1.8 Energie

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Vorlesung Experimentalphysik I am 9.11. und 10.11.1998
J. Ihringer
1.8 Energie
In den Naturwissenschaften sind Größen besonders wichtig, die während des Ablaufs
irgendeines Vorgangs erhalten bleiben. Bei mechanischen Bewegungsabläufen sind diese
„Erhaltungsgrößen“ die Energie, der Impuls und der Drehimpuls des Systems.
1.8.1 Arbeit und Leistung
Die Energie eines Systems erhöht sich, wenn an diesem System Arbeit verrichtet wird. Arbeit
wird verrichtet, wenn auf einen Körper entlang eines Weges eine Kraft wirkt.
Konstante Kraft F in
Richtung des Weges s
Arbeit:
Konstante Kraft im Winkel Beliebiger Weg, beliebige
Kraft
 zum Weg
s2
 
W   F ds
 
W  F  s  F  s  cos
W  F s
s1

F
F
s2

F  cos
s
 
F (s )

ds

s
s1
Tabelle 1 Arbeit bei Wirkung einer Kraft entlang eines Weges
Die Arbeit ist als Wegintegral über die Kraft definiert. Wirkt eine konstante Kraft in Richtung
des Wegs, dann ist die Arbeit das Produkt aus Kraft mal Weg. Steht die Kraft in einem
Winkel  zum Weg, dann wird nur die Komponente in Richtung des Weges mit dem geraden
Wegstück multipliziert. Ein beliebiger Weg kann durch stückweise gerade Wege angenähert
werden, deren einzelne Beiträge zur Arbeit werden dann summiert. Beim Grenzübergang zu
beliebig kurzen Wegstücken wird diese Summe zu dem in der dritten Spalte der Tabelle
gezeigten Wegintegral. Dieses Wegintegral zeigt eine symbolische Schreibweise: Die
Ausführung der Integration ist vom jeweiligen Verlauf der Kraft- und des Weges abhängig.
Ein Beispiel: Die Arbeit, die man verrichtet, wenn man einen Drachen steigen läßt, errechnet
sich als Wegintegral. Man rennt dabei in unterschiedlichen Richtungen, dadurch ist der Weg
vorgegeben. Die variable Kraft entspricht der in Richtung und Zug ständig wechselnden
Kräfte an der Schnur.
2
 
F (s2 )
4
2
1
3

ds
W
 

F
 (si )  ds 
AlleW egstücke
  
F
 (s ) ds
Wegende
Weganfang
Abbildung 1 Arbeit beim Drachensteigen. Die Kraft ist ortsabhängig.
1.8.2 Leistung
Die pro Zeit vollbrachte Arbeit ist die Leistung. Ist die Arbeit zeitlich konstant, dann ist die
Leistung die Arbeit geteilt durch die Zeit. Variiert die Arbeit zeitlich, dann ist die Leistung die
Ableitung der Arbeit nach der Zeit.
Zeitlich konstante Arbeit
Leistung
P
Zeitlich variable Arbeit
W
t
P
dW
dt
Tabelle 2 Leistung
Größe
Funktionale Formelzeiche
Abhängigkeit
n
Kraft
Weg
 
