachteten Verfahren, bei gegebenen Budget den Nutzen aus dem Konsum eines Warenkorbes zu maximieren, kann das Verbraucheroptimum auch auf andere Weise ermittelt werden die Dualität der Konsumtheorie kann über die Minimierung der Ausgaben für einen Warenkorb mit gegebenen Nutzenniveau gezeigt werden, d.h. Px * x + Py * y min (Minimalprinzip) Unter der Nebenbedingung U(x, y) = U’ die Korrespondierende Lagrangefunktion (A 4.15) Ф= Px * x + Py * y – μ * [ U(x, y) – U’ ] notwendige Bedingung für ein lokales Extremum der Lagrangefunktion ergeben sich als Px – μ * MUx (x, y) = 0 Py – μ * MUy (x, y) = 0 U(x, y) – U’ = 0 IN VORLESUNG NICHT BEHANDELT: Auflösung und Gleichsetzung der beiden ersten Bedingungen erbringen Px Py Μ= = = 1/λ MUx ( x , y ) MUy (x , y ) Ferner gilt MUx ( x , y ) Px = MRS = MUy ( x , y ) Py Demnach muss der Kostenminimierende Warenkorb wiederum auf Tangentialpunkt von Indifferenzkurve U’ und Budgetgerade liegen 37 Nutzenmaximierendes und Ausgabenminimierendes Problem führen zu identischen Lösungen Sei U(x, y) = xa * y(1-a) Die Cobb – Douglas - Nutzenfunktion eines Konsumenten der das Nutzenniveau U’ realisieren möchte Als Optimierungskalkül ergibt sich (A 4.16) Ф = Px + x + Py * y – μ*(xa * y(1-a) – U’) min. Notwendige Bedingung ∂Ф / ∂x = Px – μ * a * x(a-1) * y(1-a) = 0 ↔ Px – μ * a * [ (xa * y1-a) / x ] = 0 ∂Ф / ∂y = Py – μ * (1 - a) * xa * y -a = 0 ↔ Py – μ * (1 – a) * [ (xa * y1-a) / y ] = 0 ∂Ф / ∂μ = xa * y 1-a – U’ = 0 Auflösen der ersten beiden Bedingungen nach den Güterpreisen und Einsetzen der dritten Bedingung führen zu Px = μ * a * U' x Py = μ * (1-a) * U' y Umformung und Addition Px * x + Py * y = μ * a * U’ + μ * (1-a) * U’ = μ * U’ Definieren wir I als das Ausgabenminimierende Budget dann ist μ = Entsprechende Substitution ergeben schließlich die jeweiligen Nachfragekurven die beiden Güter x bzw. y a*I X= Y = (1-a)*I / Py Px Die Nachfragekurven sind offensichtlich identisch mit denen des Nutzenmaximierungsproblems Die ermittelten Nachfragekurven reagieren sowohl auf Preis- als auch auf Einkommensänderungen Preisänderungen ihrerseits bestehen aus zwei Komponenten I U' eine Bewegung entlang der Indifferenzkurve (Substitutionseffekt) dem Wechsel zu einer anderen Indifferenzkurve (Einkommenseffekt) wir definieren Indifferenzkurve wird nicht verlassen !!! ∂x / ∂Px/u wobei als NB. gilt u = u’ Als die Mengenreaktion für das Gut x auf eine marginale Preisänderung Px bei einem gegebenen Nutzenniveau U = U’ 38 dies ist gleichbedeutend mit der partiellen Ableitung der Nachfragefunktion nach Px Die Gesamtreaktion der Nachfrage ergibt sich (A 4.17) dx = ∂x / ∂Px/u + ∂x / ∂I * ∂I / ∂Px dPx Der erste Summand auf der rechten Seite von (A 4.17) bezeichnet den Substitutionseffekt (das Nutzenniveau ist vorgegeben), der zweite Summand steht für den Einkommenseffekt Aus der Budgetrestriktion I = P x * x + Py * y Folgt unmittelbar (A 4.18) ∂I / ∂Px = x Wie viel zusätzliches Einkommen muss für zusätzliche Einheit x aufgewendet werden Man beachte allerdings, dass (A 4.18) die bisher unterstellte Kausalität umkehrt bei einem Anstieg des Preises Px um 1$ stiege das Einkommen des Verbrauchers durch (fiktiven) Verkauf des Gutes x um x$ In der Konsumtheorie ist aber vielmehr das zur Beschaffung der zusätzlichen Einheit erforderliche Einkommen infolge einer Preisänderung von Bedeutung (A 4.18) findet daher mit negativen Vorzeichen Berücksichtigung (Konvention!) Man erhält nunmehr die Slutsky-Gleichung als (A 4.19) dx / dPx = ∂x / ∂Px/(u=u’) – x * ∂x / ∂I Erneut sind die Komponenten der rechten Seite von (A 4.19) zu interpretieren als o Substitutionseffekt preisinduzierte Änderung der Nachfrage bei (unterstellten) Konstanten Nutzen (identische Indifferenzkurve) o Einkommenseffekt Änderung der Kaufkraft hervorgerufen durch die Preisänderung multipliziert mit der durch die Änderung der Kaufkraft hervorgerufenen Nachfrageänderung 39 5. Produktion nach der Analyse des Konsumentenverhaltens steht nun die Untersuchung der Anbieterseite an Theorie der Unternehmung die Ähnlichkeiten zwischen Verbraucher- und Unternehmenstheorie sind sehr groß, viele Fragestellungen können in Analogie zur Konsumentenanalyse bearbeitet werden 5.1 Produktionstechnologie im Produktionsprozess verwandeln Unternehmen Inputs (oder: Produktionsfaktoren) in Outputs (d.h. Güter und Dienstleistungen) Inputs können in die groben Kategorien Arbeit, Kapital (inkl. Rohstoffe) und Boden unterteilt werden Innerhalb der Kategorien bestehen erhebliche (insbesondere qualitative) Unterschiede zwischen den letztendlich eingesetzten Produktionsfaktoren Eine Produktionsfunktion beschreibt die konkrete Beziehung zwischen den Inputs in einem Produktionsprozess und den daraus resultierenden Outputs, allgemein: (6.1) Q = F(K,L) Beispiele: - Pult ist während der Vorlesung als Stromgröße zu sehen (denn: Kapitaleinsatz = 90min Pultnutzung). In der übrigen Zeit ist es eine Bestandsgröße. - auch eine Arbeitskraft existiert als Bestand in ihrer Freizeit, ist jedoch nur als Stromgröße während ihrer Arbeitszeit interessant zur Vereinfachung wird in (6.1) untersteht, dass die Produktion durch alleinigen Einsatz von Kapital K und Arbeit L möglich ist, Q bezeichnet den mengenmäßigen Output Boden wird hier außer Acht gelassen man beachte, dass in (6.1) Stromgrößen verwendet werden und implizit unterstellt wird, dass Output grundsätzlich mit unterschiedlichen Kombinationen von Kapital und Arbeit produziert werden kann Charakterisierung einer bestimmten (gegebenen) Technologie die Produktionsfunktion beschreibt, was technisch machbar („effizient“) ist, wenn die Faktoren bestmöglich eingesetzt und kombiniert werden 5.2 Isoquanten Annahme: o Eine Produktionstechnologie benötigt zwei Inputs, ist beliebig variierbar sind, zur Produktion eines bestimmten Outputs o Verschiedene Inputkombinationen führen zu unterschiedlichen Outputmengen 40 Arbeitseinsatz Kapitaleinsatz Technik kann den Menschen ersetzten und umgekehrt die grafische Umsetzung der Angaben aus Tab. 6.1 führt zu (Produktions-) Isoquanten, d.h. Kurven, die alle möglichen Inputkombinationen angeben, mit denen das gleiche Output erzielt wird. „ISOQUANTEN“ iso: (griech.) gleich quanten: Mengen Aus einer gegebenen Produktionsfunktion können durch die entsprechende Variation der Inputmengen der betrachteten Produktionsfaktoren beliebig viele Isoquanten vermittelt werden („Isoquantenschar“) Ein wichtiger Parameter für die Unternehmung ist die Anpassungsflexibilität in der Produktion Produktionsmenge Produktionstechnologie man unterscheidet in kurz- und eine langfristige Betrachtung o in der kurzen Frist können einer (oder mehrere) Produktionsfaktoren nicht angepasst werden, sie sind „fix“ o in der langen Frist können alle Produktionsfaktoren angepasst werden, sie sind „variabel“ In der unternehmerischen Praxis sind Technologien üblich, bei denen Faktoren sowohl fix (z.B. die Kapitalausstattung) als auch variabel (z.B. die Arbeitseinsatzmenge) sind 41 5.3 Produktion mit einem variablen Input Frage: Wie verändert sich der Output einer Produktion, wenn ein Faktor fest vorgegeben ist, ein anderer hingegen (mehr oder weniger) beliebig variiert werden kann? (stetige Darstellung, d.h. Werte wurden teilweise auf-/abgerundet) 7 Arbeiter fangen langsam an sich gegenseitig zu behindern! Wir erhalten folgende grundlegende Zusammenhänge: sei Q = Q (K,L ) die Produktionsfunktion mit fixem KapitalbestandK und variablem Arbeitseinsatz L, dann definieren wir APL = Q/L als Durchschnittsprodukt der Arbeit sowie MPL= Q/ L als Grenzprodukt der Arbeit die entsprechende grafische Umsetzung der Tab. 6.2 liefert zusätzliche Erkenntnis (Unterschied zur Tabelle: es wird diskret dargestellt z.B. nur 1 x 112) - Fahrstrahl (gestrichelte