W   F ds
SI-Einheit
Zeichen
F
Newton
N
s
Meter
M
W
Joule
J
P
Watt
W
Beziehung
s2
Arbeit
1 J 1N m
s1
Leistung
P
dW
dt
1W 1
J
s
Tabelle 3 Dimensionen von Arbeit und Leistung (Alte Einheit der Arbeit: 1 kWh=3,6 MJ, alte
Einheit der Leistung: 1 PS=0,735 kW)
3
Leistung
Energiewirtschaft
Mittlerer Leistungsbedarf in
Deutschland
Niagarafälle
Anmerkung
70 GW
3 GW mittlere Leistung des
fallenden Wassers
2.1 GW elektrisch genützt
Großes Kraftwerk, fossil
oder KKW
Kraftwerk am Neckarwehr
in Tübingen, Bismarkstraße
Mensch
Grundumsatz
1 GW
750 kW
1 kcal/h pro kg
Körpergewicht
1,2 W/kg Körpergewicht
Dauer
Spitze
Gehen
Rein mechanische
Leistung für 140 m
Höhenunterschied beim
Gehen vom Bahnhof nach
WHO (Studentendorf) in
Sprechen
Hörschwelle des Ohrs
bei 1 kHz
100 W
1-4 kW
70 W
30 Minuten
57 W
40 Minuten
43 W
mg h
t
75  9,81  140  kg  m  m 
P
 s 2  s 
t
P
10 W
0.1 fW=0,1 10 15 W
Tabelle 4 Leistung in Energiewirtschaft und beim Menschen
1.8.3 Kraftfelder
Ordnet man jedem Punkt des Raumes die dort zu einer bestimmten Zeit auf einen
Massenpunkt wirkende Kraft zu, dann erhält man ein Kraftfeld. Ein Beispiel dafür ist die
Schwerkraft, die an jedem Punkt des Raumes zur Erdmitte zeigt. Ein anderes Beispiel ist die
Kraftverteilung beim oben angeführten Drachenflug.
8
1
5
7
6
4
2
3
Abbildung 2 Beispiel für das Kraftfeld z.B. bei einer Momentaufnahme beim Drachenflug. Ein
geschlossener Weg führt von Punkt 1 über 4, 5 bis 8 zurück nach 1.
4
Von größter Wichtigkeit für die Physik in einem Kraftfeld ist die Frage, ob bei der
Verschiebung eines Massenpunktes auf einem geschlossenen Weg die Arbeit verschwindet
oder nicht. Im ersten Fall spricht man von einem konservativen Kraftfeld, andernfalls nennt
man es dissipativ.
1.8.3.1
Konservative Kraftfelder, das Potential
Weil im konservativen Kraftfeld die Überführungsarbeit zwischen zwei Punkten vom Weg
unabhängig ist, kann sie als Differenz einer skalaren Eigenschaft der Punkte angegeben
werden. Diese Eigenschaft heißt „das Potential“ dieser Punkte. Potentiale gibt es nur in
konservative Feldern.
E Pot (4)
E Pot (1)
4
2
1
3
Abbildung 3 Das Kraftfeld sei konservativ: Ortsabhängige Kräfte (Pfeile) und Potentiale
(Fähnchen)
Aus der Definition des Potentiale als Überführungsarbeit folgt, daß die Kräfte die Ableitung
der Potentiale nach den Komponenten des Ortsvektors sind.

F
z


E Pot (x )
E Pot
z
y
x

E Pot
y

E Pot
x
Abbildung 4 Potential und Kraft im konservativen Kraftfeld
Damit erhält man die allgemeine Formulierung des Potentials und sein Zusammenhang mit
den Kräften. Im funktionalen Verlauf des Potentials steckt die volle Information über das
Kraftfeld, das Potential ist somit die charakteristische Eigenschaft des konservativen Felds.
Im Gegensatz dazu kann ein dissipatives Kraftfeld nicht aus einer einzigen Zahl pro Ort
(entsprechend dem Potential) berechnet werden.
5
Formel
Erläuterung
Die Potentialdifferenz ist die
Überführungsarbeit zwischen zwei
Punkten