Linie): Durchschnittsprodukt - Steigung im Punkt bzw. Tangente an der Kurve: Grenzprodukt 42 - C ist Wendepunkt E als Schnittpunkt = (technologisches) Betriebsoptimum dabei sind Gewinne & Verluste unbeachtet - Betriebsoptimum kann nicht dupliziert werden (112 ≠ 2*80), weil es an fixen begrenzten Faktoren fehlt (z.B. Raum, Maschinen, …) - bei 4 Arbeitern liegt also das (techn.) Betriebsoptimum, mehr als 8 zu beschäftigen wäre Unsinn in der Realität bewegt man sich (aufgrund höherer Outputmengen bei mehr als 4 Arbeitern) dazwischen sowohl Durchschnitts- als auch Grenzprodukt der Arbeit lassen sich aus der grafischen Darstellung ermitteln: o das Durchschnittsprodukt der Arbeit entspricht der Steigung des Fahrstrahls vom Ursprung an den jeweiligen Punkt der Gesamtproduktkurve o das Grenzprodukt der Arbeit wird durch die Steigung der Gesamtproduktkurve in dem jeweiligen Punkt wiedergegeben es ist offensichtlich, dass der Faktoreinsatz nicht weiter ausgedehnt werden sollte, wenn das Gesamtprodukt hierdurch verringert wurde (lokales) Maximum der Gesamtproduktkurve Grenzprodukt gleich Null Produktionsprozesse in der Realität sind –zumindest kurzfristig- regelmäßig durch das „Gesetz vom abnehmenden Ertragszuwachs“ (auch: „Gesetz der abnehmenden Grenzerträge“) gekennzeichnet In der langen Frist können sich die Produktionsmöglichkeiten bzw. die Technologie z.B. durch technischen Fortschritt verändern häufig verbunden mit einer Erhöhung der Arbeitsproduktivität Beachte: der abnehmende Ertragszuwachs ist auch weiterhin zu beobachten Arbeitsproduktivität, technischer Fortschritt und Änderungen des Kapitalstocks sind auch makroökonomisch, also gesamtwirtschaftlich, eng verzahnt Orientierung der Löhne an der Arbeitsproduktivität Steigerung der Arbeitsproduktivität durch technischen Fortschritt beim Kapitalstock 43 5.4 Produktion mit zwei variablen Inputs Ausgangspunkt der Betrachtung ist die schon bekannte Darstellung unterschiedlicher Produktionsniveaus durch eine Isoquantenschar auf einer Isoquanten können die gleichen Outputs durch untersch. Kombinationen von Produktionsfaktoren hergestellt werden Übergänge von einer Isoquanten zu einer anderen können als partielle Faktorvariation angesehen werden. Bewegungen auf einer (vorgegebenen) Isoquante als Faktorsubstitution Analog zur Haushaltstheorie definieren wir die Grenzrate der technischen Substitution (MRTS) als: MRTS= K/L < 0 für diskrete Änderungen MRTS = K / L <0 für marginale Änderungen bei (annahmegemäß) konvexen Isoquanten gilt darüber hinaus, dass die MRTS mit zunehmender Substitution des einen durch den anderen Inputfaktor abnimmt Verbesserung: - ΔK das was ich durch mehr Arbeit einsparen kann wird relativ immer weniger 44 Unter Rückgriff auf die schon bekannten Zusammenhänge können wir: Q/L = MPL Q = MPL * L Q/K = MPK Q = MPK * K auf einer gegebenen IsoquanteQ steht der Outputzuwachs durch Erhöhung des Arbeitseinsatzes notwendiger Weise ein gleichhoher Outputrückgang durch Reduzierung des Kapitaleinsatzes gegenüber, d.h. MPL * L + MPK *K = 0 durch umstellen erhält man (6.2) MPL / MPK = - K/L = MRTS d.h. die Grenzrate der technischer Substitution zwischen zwei Inputs entspricht dem (inversen) Verhältnis der physischen Grenzprodukte der Inputs wiederum analog zur Verbrauchertheorie sind zwei Grenzfälle der Produktionstechnologie denkbar: die Inputs sind vollkommende Substitute lineare Isoquanten die Inputs sind vollkommende Komplemente rechtwinklige Isoquanten Beachte: Isoquanten schneiden die Achsen hier nicht! (vgl. Haushalttheorie) 45 5.5 Skalenerträge Die Rate, mit der sich der Output erhöht, wenn man alle Inputs proportional erhöht, nennt man Skalenerträge Drei unterschiedliche Konstellationen sind von Bedeutung: sei Q = Q (K,L) und t > 0 ein beliebiger Faktor, mit dem die Produktionsinputs vervielfacht werden, dann hat eine Produktionstechnologie 