E Pot  E Pot (2)  E Pot (1)    F  ds
2
1
 E Pot 


 x 
 
E

F ( x )   Pot  =-grad E Pot (x )
y
 E 
 Pot 
 z 
Die Kraft ist die Ableitung des Potentials
nach den Koordinaten des Raumes
Tabelle 5 Potential und Kraft, Definition im 3-dimensionalem Raum
Potential
Funktionaler Zusammenhang
im 1-dim. Raum:
Schwerefeld
Beispiele:
Kraftfeld einer
Feder
Gravitationsfeld
Kraft
E Pot
x
F ( h)  m  g
2
E Pot    F ( x)  dx
F ( x)  
1
E Pot (h)  m  g  h
1
E Pot ( x)    k  x 2
2
M m
E Pot (r )  G 
r
F ( x)  k  x
F (r )  G 
M m
r2
Tabelle 6 Potential und Kraft in eindimensionalen Beispielen
Die Potentiale einer Feder oder im Schwerefeld sind bezüglich x  0 angegeben, wobei für
x  0 das Potential E Pot  0 angenommen wurde. Für einen Punkt im Gravitationsfeld im
Abstand r vom Zentrum gibt das Potential aber die Überführungsarbeit von r nach  an, für
den letzteren Wert ist das Potential null. Es kann nicht vom Abstand „0“ aus berechnet
werden, weil der Radius im Nenner für diesen Wert zu einer Singularität führt.
Versuch 1 Die Kraft ist die Ableitung des Potentials: Unterschiedliche verlaufende Potentiale
im Schwerefeld führen zu unterschiedlichen Kräften: Stabiles, labiles und indifferentes
Gleichgewicht.
E Pot
Koordinate für das
Extremum von E Pot
x
Versuch 2 Dynamische Stabilisierung durch ein der Masse angepaßtes, zeitlich
veränderliches Potential: Prinzip der Paul Falle für einzelne Teilchen.
6
1.8.3.2
Konservative und dissipative Kraftfelder
Beide Kraftfelder werden im Folgenden an Beispielen gezeigt. Im Allgemeinen erkennt man
aber den Unterschied zwischen konservativen und dissipativen Feldern in geometrischen
Konstruktionen mit Pfeilchen nicht. Deshalb gab es immer wieder Versuche, geschlossene
Wege zu ersinnen und durch Bilder zu zeigen, wie z.B. im Schwerefeld ständig Energie zu
gewinnen sei: Das „perpetuum mobile“ wäre gefunden.
Nur die funktionale Abhängigkeit der Kräfte vom Ort zeigt die Eigenschaft des Feldes.
Konservativ ist es nur dann, wenn die Kräfte die Ableitungen des Potentials sind. Die
Gravitationsfelder und auch die von statischen elektrischen Ladungen erzeugten Felder sind
Potentialfelder, deshalb kann bei Umlauf auf beliebigen geschlossenen Bahnen nichts
gewonnen werden.
Art des
Kraftfelds
Konservativ
Gravitationsfeld um einen
Massenpunkt
Dissipativ
Wirbelfeld, z.B. Reibungskräfte bei
Bewegung auf einer Kreisbahn
Kraftfeld mit
geschlossenem
Weg:
Die Kraft steht immer senkrecht zum Kraft und Weg sind immer
Weg: Es wird beim Umlauf keine
entgegengerichtet: Es wird maximale
Arbeit verrichtet.
Arbeit verrichtet
Ausschnitt aus
den
Kraftfeldern Teilbereich des Gravitationsfelds,
Auf dem geschlossenen Weg wird
links gewonnen was rechts geleistet
wird.
Arbeit auf
einem
geschlossenen
Weg
 
W   F  ds  0
Reibungskräfte in einer laminar
bewegten Flüssigkeit. Auf dem
geschlossenen Weg ist rechts mehr
Arbeit zu leisten als links gewonnen
wird
 
W   F  ds  0
Unabhängig vom Weg. Die Arbeit ist
Arbeit
die Differenz der Potentiale beider
Es gibt kein Potential, die Arbeit
zwischen zwei Punkte:
hängt vom Weg ab
Punkten
W  E Pot (2)  E Pot (1)
Tabelle 7 Konservative und dissipative Kraftfelder. Steht der Weg senkrecht zur Kraft, dann
liefert das Wegstück keinen Beitrag zur Arbeit.
7
1.8.4 Die kinetische Energie
Wird ein Körper der Masse m konstant beschleunigt, dann wirkt an ihm entlang eines Weges s
eine Kraft F, es wird also Arbeit an ihm verrichtet. Endet die Beschleunigung, dann endet
auch die Kraftwirkung und damit die Zunahme der Arbeit. Der Körper bewegt sich nun aber
mit höherer Geschwindigkeit. Die ihm während der Beschleunigung zugeführte Energie bleibt
jetzt als kinetische Energie erhalten.
Formel
W  Fx
F  m a
v  2a x
v  2
F
x
m
Erläuterung
Arbeit bei Wirkung einer Kraft F
entlang des Weges x
2. Newtonsches Axiom
Geschwindigkeit
F W