1. konstante Skalenerträge, wenn gilt: Q (t * K), t * L) = t * Q (K,L) ( - immer der Fall für streng konkave, 2 x stetig differenzierbare Produktionsfkt. Cobb Douglas) Bsp : 10% Erhöhung beider Produktionsfaktoren 10% Erhöhung des Outputs 2. zunehmende Skalenerträge, wenn gilt: 10% Erhöhung des FaktoreinQ (t * K), t * L) > t * Q (K,L) satzes mehr als 10% Erhöhung des Outputs 3. abnehmende Skalenerträge, wenn gilt: -||Q (t * K), t * L) < t * Q (K,L) Möglichkeit zur Berechnung: 1. t=1 setzten wozu führen 2. t=1,1 setzt 10% Steigerung? am Abstand der einzelnen Isoquanten in einer Isoquantenschar lassen sich die Skaleneigenschaften einer Produktionstechnologie ablesen o bleibt der Abstand der Isoquante bei proportionalen Inputsteigerungen konstant, liegen konstante Skalenerträge vor o nimmt der Abstand der Isoquante bei proportionalen Inputsteigerungen ab, liegen zunehmende Skalenerträge vor o nimmt der Abstand der Isoquante bei proportionalen Inputsteigerungen zu, liegen abnehmende Skalenerträge vor 46 6. Kostenanalyse es gibt keine Unkosten in der Realität ist es für ein Unternehmen immer besser den Gewinn zu maximieren, denn die Kosten zu minimieren bedeutet den Betrieb einzustellen Haben wir uns bisher mit den vorwiegend technischen Rahmenbedingungen der Produktion beschäftigt, wollen wir uns nachfolgend mit den Kosten auseinandersetzen An erster Stelle stehen zunächst die verschiedenen gebräuchlichen Kostenbegriffe 6.1 Kostenmessung Die erste Komponente der Unternehmenskosten umfasst die tatsächlichen Aufwendungen für die Produktion einschließlich der zulässigen Abschreibungen auf Anlagegüter z.B. ein zu 10% „abgeschriebener“ Bleistift Für die Bewertung der Vorteilhaftigkeit alternativer Produktionsverfahren sind allerdings auch Opportunitätskosten von Bedeutung Opportunitätskosten sind Kosten in Verbindung mit Möglichkeiten, die versäumt werden, wenn die Ressourcen eines Unternehmens nicht der Verwendung mit dem höchstmöglichen Wert zugeführt werden Verzicht auf Mieteinnahmen bei selbstgenutzten Gebäuden oder Büroräumen Verzicht auf Gehaltszahlung für Eigentümerunternehmer Im Gegensatz zu den in der Produktionsentscheidung relevanten Opportunitätskosten stehen Ausgaben, die getätigt worden sind und nicht rückgängig gemacht werden können („sunk costs“ bzw. „versunkene Kosten“) „Ausrüstungsinvestitionen“ wie der Gipsfußabdruck zur Herstellung eines Profifußballschuhpaares Beachte: diese Ausrüstungen haben definitionsgemäß keine alternativen Verwendungsmöglichkeiten und verursachen deshalb auch keine Opportunitätskosten Konsequenz: (bereits) versunkene Kosten sind nicht mehr entscheidungsrelevant Alle in einer Unternehmung zu berücksichtigenden Aufwendungen werden zu den Gesamtkosten TC (oder C) zusammengefasst und in zwei grundsätzliche Komponenten unterschieden: o Fixkosten (FC) → Kosten, die sich bei Änderungen des Produktionsniveaus nicht ändern z.B. Kraftfahrzeugsteuer/-versicherung o Variable Kosten (VC) → Kosten, die sich bei Änderungen des Produktionsniveaus anpassen z.B. Kosten für Benzin 47 Beachte: Fixkosten können nur beseitigt werden, wenn die Unternehmenstätigkeit beendet wird Allerdings kann das Niveau der Fixkosten langfristig reduziert werden, d.h. auf lange Sicht sind auch (vormals) fixe Kosten veränderbar, also variabel Fixkosten und versunkene Kosten haben zwar ähnliche Ursachen, sind aber nicht identisch → Umwandlungsmöglichkeiten von Bedeutung 6.2 Kosten in der kurzen Frist In der kurzfristigen Betrachtung ist die Unterscheidung von fixen und Variablen Kosten von besonderer Bedeutung → Kostenverlauf in Abhängigkeit vom Produktionsniveau 48 Wir definieren folgende Größen: MC = ∆ VC = ∆ TC ∆Q ∆Q als Grenzkosten ATC = TC Q als durchschnittliche Gesamtkosten / Stückkosten ↓ AFC = FC (konst.) Q↑ als durchschnittliche Fixkosten (hat als einziges kein lokales Minimum) AVC = VC Q als durchschnittliche variable Kosten Als erstes fundamentales Ergebnis lässt sich ableiten, dass die Gesamtkosten mit der Produktion zunehmen Für die anderen oben definierten Größen ist der Zusammenhang zwischen Produktionsmenge und Kostenentwicklung hingegen weniger eindeutig Sei w der konstante Lohnsatz für den (einzigen) variablen Input Arbeit, dann gilt für die Veränderung der variablen Kosten: ∆ VC = w * ∆ L und dementsprechend für die Grenzkosten: MC = ∆ VC = w * ∆ L Kehrwert der Grenzproduktivität ∆Q ∆Q Aus Kapitel 5 ist bekannt, dass das Grenzprodukt der Arbeit definiert ist als: MPL = ∆ Q ∆L Mithin erhalten wir: (7.3) MC = w MPL Man erkennt unmittelbar, dass bei gegebenem Lohnsatz w die Grenzkosten der Produktion immer dann steigen, wenn das Grenzprodukt der Arbeit sinkt (und umgekehrt) Da darüber hinaus das Grenzprodukt der Arbeit – wie im Kapitel 5 gesehen – zunächst mit zunehmendem Arbeitseinsatz steigt, danach aber wieder sinkt, verhalten sich die Grenzkosten entsprechend entgegengesetzt → die Kurve des Grenzprodukts der Arbeit ist konkav → die Grenzkostenkurve (mit Arbeit als variablen Input) ist konvex 49 (TC) (VC) (FC) (MC) (ATC) (AVC) (AFC) Aus der Abbildung 7.1 lassen sich weitere Charakteristika typischer Kostenkurven entnehmen: o Die durchschnittlichen fixen Kosten sinken streng monoton o sowohl die durchschnittlichen variablen Kosten als auch die durchschnittlichen totalen Kosten weisen einen konvexen Verlauf auf o das Minimum der durchschnittlichen variablen Kosten wird bei einer niedrigeren Outputmenge erreicht als das Minimum der Gesamtkosten o die Grenzkosten verlaufen zunächst unterhalb der Durchschnittskosten, schneiden diese jeweils in deren Minima und sind daran anschließend höher als die variablen bzw. totalen Durchschnittskosten die letztgenannte Eigenschaft lässt sich grafisch nachvollziehen: → die durchschnittlichen variablen kosten bzw. die totalen Kosten lassen sich jeweils als die Steigung eines Fahrstrahls an die entsprechende Kostenkurve darstellen → wird der Fahrstrahl zur Tangente an die Kurve, dann entsprechen die durchschnittlichen variablen (bzw. totalen) Kosten auch den Grenzkosten, d.h. der Steigung der Kurve der variablen Kosten (bzw. totalen) Kosten Gewinn=Erlös-Kosten Kostenfkt.: π = px – c(x) → max dπ q – dc(x) ! dc(x) = 0 1. Abl.: dx = dx MC= dx * > 0 Grenzkosten dπ - d²c(x)* dMC d²c(x) steigen im 2. Abl.: dx² = dx² * < 0 dx = dx² > 0 Optimum 50 6.3 Kosten in der langen Frist langfristig kann ein Unternehmen (annahmegemäß) alle relevanten Inputs anpassen, insbesondere auch den Kapitalbestand um eine optimale Kombination aller Inputfaktoren zu ermitteln, sind vor allem die Kosten für die Bereitstellung von Kapitalgütern von Bedeutung als erste Komponente der Kapitalnutzungskosten können alle die (bereits bekannten) Opportunitätskosten herangezogen werden → die Bindung von finanziellen Mitteln in Kapitalgüter „kostet“ entgangene Zinserträge aus der alternativen Anlage am Kapitalmarkt darüber hinaus nutzen sich Investitionsgüter über den gesamten Einsatzzeitraum ab (Verschleiß) → Berücksichtigung der (durchschnittlichen) ökonomischen Abschreibung über die gesamte Nutzungsdauer als Kapitalnutzungskosten pro Einheit eingesetzten Kapitals erhält man folglich: r = Zinssatz + Abschreibungssatz ( in v.H.) es ist offensichtlich, dass sich die Kapitalnutzungskosten unabhängig davon bestimmen lassen, ob das eingesetzte Kapital gekauft oder gemietet wird → jeder Vermieter wird die oben aufgeführten Kostenkomponenten in Rechnung stellen der optimale Produktionsplan einer Unternehmung kann nunmehr ermittelt werden, wenn wir die Produktionsisoquanten mit den Produktionskosten verbinden → Ermittlung der Isokostengerade bei gegebenen (Gesamt-) Kosten analog zur Haushaltstheorie kann das Kostenbudget entweder durch Lohnoder Kapitalnutzungskosten aufgezehrt werden, d.h. (7.2) C = w * L + r * K C : Total Cost ( Gesamtkosten ) w: Lohnsatz L : Input Arbeit r : Preis für eine Einheit eingesetztem Kapital K: Menge an Kapital bzw. nach geeigneter Umstellung K= C - w * L r r 51 Die optimale Wahl des Inputs wird angezeigt, indem unter Berücksichtigung der Kostenrestriktion (7.2) diejenige Isoquante gesucht wird, die gerade noch erreicht werden kann → Minimalkostenkombination → Tangentenlösung Es ist unmittelbar einleuchtend, dass die Kombination der Inputfaktoren entscheidend vom Preisverhältnis der beiden Inputs abhängt → Steigung der Isokostengerade Im Tangentialpunkt von Isokostengerade und Isoquante sind die Steigungen beider Kurven identisch, bekanntlich gilt: (7.3) MRTS = _ ∆K = MPL ∆L MPK Aus (7.2) folgt aber auch: ∆K = _ w ∆L r Einsetzen in (7.3) liefert: (7.4) MPL = w MPK r ↔ MPL = MPK w r Ein kostenminimierendes Unternehmen wählt seine Inputs so, dass die preisgewichteten Grenzprodukte beider Inputs identisch sind 52 Anders formuliert: für die Produktion einer zusätzlichen Einheit Output entstehen in der kostenminimierenden Inputkombination die gleichen Kosten Bei Kenntnis der Marktpreise für die Inputfaktoren lassen sich die jeweils kostenminimierende Kombination unterschiedlichen Produktionsniveaus ermitteln → Parallelverschiebung der Isokostengerade Die Kombination der bei unterschiedlichen Produktionsniveaus entstehenden (Minimal-) Kosten mit dem entsprechenden Output liefert wiederum den Expansionspfad sowie die langfristigen Gesamtkosten der Produktion (Labor) (Long-Run Total Cost) Der Verlauf der langfristigen Gesamtkostenkurve ist abhängig von den Skaleneigenschaften der Produktionsfunktion → lineare langfristige Gesamtkostenkurve lässt auf konstante Skalenerträge schließen 53 6.4 Kostenkurven Aus den bisherigen Erkenntnissen lassen sich eine Reihe von Aussagen über die kurz- und langfristigen Anpassungsmöglichkeiten der Produktion und deren Konsequenzen für die Kosten ableiten → Unterscheidung zwischen kurzfristigem und langfristigem Expansionspfad → Kosten geringer als bei kurzfristiger Anpassung L → Kapital ist hier fix → kurzfristig ist der Punkt P vielleicht rentabel, langfristig ist L jedoch sinnvoller, da der gleiche Output q2 mit weniger Kosten erreicht werden kann (große Ertragsunterschiede, aber auch Risikounterschiede*…) Vor diesem Hintergrund ist es daher zweckmäßig, zwischen kurz- und langfristigen Grenz- und Durchschnittskosten zu unterscheiden Bei der - bisher stillschweigend verwendeten – kurzfristigen Durchschnittskostenkurve (SAC) nehmen wir an, dass ein Produktionsfaktor (z.B. Kapital) fix ist, während ein anderer mit der Outputmenge variiert ( z.B. Arbeit) Bsp.: *ein neuer Pizzaofen (Kapitalfaktor )ist nicht so schnell ge- oder verkauft wie ein neuer Kellner (Arbeitsfaktor) eingestellt oder entlassen Die langfristige Durchschnittskostenkurve (LAC) wird ermittelt, indem alle Inputs als variabel angesehen werden Analog definieren wir die langfristige Grenzkostenkurve (LMC) als Darstellung der Änderung der langfristigen Gesamtkosten bei einer marginalen Anpassung des Outputs Selbstverständlich bleiben die bereits diskutierten Eigenschaften der Kostenkurven grundsätzlich erhalten 54 2. 1. 3. Die langfristigen Eigenschaften der Produktion - und der damit verbundenen Kostenentwicklung – lassen sich in Größenvorteile („economies of scale“) und Größennachteile („diseconomies of scale“) unterteilen Man spricht von Größenvorteilen (bzw. Größennachteilen) wenn die Verdopplung der Produktion weniger (bzw. mehr) als die doppelten Kosten verursacht Als Maß für Größeneffekte der Produktion wird die Kosten - Output - Elastizität EC verwendet: (7.5) EC = Durch einfache Umformung erhält man: (7.6) EC ∆C C ∆Q Q ∆C = ∆Q C Q = MC AC Aus (7.6) lassen sich nunmehr die drei relevanten Konstellationen ableiten und charakterisieren: 1. EC > 1 bzw. MC > AC → Größennachteile (Unternehmen sollte Produktion reduzieren) 2. EC = 1 bzw. MC = AC → keine Größeneffekte (optimale Betriebsgröße) 3. EC < 1 bzw. MC < AC → Größenvorteile (Unternehmen sollte Produktion erhöhen) 55 6.5 Verbundproduktion Bisher haben wir implizit unterstellt, dass die von uns betrachtete Unternehmung als Output ein einzelnes, nicht näher spezifiziertes Gut produziert In der Praxis überwiegen aber eindeutig die Mehrproduktunternehmen → die verfügbaren Produktionsfaktoren können für verschiedene Outputs eingesetzt werden (z.B. Fließbänder oder Mitarbeiter) → das Problem der Zurechnung der entstandenen Kosten muss gelöst werden → es entstehen unter Umständen positive oder negative Verbundeffekte, z. B. in Form von Vor- oder Nebenprodukten Vorrangige Entscheidung: Festlegung der gewünschten Produktkombination (in realistischen Mehrproduktunternehmen ein unlösbares Problem) Alle möglichen mit gegebenen Inputs produzierbaren Outputkombinationen werden durch die Gütertransformationskurve ( auch: Produktionsmöglichkeitenkurve) wiedergegeben z.B. Mercedes-Benz Aus dem Verlauf der Gütertransformationskurve lässt sich auf die zugrunde liegenden Verbundeffekte schließen: o Konkaver Verlauf → Verbundvorteile (economies of scope) o Linearer Verlauf → keine Verbundeffekte o Konvexer Verlauf → Verbundnachteile (diseconomies of scope) Der Grad der Verbundvorteile (SC) lässt sich anhand der Kostenersparnisse der Produktion darstellen als: Kosten bei gem. Produktion (7.7) SC = C(Q1) + C(Q2) – C(Q1,Q2) C(Q1,Q2) charakterisiert das Ausmaß des Verbundeffektes (sonst würde Zähler genügen) 56 In (7.7) stehen C(Qi) für die Produktionskosten des Gutes i; i = 1,2; bei unverbundener Produktion, C(Q1,Q2) für die Kosten der Produktion beider Güter im Verbund Je größer der Wert für SC, desto größer die Verbundvorteile der Produktion Für SC < 0 bestehen Verbundnachteile Mathematischer Anhang zu Kapitel 6 In Analogie zur Haushaltstheorie werden die wesentlichen Ergebnisse der Theorie der Produktion noch einmal in der „technischen“ Version dargestellt Wir unterstellen eine zweimal stetig differenzierbare Produktionsfunktion F (K,L) mit den folgenden Eigenschaften (K=Kapital, L=Arbeit): F(K, L) 2 F(K, L) MPK (K, L) MPK (K, L) 0 ; 0 K K K 2 F(K, L) 2 F(K, L) MPL (K, L) MPL (K, L) 0 ; 0 L L L2 mithin positiver, aber abnehmende Grenzerträge der Produktion für beide Produktionsfaktoren für das repräsentative Unternehmen seien die Preise w und r der Inputfaktoren Arbeit L und Kapital K gegeben (und konstant), das Kostenminimierungsproblem lautet dann (vgl. mit Haushaltstheorie: Nutzenmaximierungsproblem) (A 7.1) unter Aufwendung von C möge ein fixes Produktionsniveau Q 0 hergestellt werden können, die Nebenbedingung kann demnach formuliert werden als (A 7.2) C w L r K min! (Kosten so gering wie möglich halten) F ( K , L) Q0 zur Lösung Verwendung einer LAGRANGE-Funktion (A 7.3) w L r K - F(K, L) - Q 0 die notwendigen Bedingungen für ein lokales Extremum von (A 7.3) lauten (durch partielle Ableitungen) r MPK ( K , L) 0 K (A 7.4) w MPL( K , L) 0 L 57 F ( K , L) Q0 0 die Kombination der beiden ersten Bedingungen führt zu (nach λ auflösen und Gleichsetzen) (A 7.5) MPK ( K , L) MPL( K , L) r w (2. Kosmisches Gesetz) ein Unternehmen minimiert mithin seine Kosten, wenn es die Inputfaktoren so einsetzt, dass die preisgewichteten Grenzprodukte identisch sind der Lagrange-Multiplikator λ bezeichnet im Kostenminimierungsproblem die Grenzkosten der Produktion einer zusätzlichen Outputeinheit durch eine weitere Einheit des Inputfaktors, d.h. (A 7.6) r w MPK ( K , L) MPL( K , L) aus den unterstellten Annahmen lässt sich auch die MRTS unmittelbar ableiten bei gegebenen Produktionsniveau Q=Q’ stehen dem positiven Produktionseffekt der Erhöhung eines Inputfaktors die kompensierenden Outputwirkungen des weniger eingesetzten Inputs gegenüber, d.h. (A 7.7) MPK ( K , L) dK MPL( K , L) dL 0 Kapitaleffekt Produktionseffekt dK - absolute Veränderung des Kapitaleinsatzes dL - analog einfache Umformungen: (A 7.8) dK MPL( K , L) MTRS KL dL MPK ( K , L) streng monoton fallende Isoquante Kombination aus (A 7.5) und (A 7.8) (A 7.9) dK MPL( K , L) w dL MPK ( K , L) r (im Optimum) Im Produktionsoptimum sind die Steigungen der Isoquante und die Steigung der Isokostengerade identisch und entspricht zudem dem InputPreisverhältnis 58 Auch in der Produktions- und Kostentheorie weist das Entscheidungsproblem einen dualen Charakter auf, d.h. die abgeleiteten Ergebnisse lassen sich auch durch einen geeignet formulierten Maximierungs-Kalkül erzielen (A 7.11) F ( K , L) C0 max! unter der Nebenbedingung w L r K C0 entsprechende Lagrange-Funktion: (A 7.12) F(K, L) - w L r K - C 0 notwendige Bedingungen für die Maximierung des Outputs lassen sich ermitteln als MPK ( K , L) r 0 K MPL ( K , L) w 0 L (A7.13) w L r K C0 0 Gleichsetzen der ersten beiden Gleichungen liefert (nach μ umstellen) (A 7.14) MPK ( K , L) MPL( K , L) r w was offensichtlich identisch mit der Lösung (A 7.6) ist durch das Verwenden einer Cobb-Douglas-Produktionsfunktion kann auch die in Kapitel 6 verwendete Kostenfunktion C(Q) abgeleitet werden (Kosten in Abhängigkeit von tatsächlicher Produktion) sei: F ( K , L) A K L mit 0 , 1 (begrenzt substitutionale Produktionsfunktion wenn ein Faktor 0 keine Produktion möglich) d.h. abnehmende Grenzprodukte von Kapital und Arbeit alternativ kann die Produktionsfunktion formuliert werden als ln F ( K , L) ln A ln K ln L 59 aus der Summe der Koeffizienten α und β lassen sich die Skaleneigenschaften der Produktion ermitteln 1 abnehmende Skalenerträge 1 konstante Skalenerträge 1 zunehmende Skalenerträge das Kostenminimierungsproblem lässt sich mit Hilfe der Lagrange-Funktion darstellen als (A 7.15) w L r K - A K L - Q 0 man erhält notwendige Bedingungen (A 7.16) r A K 1 L 0 K (A 7.17) w A K L 0 L (A 7.18) A K L Q0 0 Umformung (A 7.16) nach λ (A 7.19) w A K L 1 Substitution (A 7.19) in (A 7.17) (A 7.20) r A K L 1 w A K 1 L bzw. (Auflösen nach L) (A 7.21) L r K w L1 L L( ( )1) 1 L K analog durch Einsetzen von (A 7.21) in (A 7.18) können wir L eliminieren 60 (A 7.22) A K r K Q0 w bzw. (A 7.23) w Q0 K r A oder (A 7.24) (A 7.24) bezeichnet die Kostenminimierende Kapitaleinsatzmenge, durch Einsetzen in (A 7.21) erhalten wir analog das Kostenminimierende Arbeitsvolumen als (A 7.25) gilt für sämtliche CobbDouglas-Produktions funktionen 1 w Q0 K A r 1 r Q0 L w A Arbeitsmengeneinsatz aus den Gleichungen (A 7.24) und (A 7.25) lassen sich unmittelbar der Substitutionsbeziehungen zw. Arbeits- und Kapitaleinsatz in Abhängigkeit der Faktorpreise ableiten steigt r relativ zu w, dann wird Kapital durch Arbeit ersetzt steigt w relativ zu r, dann wird Arbeit durch Kapital ersetzt verändert sich hingegen der „Technologie-Parameter“ A, passen sich die Faktoreinsatzmengen simultan (und in gleicher Weise) an aus den bisherigen Ergebnissen lässt sich zudem die allgemeine Kostenfunktion des Unternehmens in Abhängigkeit eines beliebigen Outputs Q ermitteln wegen C w L r K liefert Einsetzen von (A 7.24) und (A 7.25) (A 7.26) allgemeine Kostenfunktion 1 Q ( ) ( ) Cw r A 61 die Kostenfunktion (A 7.26) gibt an, wie sich die Gesamtkosten der Produktion ändern, wenn das Produktionsniveau Q variiert sich die Faktorpreise w bzw. r ändern für Produktionsfunktionen mit konstanten Skalenerträgen d.h. α+β=1, vereinfacht sich (A 7.26) zu C w r r L w 0, 5 1 w 1 Q Q A r A 1 r 1 Q Q A w A 0, 5 C 2 ( w r ) 0,5 1 Q A 1 der Spezialfall α=β=0,5 (Wurzelfunktion) liefert die folgenden Ergebnisse: w K r 1 1 Q 2 w r Q A A man erkennt unmittelbar, dass für gegebenes w bzw. r die Kostenfunktion linear steigend im Output verläuft w der Expansionspfad ebenfalls eine lineare Funktion mit der Steigung ist r K Expansionspfad L 62