m F
2
m
W  E Kin 
 v2
2
v  2
Kinetische Energie
Tabelle 8 Kinetische Energie bei konstanter Beschleunigung
Unabhängig von der Art der Beschleunigung, ob gleichförmig oder nicht, hat jeder bewegte
Körper eine kinetische Energie, die nur von der Geschwindigkeit und der Masse abhängt:
E Kin 
m 2
v
2
Kinetische Energie eines Massenpunktes mit
Geschwindigkeit v
1.8.5 Der Energierhaltungssatz der Mechanik
In jedem abgeschlossenen System bleibt die Gesamtenergie, das ist die Summe aus
kinetischer und potentieller Energie, erhalten. Das ist die Aussage des
Energieerhaltungssatzes der Mechanik:
E Kin  E Pot  const
Die Summe aus potentieller und kinetischer
Energie ist konstant
Der Energieerhaltungssatz gilt unabhängig von der Geschichte der Beschleunigung. Das WegZeit Gesetz muß nicht bekannt sein, die Kenntnis der Änderung der potentiellen Energie
genügt zur Bestimmung der maximal erreichbaren Geschwindigkeit.
Die allgemeine Gültigkeit dieses Satezs potentieller und kinetischer Energie erkennt man bei
Formulierung der zeitlichen Änderung beider Energieen als Ableitungen nach der Zeit:
8
Funktion
E Kin
Ableitung nach der Zeit
dE Kin
m
  s 2
2
dt
dE pot
d m 2
  s 
dt  2

 m  s  s
Kinetische Energie und
ihre Ableitung nach der
Zeit

d
F  s 
dt
dt
  F  s  F  s
ds
 F 
dt
 m  s  s
E Pot   F  s
Anmerkung

Potentielle Energie und
ihre Ableitung nach der
Zeit. Die Kraft sei zeitlich
konstant F  0
Wirkt eine konstante
Kraft, dann ist die
Abnahme der potentiellen
Energie gleich der
Zunahme der kinetischen
Energie
dE Kin  dE Pot
Tabelle 9 Herleitung des Energiesatzes der Mechanik
Versuch 3 Fall einer Kugel: a) Konservativ und b) dissipativ..
h
a) Stahlplatte
und b)
AluminiumBlech
a) Die Kugel fällt auf eine Stahlplatte: Konservative Bewegung, elastischer Stoß
h
Potentielle
Energie
m g h
0
0
Höhe
Geschwindigkeit
Kinetische Energie
0
2 g h
m 2
v  m g h
2
Summe der
Energien
m g h
m g h
Tabelle 10
b) Die Kugel fällt auf eine Aluminium-Platte: Dissipative Bewegung, inelastischer Stoß
In diesem Fall verschwindet die Bewegungsenergie des Körpers im Gewimmel der Bewegung
der Teilchen. Es erhöht sich die kinetischen Energie der Teilchen, deshalb erwärmt sich der
Körper.
Die nächsten beiden Versuche zeigen die Gültigkeit der Energieerhaltung bei
unterschiedlichen Weg-Zeit Gesetzen:
9
Versuch 4 Maxwellsches Rad: Elastische Reflektion am unteren Umkehrpunkt ( Jo-Jo ). Die
potentielle Energie wird in Bewegungsenergie des Rads gewandelt.
Versuch 5 Fangpendel: Die maximale Geschwindigkeit des Pendels hängt nur von der
Anfangshöhe ab. Sie ist von den unterschiedlichen Weg-Zeitgesetzen für die unterschiedlichen
Fanghöhen unabhängig.
h
Abbildung 5 Das Fangpendel zeigt die Unabhängigkeit der Steighöhe des Pendels von seiner
„Bewegungsgeschichte“
Versuch 6 Vorderrad eines Fahrrads: Energieerhaltung im Drehpendel.
1.9 Der Impuls
Der Impuls ist neben der Energie eine weitere Erhaltungsgröße. Im Gegensatz zur skalaren
Energie ist der Impuls ein Vektor. Bewegt sich ein Massenpunkt mit konstanter
Geschwindigkeit, dann ist sein Impuls definiert als das Produkt aus Masse und
Geschwindigkeit. Die Richtung des Impulses ist die der Geschwindigkeit:
Formel


p  mv
Einheit
 p   1 kg m
s
Die Ableitung des Impulses nach der Zeit ist die Kraft. Das zeitliche Integral der Kraft nennt
man „Kraftstoß“, es ist gleich der Impulsänderung:
Impulsänderung, Kraftstoß
Funktionaler Zusammenhang
t
 2 
p   F  dt
t1
Kraft
 dp
F
dt

 m  v

 ma
Tabelle 11 Kraft und Kraftstoß, die Masse sei zeitlich konstant
Wenn sich die Geschwindigkeit schnell ändert treten auch bei kleinen Impulsen ,d.h. kleinen
Massen oder kleinen Geschwindigkeiten, hohe Kräfte auf. Mit den Sicherheitssystemen im
Fahrzeugbau wird angestrebt, die Zeit zum Abbremsen zu verlängern. Die zeitliche Ableitung
des Impulses wird dadurch kleiner, die Kräfte auf die Personen verkleinern sich um den
Faktor des Zeitgewinns.
10
1.9.1 Der Impulserhaltungssatz
Wirken auf ein abgeschlossenes System von Massenpunkten keine äußeren Kräfte, dann
bleibt die Summe der Impulse zeitlich konstant.


 pi  p S  const
N
i 1
Beobachtun
g zur Zeit t 1
Bilden N Massenpunkte ein abgeschlossenes
System, dann ist die Summe ihrer Impulse
zeitlich konstant
Beobachtun
g zur Zeit
t2
Abbildung 6 Nach dem Impulssatz erlaubte Vektoren für die Impulse eines Systems aus 4

Massenpunkten. Der lange Vektor zeigt die zeitlich konstant Summe p S . Mehrere
Kombinationen erfüllen den Impulssatz. Aber nur eine Kombination erfüllt auch noch den
Energiesatz, nur diese beschreibt die reale Bewegung.
Für zwei Massen folgt der Impulserhaltungssatz aus dem dritten Newtonschen Axiom, weil
Kraft und Gegenkraft gleich, aber entgegensetzt gerichtet sind:
Formel


F1   F2


dp1
dp2

dt
dt
d 
 p1  p 2   0
dt
 
p1  p2  const
Erläuterung
actio=reactio: Die Summe der Kräfte ist Null
Die Summe der zeitlichen Ableitungen der
Impulse ist Null
Die Summe der Impulse ist zeitlich konstant
Tabelle 12 Zur Herleitung des Impulssatzes aus dem 3. Newtonschen Axiom
1.9.2 Der Schwerpunkt
Nach dem Impulserhaltungssatz ist die Summe der einzelnen Impulse eine Erhaltungsgröße.
Betrachtet man den Gesamtimpuls, dann verhält sich das System wie ein einziger
Massenpunkt. Dieser bewegt sich mit konstanter Geschwindigkeit, also kräftefrei. Die Masse
dieses Massenpunktes ist die Summe der Masse der Komponenten. Der Ortsvektor dieses
Punktes, der sich gleichförmig mit dem Gesamtimpuls bewegt, ist der des Schwerpunktes
11
oder Massenmittelpunktes. Er berechnet sich aus den Massen und Ortsvektoren der einzelnen
Komponenten des Systems:
Formel
Anmerkung
N
m S   mi
Gesamte Masse des Systems
i 1
N


p S   mi  x i
Gesamter Impuls des Systems,
bleibt zeitlich konstant
i 1
N

xS 
m
i 1
i

 xi
Definition der
Schwerpunktkoordinaten
N
m
i 1
i
Die Geschwindigkeit des
Schwerpunktes folgt aus der
Ableitung seiner Ortskoordinaten.
Sie ist nach Betrag und Richtung
konstant

pS

vS 
mS
Tabelle 13 Koordinaten des Schwerpunktes für ein System aus N Massenpunkten
Zur Berechnung der Bewegung mehrerer Teilchen eines abgeschlossenen Systems ist es
vorteilhaft, die Lage der Teilchen im Schwerpunktsystem anzugeben, weil sich nur dann alle
Impulse zu Null addieren.
Versuch 7 Schuß von der Schaukel: Der Schaukel wird vom Kraftstoß des Schusses ein
Impuls erteilt. Schuß auf der Schaukel: Der Gesamtimpuls bleibt null. Die Schaukel bewegt
sich rückwärts, kehrt aber in seine Ruhelage zurück, sobald die Kugel im Kugelfang auf der
Schaukel angekommen ist.
Versuch 8 Impulserhaltung am Luftkissenfahrzeug. Zwei Wagen variablen Gewichts werden
von einer zwischen ihnen gespannten Feder in entgegengesetzte Richtungen gleich große
Kraftstöße mitgeteilt. Bei der anschließenden Fahrt werden die Impulse der Fahrzeuge
bestimmt.
Versuch
Nr.
Wagen
1
1
2
2
1
2
Masse m
Weg s
Zeit t
v
s
t
Impuls
p  mv
1
1
Summe der Impulse
1
2
Summe der Impulse
Tabelle 14 Ergebnisse des Versuchs mit dem Luftkissenfahrzeu
1.9.3 Der elastische Stoß
Die Massenpunkte beim elastischen Stoß erfüllen die Energie- und die Impulserhaltung. Mit
diesen Bedingungen können aus den Geschwindigkeiten vor dem Stoß die nach dem Stoß
errechnet werden. Beim elastischen Stoß werden keine Verluste durch Reibung oder
Verformung berücksichtigt. Im folgenden werden einige Stöße in unterschiedlicher Geometrie
behandelt.
12
1.9.3.1
Der zentrale Stoß
Dieses Modell behandelt den Stoß von zwei Massenpunkten unterschiedlicher Massen und
Geschwindigkeiten auf einer eindimensionalen Fahrbahn. Im Schwerpunktsystem ist bei
festen Massen die Geschwindigkeit eines Teilchens der einzige Parameter für die Ergebnisse
nach dem Stoß. Die Geschwindigkeit des Schwerpunktes wird nach Tab. 13 berechnet.
Vor dem Stoss
v1
v2
Transformation ins Schwerpunktsystem: vˆi  vi  v S
v̂1
v̂2
vS
Nach dem Stoß
v̂1
v̂2
Transformation ins Laborsystem: vi  vˆi  v S
v2
13
Tabelle 15 Zentraler Stoß. Die Massen verhalten sich wie 1:2, die Anfangsgeschwindigkeiten
wie 4:1. Nach dem Stoß steht Masse 1, Masse 2 bewegt sich mit 3-facher Geschwindigkeit.
Die oben gezeigte Vektor Konstruktion genügt der Impuls- und Energieerhaltung. Die
Geschwindigkeiten nach dem Stoß wurden analytisch aus den Erhaltungssätzen bestimmt:
Im Laborsystem
 pi   pi
i
1
 2m
i
Im Schwerpunktsystem
Impulserhaltung
i
pi2  
i
i
vS 
m
i
1
pi 2
2 mi
Energieerhaltung
 vi
Geschwindigkeit des
Schwerpunktes
i
m
i
i
vˆi  vi  v S
Transformation vom
Labor- ins
Schwerpunktsystem
vˆi  vi  v S
 pˆ
i
0
i
Impulserhaltung
 pˆ   0
i
i
1
1
i 2m pˆ i2  i 2m pˆ i 2
i
i
pˆ 1   pˆ 1
vˆ1  vˆ1
pˆ 2   pˆ 2
vˆ2  vˆ2
vi  vˆi  v S
vi  vˆi  v S
v1 
v2 
Energieerhaltung
Lösung der
Gleichungen im
Schwerpunktsystem
Rückransformation
vom Schwerpunktsins Laborsystem
m1  m2 v1  2m2 v2
m1  m2
m2  m1 v2  2m1v1
Lösung im
Laborsystem
m1  m2
Tabelle 16 Berechnung der Geschwindigkeiten beim elastischen Stoß in einer Dimension.
Der Strich steht für „nach dem Stoß“, das Dach für „im Schwerpunktsystem“. Alle Summen
laufen von 1 bis 2.
14
Formuliert man die Lösung als Funktion des Verhältnisses der Massen, dann bekommen die
relativen Geschwindigkeiten die folgende, einfache Form:
Geschwindigkeit nach dem Stoß dividiert durch
die Geschwindigkeit v1 vor dem Stoß
Masse 1
Masse 2
v1 1  x
v 2
2


v1 1  x
v1 1  x
Verhältnis der Massen
x
m2
m1
Tabelle 17 Geschwindigkeitsverhältnisse nach dem elastischen zentralen Stoß für v2  0 ,
vgl. Abb. 7
Die Abbildung zeigt die Verhältnisse der Geschwindigkeiten nach dem zentralen, elastischen
Stoß für den Fall, daß eine der Massen vor dem Stoß ruht ( v2  0 ). Das Fenster links zeigt,
daß ein leichter Körper auf doppelte Geschwindigkeit eines auffahrenden schweren
beschleunigt wird. Bei Massenverhältnis 1:3 werden die Geschwindigkeiten entgegensetzt
gleich (Fenster rechts).
m2
m1
m1  m2
v2  2v1
m2  3m1
v1  v2
F1
F2
2,0
1,5
Y Axis Title
1,0
v 2
v1
0,5
0,0
v1
v1
-0,5
-1,0
0
1
2
X Axis Title
3
4
m2
m1
Abbildung 7 Eine Masse m1 mit Geschwindigkeit v1 stoße zentral auf eine ruhende Masse
m2 . Das Diagramm zeigt die Geschwindigkeiten nach dem Stoß ( v1 , v2 ) im Verhältnis zu
15
der vor dem Stoß (v1 ) in Abhängigkeit vom Verhältnis der Massen. Setzt man v1  1 , dann
zeigen die Kurven die Geschwindigkeiten nach dem Stoß: Obere Kurve: v2 , untere Kurve: v1
Die Fenster zeigen (schematisch) oben die Situation vor, unten nach dem Stoß.
1.9.3.2
Der nicht zentrale Stoß
Eine Kugel trifft schräg auf eine ruhende Kugel gleicher Masse. Aus dem Energie- und
Impulserhaltungssatz folgt der Winkel zwischen den Flugbahnen nach dem Stoß zu genau
90°.

v2


v1

v1
Abbildung 8 Der nicht zentrale Stoß
Formel



m  v1  m  v2  m  v1
2 1
2 1
2
1
 m  v1   m  v 2   m  v1
2
2
2
2
2
2
v1  v 2  v1
v1  v2   v1  v2   v1 2
v1  2  v1  v 2  cos   v 2  v1
2
  90 0
2
Anmerkung
Impulserhaltung
Energieerhaltung
Impulserhaltung, quadriert
2
Nur dann erfüllt das Quadrat der
Impulserhaltung den Energiesatz
Tabelle 18
Versuch 9 Nicht zentraler Stoß zwischen zwei Kugeln. Der Winkel zwischen den Bahnen wird
nachgemessen: Er ist für alle Stoßwinkel immer 90°.
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